Sternenzeit Ausgabe Herbst 2016

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Jahrgang 05 / Ausgabe 03 / Herbst 2016

Zeitung aus treptow-KöpenicK für freiwilliges engagement

Schwerpunktthema Engagement gegen das Vergessen Seite 1-3

Nachgefragt

Angekündigt

Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister von Berlin a.D. Seite 5

Veranstaltungshinweise rund ums Engagement Seite 7

Eine kleine Stadt für Kinder Erinnerungen an ein sensilbles Stück DDR-Geschichte

Liebe Leserinnen und Leser,

Foto © Reginald Gramatté

am 3. Oktober jährt sich die Deutsche Einheit zum 26. Mal. Für viele junge Menschen ist die Teilung unseres Landes bloße Geschichte, es fehlen immer häufiger konkrete Anknüpfungspunkte.

Ehemalige Heimkinder bei der Leseprobe für ein besonderes Theaterstück

Ein Montagabend im Juli: drei Männer und vier Frauen proben für eine Theaterpremiere. Viele der Szenen, fröhliche und traurige, haben sie selbst erlebt. Es sind Geschichten aus ihrer Kindheit und Jugend. Damals war das größte Kinderheim der DDR, das „Makarenko“ in der Königsheide, ihr Zuhause. Ersatz für die fehlenden Eltern. Eine Mini-Stadt für 600 Kinder mit Wohnhäusern, Schulen, Krankenstation, einem kleinen Zoo. Längst ist das Kinderheim Geschichte, doch die soll nicht vergessen werden. Das ist das Ziel von Eichhörnchen e.V. 2008 hat Sabrina Knüppel mit 17 Mitstreitern den Verein gegründet. Sie hatte einer Freundin – Heimkind in der Königsheide - geholfen, die leiblichen Eltern zu finden. Und beschlossen, auch anderen ehemaligen Heimkindern zu helfen, Verwandte, Freunde, Schulkameraden wieder-

zufinden, Lücken im Lebenslauf zu schließen und den Ort vor dem Vergessen zu bewahren. Heute ist der Verein Anlaufstelle für rund 2000 Königsheider, sowohl Bewohner als auch Mitarbeiter des Kinderheims. Viele haben sich auf die Erinnerungsaufrufe gemeldet, kommen zu den Erzähltreffen, die regelmäßig stattfinden. Ihre Geschichten füllen zwei Bücher, der dritte Band des „Heim-Echos“ soll 2018 erscheinen. Sie sind das Ausgangsmaterial für das Theaterstück, das gerade geprobt wird. 2017 soll es aufgeführt werden, 65 Jahre nach der Eröffnung des Kinderheims. Dann will der Eichhörnchen e.V. auf dem denkmalgeschützten Gelände des ehemaligen Kinderheims auch ein Dokumentationsund Begegnungszentrum eröffnen. Weitere Informationen www.königsheider-eichhörnchen-ev.de Claudia Berlin

Aber wie kann man Vergessen verhindern? Die ehrenamtliche Redaktion der STERNENZEIT zeigt mit ihren Artikeln in dieser Ausgabe, wie man Erinnerung - ob sie nun gut ist oder schlecht - wach halten kann. Dazu haben wir Orte besucht, an denen Menschen ihr Wissen und ihre Zeit einbringen, um die individuelle Erinnerung oder aber das kollektive Gedächtnis unserer Gesellschaft am Leben zu erhalten. Viel Vergnügen Lektüre wünscht

bei

Ihre STERNENZEITRedaktion

der


Hingeschaut

"Man müsste noch mal 20 sein!" Tanzen für das Gedächtnis „Auch schon Alzheimer?“ Wie oft wird diese Frage eher scherzhaft gestellt, weil man irgendetwas vergessen hat. Sei es der Hausschlüssel, die Telefonnummer oder der Einkaufszettel - im oft hektischen Alltag ist das völlig normal. Die AlzheimerKrankheit ist eine Form der Demenz, benannt nach dem Arzt Alois Alzheimer, der die Symptome 1906 erstmals wissenschaftlich beschrieben hat. In Berlin leiden ca. 25.000 Menschen an dieser nicht heilbaren Krankheit. Störungen des Gedächtnisses, der örtlichen Orientierung oder der Merkfähigkeit nehmen sukzessive zu und beeinträchtigen zunehmend das Selbstwertgefühl und auch die Handlungsfähigkeit der Betroffenen. Oft sind sie jedoch körperlich fit. Das Tanzcafé „Man müsste noch mal 20 sein“ im Kiezklub Rathaus Johannisthal bietet seit nunmehr 14 Jahren in Zusam-

menarbeit mit der Alzheimer-Gesellschaft Berlin e.V. jeden ersten Montag im Monat (außer Juli/August) diese gesellige Veranstaltung für Demenzkranke, ihre pflegenden Angehörigen, Senioren und ehrenamtliche Helfer an. Ein DJ sorgt von 14 Uhr bis 16 Uhr für die musikalische Begleitung. Es gibt Kaffee und Kuchen. In ausgelassener Stimmung wird getanzt, gesungen, geschunkelt und viel gelacht.

Kontakte Kiezklub Rathaus Johannistal Carola Balzer Tel.: 030/902 975 665 Alzheimer-Gesellschaft Berlin e.V. Christa Matter Tel.: 030/890 94357 Annette Kunsch

Mit diesem Angebot sollen Selbstwertgefühl und Wohlbefinden der Menschen mit Demenz gestärkt werden. Pflegende Angehörige können kurzzeitig entlastet werden, Kontakte knüpfen und bei Bedarf auch Beratungsangebote nutzen. Ein Tänzchen in Ehren kann niemand verwehren

Erfahrbare Geschichte

Foto © Tim Schredder (Copyright nach CC BY 3.0)

Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit

Die Bezeichnung „Dokumentationszentrum“ mag nach verstaubten Akten klingen. Der Besuch im ehemaligen NS-Zwangsarbeiterlager in der Britzer Straße in Schöneweide, dem einzigen noch weitgehend erhaltenen in Berlin, ist tatsächlich eine sehr lebendige Erfahrung. Von „Sklavenarbeit“ spricht Ruth Klüger, die als 12-, 13-jähriges Mädchen in 2

schlesischen Steinbrüchen und beim Roden von Wäldern eingesetzt war. Aber Zwangsarbeit, sagt sie in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag 2016, war schlimmer noch als Sklavenarbeit. Sklaven hatten für ihren Besitzer einen Wert. „Die Zwangsarbeiter der Nazis waren wertlos, Baracke 13 die Ausbeuter konnten sich immer noch neue verschaffen“. Baracke 13 ist die besterhaltene des Lagers. Unterkunft für 160 Menschen. Privatsphäre – keine. Waschräume, Toiletten – kaum vorstellbar, wie so viele Menschen so wenige Einrichtungen nutzen sollten. „Wenn wir um sechs anfangen mussten zu arbeiten, standen wir um vier Uhr auf, um uns waschen zu können“,

notiert eine Lagerinsassin. Es bedarf dennoch Phantasie, um sich in der sauberen und ordentlichen Baracke das Leben damals vorstellen zu können: „… die Ausdünstung menschlicher Körper, der Geruch und die Ausstrahlung von Angst, die geballte Aggressivität, das reduzierte Leben“, so Ruth Klüger. Deutschland West wie Ost taten sich schwer mit der Aufarbeitung der NSZwangsarbeit. Entschädigungen in Form symbolischer Zahlungen an einzelne ehemalige Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter gab es erst über ein halbes Jahrhundert nach Kriegsende. Ein Besuch ist absolut empfehlenswert: Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Führungen jeden ersten und dritten Sonntag im Monat um 15 Uhr, Eintritt und Führungen sind kostenfrei. Weitere Informationen www.dz-ns-zwangsarbeit.de Stephan Schulte SternenZeit


Hingeschaut

"Tradition ist nicht das Halten der Asche... ...sondern das Weitergeben der Flamme" Die Thomas Morus zugeschriebenen Worte könnten auch das Motto des Köpenicker Heimatmuseums sein. Es gibt, unterstützt vom Heimatverein Köpenick e.V., in seinen Ausstellungsräumen einen anschaulichen Überblick zur Geschichte des Bezirks seit den ersten Siedlungen. Gut besucht ist auch das Archiv mit Sammlungen schriftlicher Quellen, Fotos, alten Landkarten. Der Vorsitzende des Heimatvereins Stefan Förster und seine ehrenamtlichen Mitstreiter wollen den Blick aber auch hinaus auf die Orte im Bezirk lenken, an denen Geschichte sichtbar wird. Hier einige Beispiele: Wer durch die Köpenicker Altstadt geht, findet Infotafeln an geschichtsträchtigen Orten. Ohne den Einsatz von Jutta Bendix-Ullrich wäre die Friedhofskapelle Rahnsdorf, ein Baudenkmal, immer weiter verkommen. Dass vor 333 Jahren das erste kurfürstliche Privileg zum Führen

einer Apotheke verliehen wurde, erfahren wir aus einem Buch von Uta Heine. In „Leben zwischen den Seen“ beschreibt Helmut Lehmann detailreich die Entwicklungen der Siedlungen zwischen Dämeritzsee und Müggelsee. Den kürzlich gesetzten Gedenkstein für die 16 Opfer einer Schiffskollision vor 100 Jahren im Müggelsee verdanken wir nicht zuletzt den Archivrecherchen Heinrich Langmaarcks. Es ist auch das Wissen um die Traditionen und die Geschichten der Menschen in unserem Umfeld, das uns Impulse gibt, die Gegenwart menschlich zu gestalten. Genau das will der Heimatverein leisten.

Es gibt in unseren Ortsteilen noch Vieles zu erforschen. Der Heimatverein lädt Sie dazu ein. Kontakt www.heimatverein-koepenick.de stefanfoerster@gmx.net Tel.: 0170/7284885 Annette Kunsch

Infotafeln helfen den Besuchern, sich zu orientieren

Es war einmal...

...ein riesiger innerstädtischer Industriebetrieb

Foto © reginald gramatté

Wissen über das Industriezeitalter erhalten, dieser Aufgabe hat sich 2009 der Verein Industriesalon Schöneweide e.V. – Forum für Industrie-Technik-Kultur verschrieben. Mitten auf dem alten AEG-Gelände in Oberschöneweide ist der Industriesalon in einer Halle beheimatet. Dort erzählt eine Dauerausstellung die Geschichte des Standorts seit Ende des 19. Jahrhunderts. Gleich daneben sind unzählige Exponate aus dem ehemaligen Betriebsmuseum des "VEB Werk

für Fernsehelektronik" (WF) zu sehen, das in der DDR auf einem benachbarten Gelände beheimatet war. Die treibende Kraft hinter dem Industriesalon ist Projektleiterin Susanne Reumschüssel. Doch ohne seine ehrenamtlich Engagierten könnte der Industriesalon nicht existieren. Insbesondere die Zeitzeugen - vor allem ehemalige Mitarbeiter des Werks für Fernsehelektronik - sind wichtige Stützen der Erinnerungsarbeit. Sie rekonstruieren die alten Arbeitsplätze samt aller Werkzeuge. Ihr Wissen über Standort und Technik wird aufgezeichnet und in Büchern und Broschüren dokumentiert. Denn auch zukünfige Generationen sollen etwas über diesen traditionsreichen innerstädtischen Industriestandort erfahren. Die Freiwilligen im Re-

Experten am Werk - die Zeitzeugen des Industriesalons bei der Arbeit ZeiTung Für FreiwilligeS engagemenT auS TrepTow-KöpeniCK

pair-Café des Industriesalons leisten eine ebenso wichtige Arbeit. Denn anders als viele Zeitgenossen wissen sie noch, wie man defekte Geräte und Maschinen instandsetzt. Zweimal im Monat geben sie dieses Wissen an Hilfesuchende weiter. Damit die nächste Reparatur dann ohne Hilfe klappt und Müll vermieden wird. Weitere Freiwillige sind herzlich willkommen, wenn sie denn technisches Verständnis und Wissen über den Standort mitbringen. Insbesondere die Dokumentation des Zeitzeugenwissens und die systematische Erfassung des Museumbestandes sollen zügig vorangetrieben werden. Kontakt Reinbeckstraße 9 Berlin-Oberschöneweide info@industriesalon.de Tel.: 030/530 070 42 Sandra Holtermann

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Nachrichten

Am 09. und 10. September 2016 finden die Freiwilligentage in Treptow-Köpenick zum 9. Mal statt. Bei 32 bunten Mitmachaktionen stellen soziale Einrichtungen, Vereine und Initiativen die verschiedensten Engagementbereiche vor und bieten interessierten Personen die Gelegenheit, diese selbst einmal auszuprobieren. Im Wuhlegarten werden z. B. Helfer/innen gesucht, die einen neuen Teich für Frösche & Co. mitgestalten wollen (09.09. 14-18 Uhr, 10.09. ab 10 Uhr). Der Kiezklub Alte Schule in Adlershof will mit Freiwilligen Schultüten dekorieren und befüllen, um sie geflüchteten Kindern zu überreichen (09.09. 13-17 Uhr) und die Haltestelle Diakonie Müggelspree möchte zusammen mit Interessierten Spiele, Lesehefte und ein Quiz zur Gedächtnisaktivierung für Menschen mit Demenz herstellen (10.09. 11-14 Uhr). Viele weitere Aktionen warten auf Sie! Informationen und Anmeldungen unter www.sternenfischer.org/ freiwilligentag oder unter 030/243 585 76 Andrea Paproth

Paten von nebenan degewo hat sich viel vorgenommen. In den nächsten zehn Jahren will Berlins größte Wohnungsbaugesellschaft ihren Bestand nicht nur um fast ein Viertel aufstocken, sie will mit ihren Wohnungen auch zur Integration von Flüchtlingen beitragen. Denn ein Teil der Wohnungen soll an geflüchtete Menschen vermietet werden. So will degewo eine gute Mischung in ihren Quartieren erreichen und verhindern, dass Parallelgesellschaften entstehen. Dabei sollen die neuen Mieter in Treptow-Köpenick nicht allein gelassen, sondern von Paten aus der Nachbarschaft unterstützt werden – bei Behördengängen, beim Erkunden des Wohngebiets und beim Einleben in die neue Heimat. Das Paten-Projekt wird von den STERNENFISCHERN realisiert und startet im AllendeViertel, zunächst mit Infoveranstaltungen für die Mieter. Maria Ellmer, Mitarbeiterin der STERNENFISCHER, bringt dann Paten und Flüchtlinge zusammen und ist Ansprechpartnerin bei

allen Fragen und Problemen. Damit die Geflüchteten in der Nachbarschaft gut ankommen. Kontakt STERNENFISCHER Maria Ellmer 030 / 338 56 035 maria.ellmer@sternenfischer.org Claudia Berlin

Unionhilfswerk Berlin – 70 Jahre gute Taten Im Wappensaal des Roten Rathauses feierte das Unionhilfswerk Berlin sein 70-jähriges Bestehen. Julius Wallot, Vorsitzender des Landesverbandes Berlin, hob dabei die herausragende Bedeutung des Ehrenamts hervor und dankte den stellvertretend eingeladenen ehrenamtlichen Helfern für ihr Engagement.

In Zeiten von Not und Wohnungslosigkeit 1946 in Berlin gegründet, ist das Unionhilfswerk Berlin heute als "Stiftung Unionhilfswerk Berlin" ein Träger der Freien Wohlfahrtspflege mit ca. 2.500 Mitarbeitern in mehr als 100 Einrichtungen, Diensten und Projekten. Sie werden von unzähligen ehrenamtlichen Helfern unterstützt. Sie sind im Bereich der Behindertenfürsorge, der ambulanten Psychiatrie sowie der Betreuung 4

Maria Ellmer ist seit August als Koordinatorin des Projektes bei STERNENFISCHER tätig

Foto © patricia Kalisch

Freiwilliges Engagement für sich testen

Festakt zur Feier des Unionhilfswerks Berlin

Pflegebedürftiger, in Einrichtungen für Flüchtlinge, Kindertagesstätten, in einer Tagesstätte für Obdachlose sowie in Beratungsstellen tätig. Seit 2016 gehören auch das Freiwilligenzentrum STERNENFISCHER in Treptow-Köpenick und seine Zeitung STERNENZEIT dazu. Annette Kunsch SternenZeit


Nachgefragt Demokratisches Engagement unterstützen Eberhard Diepgen wirkt seit 2007 als stellvertretender Vorsitzender im Verein "Gegen Vergessen - Für Demokratie". Über die Arbeit und Ziele des Vereins spricht er im folgenden Interview.

Diese

Ausgabe der STERNENZEIT befasst sich mit dem Engagement gegen das Vergessen. Warum müssen wir etwas gegen das Vergessen tun? Zur Identität eines Volkes und dem Anspruch auf Solidarität innerhalb einer Gesellschaft gehört neben Sprache und Kultur auch die Geschichte des Landes mit allen Höhen und Tiefen. Gesellschaftliche Entwicklungen sind nur vor dem Hintergrund geschichtlicher Erfahrungen und des kollektiven Gedächtnisses einer Nation zu verstehen. Dabei kann es keine Vorteilspickerei geben, nur die Erinnerung an das Schöne und Bewahrenswerte. Gerade die Tiefpunkte der Geschichte eines Volkes, in Deutschland die Erfahrung mit Faschismus und Stalinismus, müssen verarbeitet werden, damit der offene Blick sich auf die Herausforderung von heute konzentrieren kann. Und es gibt immer die Hoffnung, dass aus der Geschichte gelernt wird.

Welchen Auftrag hat sich der Verein "Gegen Vergessen - Für Demokratie" gegeben? Der Name beschreibt den Auftrag. Gegründet wurde der Verein nach den schrecklichen ausländerfeindlichen

Übergriffen in Mölln 1992. Es sollte nicht vergessen werden, in welche Abgründe nationalistische und faschistische Strömungen und Verbrechen Deutschland geführt haben. Die Erinnerungsarbeit ist mit einem Ziel verbunden: Für Demokratie. Wie können wir unseren Staat vor undemokratischen, totalitären, nationalistischen und rassistischen Gefährdungen schützen? Für den Verein geht es primär um die Unterstützung des demokratischen Engagements von Bildungseinrichtungen und engagierten, aber auch verunsicherten Bürgern. Die Onlineberatung gegen Rechtsextremismus ist seit mehreren Jahren eine Anlaufstelle für Menschen, die Hilfe suchen, weil Familienangehörige oder Freunde plötzlich in rechtsextremistische Kreise geraten sind. Der Verein arbeitet gegen alle Formen des Totalitarismus, egal ob von rechts oder links. Mir liegt beispielsweise das DDR-Museum in Pforzheim sehr am Herzen. Das ist Auseinandersetzung mit dem kommunistischen Unrechtsstaat und unterstreicht tief im Westen der Republik, dass DDR-Geschichte deutsche Zeitgeschichte ist.

Wie sind die Aufgaben im Verein verteilt? Im Vorstand wird sehr darauf geachtet, dass das Anliegen des Vereins nichts mit Parteipolitik zu tun haben darf. Überparteilichkeit, das zu leben ist wohl eine meiner wichtigen Funktionen. Mein besonderes Anliegen ist die Arbeit

ZeiTung Für FreiwilligeS engagemenT auS TrepTow-KöpeniCK

Foto © Tobias Kleinod

Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister von Berlin a.D., im Gespräch mit STERNENZEIT-Chefredakteurin Sandra Holtermann

Mit Leidenschaft setzt sich Eberhard Diepgen gegen das Vergessen ein

an einer europäischen Erinnerungskultur. Nicht nur die Erinnerung an Kriege sondern an die europäische und deutsche Freiheitsbewegung. Deutsche Geschichte, das ist auch das Hambacher Fest, die Frankfurter Paulskirche und die Revolutionen von 1918 und 1989. Die Breitenwirkung hat der Verein durch seine Regionalgruppen, die es quer durch die Republik gibt. Dort ist das ehrenamtliche Engagement entscheidend, durch Veranstaltungen, Aufbau und Betreuung von Erinnerungsorten, Zeitzeugengesprächen und den Versuch, die Arbeit gegen das Vergessen mit Geschichte und Geschichten vor Ort zu verbinden.

Politischer Populismus ist in Europa und Deutschland derzeit erschreckend erfolgreich. Viele Menschen scheinen unsere Geschichte teils vergessen zu haben. Was sollte die Zivilgesellschaft dagegen tun? In der Arbeit gegen das Vergessen sollten wir uns auch nicht klein machen. Vieler-

orts gibt es bemerkenswerte Beispiele. Stärker betonen müssen wir in Deutschland Beispiele des Widerstandes und der Zivilcourage gegen Nazis und Kommunisten. Für die Gestaltung und das Selbstverständnis unserer Demokratie sind als Vorbild all diejenigen wichtig, die im täglichen Leben Gefahren und Nachteile auf sich genommen haben, um zu helfen. Die gezeigt haben, man kann auch in einem totalitären System anständig bleiben, auch später noch in den Spiegel gucken. Gegen Populismus – egal aus welcher politischen Ecke helfen vor allem zwei Dinge: 1. die Regeln der repräsentativen Demokratie und 2. eine Politik, die den Populisten durch soziale und wirtschaftliche Sicherheit jede Basis nimmt. Weitere Informationen www.gegen-vergessen.de

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Vorgestellt

Claudia Berlin

Zoja Simon (49) – Hilfe für Migranten Zoja Simon hat selbst erfahren, wie wichtig es ist, Hilfe zu erhalten, wenn man als Spätaussiedler in Deutschland sesshaft werden will. Als sie mit ihrem Ehemann nach Berlin zog, war sie dankbar, Unterstützung dabei zu erhalten, sich in ihrer neuen Heimat zurecht zu finden. Oder auch einfach dafür, zu Geselligkeiten eingeladen zu werden, bei

denen sie neue Bekanntschaften schließen konnte. Seit 2013 bietet sie ehren-

Foto © reginald gramatté

Stephan Schulte

STERN des Monats

Andreas Epp (44) – unterstützt im Repair Café Wenn Andreas Epp im Repair Café des Psychosozialen Verbunds anderen hilft, elektronische und mechanische Geräte selbst zu reparieren, geht es ihm nicht nur um die konkrete Hilfe. Er sieht es auch als praktizierten Umweltschutz an, noch brauchbare Geräte vor dem Verschrotten zu retten. Anderen zu helfen macht ihm Freude und ebenso, sich mit

Technik zu beschäftigen. Aber vor allem sieht er sein Ehrenamt auch als Möglichkeit, positiven Einfluss auf seine eigene Umgebung zu nehmen und sie ein klein wenig zu der „eigenen Gesellschaft“ zu machen. Das, so appelliert Andreas Epp an uns alle, ist ein guter Grund, selber aktiv zu werden. www.psv-treptow.de Stephan Schulte

Lesen Sie gern? Paten für Willkommensklassen gesucht 26 Grund- und Oberschulen in TreptowKöpenick suchen derzeit dringend ehrenamtliche Lesepaten. Damit Kinder und Jugendliche in den Willkommensklassen schnell die deutsche Sprache erlernen, benötigen sie Ihre Hilfe. Als Lesepate können Sie bei den Schüler/innen die Freude für das Lesen wecken, indem Sie Geschichten vorlesen, erklären, erzählen und ihnen beim Vorlesen zuhören. Auch in Erzählgruppen, bei Spiel und Sport kann man Sprache gut vermitteln. Für dieses Engagement sollten Sie gern mit Kindern und Jugendlichen arbeiten,

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amtlich im KIEZKLUB KES in Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle DIALOG diese wichtige Hilfe anderen Migranten an und fühlt sich selbst bereichert, wenn sie Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur kennenlernt. www.abw-berlin.de/ Angebote/BeratungMigranten

Foto © privat

Noch ist der Garten hinter dem Haus Müggelspree der Stephanus-Stiftung vor allem grün. Bunte Farbtupfer sind die Ausnahme. Das soll sich ändern. Leitung und Bewohner des Köpenicker Pflegeheims haben eine AG Gemeinschaftsgarten gegründet und gemeinsam mit Studenten der Fachhochschule für Nachhaltigkeit in Eberswalde ein Gartenprojekt entwickelt. Von Anfang an war klar: Es wird keinen Zaun geben, der Garten soll auch für die Bewohner der Nachbarhäuser da sein. Nicht nur zum Ausruhen auf den Bänken, die Hobbygärtner hoffen auf tatkräftige Mithilfe. Dabei können auch eigene Ideen umgesetzt werden, der Garten ist im wahrsten Sinn ein wachsendes Projekt. Einmal monatlich gibt es im Pflegeheim eine Gartensprechstunde. Und am 9. September soll der Garten im Rahmen der Freiwilligentage herbstfit gemacht werden. Für diesen Tag und darüber hinaus sucht die AG Gemeinschaftsgarten Unterstützer. www.stephanus.org/standorte/ haus-mueggelspree-in-berlinkoepenick/

STERN des Monats

Foto © reginald gramatté

Da blüht uns was

Empathie, Geduld und Aufgeschlossenheit mitbringen und Spaß an der Vermittlung von Grundkenntnissen der deutschen Sprache haben. Der Einsatz erfolgt meist ein- bis zweimal wöchentlich für etwa 2 Stunden. Ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis wird benötigt und kann beim Bürgeramt kostenfrei beantragt werden. Weitere Infos Sandra Maiwald | Tel.: 030/243 585 76 www.sternenfischer.org Andrea Paproth

SternenZeit


Angekündigt

Aha ...

Veranstaltungshinweise für Treptow-Köpenick 09.09.-10.09.2016 Freiwilligentage Treptow-Köpenick 2016 Bunte und vielfältige Mitmachaktionen bieten die Möglichkeit, das freiwillige Engagement kennenzulernen. Im gesamten Bezirk TreptowKöpenick sind freiwillige Helfer/innen unter dem Motto „Zeit spenden, mitgestalten, Engel sein für einen Tag! Gemeinsam für Treptow-Köpenick!“ eingeladen, bei 32 Aktionen zu helfen. Information/Anmeldung: www.sternenfischer.org/freiwilligentag Telefon: 030/243 585 76 15.09.-03.10.2016 Interkulturelle Woche Berlin 2016 Unter dem Motto „Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt“ sind deutschlandweit mehr als 5000 Veranstaltungen an über 500 Orten geplant. Unter anderem findet der Tag des Flüchtlings in diesem Rahmen am Freitag, den 30.09.2016 statt. Berlin wird sich mit verschiedenen Beiträgen und Projekten an der Interkulturellen Woche beteiligen und sich für ein friedliches Zusammenleben und gegen rassistische Ausgrenzung engagieren. Interessierten werden vielfältige Begegnungen geboten. Weitere Infos unter: www.interkulturelle-woche-berlin.de 17.09.2015, ab 14 Uhr 4. Alt-Treptower Baumscheibenfest Auch in diesem Jahr lädt das rein ehrenamtlich organisierte und nicht-kommerzielle Kiezfest zum liebe- und fantasievollen Bepflanzen von Baumscheiben im Kiez rund um die KarlKunger-Straße ein. Anwohner, Einrichtungen und Gewerbetreibende laden zu gemeinsamen Aktionen und Ständen ein, um die Vielfältigkeit ihres Kiezes zu feiern. Weitere Infos unter: www.baumscheibenfest.de 22.09.-28.09.2016 19. Berliner Hospizwoche Motto: Am Ende ganz allein? Die traditionelle Veranstaltung des Hospiz- und Palliativ-Verbandes Berlin präsentiert die Vielfalt der hospizlichen und palliativen Arbeit in Berlin. Ziel ist es, die Hospizidee zu verbreiten und

ZeiTung Für FreiwilligeS engagemenT auS TrepTow-KöpeniCK

damit zu einer Bewusstseinsänderung in der Gesellschaft beizutragen, damit Sterben als Teil des Lebens begriffen wird. Weitere Infos unter: www.hospizwoche.de 24.09.2016, 11 bis 19 Uhr Adlershofer Herbstfest Mit einem bunten Bühnenprogramm und vielfältigen Angeboten an Informationsständen feiert Adlershof gutgelaunt den Einzug der goldenen Jahreszeit. Wo: Kulturzentrum Adlershof Alte Schule 54/56, 12489 Berlin 30.09.2016 25 Jahre Rabenhaus Das ganze Jahr feiert das Nachbarschaftshaus in Köpenick schon mit einer Reihe von Aktionen sein Jubiläum. Ein ganz besonderer Tag steht dann Ende September an: Unter der Schirmherrschaft des Bezirksbürgermeisters Oliver Igel findet im Rathaus Köpenick das Fest unter dem Motto "Alte und Neue Nachbarinnen und Nachbarn – Ein Dankeschönfest" statt. Wo: Rathaus Köpenick 10.10.-16.10.2016 10. Berliner Woche der Seelischen Gesundheit Mit rund 200 Veranstaltungen werden Berliner Kliniken, Kontakt- und Beratungsstellen, Therapiezentren oder Selbsthilfegruppen über psychische Krankheitsbilder, Behandlungsmöglichkeiten und soziale Unterstützung informieren. Unter dem Motto „Körper und Seele“ werden Workshops, Vorträge, Fachtagungen, Ausstellungen, Konzerte und vieles mehr angeboten – wohnortnah in den Bezirken und themenübergreifend über die ganze Stadt verstreut. Weitere Infos unter www.aktionswoche.seelischegesundheit.net/berlin 04.11.2016, 18 Uhr Eröffnung der Wanderausstellung vom Königsheider Eichhörnchen e.V. zum ehemaligen Kinderheim Königsheide Wo: Café Sibylle, Karl-Marx-Allee 72, 10243 Berlin

Foto © reginald gramatté

Herbst 2016

Wie das so im Sommer ist – wir waren zu einer Gartenparty eingeladen. Wir versammelten uns am Kaffeetisch. Es gab zur Erfrischung Holunderwasser und Zitronenbrause. Die Gespräche plätscherten so dahin. Und dann passiert mir das! Ich hatte das Handy stumm geschaltet, aber ich hörte das leise Plingplong in meiner Tasche. Ein Gefühl zwischen Unruhe und Neugier befiel mich. Wer könnte das sein? Worum geht es? Was tun? Ich, die ich erst kürzlich gegen dieses Handyunwesen gewettert hatte, konnte nicht anders. Ich nahm das Handy, wie ich glaubte, ganz unauffällig aus der Tasche, um wenigstens den Absender zu lesen. Vielleicht hätte ich auch gleich eine kurze Antwort schreiben können. Aber nein! Alle Gespräche waren verstummt, alle schauten mich an. Mein Mann zischte nur kopfschüttelnd ein entschiedenes Nein herüber. Und ich? Ich hatte gegen meine eigene Regel verstoßen, die da lautet, nie im Beisein Dritter ein Handy zu benutzen, weil es einfach stört. Im Übrigen: Es entwickelte sich ein längeres Tischgespräch über Segen und Fluch des Handys in unserer schnelllebigen Zeit. Immerhin!

Ihre Annette Kunsch 7


Mein Tipp

Foto © uwe Scholz

Auf der Suche nach spannenden Themen für die neue STERNENZEITAusgabe landete ich auf der Webseite der Gedenkstätte Berliner Mauer. Hier findet man eine Online-Ausstellung mit dem Titel „Mein Foto vom Herbst 1989" und den Aufruf mitzumachen. Ich schaute mir ein paar der Bilder an und dachte sofort: Hast du nicht auch solche Bilder?

Ab durch die Mauer zum Reichstag im Dezember 1989

Damals war ich 10 Jahre alt. Grenzübergänge in Berlin waren schon einige Wochen geöffnet. Wir bekamen Besuch und wie so oft spazierten wir Unter den Linden entlang zum Brandenburger Tor. Früher wäre der Ausflug hier vor dem Pariser Platz an einem Zaun geendet. In-

Foto © re ginald gr amatté

Mein Foto zum Mauerfall 1989

zwischen hatten fleißige Mauerspechte einige Löcher in die Mauer geschlagen. Durch eines kletterten wir dann von der Ost- auf die Westseite, um den Reichstag zu sehen. Mein Erinnerungsfoto habe ich auf der Webseite hochgeladen. Machen Sie auch mit! Informationen www.berliner-mauer-gedenkstaette.de/ de/mein-foto-vom-herbst-1989-782.html Andrea Paproth

STERNEN - Rätsel - ZEIT Aus den unten angegebenen Silben sind Wörter mit folgenden Bedeutungen zu bilden: Das Rätsel ist gelöst, wenn alle Silben richtig verwendet worden sind. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Wo befindet sich Berlins einziges noch weitgehend erhaltenes Zwangsarbeiterlager? Eberhard Diepgen engagiert sich "Gegen das Vergessen-......" Wer ist eine wichtige Informationsquelle im Industriesalon? Wie nennt man eine Vereinigung? Wie nennt man ein tragbares Telefon? Wo fühlt man sich zu Hause? Wie wurden Menschen genannt, die nach 1989 die Berliner Mauer bearbeiteten? Wen suchen die Willkommensklassen derzeit? Wo stand das größte Kinderheim der DDR? Für welches Projekt sucht die Stephanus-Stiftung Unterstützer?

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Silben: bar - de - de - de - dy - er - für - ge - gar - han - hei - hei - kra - kö - le - mau - mat - mo - nach - ne - nigs - on - pa schafts - schö - se - spech - te - ten - ten - tie - uni - wei - zeit – zeu Lösungsworte vom Rätsel aus Heft II 2016: Harmonium, Deutsches Chorfest, Straßenbahndepot, Einsamkeit, Schlossinsel, Sommeranfang, Tinnitus, Bibliothek, Gymnastik, Spätlese Impressum Herausgeber: STERNENFISCHER Freiwilligenzentrum Treptow-Köpenick, Oberspreestr. 182, 12557 Berlin, Tel. 030-24 35 85 75, Fax 030-68 07 41 61, www.sternenfischer.org, www.facebook.com/STERNENFISCHER. Freiwilligenzentrum STERNENFISCHER ist ein Projekt der Stiftung Unionhilfswerk Berlin, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Unionhilfswerk Berlin: Norbert Prochnow, V. i. S. d. P.: Stefanie Wind, Leitung STERNENFISCHER, Chefredaktion: Sandra Holtermann (sh) Redaktion: Andrea Paproth (ap), Franziska Pfeil (fp), Annette Kunsch (ak), Stephan Schulte (ssch), Claudia Berlin (cb), Tel. 030-24 35 85 75, redaktion@sternenfischer. org, Fotograf: Reginald Gramatté, Herstellung: Union Sozialer Einrichtungen gemeinnützige GmbH (USE gGmbH). Gedruckt auf 100 Prozent chlorfrei gebleichtem Papier. Erscheinungsweise: quartalsweise Auflage: 1.000 Stück Redaktionsschluss der aktuellen Ausgabe: 10.08.2016, Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Spendenkonto: Stiftung Unionhilfswerk Berlin, IBAN: DE17 1002 0500 0001 4080 00, BIC: BFSWDE33BER, Verwendungszweck: "Spende STERNENFISCHER" Spendenbescheinigung auf Wunsch.


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