STERNENZEIT Ausgabe Winter 2015/16

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Jahrgang 04 / Ausgabe 04 / Winter 2015/16

Zeitung aus treptow-KöpenicK für freiwilliges engagement

Schwerpunktthema

Nachgefragt

Engagement für und von Geflüchteten Seite 1-3

Angekündigt

Martina Mauer vom Flüchtlingsrat Berlin Seite 5

Veranstaltungshinweise rund ums Engagement Seite 7

Vielen Dank für Ihr Engagement! Und Ihre Zeit und Ihre Offenheit!

Die letzten Wochen und Monate haben gezeigt: Bürgerschaftliches Engagement in Deutschland funktioniert hervorragend. Überall im Land bringen sich Menschen mit Energie und Kreativität bei der Aufnahme und Integration von geflüchteten Menschen ein. Nicht selten über die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit hinaus. Zahllose Menschen sind seit Jahren aktiv, viele engagieren sich zum ersten Mal. Ihnen gemein ist, dass sie die Notwendigkeit und ebenso den Mehrwert sehen, genau jetzt ihren persönlichen Beitrag zu leisten. Sei es in Willkommensbündnissen oder Sprachkursen. Als Begleitung bei Amtsgängen oder als Mensch mit Fluchterfahrung. Als Aktivist/in zur Verbesserung bestehender Asylverfahren oder als Kommunikationstrainer/in gegen rechte Parolen. All dieses Engagement zeigt: Die breite Mehrheit in Deutschland heißt die neuen Mitbürger/innen willkommen und versucht, ihnen die ersten, schwersten Schritte zu erleichtern. Doch es ist klar: Integrationsmaßnahmen müssen langfristig

gedacht werden und können nur gelingen, wenn alle - Gesellschaft und Politik - bereit für Veränderungen und offen für Neues sind. Damit der Wille zur Veränderung und die Offenheit in unserer Gesellschaft erhalten bleiben, sind Kommunen, Länder und der Bund gefragt. Es gilt, positive Zeichen zu setzen.

Die außerordentliche Leistung der ehrenamtlichen Helfer/innen verdient Anerkennung und die Engagierten selbst Entlastung, soweit es nur geht! So wichtig ehrenamtliches Engagement ist, so eignet es sich nicht dafür, fehlende Strukturen dauerhaft zu ersetzen. Es ist daher an den politischen Entscheidungsträger/innen, die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit unsere wachsende, bunter werdende Gesellschaft Raum für eine nachhaltige Veränderung hat. Wir befinden uns in einer sehr spannenden Zeit, in der wir selbst viel lernen und erleben und in der wir mitbestimmen können, dass das Deutschland des 21. Jahrhunderts bunt, offen und vielfältig wird. Es kostet viel Kraft, Mut und Engagement, damit dieses Deutschland wachsen kann. Sind Sie dabei? Ihre STERNENZEIT-Redaktion


Hingeschaut Der Verein Women in Exile e.V.

Flüchtlingsfrauen kämpfen für ihre Rechte! deren Probleme sprechen und alles dokumentieren. Der Verein „Women in Exile“ organisiert Vernetzungstreffen, gibt Seminare und Workshops für Flüchtlingsfrauen, plant Demos und Aktionen mit anderen Gruppen und berichtet in Newslettern über die Lebensbedingungen von Flüchtlingsfrauen in Deutschland. Im Sommer 2014 war „Women in Exile & Friends“ mit dem Fluchtschiffprojekt des Musikers Heinz Ratz und seiner Band Strom und Wasser von Nürnberg nach Berlin unterwegs, um auf die Situation von geflüchteten Frauen und Kindern aufmerksam zu machen. Auf ihrer fast siebenwöchigen Reise auf Flößen quer durch Deutschland besuchten die Aktivistinnen zahlreiche Flüchtlingsfrauen in Lagern und konnten abends

auf den Konzerten über die Probleme der Frauen berichten. Am Tag nach ihrer Rückkehr wurde ein Memorandum mit Forderungen an das Bundesinnenministerium übergeben.

Kontakt: Women in Exile e.V. Rudolf-Breitscheid-Straße 164 14482 Potsdam info@women-in-exile.net www.women-in-exile.net Andrea Paproth

Foto © Women in Exile & Friends

Wer auf der Flucht war, hat meist Schreckliches und Unvorstellbares erlebt. Krieg, Gewalt, Tod. Endlich in Sicherheit angekommen und froh überlebt zu haben, bedeutet für viele nicht unweigerlich das Ende ihres Leidenswegs. Isolation, Ausgrenzung, Diskriminierungen, Gewalt und auch sexuelle Übergriffe gehören für viele Frauen zum Alltag in Flüchtlingsunterkünften. Die Aktivistinnen von "Women in Exile & Friends" fordern deshalb: „Keine Lager für Frauen und Kinder! Alle Lager abschaffen!“ Mit der im Jahr 2010 gestarteten Kampagne machen die Frauen mit und ohne Flüchtlingshintergrund auf die Zustände in Lagern aufmerksam, indem sie Gemeinschaftsunterkünfte in Brandenburg aufsuchen, mit betroffenen Frauen über

Den Abschluss der Sommertour 2015 feierte "Women in Exile" mit einem Konzert in der Trepotwer Lohmühle

Multitude e.V. unterstützt Flüchtlinge beim Deutschlernen

Sprachunterricht auch am Herd es hier Deutschunterricht. Initiiert von Multitude e.V. Schon 2001 haben Studenten die „Initiative Deutschunterricht“ ins Leben gerufen, aus der 2011 Multitude wurde. Der Name bedeutet Menge, Vielzahl und war wohl noch nie so zutreffend wie heute. Es sind eine Menge Geflüchtete, die Deutsch lernen wollen. Vielzählig sind ihre Heimatländer, ihre Muttersprachen, ihre Voraussetzungen. Marwan hat in Syrien Abitur gemacht, die lateinischen Buchstaben sind ihm vertraut. Er will studieren, muss dafür gut deutsch sprechen. Zum Lernen nutzt er jede Gelegenheit. Wörter und Wendungen, die er irgendwo hört, notiert er in einem Heft. Das sei wie ein kleiner Roman, sagt Angelika Petruschat. Seit zwei Deutschunterricht im Salvador-Allende-Heim, Jahren engagiert sie sich bei Multitude. vorn links Marwan Wie die meisten ehrenamtlichen Lehrer

Foto © Reginald Gramatté

„Ich richte mich nach dir“ – was das bedeutet, will Marwan heute wissen. Den Satz hat er gerade in der Bahn gehört. Auch an diesem Montag sitzt der junge Syrer in dem großen Raum im Erdgeschoss des SalvadorAllende-Heims. Zweimal in der Woche gibt

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ist sie keine Pädagogin, aber das ist kein Problem. Viele Flüchtlinge nehmen an Deutschkursen teil. Was ihnen fehlt, ist die Sprachpraxis. Auch eine Folge des Lebens im Heim. Der Deutschunterricht soll sie aus der Isolation holen, Teilhabe möglich machen. Angelika Petruschat hat da besonders die Frauen im Blick. Nur wenige Heimbewohnerinnen kommen zum Deutschunterricht. Weil sie oft nur eine geringe Schulbildung haben, ist die Scheu groß. „Unsere Art zu lernen, ist zu abstrakt“, findet Angelika Petruschat. Künftig will sie einen Unterrichtstag nur für Frauen organisieren. Dabei könnte auch gemeinsam gekocht und ganz praktisch gelernt werden. Ein erster Versuch hat allen Spaß gemacht. Kontakt: www.multitude-berlin.de Claudia Berlin

SternenZeit


Hingeschaut

Hilfreiche Aktionen für und von Flüchtlinge/n Zur Arbeitsgruppe Flucht und Menschenrechte (AG F+M) in Treptow-Köpenick gehören insgesamt 152 Einwohner, Studenten und Schüler des Bezirkes. Sie kümmern sich um Asylsuchende und Flüchtlinge im Bezirk, unterstützen sie bei der Bewältigung des Alltags, vermitteln an Beratungsstellen und leisten praktische Hilfe. Es wird Deutsch- und Nachhilfeunterricht erteilt, bei der Arbeits- und Wohnungssuche, bei Umzügen, Arztbesuchen, auf Ämtern und beim Ausfüllen von Formularen geholfen oder Rechtsbeistand geleistet. Daraus entstehen oft persönliche, für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge besonders nötige Patenschaften. Die AG-Mitglieder und ihre Leiterin Rebecca Sommer arbeiten oft bis an die Grenze der Belastbarkeit, um – auch bürokratische – Hindernisse zu überwinden. Es werden Kochkurse von Flüchtlingen für Köpenicker organisiert, eine traditionelle Kinder- und Jugend-Tanzgruppe und eine syrische Tanzgruppe geleitet. Die Jugendgruppe der AG F+M engagiert sich

Foto © arbeitsgruppe Flucht und menschenrechte/eksi

Die Arbeitsgruppe Flucht und Menschenrechte

Die syrische Tanzgruppe Heimatsterne der Arbeitsgruppe Flucht und Menschenrechte

stark für minderjährige Flüchtlinge. 52 Mitglieder der AG F+M sind integrierte Flüchtlinge, die als Übersetzer aktiv sind, Deutsch unterrichten und die Neuankömmlinge über Leben und Kultur in Deutschland informieren. Unterstützung kommt auch von Kirchen im Bezirk. Auf dem Gelände und in den Räumen der St.-Josefs-Kirche werden Sachspenden gelagert, ausgegeben und

interkulturelle Feste gefeiert. Die AG F+M benötigt gerade jetzt Decken, Schlafsäcke, Zelte und Fahrräder. Und erst recht weitere Helfer. Kontakt: arbeitsgruppeflucht+ menschenrechte@lists.riseup.net Claudia Bachmann

Jugendliche ohne Grenzen

Für das Bleiberecht geduldeter Flüchtlinge profitieren beide Seiten: Flüchtlinge und Gesellschaft.“ Jedes Jahr ist Jugendliche ohne Grenzen zur Innenministerkonferenz mit eigenen Veranstaltungen präsent, in diesem Jahr in Koblenz: Straßentheater, Workshops, eine Gala, auf der drei Initiativen ausgezeichnet werden, die sich für Flüchtlinge eingesetzt haben. Hier wird auch der „Abschiebeminister des Jahres“ gekürt. Der Preis wird verliehen für konsequente Realitätsverweigerung. „Wir arbeiten nicht karitativ“, erklärt Mohammed, „wir wollen die Situation der Flüchtlinge politisch verbessern und Ursachen für Flucht bekämpfen. Die Not

ZEitunG FüR FREiWilliGEs EnGaGEmEnt aus tREptoW-KöpEnicK

Foto © Jugendliche ohne Grenzen

Mohammed Jouni hat es geschafft. Dabei hat man ihm die Integration nicht leicht gemacht. Als Kind aus dem Südlibanon geflohen, hatte er viele Jahre nur eine Duldung, die alle paar Monate auslief und verlängert werden musste. Arbeit, Ausbildung und Studium blieben ihm somit nach dem Abitur verwehrt. Vor mehr als 10 Jahren ergriffen er und andere betroffene Jugendliche die Initiative und gründeten Jugendliche ohne Grenzen. Seitdem gehen sie an die Öffentlichkeit, konfrontieren Politiker, kämpfen für das Bleiberecht und die Abschaffung der Duldung. Die Berufsausbildung konnte Mohammed abschließen – mit EU Hilfe. Seine Erfahrung: „Menschen, die hierher kommen, sind nicht irgendwelche Leistungsempfänger, sie wollen etwas schaffen. Wenn man ihnen auf Augenhöhe begegnet, dann

10 Jahre Jugendliche ohne Grenzen

in manchen Ländern hat auch mit unserem Wohlstand zu tun. Politik und Wirtschaft müssen sich ändern, damit Menschen erst gar nicht fliehen müssen.“ Kontakt: jogspace.net Stephan Schulte

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Nachrichten

Annette Kunsch

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An einem Samstag im September stand für die THWOrtsgruppe Treptow-Köpenick eine große Übung auf dem Plan. 44 Helfer und Helferinnen mussten zeigen, wie gut sie für Notfälle gerüstet sind. Da wurde simuliert, dass im Westhafen ein Hafenbecken überzulaufen droht. Ein Fall für die Wassergruppe und deren Hannibal-Hochleistungspumpe. Auf einem Übungsgelände in Spandau mussten die beiden Bergungsgruppen eine verletzte Person aus einem einsturzgefährdeten Haus retten und mit einer Seilbahn in ein gegenüberliegendes Gebäude bringen. Angeleitet von Gruppenleiter Christian Nolte. Seit sechs Jahren arbeitet er ehrenamtlich beim Technischen Hilfswerk, war schon beim Hochwasser in Bosnien im Einsatz und bei der Ebola-Epidemie in Sierra Leone. Das Bedürfnis, anderen zu helfen, und sein Interesse für Technik haben ihn zum THW Foto © Justin palm

Es war viel los an den Freiwilligentagen in Treptow-Köpenick! Koordiniert von den STERNENFISCHERN, beteiligten sich am vorletzten Septemberwochenende bei 29 Mitmachaktionen mehr als 350 Freiwillige und machten die Freiwilligentage 2015 zu einem vollen Erfolg. Unter ihnen Bezirksbürgermeister Oliver Igel, ein bekennender Nicht-Handwerker, der im Industriesalon Schöneweide eine Kabeltrommel unverletzt zusammennagelte. In Kiezklubs wurden Haus und Garten geputzt. Der Weltladen in Köpenick tat gut und Gutes – bei Kaffee und Kuchen wurden neue Helfer angeworben. Der Verein KulturLeben Berlin, der Theaterkarten für Bedürftige organisiert, stellte sich vor. Die Bürgerstiftung TK lud zum Gespräch ein und das Repair Café gegen die Wegwerfmentalität lockte Menschen mit handwerklichen Begabungen an. Auf der Dankesparty im Rathaus Köpenick hoben Bürgermeister Igel und Sozialstadtrat Klemm den besonderen Wert des bürgerschaftlichen Engagements hervor, ohne das viele gesellschaftliche Aufgaben nicht bewältigt werden könnten. Die STERNENFISCHER haben ihr Ziel erreicht: Aus dem Engagement auf Probe wird bei vielen ein dauerhaftes Engagement werden.

Im Einsatz von Einsturz bis Ebola

gebracht. Dort werden ehrenamtliche Helfer und Helferinnen dringend gebraucht, auch in Treptow-Köpenick. Für künftige Notfälle. Dass die Ortsgruppe dafür gut gerüstet ist, hat die Übung gezeigt. Kontakt: www.thw-treptow.de Claudia Berlin

Fußball verbindet Zum FC Treptow gehört seit 2014 eine Flüchtlingsmannschaft, für die sich Vereinspräsident Wolfgang Döbler ehrenamtlich engagiert. Mit großem Einsatz für jeden der zwanzig Spieler besorgte er mit zahllosen Emails in ihre Heimatländer die notwendigen Spielerpässe. Für ihre Grundausstattung rang er dem Landessportbund sowie dem Berliner Fußballverband Geldbeträge ab. Die 18-25 jährigen Spieler kommen z. B. aus Äthiopien oder Eritrea und sprechen deutsch miteinander. Beim Fußball finden sie Gemeinschaft und Erfolgserlebnisse. Constantin Stüve, der die Spieler zusammen mit seiner Freundin ehrenamtlich fördert, stellte die Mannschaft Anfang 2014 zusammen. Er sprach die Männer im Heim in der Köpenicker Landstraße an, traf auf Begeisterung und ging auf Platzsuche. Seit März Foto © Reginald Gramatté

Engel sein für einen Tag!

2014 trainiert er die Fußballer wöchentlich in der Treptower Willi-Sänger-Sportanlage. Und seit September 2015 spielt das Team in der Kreisliga C, wo es sich inzwischen in der Tabellenspitze festgesetzt hat. Kontakt: www.fc-treptow.de, wolfgangdoebler@web.de mobil: 0176/62922382 Claudia Bachmann

SternenZeit


Nachgefragt Das Engagement ist super, die Koordinierung nicht Martina Mauer vom Flüchtlingsrat Berlin im Gespräch mit STERNENZEIT-Redakteurin Claudia Berlin 1981 wurde der Flüchtlingsrat Berlin gegründet, als erster bundesweit. Seit sechs Jahren ist Martina Mauer seine Sprecherin.

Welche Ziele verfolgt der Flüchtlingsrat Berlin? Seit unserer Gründung ist es erklärtes Ziel, die Lebenssituation von geflüchteten Menschen in Berlin zu verbessern, für ihre Rechte einzutreten, aber auch die antirassistische Arbeit zu stärken. Unsere Zielgruppe sind nicht nur die Geflüchteten selbst, sondern alle, die in diesem Bereich arbeiten: Willkommensinitiativen, Beratungsstellen, engagierte Einzelpersonen. Wir sind also ein gelebtes Netzwerk. Außerdem engagieren wir uns als Mitglied im bundesweiten Netzwerk Pro Asyl.

Wo

liegen angesichts des großen Zustroms von Geflüchteten jetzt die besonderen Herausforderungen? Das Problem ist, dass wir personell und finanziell die Aufgaben und Anfragen, die an uns herangetragen werden, fast nicht mehr bewältigen können. Vor sechs Jahren gab es hier sieben Sammelunterkünfte. Wir wussten genau, wie es dort aussieht. Mittlerweile haben wir über neunzig Unterkünfte. Da können wir unseren Anspruch, alle Akteure und die Bedingungen zu kennen, kaum mehr erfüllen.

Wie

beurteilen Sie das ehrenamtliche Engagement der Berliner für geflüchtete Menschen? Das ist super. Wir bekom-

men jeden Tag zig Anfragen: Wo kann ich mich engagieren? Das macht Mut. Viele Initiativen sind unverzichtbar geworden. Wahrscheinlich würde das ganze System der Flüchtlingsaufnahme ohne die Ehrenamtlichen nicht funktionieren. Wir sehen es aber auch mit einer gewissen Sorge, dass staatliche Aufgaben massiv auf das Ehrenamt abgewälzt werden. Viele ehrenamtliche Helfer übernehmen rein karitative Aufgaben wie zum Beispiel Ausgabe von Essen und Kleidung, auch medizinische Versorgung. Aber darauf haben die Flüchtlinge einen Leistungsanspruch. Da versuchen wir entgegen zu wirken, indem wir Fortbildungen anbieten für Ehrenamtliche. Sie sollen eher dabei helfen, Leistungsansprüche durchzusetzen, Anträge beim Sozialgericht zu stellen, Briefe an Behörden zu formulieren und ähnliches. Nicht die Defizite in der Politik dadurch aufrechterhalten, dass man als Ehrenamtlicher in die Bresche springt.

Vor

wenigen Monaten war „Willkommenskultur" das Wort der Stunde, jetzt ist häufig vom Kippen der Stimmung die Rede. Wie erleben Sie die Situation? Diese Euphorie-Welle, die wir im September nach den Begrüßungsszenen auf dem Münchener Hauptbahnhof erlebt haben, ebbt ab. Aber es ist immer noch so, dass sich ganz viele Leute engagieren. Das Kippen der Stimmung, das ist eher etwas, das die Politik macht. Wenn die Politik

ZEitunG FüR FREiWilliGEs EnGaGEmEnt aus tREptoW-KöpEnicK

Seit sechs Jahren leitet Martina Mauer den Flüchtlingsrat Berlin

kommuniziert, die Situation ist schwierig, wir sind überfordert – da kann man eine kippende Stimmung auch herbeireden.

Was kann bei der ehrenamtlichen Arbeit noch verbessert werden? Es fehlt vor allem an der Koordinierung. Viele möchten sich ehrenamtlich engagieren, bräuchten dazu erst mal Hilfestellung und Anleitung. Das können wir nicht leisten. Das können auch die wenigsten Heimbetreiber leisten. Auch die Willkommensinitiativen sind teilweise überfordert, neue Helfer und Helferinnen zu integrieren. Viele rufen bei uns an und sagen, dass sie bei den Initiativen niemanden erreichen. Das ist schade, aber dafür bräuchte man Personal, das gibt es nicht. Deshalb freuen wir uns, wenn Menschen Eigeninitiative mitbringen und sagen, ich baue selber was auf, ich vernetze mich und warte nicht, bis andere mich an die Hand nehmen. Viele Menschen haben auch Berührungsängste, wissen nicht, wie sie auf die Flüchtlinge zugehen sollen,

auch nicht, was die Flüchtlinge wollen und brauchen.

Sehen Sie Chancen, dass Geflüchtete sich selbst in ehrenamtliche Arbeit einbringen, und wie kann man das befördern? Das passiert ja bereits. Es ist aber ganz unterschiedlich in den Initiativen und hängt davon ab, wie sehr sie das selbst als Ziel formulieren. Viele Willkommensinitiativen arbeiten sehr eng mit Geflüchteten zusammen, weil die auch als Sprachmittler fungieren, zum Teil über eigene Netzwerke. Viele standen selber vor ein paar Monaten vor dem LaGeSo an und sagen, klar, dass ich jetzt anderen helfe. Das wird vielleicht nicht so öffentlich, das passiert einfach. Ich denke, generell muss man erst mal auf die Flüchtlinge zugehen und gucken, was sie wollen, was sie brauchen und nicht mit einem vorgefertigten Konzept rangehen. Kontakt: www.fluechtlingsrat-berlin.de

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Vorgestellt

Kontakt: Thomas Ziolko 030/51531407 info@freunde-hauptstadtzoos.de www.freunde-hauptstadtzoos.de

Foto © Reginald Gramatté

Annette Kunsch

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Dem Ingenieur ist nix zu schwör Um Erfahrungen weiterzugeben und anderen zu helfen, entschied sich Jürgen Timmermann (66) nach seinem Berufsleben ehrenamtlich tätig zu werden. Einen Schwerpunkt setzt der gelernte Diplomingenieur dabei auf die Arbeit mit Jugendlichen. So macht er sich im Rahmen seines Ehrenamtes beispielsweise gegen Ausbildungsabbrüche stark, bringt jungen Menschen das

Thema Technik näher oder hilft bei der Suchtprävention in Schülerworkshops. Herr Timmermann möchte sich zudem für Flüchtlinge engagieren. Sein Engagement macht ihn glücklich und gibt ihm das Gefühl, gebraucht zu werden. Kontakt: Juergen.timmermann@ blaues-kreuz.de Marian Boger

Foto © Reginald Gramatté

Berlin ist in der glücklichen Lage über zwei Institutionen zu verfügen, die sich der Hege und Pflege von Tierarten aus aller Welt verschrieben haben. Der weltweit artenreichste Zoo und der Berliner Tierpark als größter Landschaftstiergarten Europas verfügen zusammen über eine Fläche von fast 200 Hektar und beherbergen mehr als 27.000 Tiere. Ursprünglich gedacht als Exotenausstellung, erfüllen die Hauptstadtzoos heutzutage mit ihren mehr als 420 Mitarbeitern neben der Präsentation von Tieren als Bildungsauftrag auch internationale Forschungsaufträge und Zuchtprogramme. Die ehrenamtliche Gemeinschaft der Förderer von Tierpark Berlin und Zoologischem Garten Berlin e.V. unterstützt die Hauptstadtzoos materiell und ideell. Sie organisiert u.a. Kunst- und Kulturveranstaltungen und die Ausstellung im Schloss Friedrichsfelde. Gesucht werden ehrenamtliche Helfer für die Museumsaufsicht, Kartenausgabe, Garderobe und den Einlass sowie für Zooführungen und die Betreuung von Informationsständen.

Jürgen Timmermann

Nadine Tohmaz

Dolmetscherin für Flüchtlinge Nadine Tohmaz hat zwei Muttersprachen: Arabisch und Deutsch. Und sie ist mit der Lebenssituation von Menschen mit Migrationshintergrund vertraut. Ihr Sprachtalent erlaubte es ihr schon früh, für Familienmitglieder zu übersetzen und zu dolmetschen. Seit 2014 unterstützt sie damit auch arabische Flüchtlinge. Sie begleitet bei Behördengängen und

Arztbesuchen, hilft beim Ausfüllen von Anträgen, schreibt und übersetzt Briefe und führt Telefonate. Ihre Arbeit stellt sie in den Dienst des Neuköllner Vereins Al-Huleh, der sich seit 20 Jahren für Integration und das gegenseitige Verständnis der Kulturen einsetzt. Kontakt: www.al-huleh.de Stephan Schulte

Foto © privat

Tierisch gut

Internet für alle! Können Sie sich vorstellen, Ihren Computer zum Teil eines berlinweiten WLAN-Netzwerks zu machen? An dieser utopisch anmutenden Vision arbeitet der Förderverein Freie Netzwerke, kurz Freifunk, seit 15 Jahren: die Verbindung ganzer Stadtteile in einem freien, nicht-kommerziellen Netzwerk über ein offenes WLAN. Der freie Zugang zum Internet für alle ergibt sich fast nebenbei. Dabei ist die zugrundeliegende

technische Lösung ein anarchisch anmutendes, demokratisches Programm: Wenn Sie einen Computer haben, kann dieser ein Knotenpunkt in dem Netzwerk werden. Und, wenn Sie wollen, auch Zugang zum Internet bereit stellen. Über 350 freie Zugangsknoten sind auf diese Weise schon in Berlin entstanden. Praktische Hilfe bietet Freifunk dabei auch immer wieder in Flüchtlingsunterkünften: Da

manche Betreiber mit der geforderten Bereitstellung von WLAN überfordert sind, springen die Freifunk-Aktivist/innen ein und installieren ihr WLAN zum Nutzen der Geflüchteten. Helfen Sie mit, das Netzwerk in Treptow-Köpenick zu erweitern. Kontakt: berlin.freifunk.net freifunk@platon-gruppe.de Stephan Schulte

SternenZeit


Angekündigt

Aha ...

Veranstaltungshinweise für Treptow-Köpenick 08.12.2015 Feierliche Verleihung des Deutschen Engagementpreises 2015 Würdigung des gemeinnützigen Engagements mit einem Sonderpreis zur Willkommenskultur. Informationen unter: www.deutscher-engagementpreis.de 11.12. – 13.12.2015 Köpenick, die Weihnachtsinsel Auf dem Schloßplatz Köpenick erwarten die Besucher weihnachtliche Angebote wie traditionelles Kunsthandwerk, Bastelangebote für Kinder, die beliebte Tradition des abendlichen Turmblasens an allen Veranstaltungstagen sowie Punsch und Deftiges für die Großen und Süßes für die Kleinen. Wo: Schloßpark, Schloßinsel Berlin-Köpenick, 12557 Berlin 12.12.2015, Beginn 16.00 Uhr STERNEN-Treff Spezial: Adventskonzert Veranstaltung des STERNENFISCHER Freiwilligenzentrums für Flüchtlinge sowie für Menschen, die sich ehrenamtlich in verschiedensten Bereichen engagieren. Es spielt das Bundespolizeiorchester Berlin vor-

weihnachtliche Melodien zur Einstimmung in die Weihnachtszeit. Die Teilnahme ist kostenfrei. Sie erkennen das Team der STERNENFISCHER an ihren gelben T-Shirts. Wo: Christophoruskirche der Evangelischen Kirchengemeinde Friedrichshagen, Bölschestr. 30, 12587 Berlin 12.12.2015 LichtGestalten – Schöneweide erstrahlt! Der Stadtplatz in Schöneweide direkt am Kaisersteg wird von tausenden Lichtern illuminiert. Schöneweider Künstler/innen werden mit kreativen Lichtideen und -objekten ihren Stadtteil zum Leuchten bringen. Höhepunkt dieses Lichtspektakels wird ab 18.00 Uhr eine Liveshow aus Ton, Musik, Stimme, Klang, Lichtmalerei, Schattenspiel, Video und Lichtcollage sein. Der Platz wird so in eine fulminante Lichtbühne verwandelt. Alle Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, sich zu beteiligen, ob mit Kerze, Taschenlampe oder Handy – jede Lichtquelle kann dafür genutzt werden. Wo: Stadtplatz in Schöneweide, direkt am Kaisersteg

Liebe Leserinnen und Leser, das Jahr neigt sich dem Ende zu und Feiertage stehen vor der Tür - Channuka, Maulid an-Nabī, Weihnachten. Wir danken Ihnen herzlich für die Unterstützung und für all das Gute, das Sie in Ihrem freiwilligen Engagement für andere Menschen, für unsere Umwelt, für unser Gemeinwesen tun. Wir wünschen Ihnen frohe Feiertage und einen Guten Start ins Jahr 2016! Ihr STERNENFISCHER-Team und Ihre Redaktion der STERNENZEIT

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Foto © privat

Winter 2015

Die 60jährige Frau P. wollte in der Flüchtlingshilfe nicht ehrenamtlich arbeiten. Stattdessen wollte die Oberschöneweiderin bezahlte Arbeit in diesem Bereich finden. Ihre Begründung ist einfach: Sie braucht einen sozialversicherungspflichtigen Job, um später ohne Abschläge in Rente gehen zu können. Ihre Bewerbungen auf offene Stellen blieben zunächst unbeantwortet. Frau P., ausgebildete Trainerin (Gesundheitssport) und Sekretärin, z.T. auch Chefsekretärin, hat die Sache nicht auf sich beruhen lassen und erzählte der STERNENZEIT von ihrem Problem. STERNENZEIT hat sich in die Vorgänge eingeschaltet und unterstützend gewirkt. Frau P. hatte Erfolg: Gerade hat sie ihre gewünschte Teilzeitstelle in der Flüchtlingshilfe als Verwaltungskraft antreten können. Wenn auch Sie in Schwierigkeiten stecken, scheuen Sie sich nicht, unsere Redaktion einzuschalten! Kontaktieren Sie einfach redaktion@ sternenfischer.org

Ihre Christiane Hartmann-Kraatz

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Mein Tipp

Winterzeit ist Lesezeit! Was nicht schriftlich niedergelegt ist, geht spätestens mit der dritten Generation verloren. Das soll mit dem Wissen über das Ehrenamt nicht passieren. Karin Manke aus Johannisthal und Philipp Sonntag haben den Band „Mehr ehrlich als amtlich“ im Beggerow-Verlag herausgegeben. In diesem angenehm zu lesenden, interessanten Buch erzählen Autoren aus Ost und West. Ein großes Kapitel behandelt die gesellschaftliche Tätigkeit in der DDR: So betitelt ein weiblicher Kulturobmann ihren Bericht „Ich, die Kulturtante“. Eine Glückwunschbotin erzählt, wie sie Patienten einer Heilstätte mit musikalischen Grüßen viel Freude bereitete. Eine Rolle spielt auch das Ehrenamt im Umbruch und

über Grenzen hinweg sowie ein Ausblick mit dem „FairenAmt“ als Zukunftsvision. Dieses von Philipp Sonntag vorgeschlagene Amt soll das Ehrenamt mit einem fairen Beitrag zum Lebensunterhalt ergänzen. Christiane HartmannKraatz

STERNEN - Rätsel - ZEIT Aus den unten angegebenen Silben sind Wörter mit folgenden Bedeutungen zu bilden: Das Rätsel ist gelöst, wenn alle Silben richtig verwendet worden sind. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Wofür setzt sich „Jugendliche ohne Grenzen“ seit 2005 in besonderem Maße ein? Etwas ohne Zwang tun: Welche Initiative organisiert für Geflüchtete Deutschunterricht? Wie heißt die Hochleistungspumpe des THW? Wobei unterstützt die Arbeitsgruppe „Flucht und Menschenrechte“ Flüchtlinge? Was benötigen Fußballer, um in einem Verein zu spielen? Wer fordert: "Frauen raus aus den Lagern!" Wie kann man den Berliner Tierpark noch bezeichnen? Zweckbestimmtes Lernen nennt man auch? Persönlicher Einsatz für eine Sache/Überzeugung:

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aus - bal - be – bil - blei – che - de – dung – en - ex - frei – ga – gar - ge - han – ile - in - land - ler - lig – men - ment - mul – ni – nungs – pass - recht - schafts - spie - su - ten - ti - tier - tu - wil – wo - woh Lösungen der letzten Ausgabe: Falkenberg, Seelsorge, Allende 2 hilft, Müggelheim, Baumschulenweg, Tierschutztag, Besuchsdienste, Gratulationen, Gambia, Zander Impressum Herausgeber: STERNENFISCHER Freiwilligenzentrum Treptow-Köpenick, Oberspreestr. 182, 12557 Berlin, Tel. 030-24 35 85 75, Fax 030-68 07 41 61, www.sternenfischer.org, www.facebook.com/STERNENFISCHER.Freiwilligenzentrum, STERNENFISCHER ist ein Projekt der Union Sozialer Einrichtungen gemeinnützige GmbH (USE gGmbH), Geschäftsführung USE gGmbH: Wolfgang Grasnick, Andreas Sperlich, V. i. S. d. P.: Peter Wagenknecht, Leitung STERNENFISCHER, Chefredaktion: Sandra Holtermann (sh), Redaktion: Christiane Hartmann-Kraatz (chk), Andrea Paproth (ap), Annika Duft (ad), Franziska Pfeil (fp), Annette Kunsch (ak), Marian Boger (mb), Stephan Schulte (ssch), Claudia Berlin (cb), Claudia Bachmann (cba) Tel. 030-24 35 85 75, redaktion@sternenfischer.org, Fotograf: Reginald Gramatté, Herstellung: Union Sozialer Einrichtungen gemeinnützige GmbH (USE gGmbH). Gedruckt auf 100 Prozent chlorfrei gebleichtem Papier. Erscheinungsweise: quartalsweise, Auflage: 1.500 Stk. (regulär 1.000 Stück), Redaktionsschluss der aktuellen Ausgabe: 18.11.2015, Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Spendenkonto: Union Sozialer Einrichtungen gemeinnützige GmbH, IBAN: DE29 1002 0500 0003 1659 09, BIC: BFSWDE33BER (Konto-Nr. 3 165 909, BLZ 100 205 00, Bank für Sozialwirtschaft), Verwendungszweck: "Spende STERNENFISCHER". Spendenbescheinigung auf Wunsch.


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