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Alles Roger oder was?
REISELEITUNG
Roger Getzmann erlebte als Leiter des Fachbereichs Reisen eine aufregende Feuertaufe als Reiseleiter. Das fing mit Turbulenzen am Flughafen in Kloten an.
Von Peter Birrer
Roger Getzmann kümmert sich seit Ende 2021 bei der SPV auch um den ehemaligen Bereich Kultur und Freizeit und leitet den Fachbereich Reisen. Bloss: Wie läuft das genau, wenn Personen mit Tetraplegie Ferien machen? Roger Getzmann will sich im Juni ein Bild machen und begleitet eine Gruppe an die Südküste Portugals.
Eigentlich wäre er als Assistent vorgesehen. Als aber der Reiseleiter kurzfristig ausfällt, übernimmt er dessen Rolle. Als Chef de Mission des Schweizer Paralympic-Teams bringt Roger Getzmann zwar Erfahrung mit, doch der Trip an die Algarve verlangt dem Routinier einiges ab. Das fängt schon beim Abflug an.
Die Reise nach Portugal hat turbulent begonnen. Was lief in Kloten schief?
Wir besammelten uns alle am Flughafen: sieben Tetraplegiker und je eine Begleitperson sowie zwei professionelle Pflegefachkräfte der ParaHelp und ich. Drei Stunden vor Abflug waren wir da, bewusst so früh, weil die administrative Abwicklung beim Check-in und das Verfrachten der Elektrorollstühle viel Zeit kostet. Und weil man beim Transfer der Reisenden in einen Transferrollstuhl sehr behutsam vorgehen muss. Eigentlich ging alles gut…
…aber?
Im Flugzeug hörten wir die Durchsage «Boarding completed». Aber dann meldete der Pilot, es sei noch nicht alles Material eingeladen. Plötzlich hiess es: «Alle Passagiere müssen das Flugzeug wieder verlassen.»
Warum das?
Weil es unser Flugzeug offenbar nicht geschafft hätte, uns nach Faro zu bringen und am selben Abend wieder nach Kloten zurückzukehren. Die Swiss benötigte aber diese Maschine am anderen Tag, darum annullierte sie unseren Flug kurzerhand. Man sagt uns, dass für uns Hotelzimmer in Zürich gesucht würden. Worauf ich intervenierte, weil es für den Transport spezielle Gefährte bräuchte.
Was passierte dann?
Man wollte uns in diversen Hotels am Flughafen unterbringen. Ich bestand darauf, dass die Gruppe zusammenbleibt, nur schon um für die Pflegenden der ParaHelp die Wege kurz zu halten für einen allfälligen Notfall in der Nacht. Zweieinhalb Stunden nach dem Verlassen des Flugzeuges waren wir in unserem Hotel – im teuersten am Flughafen (lacht).
Wann ging die Reise schliesslich los?
Am Sonntag um 7 Uhr. Wir trafen uns um 3.45 Uhr, weil wir drei Stunden vor dem Abflug am Check-in-Schalter sein mussten.
Wie reagierten die Teilnehmenden auf die Turbulenzen?
Sie blieben total cool!
Und dann habt ihr die Algarve genossen?
Es lief alles reibungslos. Dass mein Gepäck nie ankam, war halt Pech… (lacht). Wir unternahmen Ausflüge, zum Beispiel nach Sagres, mit seinen schönen Stränden und Klippen. Oder einmal besuchten wir Lagos. Ein Highlight war eine Bootsfahrt, auf der wir die Höhlen entlang der Küste besichtigen konnten. Vor Ort unterstützten uns die Einheimischen sehr gut.
Was nimmst du aus dieser Woche mit?
Dass unsere Reisen ein extrem wichtiges Angebot sind und sich jeder noch so grosse Aufwand lohnt. Für viele Betroffene bedeuten sie eine willkommene Abwechslung. Dieser Tapetenwechsel tut ihnen richtig gut. Sie sehen viel Neues, knüpfen Freundschaften und erleben emotionale wie lustige Momente.
Zum Beispiel?
Am letzten Abend assen wir gemeinsam in einem Lokal, das vor allem von Einheimischen besucht wird. Irgendwann wurden Tische und Stühle zur Seite geschoben, ein Musiker spielte, und bald war die kleine Tanzfläche voll – auch mit unseren Leuten im Rollstuhl.
Wie verlief die Rückreise?
Ehrlich gesagt: Wir hatten einen späten Flug und ich befürchtete, dass wir nicht rechtzeitig in Zürich landen würden und in Mailand oder sonst wo übernachten müssten. Aber in Faro handelte das Bodenpersonal sehr speditiv. Wir flogen zwar mit leichter Verspätung ab, kamen aber um 23.20 Uhr an, kurz vor Torschluss. Und klar ist: Ich werde meine Feuertaufe als Reiseleiter sicher nicht vergessen.