
4 minute read
Mehr als nur Kilts und Dudelsäcke
SCHOTTLAND
Eine kleine Reisegruppe machte sich im September auf nach Schottland. Aufgrund einer kurzfristigen Absage durften ich, zurzeit Praktikantin bei der SPV, und mein Partner spontan mit.
Von Silvana Hegglin
Wir hatten die Schweiz noch nicht mal verlassen, gab es bereits die erste Aufregung. Am Check-in-Schalter am Flughafen Basel bemerkten zwei von sieben Reisenden, dass sie den Reisepass zu Hause vergessen hatten. Ab zum Schalter für einen Notpass. Dort wurden die zwei Personen wieder weggeschickt. Anscheinend gibt es eine neue Regelung, die es zulässt, mit der Identitätskarte nach Schottland einzureisen. Beim Check-in-Schalter verlief dann alles reibungslos, erleichtert gingen wir durch die Sicherheitskontrolle zum Gate. Ab nach Edinburgh. Bei der Einreise an der Grenzkontrolle wurden unsere Reisepässe kontrolliert. Der Beamte stutzte, als er die Identitätskarten sah. Er wollte die Reisenden mit der ID nicht ins Land lassen. Die Gruppenleitung schaltete sich ein und stimmte den Beamten um. Die Erleichterung war bei allen gross, als wir endlich schottischen Boden unter den Rädern hatten.
Das Ungeheuer von Loch Ness
Brian, unser Reiseleiter, holte uns am Flughafen ab. Mit einem rollstuhlgängigen Bus fuhren wir nach Inverness. Während der vierstündigen Fahrt hatten wir ausreichend Zeit, die atemberaubende Landschaft der schottischen Highlands in uns aufzusaugen. Abends sass unsere Reisegruppe gemütlich beim gemeinsamen Nachtessen in unserer Unterkunft. Trotz des Altersunterschieds verstanden wir uns bestens. Drei Tage verbrachten wir in Inverness. Wir suchten im mysteriösen Loch Ness nach dem Seeungeheuer und haben es leider nicht gefunden. Bei der Ausgrabungsstätte Clava Clairns reisten wir für kurze Zeit in die Bronzezeit zurück. In der Glenmorangie Destillerie tauchten wir in
die Welt der Whiskeyherstellung ein, und an einer Falkenflugshow staunten wir über die Tricks der Vögel.
Durch den Magen
Voller Eindrücke fuhren wir über die wunderschönen purpurfarbenen Highlands zurück in den Süden nach Glasgow. Auf dem Weg in die Lowlands stoppten wir an verschiedenen Schiffsschleusen und Sehenswürdigkeiten. Mit dem Reiseleiter Brain an unserer Seite erhielten wir in perfektem Deutsch sehr viele Informationen über die Kultur und die Orte, an denen wir vorbeifuhren. In Glasgow angekommen, punktete das Motel One mit seiner Rollstuhlgängigkeit.

Abends sassen wir oft im Pub zusammen und genossen das lokale Essen. Bereits am ersten Abend probierten einige aus der Reisegruppe das schottische Nationalgericht Haggis. Zugegeben war ich etwas skeptisch, als ich die Zutaten dieses Gerichts hörte: Schafsmagen gefüllt mit Innereien, Hafermehl und Zwiebeln. Erstaunlicherweise schmeckte es aber ziemlich gut.
Am nächsten Tag fuhren wir in die Destillerie Auchentoshan. Bei einer Führung lernten wir alles über das Brennen eines guten Whiskys. Die Whiskyverkostung am Schluss der Tour war eines der Highlights für viele.
Notfall im Lift
In Glasgow besuchten wir das Riverside Museum. Das preisgekrönte Verkehrsmuseum zeigt vom Skateboard über Lokomotiven, Kutschen, Autos bis hin zu Rollstühlen allerlei Fortbewegungsmittel. Eine halbe Stunde vor Abfahrt wollten mein Partner und ich noch einen Abstecher in die obere Etage machen. Doch als wir im Lift waren, fiel dieser plötzlich aus. Uns wurde sofort klar: Mist, wir stecken fest. Wir drückten auf den Notrufknopf, doch der nette Mann am Apparat behauptete, dass der Lift funktioniere und legte wieder auf. Der Handyempfang im Lift war schlecht. Nervös versuchten wir, jemanden aus der Gruppe anzurufen. Zum Glück erreichten wir trotz dem schlechten Netz einen Mitreisenden. Die Verständigung verlief zwar stockend, aber dennoch hat er unser Problem ver-
Männer in Röcken
standen. Der Reiseführer und die Gruppenleitung handelten schnell und konnten uns aus der misslichen Lage befreien. Wie wir später erfuhren, sollten die Displays im Lift ausgetauscht werden, weswegen der Lift ausgeschaltet wurde. Ob sich noch Personen im Lift befinden, hat jedoch niemand kontrolliert. Die Aufregung, die uns dieses Ereignis beschert hat, haben wir auf der anschliessenden Sightseeingtour durch Glasgow schnell wieder vergessen.
Pipes and Drums
Das Highlight der Reise war für Freitagabend vorgesehen: Es ging zum Military Tattoo zum Schloss von Edinburgh, das über der Stadt thront und eine beeindruckende Kulisse bietet für die angeblich spektakulärste Militärparade der Welt. Wir schauten gebannt den Formationen aus aller Welt zu und lauschten den musikalischen Meisterleistungen. Alle in unserer Gruppe waren tief beeindruckt und für mich ist mittlerweile klar, weshalb diese Show weltweit unzählige Zuschauer nach Edinburgh oder vor den Fernseher lockt. Das Spektakel ist unbedingt einen Besuch wert.
Ingenieurskunst
Am zweitletzten Tag fuhren wir in Richtung Sterling. In der Nähe befinden sich die Scottish Canals mit dem Falkirk Wheel. Dieses ist eine spezielle und neuartige Erfindung einer Schiffsschleuse in Form eines riesigen Rads. 2002 wurde das weltweit erste und einzige rotierende Schiffshebewerk eröffnet. Das Falkirk Wheel ist 35 Meter hoch, was acht gestapelten Doppeldeckerbussen entspricht. Zudem verbraucht das Rad nur sehr wenig Energie, um Schiffe zu verladen. Bei einer Bootsfahrt konnten wir erleben, wie sich das Rad drehte und uns von der einen Ebene auf die andere brachte.
Auf dem Rückweg stoppte die Gruppe noch bei den Kelpies. Die zwei Pferdeskulpturen aus Stahl stehen in einem Park bei Falkirk. Die imposanten Wassergeister in Pferdegestalt sind 30 Meter hoch. Verschiedene Mythen ranken sich um die Wasserpferde. Man mag daran glauben oder nicht: Schön anzuschauen waren die beiden allemal.
Bühne frei
Den letzten Abend in Glasgow verbrachten wir in einem schönen Pub. Nach dem Essen stellte sich heraus, dass wir in einer Karaokebar gelandet waren. Einheimische gaben ihre Gesangskünste zum Besten. Zugegeben, nicht alle trafen die Töne, manchmal klang es etwas schrill und laut. Gestört hat das niemanden. Alle hatten einen Riesenspass. Von unserer Gruppe traute sich jedoch niemand ans Mikro, wir blieben dezent im Hintergrund und genossen die Darbietungen.
Leider war am nächsten Tag die Zeit gekommen, um nach Hause zu reisen. Allen fiel es sichtlich schwer, von diesem beeindruckenden Land, aber auch von der grossartigen Reisegruppe Abschied zu nehmen.