Fokus Megatrends

Page 8

E I N E P U B L I K AT I O N VO N S M A RT M E D I A

8 BRANDREPORT • FLUGHAFEN ZÜRICH AG

#FOKUSMEGATRENDS ©Flughafen Zürich AG

«Wir müssen Mobilität und Klimaschutz zusammendenken» Der grösste Schweizer Flughafen bekennt sich zum CO2-Netto-Null-Ziel mit der Ambition bis 2040, ohne Kompensationen. Emanuel Fleuti, Leiter Nachhaltigkeit und Umwelt der Flughafen Zürich AG, wurde vor kurzem für seine herausragende Führungsrolle bei der Förderung der «Airport Carbon Accreditation» und der Nachhaltigkeit von Flughäfen mit einem speziellen ACI Europe Award ausgezeichnet. Im Interview erklärt Fleuti, wie sich die Flughafen Zürich AG für die CO2-Neutralität in der Luftfahrt einsetzt.

Emanuel Fleuti

Head of Sustainability & Environment Flughafen Zürich AG

Herr Emanuel Fleuti, Sie arbeiten bereits seit 1990 als «Umweltschützer» am Flughafen Zürich. Wie sehr hat sich das Thema in den letzten Jahrzehnten verändert? Die Umweltprobleme haben sich über die Zeit verändert. Früher hatten wir vor allem Themen wie Gewässerschutz und Luftqualität. Heute geht es auch um neuere Themen wie Feinstaub oder die globale Herausforderung der CO2-Reduktion. Sie setzen sich stark dafür ein, dass die Flughäfen und die gesamte Luftfahrt CO2-neutral werden. Wo gibt es am meisten zu tun? Natürlich gibt es bei den Flugzeugen am meisten zu tun, denn sie verursachen im Flugbetrieb 90 Prozent der Emissionen. Das hält uns aber nicht davon ab, uns auch am Flughafen für eine starke Reduktion der eigenen Emissionen einzusetzen. So haben wir unseren CO2-Ausstoss seit 1991 bereits um rund einen Drittel reduziert und streben an, bis 2040 auf Netto-Null zu kommen.

Was sind die konkreten Hebel, die Sie am Flughafen selbst in Bewegung setzen können? Als Immobilienbetreiberin setzen wir auf Erneuerungen und Sanierungen aller Anlagen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist auch der Wechsel zu erneuerbaren Energien beim Betrieb von Maschinen und Fahrzeugen. Die Elektrifizierung unserer Fahrzeuge steht hier ganz oben auf der Liste. Auch bei Planung und Bau von neuen Gebäuden oder Ersatzneubauten achten wir sehr auf die Energieeffizienz. Erst kürzlich wurde der Circle dafür ausgezeichnet. Mit Wasserstoff oder Strom betriebene Nutzfahrzeuge, BiogasAnlagen: Was hat das grösste Nachhaltigkeitspotenzial am Flughafen? Das grösste Potenzial liegt in der Vermeidung. Jede Energie oder jeder Schadstoff, den wir nicht brauchen oder ausstossen, bewirkt die grösste Effizienz. Ein grosses Potenzial sehe ich auch in der Nutzung von Erdwärme. So lässt sich ins Gebäude eingetragene Wärme im Sommer im Untergrund speichern und im Winter holen wir sie wieder hoch. Das nutzen wir bereits bei unserem Dock E und im Circle. Das nächste Ziel sehen wir bei den Brennstoffen, etwa bei Biogas oder synthetischem Gas. Photovoltaik-Anlagen sind ebenfalls wichtig und richtig. Bei unserem neuen Dock A, das wir planen, wird die PV-Anlage auf dem Dach rund zwei Drittel des jährlichen Strombedarfs des Gebäudes produzieren.

Bei der Luftfahrt sind die synthetischen Kraftstoffe, beispielsweise synthetisches Kerosin, der wichtigste Hebel? Ja, die erneuerbaren Treibstoffe, die kein fossiles CO2 ausstossen, sind natürlich der wichtigste Hebel. Die sogenannten Sustainable Aviation Fuels (SAF) die heute bereits im Einsatz sind, sind aus Biomasse hergestellt, vor allem aus Alt-Speiseöl und Schlachtabfällen. Für das Netto-Null-Ziel sind aber vor allem die synthetischen Treibstoffe entscheidend. Sie werden aus erneuerbarer Energie und CO2 aus der Atmosphäre produziert, aus unerschöpflichen Quellen also. Synthetisches Kerosin ist noch sehr teuer, aber es wird mit Nachdruck daran geforscht und entwickelt. Nebst den Kraftstoffen wird aber auch stetig in verbesserte Flugzeugtechnologien investiert: Ein Flugzeug mit der neuesten Triebwerkgeneration senkt den Verbrauch pro Passagier um 20 bis 25 Prozent gegenüber dem Vorgängermodell.

den Nachteil, dass sie der Luftfahrt Geld entzieht – Geld, das die Luftfahrt für Investitionen in alternative Flugtreibstoffe und effizientere Flugzeuge einsetzen sollte, die die Transformation zu Netto-Null benötigt.

Sie begrüssen den Vorschlag des Bundesrates für eine Beimischpflicht. Warum? Wichtig ist, dass wir beim Problem ansetzen. Das Problem ist der fossile Treibstoff, nicht das Fliegen per se. Die Beimischpflicht führt natürlich auch zu höheren Flugpreisen, weil die Fluggesellschaften verpflichtet werden, den noch teuren erneuerbaren Treibstoff einzukaufen. Aber sie hat einen entscheidenden Vorteil: Das Geld kommt direkt dem klimafreundlichen Fliegen zugute. Eine Flugticketabgabe hat dagegen

Braucht die Luftfahrt mehr Regularien oder Vorschriften, um schneller umzustellen? Die Luftfahrt ist bereits sehr stark reguliert. Die grosse Herausforderung liegt in der internationalen Ausgestaltung eines Regelwerks. So wie das Richtlinienpaket «Fit for 55» der EU, das von uns unterstützt wird. Nationale Alleingänge bringen nichts. Es braucht die Anstrengung aller Marktteilnehmenden, aber auch geschickte regulatorische Anstösse. Die Beimischpflicht kann so eine Initialzündung sein, die neue Massnahmen in Gang setzt, die später weniger Regularien benötigen.

ZIEL IN DER LUFT Unterstützung der Luftfahrt zur Erreichung des Netto-Null-Ziels bis 2050

IN DER LUFT

Massnahmen der Flughafen Zürich AG: FLUGZEUGE Sustainable Aviation Fuels

Neue Flugzeugtechnologien

• stellt sicher, dass SAF am Flughafen Zürich verfügbar sind, durch Etablierung Lieferkette, Abbau regulatorischer Hürden etc. • ist Kompetenzstelle für SAF unter Partnern in der Schweiz

SAF

Effizientere Flugrouten

Engagement fürs Klima

Nachhaltige Kraftstoffe biogen / synthetisch

Flughafen Zürich AG

Nachhaltige Treibstoffe

Kürzere Rolldistanzen im Pistensystem

Erneuerbare Energie Photovoltaik, Geothermie

GEBÄUDE FAHRZEUGE

AM FLUGHAFEN

• setzt sich ein für eine SAF-Beimischpflicht im CO2-Gesetz • setzt sich ein für optimierte Flugrouten und kürzere Rolldistanzen, z. B. durch Pistenverlängerungen

Effizientere Flugzeugabfertigung

Nachhaltige Brennstoffe

• unterhält ein starkes internationales Partnernetzwerk

ZIEL AM FLUGHAFEN Netto-Null Treibhausgasemissionen ohne Kompensationen, Ambition bis 2040 Massnahmen der Flughafen Zürich AG: • hat Absenkpfad definiert, priorisiert nach: 1. weniger Verbrauch bei Gebäude, Fahrzeugen, Maschinen 2. mehr Effizienz, z. B. bei Leuchten und Lüftungsanlagen 3. Substitution: fossilfreie Energie und Produkte • setzt auf nachhaltige Bauweise, z. B. nachhaltige Baustoffe und Recycling • bisher erreicht: rund ⅓ Emissionsreduktion seit 1990 in absoluten Werten

Wie können Sie als Flughafen die Nutzung der «Sustainable Aviation Fuels» mittelfristig unterstützen? Als Flughafen haben wir mit Treibstoff nicht direkt zu tun. Wir verkaufen ihn nicht, wir handeln nicht mit ihm. Aber wir können trotzdem Einfluss nehmen, indem wir notwendige Prozesse etablieren, nötige Einfuhren oder Verwaltungsvorgänge hinsichtlich Zoll und Import mitentwickeln oder erleichtern. Wenn auf der einen Seite Nachfrage da ist und auf der anderen Seite ein Angebot, dann können wir das aktiv fördern – auch ohne, dass Monopole entstehen. Kurzum: Wir können die wichtigen Akteure zusammenbringen, um die Verwendung von SAF voranzutreiben.

Was wünschen Sie sich über die Schweizer Grenzen hinweg? Wir brauchen eine internationale Zusammenarbeit. Das Problem hört nicht an der Grenze auf. Wir brauchen echte Lösungen. Ich habe gerade wieder dieses Schlagwort «Holy Trinity» gehört – man will alles, sofort und billig. Das funktioniert bei Umweltproblemen aber nicht. Wir müssen Mobilität und Klimaschutz unbedingt zusammendenken. Mobilität ist nicht das Problem, im Gegenteil. Sie kann sogar massgeblich zur Problemlösung beitragen, weil sie Menschen und Ideen zusammenbringt. Der Flughafen Zürich wurde 2021 zum 19. Mal als «führender Flughafen Europas» ausgezeichnet. Werden die Parameter für so einen Preis immer vielfältiger, weil auch die Passagiere mehr auf Umweltoder Nachhaltigkeitsaspekte achten? Ich bin eher skeptisch, dass Passagiere vor Ort, wenn sie mit dem Einchecken, mit dem Gepäck oder der Familie beschäftigt sind, auf nachhaltige Elemente achten. Aber das Bewusstsein dafür steigt – und das begrüsse ich. Mittlerweile gibt es für Gebäude und alle nachhaltigen Lösungen an Flughäfen eigene Wettbewerbe und Preise. Und da wollen wir auch weiterhin als Nachhaltigkeits-Champion ganz vorne mit dabei sein. www.flughafen-zuerich.ch


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.