KunststoffXtra 7-8/2020

Page 36

KUNSTSTOFF XTRA

Forschung/Entwicklung

Nachhaltige Produkte mit speziellen Funktionen herstellen

Komplexe Zelluloseobjekte drucken

Bäume und andere Pflanzen machen es vor: Sie stellen Zellulose selbst her und bauen daraus komplexe Strukturen mit aus­sergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften. Zellulose ist deshalb für Materialwissenschaftler attraktiv, um nachhaltige Produkte mit speziellen Funktionen herzustellen. Das Material zu komplexen Strukturen mit hohem Zelluloseanteil zu verarbeiten, fordert Materialwissenschaftler jedoch nach wie vor heraus. Eine Gruppe von Forschenden der ETH Zürich und der Empa hat nun einen Weg gefunden, Zellulose mittels 3D-Drucker zu verarbeiten, um fast beliebig komplexe Gegenstände mit sehr hohem Zelluloseanteil zu schaffen. Dazu kombinierten die Forschenden das Direct Ink Writing, eine 3D-Drucktechnik, mit einem nachfolgenden Verdichtungsprozess. Damit gelang es den Materialforschenden, den Zellulosegehalt in den gedruckten Objekten auf einen Volumenanteil von 27 Prozent zu heben, wie sie in der Fachzeitschrift «Advanced Functional Materials» berichteten.

Bilder: M.Hausmann/ETH/Empa

Forschende der ETH Zürich und der Empa druckten mit einem Zellulose-Verbundmaterial verschiedene Objekte, deren Zellulosegehalt höher liegt als derjenige von anderen 3D-gedruckten zellulosebasierten Gegenständen. Ein Trick half dabei.

Ein 3D-gedrucktes Ohrknorpelimitat aus Zellulose-Verbundmaterial.

Tinte aus Wasser und Nanozellulose Die ETH- und Empa-Forschenden sind freilich nicht die ersten, die Zellulose mit dem 3D-Drucker verarbeiten. Mit bisherigen Ansätzen, bei denen ebenfalls zellulosehaltige Druckpaste verwendet wurde, gelang es allerdings nicht, feste Objekte mit einem derart hohen Zelluloseanteil und von solch hoher Komplexität anzufertigen. Die Druckpaste, die Hausmann und seine Kollegen einsetzen, ist denkbar einfach zusammengesetzt. Sie ist eine Dispersion aus Wasser und wenigen hundert Nanometer grossen Zellulosepartikeln und -fa34

Filigranes Gitter

Wabenstruktur

sern. Der Zelluloseanteil liegt zwischen sechs und 14 Prozent des Tintenvolumens.

gen. Weil Zellulose organische Lösungsmittel abweist, lagern sich die Zellulose­ partikel dicht zusammen. Dadurch schrumpft das Objekt, was zu einer starken Zunahme der relativen Menge von Zellulosepartikel im Material führt. In einem weiteren Schritt tauchten die Wissenschaftler den Gegenstand in eine weitere Lösung, welche ein lichtempfindliches Kunststoffmonomer enthielt. Die Monome-

Lösungsmittelbad verdichtet Zellulose Der Trick der ETH-Forschenden ist, den Gegenstand nach dem Drucken in ein Bad aus organischen Lösungsmitteln einzubrin-

7–8/2020


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
KunststoffXtra 7-8/2020 by SIGWERB GmbH - Issuu