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Wenn sich alles dreht
Jede und jeder Vierte ist einmal von Schwindel betroffen, aber zu viele hoffen, dass die Symptome von alleine vergehen. Erst in der Schwindelambulanz zeigt sich die wahre Ursache.
Von Josef Haslinger
Ob Drehschwindel, Schwankschwindel oder Benommenheit: Durch Störungen des Gleichgewichts können Menschen in ihrem Alltag aus dem Tritt geraten, buchstäblich und im übertragenen Sinn. Verunsicherung und die Angst vor Sturz und Verletzung führen nicht selten zum sozialen Rückzug bis hin zur Isolation. Etwa jede*r Vierte ist im Lauf des Lebens mit Schwindelbeschwerden konfrontiert, besonders in höherem Alter. Mit der höheren Lebenserwartung steigt die Zahl der Betroffenen.
„Schwindel ist ein komplexes Symptom, das viele Ursachen haben kann. Daher erfordern Abklärung und Behandlung eine gute Teamarbeit“, erklärt Primarius Dr. Dominik Wild. Er leitet die Abteilung für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO) am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried. Patient*innen mit Gleichgewichtsproblemen profitieren im Innviertler Schwerpunktspital von der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit der Fächer HNO und Neurologie. Bei bestimmten Fragen werden außerdem Spezialist*innen von Innerer Medizin, Kardiologie, Physikalischer Medizin sowie Akutgeriatrie und Remobilisation zurate gezogen.

Moderne Diagnosemethoden
Bei akuten Schwindelattacken wird zuallererst getestet, ob sich dahinter ein Schlaganfall verbirgt, der sofortiges Reagieren erfordert. Ist das nicht der Fall, beginnt die Suche nach anderen auslösenden Faktoren. Dabei steht den Rieder HNO-Fachleuten ein hochmodernes Diagnoseequipment zur Verfügung, wie es auch in Universitätskliniken zum Einsatz kommt. Drei Mitglieder des HNO-Teams –Oberärztin Dr.in Nora Auzinger, Oberärztin Dr.in Ana Grigorova und Assistenzarzt Dr. Martin Munz – widmen sich verstärkt diesen Krankheitsbildern und haben ihre Expertise dazu in Kursen und Fortbildungen vertieft.
So wird z. B. bei der Videonystagmographie mit einer speziellen Brille überprüft, wie Wärme- bzw. Kältereize im Gehörgang oder bestimmte Bewegungen auf einem Drehstuhl ein sogenanntes Augenzittern (Nystagmus) auslösen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf Lokalisation und Schwere der Gleichgewichtsstörung ziehen. Bei anderen Untersuchungen stellen sie fest, ob die Augen die Kopfbewegungen richtig ausgleichen, ob Patient*innen die senkrechte Raumachse korrekt wahrnehmen und wie das Gleichgewichtsorgan auf akustische Reize reagiert.
Beschwerden ernst nehmen
Je nach Ursache werden die Schwindelbeschwerden unterschiedlich behandelt, von einfachen Lagerungs- und Befreiungsmanövern unter ärztlicher Anleitung über individuelle physiotherapeutische Übungen und Rehaprogramme bis zu medikamentösen Therapien. Nur sehr selten sind operative Eingriffe notwendig.
Schwindel: Unbedingt abklären lassen! Nur selten ist eine OP notwendig, meist helfen Physiotherapie, Reha oder das richtige Medikament.
HNO-Arzt Dominik Wild appelliert an Betroffene, sich mit Symptomen nicht einfach abzufinden. „Wir sehen immer wieder, dass Patient*innen oft jahrelang mit Gleichgewichtsstörungen leben, bis sie z. B. nach einem Sturz oder einem Autounfall ins Spital kommen.“ Ein unnötiger Leidensweg, denn bei den meisten Fällen lassen sich Schwindelbeschwerden deutlich lindern oder sogar ganz zum Verschwinden bringen.
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