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Fit und beweglich in jedem Tieralter

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Schön zu Wissen

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Worauf kommt es an, damit Hund und Katze möglichst lange gesund und beweglich bleiben? Wir haben dazu bei der Tierärztin Alexandra Keller aus dem Tier-Orthopädie-Zentrum in Frankfurt am Main (www.tierorthopaedie-frankfurt.de) nachgefragt.

Schöne Jahre: Frau Dr. Keller, was ist in puncto Bewegung bei Welpen zu beachten?

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Dr. Keller: Grundsätzlich ist es wichtig, dass sich Welpen regelmäßig bewegen. Dabei lassen sich bereits Unterschiede erkennen. Einer kann sich flüssiger bewegen, ein anderer weniger gut und manche haben eher Koordinationsschwierigkeiten. Hier können der jeweiligen Rasse entsprechend Unterschiede deutlich werden. Demgemäß lässt sich schon im jungen Hundealter, zum Beispiel mit gezielten Übungen, Fehlbelastungen vorbeugen. Deshalb empfehle ich jedem Hundehalter bei den tierärztlichen Kontrolluntersuchungen, neben Impfung und Check von Herz, Gebiss, Ohren und Pfoten auch das Gangbild des Hundes zu prüfen. Ferner, wie er sich dreht, hinsetzt oder Treppen steigt. Das gibt bereits Aufschluss über die Entwicklung des Tieres. Oft sind kleine Hunde dabei beweglicher als zum Beispiel sehr große Rassen.

Schöne Jahre: Wie lässt sich Gelenkproblemen wie Arthrose vorbeugen?

Dr. Keller: Es lässt sich schon in jungen Hundejahren etwas tun, damit im Alter Arthrose und Gelenkbeschwerden in Schach gehalten werden. Wichtig ist dazu eine der jeweiligen Rasse angepasste Bewegung. Inaktive Hunde können schon früh von Verschleiß- und Rückenproblemen betroffen sein. Ferner ist es sinnvoll, auf ein gesundes Gewicht und eine entsprechend ausgewogene Ernährung zu achten. Je nach Hund kann auch schon im Wachstum mit Nahrungsergänzungsmitteln begonnen werden. Dazu empfehle ich, vorab den Tierarzt zu befragen, was jeweils infrage kommt.

Schöne Jahre: Wie oft und wie lange soll ein Hund Gassi gehen – gibt es da eine Faustregel je nach kleinen oder großen Rassen?

Dr. Keller: Ein Allgemeinrezept gibt es nicht. Alle Hunde brauchen regelmäßigen Auslauf und wenn möglich auch mal ohne Leine. Ein wichtiges Kriterium, bevor ein Hund angeschafft wird. Es macht Sinn, vorab zu überlegen, wie viel Zeit täglich fürs Gassigehen realistisch ist. Einen Hund nur kurz auszuführen oder im Garten sein Geschäft verrichten zu lassen, ist gegen die Natur des Tieres. Außerdem kann es dazu beitragen, dass der Hund leichter erkrankt, zum Beispiel auf Grund fehlender Muskelmasse oder der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Für den Vierbeiner ist es ungemein wichtig, dass er täglich die Möglichkeit bekommt, beim Gassigehen zu schnüffeln. Es ist für Hunde praktisch wie Zeitunglesen und für deren geistige Entwicklung und ihren Erhalt immens wichtig. Auch Kontakt zu anderen Hunden ist sinnvoll. Man kann im Grunde genommen mit zwei Doggen in einer Etagenwohnung leben, vorausgesetzt, sie haben regelmäßig ausreichend Auslauf. Gassigehen gehört einfach zur Hundehaltung dazu.

Schöne Jahre: Hundebesitzer auf dem Rad und Hund laufend daneben – ist das gesund für den Vierbeiner?

Dr. Keller: Also im Grunde genommen ist nichts dagegen einzuwenden. Allerdings muss es auf den jeweiligen Hund abgestimmt sein. Ein untrainierter Hund sollte unbedingt Stück für Stück an diese Bewegung und selbstverständlich auch an längere Strecken herangeführt werden. Auf dem Rad unterschätzt man dies häufig. Doch der Hund muss die Möglichkeit haben, sich an Tempo und Strecke zu gewöhnen. Empfehlenswert ist zudem, nicht nur auf der Straße unterwegs zu sein, sondern eher auf weicherem Boden im Wald und auf Feldern.

Schöne Jahre: Laufband, Schwimmbad, Chiropraktik, wann empfehlen Sie solche Maßnahmen beim Hund?

Dr. Keller: Solche Dinge können bereits schon bei jungen Hunden infrage kommen. Zum Beispiel als Prophylaxe-Maßnahme und zur Stärkung der Muskulatur. In der Chiropraktik lässt sich gut erkennen, ob Probleme am Bewegungsapparat bestehen. Dann kann je nach Hund der Einsatz von Laufband oder Wasserbewegung Sinn machen. Bei älteren Hunden können diese Maßnahmen Beschwerden am Bewegungsapparat lindern.

Schöne Jahre: Kommen wir zur Katze: Welche Faktoren sind wichtig, damit sie möglichst lange gesund und beweglich bleibt?

Dr. Keller: Bei Hauskatzen ist die Muskulatur anders als bei Freiläufern. Wenn es das Umfeld ermöglicht, tut es einer Katze gut, dass sie auch mal hinausgehen kann. Allerdings ist es wichtig, darauf zu achten, wie sie sich draußen verhält. Denn bei Katzenkämpfen kann es zu massiven Biss- und Kratzverletzungen kommen. Bei reinen Hauskatzen ist es sehr wichtig, dass im Haus Möglichkeiten geboten werden, damit sie auch hier klettern und aktiv sein können. Beispielsweise durch Kletter- bäume und die Motivation zur Bewegung mittels Spielzeug. Denn auch Katzen brauchen Aktivitäten für ihre Gesundheit.

Schöne Jahre: Welche Beschwerden im Hinblick auf den Bewegungsapparat sind bei Katzen typisch?

Dr. Keller: Der Check des Bewegungsapparats bei Katzen wurde lange eher vernachlässigt, weil man davon ausging, dass sie hier keine Probleme haben. Doch mittlerweile ist bekannt, dass auch Katzen in hohem Alter Arthrose bekommen können. Solche, die sich eher wenig bewegen, leiden häufig unter Rückenproblemen, einer Verringerung der Bewegung und zunehmend an Hüftproblemen. Ferner ist es auch bei Katzen empfehlenswert, auf ein gesundes Gewicht zu achten.

Schöne Jahre: Wie kann ich als Besitzer erkennen, ob meine Katze gesundheitliche Probleme hat?

Dr. Keller: Ganz klar am Bewegungsverhalten. Wenn Katzen, ganz gleich ob Haus- oder Freiläufer, nicht mehr richtig springen können, ist dies ein Indiz für einen eingeschränkten Bewegungsapparat. Oft zeigt es sich auch daran, dass sie sich schlechter putzen können und das Fell struppig aussieht. Zuckt die Katze beim Streicheln kurz, kann das mit möglichen Schmerzen zu tun haben. Und manche pinkeln nicht mehr ins Katzenklo, sondern daneben. Grund dafür sind Beschwerden am Bewegungsapparat. Als Folge können sie sich im Katzenklo nicht mehr richtig hinhocken und sich schmerzfrei bewegen.

Schöne Jahre: Wie bewerten Sie Fütterungstrends wie Barf und vegan für Hunde und Katzen?

Dr. Keller: Biologisch artgerechte Fütterung, kurz Barf, ist ein Trend, der einer genauen Planung und Auswahl bedarf. Denn Hund als auch Katze brauchen abgestimmte Mengen an Nähr- und Vitalstoffen, damit sie möglichst lange gesund bleiben. Deshalb gibt es mittlerweile Barf-Berater, die Besitzern individuelle Tipps für ihr Tier geben. Barf ist für Hund und Katze möglich, wenn es richtig praktiziert wird. Es ist allerdings eine recht schwierige Sache. Hunde und Katzen vegan zu ernähren liegt nicht in deren Natur. Soll dies aber trotzdem praktiziert werden, müssen verschiedene Bestandteile, wie zum Beispiel B-Vitamine und Eisen, als Nahrungsergänzungsmittel zugefüttert werden.

Generell ist vegane Fütterung wenig empfehlenswert, insbesondere nicht bei Welpen. Ich empfehle hier auf jeden Fall eine Blutuntersuchung, um zu sehen, wie die Blutwerte sind und was gegebenenfalls substituiert werden sollte.

Schöne Jahre: Welchen Tipp haben Sie für Haustierbesitzer, wenn Hund und Katze im Wartezimmer sehr nervös sind?

Dr. Keller: Das lässt sich in jungen Tierjahren bereits üben. Sinnvoll sind kurze Wartezeiten.

Dauert es doch mal länger und ist der Hund sehr nervös, empfiehlt es sich, noch mal rauszugehen und ihn auf einer Gassirunde abzulenken. Häufig sind auch die Besitzer nervös und übertragen dies aufs Tier. Deshalb mein Rat an die Besitzer: so entspannt, wie es geht, zu sein und das Tier nicht ständig beruhigen und trösten, das macht Vierbeiner nur unruhig und nervös.

Frau Dr. Keller, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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