Sanitas Magazin 1/21 - Kopf oder Bauch?

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Kopf oder Bauch? Wie wir Entscheidungen treffen

S. 19 __ Innovative Forschung für die Frauengesundheit S. 24 __ Sport im Winter: Eiskaltes Training


B INSEN W EISHEI T

Bekommt man von Kohlensäure Blähungen? … und was wollten Sie schon immer mal wissen? Schreiben Sie uns – wir freuen uns auf Ihre Frage! redaktion@sanitas.com

Getränke mit Kohlensäure sind: Getränke. Mit Kohlensäure. Und sowohl der Flüssigkeit als auch dem Gas ergeht es wie allem, was in unseren Körper hineingelangt: Es muss an irgendeiner Stelle in irgendeiner Form auch wieder hinaus. Unser Körper ist Spezialist darin, geschluckte Gase loszuwerden. Das geht so: Nimmt man viel Kohlensäure auf, weil man einfach nicht genug bekommt vom «Mineral mit Blööterli», von Limo oder Cola, kann sie sich im Magen ansammeln. Dort baut sich Druck auf, bis sich der obere Magenverschluss öffnet – und uns durchs Aufstossen das Gas wieder entfleucht. In den Darm gelangt von der Kohlensäure aber so gut wie nichts. Für Gase sorgt er schon selber: Der Darm produziert nämlich Kohlendioxid, wenn Darmbakterien ihre Arbeit tun. Dabei können Blähungen entstehen. Mit dem Sprudel im Lieblingsgetränk haben die aber nichts zu tun.

I l l u s t r a t i o n:

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S A NI TA S M AG A ZIN

Joni M

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EDITORIAL / INHALT

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8 Liebe Leserin, lieber Leser Den meisten von uns in der Schweiz geht es sehr gut – so gut, dass wir uns manchmal richtig gehend verzetteln angesichts unserer vielen Optionen. Auch als CEO von Sanitas stehe ich permanent vor Entscheidungen. Unsere Strategie und unsere Werte geben mir dabei Orientierung. Entscheidungen brauchen oft Mut – denn aus Angst oder Unsicherheit tendiert man dazu, den sicheren statt den optimalen Weg zu wählen. Deshalb versuche ich, mich von Anfang an mutig für die richtige Option zu entscheiden. Entscheidungsforscher Daniel ausmann-Thürig vergleicht in diesem Magazin diesen Prozess mit einer Wanderung. Und ans-Ruedi Räz, Leiter einer Dial sestation, sagt gar, dass die Entscheidungsfähigkeit für rzte so wichtig sei wie das medizinische andwerk selbst. Auch Sie entscheiden sich tagtäglich für oder gegen viele Dinge. Zum Beispiel haben Sie sich dafür entschieden, bei uns versichert zu sein und uns Ihr Vertrauen zu schenken. Dafür bedanken wir uns herzlich.

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Binsenweisheit Kurz & bündig

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DOSSIER ENTSCHEIDUNGEN Jeden Tag fällen wir zahllose Entscheidungen. Wir sollten also geübt sein darin und tun uns trotzdem manchmal schwer «Entscheidungen sind das A und O im Leben eines Arztes» Wenn es um Minuten geht, ist Zögern ausgeschlossen. Ein Besuch auf der Dial se- und Intensivpflegestation des Kantonsspitals Baden Wann Zweitmeinungen Sinn machen Ist die Behandlung wirklich nötig Eine Zweitmeinung kann eine Entscheidungshilfe sein. Tipps von der Expertin Heute schon entschieden? Ein Mensch trifft täglich über 0 000 Entscheidungen viele davon unbewusst. Einige müssen wir uns dagegen mühsam erarbeiten n ografi Wohin des Wegs

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tart p ea Eine Slipeinlage, die Leben rettet s dem e en Wer ist Fotograf und Weltenbummler a sm ttel Schreckgespenst Migräne nter est Sport in der Kälte an nd l na Auf zum Frühjahrsputz e on S wie Sistierung, Selbstbehalt und Spezialitätenliste

Cover: Désirée Good

Dr. Andreas Schönenberger CEO, Sanitas

IMPRESSUM Herausgeber Sanitas Krankenversicherung, Jägergasse 3, 8021 Zürich, sanitas.com/magazin | Kontakt redaktion@sanitas.com, ele n Gesamtverantwortung Claudia Sebald | Redaktion Julie Freudiger, Helwi Braunmiller, Michael Suter, Nicole Krättli, Bar ara ukesch, ert ildi Übersetzungen anitas erset un sdienste Art Direction hristine ertsch, ran iska eu e auer Lithografie Detail AG | Druck Swissprinters, s iss rinters.ch Bildnachweise Alle nicht gekennzeichneten Bilder sind Eigentum von Sanitas der n anitas li en iert Gesamtau age ca. . ahr an edruckt au u elt reundliche a ier Erscheinungsweise ährlich in , , as nächste a a in erscheint im Mai 2021.

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KURZ & BÜNDIG

In eigener Sache

Herzlich willkommen bei Sanitas 51 218 Kundinnen und Kunden sind per 1. Januar 2021 neu bei Sanitas versichert. Darüber freuen wir uns sehr. Wir danken aber auch all unseren treuen Kundinnen und Kunden für das Vertrauen in uns. Auch in diesem Jahr werden wir unser Bestes geben, damit Sie sich bei uns gut aufgehoben fühlen. sanitas.com/herzlich-willkommen

The Breathing App —

Entspannter durchs Jahr Haben Sie sich auch vorgenommen, dem Stress in diesem Jahr weniger Chancen zu geben? Atemübungen helfen dabei und sind der kürzeste Weg zu Entspannung. Eine Minute Zeit für bewusstes Atmen haben wir alle – selbst wenn es gerade einmal hektisch ist. Die «Breathing App»* unterstützt dabei. + Dauer der Übung und Atemfrequenz individuell anpassbar + Leicht verständliche Erklärung + Die App ist kostenlos – Erklärende Texte und Videos nur auf Englisch verfügbar *Download über App Store oder Google Play

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KURZ & BÜNDIG

Gesundes Gärtnern —

Ab ins Beet

Unic-Studie —

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Sanitas ist K(l)assenbeste

Wecken Sie den Gärtner oder die Gärtnerin in Ihnen aus dem Winterschlaf. Der positive Effekt von Gartenarbeit auf die Gesundheit ist wissenschaftlich bestätigt: Stress, Ängste, Depressionen oder Sorgen nehmen ab, das Atemvolumen erhöht sich. a r reicht auch das Be an en n Balkonkästen aus. Gut geeignet zum frühen Aussäen bereits im März sind zum Beispiel Nüsslisalat, Rüebli oder Zuckererbsen, Petersilie und Rucola – oder für die, die sich Blüten wünschen: Astern, Ringelblume und Vergissmeinnicht.

nsere anitas rtal hat die Nase vorn! Das bescheinigt die Berner ull er ice i itala entur nic. Sie hat in einer breit angelegten Studienreihe die Kundenportale der Schweizer Krankenkassen unter die Lupe genommen. Ihr Fazit: «Niemand macht Sanitas etwas vor, wenn es um den Funktionsumfang geht.» Diesen haben wir gerade eben noch einmal erweitert: Neu sind auch n all eldun en di ital ö lich. Melden Sie sich heute noch im Sanitas Kundenportal an. sanitas.com/portal-app

51 Die Zahl —

% der Schweizerinnen

und Schweizer möchten vor allem ihr Gewicht

optimieren. 36% fokussieren eher auf eine Verbesserung ihrer geistigen und körperlichen Fitness.

Quelle: Sanitas Health Forecast 2020

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Uns stehen so viele Wege und Möglichkeiten offen wie nie zuvor. Das bietet unerschöpfliche Chancen – oder totale Überforderung. Emp­ fehlungen, Erfahrung, der Austausch mit anderen und Vertrauen in das eigene Bauchgefühl sind dann Gold wert. Und nicht jede Entscheidung muss ja fürs Leben sein.

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Foto: © Danil Nevsky/Stocksy United

Die Qual der Wahl


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DOSSIER ENTSCHEIDUNGEN

«Entscheidungen sind das A und O im Leben eines Arztes» Im Minutentakt Eingriffe und Behandlungen beschliessen: Wer sich dabei unwohl fühlt, wird es im Arztberuf schwer haben, sagt hefarzt ans-Ruedi Räz. Unterwegs mit dem Nierenspezialisten im Kantonsspital Baden (KSB).

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Text Barbara Lukesch, Helwi Braunmiller

ie Dialysestation des Kantonsspitals Baden be ndet sich in einem grossen, lichtdurchfluteten Raum in einem Neubau-Kubus, dessen riesige Fenster den Blick auf direkt angrenzende Wiesen und Bäume freigeben: Einen Blick ins Grüne, der den Augen, aber auch dem erz und der Seele guttut. Es ist später Freitagnachmittag, und die sonst übliche Spitalhektik hat sich etwas gelegt. ans-Ruedi Räz ist der Leiter der Abteilung. Er nutzt die ruhigeren Minuten für einen Besuch bei seinen Patienten und setzt sich ans Bett eines betagten Mannes. Er erkundigt sich, wie es ihm gehe, wechselt ein paar freundliche Worte mit ihm und wünscht ihm ein schönes Wochenende. In dem Moment lässt ein anderer Patient seinen Wattebausch los, der den Blutfluss einer Vene nach der Dial se stoppen soll. Blut uillt aus der Vene über seinen Arm und das Bett, auf dem er sitzt. hefarzt Räz zieht blitzschnell eine Schublade mit Verbandsmaterial auf und geht der Pflegefachfrau zur and, die den alten, ein wenig erschrockenen Mann betreut. Schnell beruhigt sich dieser wieder. Auch kleine Entscheide entfalten mitunter eine wichtige Wirkung.

Fotos Kostas Maros

«Man musste schon beim Grüezi-Sagen einen Plan im Kopf haben, wie es mit dem Patienten weiter gehen soll.» ans-Ruedi Räz

Den schlimmsten Fall verhindern Entscheide, sagt Räz, seien das A und O im Alltag eines jeden Arztes und einer jeden rztin: Wer Mühe damit hat, wird es sehr schwer haben in unserem Beruf. Das wurde Räz schon als Medizinstudent klar, als er die Praisvertretung eines ausarztes übernahm. Eigentlich musste man schon beim GrüeziSagen einen Plan im Kopf haben, wie es mit

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dem Patienten weitergehen soll und unglaublich schnell Entscheidungen fällen. Stress für einen angehenden Mediziner Man lernt nicht zuletzt mit zunehmender Erfahrung, alle Faktoren ganz automatisch zu bedenken – das gehört zum Arztsein unbedingt dazu. Aber im Grunde war es für mich schon als angehender Arzt ein gutes Gefühl, selbst Entscheidungen treffen zu dürfen, daran erinnere ich mich gut , lacht Räz. eute als Nephrologe im Spital bleibt ihm für Anamnese und Entscheidungen etwas mehr Zeit. Weitreichend sind sie aber nach wie vor. So stehe er beispielsweise vor der Frage, ob Menschen mit einem Nierenleiden überhaupt mit einer Dial se beginnen oder nach vielen Jahren der aufwendigen Behandlung damit aufhören sollten. Er müsse auch darüber be nden, ob er eine Patientin für eine Nierentransplantation anmelden wolle oder nicht. Solche Entscheide , ergänzt der 63-Jährige, sind oft riskant und können zum Tod führen. Erst vor wenigen Tagen stellte ihn ein Patient vor Rätsel. Sein Nierenversagen schritt sehr schnell voran. Wir wussten nicht, was mit ihm los ist. Alle Routinetests waren negativ, nichts passte so richtig zusammen , erzählt Räz. Dann tat er, was er immer tut, wenn schwierige Entscheidungen anstehen, er sich aber unsicher ist: Er verschaffte sich einen berblick über alle verfügbaren medizinischen Fakten zum Patienten. Er recherchierte und las nach. Und er besprach sich mit einem Kollegen. Im Laufe des Austauschs kristallisierte sich dann langsam ein Plan heraus und er konnte entscheiden, was zu tun war: keine


Brauche ich eine Patientenverfügung? Was ist ein Vorsorgeauftrag? Wie schreibt man ein Testament? Ein Leitfaden: sanitas.com/leitfaden

Voll konzentriert und mit der nötigen Lockerheit: Komplexe Probleme gehören zum Alltag von Chefarzt Hans-Ruedi Räz.

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DOSSIER ENTSCHEIDUNGEN

sofortige potenziell gefährliche medikamentöse Therapie, sondern zunächst den Gesundheitszustand des Patienten stabilisieren und vertiefte diagnostische Massnahmen durchführen. Auch wenn man im Moment nicht alles weiss, muss man schauen, was beim aktuellen Wissensstand vernünftig ist. Und ich überlege dann: Was ist das Schlimmste, was passieren kann – und wie kann ich verhindern, dass dieser Fall eintritt , umschreibt er seinen Entscheidungsprozess. Denn noch vor dem Ziel, dem Patienten zu helfen, komme das Ziel, ihm nicht zu schaden. Ethische Richtlinien als Leitplanken Im Wissen, wie schwierig und folgenschwer die Entscheidungen von Medizinern sein können, hat Räz einen Master in ethischer Entscheidungs ndung erworben und sich zum Moderator von Fallbesprechungen weiterbilden lassen. eikle Fälle , erklärt er, werden

«Heikle Fälle werden immer in interprofessionellen Teams besprochen.» ans-Ruedi Räz

immer in interprofessionellen Teams, aber auch mit den Betroffenen und ihren Angehörigen besprochen. Gleichzeitig leitet Räz gemeinsam mit einer Logopädin das hauseigene Ethik-Forum, in dem die ganz grossen e istenziellen Fragen zur Diskussion stehen. Aktuell zwingt die orona-Pandemie dem E pertengremium die Klärung eines Problems auf, das unlösbar erscheint: Wer bekommt einen Platz auf der Intensivpflegestation, wenn es mehr Patienten als Betten hat Räz seufzt. Bisher seien sie, Gott sei Dank, von dieser Entscheidung verschont geblieben. Im Fall der Fälle würden sie sich eisern an die ethischen Richtlinien der

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DOSSIER ENTSCHEIDUNGEN

Gemeinsam stark: Ein eingespieltes Team und eine gut funktionierende Kommunikation sind im Spitalbetrieb unerlässlich. Gerade in Ausnahmesituationen wie der aktuellen Pandemie.

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Auf der Intensivstation ist der Entscheidungsdruck extrem hoch. Oft kommt es auf Minuten an.

Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW) halten, die den Patienten begünstigen, der Aussicht auf die grössere Anzahl verbleibender Lebensjahre habe. Konkret habe dann der 0-Jährige, der top t sei und noch Bergwanderungen unternehme, nicht unbedingt das Nachsehen gegenüber der 50-Jährigen, die nicht nur unter ovid, sondern auch an einem bösartigen Tumor leide. Das Ethik-Forum, ergänzt Räz, erarbeite nicht nur die Grundlagen für solche Entscheide, sondern unterstütze die einzelnen Kollegen auch ganz praktisch, indem es ihnen beispielsweise Recherchen bei den ausärztinnen von Betroffenen oder Gespräche mit Angehörigen abnehme. Letztlich , sagt Räz, trägt der behandelnde Arzt die Verantwortung für einen Fall, aber wir dienen ihm als Ressource, die er bei Bedarf anzapfen kann. Mit der nötigen Gelassenheit Wir verlassen die Dial sestation und gehen durch die langen, mit Spannteppichen bedeckten Gänge des Kubus, vorbei an zitronengelben und schwarzen Wänden. Die Notfallabteilung und die Intensivpflegestation sind nach wie vor im alten Gebäude des Kantonsspitals untergebracht. ier herrscht Weiss vor, die Platzverhältnisse sind deutlich enger, unsere Schuhe klackern laut auf dem Linoleumboden. Im Notfall müssen Entscheide an hektischen Tagen im Minutentakt gefällt werden: Ist der erzinfarkt-Patient in Lebensgefahr und muss er in den Schockraum Kann das Unfallopfer operiert werden Auf welche Abteilung soll die schwer verletzte junge Frau verlegt werden In der Intensivpflegestation, die coronabedingt auf 1 Betten aufgestockt

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Patientenverfügung

Kostenlose Beratung Das Ausfüllen einer Patientenverfügung wirft anspruchsvolle Fragen rund um medizinische Behandlungen auf. Das Schweizerische Rote Kreuz bietet daher persönliche Beratungen an. Preference Kundinnen und Kunden steht dieser Service bis Mai 2021 kostenlos zur Verfügung. sanitas.com/ patientenverfuegung

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worden ist, herrscht emsige Betriebsamkeit – von Feierabendstimmung keine Spur. berall stehen Grüppchen aus zwei, drei und mehr Personen zusammen und besprechen einen Fall. Andere sitzen vor einem Laptop, auf dem sich zahllose Informationen zu den einzelnen Patienten nden, die die Grundlage ihrer Entscheidungen bilden. Froh ist das Personal auch über jede Patientenverfügung, die klar und nachvollziehbar abgefasst ist. Räz nickt: Entscheidend für uns ist vor allem die Angabe eines sogenannten medizinischen Vertreters, der in prekären Situationen die Interessen des Patienten vertritt. Trotz der grossen Belastung, die die Mitarbeitenden der Intensivpflegestation als Folge von orona spüren, herrscht dort eine erstaunlich entspannte Stimmung: freundliche Gesichter, häu ges Lachen irgendjemand reibt sich mit einem Desinfektionsmittel Arme und ände ein, reicht die Flasche dem Kollegen weiter und verlässt federnden Schrittes den Raum. ans-Ruedi Räz nennt das professionelle Gelassenheit , die in einem Spital unerlässlich sei. Richtig grosse Freude komme dann auf, wenn ein ehemals schwer kranker Patient nach seiner Genesung auf einen Besuch ins Spital zurückkehre und sich bedanke für das zweite Leben , das ihm geschenkt worden sei: Dann sind wir ganz sicher, die richtigen Entscheide getroffen zu haben. Es braucht Konzentration, viel Wissen und die Energie, sich auf jeden einzelnen Fall ganz neu einzulassen. Auch wenn er mittlerweile von seinem langjährigen Erfahrungsschatz pro tiert, ist das ein forderndes Unterfangen. Aber als Arzt ist es nun mal so: Man kann nicht einfach nicht entscheiden.


DOSSIER ENTSCHEIDUNGEN

Wann Zweitmeinungen Sinn machen Nach welchen Kriterien soll man eine Ärztin oder einen Arzt für eine Zweitmeinung aussuchen? Man sollte eine rztin aus dem jeweiligen Fachgebiet konsultieren, die nicht mit dem behandelnden Arzt zusammenarbeitet. Bei onkologischen Erkrankungen ist es empfehlenswert, direkt ein Zentrumsspital, zum Beispiel das Universitätsspital Zürich, zu kontaktieren. Wer kann bei der Suche nach einer geeigneten Zweitmeinung helfen? Allenfalls kennt man im eigenen Freundes- oder Bekanntenkreis gute Fachpersonen. Auch Onlineportale können helfen, allerdings müssen sie unabhängig sein und dürfen keine wirtschaftlichen Interessen verfolgen. Gut unterstützen kann auch die Patientenstelle.

Sie schafft in Zweifelsfällen oft Klarheit: Die medizinische Zweitmeinung ist salonfähig geworden und steht allen Patienten offen. Erika Ziltener, bis vor wenigen Monaten Präsidentin des Dachverbands Schweizerischer Patientenstellen (DSVP), gibt Tipps zum Vorgehen. Interview

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Erika Ziltener war in den vergangenen 19 Jahren für die Schweizerischen Patientenstellen tätig – bis zu ihrem Rücktritt im Spätsommer 2020 als Leiterin der Patientenstelle Zürich und Präsidentin des Dachverbands der Schweizerischen Patientenstellen.

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Foto Urs Jaudas

Kann die Zweitmeinung einer Person mit anderem medizinischem Hintergrund ebenfalls hilfreich sein? Bei bestimmten Fragestellungen lohnt es sich, Alternativbehandlungen, beispielsweise eine Ph siotherapie statt eines chirurgischen Eingriffs, in Betracht zu ziehen. Diese E perten können auch helfen, überhaupt die richtigen Fragen zu stellen. Das hängt von der Krankheit ab. Bei grösseren Behandlungen und Eingriffen sollte die Zweitmeinung von einem Facharzt aus dem entsprechenden Fachgebiet stammen. Wie geht man vor, wenn die Zweitmeinung ein ganz anderes Vorgehen empfiehlt? Man muss sich als Patient genau über den Nutzen informieren und die Risiken beider Behandlungen im Detail kennen, um dann individuell abwägen und entscheiden zu können. Allenfalls lohnt es sich, mit dem behandelnden Arzt die offenen Fragen nochmals zu besprechen.

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rau Ziltener, wann ist es sinnvoll, eine Zweitmeinung einzuholen? Wenn eine grössere Operation erfolgen soll, etwa eine Rückenoperation, aber auch in der Behandlung von Krebs. Oder wenn sich ein Patient von seinem Arzt nicht gut informiert fühlt, wenn das Vertrauen fehlt, Fragen nicht ausreichend beantwortet werden oder Zweifel am Eingriff bestehen. Entschliessen sich heute mehr Menschen dazu? Die Tendenz ist zunehmend, weil die Zweitmeinung von den rzten, aber auch von Organisationen wie der Patientenstelle immer offensiver empfohlen wird. Zudem übernimmt die Grundversicherung die Kosten.

Soll ich meine Ärztin über meine Absicht, eine Zweitmeinung einzuholen, informieren? Das ist ein persönlicher Entscheid, der situativ gefällt werden kann. Jeder Patient darf eine Zweitmeinung einholen. Dafür muss man sich nicht rechtfertigen. Wie gehe ich vor, wenn mein Arzt gereizt reagiert? Man sollte der rztin oder dem Arzt mitteilen, dass man eine Zweitmeinung sucht, um einen mündigen Entscheid fällen zu können, und nicht weil man seinem Arzt oder seiner rztin misstraut. Kommt diese Botschaft nicht an, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob das Vertrauensverhältnis für die Behandlung vorhanden oder ein Wechsel angezeigt ist.

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DOSSIER ENTSCHEIDUNGEN

Heute schon entschieden? In einer Welt, in der alles möglich ist, ist oft die grösste Herausforderung herauszu nden, was wir wollen. Dabei spart uns unser Gehirn Zeit und übernimmt einen beachtlichen Teil der tagtäglichen Entscheidungen im Autopilot. Text Nicole Krättli

Illustration Annette Jacobs (Kombinatrotweiss)

Soll ich ein rotes oder ein blaues Hemd tragen? Skiferien oder lieber einen Städtetrip planen? Soll ich heiraten? Mich scheiden lassen? Kinder bekommen? Hirnforscher gehen davon aus, dass ein Mensch täglich über 20 000 Entscheidungen fällt. Dabei folgt der Entscheidungsprozess meist demselben Muster: Der Mensch erkennt eine Entscheidungssituation, schaut sich die Optionen an, sucht Informationen dazu und bewertet diese. Erst dann entscheidet er, setzt den Entscheid um und überprüft ihn. Diese Erfahrung speichert das Gehirn ab und lässt sie fortan in Entscheidungsprozesse einfliessen. Dr. phil. Daniel Hausmann-Thürig ist wissenschaftlicher itar eiter a s chologischen Institut der ni ersität rich. Er befasst sich vorwiegend mit Angewandter Entscheidungsforschun , ch er unkt edi in und esundheits s ch l ie, und verfügt über ein CAS in esundheits s chologischer Lebensstiländerung und Mind B d edicine.

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Unbewusstes Handeln, bewusstes Überlegen «Selbstverständlich erleben wir nur einen Bruchteil unserer Entscheidungen bewusst», erklärt Entscheidungsforscher Daniel Hausmann-Thürig von der Universität Zürich. Entscheidungen seien mit einer Wanderung zu vergleichen. «Wir setzen uns idealerweise ein Ziel, bereiten uns vor, schlagen eine Richtung ein und begeben uns auf den Weg. Ist uns dieser vertraut, erleben wir unter Umständen keinerlei Entscheidungssituationen.» Sobald jedoch ein Hindernis auftritt, gerät der Mensch ins Stocken. «Wir müssen uns bewusst überlegen, wie wir weiterkommen, und kommen so vom unbewussten Agieren ins bewusste Überlegen», so Hausmann-Thürig weiter. Stolpersteine auf dem Entscheidungsweg Wie wir uns entscheiden, hängt nicht nur von der Situation, sondern auch von der Persönlichkeit ab. Wie offen für Neues, ängstlich, risikoaffin, perfektionistisch oder genügsam ein Mensch ist, spielt nämlich in die Entscheidungs ndung mit hinein. Dabei gibt es gemäss dem Entscheidungsexperten Hausmann-Thürig unzählige Stolpersteine auf dem Weg zu einer guten Entscheidung: «Das fängt bei verzerrter Wahrnehmung an, führt über Fehleinschätzungen und fehlerhaftes Denken bis hin zu falschen Risikoabwägungen.» Doch gibt es so etwas wie einen freien Willen überhaupt oder ist ohnehin alles eine Illusion? Das zumindest behaupten Forscher wie der Neurophysiologe Benjamin SANITAS MAGAZIN 1 / 2021

Fünf Tipps für gute Entscheidungen – Stellen Sie sich auf neue Entscheidun ssituati nen ö lichst ffen ein. – Betrachten Sie die Entscheidungsndun als einen r ess, der eit enöti t. – Vertrauen Sie auf Ihre Erfahrung und verlassen Sie sich auf Ihr Bestäti un s der lar e hl. Behalten ie sich r, etr ffene ntscheidun en u re idieren. – Bewahren Sie eine aktive Mitbeteiligung an Entscheidungen bis ins h he lter.

Libet. Er hat bereits vor 30 Jahren ein Gehirnsignal gemessen, das bewussten Entscheidungen um einige Hundert Millisekunden vorausgeht. Bei unbewussten Entscheidungsprozessen sei der freie Wille folglich nur eine Illusion, argumentierte der Wissenschaftler damals. «Vieles in unserem Gehirn geschieht einerseits routiniert. Andererseits können wir stets innehalten und uns fragen, was wir da eigentlich tun», so Hausmann-Thürig. Tatsächlich werde heutzutage viel zu oft bewusst abgewogen. «Wir müssen uns zwischen so vielen Optionen entscheiden und wollen das möglichst schnell und gut machen. Das kann überfordern», resümiert er. Der Forscher rät deshalb zu Entspannungsinseln, während deren man den Gedankenfluss stoppt und sich stattdessen die Frage zu den wahren Bedürfnissen und Lebenszielen stellt: Was ist mir wirklich wichtig?


DOSSIER ENTSCHEIDUNGEN

Ampelsystem für und gegen intuitive Entscheidungen s ch l e aniel aus ann h ri eiss, wann man getrost seinem «Bauchgefühl» ertrauen dar und ann nicht. ie a ieren au ertraute errain und emerken Ihre Entscheidungsschritte unter ständen ar nicht. i achen ie eiter s und ertrauen ie au hre r ahrun . ie a ieren au ertraute errain, a er es h l ert der st ckt ele entlich. i Verlassen ie sich au hr Bestäti un se hl und achen ie eiter. Aus Erfahrung klug rei enschen, drei eschichten und ihre Ratschläge rund um Entscheidungen sanitas.com/erfahrung

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DOSSIER ENTSCHEIDUNGEN

Wohin des Wegs?

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Welche Richtung Schweizerinnen und Schweizer einschlagen, wenn grosse Veränderungen im Leben anstehen. Text Helwi Braunmiller

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Codeplay

Heirat Drum prüfe, wer sich ewig bindet … Mehr als die Hälfte aller 25- bis 34-Jährigen in der Schweiz schwören der wilden Ehe ab und heiraten. Quelle: BFS, 2018

46 %

54 %

Ehe Konsensualpartnerschaft

Kinderwunsch 2018 Personen im Alter von 20 bis 29 Jahren ohne Kinder:

Kinderwunsch 13 Artikel mit spannenden Fakten und praktischen Tipps zum Thema Familienplanung sanitas.com/ dossier-kinderwunsch

8,8 % 25,8 %

4%

61,4 %

Kinder bekommen Wunsch nach Familienglück Kinder gehören für fast zwei Drittel der Menschen in der Schweiz zum Lebensentwurf dazu – egal, ob Mann oder Frau.

ein Kind zwei Kinder drei oder mehr Kinder

Quelle: BFS, 2019

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keine Kinder

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DOSSIER ENTSCHEIDUNGEN

!?

Ausbildung Lehre oder Studium Verglichen mit europäischen Nachbarländern steht in der Schweiz die Lehre hoch im Kurs. Zwei Drittel der Jugendlichen entscheiden sich r eine eru iche Grundbildung.

Lehre

Studium

Quelle: WBF, 2017

Auswandern Das Weite suchen 2019 wanderten gut enschen aus der Schweiz aus, um ihr Glück anders u nden. Quelle: BFS, 2019

Organspende Leben schenken Nur rund 3% der Verstorbenen werden in der Schweiz Organe zur Transplantation entnommen. Das erstaunt, denn die – theoretische – Bereitschaft zur Spende ist hoch. Quelle: gfs.Bern, 2019

Bereitschaft zur Organspende 9%

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30 %

Hauttransplantation Die Haut ist unser grösstes Organ. Ein Zürcher Start-up entwickelt sie für Verbrennungsopfer: sanitas.com/neue-haut

auf jeden Fall bereit eher bereit weiss nicht, keine Antwort eher nicht bereit sicher nicht bereit SANITAS MAGAZIN 1 / 2021

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Versicherung Kinderwunsch

Oft dauert es länger als 9 Monate Wenn es mit dem Schwangerwerden nicht auf Anhieb klappt, ist das noch kein Grund zur Sorge. Mit der Zusatzversicherung Kinderwunsch unterstützen wir Sie auf dem Weg zum eigenen Baby.

Eine Schwangerschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Selbst bei optimalen Bedingungen liegt die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis bei 25 Prozent pro Zyklus. Es gibt zahlreiche medizinische Möglichkeiten, um die Erfolgschancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen. Sie sind allerdings kostspielig und nur begrenzt in der Grundversicherung enthalten. Hier unterstützt Sie unsere neue Zusatzversicherung Kinderwunsch.

Ihre Vorteile: – Kostenloser Fruchtbarkeitstracker von Ava – Zugang zu den besten Kinderwunschkliniken der Schweiz – Genetische Untersuchungen des Embryos und pränatale Tests – Zusätzliche Versuche bei künstlicher Befruchtung

Mehr Informationen: sanitas.com/kinderwunsch

Viele unserer Versicherungen können Sie online abschliessen. Möchten Sie lieber mit der Sanitas Kundenberatung telefonieren? Rufen Sie uns an. Montag bis Freitag, 8 bis 18 Uhr: 0800 22 88 44


ENTWICKELN FÜR MORGEN

Loulia Kassem forscht mit Geschäftspartner Erick Garcia Cordero an einem Frühwarnsystem für Schwangere. Bis 2023 soll dieses marktreif sein.

Eine Slipeinlage, die Leben rettet Die syrische Wissenschaftlerin Loulia Kassem hat an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) eine Damenbinde entwickelt, die Schwangerschaften überwacht – und so künftig Millionen Früh- und Totgeburten verhindern könnte. Text

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Fotos Sébastien Agnetti

Wenn Loulia Kassem über die Beweggründe ihres engagierten Handelns spricht, dann glaubt man ihr. Authentisch wirkt die junge Syrerin, die in Damaskus aufgewachsen ist, wo sie bereits sehr jung einen Bachelor-Abschluss in Pharmazie erworben hat. In ihrer von jahrelangen Bürgerkriegen gebeutelten Heimat gründete Kassem ihr erstes Start-up für den Handel und Verkauf von Medikamenten. Irgendwann sah sie in S rien keine berufliche Perspektive mehr für sich, ging für ein Studium nach Italien und wurde anschliessend an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) aufgenommen. In Lausanne gründet die Wissenschaftlerin Ende 2018 ihr zweites Start-up namens Rea, ein Spin-off der EPFL und des entre hospitalier universitaire vaudois ( UV) – und sorgt damit für Furore. Mein Ziel ist es, mit dem weltweit ersten nicht-invasiven Biomarker-Test zur permanenten Schwangerschaftsüberwachung die Zahl der Früh- sowie Totgeburten markant zu senken», erklärt Loulia Kassem. Dies geschieht über eine intelligente Slipeinlage, die während einer Schwangerschaft Vaginalsekret analysiert und den Arzt per App alarmiert, falls ein Risiko zur Frühgeburt besteht und die werdende Mutter ins Krankenhaus muss. So können Schwangere zu Hause überwacht werden. Lange

Der eingebettete Mikrosensor überwacht ein Protein im Vaginalsekret, das eine Frühgeburt anzeigt. Sobald die Binde entfernt ist, werden die Daten auf das Smartphone der Patientin und ihrer Ärztin übertragen.

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ENTWICKELN FÜR MORGEN

Eine Frau mit Vision: Als Unternehmerin und Forscherin setzt sich Loulia Kassem für die Frauengesundheit ein.

Spitalaufenthalte bleiben ihnen erspart, aber auch Fehlgeburten können so verhindert werden. Besonders wichtig wäre dieses Frühwarnsystem für Frauen in Entwicklungsländern mit einer schlechten Gesundheitsversorgung, wo Millionen von Frauen der Zugang zu Medikamenten verwehrt bleibt, die sie speziell während Schwangerschaften dringend bräuchten. Deswegen würde ich diese Technologie gern in Zukunft allen Frauen der Welt zugänglich machen», so die Vision der Jungunternehmerin. Bis 2023 will sie mit der intelligenten Slipeinlage bereit für den Markt sein.

Schwangerschafts-Service

Schwanger? Wir sind für Sie da Vom Kinderwunsch bis zum ersten Geburtstag Ihres Babys: Sanitas begleitet Sie mit dem kostenlosen Schwangerschafts-Service auf dem Weg zur Familie. sanitas.com/schwangerschaftsservice

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Den weiblichen Unternehmergeist fördern Und noch ein weiteres Thema liegt Loulia Kassem am erzen: Ich möchte junge Mädchen und Frauen auf der ganzen Welt dazu inspirieren, ihre eigene Kreativität zu entfalten, den Mut aufzubringen, Dinge auszuprobieren, zu erforschen und eigene Unternehmen zu gründen. Die lähmende Furcht vor dem Scheitern dürfe nicht länger dazu führen, dass sich Frauen unter ihrem Wert verkauften. Das ist enorm schade, weil die ganze Welt von der weiblichen Intelligenz, der weiblichen Intuition und dem weiblichen Er ndergeist pro tieren kann. Loulia Kassem hat diesen Mut – und er wird honoriert: In diesem Jahr wählte die W.A. de Vigier Stiftung, die jährlich die erfolgreichsten Nachwuchsforscher und Jungunternehmen auszeichnet, Rea aus insgesamt 192 Start-upProjekten unter die zehn Finalisten. Zudem hat die in Basel ansässige Gebert Rüf Stiftung Rea im Rahmen der Förderinitiative Innobooster 150 000 Franken für die weitere Forschungsarbeit zugesichert, und Innosuisse hat ihnen 350 000 Franken zugesprochen. Auch die EPFL und der Kanton Waadt unterstützen das Projekt nach Kräften mit nanziellen und weiteren Ressourcen. Loulia Kassem ist dies Bestätigung und Verpflichtung zugleich, nicht lockerzulassen und der Umsetzung ihrer Vision alles unterzuordnen. Das bin ich mir selbst und den Frauen dieser Welt schuldig.» SANITAS MAGAZIN 1 / 2021


AUS DEM LEBEN

Hinter der Linse: Wer ist Fotograf und Weltenbummler? Die Auflösung finden Sie auf der nächsten Seite. 21


AUS DEM LEBEN

«Es gibt keine Sackgassen im Leben» Frédéric Diserens kümmert sich bei Sanitas um die Pensionskasse. Daneben ist er Hausmann, Fotograf und träumt von einer Velotour ans Nordkap. Text Michael Suter Fotos Karin Heer

Bauchgefühl versus Planbarkeit, Spontaneität versus Strategie. Seit gut drei Jahren bringt Frédéric Diserens ganz unterschiedliche Bereiche zusammen: Der 42-Jährige verhilft nicht nur Sanitas Mitarbeitenden zu optimalen Sparplänen der Pensionskasse, sondern er fotogra ert auch leidenschaftlich gerne. So nimmt er an zweieinhalb Tagen in der Woche Menschen und zwischendurch auch schicke Boliden vor die Linse. Auch wenn ihn das Fotogra eren schon immer fasziniert hat, als professionellen Fotografen hat er sich nie gesehen. Aber es kommt bekanntlich immer anders, als man denkt. Nach seiner kaufmännischen Lehre jobbt Frédéric Diserens in verschiedenen administrativen Bereichen: Verkauf, Einkauf und Finanzen. Mit 25 hat er genug vom Büro. «Ich brauche einen Wechsel», sagt er sich, packt seine Siebensachen, plündert sein Konto und macht sich auf die Reise. Nepal, Südostasien, Australien, Neuseeland und Südamerika: Zwei Jahre erkundet er die Welt. Zurück in der Schweiz spezialisiert er sich aufs Thema Pensionskasse und arbeitet in verschiedenen Unternehmen. Doch: «Ich realisierte, dass ich etwas ändern musste in meinem Leben. Ich arbeitete zu viel, meine Familie und mein Hobby, der Triathlon, kamen viel zu kurz», blickt er zurück. Also nimmt das Ehepaar Diserens kurz entschlossen seine Kinder aus der Schule und reist für einige Monate vom argentinischen Patagonien bis in die chilenische Atacama-Wüste. Wieder zurück in der Heimat organisiert sich die Familie den Alltag neu. «Das Leben ist kurz. Ich möchte auf keinen Fall meine Leidenschaften dem Geld oder dem Zeitmangel opfern», beschliesst der mittlerweile 40-Jährige und passt seine Arbeitsweise entsprechend an. Frédéric Diserens heuert im 50-Prozent-Pensum bei Sanitas an, baut sich als Fotograf ein zweites Standbein auf, kümmert sich um den Haushalt und treibt wieder viel mehr Sport. «Mein Leben hat mir gezeigt, dass es keine Sackgassen gibt.» Das nächste Ziel? Vielleicht von Zürich bis ans Nordkap – mit dem Velo. Viele seiner Träume hat er sich bereits erfüllt, abgehakt ist seine Wunschliste aber noch lange nicht.

Frédéric Diserens hat das tägliche Hamsterrad gegen andere Räder eingetauscht und arbeitet heute in Teilzeit.

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HAUSMITTEL

EXPERTENTIPP Dr. med. Veronique Mayer, Ärztin bei Medgate «Leichte bis mittlere Schmerzen können rezeptfreie Medikamente lindern. Besonders gut helfen Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Paracetamol oder eine Kombination aus Acetylsalicylsäure, Paraceta l und ffein. Aber Vorsicht: Wenn Sie zu oft zu Schmerzmitteln greifen, können Sie zusätzlich einen Dauerkopfschmerz provozieren. Lassen Sie sich von Ihrem Medgate Arzt oder Ihrer Hausärztin beraten.»

Schreckgespenst Migräne Text Michael Suter Illustration Franziska Neugebauer

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ie kommt oft unerwartet, ist kaum auszuhalten und bleibt sogar mehrere Tage: die Migräne. Laut der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft leiden in der Schweiz rund eine Million Menschen an dieser Kopfschmerzform. Migräne ist überdies nicht «nur» eine Kopfschmerzattacke, sondern eine chronische neurologische Erkrankung mit Fehlfunktion im Gehirn. Oft begleiten Übelkeit, Erbrechen und eine beremp ndlichkeit auf Geräusche, Gerüche und Licht den meist halbseitig pulsierenden Schmerz. Bei manchen Betroffenen gehen der Migräneattacke Seh- und/oder Sprachstörungen, Appetitlosigkeit oder Sensibilitätsstörungen voraus. Eine Heilung im klassischen Sinn gibt es leider meist nicht, sehr wohl aber gute und wirksame Ansätze, um die Migräne in den Griff zu bekommen. Betroffene nehmen ausserdem oft Alternativmedizin und Therapien ergänzend zu Tabletten in Anspruch. Und auch Hausmittel können helfen. SANITAS MAGAZIN 1 / 2021

Hinlegen, Licht aus Kündigt sich eine Migräne an, reduzieren Sie möglichst früh alle Umgebungsreize. Verdunkeln Sie das Zimmer, schalten Sie die tickende Uhr aus und legen Sie sich hin. Schlaf ist oft das beste Heilmittel. Das Leben im Gleichgewicht Geben Sie Ihrem Leben einen gleichmässigen Rhythmus. Gehen Sie täglich zur selben Zeit ins Bett. Versuchen Sie, sich auch unter der Woche genügend zu entspannen. Migräneattacken treten oft am Wochenende auf, wenn sich Körper und Geist von stressigen Arbeitstagen oder vom anspruchsvollen Alltag zu erholen versuchen. Kühle Kompressen Kälte lindert den Schmerz. Legen Sie sich bei einer Migräneattacke schnellstmöglich eine kühle Kompresse auf die Stirn. Fussbad Tauchen Sie Ihre Füsse in kaltes oder wechselwarmes Wasser. Beim kalten Fussbad: maximal eine Minute und nicht öfter als dreimal täglich. Zudem sollten Ihre Füsse zuvor nicht kalt sein. Schwarzer Kaffee mit einem Schuss Zitrone Bei leichten Migräneattacken kann eine Tasse schwarzer Kaffee mit dem Saft einer halben Zitrone helfen. Das Koffein verengt die durch die Migräne erweiterten Blutgefässe im Gehirn. Vitamin C wiederum kann die Bildung eines körpereigenen Stoffes fördern, der den Kopfschmerz lindert. Zimt und Nägeli Bei manchen Menschen lindern Gewürznelken und Zimt den Kopfschmerz. Die beiden Gewürze sind vielseitig anwendbar, zum Beispiel in Mahlzeiten oder Getränken. Nägeli können Sie auch kauen und die Reste dann ausspucken. Vorbeugen Migräne ist vererbbar und tritt familiär gehäuft auf. Frauen sind bis zu dreimal häu ger davon betroffen als Männer. Die gute Nachricht: Migräneattacken nehmen oft mit dem Älterwerden ab oder verschwinden ganz. Licht, Lärm, Wetter, Hormonveränderungen, Hunger, diverse Nahrungsmittel, Stress: Vieles kann Migräne auslösen. Solche sogenannten Trigger kann man mit einem Migränetagebuch identi zieren – und sie in der Folge umgehen, beispielsweise Lärmquellen meiden oder regelmässig essen. Nutzen Sie Entspannungstechniken wie die Progressive Muskelentspannung, Yoga oder Autogenes Training. Gehen Sie oft an die frische Luft und bewegen Sie sich ausreichend. Das beugt Migräne vor.

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AKTIV SEIN

Winterfest: Sport in der Kälte Auch wenn es Überwindung kostet: Sport im Freien ist auch im Winter gesund. Allerdings nur dann, wenn man einige Dinge beachtet. Wie intensiv darf das Training sein, welche Kleidung ist empfehlenswert und wie steht es um das Immunsystem? Ein Faktencheck. Text Julie Freudiger Foto Keystone/Look/Feder, Wilfried

EXPERTENTIPP Dr. med. Hanspeter Betschart, Co-Leiter Medizin Medbase Abtwil, Chief Medical Officer Swiss Sliding «Sport zu treiben ist immer gesünder als sich nicht zu bewegen – auch im Winter. Das gilt auch für Menschen mit Herzerkrankungen oder Asthma. Intensität und Dauer der Belastung sollte man aber unbedingt den Temperaturen und dem Gesundheitszustand anpassen sowie mit einem Arzt besprechen.»

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Wer bei kalten Temperaturen draussen Sport treibt, hat sich bestimmt schon gefragt, ob das überhaupt noch gesund ist. Die Sorgen sind aber unbegründet, wie Dr. med. Hanspeter Betschart, Sportarzt bei Medbase Abtwil, bestätigt. Denn Bewegung hat erwiesenermassen einen gesundheitsfördernden Effekt. Ausserdem stärkt Sport langfristig das Immunsystem, die frische Luft ist ein wahrer Energiespender und die Sonne tut gut. Die Kälte ist also kein Grund, sich aufhalten zu lassen – «sofern Sie sich während und nach dem Training richtig verhalten», sagt Betschart. Doch was ist richtig, was ist falsch?

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Gezieltes Training Vom Krafttraining bis zur Ernährung: Viktor Röthlins Tipps für Läufer sanitas.com/laufcoaching


AKTIV SEIN

Sport ist ideal, um bei einer Erkältung oder Grippe Viren auszuschwitzen. Falsch Das ist nicht nur ein falscher, sondern auch ein gefährlicher Mythos. Sport schwächt den Körper nicht nur zusätzlich, er kann ihm unter diesen Umständen sogar gefährlich werden. Betschart warnt: «Wer trotz Krankheit weitertrainiert, riskiert eine lebensgefährliche Entzündung des Herzmuskels.» Der wichtigste Grundsatz für das Wintertraining: Treiben Sie nur dann Sport, wenn Sie gesund sind.

Ein Wintertraining sollte schnell und intensiv sein, damit man nicht friert. Falsch Der Winter ist ideal für das Grundlagentraining, also für Sport bei tiefer Intensität, damit die Lunge nicht zu stark belastet wird. Ruhige Ausdauersportarten wie Joggen, Langlaufen oder Wandern eignen sich gut. Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Aufwärmen. Man sollte sich langsam an die Belastung herantasten und nicht gleich von null auf hundert durchstarten.

Nach dem Training ist das Immunsystem geschwächt.

Wenn es kalt ist, sollte man durch die Nase atmen. Richtig Bei eisigen Temperaturen ist es empfehlenswert, durch die Nase statt durch den Mund zu atmen. Dadurch ist der Atem bereits vorgewärmt und feucht, wenn er die Lunge erreicht, und reizt diese nicht zu stark. Sinkt das Thermometer weit unter null Grad, ist ein Mundschutz sinnvoll, zum Beispiel ein Schlauchschal. Wer direkt nach dem Sport in der Kälte hustet, muss sich aber nicht sorgen. Betschart: «Die Lunge wird durch die kalte Luft gereizt. In den meisten Fällen klingt der Husten innert Tagesfrist ab. Dauert er länger an, sollte dies unter Umständen bei einem Arzt abgeklärt werden.»

Um nicht auszukühlen, muss man sich möglichst warm anziehen. Falsch Wer sich zu warm anzieht, kommt schnell ins Schwitzen. Vor allem Bekleidung aus Baumwolle und Wolle ist im Winter ungeeignet, da diese den Schweiss nicht nach aussen transportiert, sondern sich mit ihm vollsaugt. Nasse Kleider, die klamm am Körper kleben, sind nicht nur unangenehm, sondern auch ein Risiko für Erkältungen. Die beste Wahl für das Wintertraining sind Funktionskleider, die im Schichtenprinzip getragen werden.

Richtig Langfristig stärkt Sport zwar das Immunsystem. Doch direkt nach dem Training ist der Körper anfälliger für Viren und Bakterien. Betschart rät daher, öffent liche Verkehrsmittel und grosse Menschenansammlungen direkt nach dem Sport zu meiden. Und ausserdem das Stretching, den Schwatz oder die Kräftigungsübungen nach drinnen in die Wärme zu verlegen.

Im Winter muss man nicht viel trinken, da man weniger schwitzt. Falsch In der Kälte ist das Durstgefühl zwar weniger ausgeprägt als bei heissen Temperaturen, der Körper verliert durch den Sport aber dennoch Flüssigkeit. Ausserdem ist der Energieverbrauch bei Kälte deutlich höher als bei Normaltemperaturen. Eine ausreichende Flüssigkeitsund Energiezufuhr ist daher sehr wichtig.

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SANI UND ELINA

Auf zum Frühjahrsputz! Bald kommt der Frühling! Darum beschliessen Sani und Elina, sich an den Frühjahrsputz zu machen. Und sie merken, dass sie schon lange nicht mehr aufgeräumt haben. berall herrscht haos Welche acht Dinge nden die beiden im Badezimmer, die eigentlich gar nicht dorthin gehören? Illustration Michael Meister

Wettbewerb Schick uns eine Liste mit den acht Dingen, die nicht ins Badezimmer gehören, bis am 10. März an redaktion@sanitas.com. Unter allen Einsendungen verlosen wir 5 Kinderspiele «Das magische Labyrinth». Die Gewinner werden schriftlich informiert. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Barauszahlung und Rechtsweg sind ausgeschlossen.

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LEXIKON

t i o n:

Joni Majer

Sanitas Kundenportal

Selbstbehalt prüfen Im Sanitas Kundenportal können Sie Informationen zu Ihrer Krankenversicherung einfach abfragen: zum Beispiel den aktuellen Stand Ihrer Franchise und des Selbstbehaltes, Ihre Prämie, die Police oder Ihre Abrechnungen. Zudem können Sie Fragen direkt im Chat mit uns klären. sanitas.com/kundenportal-de

s tra

Selbstbehalt Gemäss Krankenversicherungsgesetz (KVG) müssen sich Versicherte an den Gesundheitskosten beteiligen. Diese Kostenbeteiligung besteht – neben Prämien und dem Spitalkostenbeitrag – aus der Franchise und dem Selbstbehalt. Der Selbstbehalt beträgt in der Regel 10 Prozent der Behandlungskosten und ist jährlich auf 700 Franken für Erwachsene und 350 Franken für Kinder begrenzt. Bei Schwangerschaft vergüten die Krankenversicherungen den versicherten Betrag ohne Abzug von Franchise und Selbstbehalt.

Illu

Spezialitätenliste Spezialitätenliste nennt sich eine vom Bundesamt für Gesundheit veröffentlichte Liste mit Originalmedikamenten und Generika sowie diversen homöopathischen, pflanzlichen und anthroposophischen Arzneimitteln aus der Komplementär- und Alternativmedizin. Die Krankenversicherungen übernehmen in der Grundversicherung die Kosten für die Medikamente dieser Liste. Die Kontrollbehörde Swissmedic bestimmt, welche Medikamente in die Liste aufgenommen werden, nachdem sie neue Medikamente auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit geprüft hat.

Sistierung Absolvieren Sie an mehr als 60 aufeinanderfolgenden Tagen im Jahr Militär- oder Zivildienst, sind Sie über die Militärversicherung gegen Krankheit und Unfall versichert. Sie können in diesem Fall Ihre Grundversicherung für diese Zeit unterbrechen und müssen keine Prämien bezahlen. Diese temporäre Unterbrechung heisst im Fachjargon Sistierung. Wichtig: Informieren Sie Ihre Krankenversicherung spätestens acht Wochen vor Dienstbeginn und senden Sie eine Kopie des Marschbefehls mit. Gehen Sie dagegen auf Reisen, bleibt die Grundversicherungsdeckung bestehen und kann nicht sistiert werden. Ihre Zusatzversicherungen können Sie jedoch bei Auslandsaufenthalten in den meisten Fällen unterbrechen und zahlen nur 30 Prozent der regulären Prämie. Nach der Rückkehr in die Schweiz können Sie Ihre Versicherung ohne erneute Gesundheitsprüfung reaktivieren.

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