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Lichterglanz und Sternenzauber
Unsere Autorin Christina Feser (l.) war zusammen mit Freunden unterwegs auf dem Sternenweg in Bühlertal
Die drei Sternensucher des Schwarzwälder Holzkünstlers Simon Stiegeler markieren den schönsten Aussichtspunkt der Rundtour
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Unser Sonntagsausflug
FOTOS: Christina Feser (2), Gemeinde Bühlertal Lichterglanz und Sternenzauber

Bricht die Dämmerung über das Tal herein, schalten sich die orangefarbenen Sternenlampions entlang der plätschernden Bühlot ein

Wenn die Tage dunkler werden, leuchten in Bühlertal die Sterne. Über 3000 Lampions verwandeln die Schwarzwaldgemeinde in das
„Tal der 1000 Lichter“. Auf einem drei Kilometer
langen Rundweg lässt sich die stimmungsvolle Atmosphäre für eine besinnliche Auszeit nutzen

Vorfreude, schönste Freude“, heißt ein bekanntes deutsches Adventslied, das in vier Strophen beschreibt, mit welch lieb gewonnenen Ritualen die Menschen sich traditionell auf Weihnachten einstimmen. Kränze binden und Plätzchen backen gehören dazu, ebenso das Basteln und liebevolle Dekorieren der Wohnung. Für die Einwohner von Bühlertal gibt es seit einigen Jahren einen neuen Brauch: Stolz schmücken sie ihr Zuhause mit dem Bühlertäler Stern.
Das möchten wir uns auf einem Ausflug in den Ort im Nordschwarzwald einmal anschauen. Denn passend dazu hat die Gemeinde den Sternenweg angelegt. Auf rund drei Kilometern lädt der Rundweg zu einer Auszeit mit Möglichkeiten zur inneren Einkehr. Im Jahr 2015 mit etwa 200 Sternenlampions begonnen, leuchten in dem lang gezogenen Tal zwischen Rheinebene und Schwarzwaldhöhen in der Weihnachtszeit inzwischen mehr als 3000 der Himmelskörper – und verwandeln es in das „Tal der 1000 Lichter“ .

Den Zauber der Weihnacht erleben
Los geht die Tour am Brunnenplatz beim Haus des Gastes in Bühlertal. Stimmungsvoll leitet dort ein beleuchtetes Motiv der heimischen Künstlerin Eva Tornatzky den Rundweg ein. Im Original ein nur wenige Zentimeter kleiner Scherenschnitt, bringt ihre Tochter Eva Kunsmann die Motive auf gebürstetem Metall groß heraus. Mit der richtigen Beleuchtung werden daraus festliche Kunstwerke. „Als wir den Sternenweg geplant haben und es um die Gestaltung der Stationen ging, war es uns ein Herzenswunsch, die inzwischen 97-jährige Bühlertälerin in das Projekt einzubinden“, erzählt uns Sternenweg-Mitinitiatorin Marianne Schäuble. Umso größer ist die Freude darüber, dass zwischenzeitlich bereits vier Werke der bekannten Künstlerin den Weg
FOTOS: Christina Feser
Die Sterne weisen uns den Weg: Und der führt nach einem kleinen Waldstück schnurstracks Richtung Kriegerdenkmal

Dank Selbstbedienung war selbst zu Coronazeiten die Einkehr im Außenbereich der „Breitmattstub“ möglich Die Gemeinde Bühlertal erstreckt sich von der Rheinebene über die Weinberge bis hinauf zum Scheitel des nördlichen Schwarzwaldes

SternenwegImpulsgeberin Marianne Schäuble betreibt mit ihrer Familie das Wein- und Klimahotel
„Bergfriedel“ .
Auch hier sind Spaziergänger zur Einkehr eingeladen Wo geht’s lang? Eine Übersichtskarte erklärt die Route. Wer möchte, kann sich auch noch einen Flyer mitnehmen

bereichern. Und in dieser Saison kommen zwei weitere Stücke dazu, verrät Marianne Schäuble voller Vorfreude. Sowohl an der oberen als auch an der unteren Einfahrt von Bühlertal werden die Ankömmlinge am Ortsschild von je einem großen angestrahlten Engel mit Stern in der Hand begrüßt.
Grundsätzlich ist es dem speziell gegründeten Sternenteam bei der Dekoration wichtig, den Charme des Einfachen zu bewahren. „In der heutigen Zeit geht es doch nur noch um ,höher, schneller, weiter‘. Auf dem Weg möchten wir bewusst gegen diesen Trend halten. Schließlich entfaltet sich der Zauber der Weihnacht doch in den kleinen Dingen“, betont Marianne Schäuble.
Doch von eben diesem Zauber war in den vergangenen Jahren in Bühlertal kaum noch etwas zu spüren gewesen, hatte die Wirtin vom Restaurant Bergfriedel mit großem Bedauern beobachtet. „Unser Haus liegt auf einer Anhöhe mit herrlichem Blick über das Tal. Und dort war es im Winter immer dunkler und trister geworden.“ Heute leuchtet überall warmes Sternenlicht.
Auf die Idee gekommen war die gebürtige Südschwarzwälderin, die seit über 25 Jahren in Bühlertal lebt, bei einem Besuch in ihrer Heimat im Glottertal. Weit weg vom großen Weihnachtsrummel lädt dort der Engelweg zu einem stimmungsvollen Spaziergang mit mehreren Stationen. „Das fand ich so schön, dass ich mir überlegt hatte, etwas ganz Ähnliches bei uns in Bühlertal ins Leben zu rufen“, erzählt Marianne Schäuble. Zu ihrer Freude war Bürgermeister Hans-Peter Braun von der Idee auf Anhieb begeistert und konnte auch den Gemeinderat für die Aktion gewinnen. „Mir war es wichtig, die Gemeinde mit ins Boot zu holen. Das macht vieles leichter“, so die Impulsgeberin.

Botschaften regen zum Nachdenken an
An der munter dahinplätschernden Bühlot schlängelt sich der Weg vom Brunnenplatz durch das beleuchtete Bühlertal. Anfangs möchte der Lärm der Hauptstraße bei uns noch nicht so richtig besinnliche Gefühle aufkommen lassen. Doch das ändert sich rasch, als wir in die Jahnstraße einbiegen und vor der festlich geschmückten „Breitmattstub“ stehen. Wirtsleute Agnes und Manfred Stolz haben den Außenbereich in eine weih-
Dank Solarbetrieb beginnen die Sterne mit Einbruch der Dunkelheit von selbst zu leuchten

FOTOS: Christina Feser
Eine Thermoskanne Glühwein hilft unserer kleinen Ausflugsgruppe gegen die frostigen Temperaturen
Blick auf eine von rund 40 Sternenstationen. Dahinter zieht sich das Obertal Richtung Nordschwarzwald zur Bühlerhöhe hinauf

nachtliche Einkehrstation mit Selbstbedienung verwandelt. Rund um das Gebäude leuchtet eine Reihe Bühlertäler Sterne. Ein Pärchen hat es sich hier bereits gemütlich gemacht und wir gesellen uns auf einen Punsch dazu.
Über die Haabergstraße setzen wir unseren Spaziergang anschließend fort, und der Rundweg nimmt nun seine erste und einzige Steigung. Zum Atemholen und Innehalten gibt es jedoch vielfache Möglichkeiten. Vor allem die liebevoll gestalteten Sternenstationen laden immer wieder zum Stehenbleiben ein. Auf kleinen Metallsternen sind religiöse, weltliche und literarische Weisheiten sowie Sprichwörter zu lesen. Am Wein- und Klimahotel „Bergfriedel“ angekommen, werfen die lebensgroßen Figuren von Maria, Josef und dem Jesuskind in der Krippe nach Vorlage von Scherenschnitt-Künstlerin Eva Tornatzky ihre beeindruckenden Schatten auf ein weißes Leintuch. Auch hier schmücken wieder zahlreiche Bühlertäler Sternenlampions die Fassade. Genau wie an den folgenden Häusern. Dazu wachsen in den Vorgärten rustikale Holzsterne aus den Beeten, und in so mancher Einfahrt haben die Anwohner ProbierStationen aufgebaut. Selbst gebackene Weihnachtsplätzchen, regionale Schnäpse oder Dörrobst aus heimischen
Früchten werden zum Kauf angeboten. An der nächsten Abzweigung biegen wir in die Denkmalstraße ein. Der Weg führt durch ein Waldstück bis zur beleuchteten Felswand mit der Figurengruppe „Auf der Flucht“. Von hier sind es nur noch wenige Gehminuten zum Highlight der Tour.
Stolz, ein Bühlertäler zu sein

Auf der Höhe des großen Kriegerdenkmals recken sich auf über drei Meter hohen Holzsäulen die SternensucherFiguren des Schwarzwälder Künstlers Simon Stiegeler in den Himmel. „Der eine Engel schaut ins Obertal, der andere ins Untertal und der dritte hinüber zum Engelsberg“, erklärt Marianne Schäuble. Der Ort für die Skulpturen könnte nicht besser gewählt sein, markiert er doch genau die Scheide zwischen Ober- und Untertal und schafft so eine Verbindung zwischen den Ortsteilen. „Ein alter Bühlertäler hat mir gesagt, dass er viel lieber hier hochgeht, seit die Sternensucher dort stehen. Die Figuren hätten dem Berg seine Schwere genommen. Das hat mich sehr berührt“, erzählt Marianne Schäuble. Ein anderer Einwohner sei letztes Jahr in Karlsruhe auf den Sternenweg angesprochen worden. „Frau Schäuble“, hat er mit glänzenden Augen erzählt, „wir sind ja richtig berühmt!“ Viele können es jetzt schon kaum abwarten, ihren Bühlertäler Stern wieder hell leuchten zu sehen.

CHRISTINA FESER
Die Weihnachtskrippe ist eines von vier Werken, die nach Vorlage der Bühlertäler Künstlerin Eva Tornatzky entstanden
Einige Bühlertäler bieten vor ihren Häusern selbst gemachte Leckereien an
Auf dem Rückweg zum Brunnenplatz passieren wir die Marienkapelle, die dank Lichterkette zum hübschen Hingucker wird

FOTOS: Christina Feser
INFO & SERVICE
Die Wein- und Wanderregion Bühlertal erstreckt sich entlang der Bühlot bis zu den GertelbachWasserfällen. Zwischen Badischer Weinstraße und Schwarzwaldhochstraße gelegen, bietet sich das Tal prima als Ausgangspunkt für Wanderungen an. Im Winter wird die Gemeinde jedoch selbst zur kleinen Sehenswürdigkeit.
îAnfahrt Von der A5 kommend, Ausfahrt Bühl nehmen und der Beschilderung ca. 13 Kilometer nach Bühlertal folgen. Parkplätze gibt es bei der Tourist-Information und am Bühlotbad. Mit dem Bus ist Bühlertal ab Bahnhof Bühl mit der Linie 263 zu erreichen. îDer Sternenweg beginnt direkt am Brunnenplatz hinter dem Haus des Gastes, führt entlang der Bühlot zum Breitmattplatz über die Haabergstraße und die Denkmalstraße zum Kriegerdenkmal mit einem herrlichen Blick über die beiden Bühlertäler Ortsteile Unter- und Obertal. Von dort verläuft er an der Marienkapelle vorbei zurück zum Ausgangspunkt. Der Rundweg ist etwa drei Kilometer lang und kann problemlos mit dem Kinder- oder einem Bollerwagen begangen werden. Eine ca. 700 Meter kurze Variante führt vom Breitmattplatz über die Hauptstraße zu den Sternenbänken im Kirchweg und über die Hauptstraße zurück zum Brunnenplatz. Der Sternenweg ist vom 26. November 2022 bis 6. Januar 2023 ausgeschildert. Das Mitbringen einer Taschenlampe empfiehlt sich! Infos: Tourist-Information Bühlertal, Tel.: 0 72 23/710 11 80, www.buehlertal.de îEinkehrmöglichkeiten gibt es zwei: Die „Breitmattstub“ lädt im Außenbereich zu Gulaschsuppe und Punsch, Jahnstr. 22, www.breitmattstub.de. Weiter findet eine Bewirtung im Restaurant „Bergfriedel“ statt, Haabergstr. 23, www.bergfriedel.de
Zu Weihnachten schmücken die Bühlertäler ihre Häuser liebevoll
Gelbe Pfeile weisen die beiden Rundwege aus Viele kleine Botschaften regen zum Nachdenken und Innehalten an
Himmlische Deko: Neben Sternen gehören auch Engel dazu
îDie Bühlertäler Sterne können inkl. Leuchtmittel für ca. 55 Euro erworben werden. Verkaufsstellen: Haushaltswarengeschäft Berberich in der Liehenbachstr. 1, Elektrogeschäft Schaufler in der Hauptstr. 78 sowie Stolz Gebäudetechnik, Jahnstr. 20, 77830 Bühlertal. îVeranstaltungen Ein Tipp für Familien von Marianne Schäuble ist der Besuch des Sternenwegs am 6. Dezember. Dann zieht ein echter Nikolaus mit Knecht Ruprecht und einem Esel durch den Ort, um an die Kinder Äpfel und Nüsse zu verteilen. Die Begegnung kann nicht geplant oder gebucht werden und findet zufällig statt. „Zu erleben, wie die Kinder auf die Begegnung mit dem Nikolaus reagieren, ist einfach einmalig“, berichtet das Mitglied des Sternenwegteams, das sich im letzten Jahr selbst als Nikolaus verkleidet hatte. Bewusst verzichtet das Organisationsteam auf Schokoladen-Nikoläuse. „Wir möchten den Wert der kleinen Dinge vermitteln“, so Marianne Schäuble. îAusflugstipp Wer gut zu Fuß ist, für den lohnt sich der Weg hinauf zum Engelsberg auf der gegenüberliegenden Dorfseite. Von dort bietet sich abends ein stimmungsvoller Blick auf den Lichterzauber im Tal. Da es auf dem Weg keine Beleuchtung gibt, ist eine Taschen- oder Stirnlampe nötig.