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Damit wird jedes Messer scharf

Eine Erfindung aus dem Schwarzwald:

Damit bekommt jeder sein Messer scharf…

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Ein Rollschleifer, der kinderleicht für scharfe Messer sorgt: Diese Idee hatte der Maschinenbauer Otmar Horl bereits vor vielen Jahren. Es war sein Sohn, der sie aus der Schublade holte und ein Produkt daraus machte. In der gemeinsamen Firma starten die beiden jetzt durch …

FOTOS: Horl

So funktioniert’s:

Messer werden ab Werk in einem ganz bestimmten Winkel geschliffen. Diesen Winkel beim Nachschärfen beizubehalten, das erfordert von Hand sehr viel Übung. Hier wird das Messer von einem Magneten in der idealen Position gehalten. Mit dem Schleifstein, der auf einer Rolle sitzt, fährt man dann einfach nur an der Schneide entlang

Ein gutes Team: Vater und Sohn haben gemeinsam eine Firma in Freiburg gegründet – und das funktioniert ganz wunderbar. Otmar Horl (l.) ist für die technische Leitung, Produktentwicklung und Konstruktion zuständig, Sohn Timo kümmert sich um das Design und die Geschäftsführung

Wer mit dem wohl wichtigsten Küchenwerkzeug, dem Messer, weiterhin gut schnippeln und zerlegen will, wenn es denn mal stumpf geworden ist, muss es immer mal wieder nachschleifen. Bislang brauchte man dafür wahlweise Wetzstab, Schleifstein, Messerschärfmaschine oder die Adresse der nächstgelegenen Messerschmiede. Ganz schön kompliziert, dazu oft zeit- und kräftezehrend.

Das ging dem technischen Konstruktionsleiter in einem Maschinenbaubetrieb, Otmar Horl, jahrelang genauso. Anfang der 90er-Jahre begann er deshalb ernsthaft darüber nachzusinnen, ob es nicht eine bessere Lösung für dieses Problem geben könnte als die bisher verfügbaren Schleifhilfen und Schleifgeräte – eine „idiotensichere“ Lösung im besten Fall. Aus seiner Erfahrung im Maschinenbau ist ihm klar, dass sich Industriediamanten ideal zum Schärfen aller Messerstähle und deren Härtegrade eignen und dass stumpfen Messern nur mit konstantem Schleifwinkel entgegenzukommen ist.

Seine Tüftelei in der privaten Werkstatt sollte erfolgreich werden. Heute verkaufen Otmar Horl (65) und sein Sohn Timo (34) ihren Horl-Rollschleifer in ganz Deutschland und beschäftigen über 20 Mitarbeiter. Doch wie funktioniert der ausgetüftelte und kinderleicht zu bedienende „Schleifer“ aus dem Hause Horl?

Der Rollschleifer ist ein faustgroßer Zylinder, wahlweise aus dunklem Nussbaumholz oder in heller Eichen-Variante, eine Seite ist diamantbeschichtet, auf der anderen Seite ist beim aktuellen Horl-Modell, dem „Horl 2“, eine mit Keramik überzogene Abziehscheibe. In Kombination mit einem Holzblock, an dessen Ende wiederum Magnetpunkte eingefasst sind, wird ein Messerschleifer daraus.

Das zu schleifende Messer wird mit der Klinge nach oben an die Magnetseite angedockt, der Rollschleifer mit der Kopfseite daran angelegt und mit Rollbewegungen daran entlang vor- und zurückgerollt. Mit der Diamantseite wird geschliffen, mit der Keramikseite wird das Ergebnis der Diamantseite verfeinert. Die Schleifreste werden einfach mit einem Tuch oder einem speziellen Horl-Leder entfernt. Fertig. Je nach Zustand des Messers benötigt dieser Schritt maximal fünf Minuten. Für das Nachschärfen genügen, durch den konstanten Schleifwinkel, wenige Bewegungen von beiden Seiten.

Die Erfindung lag 20 Jahre im Keller

Das Drehbuch zur Erfolgsgeschichte des VaterSohn-Gespanns geht dabei in etwa so: Über die Ideen und konzeptionellen Ansätze für den heutigen Horl hatte sich Timo zwar hin und wieder mit seinem Vater ausgetauscht – in Fahrt kam das Ganze aber erst, als der Sohn, von Beruf Mediengestalter in einer Werbeagentur, plötzlich selbst auf die Problematik mit dem Messerschleifen stieß. „Ich hatte zum ersten Mal eine eigene Wohnung mit eigenen Küchenmessern“, erzählt er, „und außerdem grille ich sehr gern – deswegen wollte ich auch scharfe Messer haben.“ Beim Aufräumen des Kellers war er zufällig auf frühere Ideen und erste Ansät-

Selbst hochwertige Messer werden mit der Zeit stumpf – dann kommt der Horl zum Einsatz …

In der Produktion: Viele Arbeitsschritte werden in Handarbeit durchgeführt

Das Horl-Hauptquartier befindet sich in Freiburg, die Holz- und Metallfertigung in unmittelbarer Schlagdistanz im Schwarzwald

Wie der Horl funktioniert, welche Materialien verwendet werden, das erfährt man auf der Homepage des Unternehmens

FOTOS: Horl ze gestolpert und hatte seinen Vater deshalb nochmals genauer „gelöchert“, was es damit eigentlich auf sich hat. Überzeugt, dass genau auf dieses Gerät die ganze Welt gewartet hat, entschlossen sich die beiden, Otmars Ideen als Vater-Sohn-Gespann in die Tat umzusetzen: Der Vater tüft elt an der Technik, Sohn Timo macht Design und Marketing. In zeitgeistig schlichtem Design bringen die beiden im November 2016 die „Rollschleifer“ getauft e Erfi ndung auf den Markt.

„Wollen nicht emotionslos verkaufen“

„Erst dachten wir, Online-Marketing reicht, um die Sache ins Rollen zu bringen“, erinnert sich Timo. Aber das sollte sich als Fehleinschätzung herausstellen. „Wir haben bald bemerkt, dass wir unseren Rollschleifer nur dann gut verkaufen, wenn man ihn sieht und fühlt“, sagt er. Anderthalb Jahre lief das Geschäft noch vom Keller und Wohnzimmer des Familienhauses aus. Als die Nachfrage allerdings stetig wuchs, kündigten die beiden ihre Jobs und bezogen 2018 eine 250 Quadratmeter große Halle in Freiburg. „Dort sind das Büro und das Lager“, sagt Timo Horl. Die einzelnen Bauteile, aus denen der Rollschleifer besteht, werden größtenteils im 40-Kilometer-Umkreis um Freiburg von Partnerunternehmen produziert und zusammengebaut. „Da bekommen wir die nötige Qualität zu passenden Konditionen“, erklärt Timo. „Nur“ mit einer guten Idee, etwas Glück und viel Herzblut ist solch eine vorbildliche Unternehmensentwicklung sicher nicht erklärbar. Sie ist letztendlich konsequent entstanden, indem Vater und Sohn Horl beispielsweise alle interessanten Händler in deutschen Städten mit mehr als 200 000 Einwohnern auf ihr Produkt aufmerksam gemacht haben. „Wir möchten den Horl nachhaltig in den Läden positionieren und nicht einfach emotionslos verkaufen“, sagt Timo und erinnert an die Erkenntnis, die alles in Gang gebracht hat: Die

Leute müssen den Rollschleifer in die Hand nehmen. Wer einen Rollschleifer verkauft , muss deshalb auch stationären Handel anbieten. Bei über 800 Fachhändlern ist der Rollschleifer inzwischen zu bekommen – ausgewählte Handelspartner bieten einen weltweiten Versand an, der hauseigene Online-Shop liefert in 14 Länder. „Wir haben von Anfang an Wert auf ein hochwertiges Erscheinungsbild, schö-

Gerade werkelten Otmar Horl (r.) und Sohn Timo noch im heimischen Keller, mittlerweile stehen sie in den eigenen Hallen

nes Design und angenehme Haptik gelegt“, erläutern die beiden Unternehmer, deren Produkt früher auch bei Amazon bestellt werden konnte. Doch das habe sich nicht bewährt. „Die Leute sollen unseren Rollschleifer als Premiumprodukt wahrnehmen und ihn nicht beim Online-Giganten nachgeschmissen bekommen.“

Sogar zum Patent angemeldet

139 Euro kostet der „Horl 2“, Rabatte gibt es nicht mal auf Messen. „Er ist ein simples, aber einzigartiges Produkt, dessen Qualität für sich spricht“, betont Timo Horl. Ihre Erfi ndung haben sich Vater und Sohn übrigens durch Gebrauchsmuster und Patente schützen lassen, denn „Nachahmer gibt es immer“, sind die beiden sicher. Die Freiburger Firma hat mittlerweile drei verschiedene Modelle im Angebot: den „Horl 2“, das heutige Standardmodell, eine Weiterentwicklung des ersten Geräts. Dann gibt es den etwas günstigeren, weil einfacheren „Horl 2 Cruise“ und auf der anderen Seite der Produktpalette das Premiummodell „Horl 2 Pro“, bei dem Produktentwickler und Designer noch einmal eine Stufe draufgesetzt haben. Wie es mit dem Schwarzwälder Unternehmen weitergeht? Gibt es demnächst den „Horl 3“? „Wir haben noch genug Hausaufgaben in allen möglichen Bereichen zu erledigen, sei es Logistik oder Marketing“, sagt Timo und verrät zu den klar gesteckten Zielen des Unternehmers nur so viel: „Wir haben einen Fünf-Jahres-Plan, an dessen Ende wollen wir weltweit erfolgreich sein.“

MAREN MOSTER

INFO Das Hauptquartier der Firma ist hier zu fi nden: Horl GmbH, Breisacher Str. 86, 79110 Freiburg; auf www.horl. com gibt es nicht nur Infos zu den verschiedenen Modellen, sondern auch viele Tipps zum Messerschleifen

Der Horl-Rollschleifer besteht aus einem faustgroßen Zylinder mit einer diamantbeschichteten Schleifscheibe und einer keramikbeschichteten Abziehseite

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