Terra Mater 02/23

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Geister der Savanne

Sie sind nur noch zu dritt! Wie die letzten weißen Löwen in freier Wildbahn ums Überleben kämpfen.

KLUGE KRAKEN: Acht Arme voller Wunder LETZTE EISZEIT: Grönland wird grün

WIENER ABENTEURER: Joseph Rocks historische Entdeckungsreisen

AUSGABE 02 FRÜHLING 2023 EUR 9,00

WELTBILD

BEEINDRUCKENDE MOMENTAUFNAHMEN VON MUTTER ERDE

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AM ANGELPUNKT

WESTJAVA, INDONESIEN. Das frühmorgendliche Idyll verdanken der Fischer, sein Sohn und die Fotografin einem niederländischen Kolonialisten, der den SituCileunca-See vor fast 100 Jahren mit einer Staumauer geschaffen hat. Das 1.400 Hektar große Gewässer ist heute Dreh- und Angelpunkt einer florierenden Tourismusregion. Durch die Lage auf 1.400 Meter Seehöhe ist es hier kühler als in der zwei Autostunden entfernten und 700 Höhenmeter tiefer gelegenen Millionenmetropole Bandung. Ob die beiden etwas gefangen haben, ist nicht bekannt. Möglicherweise haben sie ihr Tagewerk ohnehin schon mit diesem pittoresken Wurf erledigt.

Die indonesische Architektin und Fotografin dokumentiert ihre vielen Weltreisen und Ausflüge in ihrer Heimat durch sorgfältig komponierte Landschaftsaufnahmen. Besonders fasziniert ist sie von Wasser.

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Foto: Lia Indriani

Die Geister der Savanne

Schneeweiße Löwen sind Südafrikas seltenstes Raubtier: In freier Wildbahn gibt es nur noch drei Exemplare. Alle anderen werden gezüchtet, um zuerst gestreichelt und dann gejagt zu werden. Linda Tucker, die Hüterin der Löwen, widmet ihr Leben dem Überleben der Tiere.

Text: Fabian von Poser Fotos: Cyril Ruoso
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Mittagsrast in Sicherheit

Im Ngala-Wildreservat im Nordosten Südafrikas leben weiße und braune Löwen einträchtig zusammen. Der etwa vierjährige Mähnenlöwe wird das 19-köpfige Rudel – und damit auch das sichere Reservat – wohl bald verlassen. Dann muss er selbst darauf achten, nicht zur Zielscheibe von Jägern und Wilderern zu werden.

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Felswand im Südosten Kolumbiens

Die Kalkwand dient als Leinwand. Funde am Fuße der Wand legen nahe, dass sich hier schon vor 12.000 Jahren Menschen aufgehalten haben. Wahrscheinlich stammen auch die Ockerzeichnungen aus dieser Zeit.

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Bilder aus der Steinzeit

Ornamente, Fabelwesen und Riesenfaultiere: Felsmalereien im kolumbianischen Regenwald könnten von den ersten Menschen stammen, die Südamerika erreicht haben.

Nun versucht ein Team von Archäologen, ihre Botschaften zu entschlüsseln.

Text: Wolfgang Däuble Fotos: Luca Zanetti
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Grönland wird grün

Steigende Temperaturen machen Landwirten auf der größten Insel der Welt Hoffnung. Die Kartoffelernte wächst von Jahr zu Jahr, bald könnten sie sogar Weizen anbauen. Doch der rasche Wandel birgt auch Risiken. Und das Schicksal der Gletscher ist ungewiss.

Text: Laura Anninger Fotos: Alessandra Meniconzi
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Ein besonderes Stück von Grönland

Die Diskoinsel vor der Westküste ist – anders als der Rest von Grönland – vulkanischen Ursprungs. Deshalb gibt es hier steile Basaltberge, heiße Quellen und eine Vegetation, die heute schon so vielfältig ist, wie sie es im Rest Grönlands erst durch den Klimawandel sein wird. Die Besonderheit der Insel spiegelt sich auch in den Sagen der Inuit wider: Hier heißt es, dass die Insel früher weiter draußen im Meer lag. Dort war sie zwei Jägern in ihren Kajaks im Weg. Also banden sie die Insel an ihre Boote und schleppten sie an ihren heutigen Standort.

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Im Gespräch mit dem bayerischen Naturfilmer

und Autor Jan Haft

„Wildnis ist dort, wo Tiere weiden“

Warum Wolf und Bär noch keine Belege für intakte Natur sind, warum Kühe die neuen Mammuts sind und die Artenvielfalt auf der Alm größer sein kann als im unberührten Wald. Oder anders gefragt: Was ist Wildnis, und wozu brauchen wir sie?

Interview: Dominik Prantl

Fotos: Julia Rotter

DER WEG ZU JAN HAFT FÜHRT DURCH

DAS SPÄRLICH BESIEDELTE ERDINGER

UMLAND in der Nähe von München zu einem alten Hof. Drumherum gibt es mehrere Viehweiden und kleinere Biotope, im Hintergrund stehen ein paar Rehe auf einer Wiese. Hier führt Haft gemeinsam mit seiner Frau Melanie die Firma Nautilusfilm, die – vielfach ausgezeichnet – zu den führenden deutschen Natur filmunternehmen zählt. Seine Liebe zur Natur entwickelte Haft schon als Kind; in jungen Jahren leg-

te er bereits einen Kleintierzoo mit Echsen, Spinnen und Fröschen an und wollte eigentlich Zoodirektor werden – bis er die Faszination Film für sich entdeckte.

Zum Gespräch führt er an einen Tisch, auf dem Nussecken und Brezen stehen. An der Wand hängt ein Schaukasten mit präparierten Käfern. Beim Blick aus dem Fenster sind Bäume und Schilf zu sehen – aber leider nichts von den beiden Wasserbüffeln, die er sich zum Zwecke der Landschaftspflege zugelegt hat.

TERRA MATER: In Österreich gibt es derzeit eine hitzig geführte Diskussion darüber, ob der Wolf einen Platz im Ökosystem der Republik hat. Also: Wölfe in Österreich, ja oder nein?

JAN HAFT: Ja.

Warum?

Weil er einen angestammten Platz hat. Ich glaube, dass wir den Organismen in der heimischen Natur so etwas einräumen sollten wie ein Eigenrecht auf Existenz.

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Jan Haft

Der 1967 geborene Münchner studierte Geologie, Paläontologie und Biologie und gründete 1996 die Filmfirma Nautilusfilm. Seine Filme laufen höchst erfolgreich im Fernsehen und im Kino, seine Bücher rangieren regelmäßig ganz vorn auf den Bestseller­Listen. Was seine Arbeit unter anderem kennzeichnet, ist der scharfe und genaue Blick auf die kleinen Naturwunder vor der Haustür, den er mit Filmen wie „Die Wiese“ oder „Die Geschichte vom Orangeroten Heufalter“ immer wieder beweist. Terra Mater zeigt seine Dokumentation „Ziemlich wilde Bienen“ am 5. April auf Servus TV.

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Wie im Flug

Unberührt seit der Eiszeit, seit Jahrzehnten als Schutzgebiet praktisch nicht mehr zu betreten: Nicht der Mensch, nur noch die Jahreszeiten verändern das Wildnisgebiet Dürrenstein in Niederösterreich. Um sich davon ein Bild zu machen, ging ein Fotograf in die Luft.

Frühe Sommersonne

„Diese Aufnahme ist im Juli um 6.45 Uhr entstanden“, erinnert sich Gregor Schörg. Im Wildnisgebiet herrscht strenges Wegegebot, Besucher müssen also auf den wenigen Pfaden bleiben. Um das Naturjuwel dennoch aus neuen Perspektiven zu dokumentieren, fotografierte Schörg von Flugdrohnen aus. Stets hatte er bei seinen Besuchen zwei davon im Rucksack, dazu noch bis zu zwölf Akkus. Insgesamt kam so ein 29 Kilogramm schweres Gepäckstück zusammen, das er allein in der warmen Jahreszeit 30-mal in die Berge schleppte. Warum so oft? „Weil Nebel und Wolken unberechenbar sind. Oft bin ich bei Sonne losmarschiert und dann bei Sturm, Regen oder Nebel am Gipfel gestanden.“

Fotos: Gregor Schörg
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Tempelritter

Joseph Rock (1884–1962) in Winterkluft im Kloster Chone, einem nördlichen Vorposten des tibetischen Kulturbereichs in der chinesischen Provinz Gansu. Rock stammte aus Wien, lebte auf Hawaii – und auf Reisen.

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Der ewig Suchende

1920 reist der gebürtige Wiener Joseph Rock nach Südostasien, um eine Heilpflanze aufzustöbern – und findet seine Bestimmung: Er wird der letzte Entdecker der Geschichte. Dass er heute fast vergessen ist, liegt an einer Schiffskatastrophe – und an seinem Eigensinn.

WIR WOLLEN EINEN GROSSEN REISENDEN BEGLEITEN. UND EINEN SCHWIERIGEN DAZU, WEISS GOTT, EINEN MANN VOLLER WIDERSPRÜCHE. Einen geselligen Misanthropen, einen Träumer ohne Illusionen. Einen, der seine kompromisslose Unabhängigkeit und Eigensinnigkeit damit bezahlt hat, dass ihm die höheren Weihen der Wissenschaft versagt geblieben sind – und der sie doch ungemein bereichert hat. Es ist die Geschichte eines Mannes, der mannigfache Abenteuer zu bestehen hatte, von denen das größte das seines eigenen Lebens war.

Joseph Rock kommt 1884 in Wien zur Welt, wo er in kleinen Verhältnissen aufwächst. Die Mutter stirbt früh, der bigotte, hitzköpfige Vater ist ihm unerträglich. Schon als Jugendlicher bringt er sich so unmögliche Sprachen wie Ara­

bisch und Chinesisch bei. Aus Unterforderung schwänzt er die Schule und nimmt lieber die levantinischen Händler im Prater in Beschlag, die Schwertschlucker und Fakire. Mit Anfang zwanzig geht er nach Amerika und landet schließlich mittellos auf Hawaii, hoffend, dass das linde Klima seine Tuberkulose in Schach halten wird. Und vielleicht will er ja auch Wien so weit wie möglich hinter sich lassen.

Er unterrichtet Latein und Naturkunde und wird prompt von einer neuen Leidenschaft erfasst: der Botanik. Auch sie eignet er sich wie eine Sprache an, verschlingt ihre Lehrbücher, verinnerlicht ihr System. Als er ans College wechselt, die spätere Universität, legt er dafür ein Herbarium an und unternimmt Exkursionen durch die Inselwelt

Text: Stefan Schomann
89 Foto: President and Fellows o F Harvard College. a rnold a rboretum a r CH ives

Alien aus dem Ozean

Blaues Blut, drei Herzen, und zwei Drittel des Verstandes sitzen in den acht Armen: Mit den Oktopussen hat die Evolution eine ganz eigene Form intelligenten Lebens geschaffen. Umso mehr versuchen Forscher nun, diese Wesen zu verstehen.

Ein TERRA MATER-Dossier in vier Kapiteln von Christian Schwägerl

OKTOPUS
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Lässige Lebensform

Kraken leben nahe am Meeresgrund, mit den Saugnäpfen an ihren Armen fangen sie Krebse und Schnecken. In Laborexperimenten erweisen sie sich als neugierig und lernfähig. Zoologen vergleichen ihre Klugheit mit jener von Hunden.

Foto: Henrik Soren S en/Getty i ma G e S 99

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