Terra Mater Magazin 04/2016

AUSGABE 04 / 2016 JULI 2016 AT/DE/IT EUR 6,00 CH SFR 8,90 BE/LUX EUR 6,90

FREIHEIT FÜR DIE ELEFANTEN !

Carol Buckley befreit geschundene Dickhäuter von ihren Ketten.

Keine versteht die mächtigen Tiere so gut wie sie.

GEN-MANIPULATION Wie eine neue Technik schon bald unser Leben verändern wird LE CORBUSIER Die Musterstadt des weltberühmten Architekten in Indien WILDER WESTEN Wieso Saguaro-Kakteen in Arizona Polizeischutz brauchen

i m m ä r z 1 9 5 2 schrieb Star-Architekt Le Corbusier seiner amerikanischen Langzeitaffäre Marguerite Tjader Harris einen Brief, in dem er davon berichtete, in Indien eine Stadt zu bauen.

Und damit sie sich das besser vorstellen konnte, warf er seine Vision von Chandigarh gleich einmal aufs Papier.

Wie die Stadt heute aussieht, sehen Sie ab Seite 68.

Le Corbusier, Letter to Marguerite Tjader Harris with sketch plans of Chandigarh, India, 4 March 1952, Centre Canadien d’Architecture, DR1984:1654 © FLC / Bildrecht, Wien, 2016

LOGBUCH TERR A M ATER | JUNI & JULI 2016

Martin Zinggl ist auf dem Foto unten sein, nun ja, gehöriger Respekt vor dem Gegenüber an­ zumerken. Verständlich – mit einem fünf Tonnen schweren Elefanten hat man schließlich nicht jeden Tag zu tun. Grund der Begegnung in Nepal: Gemeinsam mit Fotograf Palani Mohan arbeitete der Wiener Autor an einem Porträt über die Amerikanerin Carol Buckley, die es als ihre Lebensaufgabe sieht, Arbeitselefanten von deren Ketten zu befreien. Für ein Foto musste die Frau natürlich mit dem Elefanten auf ein Bild, was viel Geduld (und Futter) erforderte.

Unter einen Hut zu bringen waren: ein Fotograf, der auf das richtige Licht wartete; ein nervöser Elefant, der stillhalten sollte; und schließlich ein nepalesischer Mahut (Elefantenführer), der überhaupt nicht verstand, wofür der ganze Zirkus überhaupt veranstaltet werden musste.

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Patricia Engelhorn (u.), Münchner Autorin, und der britische Fotograf Simon de Trey-White (er wohnt in Neu-Delhi) kennen sich ziemlich gut aus mit der indischen Seele. Ein Glück, denn sonst wäre die Geschichte über die außergewöhnliche Architektur der Stadt Chandigarh wohl nicht so schön oder gar nichts geworden. Es ist nämlich so, dass man für die besten Foto­ plätze im Herzen der City allerhand Genehmigungen sowie einen offiziellen Guide braucht, die man, wenn überhaupt, nur mit erheblichen Schwierigkeiten bekommt. So über­redeten die beiden Surinder Sawhney, einen der Protagonisten der Story, ihnen einen inoffiziellen Trampelpfad zu zeigen, auf dem man von Wachleuten ungesehen unauffällig ans Ziel kommt. „Später haben wir diesen Geheimweg noch öfter benützt“, erzählt Indien Le Corbusiers Engelhorn. „Viele Musterstadt S. 68 der schönsten Bilder Nepal sind so entstanden.“ Elefanten S. 38

Agung Parameswara (u.) trägt einen Vulkan im Vornamen: Der 26 Jahre junge Fotograf Indonesien Krater der Hoffnung heißt genauso wie der S. 128 höchste Berg seiner Heimatinsel Bali. Zufall oder nicht: In der Story, die er für diese Ausgabe lieferte, geht es ebenfalls um einen Vulkan – den Mount Bromo im Osten der indonesischen Insel Java. In dessen Krater werfen Pilger vom Volk der Tengger, Angehörige der hinduistischen Minderheit Indonesiens, einmal im Jahr im Rahmen einer feierlichen Zeremonie Opfergaben, um die Götter milde zu stimmen.

Dass Parameswara sein Gesicht vermummte, hat übrigens weder politische noch kriminelle Gründe. Der Vulkan stinkt so erbärmlich nach Schwefel, dass es anders nicht auszuhalten war.

Am Ende flüsterte jedenfalls auch er ein Gebet in den Krater. Man kann schließlich nie wissen.

Fotos: Centre Canadien d’Architecture, Blake Gordon, Simon de Trey-White, Palani Mohan, Agung Parameswara

Stefan Nink , Journalist und Schriftsteller („Sonntags im Maskierten Waschbär“) mit Wohnsitz Mainz, reiste nach Tucson, Arizona, um eine Geschichte über eine Ikone des Wilden Westens zu schreiben: den Saguaro-Kaktus. Der ist nämlich so berühmt, dass er gerne gestohlen wird und daher polizeilichen Schutz braucht. Aber das war nicht das einzige Bemerkenswerte, was ihm bei der Recherche (im Bild: Nink, re., im Gespräch mit Ray O’Neill, dem Chef-Ranger des Saguaro-Nationalparks) unterkam: Als Nink vor ein paar Jahren ebenfalls im Februar in der Gegend zu tun hatte, musste er morgens regelmäßig Eis von der Windschutz­ scheibe seines Autos kratzen. Dieses Mal hingeBoston gen kratzten Gespräch mit Arizona Joseph Henrich die Temperaturen SaguaroS. 120 Kakteen an der 40-Grad-Marke.

S. 98 Mexiko Woran das lag? Stefan Ein Mensch in …

Nink, trocken: „It’s S. 24 the climate change, stupid!“

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In den von Carol Buckley errichteten Gehegen können sich die Elefanten frei bewegen – ohne Ketten und Kommandos.

Es ist für Beobachter leicht zu erkennen, was das für die Tiere bedeutet.

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„Farbe ist wichtig.

Farbe gibt selbst mausgrauem Beton Leben und Struktur.“ Manmohan Nath Sharma, Architekt und Mitglied in Le Corbusiers Team

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L E B E N S R AU M

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1: Einkaufsstraße in Sektor 17. Das durchschnittliche Einkommen der Bewohner ist in Chandigarh höher als in jeder anderen indischen Stadt. 2: „Monument der Offenen Hand“. Das Symbol kehrt in Le Corbusiers Werk immer wieder. Es symbolisiert die Offenheit zu geben und die Offenheit zu nehmen – und dreht sich nach dem Wind.

3: Stiegenhaus im Gebäude der Zentralverwaltung.

Das Gebäude wurde von Pierre Jeanneret entworfen, zeigt aber alle typischen Merkmale eines Le-Corbusier-Baus.

4: Manmohan Nath Sharma. Der heute 92-Jährige war vom ersten Tag an Mitglied des Architektenteams von Chandigarh. Zuletzt war er Chefarchitekt der Stadt.

5: Grenze mit Schwung. Die Mauer aus roten Ziegel­ steinen trennt Sektor 22 und Sektor 23 voneinander.

6: Das Parlament von Osten aus gesehen. In der Mitte liegt ein kreisrunder Tagungssaal, von den meisten der Büros gibt es einen Blick auf die Berge des Himalaya.

7: Fassade in Sektor 17-C. Die Geschäftsleute beharren auf den bunten Plakaten und auf den Wärmetauschern ihrer Klimaanlagen. Die Stadtverwaltung will beides zurückdrängen, um das alte, moderne Stadtbild zu bewahren. 8: Foyer im Neelam Theatre. Le Corbusier gab die Richtung vor, Details überließ er seinen Mitarbeitern.

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I N S ON N IGE R S ON N TAG a m See.

Verliebte Paare, Kinder und alte Menschen flanieren in großen oder kleineren Gruppen über die Uferpromenade. An mehreren Stellen führen Stufen über die Böschung zum Wasser. Sie dienen all jenen als Sitzgelegenheit, die keine freie Eisenbank auf der akkurat gemähten Wiese jenseits des Gehwegs gefunden haben. Die Stimmung ist friedlich und trotz der vielen Leute angenehm entspannt. Nur auf dem Steg, an dem Tretboote in Schwanenform vermietet werden, ist die ­Hölle los: Schuhe ausziehen, Schwimmweste anlegen, bezahlen, einsteigen – all das geht nicht ohne Hektik, Gedrängel und Juchzer ab. Die quietsch­ bunten Plastikschwäne sind vor allem bei Sonnenuntergang begehrt. Alle möchten den Blick auf die Promenade, die geometrischen Konturen des Lake Sport Complex und die Bergkette im Hinter­g rund im Licht der Dämmerung bewundern.

Wer dieses Postkartenidyll in den Schweizer Alpen vermutet, liegt falsch. Der See befindet sich in Chandigarh, Hauptstadt der nord­indischen Bundesstaaten Punjab und Haryana, und die Berge gehören zu den Ausläufern des H ­ imalaya. Trotzdem ist die Gedankenverbindung zur Schweiz nicht ganz verkehrt – denn Seeufer, Lake Sport Complex und eigentlich ganz Chandigarh sind nach den Plänen von Charles-Édouard Jeanneret-Gris entstanden, einem in der Schweiz ge­borenen Architekten, Designer und Künstler, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Le Corbusier.

Nur selten bekommt ein Architekt die Gelegenheit, eine ganze Stadt zu bauen. Le Corbusier übernahm so eine Aufgabe im Jahr 1951. Er sollte nicht nur ein funktionierendes Gemein­wesen schaffen, sondern ein Symbol für das neue, vom Kolonialismus befreite Indien, für den Neubeginn, für den Fortschritt und die Überwindung überkommener Traditionen und Rückständigkeit.

Der Anlass für den Großauftrag: Drei Jahre zuvor erfolgte die dramatische Teilung Indiens.

Im Nordwesten hatte sich Pakistan abgespalten, es folgte ein humanitäres Desaster: Millionen Mus­lime flohen aus Indien in den neuen Staat, gleich­zeitig suchten Hindus und Sikhs von dort eine neue Heimat in Indien. Auf beiden Seiten der neuen Grenze kam es zu Massakern. ­Dörfer

Indien Pakistan Chandigarh

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Kaktus-Skelett: Wenn Saguaros sterben, bleibt nach einer gewissen Zeit nur der holzige Halteapparat aus ihrem Inneren übrig.

Die Pflanzen können über 200 Jahre alt werden.

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B O TA N I K

Sicherheitsset: Mit der Pistole (li. o.) werden winzige Sender (li.) in die Kakteen geschossen, ein Lesegerät (re.) kann die dann aufspüren und auslesen – auch noch nach Jahren.

vor lauter Saguaros Arizona kaum noch. Im Südwesten wächst die Pflanze zwischen Yuma und Nogales beinahe durchgehend gestaffelt entlang der Grenze zu Mexiko. Auch weiter nördlich gedeiht sie prächtig, bis das allmählich ansteigende Land mit seinen häufigeren Frostnächten ihrem Lebensraum Grenzen setzt. Vor allem die Senken und Hügelflanken rund um Tucson aber sind gespickt mit den großen Kakteen. „Planted people“ hat der Wüstenphilosoph Edward Abbey die Sa-

Abends sieht es aus, als halte eine gewaltige Armee schweigender Posten Wache über das Land. guaros genannt. Abends, wenn die tief stehende Sonne die Konturen verschwimmen lässt und sich ein rot-goldener Dunst über die Wüste legt, sieht es aus, als halte eine gewaltige Armee schweigender Posten Wache über das Land.

Dass man einen Saguaro trotzdem nicht einfach ausgraben darf, regelt der Arizona Native Plant Act. Das Gesetz stellt alle Pflanzenarten unter Schutz, die „anfällig für Schäden oder Vandalismus“ sind. Ohne Genehmigung des zuständigen Department of Agriculture darf niemand einem Saguaro auch nur einen Stachel krümmen. Jede Pflanze, die den Planierraupen für Tucsons immer neue Vororte im Wege steht, muss gekennzeichnet, fachmännisch entfernt und an anderer Stelle wieder eingesetzt werden. Und jeder offiziell gehandelte Saguaro braucht eine amtliche Banderole,

selbst die daumengroßen Exemplare in den Souvenirläden am Airport in Phoenix. Auch Hausbesitzer benötigen eine Genehmigung, bevor sie einem Kaktus auf ihrem Grund und Boden zu Leibe rücken dürfen. Wer gegen das Gesetz verstößt und beispielsweise beim Transport eines Saguaros über die Bundesstaatsgrenze hinüber nach Kalifornien erwischt wird, muss mit einer Geldstrafe von 100.000 Dollar rechnen. Und zuvor mit Scott A. Schade. Der ist Special Investigator im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums. Und damit Arizonas offizieller Cactus Cop. Kurz geschnittenes graues Haar, stechend blaue Augen, Stiefel, Pistolenhalfter und eine polierte Dienstmarke mit der Sonne aus Arizonas Staatsflagge: Schade sieht ziemlich genau so aus, wie man sich einen amerikanischen Undercoverpolizisten vorstellt. Gerade steigt er aus seinem Pick-up und klopft sich mürrisch den Staub von der Hose. Schichtende eines ziemlich beschissenen Tages: keine Verhaftung, keine beschlagnahmten Kak­teen, noch nicht einmal am Straßenrand deponierte Saguaros, nichts, gar nichts. Deponierte Saguaros? „Das ist üblich. Gestohlene Kakteen dieser Größe tagsüber zu transportieren wäre viel zu auffällig. Das passiert nachts.“ Schade macht das fast jeden Tag im Jahr: auf ausgedehnten Patrouillefahrten nach gestoh-

Nachwuchs: 70 Prozent der Reisenden geben in Umfragen an, dass sie in Arizona vor allem eines wollen – Saguaros sehen.

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in Wirklichkeit waren an großartigen Erfindungen oft viele Menschen beteiligt. Manche Dinge wurden mehrfach erfunden – und je größer eine Population ist, desto mehr passieren solche Erfindungen. Wir stehen, um es anders zu sagen, nicht auf den Schultern von Riesen, sondern an der Spitze einer Pyramide von Pygmäen. Aus einer gut verbundenen Masse kann Klasse werden. Am wichtigsten ist dabei der Austausch zwischen eigentlich nicht miteinander verbundenen Wissensgebieten.

— Das klingt fast so, als ob Sie eine historisch unterfütterte Lobrede auf das Internet oder Google schwingen wollten …

Das Internet hat sicherlich auch seine Schattenseiten, aber es beschleunigt zweifellos den Prozess der kulturellen Evolution. Allerdings muss ich immer noch herausfinden und wählen, wem ich trauen kann. Wenn wir uns die genetischkulturelle Co-Evolution der vergangenen 10.000

„Das Internet hat sicherlich seine Schattenseiten, aber es beschleunigt zweifellos den Prozess der kulturellen Evolution.“ Jahre ansehen, können wir erkennen, dass sich die genetische Auslese beschleunigt hat, weil unsere moderne Kultur ganz neue Arten von Selektionsdruck schafft. Die Zahl der Kaiserschnitte hat dramatisch zugenommen und liegt in vielen Ländern bei 20 Prozent. Das heißt, Ärzte senken den natürlichen Selektionsdruck, der die Schädelgröße eines Babys begrenzt, da es sonst nicht durch den Geburtskanal passt. Wenn ich Neugeborene chirurgisch aus dem Mutterleib hole, entfällt diese Kapazitätsbegrenzung, und Menschen können größere Köpfe und Gehirne entwickeln.

Das ist momentan reine Spekulation, aber Evolution passiert schneller, als wir denken. Die Gene, um Milchzucker verdauen zu können, verbreiten sich erst seit 7.000 Jahren und decken heute bereits ein Drittel der Menschheit ab.

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— Nun experimentieren einige Zeitgenossen bereits mit dem nächsten Schritt der kulturellen Evolution: tragbare und in den Körper integrierte Technologien, die Mensch und Maschine früher oder später miteinander verschmelzen lassen.

Wird uns künstliche Intelligenz schlagen und verdrängen, weil kein Mensch so schnell lernen und Wissen verarbeiten kann wie ein Algorithmus?

Genauso wie unser Körper auf Feuer und Kochen reagiert hat, werden diese Technologien Teil unserer Evolution werden. Etwa indem sich die Entwicklung unseres Gehirns neuen Werkzeugen anpasst, mit deren Hilfe wir besser hören und sehen können. Etwas Ähnliches kann ich mir für Implantate vorstellen, um unseren Wissensspeicher zu erweitern. Streng genommen verwenden wir schon externe Dateien, etwa angelesenes Wissen, wenn wir uns in unterschiedlichen Umgebungen zurechtfinden müssen.

Nur das Dateiformat ist anders.

— Wie wahrscheinlich ist es, dass irgendwann eine neue Lebensform ihren Rubikon überschreitet – also zu neuen Ufern aufbricht, die uns Menschen mit unserer alten biologischen Hardware und der begrenzten Speicherkapazität unserer Software versperrt sind?

Unser Übergang war nur einer von vielen, denn vor uns gab es etwa den Sprung von Einzellern zu Vielzellern. Warum sollte es nicht eine neue Lebensform geben? Wir bewegen uns in Richtung eines neuartigen Superorganismus. Und man sollte dabei nicht vergessen, dass wir nun selber unsere Gene verändern können. Auch die genetische Evolution liegt jetzt zu einem guten Teil in unseren Händen – mit allen möglicherweise verheerenden Folgen.

I N T E RV I E W

DAS GEHEIMNIS SEINES ERFOLGS Weite Reisen, verschlungene Wege: Das aufregende Leben des Evolutionsbiologen Joe Henrich in ein paar Bildern.

Kulturvermittlung.

Tochter Zoey (damals 7) erfährt endlich, wo die gruseligen Kürbisköpfe herkommen, die zu Halloween von vielen Fensterbrettern grinsen.

Siesta. In einem Dorf im Süden Chiles befragte Henrich Angehörige des Mapuche-Volkes, um mehr über ihre Risikobereitschaft als Landwirte zu erfahren. Nach getaner Arbeit gab es Chicha, ein Getränk aus fermentiertem Maissaft. C h o l - C h o l , C h i l e , 1 9 9 9

Va n c o u v e r , 2 0 0 1

Schon zu fünft. Vor drei Jahren nahm Henrich eine Auszeit und reiste mit seiner Familie nach Australien und Neuseeland. Während einer Dünenwanderung entstand dieses Gruppenbild mit Ehefrau Natalie und den Töchtern Zoey und Jessica.

Sohn Joshua zeichnet sich bereits ab. N e u s e e l a n d , 2 0 1 3

Kollege und Kumpel. Mit dem Sinologen Edward Slingerland erforscht er die Evolution von Moralvorstellungen.

Oder sie erkunden die Pazifikküste Kanadas.

Va n c o u v e r I s l a n d , 2 0 1 0

Souvenir. Vom Schreibtisch aus immer im Blickfeld: ein Trinkgefäß, mitgebracht von einer der vielen Reisen zu indigenen Völkern.

B o s t o n , 2 016

Partner. Sieben Jahre nach ihrer Hochzeit haben Natalie und Joe gemeinsam ein Buch über die Kooperationsbereitschaft des Menschen verfasst. T o r o n t o , 2 0 0 0

Fotos: Jared leeds, Privat

Frisch inspiriert. Damals studierte Henrich Ingenieurs­ wissenschaften. Nebenbei besuchte er einen Anthropologiekurs. Der sollte sein Leben verändern. R i c h b o r o , nahe P h i l a d e l p h i a , 1987

Aufmerksamer Gast. Die Menschen im Dorf Teci hat Henrich in den vergangenen 13 Jahren achtmal besucht, um zu beobachten, was die Kinder über Pflanzen, Tiere und das Meer lernen. Zum Gottesdienst trägt man natürlich Tracht. Y a s a w a , F i d s c h i , 2 0 0 9

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VÖLK E R KUN DE

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A S Z E IC H E N zum Aufbruch gibt der

Indonesien Java Mount Bromo

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Himmel selbst: Wenn im Hochsommer der Vollmond im Monat Kasada des hinduistischen Mondkalenders am Firmament steht, dann ist es Zeit für das große Opferfest Yadnya Kasada. Es dauert einen Monat lang und markiert beim Volk der Tengger den Höhepunkt des Jahres.

Die meisten der Menschen in den rund 30 Dörfern der hinduistischen Minderheit im Osten der Insel Java packen dann ihre Opfergaben zusammen – Obst, Gemüse, Vieh oder Geld – und machen sich auf den Weg zum Nabel ihrer Welt: den 2.383 Meter hohen aktiven Vulkan Bromo, benannt nach der Hindu-Gottheit Brahma.

Die Landschaft, die den Berg umgibt, kann einen mit ihrer archaischen Wucht schon Gottglauben und Demut lehren. Im frühen Holozän, vor mehr als 10.000 Jahren, entstand hier durch mehrere heftige Eruptionen aus dem heißen Inneren der Erde eine riesige, etwa 85 Quadratkilometer große Caldera, angefüllt mit Wüstensand.

Im Lauf der Zeit schufen Ausbrüche an deren Rand eine Reihe weiterer Vulkane. Sie bilden heute das Zentrum des Bromo-Tengger-Semeru-­ Nationalparks – unter ihnen auch der höchste Berg der Insel, der 3.676 Meter hohe Semeru.

Mindestens ebenso gravitätisch kommt die Geschichte von den Wurzeln der Tengger daher: Sie gehen zurück auf das Königreich Majapahit, das bis zum frühen 16. Jahrhundert die Gegend beherrschte, bevor es vom Sultan von Demak 1527 vernichtend geschlagen wurde (heute stellen Muslime mit 88 Prozent die klare Bevölkerungsmehrheit in Indonesien). Die hindustisch-buddhistisch geprägten Untertanen von Majapahit flohen in die Berge oder auf die westlich von Java gelegene Insel Bali. So weit die Fakten.

Die märchenhafte Legende dazu geht so: Es war einmal eine Majapahit-Prinzessin namens Roro Anteng, die Joko Seger heiratete, einen Burschen aus der Kaste der Brahmanen. Die beiden Königskinder waren unter den Flüchtlingen, die sich in den Bergen Ost-Javas versteckten. Unter ihrer Führung gedieh das Volk der Tengger – der Begriff setzt sich aus den Schlusssilben der Namen von Königin und König zusammen – prächtig. Allein das Herrscherpaar war unglücklich: Es gelang

ihm nicht, Nachkommen zu zeugen. Da pilgerten die beiden auf den Mount Bromo und b ­ aten Sang Hyang Widhi, den Allmächtigen, um Hilfe. Der güti­ ge Gott hatte ein Einsehen und versprach ­K indersegen, allerdings unter einer Bedingung: Das jüngste Kind müsse ihm geopfert werden, man solle es dann einfach in den Krater werfen.

Das Paar bekam 25 Kinder, und als die Zeit gekommen war, ihr Versprechen einzulösen, versteckten sie ihren Jüngsten, Raden Kusuma, in einer Höhle. Doch da trieb ein plötzliches Feuer Kusuma doch noch in den Krater. Bevor er dort verschwand, richtete er noch eine Botschaft an seine Mitbürger: Sie sollten friedlich sein und ihr Leben Gott widmen. Weiters forderte er sie auf, jedes Jahr einen Teil ihrer Ernte in den Krater des Mount Bromo zu werfen.

Seither feiern die Tengger jedes Jahr Yadnya Kasada, das Opferfest zu Ehren des Berggottes.

Der hypnotische Beat von Java-Trommeln, untermalt von hymnischen Gesängen, weht über die Hochebene – dieser mystische Sound begleitet die tausenden Pilger bei ihrem Weg über das Sandmeer der Caldera. Er kommt aus dem PotenTempel am Fuß des Mount Bromo, der ein wichtiges Zwischenziel auf der Reise zum Kraterrand ist. Dort werden 27 Priester die mitgebrachten

1: DER NABEL DER TENGGER-WELT Langzeit­ belichtung während des Yadnya-Kasada-Fests: Links raucht der Krater des Mount Bromo, rechts erhebt sich das faltige Antlitz des Mount Batok.

2: ALLES GUTE KOMMT VON OBEN Die Nutznießer der Opferbereitschaft warten darauf, was der Himmel schickt. 3: FRUCHTGENUSS Im TenggerDorf Ngadisari bereitet sich ein Mann auf das Fest vor. 4: WÜSTE WANDERUNG Viele der 90.000 Tengger unternehmen jedes Jahr im Hochsommer den Fußmarsch zum Mount Bromo. 5: PROZESSION Traditionelle Trachten und andere festliche Accessoires wie etwa prächtige Sonnenschirme gehören beim Fest des Jahres dazu. 6: CAMP DER BESITZLOSEN Sie zählen nicht zum Volk der Tengger und schlagen schon Tage vor dem Fest ihre Zelte im Krater auf. 7: WASSER, MARSCH! Eine der wichtigsten Aufgaben für Pilger ist es, heiliges Wasser aus der Widodaren-Höhle zu besorgen.

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TERRA MATER BEI SERVUS TV PROGR A MM-HIGHLIGHTS IM JUNI UND JULI 2016

Im Überlebenskampf entwickelt eine Leopardin neue Fähigkeiten: Sie lernt fischen.

Die Leoparden von Savuti Überleben im Okavangodelta in Botswana ▶ Mi, 15. Juni 20.15 Uhr

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Das Okavangodelta in Botswana scheint auf den ersten Blick ein Paradies für Wildtiere zu sein.

Doch eine Leopardin und ihre beiden Jungen führen hier einen erbitterten Kampf ums Überleben.

Löwen und Hyänen machen der Katzenfamilie das Leben schwer, sie konkurrieren um Nahrung, und sind eine tödliche Bedrohung für die Jungen.

Wird die Leopardin es dennoch schaffen, ihren Nachwuchs durchzubringen? Zwei Jahre lang be-

gleitete der Kameramann Brad Bestelink die Leoparden von Savuti. Er beobachtete, wie die Mutter ihre Jungen verteidigt und für sie jagt. Während der Trockenzeit entwickelt sie eine spezielle Überlebensstrategie: Sie lernt, Fische zu fangen. Um hier zu überleben, müssen die Kleinen selbst zu starken Jägern werden. Sprichwörtlich haben Katzen sieben Leben – ob ihnen diese in der Wildnis Botswanas genügen, ist nicht gewiss.

Galapagos ▶ Mi, 22. Juni 20.15 Uhr

Wildes Cornwall – Frühlingserwachen Regisseur und Kameramann Ian McCarthy beobachtet den Wechsel der Jahreszeiten im Süden Englands, damit er zum richtigen Zeitpunkt mit seiner Kamera vor Ort sein kann.

Galapagos Leben im Paradies

Jahrtausende von Menschen unberührt, entwickelte sich auf den Galapagosinseln die weltweit wohl bizarrste Fauna auf kleinstem Raum. Dann kam Charles Darwin, etwas später trafen die ersten Siedler ein, und heute fluten Touristenmassen die Inseln. Wie gelingt es den einzigartigen Tieren, mit dieser Veränderung zu leben?

Berglöwen ▶ Mi, 29. Juni 20.15 Uhr

Fotos: Icon Films/Brad Bestelink, Stuart Armstrong, Anna place 2015, Terra Mater/Light&Shadow, Ian McCarthy

Die Berglöwen der Rocky Mountains Intime Einblicke, neue Erkenntnisse

Die Wildnis der Rocky Mountains ist die Heimat der Berg­ löwen. Diese Katzen gelten als kraftvolle, gefährliche Jäger, doch über ihr Sozialverhalten war bis jetzt nur wenig bekannt.

Mithilfe modernster GPS- und Kamera-Technik ist es Biologen nun erstmals gelungen, konkrete Einblicke in das Leben zweier Pumafamilien zu nehmen.

Wildes Brasilien ▶ Mi, 6. Juli ▶ Mi, 13. Juli ▶ Mi, 20. Juli ▶ Mi, 27. Juli ▶ Mi, 3. August 20.15 Uhr

Wildes Brasilien Karneval des Lebens

Das fünftgrößte Land der Welt präsentiert sich mit einer Vielzahl an spektakulären Landschaften. In fünf Episoden führt diese Serie durch Lebensräume voller Leben und Farbenpracht.

Südamerikas Symboltiere wie Jaguar, Ameisenbär und Fluss­ otter sind hier zu finden, genauso wie eine Vielzahl anderer verblüffender Lebewesen.

Der Frühling ist für viele Tiere eine geschäftige Jahreszeit. Auch für den Wanderfalken gilt es, einen Brutplatz zu finden, eine Familie zu gründen und für das Wohl seiner Nachkommen zu sorgen.

Endlich, nach all der Nässe und rauen Witterung des letzten Winters, klopft der Frühling an die Tore von Cornwall. An den Klippen leuchten die gelben Blüten des Stechginsters und die Schlehdornbüsche erblühen in strahlendem Weiß. Immer noch weht kalter Wind über das Meer und die Küste, aber die Raben und Falken sind mitten im Brutgeschäft. „Bei den Raben sind die Küken kurz vor dem Schlupf, und vor zwei Tagen konnte ich ein Falkenpaar bei der Paarung filmen, sie werden in den nächsten Tagen mit der Eiablage beginnen“, erzählt Ian McCarthy. Das Meer ist noch kalt, nur wenige Fische kommen in die flachen Küstenzonen, aber das ansässige Kegelrobbenmännchen hat bereits seinen Ruhefelsen bezogen und genießt ein Sonnenbad. Demnächst stehen bei den Scilly Isles Unterwasser-Dreharbeiten an: „Auf das Filmen bei den Kegelrobben freue ich mich besonders. Wenn das Meer sich erwärmt, werden auch die Blauhaie und Riesenhaie an die Küste Cornwalls zurückkehren. Die müssen wir dann finden – und filmen.“

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