The Red Bulletin AT 04/23

Page 1

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN ÖSTERREICH, € 3,50 APRIL 2023 JETZT ABONNIEREN getredbulletin.com LUCAS BRAATHEN / CHARLOTTE GAINSBOURG / LINDSEY VONN / CARL COX ENDLICH ICH! So besiegte MountainbikeWeltmeisterin Vali Höll ihre Selbstzweifel

TIME TO CELEBRATE

2023: EIN JAHR VOLLER HIGHLIGHTS

Contributors

CLAUDIA MEITERT

Collagen und konzeptionelle Illustrationen gehören zu ihren Lieblingsaufgaben: Nicht nur stur am Bild entlang werkeln, sondern es künstlerisch erweitern, lautet ihr Motto. Die Vintage-Liebhaberin arbeitet für eine Vielzahl internationaler Kunden aus Werbung, Wirtschaft und Verlagswesen. Für The Red Bulletin gestaltet sie die Kolumne „Zahlen, bitte“. Schauen, bitte! Auf Seite 12.

ZURÜCK ZU MIR

WERNER JESSNER

Der Journalist und Autor schreibt seit der ersten Ausgabe für The Red Bulletin. Über Menschen. Autos. Motorräder. Sport. Wissenschaft. Musik. Und Bücher. Im April erscheint ein weiteres von ihm selbst: „Being Marc Márquez“ (PANTAURO) über den achtfachen Motorradweltmeister. Für uns hat er in dieser Ausgabe Vali Höll (Seite 34) und Kalle Rovanperä porträtiert – Seite 42.

Die Downhill-Weltmeisterin Vali Höll, 21, aus Saalbach ist eine Pionierin, die in ihrem Sport Berge und Grenzen verschoben hat. Eine, die gelernt hat, wie man gewinnt – aber dabei verlernte, wie man sich richtig freut. Bis ihr eine Freundin in einem abendlichen Gespräch die Augen öffnete. Und Vali – und das ist ihr größter Sieg – zu sich selbst zurückfand. Unsere Cover-Story, ab Seite 34. Der Revoluzzer. Der Denker. Der Tabubrecher. Ski-Star Lucas Braathen, 22, spricht ab Seite 58 über seine brasilianisch-norwegischen Wurzeln –und darüber, wie sie seinen Horizont erweiterten. Seine großen Inspirationsquellen? Basketball-Ikone Dennis Rodman und Apple-Gründer Steve Jobs.

Braathens ehemalige Berufskollegin Lindsey Vonn, 38, wiederum erzählt von ihrer abwechslungsreichen Karriere, die der abschüssigen folgte – und von Lucy, ihrer ewigen Begleiterin (ein King Charles Spaniel): Seite 18.

MICHAEL PHILIPP BADER

Der Fotograf pendelt zwischen Hamburg und München – und liebt sportliche Inszenierungen. Beim Shooting mit Vali Höll in Innsbruck legte er Wert auf einen sehr schlichten, sehr reduzierten Rahmen, Valis Persönlichkeit sollte im Vordergrund stehen: „Sie war absolut entspannt und erfrischend natürlich“, sagt Bader. Und liefert den Beweis ab Seite 34.

Ab Seite 42 driften wir mit Kalle Rovanperä, mit seinen 22 Jahren jüngster Rallye-Weltmeister, durch die finnischen Wälder und versuchen, etwas von seiner Coolness mitzunehmen. Ein Finish auf Finnisch.

Bis hierher war Alltag – ab hier ist Abenteuer! Die Redaktion

EDITORIAL
THE RED BULLETIN 3
MICHAEL PHILIPP BADER (COVER), FLORIAN HAMMERICH, PHILIP PLATZER

12 FUNDSTÜCK 14

HEROES

CHARLOTTE GAINSBOURG 16

Die französische Schauspielerin und Sängerin ist schüchtern –weiß aber, wie sie das stark macht.

LINDSEY VONN 18

Von der Renn-Euphorie in ein Leben danach: wie sich der SkiSuperstar neu erfand

VERENA MAY 20

Eine Molekularmedizinerin und ihr großes Ziel: Querschnittslähmung heilbar machen

PORTFOLIO

BREAK AND KLICK 22

Frankie Perez schaffte den Sprung vom B-Boy zum Fotokünstler –und zeigt uns seine besten Shots.

Wie die 21-jährige MountainbikeWeltmeisterin Selbstzweifel besiegte und ihr Mindset veränderte.

34

Der norwegische Skirennläufer bricht die Regeln, ohne dabei einzufädeln – und kreiert furchtlos seine eigene bunte Welt.

RALLYE KALLE ROVANPERÄ 42

Wir driften mit dem jüngsten Rallye-Weltmeister (der schon mit sechs am Steuer saß) durch die fnnischen Wälder.

AMERICA’S CUP DAS POKAL-WUNDER 52

Hinter dem America’s Cup, der Trophäe der gleichnamigen Regatta, verbirgt sich eine Geschichte um Mut, Macht und Millionen.

April
INHALT
2023 GALLERY 6 ZAHLEN, BITTE!
HÖLL
MOUNTAINBIKEN VALI
58 SKIFAHREN LUCAS BRAATHEN 58
UND JETZT DU! REISEN 75 DENKEN 78 BIOHACKING 80 HÖREN 84 ERLEBEN 86 FAHREN 88 MICHAEL KÖHLMEIERS BOULEVARD DER HELDEN 94 IMPRESSUM 96 CARTOON 98 16 4 THE RED BULLETIN NATHANIEL GOLDBERG/TRUNKARCHIV, CHRISTIAN HAUKELI

Horizont erweitert –um bis zu 600 km.

Die neuen, rein elektrischen Audi Q8 e-tron Modelle.

Future is an attitude

Mehr erfahren auf audi.at

Stromverbrauch (kombiniert) in kWh/100 km: 19,7 – 25,6 (WLTP); CO₂-Emissionen (kombiniert) in g/km: 0. Angaben zu den Stromverbräuchen und CO₂-Emissionen bei Spannbreiten in Abhängigkeit von der gewählten Ausstattung des Fahrzeugs. Symbolfoto. Stand 02/2023.
GALLERY

Oberstdorf, Deutschland WELLE

ÜBER DEN WELTEN

Unten die verschneiten Zacken und Gipfel der bayerischen Bergwelt, ganz unten die Nebel der Täler – und oben, am nächtlichen Himmel: eine Welle in hellem Blau und sanftem Violett. Und Paragleiter Michael Lacher, dessen Schirm sie zieht. Fotograf Adi Geisegger hatte zuvor 320 LED-Lichter am Drachen montiert. Ein Geistesblitz, der Adi einen Semifinalplatz bei Red Bull Illume, dem weltweit größten Bewerb für Actionfotografie, bescherte. geisegger.com; redbullillume.com

THE RED BULLETIN 7 ADI GEISEGGER/RED BULL ILLUME DAVYDD CHONG

Mentawai-Inseln, Indonesien

ER FÄHRT IN DEN URLAUB

Hollow Tree, Greenbush, The Hole: Wer dabei an Rockbands aus den 90er-Jahren denkt, ist womöglich kein Surfprofi. Denn hier auf den MentawaiInseln – einer Inselkette 150 Kilometer vor der Küste Sumatras – bekommen die legendärsten Wellen legere Namen. Im vergangenen Mai lud Red Bull neun Top-Boarder, darunter den Kalifornier Dimitri Poulos (Bild), zum Get-together. Erst wurde gefilmt – dann ein paar Tage blaugemacht. Mehr dazu: Staffel zwei, Episode eins von „People Watching“ auf Red Bull TV

GALLERY
MARCELO MARAGNI/RED BULL CONTENT POOL, BRIAN CHING SEE WING/RED BULL CONTENT POOL DAVYDD CHONG

Hongkong

UND ER BRENNT F Ü R SEINEN JOB

Fast könnte man meinen, dass die Karriere des Timothy Ho Chu-Ting aus Hongkong am seidenen Faden hängt. Fast, denn Timothy ist Seilspringer und hält einen Weltrekord: In nur drei Minuten schaffte er nicht weniger als 500 Jumps. Und da einem bei so einem Auf-und-ab-Stakkato ohnedies heiß wird, begann er, beim Springen auch noch mit dem Feuer zu spielen. Heißer Tipp: Das Video zu seinem sogenannten „Fire Dragon“-Trick ist ab sofort auf dem YouTube-Kanal Glxbal Labz verfügbar.

THE RED BULLETIN 9

Jokkmokk, Schweden

COOLER WIRD’S NICHT

Eigentlich ist der deutsche Wakeboarder Dominik Gührs warme Badetemperaturen und kurze Boardshorts gewohnt. Aber da cool ja doch von Kälte kommt, performt er diesmal nördlich des Polarkreises. Wir sehen ihn auf einem Parcours, der eigens aus dem Eis eines Sees gefräst wurde. Er überwindet mit Highspeed (Trick: Frontside Boardslide) eine gefrorene Mauer. Und die Kälte. Alle Infos und Videos auf: redbull.com

GALLERY 10 THE RED BULLETIN
LORENZ HOLDER DAVID MAYER

Der Frühling erwacht, die Gefühle blühen auf, und Tinder rotiert – hier die heißesten Daten hinter der Datingplattform.

14.600

Matches in nur zwei Jahren brachten dem Engländer Stefan-Pierre Tomlin neben zahlreichen Dates auch den Spitznamen „Mr. Tinder“ ein.

75

Milliarden Mal erschien bereits auf den Bildschirmen der User: „It’s a match!“ Die erste Milliarde erreichte die App bereits 2014.

0

Matches – das ist die ernüchternde Tinder-Ausbeute von Hollywood-Schönling Zac Efron. Sein Problem: Man hielt seinen Account für einen Fake.

190

Länder gehören derzeit zu den „United Nations of Tinder“: In diesen Staaten ist die Plattform verfügbar.

MAKE A WISCH 2012

gründeten Jonathan Badeen, Sean Rad und Justin Mateen Tinder – und erleichterten das Leben von Millionen Singles.

30

Prozent der Tinder-User sind in Wahrheit verheiratet – sagt jedenfalls eine Studie von Global Web Index. Dazu kommen noch mal zwölf Prozent, die in einer Beziehung sind.

20

Uhr am Montagabend ist die beste Zeit, um nach dem Traumpartner oder der Traumfrau zu wischen. Da sind die meisten Menschen auf Tinder aktiv.

1,5

Millionen Tinder-Dates finden jede Woche statt.

10.000.000

Dollar soll der Hochstapler Simon Leviev zwischen 2017 und 2019 von seinen Tinder-Dates ergaunert haben. Netflix widmete ihm dafür sogar eine eigene Doku: „Der Tinder-Schwindler“.

Background-Checks können Tinder-Userinnen und -User in den USA kostenlos durchführen lassen: Dabei wird überprüft, ob ein Match vorbestraft oder verurteilt ist.

war die Partnersuche per Daumenwischer bereits so verbreitet, dass es das Wörtchen „tindern“ in den Duden schaffte.

ZAHLEN, BITTE!
2
2017
12 THE RED BULLETIN GETTY IMAGES, GETTY IMAGES PREMIUM HANNES KROPIK CLAUDIA MEITERT

DIE EVOLUTION DES BEASTS

Das BEAST entwickelt sich ständig weiter, um an der Spitze zu bleiben. Die neue KTM 1290 SUPER DUKE R EVO verfügt über ein semiaktives Fahrwerk vom Typ WP APEX, mit dem du die Power des leistungsstarken V-Twins voll ausschöpfen kannst und der Konkurrenz immer einen Schritt voraus bist.

ERFAHRE MEHR AUF KTM.COM

Gezeigte Fahrszenen bitte nicht nachahmen, Schutzkleidung tragen und die anwendbaren Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung beachten! Die abgebildeten Fahrzeuge können in einzelnen Details vom Serienmodell abweichen und zeigen teilweise Sonderausstattung gegen Mehrpreis. Foto: P.Platzer KISKA.COM

George Lucas’ „Star Wars“-Universum dehnt sich weiter aus. Kürzlich ist die dritte Staffel von „The Mandalorian“ auf Disney+ angelaufen, im Sommer soll „Ahsoka“, ein Serien-Ableger mit Rosario Dawson in der Titelrolle, erscheinen. Und von 7. bis 10. April werden 30.000 Fans bei der

„Star Wars Celebration“-Convention in London erwartet. Womöglich auch jener unbekannte Käufer, der im Sommer 2022 in Kalifornien das 56 Zentimeter lange Lichtschwert des Jedi-Meisters Obi-Wan Kenobi aus „Episode 1 – Die dunkle Bedrohung“ um 37.500 Dollar ersteigerte.

Ewan McGregor, 51, kämpfte 1999 erstmals als ObiWan Kenobi mit dem Lichtschwert.

14 THE RED BULLETIN GETTY IMAGES, PICTUREDESK.COM HANNES KROPIK

DEIN LAUF DEINE ZEIT

-15 %

WO DEIN SPORT DIE NR. 1 IST

AUF DAS GESAMTE LAUF- & FITNESSSORTIMENT * © Asics
GIGASPORT | 16 MAL IN ÖSTERREICH UND AUF WWW.GIGASPORT.AT
*Gültig von 13. bis 26.03.2023, auch auf bereits reduzierte Artikel. Ausgenommen Fitness-Großgeräte und Serviceleistungen. Nicht kombinierbar mit anderen Aktionen.

CHARLOTTE GAINSBOURG

ist eine Schauspielerin, deren Leben nicht immer ganz einfach verlief.

Bis sie lernte: Es befreit, wenn man schreit! Und macht sogar glücklich.

mich“, gibt sie zu. „Ich habe den Trauerprozess unterdrückt, indem ich nichts in seinem Haus veränderte – nicht mal den Inhalt seines Kühlschranks.“

Das Leben der Charlotte Gainsbourg: Selbstzweifel, Traumata, Trauer, schwärzer als jeder Film noir, möchte man meinen – au contraire! Denn ihr gelang es, ausgerechnet aus ihren vermeintlichen Schwächen und Krisen Vitalität und Kraft zu schöpfen. „Da ich weiß, dass ich sehr schüchtern bin, pushe ich mich genau deswegen vorwärts. Ich darf es mir nicht erlauben, mich gehen zu lassen. Aus diesem Grund gehe ich ständig an meine Grenzen – und je extremer die Grenze, desto besser.“

Ein Crash, eine OP, ein Happy End Schnitt, Rückblende ins Jahr 2007. Ein Unfall beim Wasserskifahren. Diagnose: Gehirnblutung. Eine komplizierte OP rettete Gainsbourgs Leben, doch psychisch sei sie, wieder einmal, „absolut am Ende“ gewesen. Doch dann waren es ausgerechnet die aufreibenden Dreharbeiten zum skandalträchtigen „Antichrist“ ein Jahr danach, bei denen sie wieder ihre innere Balance fand: „All das Leiden und Schreien in den Szenen war enorm befreiend. Es war das Beste, was mir passieren konnte.“

Nur wenige Schauspielerinnen beweisen so viel darstellerischen Mut wie Charlotte Gainsbourg. Mit Regie-Enfant-terrible Lars von Trier brachte sie in Filmen wie „Antichrist“ oder „Nymphomaniac“ extreme Sex- und Gewaltvisionen auf die Leinwand. Und auch sonst wagt sich die 51-jährige Französin oft in düstere Welten –zuletzt in dem Thriller „Der denkwürdige Fall des Mister Poe“, der derzeit auf Netfix läuft. Doch wer ihr ganz real begegnet, staunt zunächst: Denn diese Madame Gainsbourg wirkt ziemlich schüchtern – scheuer Blick, fragile Erscheinung, auch die Stimme brüchig.

Sie verleugnet ihre Unsicherheit auch gar nicht groß. „Ich habe mich in meiner Haut nie wohlgefühlt, mochte meinen Körper nicht“, sagt sie. Ihre Bühnenauftritte als Sängerin „fühlen sich nicht natürlich an“. Wenn sie ihre Musik – meist persönlich gehaltene und dennoch charttaugliche Pop-Nummern – produziert, sei das „eine Herausforderung“, weil sie „keine hohe Meinung“ von ihrem Talent habe.

Im Jahr 2020 beschloss sie außerdem, sich den „Geistern der Vergangenheit“ zu stellen. Sie verließ mit ihrer Familie New York – obwohl sie sich dort wohlfühlte – und kehrte nach Paris zurück, um ihre Familiengeschichte aufzuarbeiten: Sie drehte eine Dokumentation über ihre Mutter Jane Birkin. Gleichzeitig setzte sie sich mit dem Vermächtnis ihres Vaters Serge auseinander, indem sie dessen Haus, das sie bislang verschlossen dahindösen ließ, als Museum „Maison Gainsbourg“ der Öffentlichkeit zugänglich machte.

Instagram:

@charlottegainsbourg

Sie spricht auch ganz offen über ihre Verletzlichkeit: Als ihre Halbschwester Kate Barry im Jahr 2013 in Paris unter nicht restlos geklärten Umständen starb, war das für sie so traumatisch, dass sie mit ihrer Familie fast fuchtartig nach New York zog: „Nur so konnte ich überleben.“ Ein Schock, mit dem sie jahrzehntelang fertig zu werden versuchte, war der Tod ihres Vaters, des legendären französischen Singer-Songwriters Serge Gainsbourg, im Jahr 1991. „Es ist immer noch schwer für

Gainsbourg geht mit ihren eigenen Schwächen auch deswegen so offen um, weil sie in ihrer Kindheit enorm viel Freiheit erfahren hat. Speziell durch ihre Eltern, die auch dank Chansons wie „Je t’aime … moi non plus“ das aufsehenerregendste Paar der französischen Showbranche waren. Aus heutiger Sicht fndet Charlotte Gainsbourg manches aus der damaligen Zeit zumindest hinterfragenswert, aber sie betont: „Ich liebe die Freiheit, zu der ich erzogen wurde. Je mehr Beschränkungen wir bekommen, desto furchteinfößender ist das.“

Deshalb stellt sie sich weiter allen Erfahrungen des Lebens, so schwierig sie auch sein mögen. Dazu gehört es, Sprachnachrichten geliebter Menschen, etwa ihres Vaters, zu archivieren. „Einerseits ist es grausam, wenn du seine Stimme hörst, als wäre er noch am Leben, aber gleichzeitig ist es ein großer Schatz.“

Eine Stimme der Kraft für eine Frau, die ihre Stärke aus den eigenen Schwächen schöpft.

HEROES
16 THE RED BULLETIN NATHANIEL GOLDBERG/TRUNKARCHIV
„ Da ich sehr schüchtern bin, pushe ich mich einfach vorwärts.“
THE RED BULLETIN 17
Charlotte Gainsbourg, 51, über die Radikalkur gegen ihre Schwächen

LINDSEY VONN

hat ihr Leben komplett auf den Kopf

gestellt: Als Ski-Superstar raste sie mit 130 km/h hinunter ins Tal. Nun lernt sie den langsamen Aufstieg.

Wie sieht ein typischer Lindsey-Tag aus?

Ich starte sehr früh mit einem Workout, darauf folgen Telefonate, E­Mails und ZoomMeetings. Wenn ich Glück habe, kommt danach noch ein zweites Workout. Und dann die Erholung: Ich gehe auch gerne eine Runde mit meinen Hunden und schaue fern, während das Feuer im Kamin knistert.

Stellst du uns deinen Zoo kurz vor?

Ich bin eine crazy dog lady. Ich habe drei: Leo ist elf, ein Boxer mit 43 Kilo, Jade ist eine Malinois­Hündin, die smarter ist als ich, und dann gibt es da noch Lucy, meine King­Charles­Spaniel­Dame, die mit mir auch auf Reisen geht. Sie ist mein einziger Boss.

Was ist die schönste Seite am „Ruhestand“? Mit welchen Dingen beschäftigst du dich?

Ich habe fast jede Sportart ausprobiert: Wakesurfen, Windsurfen, Polo, Mountainbiken, ich war in Italien Rennrad fahren, habe viel Tennis gespielt, und ich gehe gerne Berge runter. Raufzugehen ist immer noch nicht ganz mein Ding! (Lacht.) Aber meine Hunde lieben es, und ich lerne das jetzt auch.

Instagram:

@lindseyvonn

Lindseys StreifAbenteuer kannst du hier anschauen:

redbull.com/

LVStreif

Viermal gewann die Alpin­Allrounderin mit Schwerpunkt Abfahrt den Gesamtweltcup. Dazu kommen – um nur die Höhepunkte zu nennen – Olympia­Gold in der Abfahrt und zwei Weltmeisterschafts­Goldmedaillen. Erst im Jänner erfüllte sich Lindsey Vonn, 38, noch einen Wunsch und bezwang als erste Athletin bei Nacht und mit Tempo 130 die Kitzbüheler Streif. Aber – was folgt auf so eine AthletinnenVita, was vermag den dritten Durchgang des Lebens beglückend zu füllen? Lindsey will weiterhin ihre Grenzen verschieben, sich physisch verausgaben, muss berufliche und private Verluste verarbeiten – und Neues probieren.

the red bulletin: Spürst du nach deiner Traumkarriere eine Art Pensionsschock?

lindsey vonn: Auch wenn ich nicht mehr in Wettbewerben stehe, bleibe ich im Herzen eine Athletin. Trotzdem war der Rückzug aus dem Profsport schwierig. Du hast das Adrenalin und den Wettkampf nicht mehr. Ich habe mental damit gekämpft und eineinhalb Jahre gebraucht, um damit klarzukommen. Ohne Skifahren zu leben war eine Herausforderung.

Wie hast du dein Leben neu gestaltet? Die Arbeit an meiner Sonnenbrillenkollektion und Modelinie hat geholfen. Ich riskiere jetzt nicht mehr mein Leben, wenn ich Skikleidung designe, aber mir gefällt’s auch mit weniger Nervenkitzel. Ich sehe jetzt einen Sinn in diesem neuen Kapitel.

Wie schwierig ist es, im Alltag mit der Erwar tungshaltung der anderen umzugehen und mit sich selbst zufrieden zu sein, wenn man bisher den Job „Siegen“ hatte?

Ich setze mir höhere Ziele, als andere von mir erwarten würden, und ich bleibe mir und meinen Zielen immer treu. Als ich Rennen gefahren bin, hat es immer viele Erwartungen gegeben: was ich können oder machen sollte, was andere von mir wollten. Das kann einen verwirren und ablenken. Ich habe mir ein dickes Fell zugelegt – gegenüber den Medien und gegenüber irgendwelchen Trollen im Internet.

Vor vier Jahren hast du gesagt, dein Körper habe dich angebrüllt, mit dem aktiven Skisport aufzuhören. Wie geht es dir aktuell?

Leider bin ich körperlich immer noch angeschlagen. Da braucht es wohl mal ein neues Knie. Mental fühle ich mich aber nach der Therapie, die ich gemacht habe, wirklich so stark wie noch nie. Und das, obwohl ich nach meiner Großmutter und meinem Hund Bear im August vergangenen Jahres noch meine Mutter verloren habe – das ist immer noch sehr hart. Aber ich habe Bewältigungsstrategien, und meine Familie ist auch als Unterstützung da.

Was ist dein Rat an die Generation Z?

Immer an sich zu glauben. Wenn du es nicht tust, wer dann? Und wenn es dich wirklich mal aufstellt, sammle deine Einzelteile wieder zusammen und mach weiter! (Lacht.)

HEROES
18 THE RED BULLETIN RED BULL CONTENT POOL
„ Boss habe ich keinen – bis auf einen: Lucy, meine King - CharlesSpaniel - Dame.“
THE RED BULLETIN 19
Lindsey Vonn, 38, über ihre fixe Weg- und Reisebegleiterin

VERENA MAY

ist wissenschaftliche Koordinatorin bei Wings for Life. Ihr großes Ziel: Querschnittslähmung muss heilbar werden.

Und May ist zielstrebig …

Welche Entwicklungen geben am meisten Hoffnung, Querschnittslähmung zu heilen? Wir haben aktuell 74 parallel laufende Projekte – so viele hatten wir seit der Gründung der Forschungsstiftung 2004 noch nie. Und jedes davon ist sehr wertvoll. Momentan gibt es zum Beispiel eine klinische Studie der Yale University zur sogenannten Nogo-Falle. Dabei geht es um eine Substanz, die ins Nervenwasser gespritzt wird und die dabei hilft, dass Nervenfasern wieder auswachsen. Das würde in weiterer Folge dazu führen, dass neue Nervenverbindungen geschaffen werden und sich dadurch wieder mehr Bewegungsfunktionen einstellen.

Wings for Life unterstützt Projekte, die bereits erste Erfolge erzielen. Welche?

Elektrostimulation des Rückenmarks plus Rehabilitationstraining über mehrere Monate zeigten, dass einzelne Patientinnen und Patienten wieder erste Schritte gehen konnten. Das ist ein bemerkenswertes Ergebnis. Jede Verletzung ist natürlich anders. Wenn Menschen zum Beispiel eine inkomplette Lähmung haben, also nicht alle Nervenfasern durchtrennt sind, wirkt es wahrscheinlich besser.

Was läuft?

Der Wings for Life World Run findet

am 7. Mai 2023 statt.

Mehr Infos: wingsforlifeworldrun.com

Privat bereist die aus Deutschland stammende Wahl-Salzburgerin am liebsten die weite Welt. Beruflich gräbt sie so tief wie möglich – nach neuen Erkenntnissen. „Mich treibt die Neugier an, zu wissen, wie etwas ganz genau funktioniert“, sagt Dr. Verena May, die Humanbiologie studiert und in Molekularer Medizin promoviert hat. Darauf forschte sie in der Immunologie und in den Neurowissenschaften zu Schlaganfall und Parkinson. Ihre Kolleginnen und Kollegen bezeichnen die 39-Jährige liebevoll als Nerd und wandelndes Lexikon. Verena May arbeitet seit zehn Jahren bei Wings for Life, einer gemeinnützigen Stiftung für Rückenmarksforschung. Ihr großes Ziel: Heilung für Querschnittslähmung.

the red bulletin: Wings for Life fördert Forschungsprojekte und klinische Studien rund um den Globus – was ist dein Job? dr. verena may: Ich arbeite als wissenschaftliche Koordinatorin. Ich helfe gemeinsam mit unserem wissenschaftlichen Team dabei, die vielversprechendsten Projekte auszusuchen, die dann mit den Spendengeldern gefördert werden. Bei mir laufen alle Informationen von den Forschern, aber auch von unserem internen Gremium zusammen. Von Salzburg aus bin ich mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt verbunden, darunter auch renommierte Institute wie die Charité Berlin, die Harvard Medical School oder die Yale University. Wir verwenden die Spendengelder behutsam und effektiv.

Was fast alle Patienten betrifft: Es ist meist ein einziger Augenblick, der alles verändert. Gibt es denn Gesellschaftsgruppen, die besonders gefährdet sind?

Ja, da gibt es auch tatsächlich Studien dazu. Es ist weder der Sportler noch der Extremsportler, sondern der Teilnehmer am Straßenverkehr besonders gefährdet – also wir alle! 50 Prozent aller Querschnittslähmungen sind auf Verkehrsunfälle zurückzuführen, egal ob aktiver Verkehrsteilnehmer oder Fußgänger. Jeder von uns bewegt sich also tagtäglich in der Hauptrisikogruppe.

Wie sehr berührt dich der Kampf der Betroffenen um ihren Bewegungsspielraum? Sehr, denn es gibt leider derzeit noch keine Heilung. Mich berühren die oft unverschuldeten Situationen und ihre Folgen. Aber es geht schrittweise vorwärts. Und das im wahrsten Sinne des Wortes – und das macht Hoffnung.

Welche Erkenntnisse hast du durch diese Arbeit für dein Privatleben mitgenommen? Es ist wirklich schön, einer sinnstiftenden Arbeit nachzugehen. Und es ist inspirierend, unter den besten Voraussetzungen mit international anerkannten Beratern in der Forschung zu arbeiten. Es motiviert mich auch, zu sehen, wie die Kollegenschaft hinter der Sache steht und Läuferinnen und Läufer beim Wings for Life World Run jedes Jahr alles geben. So können wir in der Forschung wirklich etwas bewegen.

H EROES
20 THE RED BULLETIN
INTERVIEW NINA KALTENBÖCK FOTO PHILIPP HORAK
„ Manche Patienten machen wieder erste Schritte –das gibt Hoffnung.“
THE RED BULLETIN 21
Dr. Verena May über den Stand der Rückenmarksforschung

BREAK AND KLICK

Am Anfang war die Bewegung. Und aus ihr entstand ein Gefühl für bewegende Bilder: Frankie Perez, 33, schaffte den Sprung vom legendären B-Boy zum Fotokünstler. Hier seine besten Fotos.

TEXT NORA O’DONNELL 22 THE RED BULLETIN

BIEGSAMER TITAN

New York, 2021

Dieses Foto schoss Perez am Tag nach seinem Sieg beim Freestyle-Contest Red Bull BC One Cypher. Es zeigt die B-Boys Mike the Titan (links) und Nebz bei einer Aufwärmübung. „Ich hielt mich mit Anweisungen ganz bewusst zurück und ließ die beiden einfach machen, was ihnen gerade einfiel“, erinnert sich Perez.

DER FOTOGRAF

FRANKIE PEREZ

Frankie Perez, 33, erinnert sich lebhaft an den Tag, als er – damals ein 13-jähriges Kid aus Queens, New York – zum ersten Mal jemanden breaken sah. „Ich war hin und weg. Das war wie eine neue Welt für mich“, sagt er. Der Rest ist, wie man so sagt, Geschichte. Bewegte Geschichte: Perez arbeitete an seinen eigenen B-Boy-Skills und gewann Battles auf der ganzen Welt, darunter das Red Bull BC One Cypher 2021 in New York. Neuerdings steht er lieber hinter der Kamera als davor und kombiniert dafür die eigene Erfahrung als Tänzer mit seinem scharfen Blick für fotogene Bewegungsabläufe.

Im vergangenen Jahr veröffentlichte Perez sein erstes Buch. „See Me Up? It’s ’Cause I’ve Been Down“ ist eine Fotosammlung, die die Welt des Street Dance direkt und ungefltert zeigt. „Mit meiner Kunst will ich Breakdance an einen prominenteren Platz in der Popkultur rücken“, sagt er. „Ich möchte etwas schaffen, auf das die Leute aus meiner Szene stolz sein können.“

Frankie Perez auf Instagram: @pluralist_

FANKIE SAGT’S

DURCH DIE BLUME

Montreal, Kanada, 2021

„Diese Blumen sind mir als Requisiten übrig geblieben, ich habe einfach damit herumgeblödelt“, sagt Perez über sein Selbstporträt. Sein Gesicht zeigt der Künstler grundsätzlich nicht auf seinen Bildern.

24 THE RED BULLETIN

AM SCHWERTPUNKT

Orlando, Florida, 2022

„Manchmal ploppen die Ideen für Bilder einfach so in meinem Kopf auf“, sagt Perez. Warum zum Beispiel nicht mal einem B-Boy ein Schwert in die Hand drücken? Und schon stand B-Boy Omen für Kollegen Perez kopf. Und zwar bewaffnet.

PAUSENCLOWN

Austin, Texas, 2019

Bei der Motivsuche für sein Buch stieß Perez auf eine Gruppe rastender, snackender Skater. Dabei entstand dieses Foto mit Jay, einem Mitglied seiner Supreme Beingz Crew. „Eine echte Spontanaktion“, sagt Perez. Ein Tanz­Clown, extra für die Mittagspause.

„Ich wollte was schaffen, das die Leute aus meiner Szene stolz macht.“
THE RED BULLETIN 27
Frankie Perez über seine Bilder

FELDSTUDIEN

Montreal, Kanada, 2022

Weil Perez’ Familie ursprünglich aus der Dominikanischen Republik stammt, ziehen sich Anspielungen darauf durch seine Arbeiten. Zu diesem Foto inspirierte ihn das Bild eines dominikanischen Bauern am Feld. Es stammt aus derselben Serie wie das Bild rechts.

BRÜCKE RÜCKWÄRTS

Montreal, Kanada, 2022

Dieses Bild ist ein Brückenschlag – denn das Fotomodell kommt eigentlich vom zeitgenössischen Tanz.

„Ich wollte meine BreakingPerspektive auf jemanden projizieren, der gar kein Breaker ist“, erklärt Perez.

„Die ausufernde Bewegung gab mir die Möglichkeit, meine eigene Perspektive in das Foto einfließen zu lassen.“ Was für ein starker Einfluss!

28 THE RED BULLETIN

SCHUH - SHOOT

Montreal, Kanada, 2020

Auch bei jedem Shooting für eine große Kampagne versucht Perez, Breaker unterzubringen. Hier posiert B-Boy Fate von der Ground Illusionz Crew für Converse’ Herbstkollektion 2020.

ZWISCHENZEITEN

New York, 2022

„Ich möchte auch die Augenblicke zwischen den Posen einfangen“, sagt Perez über seine Bilderserie mit dem New Yorker B-Boy Nebz. Sie entstand im Astoria Park in Queens, einige der Szenen sind Screenshots aus einem Video vom selben Tag. Perez: „Mir ist wichtig, Breakdance aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu zeigen.“

THE RED BULLETIN 31

SPIN CITY

New York, 2019

Manhattan, nicht weit vom Astor Place: Hier fotografierte Perez seinen Kindheitsfreund B-Boy Spinnerak, mit dem er in New York aufgewachsen ist. Das Foto ist auch auf dem Cover seines Buches zu sehen und „eines meiner liebsten Fotos überhaupt“.

KÜHLER DREIER

Seattle, Washington, 2022

Das Triptychon zeigt Anna Banana Freeze von den Massive Monkees, einer legendären Crew aus Seattle. Sie trat 2001 bei Lords of the Floor an, dem ersten von Red Bull gesponserten BreakdanceWettbewerb.

32 THE RED BULLETIN

BETTER STARTS NOW

Constructed for champions.

Echte Leidenschaft und starke Performance tre en auf sportliches Design. Der neue Racer Chronograph – angetrieben von Licht.

citizenwatch.eu
HÄNDLER FINDEN

VALI FIEL EIN BERG

VOM HERZEN

Vali Höll ist mit ihren 21 Jahren Mountainbike-Weltmeisterin und einer der Superstars einer boomenden Branche. Sie hatte gelernt zu siegen – aber verlernt, sich zu freuen. Bis ein einziger Abend, ein einziges Gespräch alles veränderte … TEXT

WERNER JESSNER FOTOS
Speed Queen Vali Höll, Weltmeisterin im DownhillMountainbiking, beim Fotoshooting in Lans bei Innsbruck.
THE RED BULLETIN 35 MAKE-UP: LUNA ELISA FEDEROWICZ

ie war die erste Junioren-Weltmeisterin aus Österreich. Sie holte vier Siege im UCI Mountainbike World Cup, der traditionell von Französinnen, Amerikanerinnen und Engländerinnen dominiert wird. Und dann den ersten Gesamtsieg im World Cup für ein Land, dessen bester Platz im Radsport ein zweiter Gesamtrang von Rennfahrer Gerhard Zadrobilek im Jahr 1991 war. Was Valentina „Vali“ Höll im Mountainbike Downhill geleistet hat, ist höchstens vergleichbar mit Jochen Rindt im Motor- oder Annemarie Moser-Pröll im Skisport. Eine Pionierin, die Berge verschoben und Grenzen beseitigt hat, was man in Ländern mit mehr RadsportBegeisterung deutlicher wahrnimmt als in Österreich. Wenn Vali in Frankreich oder Italien startet, brüllen 50.000 Zuschauer an der Strecke. Das sind mehr als sich im gesamten Monat Februar zu alpinen SkiRennen versammeln.

Doch was macht ein Shooting-Star wie Vali Höll, wenn sie nicht gerade auf der Strecke ist? „Bislang habe ich mich immer

Sim Hotelzimmer verkrochen. Ich wollte niemanden sehen, weil ich mich in meiner Haut unwohl gefühlt habe“, sagt sie. Sie war zwar gut, oft die Beste, doch sie übersetzte das für sich so: „Ich war die Beste, aber …“ Gegnerinnen hätten Pech gehabt, sie Glück. Die Fahrt sei nicht perfekt gewesen. Wer weiß, wie das nächste Rennen ausgehen würde. Vali Höll ist ein introvertierter Mensch, schüchtern beinahe, was man ihr nie und nimmer anmerkt in ihren Insta-Clips oder Interviews in perfektem Englisch. „Mir war immer wichtig, was andere von mir gedacht haben. Und vor allem Ergebnisse: Wie kann man mit einem zweiten, dritten Platz happy sein? Das ist doch eine Katastrophe! Ich bin sehr ehrgeizig.“

Die programmierte Siegerin Vali Hölls Karriere startete früh. Ihren ersten Vertrag mit einem Bike-Hersteller unterschrieb sie mit dreizehn. Seither war der Karrierepfad der gebürtigen Saalbacherin dank perfekter Trails vor der Haustür klar: Mountainbike-Prof, nebenbei die Matura. Eins nach dem anderen hakte sie ab, Sieg für Sieg, Prüfung für Prüfung. Doch innerlich war sie eine Getriebene, sich selbst nicht gut genug, und zwischen all den Trophäen zu Hause war stets Raum für Selbstzweifel: Stürze ausgerechnet bei den Heimrennen in Leogang? Ein Grund mehr, sich im Zimmer einzusperren. Den Gesamtweltcup gewonnen? Doch nur weil ihre größte Rivalin auf der Nase gelandet war!

Dass es in ihrem Sport normal ist, hie und da zu stürzen, dass die anderen rein statistisch früher oder später ebenfalls fallen, dass die beiden größten Frauen, die der Downhill-Sport jemals gesehen hat – die Französin Anne-Caroline Chausson und Valis großes Vorbild Rachel Atherton aus Großbritannien –, zeit ihrer Karrieren mit Nervenfattern zu kämpfen hatten, drang nicht bis zu Vali durch. Auf der einen Seite war es „krass, im World Cup am Start zu

Dominatorin Bereits in ihrer dritten Saison im UCI Mountainbike World Cup wurde Vali Höll Weltmeisterin.

36 THE RED BULLETIN

stehen“, doch der Geist war noch nicht nachgeradelt: Das Bewusstsein, an der Spitze angekommen zu sein, tatsächlich zur Elite zu gehören, nicht bloß reingerutscht zu sein, diesen Gedanken erlaubte sie sich nicht.

Zu Beginn der Saison 2022 befeuerten die Ergebnisse diese Zweifel: ein vierter oder fünfter Platz bei Rennen, in denen sie wusste, dass sie unter die Top 3 gehörte? Unwürdig, Vali, unwürdig! Ein Grund mehr, sich im Hotelzimmer zu verbarrikadieren. Schließlich der Wendepunkt: Wir wollen ihn den Lenzerheide-Moment nennen.

Party statt Einzelhaft im Hotel

Bei dem Rennen in der Schweiz war Vali „zum vierten Mal in dieser Saison auf der Pappn gelegen. Ich dachte mir: Was soll der Scheiß? Es macht null Spaß. Jedes Wochenende bin ich mies drauf. Was läuft bloß falsch mit mir?“ Die Selbstzweifel nahmen wieder mal überhand. Und fürs darauffolgende Wochenende stand das Weltcuprennen in Andorra an. Doch jetzt der Lenzerheide-Moment – die Begegnung mit der Schweizer Freeskierin Mathilde Gremaud: ähnliches Alter wie Vali, mit Olympiagold im Slopestyle ähnlich erfolgreich wie sie und mit ähnlichen mentalen Problemen –dem Gefühl, der Umwelt etwas zurückgeben zu müssen und dies nur mit guten Resultaten zu können. Siege als Pficht. „Es war so ein gutes Gespräch“, schwärmt Vali.

Und nach dem verpatzten Rennen auf der Lenzerheide ging Vali nicht ins Hotelzimmer, sondern auf eine Party. Tanzte mit ihrer Crew und den Schweizer Freeskiern und genoss die Nacht. Dann fuhr sie nach Andorra. Gewann das Rennen. Hörte überhaupt nicht mehr auf zu gewinnen. Demolierte bei der WM, dem wichtigsten Rennen des Jahres, die Konkurrenz und darf seither für immer und ewig die Regenbogenstreifen am Trikot tragen: Vali Höll, Weltmeisterin. Das kann ihr niemand mehr nehmen. Egal was passiert. Höher geht es nicht. Mit 21 Jahren hat Vali Höll alles erreicht, was es in ihrem Sport zu erreichen gibt.

„Es hat ein paar Wochen gedauert, bis ich das begriffen habe – dass das echt ist. Ich bin Weltmeisterin.“

Das letzte Saisonrennen im italienischen Val di Sole war nicht mehr wichtig. Zum ersten Mal war ihr am Start im Prinzip egal, was passieren, welches Resultat sie erzielen würde. Ein Weltcuprennen nach dem Saisonhöhepunkt, der WM: eine Anomalie des Kalenders, ein Bewerb, den auch der Weltmeister in der Männer-Kategorie, der Franzose Loïc Bruni, nicht mehr sonderlich ernst nehmen konnte. Der Druck war aus dem Kessel. Vali: „Ich hoffe, dass sich das künftig ändert und die WM das letzte Rennen des Jahres ist.“

Pünktlich zu Saisonende gab der Körper auf und ließ alles fahren. Die Abschlussparty einer grandiosen Saison verpasste Vali vor der Toilettenschüssel. Wieder einmal war sie im Hotelzimmer – zum ersten Mal unfreiwillig. Im Herbst kämpfte sie dann mit dem Epstein-Barr-Virus. Viel Zeit also, um nachzudenken, das bisherige Leben zu verdauen und das künftige zu organisieren. „In dieser Zeit wurde ich erwachsen“, sagt Vali. Aus dem ständigen „Die Beste, aber …“ wurde „Besser kann’s nicht sein“, und als nächstes Ziel: „Ich möchte dominant sein.“

Vielleicht zum ersten Mal in ihrer Karriere war Vali Höll rundum zufrieden und begann, sich etwas zu gönnen. Erst als Weltmeisterin fng sie damit an, ihr Leben zu leben. Zog von Saalbach nach Innsbruck um, um näher bei ihren Freunden zu sein. „Ich lebe das Studentenleben, aber ohne studieren zu müssen“, sagt sie. „Früher bin ich von Saalbach nach Innsbruck gependelt, um sie zu sehen. Jetzt habe ich sie vor der Haustür, und zu den Bike-Revieren in der Schweiz, Südfrankreich oder Italien ist es auch näher.“

Endlich entdeckte Vali, die hauptberuflich schnell abwärts rast, den spannenden Aspekt des Reisens. Plötzlich gab es so was wie eine Bucket List, die sie ständig ausbaute: Freeskiing in Japan? Enduro-Fahren in Tasmanien? Vali steht am Start!

Die neue Lockerheit: Erst tanzte
THE RED BULLETIN 39
Für immer! Die Regenbogenstreifen einer Weltmeisterin kann Vali niemand mehr nehmen.
sie, dann siegte sie.

Ständig wächst die Bucket List: Freeskiing in Japan?

Enduro in Tasmanien?

Vali steht am Start.

Die Revolution Valis Bike bekommt ein elektronisch verstellbares Fahrwerk. Doch das hilft nur bei perfekter Streckenkenntnis.

Ein Sport wie ein Mauerblümchen

Mit ihren 21 Jahren hat sie bereits fünf ProfSaisonen hinter sich. Dass MountainbikeDownhill etwa im Vergleich zum alpinen Skisport in Österreich noch nicht jenen Stellenwert in der Öffentlichkeit besitzt, liegt zu einem großen Teil an den veralteten Strukturen. Im Radsportverband herrscht geistige Gerontokratie, also die Herrschaft eines Ältestenrats, der im Rennradsport der 1970er-Jahre stecken geblieben ist. Die wenigen Mountainbiker, die man eben zu Welt- und Europameisterschaften entsenden musste, wurden vor den wichtigsten Saisonrennen in billige, hässliche Klamotten und günstige Doppelzimmer in der Pampa gesteckt. Ansonsten kümmerte man sich nicht um sie, während beispielsweise die Franzosen schon seit Mitte der 1990erJahre Trainerstäbe mit Videokameras auf die Strecken schicken.

Aber Vali jammert nicht, sondern nutzt ihre Autorität als Weltmeisterin, als souveräne, erfolgreiche junge Frau, um den alten Geist zu vertreiben – denn: „ An fehlenden Strecken liegt es nicht, dass wir in Österreich dem Rest der Welt so weit hinterherhinken“, sagt sie. „Im Männer-Downhill haben es mit David Trummer und Andi Kolb zwei Einzelkämpfer an die Spitze geschafft, genau wie mit Laura Stigger und Mona Mitterwallner zwei Mädels im olympischen Cross Country. Und auch bei den DownhillDamen kommt bei uns Vielversprechendes nach. In drei, vier Jahren wird das richtig spannend!“

Vali weiß das deshalb, weil sie – obwohl erst 21 Jahre alt – bereits in die Rolle der Mentorin schlüpft. Sie hält Ladies-Camps ab, bei denen Teenagerinnen nicht bloß rumrollen, sondern so fest Gas geben, dass selbst der überdurchschnittliche männliche

Biker bloß staunen und hinterherwinken kann. Weiterer Plan, in diesem Winter geboren: „Ich will mit meiner Crew ein BikeVideo drehen. Nur Mädels, aber g’scheit. Nicht wie bei den konventionellen BikeMovies, wo sie zwischen den einzelnen Actionsegmenten der Freeride-Pros halt ein paar Quotenfrauen einbauen.“

Vali geht es um den Soul des Mountainbikens, den sie seit dem Lenzerheide-Moment für sich wiederentdeckt hat: „Früher ging ich biken, weil es am Trainingsplan stand. Jetzt gehe ich biken, weil ich voll Bock drauf habe.“

Dazu trägt auch eine technische Revolution bei, die sich in diesem Jahr etablieren wird: „Wir arbeiten an Fahrwerken, die während der Fahrt über Bluetooth vom Lenker aus verstellbar sind.“ Was das bedeutet? „Neben technischem Verständnis musst du die Strecke perfekt beherrschen, sodass du die Änderungen auch tatsächlich nutzen kannst.“ Das zu können wäre in einer Sportart, in der bei der doppelten Fahrzeit eines Ski-Abfahrtslaufes zwischen Platz 1 und Platz 10 oft nur der halbe Zeitabstand liegt, möglicherweise ein entscheidender Schritt zur Dominanz.

Die Saison 2023 beginnt erst im Juni, unglaublich spät. Bis dahin hat Vali Höll viel Zeit, um nachzudenken. Gut möglich, dass die alten Dämonen wieder hochkommen, der Wunsch nach dem Hotelzimmer und der überbordende Respekt vor den anderen. In diesen Momenten, so nimmt sie sich vor, wird sie ihr Trikot anziehen, sich vor den Spiegel stellen und die Regenbogen-Streifen an ihrem Halsausschnitt und an den Ärmeln befühlen: Vali Höll, Weltmeisterin. Diese Streifen kann ihr keiner mehr nehmen, egal was kommt. Vali Höll ist endlich angekommen.

Instagram: @valihoell

40 THE RED BULLETIN

EISKALT DURCH DEN WALD

Kalle Rovanperä ist mit seinen 22 Jahren der jüngste Rallye-Weltmeister. Aber abgebrüht wie ein alter Fuchs. Wir drifteten mit ihm durch die Wälder seiner finnischen Heimat. Ein Trip in die klirrende Kälte. Und zum Ursprung seiner Coolness.

TEXT WERNER JESSNER FOTOS OSSI PIISPANEN
42 THE RED BULLETIN

Ein Heimrennen Kalle Rovanperä beim Training nahe Jyväskylä. Auf dieser Straße war er bereits als Kind unterwegs.

OUNINPOHJA. RUUHIMÄKI. PÄIJÄLÄ.

Wörter wie Sonderprüfungen. Für unsereins rein phonetisch, doch für die Finnen gnadenlos wahrhaftig. Denn das hier sind Wörter, die Sonderprüfungen der Rallye Finnland benennen. Und die wird seit 1951 Jahr für Jahr ohne eine einzige Unterbrechung ausgetragen und stellt eine Art nationalen Heiligtums dar: Wenn sich die besten Rallye-Fahrer der Welt auf den verwinkelten Schotterpisten entlang der Seeufer, durch die Birkenwälder und kreuz und quer über die weiten Wiesen messen, wenn sie es dabei auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von bis zu 130 km/h bringen und mit ihren bunt gesprenkelten Karossen mehr als 50 Meter springen – dann ist das ganze Land auf den Beinen und feuert seine Helden an. Es dauerte genau vierzig Jahre, bis der erste Nicht-Skandinavier im Land der tausend Seen gewinnen konnte, und wenn es nach den Finnen ginge, hätte es bei diesem Intervall bleiben können.

Doch wir wissen, was geschah: Die beiden Franzosen mit dem gemeinsamen Vornamen Sébastien, nämlich die formidablen Monsieurs Loeb und Ogier, bremsten die Nordländer aus und machten sich den Rallye-WM-Titel über Jahre mehr oder weniger untereinander aus. Und die Finnen, die sahen ihr Glück zerrinnen. Bis, ja bis …

In den Wäldern rund um die Stadt Jyväskylä, Mittelfnnland, war damals ein Knirps, der zuerst seinen Vater Harri, später gemeinsam mit seinem Vater die anderen fnnischen Star-Piloten anfeuerte wie hunderttausend andere Fans auch. Sein Name: Kalle Rovanperä. „Ich hatte nie Idole“, erinnert er sich. „Doch zu meinem Vater habe ich immer aufgeschaut und war bei den meisten seiner Tests dabei.“ Rund um die Jahrtausendwende, als Kalle zur Welt kam, gehörte sein Vater Harri Rovanperä zu den Schnellsten seines Fachs. Er war Werkspilot für Peugeot, Mitsubishi, Seat und Škoda,

gewann den WM-Lauf in Schweden. Doch für den ganz großen Durchbruch reichte es nicht, seine Karriere blieb unvollendet, das gibt er heute auch ganz offen zu. Die Gründe? „Ich habe immer wieder Crashs gebaut. Und später gab es Hierarchien im Team, die ich respektieren musste.“ Mit anderen Worten: Sein Teamkollege Marcus Grönholm sollte Weltmeister werden, Harri war als sein Unterstützer abgestellt, und im Grunde wusste er, was wahre Champions ausmacht.

Der Max-Verstappen-Boost

Zu diesem Zeitpunkt hatte Harri Rovanperä parallel bereits ein anderes Projekt gestartet: Genau wie Jos Verstappen seinen kleinen Sohn Max setzte Harri sein Söhnchen Kalle sehr früh ins Kart. Und dann ging alles ganz schnell: Mit sechs Jahren durfte Kalle zum ersten Mal selbst Auto fahren. Vom Achtjährigen gibt es Videos, in denen er mit einem zum Rallye-Auto umgebauten Kleinwagen auf einem zugefrorenen See driftet, „sicherheitshalber auf Schnee und Eis wegen der geringeren Geschwindigkeiten“. Dann kaufte Harri dem kleinen YouTube-Star das erste richtige Rallye-Auto. Damit fuhr er im benachbarten Estland Rallye-Sprints ohne Beifahrer. Während Vater Verstappen mit seinem Sohn von Kartrennen zu Kartrennen tourte, durfte Kalle ganz Kalle bleiben. Harri: „Ich musste ihn nie zum Rallye-Fahren überreden.“ Und dann passierte das scheinbar Unvermeidliche. Kalle: „Mit zwölf Jahren verlor ich komplett das Interesse am Rallye-Fahren. Neun Monate lang habe ich das Auto nicht einmal angeschaut. In dieser Zeit habe ich das gemacht, was andere Kinder machen.“

Improvisiert

Die Toyota-Crew hat sich für die Tests in Finnland kurzerhand in eine Tischlerei eingemietet.

44 THE RED BULLETIN

Fokussiert Kalle während einer Trainingspause in seiner finnischen Heimat

Doch irgendwann vor Weihnachten, so Harri, kam Teenager Kalle zu ihm: Er wolle wieder einsteigen. Harri schleppte den Citroën C2, der so lange geparkt war, nach Lappland, Kalle stieg ein – und seither nie wieder aus. Eine Sondererlaubnis des lettischen Verbandes erlaubte es ihm, mit 15 Jahren in der dortigen Meisterschaft zu starten. Auf den Verbindungsetappen übernahm mangels Führerschein der Beifahrer, nur auf den gesperrten Sonderprüfungen durfte Kalle selbst hinters Steuer. Müßig zu erwähnen, dass Kalle Rovanperä dreimal den lettischen Titel holte. „Da konnte man schon sehen, dass er das gewisse Etwas hatte. Er war mit 15, 16 Jahren bereits schneller, als ich es je gewesen war“, sagt Harri. Doch nicht nur das. Rovanperä junior war der jüngste Fahrer in der Geschichte des Rallye-Sports, der es in die WM-Punkteränge schaffte, Jüngster auf dem Podium, jüngster Sieger eines WM-Laufs und seit 2022 auch jüngster Rallye-Weltmeister – mit 22 Jahren und einem Tag. (Es ist schwer, jetzt nicht wieder an Max Verstappen zu denken.) In einer Sportart, in der Erfahrung alles ist, war er um fünf (!) Jahre schneller am großen Ziel als der bisherige Rekordmann Colin McRae.

Zwischen Revolution und Diskretion

Das „Revolution“ in Jyväskylä ist eine Mischung aus Bar und Restaurant, an einem Tisch sitzt ein auffallend zart gebauter junger Mann mit einem Kumpel und isst einen Burger. Hier herinnen ist es wohlig warm, doch draußen herrscht grimmiger Winter. Temperaturen im zweistelligen Minusbereich, sämtliche Straßen reine Schneepisten, kurze Tage, kaum Licht. Nur im „Revolution“ glänzt ein Star. Man merkt an den Blicken der anderen Gäste, dass sie in ihm den Rallye-Weltmeister erkennen, doch mehr passiert nicht. Kalle, der inzwischen in Monaco wohnt wie so viele Rennfahrer, schätzt das an seinen Landsleuten: „Sie werden nie zudringlich. Doch auch daheim in Monaco umgebe ich mich mit normalen Menschen, nicht mit Promis.“

Dass er Geschichte geschrieben und den WM-Titel bereits zwei Läufe vor dem Finale eingefahren hat, macht ihn zum Volkshelden: „Rallye fahre ich, um zu gewinnen. Mir ist egal, mit wie viel Vorsprung.“ Darin unterscheidet er sich von vielen Legenden seines Sports wie dem Deutschen Walter Röhrl, dem Perfektion in der Fahrt stets wichtiger war als Resultate. Vater Harri: „Kalle ist eine ganz andere Generation als wir damals. Viel schlauer, zielorientierter und unglaublich reif für

Vater und Sohn Harri Rovanperä und Sohn Kalle schnappen zwischen zwei Tests (ziemlich frische) Frischluft.

„Ich fahre Rallyes, um zu gewinnen. Mein Vorsprung ist mir völlig egal.“
46 THE RED BULLETIN
THE RED BULLETIN 47
Wie auf Nadeln Kalles Spikes sind 20 Millimeter lang, sieben ragen aus dem Gummi.

seine 22 Jahre. Höchstens die Ruhe in Extremsituationen hat er von mir. Ich glaube nicht, dass sich Vater Rovanperä und Vater Verstappen ähnlich sind – aber die Söhne sind es. Sie wollen unbedingt gewinnen und investieren neben ihrem Talent unglaublich viel Arbeit.“ Und Kalle fällt eine weitere Parallele zu seinem Weltmeister­Kollegen auf: „Sowohl Max als auch ich sind unter schwierigen Bedingungen besonders stark. Starkregen – das ist genau unsere Witterung.“

Englisch-Evolution mitten in Finnland

Man kann die fnnische Evolution von Harri zu Kalle auch an der Sprache festmachen: Harri pfegt das typisch fnnische Rennfahrer­Englisch seiner Generation, viele vereinfachende Infnitive und harte Aussprache prägen den Sound der fnnischen Sisu­Racer. „Sisu“ kann man nicht übersetzen, es übersetzt sich von selbst in der Person von Harri Rovanperä und anderen RallyeFahrern aus den Weiten Finnlands: durchhalten, weitermachen, das Gaspedal so lange durchdrücken, bis die Welt kapiert, was man kann. Kalles Englisch ist füssig und weltgewandt. Und während Harri seine RallyeSkills halblegal in der Nacht verfeinerte, auf einsamen Straßen im Wald, und Freunde den Dorfpolizisten ablenkten, werden für Kalle offziell Straßen gesperrt, mit Sicherheitsposten und Rettungswagen auf Standby.

Und nun bittet Kalle zur Testfahrt: Die Strecke hier bei Korpilahti, 30 Kilometer von Jyväskylä entfernt, ist tief verschneit. Es geht auf und ab, typisch fnnisch. Kalle sitzt in seinem Toyota Yaris, sechster Gang. Ein Blick auf den Tacho: 180 km/h. Die Bäume, die den

Straßenrand säumen, lässt Kalle – auch im Wissen um die 20 Millimeter lange Spikes an den Reifen – ziemlich fott und ziemlich nah an sich ran, nahezu beängstigend. Das Gefühl verstärkt sich, nähert man sich einer Kuppe, allerdings nicht geradeaus, sondern in einer leichten Linkskurve. Alle vier Räder heben vom Boden ab, kurz wird es still im Auto. Dann setzt es wieder auf, in einer einzigen, füssigen, sparsamen Bewegung rückt es Kalle gerade. Wie geschmeidig Kalle seinen Toyota bedient: Da ist keine Hektik, nichts Unrhythmisches. Dieser Kerl bespielt seinen Yaris wie ein Instrument.

Rad-Check Ein Servicemann überprüft nach der Trainingsfahrt Räder und Reifenprofil.

Kalle & Jonne

Der Beifahrer

Jonne Halttunen ist um 15 Jahre älter als der Pilot.

THE RED BULLETIN 49

Gewachsen zwischen Schnee, Schotter und Asphalt – schon mit sechs saß Kalle hinterm Steuer.

Instagram: @kallerovanpera

„ Auf diesem Weg hier bin ich zum ersten Mal mit zwölf Jahren gefahren“, holt er während der Fahrt aus. „Vielleicht erklärt das meinen frühen Erfolg: Ich mag zwar jung sein, aber ich bin erfahren.“ Während seiner gesamten Karriere in der höchsten World-RallyChampionship-Kategorie hatte Kalle exakt vier Ausfälle, während die meisten seiner Kollegen jahrelang ihre Karossen schrotten, bevor sie wissen, wo ihr Limit liegt. „Vielleicht fahre ich eben mit Hir n“, grinst Kalle, und das kommt überhaupt nicht hochmütig rüber.

Das Lob des dritten Mannes

Jener Mann, der seit sechs Jahren professionell neben Kalle Rovanperä sitzt, heißt Jonne Halttunen und ist um 15 Jahre älter. Vater Harri vergleicht die beiden mit Brüdern, „allerdings weiß man oft nicht, wer von den beiden der Ältere ist“. Jonne, warum hast du dich damals neben einen Teenager ohne Führerschein ins Auto gesetzt? „Ich war mehrfacher fnnischer Champion und wollte WM-Prof werden. An Kalles Seite sah ich diese Chance. Er war schon als Teenie sehr reif, er fährt materialschonend und ist generell ziemlich clever. Wir hatten noch nie Streit. Kalle weiß genau, wann er attackieren muss – und dann kennt er keine Gnade.“

Frage an seinen Teamchef Jari-Matti Latvala, der trotz einer durchaus erfolgreichen Karriere im Cockpit selbst nie Weltmeister war: Warum ist Toyota das Risiko, einen Teenager zu verpfichten, eingegangen?

„Kalle fuhr trotz seiner jungen Jahre wie ein Erwachsener – aber vor allem hat er die wenigen Fehler, die ihm

passiert sind, schnell und ehrlich aufgearbeitet.“ Was ihn aus Sicht des Teamchefs auszeichnet? „Vier Dinge. Erstens: Er kann sich schneller als andere auf neue Autos einstellen. Zweitens: Er kann in entscheidenden Situationen mehr Risiko als andere nehmen und das Auto trotzdem auf der Straße halten. Drittens: Unter harten Bedingungen, wenn andere zucken, blüht er auf. Viertens: Er ist resistent gegen Druck. Zwar versuche ich, im Team eine Kultur zu etablieren, in der alle mit einem Lächeln unterwegs sind, allem Druck zum Trotz. Als Fahrer ist das dann aber doch noch mal was anderes, das kenne ich aus eigener Erfahrung. Wenn es um die Wurst geht, wenn es die Chance gibt, zu gewinnen, macht das etwas mit der Psyche des Piloten. Kalle habe ich nur ein einziges Mal nervös erlebt: als es 2022 in Neuseeland um den WM-Titel ging.“ Den sicherte sich das Duo Rovanperä/Halttunen dennoch mit einer abgeklärten Fahrt, direkt vor dem Teamkollegen und achtfachen Champion Sébastien Ogier.

Und was waren die ersten Worte, die Harri und Kalle Rovanperä als Weltmeister wechselten? Kalle: „Ich weiß es wirklich nicht mehr.“ Harri: „Ich glaube, irgendwas in der Richtung von ‚Geschafft!‘.“

Co-Pilot Jonne mischt sich ein: „Ich weiß genau, was du zu mir gesagt hast, als klar war, dass wir Weltmeister sind: Perkele! “

Wieder eines dieser Wörter, die uns Mitteleuropäern wie eine Sonderprüfung von der Zunge gehen. Es bedeutet so viel wie „Teufel!“. Doch mit dieser Emotion steht Kalle Rovanperä dann doch ziemlich allein da. Denn alle anderen heben ihn in den Rallye-Himmel.

Der Rückhalt Vater Harri legte den Grundstein zu Kalles Karriere – ähnlich wie Jos Verstappen für seinen Sohn Max. Das Geschoss Kalle startet zur Titelver teidigung wieder im Toyota Yaris WRC.
THE RED BULLETIN 51

HIER LIEGT DER

Countdown zum AMERICA’S CUP

Was wir hier sehen, ist der America’s Cup – die älteste Trophäe im Sport, die auch heute noch im Umlauf ist. Seit 1851 wandert der Pokal, informell auch „the Auld Mug“, also alter Becher, genannt, von einem Sieger dieser glamourösen Segelregatta zum nächsten. Um den America’s Cup kämpfen jeweils zwei Yachtclubs: der Titelverteidiger und der Herausforderer. Die Yacht, die eine vorher festgelegte Anzahl von Freiwasserwettfahrten gewinnt, gewinnt den Cup. Ganz einfach. Aber nicht ganz billig. Die Summen, die heutzutage locker gemacht werden, um an dem legendären Rennen teilzunehmen, bewegen sich mitunter

jenseits der 100-M illionen-Dollar-Grenze. Stolze Summen, besonders angesichts der Tatsache, dass es kein Preisgeld gibt – nur das Prestige und den Stolz, auf Zeit diese Trophäe zu besitzen, sowie das Recht, das nächste Rennen auszurichten. OriginalKaufpreis des Pokals: 100 Pfund Sterling.

Es darf bezweifelt werden, dass die ehrenwerten Juweliere von Garrard & Co. im Jahr 1848 auch nur ansatzweise ahnten, was sie da in die Welt setzten. Das Londoner Unternehmen war hochoffziell für die Pfege der britischen Kronjuwelen zuständig und erledigte den trivialen Auftrag nebenbei: einen verzierten Krug aus versilbertem Britanniametall, wie sie damals in großen Stückzahlen hergestellt wurden. Die

52 THE RED BULLETIN SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL
Die Herausforderer 2024: das Team Alinghi Red Bull Racing beim Training vor Barcelona

SIEG

Dieser Wanderpokal heißt America’s Cup. Nach ihm ist die legendärste Regatta der Welt benannt. Auch um ihn selbst ranken sich unzählige Mythen. Etwa jene, dass er nur im Louis-Vuitton-Koffer verreist.

100 Goldmünzen (Pfund Sterling), die dafür über den Tisch wanderten, wären heute etwa 19.000 Euro wert. Eine hübsche Summe, aber nichts Extravagantes. Der Käufer war Henry William Paget, ein Offzier der britischen Armee, der in der Schlacht von Waterloo mitgekämpft hatte.

Paget vermachte den Pokal dem Segelclub Royal Yacht Squadron (RYS), der ihn wiederum 1851 als Preis für seine jährliche Regatta auslobte. Das offen ausgetragene Rennen führte rund um die Isle of Wight vor der Südküste Englands. Der RYS hoffte, mit dem Bewerb das Interesse am Yachtsport neu zu entfachen und auch Mitstreiter aus Amerika anzulocken. Und die Rechnung ging auf.

MAKINGOF EINES FOTOS Alarm um fiegende Kiste

Um dieses hochauflösende Foto des America’s Cup anzufertigen, erlaubte die Royal New Zealand Yacht Squadron dem Fotografen Rick Guest ausnahmsweise, deren Headquarter zu betreten. „Man geht die Stiegen hinauf und gelangt in ein großes Atrium, und da steht er“, berichtet Guest. „Er ist echt riesig.“ Und für Guests fotografische Technik des multifokalen Compositing eine Herausforderung. „Man macht schichtweise viele Fotos mit optimaler Tiefenschärfe“, erklärt der Fotograf. „Dann setzt man die Bilder zusammen, jeder der etwa 80 Frames ist gestochen scharf.“ Das Ergebnis ist eine Abbildung der Trophäe, wie sie detailgenauer noch nie zuvor zu sehen war. Und es wäre nicht der America’s Cup, wenn es nicht auch hier eine Anekdote zu erzählen gäbe: Mitten im Shooting ging plötzlich eine Sirene los. „Ich dachte, es sei ein Feueralarm. Dann fiel aber plötzlich so eine Holzkiste von oben herunter und deckte den Pokal schützend ab, wie in ‚Mission: Impossible‘. Ich habe sogar ein paar Aufnahmen, in denen dieses Teil den Frame durchschneidet.“

TEXT TOM GUISE & DAVID SCHMIDT FOTOS RICK GUEST
THE RED BULLETIN 53

Am 22. August 1851 versammelten sich 15 Yachten in der Meerenge Solent nahe dem Hafen Cowes. Auf dem 53 Seemeilen umfassenden Rundkurs stach eines der Boote ins Auge: die „ America“. Ein Konsortium aus fünf Mitgliedern des New York Yacht Club (NYYC) hatte den schnittigen, 30 Meter langen Schoner ins Rennen geschickt, um damit die Überlegenheit des amerikanischen Schif fbaus zu demonstrieren. Der Startschuss fel. Elf Stunden später erschien die „ America“ wieder am Horizont. Als Erste!

Der „One Hundred Sovereigns Cup“, so der damalige Name unseres Pokals, ging somit nach Manhattan, die „ America“ aber verblieb zunächst in England und wurde mit einem Gewinn von 5000 Dollar (heute etwa 183.000 Euro) weiterverkauft. Erst 1942 erlag sie in einer unscheinbaren Werft einem unrühmlichen Schicksal: Das Dach des Gebäudes stürzte ein – und auf die „ America“. Sie musste verschrottet werden.

Der Pokal jedoch überlebte. Zu Hause angekommen, wollten die Mitglieder des US-Konsortiums – der oberste Commodore des NYYC, John C. Stevens, sein Bruder

Edwin A. Stevens, der Vize-Commodore Hamilton Wilkes, der Ziviltechniker George Schuyler und der Weingut-Erbe J. Beekman

Finlay – den Preis ihrem Yachtclub stiften. Dazu war jedoch ein Rechtsdokument erforderlich, eine offzielle Schenkungsurkunde, in der auch die Bestimmung der Trophäe geregelt war: als Wanderpokal, der von anderen Yachtclubs, die anderen Nationen angehören müssen, im Rahmen eines Rennens erobert werden könne.

DER NEW YORK YACHT CLUB VERTEIDIGTE DEN POKAL SAGENHAFTE 132 JAHRE LANG.

Bereits 1852 adressierte Schuyler ein Paket an John Stevens, das auch die Schenkungsurkunde beinhaltete. Das mit 15. Mai 1852 datierte Schriftstück war von dreien der Besitzer unterzeichnet, John und Edwin Stevens wurden gebeten, ihre Unterschriften hinzuzufügen und die fertige Urkunde dem NYYC zu überreichen. Warum Commodore Stevens es bis zu seinem Tod im Jahr 1857 nicht schaffte, diesem Gesuch Folge zu leisten, ist nicht bekannt. Seine Version der „ America’s Cup Deed of Gift“ kurz DoG, die als Originaldokument gilt, ist bis heute verschollen.

Nur einen Monat nach Stevens’ Tod übergab Schuyler sein eigenes Exemplar der DoG dem NYYC, leicht bearbeitet und mit neuem Datum: 8. Juli 1857. Der Club erkannte Schuylers Faksimile an und forderte auf dessen Grundlage die Yachtclubs

in Übersee zu einem „freundschaftlichen Wettstreit“ um den „von der ‚A merica‘ gewonnenen Cup“ (übrigens die einzige Nennung eines „ America’s Cup“ in der Urkunde) heraus.

Es dauerte dreizehn Jahre, bis ein ausländischer Yachtclub die Herausforderung annahm. In Folge verteidigte der NYYC den Pokal sagenhafte 132 Jahre lang – die längste Gewinnsträhne der Sportgeschichte, erarbeitet durch gutes Segeln, aber auch durch ausgesprochen parteiische Regeln; nicht zuletzt eine Klausel, die 1882 hinzugefügt wurde und besagt, dass die Boote „unter Segel“ in den Hafen fahren müssen, in dem der Bewerb stattfndet – was für jede Rennyacht, deren Konstruktion somit auch eine Überquerung des Atlantiks ermöglichen musste, ein klares Handicap bedeutete. Dennoch wuchs mit jedem weiteren Triumph die Bedeutung des Pokals.

Eine rechtliche Segel-Odyssee

Eine der Besonderheiten des America’s Cup ist, dass es – im Unterschied zu den meisten anderen Sportarten – keinen Dachverband oder dergleichen gibt. Stattdessen ist in der DoG festgehalten, dass sich der Club, der den Cup hält, und der Club, der ihn erringen will, gemeinsam auf ein für beide „genehmes Arrangement“ einigen, was das Renndatum, den Kurs, die Anzahl der Durchläufe sowie alle anderen Bedingungen des Aufeinandertreffens angeht.

Mit anderen Worten: Der Verteidiger des Pokals und dessen Herausforderer müssen sich über die Regeln des jeweils anstehenden Bewerbs, genannt das Protokoll, einigen. Ein äußerst optimistischer Passus, der wenig überraschend für wilde Diskussionen sorgte, zu deren Schlichtung auch immer wieder unabhängige Jurys einberufen wurden – mit dem Ergebnis, dass in der Folge auch die Unabhängigkeit dieser Jurys angezweifelt wurde.

Der australische Medientycoon Sir Frank Packer, Vorsitzender des australischen Konsortiums, das 1970 zum America’s Cup antrat, meinte lapidar, dem New York Yacht Club zu widersprechen, sei, wie „sich bei deiner Schwiegermutter über deine Frau zu beschweren“. Erzielen die beiden Teams keinen Kompromiss, gelten automatisch die Regeln der 1887 überarbeiteten Version der DoG. Zweimal kam es bisher dazu.

Was aber, wenn die Auslegung des Wortlauts der DoG, verfasst im Rechtsenglisch des 19. Jahrhunderts, selbst zum Streitpunkt wird? Als eingetragenes Treuhanddokument des Staates New York fällt die Aufsicht über derartige Dispute niemand Geringerem zu als dem New Yorker Höchstgericht. Ja, auch das ist schon vorgekommen – inklusive explodierender Kosten.

Die Titelverteidiger Das Team Royal New Zealand Yacht Squadron im Jahr 2021 mit dem America’s Cup
54 THE RED BULLETIN GETTY IMAGES

Ich fahr besser mit LIQUI MOLY.

Das richtige Motoröl ist für den optimalen Betrieb Ihres Autos ein Muss. Ölwechseln deshalb auch Sie zu Deutschlands beliebtester Schmierstoffmarke und erfahren Sie den Unterschied. www.liqui-moly.com

Ihr Auto ist nicht irgendeins. Also nehmen Sie nicht irgendwas. LIQUI MOLY bietet für jedes Fahrzeug das passende Motoröl.

Ausgabe 4/2023 Ausgabe 4/2023 Ausgabe 4/2023 Ausgabe 4/2023

IST

DAS DIE UR - URKUNDE?

Auf diesem Stück Papier wurde eine Legende geboren.

Das Gebäude des New York Yacht Club (NYYC) befindet sich auf 37 West 44th Street in Manhattan. Erbaut 1901 von Whitney Warren, dem Architekten des legendären Grand Central Terminal, ist es ein Kunstwerk, in dessen unteren Räumlichkeiten ein nicht minder wertvolles Stück verborgen liegt: die „America’s Cup Deed of Gift“ (DoG). „Die Leute denken, die Schenkungsurkunde ist sicher durch einen dicken Ledereinband geschützt“, sagt der Archivar. Doch überraschenderweise lagern die zwei mit rostbraun oxidierter Kupfertinte handbeschriebenen Blätter, in der die Grundregeln des America’s Cup festgelegt sind, in einem einfachen Schnellhefter. Der NYYC ist überzeugt, dass es sich um das Original handelt, auch wenn das bearbeitete Datum „July 8, 1857“ die These stützt, wonach es ein überarbeitetes Exemplar sein könnte. Original hin oder her, die Rahmenbedingungen des America’s Cup finden sich in diesem Dokument.

Absurd? Vielleicht. Andererseits hat dieser Bewerb in den 166 Jahren seines Bestehens eine illustre Runde an Wirtschaftstitanen angelockt. Sie waren bereit, ihr Vermögen und ihren Ruf aufs Spiel zu setzen – für einen schlichten Silberkrug. Gewonnen haben ihn die wenigsten. Der schottische Tee-Baron Sir Thomas Lipton verlor fünf Mal. Der Luftfahrtpionier Sir Thomas Sopwith nahm zwei Mal erfolglos teil. Und sogar das hochdotierte Team von Multimilliardär Larry Ellison, Gründer der Tech-Firma Oracle, erlitt bei einem Sieg drei Niederlagen.

Aber auch der „alte Becher“ selbst kam nicht ohne Schrammen davon. 1997 betrat ein Demonstrant das Gebäude des damals amtierenden Meisters Royal New Zealand Yacht Squadron (RNZYS) und bat, die Trophäe sehen zu dürfen. In seiner Tasche trug er einen Vorschlaghammer. Er zerschmetterte die Glasvitrine und schlug mehrmals auf das Silber ein. Der fast zerstörte Pokal ging an Garrard & Co. nach London zurück zur Restaurierung.

Aktuell befndet sich der Pott wieder in den Händen des RNZYS – er gewann ihn 2017 und verteidigte ihn 2021. Die Hüter des Pokals haben mittlerweile sichergestellt, dass sich ein Vorfall wie 1997 nicht wiederholen kann. Umhüllt von kugelsicherem Glas, verfügt der Cup außerdem über einen Sicherheitsbeschlag, der sich über das gute Stück senkt, sobald Alarm ausgelöst wird. Mit ihrer Bekanntheit ist auch die Trophäe selbst gewachsen. Ursprünglich war sie 69 Zentimeter hoch und 3,8 Kilo schwer. Heute ragt sie 1,1 Meter empor und wiegt fast 14 Kilo. Der Grund: Um die wachsende Anzahl an Gewinnern einzugravieren, wurde der Sockel um zwei Ebenen aufgestockt, die Mahagoni-Basis durch eine aus Kohlefaser ersetzt. Wenn der Pokal heute in die Welt hinausgeht, reist er standesgemäß: First Class oder Business Class, in einem maßgeschneiderten Louis-Vuitton-Koffer. Und er macht viele Reisen. Seit 1997 wurde der America’s Cup in europäischen und nordamerikanischen Gewässern sowie vor Bermuda und Neuseeland ausgetragen, drei Mal wechselte er den Besitzer: 2003 ging er in die Schweiz, 2010 in die USA und 2017 zurück nach Neuseeland. Nicht schlecht für einen 175 Jahre alten Silberbecher.

Um die hochauflösenden Aufnahmen des America’s Cup und der Deed of Gift vergrößert anzusehen, einfach den QR-Code scannen und auf redbulletin.com gehen

56 THE RED BULLETIN DEED OF GIFT COURTESY NEW YORK YACHT CLUB ARCHIVES

NEVEREST GMT 41MM

GRAZ
Breit aufgestellt Lucas Braathen im Sommer 2022 während des Besuchs einer Galerie in Oslo

Er ist halb Norweger, halb Brasilianer, meditiert nach dem Frühstück und lackiert sich die Fingernägel: Lucas Braathen, 22, ist einer der weltbesten Slalomund Riesenslalomfahrer. Weil er alle Regeln bricht, ohne einzufädeln.

„MEIN VORBILD IST STEVE JOBS“

INTERVIEW CHRISTOF GERTSCH FOTOS CHRISTIAN HAUKELI
THE RED
59
BULLETIN

Innere Ruhe

Während einer

Drehpause in

Sölden: Mit Fotograf

Christian Haukeli

dreht Lucas sein

Biopic „Pinheiro“.

Das ist sein zweiter Nachname.

it seinen 22 Jahren ist er schon 21 Mal umgezogen. Er debütierte vor vier Jahren im Weltcup, gewann seither aber bereits fünf Rennen. Und einen Weltrekord hat er auch aufgestellt: Nie machte einer in einem Slalom einen größeren Sprung zum Sieg als er 2022 in Wengen – von Platz 29 im ersten Lauf auf Platz eins im zweiten. Gestatten, Lucas Pinheiro Braathen, Skistar aus Norwegen. Mit brasilianischer Mutter und norwegischem Vater ist der Sohn ein geborener Weltenpendler. Ist die Skisaison vorbei, macht er nicht Pause. Er packt die Koffer und reist um die Welt. Besucht Städte, Freunde, Ausstellungen, kreiert Mode, tritt als DJ auf, vergnügt sich auf Partys. Doch die zwei Welten – einmal die große, weite, einmal der auf sich selbst fxierte Skizirkus – sind für ihn kein Widerspruch. Ganz im Gegenteil. Denn Lucas Braathen tut alles, damit die kleine ein wenig größer wird. Und vor allem weniger engstirnig.

the red bulletin: Lucas, welche drei Wörter beschreiben deine Kindheit in Norwegen am besten?

lucas pinheiro braathen: Veränderung. Fortschritt. Diversität.

Warum Veränderung?

Weil wir so oft umgezogen sind. Ich fühlte mich nie irgendwo daheim – in keiner Stadt, in keiner Schule, in keinem Freundeskreis. Kaum war ich irgendwo angekommen, zogen wir schon wieder weiter. Ich war drei, als sich meine Eltern trennten. Zuerst lebte ich bei meiner Mutter in Brasilien, dann bekam mein Vater in Norwegen das Sorgerecht. Zuerst war ich Fußballer und wollte werden wie Ronaldinho. Dann führte mich mein Vater ins Skifahren ein. Wir reisten, lernten neue Sprachen, neue Orte, neue Kulturen kennen.

MEs ist natürlich bereichernd, als Kind so viele verschiedene Einflüsse mitzubekommen – aber war es auch hart?

Ich hasste es. Heute bin ich extrem dankbar für diese Zeit, sie hat mich zu dem gemacht, der ich bin. Aber damals fand ich es schrecklich. Ich war als Kind völlig verunsichert, war überall, wo wir hinzogen, der Neue, der Schräge, der Außenseiter. Ich versuchte mich einzufügen, übernahm den Akzent, imitierte die Verhaltensweisen. Bis ich in die Mittelschule kam. Da verstand ich, dass es mir nichts bringt, mich immer neu anzupassen. So oft hatte ich meine Persönlichkeit, meinen Akzent, meine Interessen geändert – und immer nur verloren. Ich hörte damit auf. Und lernte stattdessen, ich selbst zu sein.

Du warst ein Kinderstar, galtest schon am Skigymnasium in Oslo als großes Talent. Doch die Zeit, als dein Vater dir das Skifahren beibrachte, war nicht unbedingt von der Idee geprägt, Erster zu werden, oder?

Überhaupt nicht. Mein Vater war ein sogenannter ski bum, einer, der mit wechselnden Jobs von Skigebiet zu Skigebiet zog. Er dachte nie daran, dass ich einmal Prof werden könnte. Ihm ging es um die pure Freude. Er wollte mit mir im Schnee sein und die Welt bereisen, wollte mich in die Kunst des Skifahrens einweihen. Ich fand das zuerst überhaupt nicht cool, versuchte es mit allen möglichen Ausreden. Ich argumentierte, als Halbbrasilianer sei ich nicht für die Kälte gemacht.

Warum wurdest du dann Alpinskifahrer?

Das lag weniger am Sport selbst. Eines Tages – ich war etwa acht Jahre alt – sah ich auf dem Berg eine Gruppe Rennfahrer. Mich beeindruckte ihre Geschwindigkeit. Ich sagte meinem Vater, dass ich da gerne mitmachen würde. Bis zum Winterende hatte ich derart Gefallen am Training gefunden, dass ich nicht mehr au fhören

THE RED BULLETIN 61
„Ich war immer der Schräge, der Außenseiter.“

wollte. Also suchte mein Vater nach einer Möglichkeit, mich im Sommer in einer Trainingsgruppe auf dem Gletscher unterzubringen. Norwegerinnen und Norweger aus allen Landesteilen kamen dort zusammen. Zum ersten Mal war ich nicht der Außenseiter – alle waren Außenseiter. Alle sprachen irgendwelche schrägen Dialekte, die die anderen nicht kannten. Auf einmal war es cool, anders zu sein. Darum verliebte ich mich in diesen Sport. Nicht wegen der blauen und roten Tore.

Erzähl weiter …

Im darauffolgenden Herbst nahm mein Vater mich mit auf den Hintertuxer Gletscher. Dort waren Leute aus Österreich, der Schweiz, Italien, Deutschland, den USA. Ich fand das so cool. Und da erst hörte ich mit Fußball auf. Ich hatte zwar bereits den

Frisch gestrichen Im Sommer des Vorjahres begann Lucas, sich die Fingernägel bunt zu lackieren.

Traum, der Beste der Welt zu werden. Aber ich wollte lieber der Beste der Welt in einem Sport sein, der mir erlaubt, ich selbst zu sein.

Lucas Braathen war 18 Jahre alt, als einer der Größten seines Sports auf ihn aufmerksam wurde: Nach Platz zwei in den norwegischen Landesmeisterschaften riet der vierfache Olympiasieger Kjetil André Aamodt dem Verband, das junge Talent umgehend ins Nationalteam aufzunehmen. Nur ein halbes Jahr später, im Dezember 2018, debütierte Braathen in Val­ d’Isère im Weltcup – und fuhr auf Anhieb in die Punkteränge.

Der Durchbruch gelang ihm etwas mehr als ein Jahr später. Im Jänner 2020 fuhr er im ersten Lauf des Slaloms von Kitzbühel mit Startnummer 34 auf Platz eins (im zweiten Lauf fel er auf Platz vier zurück). Im Zielraum fragten ihn Journalisten: „Wer ist Lucas Braathen?“ Er stand neben Landsmann und Slalom­Überfieger Henrik Kristoffersen und sagte: „Ich bin der Nächste!“

Heute gehört Braathen nicht nur im Slalom, sondern auch im Riesenslalom zu den Besten der Welt. Und auch der Gesamtweltcup könnte irgendwann zum Thema werden: In seinem ersten und bisher einzigen Einsatz in einer Speed­Disziplin wurde er am Anfang dieser Saison Siebenter des Super­ G von Beaver Creek. ***

Was ist deine größte Stärke als Skifahrer?

Meine Explosivität. Das ist genetisch, ich habe einfach sehr viele „schnelle“ Muskelfasern, das wissen wir von Laboruntersuchungen und Krafttests. Einen schnellen, explosiven Schwung zu haben birgt allerdings die Gefahr, dass man die Kraft, die man generiert, nicht zu kontrollieren vermag. Anders gesagt: Ich beschleunige sehr schnell, doch das gefährdet meine Stabilität. Dass ich diese Balance zwischen schnellem und kontrolliertem Schwung gefunden habe, ist wahrscheinlich meine größte Leistung als Skifahrer in den letzten zwei Jahren.

Was ist deine größte Schwäche?

Mein Temperament. Wenn mir etwas nicht gelingt, was ich unbedingt erreichen möchte, kann ich sehr destruktiv sein. Es ist etwas, an dem ich jeden Tag arbeite. Ich meditiere. Geführt, aber auch allein. Ich bin nicht der Typ, der einen Mentaltrainer

***
62 THE RED BULLETIN

„Der Weg, der mich zum Sieg führt, ist in meinen Augen eine Art Kunstwerk.“

Auf dem Weg nach oben Lucas Braathen während einer Herbstwanderung in Flachau, Salzburg

braucht für den Moment im Starthaus. Ich muss nicht steuern, was ich da denke, denn das gehört zu meinen größten Stärken: mein Mindset am Renntag. Aber an den alltäglichen Dingen muss ich arbeiten, darum meditiere ich. Meistens am Morgen vor dem Rausgehen. Ich brauche diesen Moment für mich, um in den richtigen Zustand zu fnden für die Dinge, die nachher anstehen.

Du sagst, deine wichtigste Inspiration kommt von außerhalb der Skiwelt.

Woher genau?

Meine Freundinnen und Freunde sind meine Inspiration. Es sind Künstlerinnen, Musiker, Fotografnnen. Sie studieren Wirtschaft oder arbeiten. Sie sind so unterschiedlich, ich lerne so viel von ihnen. Manchmal fragen mich die Leute, wer mein Vorbild sei. Dann sage ich: „Steve Jobs.“ Und sie sagen: „Nein, nein – wer ist dein Vorbild im Skifahren?“ Aber ich meine es ernst. Mein Vorbild ist Steve Jobs. Weil er sich den strengen Regeln, die in der damals noch konservativen Computerbranche herrschten, widersetzt hat. Er ist ausgebrochen und hat einfach durchgezogen, woran er geglaubt hat.

Wenn du einen Sportler als Vorbild nennen müsstest, wäre es …

Dennis Rodman. Rodman ist für mich der Inbegriff des Sportlers, der seinen Weg geht. Er spielte für das größte Basketballteam der Welt, alle schauten auf ihn – doch das kümmerte ihn nicht. Am Ende musste er die Rebounds machen, nicht die Journalisten, nicht der Trainer, nicht der Klub. Bei mir ist es ähnlich. Familienmitglieder, Trainer, Lehrer, Schulen, Verbände – es gibt so viele Meinungen. Und du musst sie dir alle anhören. Aber entscheiden musst du selbst. Denn nur du stehst am Start. Nur du gewinnst das Rennen.

Glaubst du, dass es dem Sport generell guttun würde, über den eigenen Tellerrand zu blicken und sich von Menschen und Einfüssen aus anderen Welten inspirieren zu lassen?

Wenn mich jemand nach meinen Zielen fragt, wird meistens erwartet, dass ich eine bestimmte Anzahl von Medaillen und Podestplätzen nenne, irgendeine Form von Statistik. Und es stimmt, ich habe Ziele. Aber nur eines davon ist resultatorientiert. Mein zweites Ziel ist, dass ich dem Sport etwas zurückgeben möchte. Er erlaubt es mir, dieses Leben zu führen, das ich so liebe.

Was ist dein drittes Ziel?

Mein möglicherweise größtes: Ich möchte diesen Sport verändern – indem ich nur ich selbst bin. Ich will meine Persönlichkeit nicht einschränken, nur weil das System es erwartet. Oder die Ski-Öffentlichkeit. Oder die norwegische Presse. Ich will mir nicht diktieren lassen, wie ich mich als Skifahrer zu verhalten habe. Und ich hoffe, dass ich dadurch für irgendjemanden eine Inspiration sein kann. Ein Junge, der sich die Fingernägel lackieren möchte, traut sich vielleicht endlich, es – wie ich – einfach zu tun. Ein Junge, der sich feminin kleiden möchte, traut sich vielleicht, sich tatsächlich feminin zu kleiden. Oder er bezieht politisch Stellung, auch wenn sein Umfeld die Meinung nicht teilt. Die Welt des Sports ist häufg sehr konservativ, strikt, einengend. Ich allein bin nicht stark genug, um uns von diesen Fesseln zu befreien, aber wenn ich eine kleine Inspiration sein kann, damit der Sport etwas toleranter, farbenfroher und diverser wird – dann macht mich das viel zufriedener als jeder sportliche Sieg.

Wie gehst du mit Skifans um, denen dein Auftritt missfällt? Oh, davon gibt es viele. „Du bist schwul!“, „Das ist so schwul!“, „Warum bist du so feminin?“, „Statt auf deine Kleidung solltest du dich besser aufs Skifahren konzentrieren!“ – meine Social-Media-Accounts sind voll mit solchen Kommentaren. Doch sie stammen von Leuten, die mich nicht persönlich kennen. Sie haben keine Ahnung, wer ich wirklich bin, also können sie mich auch nicht beleidigen. Insgeheim freue ich mich sogar über solche Reaktionen. Sie sind der Beweis, dass ich in diesen Menschen etwas auslöse. Ich entzünde einen Funken.

Besonders emotionale Reaktionen hast du ausgelöst, als du in einem Interview über den skandinavischen Verhaltenskodex „Janteloven“ hergezogen bist. Worum ging es genau?

Janteloven ist in Norwegen eine Art ungeschriebenes Gesetz, eine Reihe sozialer Spielregeln. Es gilt zum Beispiel als sehr unanständig, sich über andere zu stellen oder sich für etwas Besseres zu halten. Ich sagte, das sei das Destruktivste, was ich je gehört habe, die größte Schwäche der norwegischen Kultur. Es verlangsamt den Fortschritt unseres Landes.

Hilft es deiner sportlichen Leistung, wenn du dich kontrovers äußerst? Oder stehen deine Statements dem Erfolg manchmal auch im Weg?

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass eine böse Reaktion mir nichts ausmacht. Ich bin auch ein Mensch mit guten und schlechten Tagen, ich bin so verletzlich wie wir alle. Wenn mir jemand schreibt, ich würde mich ja „so schwul“ kleiden, ich solle mich doch umbringen – dann mache ich mir schon Gedanken. Nicht, dass ich allzu viele derart böse Nachrichten bekommen würde, aber sie werden zahlreicher, seit ich gelernt habe, in der Öffentlichkeit noch besser zu mir zu stehen.

Seit dieser Saison zählst du erstmals im Slalom und auch im Riesenslalom zur Startgruppe der besten sieben. Ich erinnere mich gut an die Saisoneröffnung in Sölden. Ich spürte so viel Druck. Ich hatte das Gefühl, dass alle auf mich schauen, darunter viele mit einer destruktiven Perspektive. Diesen Leuten will ich zeigen, dass sie falschliegen. Dass es aus mir keinen schlechteren Skifahrer macht, weil ich mich so kleide und ausdrücke, wie ich möchte. Wenn es mir gelingt, ich selbst zu sein und trotzdem Erfolg zu haben – dann kann ich diesen Sport verändern.

***

Wahrscheinlich ist es Zufall, aber Norwegen ist das Land der Ski-Zwillinge. Wie zuvor schon Kjetil André Aamodt und Lasse Kjus

64 THE RED BULLETIN
„Wenn es mir gelingt, ich selbst zu sein –dann kann ich diesen Sport verändern.“

Natürlich erfrischend.

Zutaten aus 100 % natürlicher Herkunft. Einzigartig im Geschmack.

und danach Aksel Svindal und Kjetil Jansrud kommt nämlich auch Lucas Braathen nicht allein. Sein Ski-Zwilling heißt Atle Lie McGrath, ist wie er im April 2000 geboren – und hat wie er einen nichtnorwegischen Elternteil (McGrath’ Vater ist Amerikaner).

Doch da hören die Gemeinsamkeiten auf. Braathen ist der Exzentriker, McGrath der Introvertierte, Braathen geht eigene Wege, McGrath fügt sich ins System ein. Hätten sich die beiden im normalen Leben kennengelernt, wären sie wahrscheinlich nie Freunde geworden. Sie begegneten sich im Alter von elf Jahren in einem Skiklub in Oslo und gingen den Weg an die Weltspitze ab da gemeinsam. Braathen war in allem etwas schneller: Weltcup-Debüt, erster Podestplatz, erster Sieg. Doch McGrath zog in allem gleich.

Auch die dunkelste Stunde ihrer Karriere durchlebten sie gemeinsam. 2021 stürzten sie im Riesenslalom von Adelboden und verletzten sich am Knie. Für beide war die Saison zu Ende. Zusammen kämpften sie sich durch die Reha und zurück. In den Sport –und in das vielfältige Leben daneben.

Lass uns über deine Liebe zur Kunst sprechen. Hast du ein Lieblingskunstwerk?

Die Kunst meiner Freundinnen und Freunde, etwa des in New York lebenden Bernhard Bratsberg, der großartige Mixed-Media-Gemälde erschafft. Ich bin in keinem besonders kreativen Umfeld groß geworden, die Liebe für die Malerei, die Kunst und die Musik entdeckte ich erst durch sie. Miterleben zu dürfen, wie sie ein Werk kreieren, das irgendwann in jemandes Zuhause, in einer Ausstellung oder in einer Galerie hängen wird – das berührt mich sehr. Zu erfahren, welcher Gedanke sie zu ihrem Werk veranlasst hat, ist unglaublich spannend.

Gams und Gloria Lucas Braathen bejubelt seinen dritten Platz im diesjährigen Weltcup-Slalom von Kitzbühel.

Ist Skifahren eine Form von Kunst?

Wenn du die Frage anderen Fahrern im Weltcup stellen würdest, würden die meisten wahrscheinlich antworten: „Ich mache Sport, nicht Kunst.“ Ich sehe das anders. Der Weg, der mich zum Sieg führt, ist in meinen Augen eine Art Kunstwerk. Am Ende eines langen Renntages auf der Rangliste zuoberst zu stehen ist für mich pure Freude. Denn dahinter steckt alles, was mich hierhergebracht hat: Meine Kindheit. Die Erziehung, die mir zuteil wurde. Mein kultureller Hintergrund. Meine Freunde. Meine Eltern. Die Schulen, die ich besuchte. Die Arbeit, die ich investierte. Ja, die Rangliste ist das Gemälde, das alle betrachten – doch dahinter steckt eine lange Reise vieler kleiner Pinselstriche.

Inwiefern hilft es dir beim Skifahren, dass du deine Kreativität in deiner Freizeit abseits des Sports auslebst?

Skifahren ist für mich nur eine von vielen Quellen des Glücks, und ich will mir die anderen unbedingt erhalten. Angenommen, ich hätte nur das Skifahren gehabt, als ich mich vor zwei Jahren schwer verletzte – ich wäre todunglücklich gewesen. Tatsächlich hatte ich all diese anderen Dinge, die mich interessieren.

In der Mode gibt es keine Ranglisten. Genau! Mode ist subjektiv. Im Skifahren geht es um Hundertstelsekunden, Podestplätze, Siege. In den anderen Welten meines Lebens suche ich das Gegenteil. Dort will ich mich ausdrücken können, wie es mir gefällt. Ich brauche das, um ein guter Skifahrer zu sein. Ist die Skisaison zu Ende, muss ich mich so schnell und so weit wie möglich von meinem Leben als Profsportler entfernen können, um später motiviert zurückzukehren. Jeder Tag, den ich mit Freundinnen und Freunden verbringe, die nichts mit Skifahren zu tun haben, macht mich zu einem besseren Skifahrer. Jeder Tag, an dem ich ich selbst sein kann, mich feminin kleiden kann, surfen, skaten oder eine Ausstellung besuchen, verschafft mir Erfahrungen, die mir auch in meinem Sport helfen.

Instagram: @pinheiiiroo

***
66 THE RED BULLETIN SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL
„Mode ist subjektiv –darum brauche ich sie, um mich ausdrücken zu können.“
OLYMP.COM/CASUAL

OLYMP 24/SEVEN DYNAMIC FLEX SHIRT

DAS INNOVATIVE SHIRT MIT FEUCHTIGKEITS- UND TEMPERATURREGULIERUNG.

OLYMP SETZT EIN ZEICHEN FÜR NACHHALTIGKEIT –100 % GREEN CHOICE PRODUKTE BIS 2025

% GREEN CHOICE PRODUKTE BIS 2025

ÜBER 60 % ALLER OLYMP PRODUKTE ERFÜLLEN BEREITS DIE GREEN CHOICE KRITERIEN UND SIND AUS

NACHHALTIGEREN ROHSTOFFEN UND UMWELTFREUNDLICHER GEFERTIGT. AUCH DIE VERPACKUNG IST NACHHALTIGER: 50 TONNEN WENIGER PLASTIK.* 40 % WENIGER 100 % WIEDERVERWERTBAR.

NACHHALTIGEREN ROHSTOFFEN UND UMWELTFREUNDLICHER GEFERTIGT. AUCH DIE VERPACKUNG IST NACHHALTIGER: 50 TONNEN WENIGER PLASTIK.* 40 % WENIGER CO2.* 100 % WIEDERVERWERTBAR.

* EINSPARUNGEN PRO JAHR GEGENÜBER 2019.

Peek & Cloppenburg 4061 Linz-Pasching OLYMP Store PlusCity • Peek & Cloppenburg 4400 Steyr Kleider Bauer 4400

Steyr / EKZ Hey Steinecker Moden 4470 Enns Modehaus Schmid 4600 Wels Kleider Bauer 4710 Grieskirchen Moden Kastner 4761 Enzenkirchen Auzinger Mode & Tracht 4810 Gmunden Herrenmode Schönleitner 4840 Vöcklabruck Kastner & Öhler 4910 Ried im Innkreis Kastner & Öhler 5020 Salzburg Kleider Bauer • OLYMP Store Europark 5020 Salzburg-Klessheim Peek & Cloppenburg 5021 Salzburg Kleider Bauer 5280 Braunau Atelier Milano 5700 Zell am See Trendmaker Mode & Tracht 5760 Saalfelden Mode & Textilwelten Lederer 6010

Innsbruck Kleider Bauer 6020

Innsbruck Herrenmode Salchner • Kastner & Öhler

• Kleider Bauer • Kleider

Mair • Peek & Cloppenburg 6176 Völs Kleider Bauer 6460 Imst FMZ Stigger Mode 6850 Dornbirn Kleider Bauer • Peek & Cloppenburg 6912 Hörbranz Facona Fashion 7132 Frauenkirchen Modehaus Lass 7400 Oberwart Kastner & Öhler • Top Moden Balaskovics 7551 Stegersbach Pop-Shop 8010 Graz Kastner & Öhler 8025 Graz

Kleider Bauer 8041 Graz-Murpark Kastner & Öhler 8055 Seiersberg Kleider Bauer • OLYMP Store Shoppingcity • Peek & Cloppenburg 8160 Weiz Modehaus Laschober 8200 Gleisdorf Modehaus Roth 8230 Hartberg Modehaus Roth 8254 Wenigzell Moden Posch 8280 Fürstenfeld Kastner & Öhler 8330 Feldbach Modehaus Roth 8342 Gnas Goldmann Mode 8344 Bad Gleichenberg Modehaus Hufnagl 8430 Leibnitz Modehaus Roth 8431 Gralla-Kaufpark Kappaun Man 8582 Bärnbach ⁄ Rosental Kastner & Öhler 8600 Bruck a. d. Mur Kleider Bauer 8642 Kapfenberg / St. Lorenzen Kastner & Öhler 8700 Leoben LCS Kastner & Öhler 8753 Fohnsdorf Kastner & Öhler 8940 Liezen Kastner & Öhler 9020 Klagenfurt Kleider Bauer • Peek & Cloppenburg 9400 Wolfsberg Kastner & Öhler 9500 Villach Kastner & Öhler • Kleider Bauer 9800 Spittal an der Drau Kastner & Öhler 9821 Obervellach Modezentrum Reiter OLYMP GROSSE GRÖSSEN 1060 Wien Hirmer

OLYMP FACHHÄNDLER 1010 Wien Peek & Cloppenburg 1060 Wien Kleider Bauer 1070 Wien Peek & Cloppenburg 1140 Wien Kleider Bauer 1160 Wien Kleider Bauer 1200 Wien Tom's Männermode 1210 Wien Kleider Bauer 1220 Wien Kleider Bauer • Peek & Cloppenburg 2020 Hollabrunn Modehaus Schneider 2130 Mistelbach Kleider Bauer 2201 Gerasdorf Peek & Cloppenburg 2334 Vösendorf Kleider Bauer • OLYMP Store Shopping City Süd • Peek & Cloppenburg 2700 Wiener Neustadt Kleider Bauer • Peek & Cloppenburg 3100 St. Pölten Kleider Bauer • MACRO 3107 St. Pölten Kleider Bauer 3240 Mank Moden Anderle 3250 Wieselburg Steinecker Moden 3263 Randegg Steinecker Moden 3300 Amstetten Steinecker Moden 3340 Waidhofen an der Ybbs Herrenmode Pöchhacker 3352 St. Peter in der Au Schenkermayr Moden 3430 Tulln Stift Mode 3485 Grunddorf Fest- u. Modewelt Pichler 3500 Krems Kleider Bauer • Steinecker Moden 3910 Zwettl Steinecker Moden 3950 Gmünd Shopping Center Ruzicka 4020 Linz Kleider Bauer •
ALLE PRODUKTE, BEZUGSQUELLEN UND INFORMATIONEN UNTER: OLYMP.COM

UND JETZT DU!

HÖREN, DENKEN, ERLEBEN, FAHREN – UND POSIEREN
Triathlon-Camp auf Lanzarote: Profi Daniel Bækkegård gibt den Coach.
Dein Guide für ein Leben abseits des Alltäglichen REISEN,
THE RED BULLETIN 75 KONSTANTIN REYER

Daniel Bækkegård, 26, ist TriathlonEuropameister in der 70.3-Distanz. Er leitet Triathlon-Camps auf Lanzarote, die als Package buchbar sind.

RUN -ZAROTE

Top-Triathlet Daniel Bækkegård trainiert

auf der Kanaren-Insel Lanzarote

Mit Destination Red Bull bist du dabei.

Alles.“ – Das ist Daniel Bækkegårds umfassende Antwort auf die Frage, was Lanzarote zur idealen Destination für sein Triathlon-Camp 2023 mache. Der Däne absolviert seine Saisonvorbereitung regelmäßig auf der nordöstlichsten der acht bewohnten Kanarischen Inseln. „Zum ersten Mal war ich mit zwölf Jahren auf Lanzarote.“ Auf Urlaub. Später fand er dort ideale Trainingsbedingungen.

Im Juni 2022 kürte sich Daniel vor heimischem Publikum in Helsingør zum Europameister über die 70.3-Distanz (die so heißt, weil die drei

Auf dem Weg dorthin spürt man stets die Kraft der Natur: „Auf einer Atlantik-Insel weht immer und überall Wind. Dieser natürliche Widerstand macht dich stärker – nicht nur körperlich.“

Triathlon ist ein Ausdauersport, bei dem der Geist eine entscheidende Rolle spielt: „Erfolg setzt sich aus vielen

Komponenten zusammen. An der Weltspitze macht die Physis praktisch keinen Unterschied,wir sind alle nahezu gleich gut vorbereitet. Über Sieg oder Niederlage entscheidet der Muskel zwischen deinen Ohren.“

Daniel verspricht seinen Gästen Einblicke in die Gedankenwelt eines Profsport- Einzeldisziplinen – 1,9 Kilometer Schwimmen, 90,1 Kilometer Radfahren, 21,1 Kilometer Laufen – nach USZählweise über 70,3 Meilen führen). Doch seine Aufwärmrunden zog er ganz woanders: „Der Club La Santa an Lanzarotes nordwestlicher Küste ist nicht nur die heimliche dänische Botschaft in Spanien. Diese Anlage ist der perfekte Stützpunkt für alle Aktivitäten, die wir für unser Training brauchen“, sagt Daniel.

Direkt vor der Haustür beginnen die Lauf- und Radstrecken, etwa in den malerischen, 20 Kilometer entfernten Timanfaya-Nationalpark.

Meeresbrise und bizarre Gesteinsformationen: Der Club La Santa auf Lanzarote ist der perfekte Platz für ein Triathlon-Camp.
REISEN
76 THE RED BULLETIN

1,9 Kilometer im Wasser gilt es zu meistern. Daniel (Mitte) trainiert aber nicht nur im Pool, sondern auch im Meer.

lers. „Ich werde genau erklären, wie ich trainiere –und warum. Ich war immer Perfektionist, bevor ich mit einem Mentaltrainer zu arbeiten begonnen habe. Ich musste lernen, Situationen so zu akzeptieren, wie sie waren. Erst danach war ich in der Lage, mein Bestes zu geben.“

Daniels sportlicher Background ist das Schwimmen, das er wettkampfmäßig als Siebenjähriger entdeckt hat: „Die Technik im Wasser ist am

Trainingsprogramm: Eine normale Arbeitswoche besteht aus 7 Stunden Schwimmen, 8 Stunden Laufen und 20 bis 25 Stunden am Rad: „Man sagt, dass sich Triathleten quälen. Es kommt aber auf die Sichtweise an. Wenn ich fünf Stunden durch die Gegend radle, die Sonne genieße und dem Gesang der Vögel lausche, dann freue ich mich über den besten Job der Welt.“

Auf seiner Lieblingsinsel Lanzarote gewann er 2021 den Ironman­70.3 ­Triathlon, der wegen der Lava­Landschaft den Beinamen „Race on Another Planet“ trägt. „Triathlon ist ja nicht nur ein Sport, es ist ein Lifestyle. Ich merke immer wieder, dass Menschen, die mit mir trainieren, ihr Leben aktiv und mit großer Leidenschaft führen“, strahlt Bækkegård.

ANREISE

Der Weg nach Lanzarote Von Deutschland lässt sich die Feuerinsel in vier bis fünf Stunden erreichen, von Zürich in vier Stunden. Aus Österreich dauert die Anreise mit einem Stopp in Barcelona oder Madrid ca. sechseinhalb Stunden. Der Flug von Salzburg nach Lanzarote und retour ist im Paket inkludiert.

GUT ZU WISSEN

Kanarische Kartoffeln

Runzelige Papas Arrugadas mit Schale und Salzkruste isst man mit Mojo, einer hiesigen Sauce. Auch fein: Gofio, der aus Mais, gerösteten Körnern oder weiteren Getreidearten besteht. Die Kanaren bereiten ihn divers zu: Mit Milch vermischt wird er zu einem Dessert – oder man fügt in der pikanten Variante Fischbrühe hinzu.

anspruchsvollsten. Du musst geduldig sein, wenn du gut werden willst.“ Dementsprechend großen Wert wird er den Schwimmeinheiten beimessen: „Das ist der Bereich, in dem sich jeder Triathlet am stärksten verbessern kann.“

Für sein Ziel, eines Tages den Ironman auf Hawaii zu gewinnen, absolviert Daniel selbst ein umfangreiches

Deshalb gehört auch ein Glas Wein oder ein Bier an der Bar zum geselligen Abschluss eines Trainingstages: „Allein deshalb werden wir darauf achten, dass wir tagsüber niemanden mit zu intensiven Einheiten auspowern. Wir wollen uns ja noch unterhalten und das Leben, den Moment feiern.“

Sportlicher Nachsatz: „Keine Sorge: Am Ende der Woche wird jeder seine Beine spüren. Aber es wird auch jeder der Camp­Teilnehmer wissen, wie er zu Hause besser trainieren kann.“ Auch ohne Wind und Lava­Landschaft.

Alle Infos zur Buchung, auch schon für das Triathlon-Camp 2024: destination.redbull.com. Weitere Reisen mit Red Bull-Athleten gibt’s im aktuellen Destination Red Bull-Magazin.

Lanzarote Club La Santa Arrecife
REIN INS ABENTEUER! Mit Rallye-Superstar Cyril Despres über die Dünen donnern FREESKIING MIT NADINE WALLNER FORMEL MIT MARK WEBBER
21,1 Kilometer Laufen: Daniel Bækkegård (li.) macht das Tempo, seine TriathlonSchüler halten Schritt.
THE RED BULLETIN 77
CARINA BRUNNAUER, KONSTANTIN REYER, CLUB LA SANTA

SENECA RELOADED

Lernen von Geistesgrößen. Diesmal: Lucius

Annaeus Seneca über die Herausforderung, unabhängig von Statussymbolen zu leben.

Ha, ich weiß, warum du gerade mich das fragst. Du denkst: Der alte Seneca war selbst einer der reichsten Männer seiner Zeit – der musste sich doch vor sich selbst dafür rechtfertigen, dass er diverse Villen besaß. Und sicher weißt du auch, dass ich mir im Alter immer wieder selbst die Frage stellte, ob es einem Mann, der sich den Stoikern verbunden weiß, gut zu Gesichte steht, ein Leben im Überfuss zu führen. Und wahrlich, ja, ich habe mich gequält mit dieser Frage – und mit meinem Reichtum. Loswerden wollte ich ihn, aber Kaiser Nero wollte mir das nicht gestatten. Also musste ich mich damit arrangieren, als Philosoph ein Multimillionär zu sein.

Oh, ich weiß, was du jetzt denkst: „Der Mann hat gut reden. Dessen Luxusprobleme hätte ich auch gern.“ Aber

glaube mir: So einfach ist es nicht. Denn der Reichtum und der Luxus können sich wie tausend Tonnen Blei auf deine Seele legen. Sie lasten auf dir, weil du immer weißt, dass andere Menschen Hunger leiden, während du durch deine schönen Gärten schlenderst. Dass es Menschen gibt, die dir deinen Reichtum neiden und dich lieber tot als lebend sähen. Und du weißt auch, dass dir all das gar nicht zusteht und es bloß eine Schicksalslaune ist, die dich in Gold und Purpur kleidet.

Dieses Wissen zerrt an deinen Nerven, lieber Freund, und deshalb rate ich davon ab, ein Leben voller Luxus anzustreben. Sicher bringt es so manche Annehmlichkeit, doch der Preis, den du dafür zahlst, ist viel zu hoch: Luxus bringt dich um die Ruhe des Gemüts, er macht dich nervös und ängstlich. Bis du eines

Lucius Annaeus Seneca (ca. 1–65 n. Chr.) war unter dem römischen Kaiser Nero einer der mächtigsten und reichsten Männer. Was den Philosophen nicht daran hinderte, in vielen Briefen und Traktaten im Sinne der stoischen Philosophie für ein anspruchsloses und schlichtes Leben zu werben.

Tages erkennst, dass wahrer Luxus nur darin besteht, frei über deine Zeit verfügen zu können. Glaube mir: Geld hat noch keinen reich gemacht. Aber warum, fragst du, hast du dann nicht alles fortgegeben? Nun, ich sagte schon, der Kaiser ließ es nicht zu – aber das war nicht der einzige Grund.

Wir Stoiker gehen davon aus, dass alles von einer klugen Schicksalsmacht gelenkt wird. Und so sagte ich mir, dass es dieser Macht offenbar gefallen hat, mich in Luxus zu baden. Sollte ich dagegen aufbegehren? Oder sollte ich diese Gabe nicht vielmehr als Aufgabe deuten – als Aufgabe, mich in der hohen Kunst der Gelassenheit zu üben, ohne die ich im Zentrum des Römischen Reiches nicht hätte bestehen können? Ich sagte mir: Das Schicksal will, dass ich mit meinem Luxus lerne, was jedem Menschen zu lernen ansteht: so zu leben, als stürbe er im nächsten Augenblick. So zu haben, als hätte er nicht. Die Güter und Gaben, die ihm gegeben sind, jederzeit loslassen zu können – sie als anvertrautes Pfand zu sehen, das man jederzeit zurückgeben kann, ohne ihm eine Träne nachzuweinen.

Christoph Quarch, 58, beantwortet neue Fragen im Namen der alten Denker. Er ist Philosoph, Hochschullehrer, Gründer der Neuen Platonischen Akademie (akademie-3. org) und Autor zahlreicher philosophischer Bücher, u. a. „Kann ich? Darf ich? Soll ich? Philosophische Antworten auf alltägliche Fragen“, legendaQ.

Nur wer so mit seinem Luxus umgeht, wird an ihm keinen Schaden nehmen. Er wird anderen geben, was sie brauchen, und sich selbst die Ruhe und die Freiheit des Gemüts erhalten. Luxus ist per se nichts Falsches oder Schlechtes – doch er wird es, wenn du dein Herz an ihn bindest. Bei dem Weisen ist der Reichtum ein Diener, bei dem Toren aber spielt er den Herrn.

DENKEN
78 THE RED BULLETIN PICTUREDESK.COM, ULRICH MAYER DR. CHRISTOPH QUARCH

7. MAI 2023

WIR LAUFEN FÜR ALLE, DIE ES NICHT KÖNNEN

WINGSFORLIFEWORLDRUN.COM LAUF MIT UNS

100 % DER STARTGELDER FLIESSEN IN DIE RÜCKENMARKSFORSCHUNG

SO SEHEN SIEGER AUS

Power Posing: Wie du dich mit der richtigen Körperhaltung in Erfolgslaune bringst, verrät Profi­Biohacker Andreas Breitfeld.

Die Idee mit dem Power Posing ist nicht ganz neu, dafür umso bewährter: Bereits Neuseelands Ureinwohner, die Maori, haben den Haka, einen (auto)suggestiven Tanz, kreiert, den auch Neuseelands Rugby-Nationalteam zur Motivationssteigerung einsetzt. Erfreulicherweise kriegen wir den Rugby-Effekt auch ohne Tanz und ohne Rauferei ganz hervorragend hin.

Was mache ich also als Biohacker, wenn ich morgens im Bad einen komplexen Tag eröffne? Oder kurz vor einem Meeting mit ambivalenter Ausgangslage? Ich nehme für ungefähr zwei Minuten eine enorm theatralische Sieger pose ein: breitbeinig hinstellen und die Arme in die Hüften stemmen (am besten „Wonder Woman“ googeln)!

Man fühlt sich während der zwei Minuten zwar irgendwie protzig, aber das Selbstbewusstsein steigt objektiv, das Stressniveau sinkt objektiv, Biologie ist eben auch hier stärker als Vernunft.

DAS PATHOS DES TIGERS

Die Alternative zum Power-Woman-Posing: Hardcore-Siegerpose mit Armen in der Luft (V-Form), dazu passende Musik, sich so richtig feiern, ohne die geringste Berührungsangst gegenüber dem Pathos – „Eye of the Tiger“ wäre mein präferierter Soundtrack.

Pro-Tipp: Das Erstellen von Handyvideos durch Augenzeugen ist während des Power Posings um jeden Preis zu unterbinden!

Aber was um Himmels willen ist der wissenschaftliche Hintergrund für die Wirksamkeit dieser vordergründigen Poserei? Offenbar lässt sich durch deine Körpersprache nicht nur dein Gegenüber manipulieren – sondern auch du selbst. Dazu gibt es Untersuchungen: In einer Studie wurden jene Probanden wagemutiger, die zuvor aufgefordert worden waren, eine Power-Pose einzunehmen. Bei jenen in Verliererhaltung, also Schultern vorne, Hand am Kehlkopf (um die Arterie zu schützen, ein evolutionär superdefensiver Refex), geschah das Gegenteil. Offensichtlich funktioniert also die Feedbackschleife der Haltung in beide Richtungen: Selbstbewusstsein bestimmt Haltung, Haltung bestimmt Selbstbewusstsein.

Die WonderWoman-Pose: Arme in die Hüften stemmen und breitbeinig auftreten

Andreas Breitfeld, 49, ist Deutschlands bekanntester Biohacker. Er forscht in seinem speziellen Lab in München. Biohacking umfasst, vereinfacht gesagt, alles, was Menschen eigenverantwortlich tun können, um Gesundheit, Lebensqualität und Langlebigkeit zu verbessern.

Die Biohacking-Praxis ist der PerformanceLifestyle-Podcast für alle, die mehr über Biohacking (und sich selbst) erfahren wollen. QR-Code scannen und reinhören.

BIOHACKING
80 THE RED BULLETIN PRIVAT ANDREAS BREITFELD BRATISLAV MILENKOVIC ´

MUST-HAVES

1 COOL ENERGIE SPAREN

Mit den neuen energiesparenden Kühl-Gefrier-Kombinationen in der Energieeffizienzklasse A kann man jetzt mehr rausholen: Beste Energieeffizienz und durchdachte Frischetechnologien halten Lebensmittel länger frisch und schonen dabei Ressourcen und Geldtasche. Jetzt bis Jahresende 10 Jahre Garantie auf die A-Geräte sichern! home.liebherr.com

2 AFRIKA FÜR ZU HAUSE

Premium-Kaffee, aber Fairtrade-zertifiziert, bio und von Bauernfamilien im eigenen Garten großgezogen: Die Kaffeemischungen von Afro Coffee stammen aus Äthiopien, der Wiege der Kaffeekultur, und bringen Pep und gutes Gewissen in jede Coffee Party. Wer will, erhält im Shop auch das passende stylishe Zubehör. afrocoffee.com

3 EINFACH WOW

Voluminöse und optisch dichtere Augenbrauen – wie vom Profi gemacht! Das DIYBrow Lift Kit von BeautyLash® bändigt widerspenstige Augenbrauen, macht diese formbar, verleiht ihnen Fülle und einen echten Wow-Effekt! Das Ergebnis hält mehrere Wochen. Reicht für bis zu acht Anwendungen. Made in Austria by GW Cosmetics® beautylash.com

4 ZUM FÜRCHTEN GUT

Absonderlicher Knochenfund mitten in Berlin: In seinem zweiten Kriminalroman nimmt Bestsellerautor Mark Benecke seine Leserinnen und Leser mit in die düstere Welt des Kannibalismus, wo unbekannte Begierden und Fantasien die Privatermittler Becker und Funke an ihre Grenzen bringen. Eine mörderische Jagd beginnt.

beneventobooks.com

ANZEIGE
3 4 1 2

LIEBE DAS LEBEN

LEMON - LÄSSIG!

Die Premium-Linie erfrischender Biogetränke, The ORGANICS by Red Bull, stellt eine neue Sorte vor: Easy Lemon genießen wir pur und in einem Mock- oder Cocktail. Cheers, folks!

Was wir auch diesen späten Frühling und Hochsommer brauchen wie einen Kübel Eiswürfel in der Mittagshitze? Eine zitronige Erfrischung! Wer Lust auf ein wahres „Naturtalent“ bekommt, wählt mit ORGANICS

Easy Lemon genau seinen richtigen Begleiter. Biozertifzierter Genuss – wie üblich bei Bio ­Produkten sind keine künstlichen Aromen, künstlichen Farbstoffe, Konservierungsmittel oder Zusatzstoffe zugesetzt. Das Getränk überzeugt mit einem Geschmack von Zitrone und Limette und einem angenehm säuerlichen Einschlag – die besten Voraussetzungen für einen kühlen Sommerdrink, Mocktail oder einfach puren Genuss! You choose! Mix doch einen Easy Breezy zu Hause, oder probier ab sofort ORGANICS Easy Lemon an einem von unseren Lieblingsplätzen.

WIEN LOOS

AMERICAN BAR

Kärntner Durchgang 10 1010 Wien

Prominente aller Bekanntheitsstufen quetschen sich seit dreißig Jahren zu Gastgeberin Marianne Kohn in die legendäre Loos Bar, die winzigste und wichtigste Bar der Stadt. Barchef

Milen Milkov verrät: „Viele lieben unseren Negroni und Espresso Martini. Es waren auch schon Mick Jagger, Jude Law und John Malkovich bei uns.“

Die Art-décoBar wurde von Adolf Loos entworfen.

KÄRNTEN SOL BEACH VELDEN

Seecorso 68

9220 Velden/Wörthersee

Lounge Musik unter Palmen mit Seekulisse, und das nur wenige Schritte vom Zentrum in Velden entfernt – urlaubsreifes Herz, was willst du Meer? Glückselige Stammgäste behaupten: Hier am Wörthersee herrscht das Flair von Südfrankreich.

VORARLBERG i X MOMENTS

Marktstraße 33

6850 Dornbirn

Das Restaurant punktet mit Inspiration aus der asiatischen Küche. Neben japanischem Sushi, Gua Bao aus China oder Bun Bo aus Vietnam finden sich auch vitaminreiche Poke Bowls auf der Karte. Dazu passen Drinks mit Yuzu oder Zitrone besonders gut.

82 THE RED BULLETIN ANZEIGE ROBIN ROGER PELLER

EASY BREEZY

So pimpst du dein ORGANICS Easy Lemon:

Du brauchst:

2 cl Zitronensaft

2 cl Agavendicksaft

10 Blätter Basilikum (optional)

Eiswürfel

Zitronen- und Agavendicksaft gemeinsam mit Basilikumblättern in ein Glas geben und leicht andrücken. Eiswürfel hinzufügen, mit ORGANICS

Easy Lemon auffüllen, umrühren und genießen.

Zesty & natural –die perfekte Erfrischung für den Sommer!

ANZEIGE THE RED BULLETIN 83
Serviervorschlag

Carl Cox’ Album „Electronic Generations“ ist jetzt im Handel erhältlich. Mehr Infos: carlcox.com

„WAS, BOWIE IST WEISS?“

Die britische DJ-Legende Carl Cox über die Tracks, die seinen Weg als Künstler prägten. Und sein Leben.

COULD HEAVEN EVER BE LIKE THIS (1977)

„Viele Leute wissen nicht, dass ich Tänzer war, bevor ich DJ wurde. Ich erinnere mich, dass ich diesen Track in einem Club hörte und er mich sofort auf die Tanzfläche zog. Ich tanzte mir die Sohlen ab und wollte gar nicht mehr aufhören. Ich interessierte mich plötzlich nicht mehr für Fußball, für Mädchen, für nichts, nur für diesen Moment mit der Musik. Die hat mein Leben zu diesem Zeitpunkt komplett gemacht.“

GOLDEN YEARS (1975)

„Ich bin durch das Radio auf den Song aufmerksam geworden. Als ich ihn das erste Mal hörte, dachte ich, David Bowie wäre schwarz. Ich dachte, jemand mit einer solchen Stimme könne einfach nur schwarz sein. Dann sah ich, wie er den Song in ‚Soul Train‘, einer schwarzen Fernsehshow mit schwarzen Künstlern, vortrug – dieser magere weiße Typ. Das war bedeutungsvoll, hat Barrieren niedergerissen.“

Der QR-Code führt zur Podcast-Playlist von und mit Carl Cox auf Spotify.

Carl Cox tauchte Ende der Achtzigerjahre in der DJ­Szene auf und entwickelte sich zu einer britischen House­ und Techno­Legende. Der heute 60­jährige DJ und Produzent ist bereits im britischen Parlamentsgebäude aufgetreten und am Millenniumsabend gleich zweimal hinter den Decks gestanden (also zu Silvester 1999/2000 einmal in Sydney und dann noch einmal auf Hawaii, nachdem er zeitlich zurückgereist war). Außerdem hat Cox den Club Space auf Ibiza mit einem neunstündigen Set beehrt. Obwohl er vor allem für House und Techno bekannt ist, ist seine Musik von einigen ganz anderen Genres inspiriert. „Ich nehme Elemente aus allem, was ich höre, und kreiere daraus meinen ganz eigenen Sound“, sagt er. Hier stellt Cox die Tracks vor, die ihm am meisten bedeuten.

TUBULAR BELLS, PARTS ONE AND TWO (1973)

„Ich hörte die beiden je knapp halbstündigen Nummern zum ersten Mal in einem Plattenladen, verstand sie nicht wirklich, aber kaufte sie trotzdem. Ich lud ein paar Schulfreunde ein und spielte ihnen die zwei Songs vor – niemand rührte sich oder sagte etwas. Dann habe ich Teil eins noch einmal gespielt, und alle waren hin und weg. Es ist wahrscheinlich eines der schönsten Musikstücke, die ich je gehört habe.“

KC

THAT’S THE WAY (I LIKE IT) (1975)

„Das ist eine sehr positive Nummer. Sie hat mich durch viele Höhen und Tiefen in meinem Leben begleitet. Ich wurde vor vielen Jahren geschieden, in mein Haus wurde ein paar Mal eingebrochen, mein Auto wurde gestohlen – nicht alles läuft immer so, wie man es sich vorstellt. Aber wenn du diese Platte auflegst, vergisst du den ganzen Schrott für einen Moment – KC macht alles wieder gut.“

HÖREN
and the Sunshine Band Idris Muhammad David Bowie Mike Oldfield
84 THE RED BULLETIN DAN REID WILL LAVIN

MOTO GUZZI TESTRIDE

AUSSTATTUNG DER MOTO GUZZI V100 MANDELLO:

VOLL-LED

4 FAHRMODI KURVEN-ABS

KURVENLICHT

ADAPTIVE AERODYNAMIK

QUICKSHIFTER (BEI S-VERSION)

HEIZGRIFFE

ELEKTRISCHER WINDSCHILD

SEMIAKTIVES FAHRWERK ( BEI S-VERSION )

ERFAHRE DIE NEUEN MODELLE

AB 1. MÄRZ 2023 ALLE MOTO GUZZI MODELLE TESTEN

Entdecke die brandneue V100 – technologisch, mit großem Spaßfaktor und revolutionär durch die Weltpremiere der adaptiven Aerodynamik. Teste den Klassiker V7 – einzigartig in Stil und Fahrerlebnis. Cruise mit der V9 Bobber – in der Kombination von Individualismus und Leidenschaft. Genieße den Allroundcharakter der V85.

TESTFAHRT BUCHEN: www.motoguzzi.com/at_DE/testride

www.motoguzzi.at

DEM HIMMEL SO NAH

Fliegen, Zocken, Breaken – diese Events sind nichts für schwache Nerven.

MÄRZ RED BULL DOODLE ART

Wenn du herumkritzelst, während deine Gedanken abschweifen, bist du ein Doodler. Eine neue Ausgabe von Red Bull Doodle Art zeigt, dass sich diese zeitlose Kunstform ständig weiterentwickelt. Wir suchen nun kreative Köpfe, die ihre Werke einreichen wollen. Vielleicht schaffst auch du es mit deinen Kreationen zum World Final in Amsterdam. redbull.com/doodleartaustria

MÄRZ BIS 8. APRIL 20 JAHRE MASTERS OF DIRT

Bei der Jubiläumsshow 2023 von Masters of Dirt heißt es: „Alles, was Räder hat, fliegt!“ Die besten Akrobaten der Freestyle-Szene kommen wieder mit einer spektakulären Show nach Österreich. Auf BMX, Mountainbikes, FMX-Bikes, Quads, Buggys und sogar Snowmobiles setzen 80 Talente die Gesetze der Physik scheinbar außer Kraft und zeigen ihre verblüffendsten Tricks. Die Fireshow der britischen Performancegruppe The Fuel Girls, die Beats von DJ Mosaken und jede Menge Pyrotechnik sorgen zusätzlich für eine adrenalingeladene Atmosphäre. Vor 20 Jahren startete Mastermind Georg Fechter sein erstes Freestyle-Event und präsentierte Fahrer aus aller Welt. Inzwischen ist die Masters of Dirt-Show zum Pflichttermin aller Biker und motorsportinteressierten Zuschauer geworden. Jedes Jahr pushen die Freestyler ihre Limits und stellen in 18 Ländern neue Weltrekorde auf. Die Termine für Salzburg, Innsbruck und Graz findest du auf mastersofdirt.com

YouTube-Star und MTBProfi Fabio Wibmer war bereits 2022 bei Masters of Dirt mit von der Partie.

APRIL BEREIT FÜR EIN DUELL?

Bei Red Bull Solo Q zeigen „League of Legends“-Spieler ihr Können in 1-gegen-1-Matches. Zocker aus der ganzen Welt werden in Qualifikationsturnieren in 18 Ländern antreten, bevor die Besten zum Finale in die Red Bull Gaming Sphere in London eingeladen werden. Die regionale Qualifikation findet am 18. und 25. 3. online statt, das Finale am 1. 4. im Cineplexx Wien. redbull.com/soloqaut

Mastermind Georg Fechter

„Masters of Dirt ist nicht nur eine Show, sondern eine Einstellung, ein Lifestyle.“

ERLEBEN
1
18
86 THE RED BULLETIN SYO VAN VLIET, VYTAUTAS DRANGINIS / RED BULL CONTENT POOL, MONEPIC

BIS 25. MÄRZ WORLD ROOKIE TOUR FINALS

Der nationale und internationale SnowboardNachwuchs kämpft um den heiß begehrten Titel „World Rookie Champion“ in der Region Zell am See-Kaprun. Knapp 200 NachwuchsSnowboarder treten beim großen Finale im Snowpark Kitzsteinhorn gegeneinander an und beweisen ihr Können im Slopestyle und in der Superpipe. Mehr Infos gibt’s unter kitzsteinhorn.at

UND 16. APRIL RADIKALE TRICKS

Das Argus Bike Festival beehrt den Wiener Rathausplatz! Und auch 2023 ist der Dirt Battle wieder das große Highlight, bei dem die Wertungen aus Highjump und Best-Trick kombiniert werden. Es messen sich einige der besten Fahrer aus der FMBA-World-Pro-Tour in bis zu neun Meter hohen Sprüngen. BMX-Legende Senad Grosic lädt junge BMXTalente in seine School2Rock, um neue Tricks zu erarbeiten. bikefestival.at

UND 22. APRIL RED BULL BC ONE CYPHER

Watch out, B-Girls und B-Boys! Red Bull BC One Cypher Austria ist am 22. April zurück in Wien. Tanz in den Wiener Werkshallen um den Triumph bei der wichtigsten österreichischen Solo Competition für Breaker. B-Girl Sina und B-Boy Lil Zoo haben 2022 ihre Moves bestens platziert und geglänzt. Jetzt bist du dran! Die Open Quali findet am 21. April statt. Die World Finals gehen am 21. 10. im legendären Stade Roland Garros in Paris über die Bühne. Tickets für den Red Bull BC One Cypher Austria: redbull.com/bconeaustria

19
21
15
B-Boy Hynamite beim Red Bull BC One Cypher 2022

BEWEGENDE GESCHICHTEN

Neue Modelle, starke Comebacks, moderne Klassiker –eine erste Ausfahrt in den Motorrad-Frühling.

TEXT WERNER JESSNER

FAHREN
88 THE RED BULLETIN

MOTO GUZZI V100 GIRO D’ITALIA

Aufbruch in neue Zeiten für die Marke aus Mandello del Lario: Bisher der Klassik verpflichtet, bleibt bei der neuen Reise-Enduro V100 nur der unantastbare längs eingebaute V2-Motor an Bord, aber auch der ist komplett überarbeitet. Weltneuheit: die adaptive Aerodynamik. Dazu Digitalcockpit, Quickshifter, gute Sitzposition und massig Zubehör: Die italienische Reise kann beginnen. 1042 ccm, 115 PS / 85 kW, ab € 16.999,–

BMW M 1000 R

BAYERNHAMMER

BMW Motorrad feiert den 100. Geburtstag und beschenkt die Welt mit dem stärksten Roadster der Welt: 210 PS. Da bleibt nur eine Frage offen: Wie schafft es dieses Bike, Leistungsdaten auf den Boden zu bringen, die wir vor kurzem noch aus der MotoGP kannten? Drei Antworten: Aerodynamik mit Winglets, tatsächlich wie in der MotoGP, elektronisch verstellbares Fahrwerk und Traktionskontrolle der jüngsten Generation. 999 ccm, 210 PS / 154 kW, ab € 34.196,–

THE RED BULLETIN 89

VESPA GTS KLASSISCH FRISCH

Niemand – vielleicht abgesehen von Porsche beim 911 – hegt und pflegt die Grundform so liebevoll wie Piaggio seine Vespa. Und entwickelt sie dennoch weiter. 2023 kommen vier Varianten der GTS-Serie jeweils als 125und 300-Kubik-Modell. Bedeutet?

Neue Einarm-Gabel für höhere Stabilität, Keyless Go, geänderte „Krawatte“ an der Schürze, LED-Lichter plus Blinker, angepasste Sitzposition und neue Farben. 125 bzw. 300 ccm, 14 bzw. 24 PS, ab € 5.999,– bzw. € 6.999,–

90 THE RED BULLETIN

HARLEY-DAVIDSON PAN AMERICA 1250 SPECIAL EINE WIE KEINE

Harley kann nicht nur Klassik und Tourer, sondern auch Reise-Enduro. Die Special ist die Topversion der Pan Am mit allem, was gut und besonders ist: gewichtssensiblen Federelementen, Lenkungsdämpfern oder adaptiven Scheinwerfern mit Zusatz-LEDs. Extra: die Weltneuheit eines beim Aufsitzen automatisch absenkbaren Fahrwerks. 1252 ccm, 152 PS / 112 kW, ab € 26.595,–

TRANSALP SEGEN AUF ALLEN WEGEN

Comeback eines großen Namens: Bereits in den 1980er-Jahren stand „Transalp“ für ein unkompliziertes Universal-Bike, das von Stadt bis Tour, von Landstraße bis Autobahn alles mitmacht. Genau das verspricht auch dieses brandneue Bike mit ParallelTwin-Motor. Mit an Bord: Wheelie Control, Farbdisplay, LED-Lichter und selbst rückstellende Blinker. 755 ccm, 92 PS / 68 kW, ab € 11.590,–

SPICE

Die älteste durchgehend produzierende Motorradmarke boomt gerade. Dank der Super Meteor findet der markentypische Parallel-Twin-Motor aus den Classic-Bikes Interceptor und GT nun in einen Midsize-Cruiser –ergänzt um Details wie einen skulpturierten Tank, Upside-down-Gabel, AluDruckguss-Felgen, LED-Licht und kombiniert analog-digitales Display. 648 ccm, 47 PS / 35 kW, € 9.090,–

FAHREN
Wenn Peter Fonda das noch erlebt hätte! Bei der neuen Harley lässt sich zum Aufsitzen das Fahrwerk absenken
HONDA XL750 ROYAL ENFIELD SUPER METEOR 650 INDIAN
THE RED BULLETIN 91

KTM 1290 SUPER DUKE R EVO RUHE IM RÜCKSPIEGEL

Gegner, lasst alle Hoffnung fahren: Das radikalste Naked Bike der KTM-Historie, genannt „The Beast“, zieht alle Performance-Register bis hin zum Track-Modus, in dem die 180 PS und gewaltigen 140 Nm Drehmoment ungehemmt Striche auf den Asphalt malen dürfen. Und sollte ein anderer sein Vorderrad vorn haben: „The Beast“ war unschuldig. 1301 ccm, 180 PS / 132 kW, ab € 25.499,–

DER PREISKÄMPFER

Comeback die zweite: Der ikonische Streetfighter ist zurück! Nun mit halb so vielen Zylindern, dafür ist der Hubraum gewachsen. Die Leistung bleibt fast gleich. Der Rahmen wiegt nur 16,6 Kilo und trägt sowohl zum spielerischen Handling als auch zum besten Leistungsgewicht seiner Klasse bei. Auch der Kampfpreis spricht für einen potenziellen Bestseller. 755 ccm, 92 PS / 68 kW, ab € 8.690,–

BRIXTON

MULTI - KULTI - MASCHINE

Klingt britisch, wurde in Österreich erdacht und in China gemacht: Brixton steht für Roadster mit moderner Technik zum moderaten Preis. Die Cromwell mit ihrem schönen 1200-KubikMotor zielt dabei auf Triumph-Kunden und liegt bei sämtlichen technischen Werten in Front. Feines Detail: Das angeschraubte Heck erspart beim Customizen die Trennscheibe. 1222 ccm, 83 PS / 61 kW, € 11.999,–

FAHREN
United Colours of Brixton: Sie klingt britisch, sie kommt aus China –aber im Grunde ist sie eine Österreicherin.
CROMWELL 1200 HONDA CB750 HORNET
92 THE RED BULLETIN

MUST-HAVES

1 ALLESKÖNNERIN

Der Traum aller Reisenden –eine Jacke, für alle Witterungen: Die Pharao Treton Hybrid Textiljacke kombiniert einzelne Regen-, Thermo-, Softshellund Protektorenjacken. Alle Oberteile können zudem einzeln oder kombiniert getragen werden – ob beim Fahren oder bei der gemütlichen Zusammenkunft nach einer erlebnisreichen Tour. polo-motorrad.com

2 STILIKONE

Echter Style ist zeitlos – dies zeigt der Shoei Ex-Zero, die Neuinterpretation eines Offroadhelms der 1980er-Jahre.

Die Außenschale besteht aus Advanced Integrated Matrix und bietet in Verbindung mit dem Polystyrolkernsystem einen optimalen Aufprallschutz. Das integrierte Visier ist 3-fach justierbar und schützt die Augen wirkungsvoll. polo-motorrad.com

3 RENNCHAMPION

Der Dainese Torque 3 Out ist ein Rennstiefel aus Mikrofaser und D-Stone-Gewebe. Die Sohlen sind mit TPU-Einsätzen ausgestattet, die für guten Grip sorgen. Die austauschbaren Magnesium-Slider, das schützende Nylon an Schaft, Ferse und Spitze sowie das D-Axial-System aus TPU zum Schutz vor der Torsion der Füße garantieren Komfort. polo-motorrad.com

4 KULTOBJEKT

Die Jacke Schwabing im Heritage-Look lässt einen DesignKlassiker neu aufleben und ehrt als Special Edition den 100. Geburtstag von BMW Motorrad. Traditionelle Twin Stripes und das BMW Logo setzen auffällige Akzente. Unter dem hochwertigen Rindleder sorgen NP-FlexProtektoren an Schulter und Ellbogen für Sicherheit. bmw-motorrad.at

ANZEIGE
3 4 1 2

lieren und zu beherrschen und zu besitzen. Die Anrede „Baby“ war so geläufg, dass nicht einmal selbstbewusste Frauen dagegen rebellierten, wenn diese sich als Kosewort tarnende Unverschämtheit in fast jedem Schlager zu hören war – und nicht nur in seichten Schlagern, sondern auch in Songs eines späteren Nobelpreisträgers wie Bob Dylan.

Marilyn Monroe verkörperte perfekt den Traum verklemmter Männer: Der Mann muss weder schön noch klug, noch charmant sein, um Frauchen zu erobern, denn Frauchen hüpft, wenn er pfeift. – Wir sind hier aufgerufen, uns in die Fünfziger­ und Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts zurückzuversetzen

Michael Köhlmeier

erzählt die außergewöhnlichen Geschichten inspirierender Figuren – faktentreu, aber mit literarischer Freiheit.

DIE ZERRISSENE

Folge 34: Marilyn Monroe perfektionierte ihr Rollenklischee –um dann dagegen zu rebellieren.

Das sahen alle gern, auch sie selbst – sie aber nur am Beginn ihrer Karriere: dass ein liebes Dummerchen, blond und gutmütig, gutgläubig und in nichts nachtragend, auf der Leinwand erscheint und mit Hintern und Busen alles durcheinanderwirbelt, aber ohne sich dessen bewusst zu sein; begehrenswert und zugleich leicht zu erobern für alle Männer, die sich vor Frauen fürchten und deshalb so lange mit Motorrädern und Worten um sie herumkreisen, bis sie meinen, endlich ihren kindlichen Kern gefunden zu haben. Die Frau ist ein Kind, und Kinder sind leicht zu manipu­

Im Jahr 1959 kam der Film „Some Like It Hot“ in die Kinos. Regie: Billy Wilder, Drehbuch: derselbe zusammen mit dem genialen I. A. L. Diamond, einem der hurtigsten Dialogschreiber Hollywoods. Manche Cineasten meinen, in diesem Film werde die misogyne Schablone zerbrochen, Marilyn als blondes Halbtierchen, das die Ukulele spielt, verspotte in Wahrheit die diversen Männerfantasien. Ich glaube das nicht. Der Film ist sehr lustig, ohne Zweifel, aber die Komik hat ihre Quelle nicht in der Figur der niedlichen Sugar „Kane“ Kowalczyk, die sich nichts sehnlicher wünscht als einen Millionär und dann draufkommt, dass ihr Liebesbedürfnis diesem Ziel entgegensteht. Die komische Partie teilen sich Jack Lemmon und Tony Curtis, die, um sich vor der Gangsterschaft Chicagos zu verstecken, in Frauenkleider schlüpfen und in einer Damenkapelle den Kontrabass und das Saxophon spielen. Die arme Marilyn hat das gängige Klischee auszufüllen, und das tut sie bis in die kleinsten Verästelungen hinein: Seht her, ich bin so dumm, dass ich mich sogar zwischen Geld und Liebe nicht für das Richtige, nämlich das Geld, entscheiden kann!

Marilyn Monroe mochte diesen Film nicht. Obwohl sie bei der Golden­Globe­Verleihung als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet wurde. Sie ahnte, dass sie die Rolle der Sugar, des naiven Zuckerpüppchens, nun endgültig nicht mehr loswerden würde. Aber sie hatte die Rolle ja angenommen. Gezwungen hatte sie niemand. Aber die Produktionsfrma hatte ihr eine Gage von 100.000 Dollar plus eine zehnprozentige Beteiligung an den Einspielergebnissen geboten, und das war um einen Häuserblock mehr, als Lemmon und Curtis zusammen erhielten. Im wirklichen Leben war Marilyn Monroe nicht weniger geschäftstüchtig als ihre männlichen Kollegen.

Sie wollte übrigens, dass alle Welt von ihrer Gage erfuhr, auch wenn man sie für geldgierig halten würde. Als würde solches Verhalten das dümmliche Sugar­Image wettmachen. Was für einen amerikanischen Mann Anerkennung bedeutete, setzte eine Frau herab. Geld. Und Geld ist ein Spiegel der Sexualität –ein Mann, der jede Frau anmacht, beweist, dass er ein ganzer Kerl ist, eine Frau, die sich Männern gegenüber ähnlich verhält, ist eine Hure. Ein Mann, der hinter dem Geld her ist, darf sich einen cleveren Geschäftsmann nennen, eine Frau mit demselben Gebaren stößt ab. Irgendwann war Marilyn Monroe der Ruf einer kalten, berechnenden Hyäne lieber als der des

BOULEVARD DER HELDEN
94 THE RED BULLETIN
MICHAEL KÖHLMEIER GINA MÜLLER, CLAUDIA MEITERT GETTY IMAGES (5), SHUTTERSTOCK

Heimchens, das nichts von seiner eigenen sexuellen Ausstrahlung weiß. Die Mächtigen in Hollywood sahen das naturgemäß anders, so eine Frau wollten sie nicht auf der Leinwand haben. Die Ehre des Mannes ist der Körper der Frau. Die Komödien dieser Zeit führen vor, dass umgekehrt die Ehre einer anständigen Frau darin besteht, nicht einmal zu wissen, was sie mit ihrem Körper anfangen soll, umso weniger, je praller und verführerischer er ist. – Das war dummes Kino. Und Marilyn Monroe war das Fähnchen.

Sie litt darunter. Sie litt darunter, dass die andere Marilyn nicht genug sichtbar wurde. Die Marilyn, die sich gegen Rassismus empörte, die sich mit der Autorität ihres Rufes dafür einsetzte, dass zum ersten Mal in den USA eine schwarze Sängerin in einem Opernhaus auftreten durfte, nämlich Ella Fitzgerald, mit der sie eng befreundet war. Die andere Marilyn, die Kinderbücher schrieb und sich für unterprivilegierte Jugendliche stark machte. Die Marilyn, die für den demokratischen Präsidenten John F. Kennedy warb. Ihr wunderbares Geburtstagsständchen „Happy Birthday, Mr. President“ fütterte die Klatschpresse – die begehrteste Kindfrau Amerikas könnte etwas mit dem begehrtesten Ewigjungen haben – oh …

Gegen die Geister, die sie im Chor mit den Filmproduzenten, Drehbuchautoren und Regisseuren gerufen hatte, hatte sie keine Chance mehr. Sie verfügte nicht über den herben Charme der Katharine Hepburn, nicht über das hintergründig schön-hässliche Charisma von Bette Davis, nicht über die göttinnengleiche Ferne von Marlene Dietrich, auch nicht über den männerverschlingenden Blick der Jane Russell. Was signalisierte sie? He, ich bin euer Kumpel, nehmt mich auf in eure Gang! Ich mach eure schlüpfrigen Fantasien mit meinem unschuldigen Lächeln ein wenig harmloser!

Einmal noch versuchte sie, gegen ihre Rolle als nationale Sex-Ikone anzuspielen. Zwei Jahre nach „Some Like It Hot“ entstand der Film „The Misfts“. Unter der Regie von John Huston, der in all seinen Filmen ein Gegenbild zu den entwürdigenden Darstellungen von Frauen zu schaffen versuchte, spielen Clark Gable, Montgomery Clift und Eli Wallach ein Triumvirat aus männlichem Überschuss. Ihnen gegenüber steht Marilyn Monroe, die ihre zarte Schönheit nun nicht mehr in den Dienst eines Klischees stellt, sondern in einer untergehenden Welt von Grausamkeit und fehlender Empathie der Hoffnung auf Humanität Gestalt verleiht.

Das Drehbuch schrieb Arthur Miller. Der Schriftsteller und die Schauspielerin waren fünf Jahre miteinander verheiratet, das Buch war Millers Abschiedsgeschenk. Ein bitteres Abschiedsgeschenk. Denn während der Dreharbeiten lernte er die Fotografn Inge Morath kennen. Bald darauf heirateten die beiden. Marilyn Monroe fühlte sich von allen verlassen. Sie wollte Hollywood die Faust zeigen, sie wollte beweisen, dass sie mehr war als das Pin-up der amerikanischen Doppelmoral. Sie hatte ein neues Leben beginnen wollen. Aber sie hatte keine Kraft mehr. Sie gab sich den Drogen hin und war krank.

Michael Köhlmeier

Der Vorarlberger Bestsellerautor gilt als bester Erzähler deutscher Zunge. Jüngstes Werk: der Roman „Frankie“, 208 Seiten, Hanser Verlag.

Am 4. August 1962 nahm sich Marilyn Monroe das Leben. Sie wurde sechsunddreißig Jahre alt. Einige ihrer Freunde und Freundinnen waren der Meinung, Schuld daran habe ihr Bild in der Öffentlichkeit, Marilyn meinte, das könne sie nicht mehr korrigieren. Ruhm und Geld bedeuteten ihr nicht weniger als den männlichen Stars. Mit dem Unterschied, dass ein Schauspieler, ein Mann, in seinem Privatleben nicht an den Rollen gemessen wurde, die er in den Filmen verkörperte. Humphrey Bogart war Humphrey Bogart und weder ein Gangster wie Glenn Griffn in „The Desperate Hours“ noch ein Privatdetektiv wie Sam Spade oder Philip Marlowe. Warum sollte Marilyn Monroe nicht einfach Marilyn Monroe sein, sondern Sugar „Kane“ Kowalczyk?

Wer aber war Marilyn Monroe? Wer sie einmal gewesen war – das schien eine unendlich lange Zeit vergangen. Ein Filmstar wird nicht älter, heißt es. Das bedeutet aber zugleich, es gibt kein Leben vor dem Starruhm. Kindheit und Jugend gehören einem anderen Menschen.

Norma Jeane Mortensen – oder Norma Jeane Baker – wurde am 1. Juli 1926 in Los Angeles geboren. Ihre Mutter Gladys Mortensen (geb. Monroe) war eine unglückliche Frau, die immer an die falschen Männer geriet, wie Marilyn später einmal einer Journalistin erzählte – sie aber bat, dies nicht zu schreiben, woran sich die Journalistin natürlich nicht hielt. Marilyn wusste lange nicht, wer ihr Vater war, ob der gewalttätige Mr. Baker oder die Kurzbekanntschaft Mr. Gifford oder der brave Gebührenableser Mr. Mortensen. Marilyn litt darunter, dass sich niemand für die Frage interessierte, wer ihr Erzeuger war, die Mutter nicht, die Behörden nicht. Sie fühlte sich minderwertig.

Schließlich heiratete ihre Mutter den Handelsvertreter Mr. Goddard, der brachte eine Tochter mit in die Ehe. Marilyn war zu viel, sie wurde vorübergehend in ein Waisenhaus gesteckt. Das war schlimm. Schlimmer allerdings war, als ihre Mutter sie wieder zu sich nahm. Mr. Goddard nämlich wurde zudringlich und mehr als das. Marilyn, erst zehn Jahre alt, wurde abermals irgendwo anders abgestellt. Am Ende nahm sie ihre Großtante Ana zu sich. Da war sie dreizehn. Nun begann ein bisschen Glück. Sehr spät. In dem erwähnten Interview sagte Marilyn Monroe: „ Ana war der einzige Mensch, der mich wissen ließ, was Liebe bedeutet.“ – Spät, sehr spät. Zu spät.

Der Podcast

Michael Köhlmeiers Geschichten gibt es auch zum Anhören im The Red BulletinPodcast-Kanal.

Zu finden auf allen gängigen Plattformen wie Spotify, auf redbulletin.com/ podcast oder einfach den QR-Code scannen.

Dann wurde sie ein Star. Kindheit und Jugend waren in ein anderes Leben gedrängt. Joseph Schenck, der mächtige Filmproduzent und Aufsichtsratsvorsitzende der Twentieth Century-Fox, entdeckte die zarte Schönheit. Er entdeckte Marilyns Talent – und den Spiegel in ihrem Herzen, in dem sich Millionen Männer sahen und der aus ihnen, die doch nur Durchschnitt waren, starke Kerle machte.

Damit war die Rolle der Marilyn Monroe vorgezeichnet. Dass sie die Rolle spielte, wie sie keine andere vor ihr und nach ihr spielen konnte, und dass sie zugleich gegen dieses Bild rebellierte wie kein anderer Star im klassischen Hollywood – das macht sie zur Heldin.

THE RED BULLETIN 95

THE RED BULLETIN WELTWEIT

Herausgeber

Andreas Kornhofer

Chefredakteur

Andreas Rottenschlager

Creative Direction

Erik Turek (Ltg.), Kasimir Reimann

Art Direction

Marion Bernert-Thomann, Miles English, Tara Thompson

Textchef

David Pesendorfer

Grafik

Martina de Carvalho-Hutter, Kevin Faustmann-Goll, Carita Najewitz

Fotoredaktion

Eva Kerschbaum (Ltg.), Marion Batty (Stv.), Susie Forman, Tahira Mirza, Elena Rodríguez Angelina, Rudi Übelhör

Chefin vom Dienst

Marion Lukas-Wildmann

Managing Editor

Ulrich Corazza

Global Content

Tom Guise (Ltg.), Lou Boyd

Head of Audio Florian Obkircher

Head of Publishing Management

Sara Car-Varming

Channel Management

Ivona Glibusic

Aktuell erscheint

The Red Bulletin in sechs Ländern. Das Cover unserer Schweizer Ausgabe ist dem RollstuhltennisProfi Giuliano Carnovali, 24, gewidmet. Und seinem neuen Leben voller Kraft und Zuversicht. Game, Set, Match – Optimismus! Mehr Geschichten abseits des Alltäglichen findest du auf: redbulletin.com

Editorial Director

Alexander Müller-Macheck

Head of Media Sales & Partnerships

Lukas Scharmbacher

Head of Co-Publishing

Susanne Degn-Pfleger

Projektmanagement Co-Publishing, B2B-Marketing & Communication

Katrin Sigl (Ltg.), Katrin Dollenz, Michaela Kroboth, Teresa Kronreif (B2B), Julia Leeb, Valentina Pierer, Stefan Portenkirchner (Communication), Bernhard Schmied, Jennifer Silberschneider, Sophia Wahl

Creative Services Verena SchörkhuberZöhrer (Ltg.), Sara Wonka, Tanja Zimmermann, Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart

Commercial Management

Co-Publishing Alexandra Ita

Editorial Co-Publishing Gundi Bittermann, Raffael Fritz, Michael Hufnagl, Alexander Klein, Irene Olorode, Mariella Reithoffer, Wolfgang Wieser

Executive Creative Director

Markus Kietreiber

Senior Manager Creative

Elisabeth Kopanz

Art Direction

Commercial & Co-Publishing

Peter Knehtl (Ltg.), Silvia Druml-Shams, Erwin Edtmayer, Simone Fischer, Andreea Gschwandtner, Lisa Jeschko, Araksya Manukjan, Carina

Schaittenberger, Julia Schinzel, Florian Solly, Sophie Weidinger

Direct to Consumer Business

Peter Schiffer (Ltg.), Marija Althajm, Victoria Schwärzler, Yoldas¸ Yarar (Abo)

Retail & Special Projects Manager

Klaus Pleninger

Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler

Herstellung & Produktion

Veronika Felder (Ltg.), Martin Brandhofer, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig

Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailovic, Sandra Maiko Krutz, Josef Mühlbacher

Finanzen Mariia Gerutska (Ltg.), Elisabeth Maier

MIT Martin Bartmann, Christoph Kocsisek, Michael Thaler

IT Service Desk Maximilian Auerbach

Operations Alice Gafitanu, Melanie

Grasserbauer, Alexander Peham, Thomas Platzer, Raphaela Pucher

Projekt Management

Dominik Debriacher

Assistant to General Management

Sandra Artacker Geschäftsführung

Red Bull Media House Publishing

Andreas Kornhofer, Stefan Ebner Verlagsanschrift Am Grünen Prater 3, A-1020 Wien, Telefon: +43 1 90221-0, redbulletin.com

Medieninhaber, Verlag & Herausgeber

Red Bull Media House GmbH, OberstLepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700

Geschäftsführer Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber

THE RED BULLETIN

Österreich, ISSN 1995-8838

Länderredaktion

Nina Kaltenböck (Ltg.), Lisa Hechenberger, Benjamin Wolf (Innovator) Lektorat

Hans Fleissner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek

Publishing Management

Julian Vater

Media Sales & Partnerships

Thomas Hutterer (Markenlead), Michael Baidinger, Maggie Childs, Franz Fellner, Ines Gruber, Moritz Philipp Haaf, Wolfgang Kröll, Gabriele Matijevic-Beisteiner, Yvonne Mensik, Alfred Minassian, Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher, Nicole Umsait, Johannes Wahrmann-Schär, Ellen Wittmann-Sochor, Ute Wolker, Christian Wörndle, Sabine Zölß

Sales Operations & Development

Anna Schönauer (Ltg.), Manuela Brandstätter, David Mühlbacher, Monika Spitaler

Abo Abopreis: 25,90 EUR, 12 Ausgaben/Jahr, getredbulletin.com, abo@redbulletin.at

Druck Quad/Graphics Europe Sp. z o.o., Pułtuska 120, 07-200 Wyszków, Polen Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz Informationen zum Medieninhaber sind ständig und unmittelbar unter folgender Web-Adresse auffindbar: redbull.com/im/de_AT Redaktionsadresse

Am Grünen Prater 3, A-1020 Wien, Telefon +43 1 90221-0, Fax +43 1 90221-28809, Web redbulletin.com Kontakt redaktion@at.redbulletin.com

THE RED BULLETIN

Deutschland, ISSN 2079-4258

Länderredaktion

David Mayer

Lektorat siehe entsprechenden

Eintrag bei Österreich

Country Project Management

Lisa Masten

Media Sales & Partnerships

Thomas Hutterer (Markenlead), Michael Baidinger, Maggie Childs, Franz Fellner, Ines Gruber, Moritz Philipp Haaf, Wolfgang Kröll, Gabriele Matijevic-Beisteiner, Yvonne Mensik, Alfred Vrej Minassian, Nicole OkasekLang, Britta Pucher, Johannes Wahrmann-Schär, Ellen WittmannSochor, Nicole Umsait, Ute Wolker, Christian Wörndle, Sabine Zölß

THE RED BULLETIN Großbritannien, ISSN 2308-5894

Länderredaktion

Ruth McLeod Lektorat

Davydd Chong

Publishing Management

Ollie Stretton

Media Sales & Partnerships

Mark Bishop, mark.bishop@redbull.com

THE RED BULLETIN

Frankreich, ISSN 2225-4722

Länderredaktion

Pierre-Henri Camy (Ltg.), Marie-Maxime Dricot

Country Coordinator

Christine Vitel

Country Project Management

Alexis Bulteau

Media Sales & Partnerships

Yoann Aubry, yoann.aubry@redbull.com

THE RED BULLETIN

Schweiz, ISSN 2308-5886

Länderredaktion

Saskia Jungnikl-Gossy

Lektorat

siehe entsprechenden Eintrag bei Österreich

Country Project Management

Meike Koch

Media Sales & Partnerships

Christian Bürgi (Ltg.), christian.buergi@redbull.com

Marcel Bannwart, marcel.bannwart@redbull.com

Jessica Pünchera, jessica.puenchera@redbull.com

Michael Wipraechtiger, michael.wipraechtiger@redbull.com

Goldbach Publishing Marco Nicoli, marco.nicoli@goldbach.com

THE RED BULLETIN USA, ISSN 2308-586X

Länderredaktion

Peter Flax (Ltg.), Melissa Gordon, Nora O’Donnell

Lektorat

Catherine Auer, David Caplan

Publishing Management

Branden Peters

Media Sales & Partnerships

Marissa Bobkowski, marissa.bobkowski@redbull.com

Tanya Foster, tanya.foster@redbull.com

Todd Peters, todd.peters@redbull.com

Dave Szych, dave.szych@redbull.com

IMPRESSUM
96 THE RED BULLETIN
DAS JAHRESABO FÜR NUR €25 , 90 getredbulletin.com 10 The Red Bulletin -Ausgaben +2 Innovator- Specials GLEICH BESTELLEN!

Die nächste Ausgabe des Red Bulletin erscheint am 11. April 2023.

CARTOON
98 THE RED BULLETIN NICOLAS MAHLER

SWITCH EASILY FROM CARVING TURNS TO DANCE MOVES AT 2.282 METERS.

10. –

AP RIL 2 0 2 3

LINE UP

SAVE YOUR TICKET NOW!

14.
©2023 The Museum of Modern Art. The Museum of Modern Art, MoMA, and related logos are Trademarks of The Museum of Modern Art. © 2023 Estate of Roy Lichtenstein. Roy Lichtenstein™
04/2023
ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN THE RED BULLETIN
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.