Recht So! Ausgabe 3/18

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In dieser Ausgabe: Recht international Krankenkasse in der Pflicht Grundsätzlich Widersprechen

Recht für Freigestellte Freigestellte Personalratsmitglieder dürfen aufgrund ihres Amtes nicht benachteiligt werden. Bei Leistungsbewertungen und -prämien werden sie dennoch häufig übergangen, weil der Vergleich mit anderen Beschäftigten fehle. Das ist nicht rechtens.

Zwischen den Zeilen

wurde, unter die Lupe genommen. Diese hatte den Ausschluss geregelt. Die Richter*innen aber betonten, dass der entsprechende Absatz rechtswidrig sei. Sie verurteilten den Arbeitgeber dazu, seine Entscheidung neu zu bewerten – und zwar in Bezug auf die betriebliche berufliche Entwicklung der nicht freigestellten Kolleg*innen.

Foto: Frank Ott / DGB Rechtsschutz GmbH

Redefreiheit Privates gehört in die Freizeit. Oder wenigstens in die Pausen. Das nahm ein Arbeitgeber ganz genau, um einem Beschäftigten zu kündigen: Der Mitarbeiter besuchte in seiner Mittagspause einen Kollegen in dessen Büro. Ja, und die beiden redeten miteinander. Unerhört, meinte sein Chef. Er solle das Büro verlassen und aufhören, andere Kollegen von der Arbeit abzuhalten, obwohl der Kollege selbst gerade Mittagspause machte. Eines Morgens betrat der Service-Mitarbeiter zehn Minuten vor offiziellem Dienstbeginn einfach die Werkstatt, begrüßte einen Kollegen und fragte ihn nach dessen Befinden! Unfassbar – zumindest für den kündigungswilligen Arbeitgeber. Er nahm tatsächlich diesen Vorfall zum Anlass, den 57-Järhigen zu kündigen. „Rechtlich amüsant, was sogar die Richter zum Grinsen brachte“, hält Anna Hudasch vom DGB Rechtsschutz Büro Hagen fest. „Ein mieser Versuch, einen älteren Kollegen loswerden zu wollen.“ Ihr Mandant verließ dennoch den KfZ-Betrieb – immerhin um eine ordentliche Abfindung reicher.

Arbeitsgericht Koblenz, am 14. September 2017, Az.: 5 Ca 3082/16

Christoph Zschommler vom DGB Rechtsschutz Büro Koblenz setzt sich für das gleiche Augenmaß bei der Beurteilung von Personalräten und „normalen“ Beschäftigten ein.

„Es wird immer schwieriger, gerade auch die leistungsstarken Belegschaftsmitglieder für eine Mitarbeit im Personalrat zu gewinnen.“ Zu dieser Einschätzung kamen die Richter*innen am Arbeitsgericht in Koblenz und gaben einer Personalrätin Recht, die ihre Teilnahme an einem Leistungsprämiensystem eingefordert hatte. „Nicht nur ein Akt der Wertschätzung, sondern auch eine Perspektive für spätere Jahre und vor allem eine Frage der Gerechtigkeit“, sagt Christoph Zschommler. Der DGB Rechtsschutzsekretär im Büro Koblenz hatte die freigestellte Personalrätin vor Gericht vertreten: „Bei Leistungsbewertungen werden Arbeitnehmervertreter*innen zu oft übergangen. Dabei gibt es klare Regelungen, wonach deren Arbeit nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen darf.“

Jahr 2016 hatte ihre Personalratsvorsitzende beim Arbeitgeber nach einer Leistungsprämie in Höhe von 1.025 Euro als Einmalzahlung gefragt. Das lehnte das Personalmanagement mit der Begründung ab: Wenn keine dienstliche Tätigkeit zur Bewertung vorliege, sei keine Grundlage für eine Betrachtung unter Leistungsgesichtspunkten gegeben. Das treffe auf ein 100 Prozent freigestelltes Personalratsmitglied zu.

Cartoon: Harm Bengen

STRÄFLICH

§ 8 BPersVG hält fest: „Personen, die Aufgaben oder Befugnisse nach diesem Gesetz wahrnehmen, dürfen darin nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.“ Auch nach § 46 Abs. 3 S. 6 BPersVG darf eine Freistellung von Personalratsmitgliedern nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen. Für Benachteiligung verboten Betriebsratsmitglieder regelt das § 78 In den Gesetzesgrundlagen für Per- Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

sonal- und Betriebsräte sind jedoch solche Sachverhalte geregelt, zum Beispiel im Benachteiligungsverbot nach § 8 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG). Der ausgesprochene grundsätzliche Ausschluss von der Teilnahme am Leistungsprämiensystem stellte einen Verstoß dagegen dar. In „Keine dienstliche Tätigkeit“ dem Urteil wurde hierbei auch eine Seit 2009 war die Mandantin als 14 Jahre alte Regelung, auf die in Personalrätin freigestellt. Für das der Dienstvereinbarung verwiesen

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www.dgbrechtsschutz.de

FREIHEITSSTRAFEN Strafrechtlich stehen Betriebs- und Personalräten § 119 BetrVG bzw. § 353b Strafgesetzbuch zur Seite. Dort sind bei Benachteiligungen sogar Geld- und Freiheitsstrafen geregelt.


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