Recht So 3_19

Page 1

Recht so!

E N TSCHI EDEN AN DEINER SEITE

„EhRis“ als Säule krankheitsbedingte Kündigung Strafen für schwarze Schafe

Zwischen den Zeilen

Vertrag 4.0

Bild: fiktive Whatsapp-Kommunikation

Besonders ausgeprägt im Arbeitsrecht sind Schutzmechanismen, also gesetzliche Bestimmungen, die Beschäftigung sichern. Bei der Frage, wie man zu einer Beschäftigung kommt, sind die Regeln dagegen leichter. Und da überrascht es nicht, dass ein Arbeitsverhältnis heute sogar per WhatsApp wirksam begründet werden kann, wie jüngst in NRW von der DGB Rechtsschutz GmbH beobachtet. Nach mehreren Nachrichten mit konkretem Arbeitsbezug war für den Arbeitnehmer klar: „Ich habe hier einen Job“. Juristisch formuliert: Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben konkludent Angebot und Annahme eines Arbeitsvertrags erklärt. Im Messenger war die „ausdrückliche Willenserklärung“ rechtlich verankert. Das reicht, denn Arbeitsverträge bedürfen keiner besonderen Schriftform. Bei Kündigungen hingegen sind WhatsApp & Co. tabu; sie bedürfen zwingend der Schriftform. Vorteile von Digitalisierung mal anders:

3_19

Funktion entscheidend Auseinandersetzungen um die richtige Eingruppierung bei Lohn und Gehalt beschäftigen die DGB Rechtsschutzsekretär*innen häufiger als man denkt. Die Vergütung nach dem genauen Aufgabengebiet kann viel Geld wert sein, wie ein Fall aus Ludwigshafen zeigt. Die ungerechte Bezahlung von Pflege- und Gesundheitskräften ist schon lange Thema in der öffentlichen Diskussion. Umso ärgerlicher, wenn der Versuch, für die eigene Arbeit den angemessenen Verdienst zu bekommen, abgelehnt wird – und das auch noch mit scheinheiligen Argumenten. Gut, dass die Mandantin von Rechtsschutzsekretär Axel Schaefer ihre Gewerkschaft ver.di und die DGB Rechtsschutz GmbH an ihrer Seite wusste. Am Ende standen für sie ca. 400 Euro brutto monatlich mehr, dank einer Höhergruppierung. Seit 1991 war die Krankenschwester im Klinikum der Stadt Ludwigshafen in Vollzeit beschäftigt. Seit 2010 hatte sie eine sogenannte Funktionsleitung inne, wofür sie auch eine Stationsleitungszulage von monatlich 30 Euro brutto erhielt. Im August 2017 beantragte sie die Höhergruppierung von ihrer Entgeltgruppe P 10, Stufe 6 aus der Entgeltordnung (VKA) zum TVöD. Ihre Arbeit als Stationsleitung sei als „Leitende Beschäftigte in der Pflege“ einzuordnen und somit höher zu entlohnen.

derjenigen einer Stationsleitung im Sinne der tarifvertraglichen Regelung gleichzusetzen ist. Hierfür sprach u.a. eine interne Stellenbeschreibung zu ihrer Stelle. Darin waren die Tätigkeiten als Stationsleitung bzw. Funktionsleitung gleichzeitig bezeichnet, was eine Gleichstellung darstellt. Auch in einer zurückliegenden Zwischenbeurteilung wurden die beiden Begriffe nebeneinander verwendet. Darüber hinaus erhielt sie die Stationsleitungszulage. Letztlich wurde sie auf ihrer Zugangskarte zum „Auch eine Krankenstation ist Krankenhaus selbst als Stationslei- eine Arbeitseinheit, die geleitet wird. Und das muss entspretung bezeichnet.

Organisationseinheit „Station“

Das Landesarbeitsgericht arbeitete heraus, dass es sich zum einen um eine Tätigkeit „in der Pflege“ und zum anderen um eine von der Klägerin geleitete „Station“ im tariflichen Sinne handelt. „Diese Definition für Station erfordert nicht – wie arbeitgeberseitig vorgetragen –, dass dort Patienten rund um die Uhr untergebracht sein müssen. Das ist für das Vorliegen einer Station im tarifvertraglichen Sinne völlig irreleFunktion oder Station? vant“, fasst Axel Schaefer zusamDer Arbeitgeber lehnte ab. Ihre men. Unter „Station“ versteht man Tätigkeit sei als Gruppen- bzw. eine Abteilung eines Krankenhauses, Teamleitung in der untersten Lei- also eine Organisationseinheit. tungsebene angesiedelt und nicht in der mittleren, auf der die Stati- Einheitlicher Arbeitsvorgang onsleitung eingestuft wäre. Die Die Entgeltgruppen, um die es ging, „Funktionsleitung“ sei damit nicht enthalten sogenannte Funktionsgleichzusetzen. Außerdem könne merkmale (Stationsleiter-/Leiterindie Krankenschwester keine Pflege- nentätigkeit). Diese beschreiben tätigkeit im Sinne der tariflichen Re- nicht mehr rein inhaltliche Anforderungen an die auszuübende Tätiggelung nachweisen. Die Argumentationskette vor Ge- keit, sondern knüpfen daran an, richt war aber eindeutig: Die Rich- dass eine bestimmte Funktion auster*innen stellten fest, dass die Tä- geübt wird. Es geht daher um den tigkeit der Krankenschwester einheitlichen Arbeitsvorgang.

www.dgbrechtsschutz.de

Foto: Frank Ott / DGB Rechtsschutz GmbH

In dieser Ausgabe:

Ausgabe 3_19

chend vergütet werden.“ Axel Schaefer vom DGB Rechtsschutz Büro Ludwigshafen.

Die Klägerin war falsch eingruppiert. Im Ergebnis ist sie nunmehr um zwei Entgeltgruppen höhergruppiert. Verbunden damit ist nicht nur die tarifliche, sondern auch die tatsächliche Anerkennung als Stationsleiterin, die auch als solche gemäß Tarifvertrag entsprechend höher zu vergüten ist. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, am 18. Januar 2019, Az.: 1 Sa 280/18

!

RICHTIGSTELLUNG

In der RECHT SO! 2_19 ist uns ein Fehler unterlaufen. Im Intro- und Infokastentext auf Seite 1 stand versehentlich, dass ein Gleichstellungsantrag beim Integrationsamt zu stellen sei. Das ist natürlich nicht richtig. Der Antrag ist bei der Arbeitsagentur zu stellen! Wir bitten um Entschuldigung!


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.