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Kultur in Basel bedeutet mehr als Mueseen und Fasnacht
DANIELLE BÜRGIN
KULTUR IN BASEL BEDEUTET MEHR ALS MUSEEN UND FASNACHT
Basel ist Museumsstadt – aber das ist längst nicht alles, was unsere Stadt kulturell interessant macht. Und auch wenn Basel im Vergleich zu Marseille, Berlin oder Athen manchen wie ein Dorf vorkommt, gibt es vieles, was andernorts in der Schweiz kaum möglich wäre und was an grosse Städte erinnert. Gerade auch, was die junge Kultur betrifft – die Festivals, die Clubkultur und deren Protagonist:innen. Eine Ode an die tollste Stadt am Rhein.
Der ICE-Zug fährt mit rund fünfzehn Minuten Verspätung von Köln weiter nach Hamburg Altona. Es ist wieder mal Zeit, meine Heimatstadt für ein paar Tage zu verlassen, um mit dem Aussenblick besser wahrnehmen zu können, wie grossartig mein Zuhause eigentlich ist. Sie kennen das bestimmt: Es gibt Dinge, die man erst dann richtig sieht, wenn man sie zu vermissen beginnt. Nicht dass ich Basel bereits vermisse. Ich bin ja erst heute Morgen weggefahren. Aber auf der Zugfahrt, mit 300 km/h auf regennassen Schienen und den Blick auf fremde Landschaften gerichtet fällt es mir leicht, die Worte zu finden für meine Stadt, die nicht nur schön ist, sondern auch richtig etwas kann.
Die letzten Monate und Wochen im 2023 haben mir gleich mehrere bewegende Momente beschert, von denen ich hier erzählen möchte. Radio X, der Basler Kultur- und Kontrastsender, bei dem ich für den Musik- und Kulturanteil im Programm verantwortlich bin, feierte dieses Jahr seinen 25. Geburtstag. Abgeschlossen wurde das Jubiläumsjahr im Oktober mit einem multidisziplinären Kunst- und Soundfestival in einer leerstehenden Logistikhalle auf dem Dreispitz, welches ich mitkuratieren durfte. Das X_ARTS Festival beinhaltete eine Kunstausstellung mit Video-, KIund 3D-Arbeiten sowie ein Performanceund Konzertprogramm. Zu den Partnerinstitutionen des Festivals zählten das HEK, die HGK Basel, das Kunsthaus Baselland oder auch iart. Denn Radio X wollte den Geburtstag unbedingt als Anreiz nehmen, um in die Zukunft zu schauen, Neues zu schaffen. Neu darum, weil Radio X als Medium vorher noch nie eine Kunstausstellung kuratiert und organisiert hatte und die Plattform für regionales Kulturschaffen vom Äther in den physischen Raum erweitern wollte. Einzigartig auch darum, weil die TransBona-Halle mit ihrem kargen Industriecharme zu einem Ort für Träume und Utopie wurde – wenn auch nur für das zwei Tage dauernde Festival. Da war Magie, Zusammenhalt und Wärme – trotz garstigem Herbstwetter draussen. Alle, die beim X_ARTS Festival dabei waren und mitwirkten, von den Musiker:innen und Kunstschaffenden über die Techniker:innen bis zu den Besucher:innen, alle wollten ihren Beitrag leisten, damit dieser Traum von Utopie, Community und von gegenseitigem Support erfüllt wird. Das hat mich berührt und glücklich gemacht. So etwas funktioniert in Basel also tatsächlich, dachte ich mir, in Basel kannst du Raum für positive Veränderung schaffen. Du musst dich nur trauen, anderen von deinem Traum zu erzählen, damit sie dir helfen, ihn zu verwirklichen.
Wenige Wochen später wurde ich vom jungen Okra Collective gebeten, bei der Verleihung des Förderkulturpreises im Basler Rathaus die Laudatio zu halten. Das Kollektiv ist sowohl regional wie auch national oder international aktiv und besteht aus jungen Schwarzen DJs, Kulturveranstalter:innen und Kreativschaffenden. Mich hat das mit einem grossen Stolz auf unsere Stadt erfüllt.
Toll, dass sich junge PoC zusammentun, um sich in einer vornehmlich weissen Umgebung Gehör zu verschaffen. Toll auch, dass sich die kantonale Kulturabteilung bewusst dafür entschieden hat, junge Menschen aus der Underground-Kulturszene zu fördern, welche für mehr Sichtbarkeit und «safer spaces» für ihre Community kämpfen. Das ist ein wichtiges Zeichen für mehr Toleranz, Offenheit und gegenseitigen Respekt. Alles Werte, die heute wichtiger sind denn je.
Dass Basel nun auch die erste Stadt in der Schweiz ist, die voraussichtlich ab 2024 (aus einem eigens für Jugendund Alternativkultur geschaffenen Fördertopf) Clubkultur mit Staatsbeiträgen fördert, ist für mich als Veranstalterin, DJ und Musikfan nur ein weiterer Grund zu sagen: Basel, du bist vielleicht kleiner als andere Städte, aber du leistest ganz Grossartiges.
DANIELLE BÜRGIN (Madagaskar/ Schweiz) lebt und arbeitet in Basel. Als Kulturjournalistin und Veranstalterin kennt sie die Ba sler Kunst-, Kultur- und Musikszene gut. Seit 2015 arbeitet sie beim Basler Kulturund Kontrastsender Radio X. Gerade in Kultur und Musik abseits vom Mainstream ist sie eine wahre Kennerin. Für Recherchen und Inspiration reist sie regelmässig auch in andere europäische Städte wie Hamburg, Berlin oder Marseille. Danielle Bürgin organisiert nicht nur Festival- und Partyreihen, sondern legt auch nach über zwanzig Jahren selbst noch als DJ regelmässig in Clubs und Bars auf.