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Nachtleben – Performativer Akt und kulturelle Innovation
LUKAS STÄUBLE
NACHTLEBEN – PERFORMATIVER AKT UND KULTURELLE INNOVATION
Als junger Mensch in Basel bewege ich mich, neben meiner künstlerischen Tätigkeit, gerne auch im Nachtleben. Sei dies durch meine Arbeit an der Bar oder selber als Konsument.
Auch in meiner künstlerischen Arbeit widme ich mich oft verschiedenen Themen, auf die ich auch im Nachtleben stosse. Für mich haben das Nachtleben und die Bildende Kunst diverse gemeinsame Nenner. Die in den letzten Jahren immer grössere Rolle der kreativen Szene im Basler «Ausgang» bestätigt diese These. Junge Künstler*innen werden zunehmend spartenübergreifend, wodurch sich neue Formen der künstlerischen Ausdrucksweise entwickeln. Überall treten transdisziplinäre Konzepte und Veranstaltungen zu Tage – oder eben zu Nacht. Gleichzeitig wird das Nachtleben selbst immer performativer und bietet Raum für Diskussionen über eine breite Palette von Inhalten.
Auch die Performancekunst zeichnet sich oft durch eine bewusste Inszenierung aus, bei der Künstler*innen ihre Körper, ihre Bewegungen und manchmal auch gesprochene Worte einsetzen, um eine emotionale oder intellektuelle Botschaft zu vermitteln. Analog dazu bildet das Ausgehen in Clubs eine Form der Selbstinszenierung.
«Was machen diese Nachtlebenleute eigentlich, wenn sie da jedes Wochenende irgendwo zum Feiern gehen? Sie hören Musik und tanzen. Sie gehen aus zum Abfeiern, Aufreissen und Ausrasten. Sie betreten finstere Löcher, da, wo über der Türe das Schild hängt: wissen, wer ich bin. – Wer bist du? – Sie reden und verstehen sich, ohne hören zu können, was der andere sagt. Die ausgetauschten Worte passen nicht so richtig zueinander. Es ist auch dauernd ziemlich laut und ziemlich voll. Wirr: der eine Typ. Dark: ein zweiter. Sie tanzen und vergessen, was sie denken.» Rainald Goetz
Für mich fungiert das Nachtleben als ein Ort der kulturellen Entfaltung. Es ist weit mehr als nur eine Gelegenheit, bis in die frühen Morgenstunden durchzufeiern. Es stellt eine kulturelle Arena dar, die einen unverzichtbaren Beitrag zum kulturellen Reichtum einer Gesellschaft leistet. Neben den pulsierenden Lichtern und der mitreissenden Musik öffnet sich eine Welt, die vielfältige Formen der Selbstexpression, soziale Interaktion und kulturelle Innovation ermöglicht.
Es treffen Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Lebensstilen und unterschiedlichem sozialem Status aufeinander. Diese interkulturelle Begegnung trägt dazu bei, gesellschaftliche Grenzen zu überwinden und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu schaffen. In diesem Umfeld entstehen oft Freundschaften und Communities, die über den nächtlichen Ausnahmezustand hinaus Bestand haben.
Der Club ist auch dazu da, sich selbst von seinem konventionellen Dasein abzulenken. Man gönnt sich Urlaub von seinem zurechtgerückten Selbst. Mithilfe verschiedener Substanzen werden Hemmungen überwunden und die alltägliche Ernsthaftigkeit für eine Zeit beiseite gelegt. Dieser Rausch bietet die Möglichkeit, das Leben aus einer anderen Perspektive zu betrachten – sich hemmungslos zu positionieren.
Das Clubbing bringt dabei körperliche Nähe, entfesselte Handlungen – und einen offenen sozialen Umgang, wie er auf der Strasse oft kaum denkbar wäre.
Wenn wir das Nachtleben als integralen Bestandteil unserer Kultur begreifen, erkennen wir seine Bedeutung für die Förderung von Kreativität, sozialer Integration und kultureller Evolution an und öffnen den Blick auf dieses Laboratorium für Innovation.
Diese Gedanken bilden die Ausgangslage zu meinem ersten abendfüllenden Programm «Tales of the Club», das ich im April 2024 mit einem interdisziplinären Team von Kunst- und Kulturschaffenden in der Kaserne Basel realisieren darf.
LUKAS STÄUBLE *1993, wohnhaft in Basel, absolvierte 2022 seinen Master im Fachbereich Fine Arts an der Hochschule für Gestaltung und Kunst. In seinen Soloperformances beschäftigt er sich mit den aktuellen Medien und versucht Bereiche wie Video, Sound, Fotografie, Performance und Theater auf eine installative und teils performative Weise zu verbinden. Er arbeitet als freischaffender Performer, Schauspieler, Musiker und Sounddesigner.