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Menschen und Bäume ins Zentrum

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Andi all'arrabiata

Andi all'arrabiata

Pierre de Meuron

«MENSCHEN UND BÄUME INS ZENTRUM»

Pierre de Meuron im Gespräch mit Dieter Kohler

Trotz Welterfolg blieb er mit seiner Heimatstadt Basel immer eng verbunden. Ungeduldig fordert Pierre de Meuron mehr Stadtgrün und mit dem Herzstück endlich eine S-Bahn, die diesen Namen verdient. Er vergleicht die Klimajugend mit seiner aufmüpfigen 68er-Generation und hat kürzlich die Gitarre wiederentdeckt.

Aus dem Sitzungszimmer von Herzog & de Meuron an der Rheinschanze im St. Johann hat man einen direkten Blick auf den Rhein. Zum Interview gibt es selbstgebrauten Tee, Pierre de Meuron schenkt ein und erzählt von der Gitarrenstunde, die nach dem Interview folgen wird. Als Knabe war er Tambour bei der Fasnachtsclique Alti Richtig, später versuchte er sich im Übungskeller mit einer Rockgitarre und Popmusik. Seit drei Jahren nun der regelmässige Unterricht quer durch alle Stilrichtungen, von Rock, Pop, Latin bis Bach. Elektrisch oder akustisch, Saiten aus Stahl, Darm, Seide oder Nylon. Pierre de Meuron ist gut gelaunt und strahlt.

Sind Sie ein guter Musiker?

Ob gut oder schlecht, wer will das schon wissen. Ich denke, ich bin der wache Lehrling und muss viel üben. Dafür bleibt mir nicht immer Zeit, aber die Stunde Musik mit dem Profimusiker ist jede Woche fix in meinem Kalender eingetragen. Anders geht es nicht, sonst kommt schnell ein beruflicher Termin dazwischen.

Wieso haben Sie wieder mit Unterricht begonnen?

Bei der Musik fasziniert mich das Zeitgefühl. Man ist nicht in der Vergangenheit, der Gegenwart oder der Zukunft, sondern man ist immer im Fluss. Wenn man den einen Ton gespielt hat, denkt man schon an den nächsten, wobei der erste Ton noch nachklingt. Das Vorher, Jetzt und Nachher kommt bei der Musik unglaublich intensiv zusammen. Dabei ist das Musikmachen am innigsten, wenn man sich dessen nicht bewusst ist, dass dem so sein könnte.

Das Wort «Lehrling» haben Sie auch schon bei öffentlichen Auftritten benutzt. Sie sagten, Sie seien permanent in der Lehre. Der erfolgreiche Architekt als Lehrling?

Man hat nie ausgelernt, man weiss nie alles. Jeder kreativ aktive Mensch lernt tagtäglich. Und dann kommt noch dazu, dass ich jetzt lerne, mit dem Alter umzugehen. Mit 30 ist man anders unterwegs als mit 73.

Welche Veränderungen haben Sie bei sich im Alter festgestellt?

Ich bin ein umtriebiger und ungeduldiger Mensch. Mit dem Alter geht es darum zu entscheiden, was man nicht mehr machen soll. Nicht «können», sondern «sollen». Lieber sich ab und zu etwas zurücknehmen und nur beobachten.

Und, gelingt es Ihnen?

(lacht) Nein, es ist nicht immer einfach. Ich habe Spannungen und auch Energien in mir, die mich antreiben.

Auch die Klimajugend ist ungeduldig. Verstehen Sie deren Anliegen?

Ja, sehr. Dass wir dringend etwas unternehmen müssen, ist noch nicht beim Grossteil der Gemeinschaft angekommen. Meine Generation lehnte sich nach 1968 als Protest- und Popkultur gegen vorgegebene Institutionen auf, heute ist es das Klima, wo wir ernsthaft etwas anpacken müssen.

Die Klimajugend klebt sich auf die Strasse. Wurden Sie auch schon blockiert?

Direkt blockiert nicht, aber ich hab Verständnis für solche Aktionen. Da reagiere ich nicht so aufgebracht wie andere. Es ist ein Protest, der sichtbar wird und auch unangenehm werden kann, wenn man angehalten und gehindert wird. Aber ich finde es legitim, solange er gewaltfrei und ohne Sachbeschädigungen bleibt. Als eindringlicher Protest darf das durchaus so stattfinden.

Und der blockierte Handwerker, der nicht zur Arbeit kann, was sagen Sie dazu?

Ja, das ist störend. Gesellschaften, Städte sind generell konfliktbeladen. Unsere Welt ist keine rosarote Wolke. Spannungen innerhalb der Gesellschaft sind völlig normal, und um mit der Situation umgehen zu können, muss es darum gehen, Verständnis für den anderen aufzubringen. Dass der direkt Betroffene sich in einer solchen Situation vielleicht überlegt, was er zur eigenen Reduktion der CO2-Emissionen beitragen kann – und die Aktivisten im Gegenzug Verständnis dafür aufbringen, dass sie dem anderen auf die Füsse treten und der das nicht toll findet.

Etwa ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen stammen von der Bauwirtschaft. Was tragen Sie als Architekt zur Senkung dieser Emissionen bei?

Unser Architekturbüro hat schon sehr früh nachhaltige Projekte geplant und realisiert. Aber das reicht bei Weitem nicht, wir müssen für den Klimaschutz noch viel mehr machen.

Würden Sie denn heute die RocheTürme weiterhin ohne Photovoltaik und ohne Aussenbegrünung planen?

Durch den Entscheid der Roche, in die Höhe zu bauen, wird am Boden Fläche frei für eine Grünfläche, die es bis jetzt nicht gab, und auf dem Areal und rundum werden Dutzende Bäume gepflanzt. Zudem bedeutet die Konzentration der Roche-Mitarbeitenden am Kleinbasler Hauptsitz, dass kürzere Wege für alle entstehen. Das sind wesentliche Elemente, die sich bei der Nachhaltigkeit positiv auswirken.

Klimakleber würden hier argumentieren, dass diese Einzelmassnahmen nicht ausreichen, dass noch mehr gemacht werden muss notfalls auch über schärfere politische Vorgaben. Wie dramatisch schätzen Sie die Klimasituation ein? Soll der Staat von privaten Bauherren mehr fordern?

Ein «Hoppla» entrutscht Pierre de Meuron und es entsteht eine Pause. Er schaut konzentriert auf den Rhein, sammelt seine Gedanken – er springt nun von der lokalen Ebene, wo er der Roche ein grosses Nachhaltigkeitsengagement zugesteht, direkt auf die Ebene der Weltpolitik und beschreibt die globalen Herausforderungen: Höhere Temperaturen, anhaltende Dürreperioden und Flutkatastrophen würden zu grossen Migrationsströmen führen. Krieg und Gewalt seien nicht ausgeschlossen, die wiederum Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen. Mit diesen Problemen müssten sich die Gesellschaft und auch die Politik auseinandersetzen. Vielleicht mehr als uns recht sei, fügt Pierre de Meuron noch an und lässt eine Pause entstehen. Der ungeduldige, energische Architekt im nachdenklichen, besorgten Modus. Nicht das letzte Mal in diesem Interview. Die Prognosen für unser Klima sind sehr beunruhigend. Das südpazifische Tuvalu mit seinen elftausend Einwohnern soll nach Australien übersiedeln können, aber was passiert, wenn Millionen klimabedingt gezwungen werden, zu migrieren?

Kehren wir zurück auf die lokale Ebene. Reagiert die Stadt Basel genügend auf die aktuelle Klimasituation?

Basel trägt mit Recht den Titel «Grünstadt Schweiz». Gut so. Basel pflegt und schützt die Vielfalt seiner Lebewesen und Lebensräume. Sehr gut. Aber man könnte einiges mehr machen. Pflanzt mehr Bäume, und entsiegelt den Boden. Es ist so einfach, die Bäume wachsen von alleine. Eigentlich müsste man jetzt Bäume, Bäume, Bäume und Bäume pflanzen … Duftalleen mit Linden, Rosaalleen mit Zierkirschen … Pharmaalleen mit Ginkgos

Dann sagt das Tiefbauamt, das geht nicht, weil hier eine Leitung im Boden liegt.

ja, genau! Da bestehen leider immer noch zahlreiche behördliche Hürden. Es gibt viele Möglichkeiten, Bäume zu pflanzen. Wo Leitungen verlegt sind, kann man auf Bodenniveau Erde aufschütten und Flachwurzler pflanzen. Es müssen ja nicht unbedingt Mammutbäume sein, es können auch kleinwüchsige Bäume oder Gebüsche sein!

Bäume in Pflanzkübeln?

Wieso nicht? Und wenn gegen unten der Platz fehlt, muss man gegen oben Erde aufschütten, alles zusammengehalten mit einem Mäuerchen, was dann vielleicht noch eine Sitzgelegenheit ergibt. Am meisten Vergnügen habe ich, wenn so etwas sogar ungeplant entsteht. Spontanvegetation zeigt, dass die Natur klüger und geübter ist als wir. Kürzlich habe ich im Bahnhof SBB auf Gleis 9 einen kleinen Götterbaum gesehen –in der Zwischenzeit haben sie ihn sicher ausgerissen. Wir müssen lernen, Wildpflanzen vermehrt zuzulassen – Wildpflanzen, die aus allen Belagsritzen spriessen, umgeben von Asphalt, zertreten, überfahren. Es sind gewiefte Überlebenskünstler, die vielerorts ein neues, zu besiedelndes Terrain bilden, in dem sie bislang ausgeschlossen waren – gedanklich, aber auch physisch. Die Natur in der Stadt kann so vielfältig sein, wie das Urbane in seiner Diversität sein kann. Aber es gibt auch gesellschaftliche Blockaden, zum Beispiel: Parkplatz versus Baum.

Neue Pflanzen auch auf Kosten von Parkplätzen?

Wieso nicht? An einzelnen Stellen würde das sicher Sinn machen. Wobei man bei der Planung immer flexibel bleiben soll, um sich den jeweiligen Gegebenheiten anpassen zu können. Natürlich geht es nicht überall, aber es wäre viel mehr möglich. So wie man ganz allgemein die Allmend an vielen Orten anders nutzen könnte. Mehr Priorität für die Fussgängerinnen und Fussgänger mit neuen Formen von Fussgängerstreifen, die auf gleicher Ebene sind wie die Trottoirs. Für den motorisierten Verkehr entsteht so ein liegender Polizist und zwingt zum Abbremsen. Auch rote Streifen für die Velos sind ideal, alles einfache Massnahmen, die schnell eingeführt werden können.

Mehr Grün, Bevorzugung des Langsamverkehrs. Es tönt wie aus dem Parteiprogramm der Grünen!

Einen Baum pflanzen, zu Fuss gehen, Fahrrad fahren, selbst etwas Nachhaltiges tun – eigentlich ganz einfach, unparteilich, unabhängig, oder?

Pierre de Meuron ist aber nicht nur der Architekt, der sich spitzbübisch über die anarchistische Pflanzenwelt freut und jede Kleinstinitiative unterstützt. Er ist auch Fürsprecher grosser Infrastrukturprojekte wie des Tunnelsystems «cargo sous terrain» für einen unterirdischen Güterverkehr quer durch die Schweiz. Besonders aber engagiert er sich für das Basler Herzstück, die direkte S­Bahn­Verbindung zwischen den Bahnhöfen SBB und Badischer Bahnhof mit Haltestellen in der Innenstadt und im neuen Quartier Klybeck. Es ist ein Milliardenprojekt mit einem Realisierungshorizont von 20 bis 30 Jahren.

Wieso engagieren Sie sich für das Herzstück?

Basel braucht dringend eine funktionierende S-Bahn. Mit Basel meine ich nicht nur den Kanton Basel-Stadt mit seinen gut 200 000 Einwohnern und Einwohnerinnen, sondern sein ganzes Einzugsgebiet, die sogenannte trinationale Metropolitanregion. Hier lebt gemäss Bundesamt für Statistik eine Gesamtbevölkerung von rund 1 300 000 Menschen. Dieses gesamte Einzugsgebiet gilt es nun endlich miteinander zu verbinden – und zwar mit einem überregionalen ÖV.

Das Herzstück mit dem Tunnel vom Bahnhof SBB bis zum Badischen Bahnhof ist ein Generationenprojekt und frühestens in 20 oder 25 Jahren fertiggestellt. Ist das Projekt in seiner Dimension nicht aus der Zeit gefallen?

Überhaupt nicht. Im Gegenteil, wir brauchen die unterirdische Verbindung vom Bahnhof SBB zum Badischen Bahnhof als Durchmesserlinie mehr denn je. Da werde ich wieder ungeduldig. Städte mit funktionierenden S-Bahnen sind besser für die Zukunft vorbereitet. Die Lebensqualität in Basel ist besser mit einer lückenlosen S-Bahn!

Aber es kommt doch zu spät? Basel hat sich das Klimaziel 2037 gegeben, wir können nicht auf die Fertigstellung des Herzstücks warten, oder?

Klar, es kommt viel zu spät. Die beiden Basel haben geschlafen. Es war unser Fehler, und dazu müssen wir stehen –und ich finde, Selbstkritik muss immer zuerst sein, bevor man auf andere in Bundesbern zeigt. Umso mehr müssen wir das ganze Projekt jetzt richtig anpacken, wie das Parlamentarierinnen und Parlamentarier kürzlich bestimmt und deutlich öffentlich kundgetan haben.

Und das Klimaziel, das schon bis 2037 erreicht werden muss?

Es gibt nicht nur das Herzstück, es gibt auch kleinere Projekte mit grosser Wirkung. Das eine ist die Zielsetzung im grossen Massstab mit dem zentralen Projekt «Herzstück Basel-Mitte», das andere sind pragmatische, kleinere und mittlere Teilprojekte. Es braucht beispielsweise schnell die S-Bahn-Haltestellen am Morgartenring und an der Solitude bei der Roche – und wenn die Kritik kommt, dass die Solitude-Haltestelle zu nahe beim Badischen Bahnhof liegt, so wäre vielleicht ein Rolltrottoir wie auf Flughäfen vom Badischen Bahnhof bis zum Tinguely-Museum eine Möglichkeit. Wir sollten alles, auch Unkonventionelles prüfen und nichts unversucht lassen.

Für das Herzstück ist eine Haltestelle in der Basler Innenstadt geplant. Reicht die innenstädtische Anbindung mit dem Tram nicht?

Das historische Zentrum der Stadt muss direkt erschlossen werden, und zwar ohne Umsteigen. Direkte Verbindungen aus den regionalen Zentren wie Liestal, Laufen, Lörrach und Mulhouse in die Basler Innenstadt: So wird diese belebt, aktiviert, stärker frequentiert, wortwörtlich durchblutet. Mit Haltestellen in der ehemaligen Hauptpost und in der ehemaligen Börse. Und um den Bogen wieder zur Klimajugend zu schlagen: Die Innenstadt muss grüner werden, auch dort müssen Bäume gepflanzt werden. Nach dem Motto «Weniger Tramgrün – mehr Stadtgrün!» Zur Abkühlung beitragen könnte auch die Freilegung des Birsig, und wieso nicht einen grösseren Brunnen am Barfüsserplatz? Am Rüdenplatz? Am Marktplatz? Ausserhalb der Marktzeiten ist dieser Platz ziemlich unbelebt. Neue Impulse in der ganzen Talstadt verdienen mehr Aufmerksamkeit und Enthusiasmus – von der Schifflände bis zur Heuwaage, bis und mit Zolli. In diesem Zusammenhang nennenswert: Durch die Umgestaltung der heute unwirtlichen Wärmeinsel im Birsig-Parkplatz soll die Aufenthaltsqualität des Ortes umfassend verbessert werden. Es ist jedoch bedauernswert, dass das Wasser des Birsig dort nicht sichtbar erlebt werden soll.

Pierre de Meuron kommt richtig in Fahrt, er sieht überall Potenziale und Verbesserungsmöglichkeiten, ist voller Tatendrang. Jetzt sitzt er ruhig im Büro und erklärt seine Ideen, aber man kann ihn sich sehr gut vor Ort vorstellen, wie er Plätze abschreitet, neue Ecken der Stadt entdeckt und am liebsten gleich selber Hand anlegen würde. Mit dieser Energie hat sich das ganze Architekturbüro Herzog & de Meuron weltweite Anerkennung geschaffen und Erfolge gefeiert. Und jetzt die aktuelle Weltlage! Nach dem Überfallkrieg Russlands auf die Ukraine hat sich Herzog & de Meuron von allen Russland­Projekten zurückgezogen. In Jerusalem stand das jüngste Bauwerk, die «National Library of Israel», im Oktober 2023 kurz vor der Eröffnung. Der Hamas­Terror hat alles verändert.

Wie erleben Sie die aktuelle Zeit?

Es nimmt eine besorgniserregende Entwicklung, es wird für immer mehr Menschen dramatisch. Ich mache mir Sorgen wegen der zunehmenden Polarisierung, wobei wir wahrscheinlich noch nicht das Ende der gewaltsamen Umwälzungen erreicht haben.

Wie reagieren Sie als Architekt auf diese Situation?

Als Grenzstadt und als Stadt am Rhein hat Basel einen Spirit, um Brücken zu bauen. Das pflegen wir auch mit unserem Architekturbüro: Herzog & de Meuron sucht das Bindende und nicht das Trennende. Gerade bei unseren öffentlichen Bauten war dies immer wichtig. Die Tate Modern in London ist mehr als ein Ort für die Kunst, es ist ein Ort der Begegnung. So auch das M+ in Hongkong. Beeindruckend, wie das Gebäude als Begegnungsort in einer der dichtest besiedelten Städte der Welt funktioniert, wo ganz viele Menschen an akuter Platznot leiden und spartanisch wenige Quadratmeter zum Leben kriegen. Der Garten auf dem Dach des Museums, die Wiese davor dienen quasi als ihr Garten. Hier wird getanzt, Musik und Picknick gemacht – ein echter Mehrwert für die Stadtbevölkerung. Die «National Library of Israel» soll eine eigenständige staatliche Institution für den ganzen Nahen Osten sein. Die Beschilderung ist dreisprachig: Hebräisch, Arabisch und Englisch. Die drei Sprachen sind gleichwertig, es soll ein Begegnungsort für ganz viele Menschen werden – für Israeli und Araber, für Juden, Muslime und Christen, für religiöse und weltliche Gemeinschaften. Fatalerweise musste die offizielle Eröffnung auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Stattdessen öffnete die Bibliothek inoffiziell in begrenztem Umfang für Leser und Wissenschaftler und wurde von glücklichen Besuchern in Besitz genommen.

Sind Sie zuversichtlich für die Zukunft, sind Sie ein optimistischer Mensch?

Optimistisch eher weniger, vielmehr hoffnungsvoll würde ich mich identifizieren wollen. Denn Hoffnung enthält Wünsche und Erwartungen, lässt sich aber auch auf Leid und Elend ein. Hoffnung paart sich mit Zuversicht in die Zukunft, die nicht nur individuell, sondern insbesondere auch kollektiv einiges bewirken kann, was wir uns in Zeiten von Leid und Elend nicht immer vorstellen können.

Und es gelingt Ihnen, nicht aufzugeben?

Ich habe die Körperkräfte, nicht aufzugeben, und das ureigene Befinden, rational und emotional die Realitäten mit ihren inneren und äusseren Spannungsherden aushalten zu können.

Bei diesem letzten Satz schaut Pierre de Meuron aus dem Fenster, und in diesem Moment fährt ein Schiff rheinabwärts.

PIERRE DE MEURON hat von 1970 bis 1975 an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) bei Lucius Burckhardt, Aldo Rossi und Dolf Schnebli Architektur studiert. Er gründete 1978 zusammen mit Jacques Herzog das Büro Herzog & de Meuron in Basel. Von 1999 bis 2018 war er Professor an der ETH Zürich und Mitbegründer des ETH Studio Basel – Institut Stadt der Gegenwart. Pierre de Meuron und Jacques Herzog wurden mit dem PritzkerArchitekturpreis (2001), der RIBA Royal Gold Medal (UK, 2007), dem Praemium Imperiale (Japan, 2007) und dem Mies Crown Hall Americas Prize (USA, 2014) ausgezeichnet.

DIETER KOHLER ist selbstständiger Journalist und Moderator. Bis 2021 leitete er das SRF- Regionaljournal Basel Baselland, davor war er u. a. Westschweiz- und Bundeshauskorrespondent und Interviewer der Sendung Samstagsrundschau. Er hat an der Uni Basel Geografie, Soziologie und Jus studiert, gefolgt von einer ETH-Weiterbildung in Raumplanung.

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