
3 minute read
Geschichte und Geschichten zu Ramstein Optik
CHRISTOPH R. RAMSTEIN
GESCHICHTE UND GESCHICHTEN ZU RAMSTEIN OPTIK
Andi Bichweiler lässt Ramstein Optik jubilieren. Als Spross in vierter Generation der Optiker-Familie Ramstein freut es mich, auch wenn das Geschäft nicht mehr in unserer Familie ist. Es wurde 1989 von Rolf und Walter Ramstein, meinem Vater und Onkel, dem ehemaligen Lehrling Andi Bichweiler anvertraut. Andi hat das Traditionshaus zu neuen Ufern geführt und in Basels Alltag verankert.
Carl Ramstein aus Muttenz lernte in den 1880er-Jahren beim Optiker Heinrich Strübin & Cie. an der Gerbergasse Präzisionsoptik und Brillenglasschleiferei. 1899 gründete er mit Wilhelm Schultheiss an der Greifengasse 10 das optische Institut Ramstein & Schultheiss. 1909 eröffnete er ein Fachgeschäft für Brillen an der Eisengasse 34, in das Sohn Max nach erfolgter Weiterbildung in London 1913 eintrat. 1919 konnte Max mit seiner Frau Emilia und Louis Iberg das Geschäft an der Eisengasse übernehmen. Es entstand Ramstein Iberg & Cie. Mithilfe ihres Vaters, eines Direktors in der Textilindustrie, brachte Emilia Kapital ein, wurde Kommanditärin und übernahm die kaufmännische Leitung. 1940 konnte ein grosszügiges Ladenlokal mit breitem Schaufenster neben dem Rathaus am Marktplatz 11 gemietet werden. Der Kundenstamm wuchs, das Geschäft florierte.
Der gesellige Max betreute im Laden die Kundschaft, pflegte das Vereinsleben und warb Neukunden. Louis Iberg führte die Werkstatt. Die gewissenhafte Emilia hatte Administration sowie Finanzen im Griff und besorgte den Haushalt am Gemsberg, später an der Stadthausgasse. In der Regel schloss Max abends die Ladentür und ging zum Apéro an einen Stammtisch oder an eine Vereinsversammlung, während Emilia «die Kasse machte» und anschliessend der Familie mit den zwei Buben Walter und Rolf das Abendessen zubereitete. Eines Abends klagte Max seiner Emilia, dass ihm die Basler Optiker an der Jahresversammlung wegen der vielen Vereinsmitgliedschaften unlauteren Wettbewerb vorwarfen; schmunzelnd fügte er an, dass er vor zwei Tagen dem Feuerbestattungsverein beigetreten sei.
1948 werden Walter und Rolf, Optiker in dritter Generation, Kommanditisten. In den Fünfzigerjahren betrat ein junger Mann den Laden am Marktplatz, verlangte den Chef und meinte: «Das Schaufenster gefällt mir; ich will es dekorieren.» Auf die Argumente, man habe einen Dekorateur und benötige keine Hilfe, sowie auf die Frage nach den Kosten kam die Antwort: «Ich kann eine Zahl nennen, die haut Sie um, oder auch nichts verlangen. Lassen Sie mich machen!» Jean Tinguely gestaltete für einige Jahre viel beachtete, grandiose Schaufenster.
Mein Grossvater Max hatte im Geschäft sein «Chef»-Pult und einen in der Höhe verstellbaren Coiffeurstuhl. Besuchte ich als Kind den Laden, winkte er mich zu sich, zog die unterste Schublade seines Pults auf – dabei rutschte der Hemdsärmel hoch und am Handgelenk blitzte seine Uhr mit Goldarmband – und gab mir ein Caramel-Bouchée. Dann ging’s auf dem Coiffeurstuhl rauf und runter. Erinnerungen, die präsent sind, wenn ich heute Max’ Golduhr trage.
1966 zog Ramstein Optik in die eigene Liegenschaft mit modernem Laden an der Sattelgasse 4. Die ganze Familie half beim Umzug. 1987 wurde die Kollektiv- in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Nachdem mein Bruder Gaudenz, Optiker in vierter Generation, das Geschäft nicht übernahm, verkauften Walter und Rolf Ramstein 1989 an Andi Bichweiler. Sein Engagement als Unternehmer, seine Zuversicht, seine sprudelnden Ideen, die viel beachtete Wer-
bung und der gute Service liessen Ramstein Optik weiterwachsen und zum festen Bestandteil der Stadt Basel werden. Das bereitet Freude und verdient Anerkennung.
Nun blickt Andi auf seine eigene Geschichte mit Ramstein Optik und übergibt der nächsten Generation. Herzliche Gratulation, und weiter so mit viel Spass und Erfolg!
CHRISTOPH R. RAMSTEIN Nachkomme der Optikerfamilie Ramstein, Wirtschaftsanwalt in Zürich, lebt in Lenzburg.