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WIRTSCHAFT & UMWELT

REINHARD STEGER

Der Kapitän geht von Bord Gastronomie ist wie das Spielen eines Orchesters. Wenn man im Restaurant sitzt und alles rund läuft, dann weiß man einfach, dass an den richtigen Fäden gezogen wird. Der langjährige Präsident des SKV, Reinhard Steger, über die Zukunft der Südtiroler Kulinarik. von Samuel Schneider

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on den 50 Jahren Verbandsgeschichte war Reinhard Steger nahezu 30 Jahre an vorderster Front. Nach 24 Jahren als Präsident des Südtiroler Köcheverbandes übergab Steger seine Rolle vor kurzem an seinen bisherigen Vizepräsidenten Patrick Jageregger. Mit einem Lächeln im Gesicht erinnert er sich auf die schöne Zeit mit dem SKV zurück und reflektiert über die Veränderungen, die er in all den Jahren an vorderster Front beeinflussen und miterleben durfte. Steger betont die Wichtigkeit von Aus- und Weiterbildungen im Beruf des Koches und erklärt, warum es laut ihm an der Zeit war, das Zepter weiterzugeben.

PZ: Welche waren die primären Herausforderungen bei der Übernahme des Südtiroler Köcheverbandes? Reinhard Steger: Im Grunde war es für mich ein Sprung ins kalte Wasser. Zu Beginn der 90er Jahre wurde in Südtirol zwar gekocht, gegessen, es gab Pensionen und Hotels, jedoch existierte noch nicht die Südtiroler Küche in der heutigen Form. Erst später im Jahr 2000 wurde diese dann mit eigener Literatur transportiert. Außerdem hatte der Beruf des Koches zu jener Zeit, dadurch, dass man am Wochenende und am Abend arbeiten musste, einen schlechten Ruf. Zurückblickend, was war Ihre größte Errungenschaft im SKV? Dadurch, dass ich so lange im Verband war, gab es einige Errungenschaften, die erreicht wurden. Beginnend mit der Teilnahme an den Berufsweltmeisterschaften, welche zwar eine Menge an Geld gekostet hat, aber rückblickend ein bedeutender Erfolg war. Immerhin gab es zuvor kein Land, das innerhalb 15 Jahren zweimal die Berufsweltmeisterschaften für sich entschieden hat. Die Differenzierung in der Aus- und Weiterbildung, das Schaffen eigener Berufsbilder und das Ausbauen des schulischen Angebotes war für uns ebenfalls ein großes Anliegen. Auch der Fakt, dass Südtiroler gerne ins Restaurant gehen, ist ein Verdienst, der hart erarbeitet werden musste. Gelungen ist zudem der Bezug zu unseren eigenen Produkten. 26

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Sie haben die Aus- und Weiterbildung angesprochen. Kann man also behaupten, Sie haben die Not an Lehrlingen früh erkannt? In der Tat, nichtsdestotrotz bräuchten auch wir in der Gastronomie heute noch wesentlich mehr Lehrlinge. Es war mir von Beginn an ein Herzensanliegen Wissen weiterzugeben, Wissen zu transformieren und junge Menschen dafür zu begeistern. Dies funktioniert nur mit frischer Küche, frischen Produkten, frisch Kochen in den Schulen und das Ausleben ihrer Kreativität.

Reinhard Steger: „Gastronomie ist wie das Spielen eines Orchesters. Wenn man im Restaurant sitzt und alles rund läuft, dann weiß man einfach, dass an den richtigen Fäden gezogen wird. Schlussendlich ist das Restaurant oder der Speisesaal die gastronomische Bühne und da geht es um feine Abstimmung.“ Viele Schülerinnen und Schüler besuchen die Hotelfachschulen, trotzdem spricht man immer vom Personalmangel. Woran kann das liegen? Wenn wir die Entwicklungen der letzten 20 Jahre beobachten, können wir feststellen, dass wir ganz einfach auf einer Ebene angelangt sind, an der wir von der eigenen Bevölkerung zu wenige humane Ressourcen zur Verfügung haben. Wir dürfen uns nicht immer beschweren und sollten uns vor Auge führen, dass wir sei es auf den Bergen, in Dörfern als auch in Städten hervorragend speisen können. Wir sind einfach an einen Grenzbereich angekommen, der nur dann überschritten werden kann, wenn und in der Gastronomie braucht es einfach mehr Menschen, die schlussendlich Südtirol spürbar und erlebbar machen. Beim Betrachten der Sterneköche in Südtirol und des internationalen Er-

folges kann man behaupten, dass Sie als Präsident des SKV nichts falsch gemacht haben, oder? Während es zu Beginn der 90er Jahre in Südtirol lediglich ein einziges Sternerestaurant gab, welches kurz vor dem Schließen war, gibt es heute mit Norbert Niederkofler ein drei Sterne Michelin Restaurant in Südtirol - etwas, das vor 30 Jahren unmöglich schien. Ausschlaggebend für diese drastischen Veränderungen ist wie bereits angesprochen die Förderung der jungen Menschen. Es ist mir ein Anliegen zu betonen, wie wichtig es ist, die junge Generation zu motivieren und ihnen die Bühne zu geben. Am Ende braucht es einfach eine breite Masse an Menschen, eine Pyramide an Köchen, damit an der Spitze unser Erfolg klar sichtbar ist. Wo sind wir im Jahre 2022 mit der Südtiroler Küche? Tourismus, die Küche und das Essen hat im-


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