PRESTIGE BUSINESS 02/22

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RUBRIK

AUSGABE 02 / 2022

URS KESSLER EINE HERZENSANGELEGENHEIT

ANDREAS STAUBLI, CEO PRICEWATERHOUSE COOPERS CUSTOMER JOURNEY IM ZENTRUM

MATTHIAS ACKERET, PERSÖNLICH PRINT WIRKT!

ANDREAS BÜTTIKER NEW GENERATION, NEW WORK LEADERSHIP

RAYNALD AESCHLIMANN, CEO OMEGA EINE AVANTGARDISTISCHE REISE

SCHWEIZER BERGBAHNEN Swissness auf dem höchsten Punkt

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LIEBE LESER*INNEN, ob die höchsten, die steilsten oder die längsten – die Schweizer Bergbahnen haben Geschichte geschrieben, sind Wirtschaftsfaktor und untrennbar mit der Entwicklung des alpinen Tourismus verbunden. Dabei jagte in der Vergangenheit nicht nur beim Bau der mechanischen Gipfelstürmer ein Rekord den nächsten, auch die Touristenströme aus dem Aus- und Inland sorgten für Rekordergebnisse und liessen Bahnbetreiber, Aktionäre und Investoren frohlocken. Bis ein kleines Virus die Rekordjagd beendete. Ein Lockdown, zwei Krisenjahre, unzählige Jammertäler und Milliardenverluste waren das Ergebnis. Die fetten Jahre waren vorbei. Dank guter Reserven, Einsparungen und Kurzarbeit kamen die Schweizer Bergbahnen mit ein paar Dellen aus der Krise heraus. Und nun scheint es wieder bergauf zu gehen. Es wird investiert und gebaut. Bestes Beispiel ist das V-Bahn-Projekt im Berner Oberland. Rund 520 Millionen Franken hat die Realisierung gekostet, auch damit wurde ein neuer Rekord aufgestellt. Solche Projekte sind gut und wichtig. Denn Bergbahnen sind das Erz der Alpenregion und stellen eine Schlüsselbranche dar. Entsprechend hoch ist die Verantwortung der Marktteilnehmer, den Tourismus und die Infrastruktur für die nächsten Generationen weitsichtig zu gestalten. In diesem Sinne, auf zu neuen Höhen und viel Vergnügen beim Lesen.

Herzlich Isabelle Riederer

Chefredaktorin PRESTIGE BUSINESS. PRESTIGE BUSINESS

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INHALTSVERZEICHNIS

OPINION LEADER 6 DER BERG RUFT! Alpine Begehrlichkeiten und Visionen 12 MECHANISCHE GIPFELSTÜRMER Die Geschichte der Schweiz Bergbahnen

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20 DER BERGMEISTER VOM JUNGFRAUJOCH Urs Kessler, Geschäftsführer Jungfraubahnen, im Interview 26 ZWISCHEN SCHNEE UND SCHOTTER Zermatt und der Tourismus 28 ES WAR EINMAL EIN BERGDORF Die Transformation von Andermatt 30 DIE GESICHTE DES SCHWEIZER TOURISMUS Eine mehr als hundertjährige Erfolgsgeschichte

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M & A / NACHFOLGEREGELUNGEN 48 UNTERNEHMEN MÜSSEN HANDELN Die Brisanz der Nachfolgeregelung 52 LIEBER FRÜHER ALS SPÄTER Die wichtigsten Antworten zur Nachfolge 56 UNTERNEHMEN ERFOLGREICH ÜBERNEHMEN Nachfolgeplanung systematisch angehen 60 SO GEHT UNTERNEHMENSNACHFOLGE Die erfolgreiche Nachfolge der In-Gerüst AG 64 AM PULS DES UNTERNEHMENS Digitale Lösungen bei der Nachfolgeregelung

FINANCE / FINTECH / INVESTMENTS 68 DIE ZUKUNFT HAT BEGONNEN Automatisches Spesenmanagement

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DIGITAL INNOVATIONS 74 CLOUD-ARCHITEKTUR FÜR UNTERNEHMEN Mehr Wertschöpfung mit Managed Cloud Services

MARKETING 76 MEHR SCHALL ALS RAUCH Markenführung in kleineren und mittleren Unternehmen 82 PRINT WIRKT! Matthias Ackeret, Chefredaktor Persönlich, im Interview

GREEN STRATEGY 86 AUF DIE INNEREN WERTE KOMMT ES AN Die Zukunft des Fahrzeuginterieurs bei Skoda

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INHALTSVERZEICHNIS

#vorausschauend

Die Zukunft in guten Händen.

Wer sein Unternehmen verkauft, will sicher sein, dass es in gute Hände kommt. Eine transparente Übergabe an die neue Geschäftsleitung und gute Zukunftsperspektiven für die Mitarbeitenden sind die Prioritäten, wenn Patrons ihr Lebenswerk im Zuge einer Nachfolgeregelung abgeben. Gleichzeitig betrachten unsere Experten das Unternehmen, die Branche und alle involvierten Menschen aus dem Blickwinkel von Profis, damit es erfolgreich weitergeht. Willkommen bei der Bank CIC, Ihrer flexiblen Bank.

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INHALTSVERZEICHNIS

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HUMAN RESOURCES 92 DAS REISSEN DER LIEFERKETTEN Lieferengpässe bei Medikamenten entgegentreten 98 ICH KANN ES MIR LEISTEN Prestige und seine gesellschaftliche Funktion 102 NACHHALTIGE WERTE SCHAFFEN Interview mit Andreas Staubli, CEO PwC 108 EINE AVANTGARDISTISCHE REISE Im Gespräch mit Raynald Aeschlimann, CEO Omega 114 DAS KAPITAL SIND DIE MITARBEITENDEN Der Wertewandel der neuen Generation in der Arbeitswelt 120 DAS BESTE IST NICHT GUT GENUG Das Bildungsinstitut TASIS im Porträt

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124 SIE HABEN EIN MATCH VERPASST Businesswelt lernt vom Online-Dating

OUT OF THE BOX 126 GUTE AUSSICHTEN Der Blick in die Weite als Ressource nutzen 130 UNTERWEGS MIT ROLAND FASEL Luxus und Gemütlichkeit in den Aman Resorts

MOBILITY 134 KEIN GEWÖHNLICHER SHOWROOM Das neue Zentrum für nachhaltige Mobilität 138 AUF DER ÜBERHOLSPUR Polestar läutet eine neue Ära ein

CHARITY

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142 LAUREUS STIFTUNG SCHWEIZ Sport für den guten Zweck

ARTS & BUSINESS CULTURE 146 FIT FOR BUSINESS Zu Besuch in der SHA Wellness Clinic 150 GOOD TO GRILL Der Gipfel des Genusses

KOLUMNE 72

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INHALTSVERZEICHNIS

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DER BERG RUFT

Die Schweizer Bergwelt weckt Begehrlichkeiten und Visionen Es sind die massiven Berge, die Täler und die Schluchten, sie faszinieren, beflügeln und begeistern. Die Alpen sind Sehnsuchtsort, Kulturerbe und lukratives Investment. Seit Albrecht Haller 1728 seine Begeisterung für das Alpenmassiv und deren Bewohner in seinem Gedichtband «Die Alpen» niederschrieb, ist das Interesse an der Schweizer Bergwelt ungebrochen. Unternehmer, Visionäre und Künstler, die dem heimischen Granit weit über die Landesgrenzen zum Erfolg verholfen haben, stellen wir Ihnen auf den folgenden Seiten vor. Autorin: Isabelle Riederer

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t. Moritz, Gstaad, Davos, Crans-Montana, Grindelwald, Verbier – die Liste der bekannten Schweizer Alpendestinationen ist lang. Kaum ein anderes Land auf der Welt kann mit dem Who’s who der Schweizer Bergdörfer mithalten. Kein Zweifel, die alpinen Destinationen sind in vielerlei Hinsicht das Aushängeschild der Schweiz. Dafür gibt es gute Gründe, besonders im Winter. Ein Blick auf das verschneite Matterhorn oder die Jungfrau ist ebenso wenig zu toppen wie das Licht über den zugefrorenen Engadiner Seen. Die meisten Skigebiete sind dank ihrer Höhe schneesicher und verfügen über exzellente Wintersportanlagen. Nicht zuletzt sind einige Orte zu Synonymen für Jetset und gehobene Highlifes geworden.

SAMIH SAWIRIS Unternehmer Seit einigen Jahren gehört auch Andermatt in die Liste der exklusiven Sehnsuchtsorte. Das kleine Dorf am Fusse des Gotthardmassivs war jahrelang nur Durchgangsstation für Auto, Bahn und Bus. Doch dann kam er, Samih Sawiris. 2005 wurde der ägyptische Investor von der Urner Regierung nach Andermatt eingeladen. Das Bergdorf befand sich mitten in einer Depression. Die mondänen Zeiten, als Reisende im 19. Jahrhundert über den Gotthard-Pass Richtung Süden reisten, sind längst vergangen. Und nachdem das Schweizer Militär den zur Festung ausgebauten Pass, durchlöchert wie ein Emmentaler, seinem Schicksal überliess, fielen dem Bergdorf auch noch die letzten zahlenden Gäste weg.

Der «Prinz» aus Ägypten kam zwar ohne Schimmel, dafür mit viel Schotter und noch grösseren Visionen. Ein Luxusresort, wie es die Schweizer Bergwelt noch nie gesehen hatte, sollte auf dem ehemaligen Militärflughafen entstehen. Andermatt war skeptisch gegenüber diesem Milliardär. Aber bei einer Informationsveranstaltung in der Mehrzweckhalle der Armee eroberte er die Herzen im Sturm. Er sei Christ, soll Sawiris gesagt haben – zur grossen Erleichterung mancher Andermatter, die glaubten, die Schweizer Frauen müssten dann Kopftuch tragen. Sawiris versprach, den Ort zur Ganzjahresdestination zu entwickeln – mit sechs Hotels, 42 Apartmenthäusern, einem Golfplatz und einem modernen Skigebiet. Andermatt werde das bessere St. Moritz, versprach er. Das gefiel den Leuten. Zwei Jahre später stimmte die Bevölkerung der Umzonung für das grosse Bauprojekt mit 96 Prozent Ja-Stimmen zu. Der Grundstein zum entstehenden Dorfteil Andermatt Reuss war gelegt. Im September 2009 fuhren die ersten Baumaschinen auf und im Dezember 2013 eröffnet das erste Hotel, The Chedi Andermatt. Der moderne Holzbau gehört heute zu Andermatt wie die Teufelsbrücke zur Schöllenenschlucht. Im März dieses Jahres hat der weltgrösste Skigebietsbetreiber, Vail Resorts, die Mehrheit von Samih Sawiris am Skigebiet Andermatt-Sedrun übernommen – eine weitere grosse Chance für Andermatt. Und was macht Sawiris? Der plant bereits die nächsten Grossprojekte im Kanton Uri, genauer gesagt in Isleten am Urnersee. Dort soll eine luxuriöse Marina mit Yachthafen und Fünf-Sterne-Hotel entstehen. Mit Marinas kennt sich Sawiris ebenfalls aus. Der Sohn eines wohlhabenden Bauunternehmers hat 1989 in Hurghada am Roten Meer ein Ferienresort wortwörtlich aus der Wüste gestampft. El Gouna hat dem Badeort neues Leben eingehaucht. Der künstlich geschaffene Urlaubsort umfasst 14 Hotels, mehr als 2 500 Ferienwohnungen und seit 2012 den erste Auslandcampus der Technischen Universität Berlin. Aktuell sind die Urner wenig begeistert von Sawiris neuem Bauprojekt, aber das waren sie ja in Andermatt auch nicht.

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BRIGITTA M. GADIENT Präsidentin von Schweiz Tourismus Im November 2019 wurde Brigitta M. Gadient vom Bundesrat zur neuen Präsidentin von Schweiz Tourismus ernannt. Ein Meilenstein! Die Juristin ist die erste Frau in der über 100-jährigen Geschichte von Schweiz Tourismus, die dieses Amt bekleidet. Die Bündnerin war von 1995 bis 2011 Nationalrätin. Heute amtet sie als Präsidentin der Fachhochschule Graubünden (FHGR) sowie als Vizepräsidentin des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) und arbeitet als Juristin in ihrem eigenen Büro für Rechts-, Organisations- und Strategieberatung in Chur. Brigitta M. Gadient hat mit ihren Kenntnissen und ihrer Passion für den Schweizer Tourismus sowohl den Vorstand von Schweiz Tourismus als auch den Bundesrat beeindruckt. Sie spricht alle vier Landessprachen und verfügt dank ihrer langjährigen Arbeit in der Politik über ein grosses Netzwerk. Im Fokus ihrer Präsidentschaft von Schweiz Tourismus stehen die Entwicklung und Umsetzung nachfragewirksamer Marketingprogramme und die Profilierung der starken, klassisch-modernen Tourismusmarke Schweiz landes- und weltweit.

HEINZ JULEN Visionär, Hotelier, Architekt, Designer Der Zermatter Heinz Julen gehört für viele zu Zermatt wie das Matterhorn zu den Alpen. Er und seine Familie haben aus dem Bergdorf eine Feriendestination der Superlative gemacht. Sie bauten die ersten Skilifte und brachten den Film in das Walliser Dorf. Es war August Julen, Heinz’ Vater, der die ersten 16-MillimeterFarbfilme über das Leben am Berg drehte und zeigte – zu einer Zeit, in der es weder Fernseher noch Kinos gab. August Julen durfte sogar Walt Disney persönlich assistieren, als er einen Matterhorn-Film drehte. Der Film floppte, doch das Matterhorn hat Walt Disney so fasziniert, dass er es in seinem Unterhaltungspark nachbauen liess. Aber zurück zu Heinz Julen. Seine Kunst und seine Architektur verkauft der Walliser in die ganze Welt. Aber nicht nur spezielle Möbel und luxuriöse Apartments gehören zu seinem Œuvre, auch seine visionären Hotelprojekte sind legendär. Damit sorgte er weltweit für Aufsehen. So wie 2000, als Heinz Julen zusammen mit Millionärssohn Alexander Schärer das aussergewöhnlichste Hotel der Schweiz eröffnete – ein Hotel auf einem Felsen oberhalb von Zermatt mit allem, was ein James-Bond-Bösewicht auch gerne gehabt hätte: einem in den Felsen gesprengten Tunnel, einem ausfahrbaren Whirlpool, drehbaren Zimmern, einem unterirdischen See und einem Schlaraffenland für die Reichen und Schönen. Doch nach sieben Wochen platzte der Traum vom

«Into the Hotel». Baumängel, Streitereien und eine Ruine blieben. Den Traum vom aussergewöhnlichen Hotel hat Heinz Julen nicht aufgegeben. 2010 eröffnete er das luxuriöse Backstage Hotel mitten im Herzen Zermatts. PRESTIGE BUSINESS

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ROBERT BÖSCH Fotograf Berge und Kamera begleiteten Robert Bösch über vierzig Jahre durch viele Gebirge und Wüsten und auf alle Kontinente. Er ist eine Legende der Bergfotografie, schuf Bildbände und Reportagen zu Themen wie Alpinismus, Schweizer Eisenbahnstrecken, Wintersport und Mountainbiking, veröffentlichte in Zeitschriften wie Stern, Geo, National Geographic und Spiegel und zeigte seine Bilder in Galerien, Museen und Ausstellungen. Keiner inszenierte die Alpen so wie er und machte sie weit über die Landesgrenzen hinaus zu einem Sehnsuchtsort für Touristen und Abenteurer. Der Nikon-Ambassador erhielt 2009 den Eiger Special Award für sein langjähriges Schaffen im Bereich der Alpinfotografie. Als Alpinist führten ihn seine Reisen und Expeditionen auf alle sieben Kontinente, wo er in schwierigen Routen und an höchsten Bergen unterwegs war. Er dokumentierte viele Unternehmungen von Ueli Steck in den Alpen und im Himalaya. In den letzten Jahren beschäftigte sich Robert Bösch intensiv und erfolgreich mit der Landschafts-Kunstfotografie.

PETER KÄMPFER Direktor des Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa, Interlaken Im Oktober 2018 hat Peter Kämpf die Leitung des legendären Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa in Interlaken übernommen. Der Luzerner atmete bereits in jungen Jahren im grossväterlichen Betrieb den Duft der grossen weiten Welt der internationalen Hotellerie. Seine Karriere führte ihn nach seiner Kochlehre über diverse Weiterbildungen und Sprachaufenthalte ins Hotelmanagement des Fünf-Sterne-Hotels Bürgenstock. Nach sechs Jahren zog es Peter Kämpfer ins Engadin, bevor er 1998 die Direktion des Park Hotel Weggis übernahm. Mit Kreativität und Engagement hauchte er dem 125-jährigen Traditionsbetrieb in den folgenden Jahren neues Leben ein. Unter der Leitung von Peter Kämpfer entwickelte sich das Park Hotel Weggis eindrücklich und die Zahl der Mitarbeitenden vervierfachte sich von 30 auf rund 120. Das Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa steht seit über 150 Jahren für Grandezza. Am Fusse des malerischen Berner Oberlands und in unmittelbarer Nähe zum berühmten Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau ist das Luxushotel Sinnbild für gelebte Tradition, Schweizer Gastlichkeit und modernsten Komfort rund um den Globus. Das Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa gehört zur Gruppe Michel Reybier Hospitality, die seit 20 Jahren Ikonen der Hotellerie von Genf bis Zürich, von Paris bis London und von Davos bis Zermatt vereint. 10

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GERRY HOFSTETTER Künstler Ein kilometerlanger Tiger erleuchtete am 31. Januar 2022 die Eigernordwand – ein Spektakel, das weltweit für Aufsehen sorgte und einmal mehr die Schweizer Alpen wortwörtlich ins rechte Licht rückte. Zu verdanken hatte der Eiger sein gestreiftes Lichtkleid dem Schweizer Lichtkünstler Gerry Hofstetter und dem Beginn des Jahrs des Tigers in China. Der Illuminist und die Schweizer Berge pflegen seit vielen Jahren eine innige Beziehung, letztere werden von dem Zürcher regelmässig Nacht für Nacht illuminiert – ob für die Nasa, das 100-jährige Jubiläum der Jungfraubahnen, den SAC oder die UNO. Legendär war Gerry Hofstetters Aktion im Frühling 2020, als er das Matterhorn während fünf Wochen Nacht für Nacht als Zeichen der Hoffnung und Solidarität in der Corona-Krise beleuchtete. Es war die Idee des Zermatter Tourismusdirektor Daniel Luggen. Gerry Hofstetter gewann dafür gemeinsam mit Zermatt Tourismus einen Milestone-Tourismuspreis. Weltweite Bekanntheit erlangte Gerry Hofstetter auch mit der Beleuchtung von Eisbergen in der Arktis und der Antarktis.

CHRISTIAN JOTT JENNY Gemeindepräsident von St. Moritz Er ist ein Hansdampf in allen Gassen, wird als «Tausendsassa» beschrieben und ist – wenn wir schon bei Floskeln sind – auf allen möglichen Bühnen zu Hause: Christian Jott Jenny. Dabei ist er vor allem eins, immer aktiv. Im Oktober 2018 wählten ihn die Bürgerinnen und Bürger des mondänen Wintersportorts St. Moritz zu ihrem neuen Gemeindepräsidenten. Eine neue Bühne für den umtriebigen Kulturschaffenden, und er nutzt sie gut. Allein mit dem Festival da Jazz holt Christian Jott Jenny jedes Jahr das Who’s who der internationalen Jazzszene ins Oberengadin. Damit aber nicht genug: Ob legendäre Autotreffen mit exklusiven Preziosen aus Chrom und Stahl, Bergrennen in atemberaubender Kulisse, Extremsport-Events für Läufer, Mountainbiker oder Bergsteiger, Gourmet-Festivals oder legendäre Pferdesport-Veranstaltungen – die Liste der exklusiven Happenings zwischen dem Malojapass und Zuoz ist lang und bringt das Bergdorf immer wieder in die nationalen und internationalen Schlagzeilen.

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DIE MECHANISCHEN GIPFELSTÜRMER Die Geschichte der Schweizer Bergbahnen

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Der Tourismus gilt heute als der drittwichtigste Wirtschaftszweig und als ein Aushängeschild der Schweiz. In den 1750erJahren besuchten die ersten englischen Touristen die Schweiz. Mit der Erstbesteigung der Jungfrau 1811 und des Faulhorns 1812 setzte die lange Reihe der Gipfelstürme ein. Ab etwa 1870 begann eine gezielte Vermarktung der winterlichen Tourismusregionen. Und mit der Eröffnung der ersten Zahnradbahn in Europa auf die Rigi Kulm begann der Siegeszug der Schweizer Bergbahnen. Autorin: Isabelle Riederer

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echs Goldstücke erhielten die beiden Schweizer Träger 1868, als sie Queen Victoria in einer Sänfte auf die Rigi Kulm trugen, so steht es geschrieben in den Annalen des Rigi-Kulm-Hotels. Wäre das Oberhaupt der britischen Monarchie doch bloss drei Jahre später gekommen, dann hätten sich die beiden Schweizer den schweisstreibenden Einsatz sparen können und die Dampflok der ersten Zahnradbahn in Europa hätte die Arbeit erledigt. Zischend und schnaubend hätte sie die Königin bergan geschoben. Die Zahnradbahn, welche am 21. Mai 1871 in Betrieb genommen wurde, war eine Weltsensation. Die Rigi ist mit 1 797 Metern über Meer zwar nicht besonders hoch, aber

mit der ersten Zahnradbahn Europas weltbekannt und der Anfang der touristischen Entwicklung der Schweiz und ganz Europas. Bereits drei Jahre nach der Eröffnung beförderte die Rigi-Bahn 50’000 Gäste auf die Rigi Kulm. Die Region um das Bergmassiv am Vierwaldstättersee wurde zum Hotspot wohlhabender Europäerinnen und Europäer. Die Lok 7, auch liebevoll «s Sibni» genannt, die damals im Einsatz war, schnaubt noch heute und ist damit die einzige noch fahrende Zahnraddampflok der Welt.

OHNE RIGGENBACH KEINE RIGI-BAHN Zu verdanken hat die Rigi ihre Zahnradbahn dem Technikpionier Niklaus Riggenbach. Der gebürtige Elsässer war PRESTIGE BUSINESS

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ein einfallsreicher und ehrgeiziger Bahnfachmann. Für die Überwindung von Bergstrecken entwickelte er zu Beginn der 1860er-Jahre eine Leiterzahnstange als Mittelschiene und wollte damit die Alpenüberquerung erleichtern. Riggenbach wollte mit seinem System über den Gotthard rüber, Louis Favre, der Erbauer des Gotthardtunnels, wollte unten durch. Wer den Zuschlag bekam, ist wohl bekannt. Das Problem war: Riggenbach fehlte es an gesellschaftlichem Ansehen, notwendigem Kapital und den richtigen Freunden.

© Verkehrshaus Luzern

Doch dann kam ihm Silvester Marsch zuvor und eröffnete 1866 die erste Bergzahnradbahn der Welt auf den Mount Washington in den USA. Immerhin war der Beweis erbracht, dass eine Zahnradbahn effektiv realisierbar war. Die Eroberung des 1 917 Meter hohen Mount Washington bewog John Hitz, den damaligen Schweizer Generalkonsul in Wa-

Die Pilatusbahn ist die steilste Zahnradbahn der Welt.

shington, bei einem Besuch in der Schweiz Ende Mai 1867 Riggenbach den Vorschlag zu machen, eine Leiterzahnstange an der Rigi zu verwenden. Gesagt, getan. Dank der Zusammenarbeit mit den einflussreichen Ingenieuren Adolf Näff und Olivier Zschokke und dem Luzerner Kantonsparlament, das dem Konzessionsgesuch für die Vitznau-Rigi-Bahn innerhalb weniger Wochen im Juni 1869 zustimmte, stand dem Bau der ersten Zahnradbahn in Europa nichts mehr im Weg. Der Rest ist bekannt und Niklaus Riggenbach ging als Begründer und Vater der Schweizer Bergbahnen in die Geschichtsbücher ein.

TOURISMUS-BOOM UND BAUWELLE Riggenbach auf Testfahrt

©Jungfraubahnen

der Zahnradbahn Vitznau–Rigi (1870)

Die fünf Kilometer lange Bahnstrecke, die in einer rund einstündigen Fahrt zurückgelegt wird, löste einen touristischen Boom aus und der Erfolg der Bahn rief rasch Nachahmer auf den Plan. Vier Jahre später wurde eine weitere Linie eingeweiht, diesmal von Arth im Kanton Schwyz via Goldau auf die Rigi Kulm. Zahlreiche Bergbahnen im ganzen Alpenraum folgten. Den Höhepunkt dieser Bauwelle bildete die Jungfraubahn, die 1898 begonnen und 1912 fertiggestellt wurde und Passagiere auf das 3 454 Meter hoch gelegene Jungfraujoch führt. Das Zahnstangensystem von Niklaus Riggenbach, das vor über 150 Jahren erfunden wurde, gehört heute noch zu den verbreitetsten Zahnradsystemen in Europa. Damit lassen sich Steigungen von bis zu 50 Prozent bewältigen. So lebt das Erbe des Schweizer Eisenbahnpioniers weiter. Mit über 40 bestehenden Zahnradbahnen ist die Schweiz heute noch führend in dieser Technologie. Mit

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Jungfernfahrt der Jungfraubahn am 1. August 1912. PRESTIGE BUSINESS


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tum und Erschliessungen von neuen Gebieten gehören zur Vergangenheit. Gefragt sind Konzepte, die das Erlebnis des Gastes in den Vordergrund stellen, Synergien nutzen und langfristig den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen sind.

KEIN ALPINES «DISNEYLAND» Dabei werden vor allem die Gastronomie und Erlebnisinszenierungen in der Natur immer wichtiger und bedingen eine verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der Destinationen und über diese hinweg. Nur so wird es gelingen, Skier Days zu steigern und neue Märkte zu erschliessen. Grosses Potenzial sehen Experten zudem bei der Optimierung der Rahmenbedingungen. Hinzu kommt, dass die Schweizer Berge immer häufiger als Rückzugsgebiet des Mittellandes fungieren. Dabei darf die Bergwelt nicht zu einem alpinen «Disneyland» verkommen, sondern es muss behutsam mit dem Kapital «Natur und Landschaft» umgegangen werden. 48 Prozent Steigung ist die Zahnradbahn auf den Pilatus zudem die steilste Zahnradbahn der Welt. 1889 wurde sie in Betrieb genommen und verblüfft noch heute mit ihrer ausgeklügelten Technik.

DIE GROSSEN HERAUSFORDERUNGEN DER ZUKUNFT Diese Technologieführerschaft sorgte unter anderem dafür, dass die Schweizer Bergbahnen jahrelang vom Erfolg verwöhnt waren. Insbesondere die grossen Bahnbetriebe profitierten von den internationalen Tourismusströmen. Ohne Corona-Pandemie wären auch 2020 weitere Rekordwerte möglich gewesen. Doch die Folgen der Pandemie haben diesen Aufwärtstrend jäh gestoppt. So betrug die Bruttowertschöpfung der Schweizer Bergbahnen im Jahr 2019 insgesamt 575 Millionen Schweizer Franken. Im Jahr 2020 lag diese nur noch bei 535 Millionen Schweizer Franken. Und 2021? Auch hier hat die Pandemie ihre Spuren in den Jahresabschlüssen der grossen Unternehmen hinterlassen. Dank guter Schneeverhältnisse und viel Sonnenschein freuten sich die Schweizer Bergbahnen und Seilschaften zumindest über einen guten Start in die Wintersaison 2021 / 22. Doch wie sieht die Zukunft aus? Klimawandel, Umweltschutz und neue Freizeitgestaltungsformen – diese und ähnliche Tatsachen zwingen die Bergbahnen dazu, auf den grundlegenden Umbruch ihres Marktes zu reagieren.

Eine weitere Herausforderung ist die Entwicklung hin zu einer Ganzjahresdestination. Dem Profil einer Ganzjahresdestination entsprechen Betriebe, die von einem sogenannten «Leuchtturm» profitieren können. Das sind einmalige Attraktionen – oft ein Ausflugsgipfel mit hoher internationaler Strahlkraft. Davon profitieren diese Bergbahnen und Destinationen über das ganze Jahr, gerade wenn sie günstig an den internationalen Touristenachsen liegen und gut erreichbar sind. In diese

Zu den grossen Herausforderungen der Schweizer Bergbahnen zählt die marktfähige und finanzierbare Erneuerung bestehender Angebote – dies bei der gleichzeitigen Optimierung und Weiterentwicklung der Angebote zu einem Ganzjahreserlebnis. WachsPRESTIGE BUSINESS

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©Jungfraubahnen

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Kategorie fallen drei der grössten Schweizer Bergbahnen: die Jungfraubahnen mit dem Jungfraujoch – Top of Europe, Zermatt mit dem Matterhorn und Engelberg-Trübsee-Titlis mit dem TitlisGletscher. Die Jungfraubahnen nutzen nicht ohne Grund den Ansturm des asiatischen Markts. Bis zum Ausbruch der CoronaPandemie kamen sieben von zehn Joch-Touristen aus Asien.

DIE AUSNAHME BESTÄTIGT DIE REGEL Es bleibt die Frage, wie jene Bahnen ihr Sommergeschäft stärken, die über kein solches Alleinstellungsmerkmal verfügen. Grosse Bergbahnen, die zu klassischen Skidestinationen geworden sind, versuchen schon länger, ihr Sommerangebot auszubauen. Heute setzen sie auf Events, Projekte und Kooperationen mit überregionaler Ausstrahlung. Ebenso erfolgsentscheidend ist eine gekonnte Erlebnisinszenierung. Die Weiterentwicklung zu einem erfolgreichen Ganzjahresbetrieb gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben, die eine Bergbahn im Alleingang kaum bewerkstelligen, geschweige denn finanzieren kann. Sie lässt sich nur durch ein gelungenes Hand-in-Hand-Gehen aller Akteure der Destination bewältigen.

©Schweiz Tourismus

Kleine, auf den Winter ausgerichtete Bahnen scheinen gefährdet zu sein, zumal sie ihre Zukunft eher pessimistisch einschätzen. Die Vertreter dieses Segments tun sich schwer, die finanziellen Mittel für Investitionen in Bahninfrastruktur und Beschneiung aus eigener Kraft aufzubringen. Allerdings bestätigt auch hier die Ausnahme die Regel. Bestes Beispiel ist die die Berner Oberländer Skilift AG Innereriz, die bei der Bewältigung ihrer finanziellen Aufgaben kreativ wird und ihre starke regionale Verankerung gekonnt ausspielt. Ihr Einzugsgebiet ist die Region Thun.

Nervenkitzel auf dem Cliff Walk in Grindelwald First.

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SCHÜSSEL ZUM ERFOLG: KLARE POSITIONIERUNG Von aussen betrachtet könnte die Bahn als vom Aussterben bedroht gehalten werden: klein, tief gelegen und ohne Sommeraktivitäten. Für den Snowpark Eriz besteht das Risiko, grössere Investitionen nicht allein aufbringen zu können, dem Klimawandel zum Opfer zu fallen und ohne Sommertourismus wertvolle Umsatzchancen zu vergeben. Das Gegenteil ist aber der Fall. Grund dafür ist seine klare Positionierung als Familiendestination mit kleinen Kindern, die das Skifahren lernen wollen. Im Innereriz unterhält das Bergbahnunternehmen zwei einfache Liftanlagen. Die Belegschaft arbeitet nur in Teilzeit oder auf freiwilliger Basis. Entsprechend tief bleiben die Kosten. Als 2016 die Konzession einer Liftanlage auslief und eine Erneuerung anstand, konnte das Unternehmen die benötigten 700’000 Schweizer Franken aus vorhandenen Reserven, durch einen Zuschuss des Kantons und eine Erhöhung des Aktienkapitals beschaffen. Die Aktionäre erwarten keine Dividende. Sie fühlen sich dem Skigebiet verbunden und sind aus emotionalen Beweggründen dabei. Gleichzeitig

Mit knapp 47 Milliarden Franken Umsatz zählt der Fremdenverkehr in der Schweiz zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen.

ist auf diese Weise eine Community in der Region entstanden. Das Erfolgsrezept des Snowparks Eriz ist leicht erklärt, aber schwer zu imitieren: ein Nischenmarkt, ein passioniertes Team, tiefe Kosten und eine starke regionale Verankerung. Dieses Geschäftsmodell funktioniert. Zwar ist der Sommertourismus aufgrund der Moorlandschaft und der damit verbundenen baulichen und nutzungstechnischen Einschränkungen nicht möglich. Trotzdem zieht das Skigebiet jeden Winter genügend Familien aus der Region Thun an und schreibt schwarze Zahlen. Der Fremdenverkehr gilt heute als der drittwichtigste Wirtschaftszweig und als ein Aushängeschild der Schweiz. Im Jahr 2019 hat der Tourismus knapp 47 Milliarden Franken Umsatz generiert. Davon stammen 55.8 Prozent von übernachtenden Gästen. Die drei Tourismusprodukte Beherbergung, Verpflegung und Transport von Touristen sind für 62.1 Prozent der gesamten touristischen Wertschöpfung verantwortlich. Mit 19.5 Milliarden Franken (Stand: 2019) trägt der Tourismus massgebend zur Wertschöpfung in der Schweiz bei. Rund 40 Prozent der touristischen Nachfrage stammen aus dem Binnentourismus, also von Schweizer Reisenden in der Schweiz. Gut 4 Prozent aller Beschäftigten in der Schweiz arbeiten im Tourismus. Die meisten Arbeitsplätze finden sich in den arbeitsintensiven Tourismusprodukten Beherbergung und Verpflegung. Ende 2020 beschäftige die Schweizer Tourismusbranche über 227’000 Menschen in Voll- oder Teilzeit. PRESTIGE BUSINESS

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Urs Kessler ist seit über 35 Jahren bei den Jungefraubahnen tätig und hat 2008 den Posten des Geschäftsführers übernommen.

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DER BERGMEISTER VOM JUNGFRAUJOCH Die Geschichte der Schweizer Bergbahnen Nach dem Rekordjahr 2019 mit einem Jahresgewinn von 53 Millionen Franken landeten die Jungfraubahnen wegen Corona in der schwersten Krise ihrer Geschichte. Mit dem 2020 eröffneten V-Bahn-Projekt, das insgesamt 510 Millionen Franken gekostet hat, katapultiert sich das Unternehmen nun in neue Sphären und setzt einen Meilenstein in der Schweizer Bergwelt. JungfraubahnenDirektor Urs Kessler im Interview über Klischees, unternehmerische Risiken und warum ein Aktienkauf der Jungfraubahnen auch zum Erhalt eines Schweizer Kulturguts beiträgt. Autorin: Isabelle Riederer

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RESTIGE BUSINESS: Seit 2008 sind Sie Chef der Jungfraubahnen, wie fällt Ihr persönliches Resümee aus? Urs Kessler: Ich bin ja schon seit 35 Jahren bei den Jungfrauenbahnen und hatte bisher das Glück, dass ich nie arbeiten musste, sondern arbeiten durfte. Die Zeit als Chef der Jungfrauenbahnen von 2008 bis heute war eine sehr schöne und sicherlich auch erfolgreiche Zeit. Wir konnten den Jahresgewinn von 20 Millionen auf 53 Millionen steigern, die Besucherzahlen verdoppeln und zum Beispiel den Verkehrsertrag der Harderbahn von einer Million auf sechs Millionen steigern. Einmalig war der Bau der V-Bahn. Man kann nur einmal im Leben ein 510-MillionenProjekt realisieren. Dieses Projekt hat mein Leben geprägt von der Ankündigung bis zur Realisation. Es gab natürlich auch schwierige Phasen. Die Pandemie sorgte dafür, dass wir von einem absoluten Rekordjahr 2019 in die

grösste Tourismuskrise der Geschichte stürzten mit einem Verlust von 9,7 Millionen im Jahr 2020. Letztes Jahr sind wir knapp aus der Verlustzone gekommen und konnten zumindest eine rote Null vor dem Komma ausweisen. Für nächstes Jahr sind wir zuversichtlich, dass wir die Talsohle durchschritten haben. Ein Projekt wie die V-Bahn könnte man auch in den Sand setzen… … das könnte man und das ist auch ein gutes Stichwort. Wir haben im Dezember 2012

das Projekt angekündigt. Wir hatten sehr viel Widerstand und mussten eine Gemeindeabstimmung nach der anderen abwarten und gewinnen, während dessen liefen bereits die Projektplanungsarbeiten, die schon über 12 Millionen Franken kosteten. Ob das Projekt realisiert wird oder nicht, war da noch unklar. Als im Sommer 2018 der Spatenstich erfolgte, war der Fortschritt endlich sichtbar und über die Bauzeit hinweg, sah man das Projekt wachsen. Eine grosse Herausforderung war die Fertigstellung mitten in der Pandemie, insbesondere als

Das Wasserkraftwerk Lütschental ist seit 1908 in Betrieb, heute erzeugt das Kraftwerk 55 GWh elektrische Energie pro Jahr.

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die UNIA Baustellen schliessen wollte. Dennoch haben wir es geschafft und bereits am 5. Dezember 2020 fand die Eröffnung statt.

Stefanie Heinzmann am diesjährigen Snowpenair in Grindelwald Grund.

Das Snowpenair lockt Musikfans aus dem ganzen Land ins Berner Oberland.

Dann hatten Sie doch ein paar schlaflose Nächte? Es war immer ein Risiko dieses Projekt, aber Entscheidungen treffen heisst auch Risiken einzugehen. Und ich bin überzeugt, ohne Innovationen und unternehmerisches Risiko gibt es auch keinen Erfolg. Und die V-Bahn ist eine solche Innovation. Ist das das Erfolgsrezept? Wir haben bei der V-Bahn bewusst nicht aus der Froschperspektive, sondern aus der Vogelperspektive Entscheidungen getroffen und immer darauf geachtet, was das Beste ist für die Jungfraubahnen und die Region. Das Ergebnis sind die acht integrierten Bestandteile des V-Bahn-Projekts mit dem öffentlichen Verkehr, der Nachhaltigkeit, dem Grindelwald Terminal, dem neuen Parkhaus, die neue Männlichenbahn, der neue Eiger Express und die neuen Züge für die Wengernalp- und die Jungfraubahn. Es heisst, Sie spüren die Tourismus-Trends von morgen, was spüren Sie? Touristinnen und Touristen wollen künftig nicht mehr einfach «nur» den Ausflug konsumieren, sie interessieren sich auch dafür, wie nachhaltig er ist, und ob das Unternehmen nachhaltig arbeitet. Das ist ein Trend, der vor der Krise begonnen hat, sich jetzt weiter verstärkt und definitiv auch in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird.

Mit einer Höhe von 3454 Meter über Meer befindet sich auf dem Jungfraujoch der höchstgelegene Bahnhof Europas.

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Was wollen Ihre Kunden aus dem Ausland, was ist gefragt? Warum ist die Schweizer Bergwelt so beliebt? Im Hinblick auf das V-Bahn-Projekt war der Wunsch, schneller am Ziel zu sein. Die Reisezeit sollte massiv verkürzt werden, das war das Ziel und das war es auch, was unsere wichtigsten Kunden in Asien geäussert haben. Fakt ist: Vor der Krise stammten 91 Prozent der Besucherinnen und Besucher aus dem Ausland, 70 Prozent davon aus Asien, also über 700'000 Gäste auf dem Jungfraujoch kommen aus Asien. Die Schweiz gehört als Reiseland zu den Top 7 Destinationen in Asien. Das liegt vor allem am positiven Image und daran, dass wir den asiatischen Gästen, das geben, was sie wollen. Und was wollen sie? Sie wollen Klischees. Sie wollen Berge, Seen, Schoggi, Uhren, Glocken, Milch und Kühe. Das ist das Idealbild der Schweiz bei den asiatischen Touristen, und das muss man ihnen dann auch verkaufen. Aber könnte man den Technologievorsprung, den man durch das V-Bahn-Projekt gewonnen hat, nicht auch nach aussen tragen und verkaufen? Das wäre sicher auch für Ihre Geschäftspartner interessant? Und in China werden Bergbahnen aktuell im Eiltempo aus dem Boden gestampft… Ein Geschäft ist es weniger, zumal seit der Pandemie auch in China ein Umdenken im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung stattgefunden hat. Bis vor vier Jahren war das

Das Lauberhornrennen findet seit 1930 statt und zählt zu den spektakulärsten Abfahrten im FIS-Skiweltcup.

kein Thema, doch jetzt interessieren sie sich viel mehr für unser Wasserkraftwerk und für die Energiegewinnung. Das Thema Nachhaltigkeit wird immer wichtiger und die Welt verändern. Wie gehen die Jungfraubahnen damit um? Wir haben 2019 eine «Corporate Social Responsibility»-Strategie verfasst und haben die Nachhaltigkeit auch neu im Geschäftsbericht aufgeführt. Wir werden 2023 beim Umweltmanagement die ISO-Zertifizierung machen, künftig werden wir nach GRI-Standards – was insbesondere für börsenkotierte Unternehmen wichtig ist – handeln und zu guter Letzt haben wir von den 17 «Sustainable Development Goals» der UNO sieben ausgewählt, zu denen wir entsprechende Massnahmen und Ziele festgelegt haben. Wir haben bereits viel Gutes getan, müssen es aber besser kommunizieren.

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In dieses Thema fällt auch die globale Erwärmung. Wird das irgendwann zum Problem für Ihr Unternehmen und den Aletschgletscher? Die globale Erwärmung spielt natürlich eine Rolle. Wir setzen alles daran, dass alles, was wir tun, möglichst nachhaltig und Ressourcen schonend ist. Das beginnt bei der Besucherlimitierung auf 5 500 Gäste pro Tag auf dem Jungfraujoch, einem neuen Kältesystem für den Eispalast, energieeffiziente Beschneiungsanlagen und Pistenbullys, die mit neuster Technik wie SnowSat ausgestattet sind und so für eine optimale Verteilung der Schneemassen genutzt werden können. Sie sind ein börsenkotiertes Unternehmen, Ihre Aktien werden frei gehandelt, warum sollte man Aktien der Jungfraubahnen kaufen? Ich denke, die Jungfraubahnen sind auch eine Erfolgsgeschichte. 2002 / 2003 lag der Aktienkurs noch bei 22 Franken, 2019 lag der Kurs einer Aktie über 170 Franken. Aktuell liegt der Kurs um die 135 Franken. Mit dem V-Bahn-Projekt werden wir nach der Krise

weltweit noch konkurrenzfähiger werden. Hinzu kommt, dass die Jungfraubahnen ein Stück Schweizer Geschichte sind und man so ein Kulturgut bewahren kann. Ein Wort zu der Olympiade und zum Weltcup, die Schweiz hat im alpinen Sport erneut gezeigt, was sie kann. Wie wichtig sind solche Erfolge für Ihr Unternehmen? Für die Jungfraubahnen und die Region sind erfolgreiche Wintersportler natürlich eine super Werbung. Erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler sind nicht nur Vorbilder und motivieren die Jungen, sie sind auch die besten Werbeträger für die Schweiz als Reiseland und diesen Aspekt darf man nicht unterschätzen, denn unser Ziel ist es, möglichst viele Gäste in die Schweiz zu holen. Jeder Tourist möchte im Idealfall auch ein Bett für eine Übernachtung. Wie wichtig ist die Hotellerie für die Jungfraubahnen? Sehr wichtig und wir unterstützen hier auch neue Projekte, wie die Hotelpläne beim Bahnhof Interlaken Ost. Wir wollen Investoren das Land beim Bahnhof Interlaken Ost zu attraktiven Preisen zur

Im April dieses Jahres holte Urs Kessler Star-Pianist Lang Lang aufs Jungfraujoch und sorgte einmal mehr für weltweite Aufmerksamkeit.

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Verfügung stellen mit dem Ziel, dass sie dort ein Hotel bauen. Unsere Region braucht auch gute Hotels, ohne das funktioniert es einfach nicht, vor allem brauchen wir eine grosse internationale Hotelkette mit einem bekannten Namen. Eine internationale Hotelkette bringt eine globale Distribution, die wiederum die Destination in die ganze Welt hinausträgt. Und hat es geklappt? Es hat geklappt. Ich kann den Namen noch nicht bekannt geben, aber es ist eine bekannte internationale 4-Sterne-SuperiorHotelkette, die uns viel Freude bringen wird und für die Region und die Jungfraubahnen ein grosser Gewinn sein wird.

Im Sommer 2014 sorgte Roger Federer für ein einmaliges Tennisspektakel.

Luxusreisen sind gefragter denn je. Die Leute haben Geld und wollen es ausgeben, wie profitieren die Jungfraubahnen davon? Wir haben explizit für Kunden, die ein exklusives und luxuriöses Erlebnis möchten, eine VIP-Lounge, eine VIP-Kabine und vielen weiteren Annehmlichkeiten im V-Bahn-Projekt realisiert und die Rückmeldungen sind hervorragend.

Die Jungfraubahn beförderte in den Rekordjahren vor der Pandemie über eine Million Gäste auf das Dach Europas.

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ZWISCHEN SCHNEE UND SCHOTTER

Nachhaltiger Tourismus am wohl bekanntesten Berg der Welt Zermatt gilt als eine der erfolgreichsten Alpendestinationen in der Schweiz. Ein starker Gästemix, der legendäre Glacier Express und selbstverständlich das Matterhorn machen das Walliser Bergdorf zu einem beliebten Reiseziel. Doch auch in Zermatt bereitet man sich auf die Zukunft vor. Daniel Luggen ist seit 2007 Direktor von Zermatt Tourismus und verfolgt eine klare Strategie. Ausländische Investoren findet man hier kaum, das Bergdorf am Fusse des bekanntesten Viertausenders der Schweiz will vor allem eins: Eigenständigkeit. Interviewpartner: Daniel Luggen Autorin: Isabelle Riederer

Das Matterhorn ist Wahrzeichen und Touristenattraktion zugleich.

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RESTIGE BUSINESS: Die Tourismusbranche ist im Wandel. Wie sehen Sie diesen Wandel und was kommt auf Zermatt in den kommenden Jahren zu? Daniel Luggen: Die Welt ist in Bewegung, entsprechend muss auch der Tourismus ständig reagieren und agieren. Die grossen Herausforderungen liegen in den Bereichen der Nachhaltigkeit, aber auch die Wettbewerbsfähigkeit muss gestärkt werden. Intern beschäftigen uns auch Themen wie die Nachfolgeregelung in der für uns so wichtigen inhabergeführten Hotellerie sowie die genügende Rekrutierung guter Fachkräfte. Als Tourismusdestination gelingt die Lösung dieser Themen nur übergeordnet und gemeinsam. In Zermatt haben wir schon seit vielen Jahren eine Strategiegruppe bestehend aus den verschiedenen Leistungspartnern der Destination. Gemeinsam werden die Stossrichtung und die Entwicklung der Destination Zermatt– Matterhorn definiert und Lösungen für die aktuellen und zukünftigen Themen gesucht. Wie wichtig ist der Tourismus als Wirtschaftszweig in Zermatt? Zermatt ist Tourismus. Nahezu jedes Business ist direkt oder indirekt mit dem Tourismus verbunden. Das Bewusstsein der Bevölkerung für den Tourismus ist entsprechend hoch. Spielen dabei auch Bergbahnen für Sie eine zentrale Rolle? Eines unserer wichtigsten Geschäftsfelder ist der Wintersport. Hier nehmen die Bergbahnen die wichtigste Position ein. Sie sorgen für eine ausgezeichnete Infrastruktur, welche Zermatt zu einem der besten Skigebiete weltweit macht. Aber auch im Sommer steigt ihre Bedeutung dank der Erschliessung der Berge für Wanderer und Mountainbiker. Dank der Weitsicht unserer Vorfahren befinden sich die Zermatter Bergbahnen nach wie vor und mehrheitlich in einheimischen Händen – und dies erlaubt es uns, den Betrieb und den Ausbau der Bergbahnen im Sinne der ganzen Destination zu gestalten.

Daniel Luggen, Direktor von Tourismus Zermatt

Apropos Sommer, viele Wintersportdestinationen bemühen sich das ganze Jahr über, Gäste anzulocken. Ist Zermatt heuer schon eine Ganzjahresdestination? Eines unserer wichtigsten Ziele ist es, die Auslastung über 365 Tage hoch zu halten, um so die Investitionen besser amortisieren zu können und für unsere Mitarbeiter attraktive Ganzjahresjobs zu schaffen. Wir verfolgen zwei Stossrichtungen: Zum einem streben wir einen internationalen Gäste-Mix an, um die saisonalen Spitzen zu brechen. Unsere Zauberformel lautet hier 40 / 40 / 20: 40 Prozent Schweizer, 40 Prozent Europäer und 20 Prozent Gäste aus Übersee. Zum anderen versuchen wir mit der Angebotsgestaltung, die Hauptsaisonzeiten Sommer und Winter auszudehnen. Das erreichen wir einerseits mit längeren Öffnungszeiten, aber auch mit attraktiven Events wie dem Zermatt Unplugged oder den neu im Oktober / November stattfindenden Ski-Weltcup-Abfahrten für Damen und Herren. Sie haben eingangs bereits die Nachhaltigkeit angesprochen. Wie setzen Sie sich mit diesem Thema in Zermatt auseinander? Der Klimawandel findet direkt vor unserer Haustür statt – Beispiel Gletscherschmelze. Entsprechend hoch ist bei uns die Sensibilität für einen nachhaltigen Tourismus. Wir verzichten absichtlich auf reisserische Aussagen, bis wann wir klimaneutral sein werden: «Handeln statt sprechen» ist unser Motto, weshalb wir zahlreiche Massnahmen vorantreiben, welche unsere Klimabilanz verbessern. Ein grosser Vorteil ist sicher, dass Zermatt autofrei ist. Aber auch in der Abfallbewirtschaftung und Energieversorgung – über 80 Prozent des verbrauchten Stroms kommen heute schon aus erneuerbarer Produktion, hauptsächlich aus Wasserkraft. Zudem heizen immer mehr Hotels und Restaurants mit umweltfreundlichen Systemen wie Wärmetauschern oder Pellets aus dem heimischen Wald. Die Beschaffung der Lebensmittel wird regional und saisonal angepasst. Die ökologische Nachhaltigkeit ist das eine, wir versuchen aber auch ökonomisch und sozial nachhaltig zu agieren. Nur so, davon sind wir fest überzeugt, kann die erfolgreiche Tourismusgeschichte unserer Destination von den zukünftigen Generationen weitergeschrieben werden. PRESTIGE BUSINESS

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ES WAR EINMAL EIN KLEINES BERGDORF… Wie Andermatt zur mondänen Bergdestination wurde

Im April 2019 hat Thomas Christen die operative Leitung der Andermatt-Urserntal Tourismus GmbH übernommen. Christen kennt Andermatt seit Kindsbeinen und weiss, dass es sich stark verändert hat. Das kleine Bergdorf wandelt sich zur internationalen Bergdestination. Mit dem ägyptischen Investor Samih Sawiris hat der Aufschwung im Urner Oberland begonnen mit dem US-Investor Vail Resorts soll er weitergehen. Thomas Christen im Interview über US-amerikanischen Lifestyle, ursener Gemütlichkeit und die Angst vor der Übertreibung. Interviewpartner: Thomas Christen Autorin: Isabelle Riederer

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RESTIGE BUSINESS: Herr Christen, mit welchen Schlüsselherausforderungen sind Sie als Tourismus-Direktor von Andermatt in den kommenden Jahren konfrontiert? Thomas Christen: Es gibt viele Schlüsselherausforderungen, die in den nächsten Jahren auf uns zukommen. Wenn man für eine Destination wie Andermatt arbeiten darf, die sich in einem ständigen Aufwärtstrend befindet und sich von einem ruhigen, beschaulichen Ort hin zu einer immer grösser werdenden, internationalen Destination wandelt, sind die Herausforderungen vorgegeben. Dazu gehören das Siedlungsbild und die Verkehrssituation. Diese Themen müssen wir zusammen mit unseren Kooperationspartnern, der Gemeinde, mit Vail Resorts, mit Andermatt Swissalps und der Bevölkerung angehen, damit unsere Destination gesund weiterwachsen kann. Mit Vail Resorts ist in Andermatt ein sehr bekannter US-Investor eingestiegen. Es ist das erste Mal, dass Vail Resorts in Europa tätig wird. Was bedeutet das für Andermatt? Zu dem stetigen Prozess des Wandels, den wir in Andermatt in den letzten Jahren vollzogen haben, kommt mit Vail Resorts ein neuer Partner hinzu – ein Partner, der 28

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bisher in Europa noch nicht Fuss gefasst hat, der eine andere Kultur mitbringt. Ob es positiv oder negativ für Andermatt ist, kommt immer auch darauf an, mit wem man spricht. Grundsätzlich ist es aber sehr spannend und wir freuen uns, dass mit Vail Resorts neue und kreative Ideen kommen, aber auch harte Diskussionen, die auf eine komplett andere Schweizer Kultur treffen. Selbstverständlich gibt es auch Herausforderungen, bei denen man sich vielleicht nicht einig wird, aber der Deal ist in trockenen Tüchern und die «Vailer» installieren sich jetzt sukzessive hier. Wir haben alle das gleiche Ziel, eine bestmögliche Partnerschaft miteinander aufzubauen. Das ist unsere Aufgabe und wir alle sind daran interessiert, langfristig zu funktionieren. Sie sprechen die kulturellen Unterschiede an. Es gibt Stimmen, die befürchten, dass Andermatt zu einem alpinen «Disneyland» verkommen wird. Was sagen Sie dazu? Es gibt ganz viele Visionen, die Menschen haben, und es gibt Menschen, die lieben Disneyland, und andere Menschen nicht. Ich gehe aber nicht davon aus, dass Andermatt zu einem Disneyland wird. Einerseits gibt es Gesetze, an die wir uns halten müssen, diese betreffen bauliche und ökologische Vorschriften. Zudem haben wir Vereinbarungen im Bereich Umweltschutz und Kulturschutz, die seit vielen Jahren bestehen und auch in Zukunft bestehen werden. Sicher ist, in Andermatt wird es kein Disneyland geben, dennoch muss man auch beachten, dass wir Investoren haben, darunter auch Samih Sawiris und seine Partner, die bald 1.8 Milliarden Franken investiert haben werden, und dann zu glauben, dass sich nichts verändern wird, wäre leicht naiv. Es werden Wachstumsveränderungen auf uns zu kommen. Es werden neue Hotels und Zweitwohnungen gebaut, in zwei Jahren wird bereits ein weiteres toppmodernes Hotel eröffnet. Damit kommen auch mehr Leute in unsere Region. Aber Investoren sind natürlich auch interessiert daran, Gewinn zu machen … Wir alle verdienen Geld, entweder als Arbeitnehmer, als Unternehmer, als Aktionär oder als Investor. Wir leben in einem monetären System, das ist nichts Neues. Ich glaube nicht, dass es eine Tatsache ist, dass unsere Investoren Gewinne machen wollen, sondern die Angst, dass man übertreibt. Diesbezüglich ist es wichtig, dass wir zusammen mit den Partnern aufmerksam bleiben und im richtigen Moment auch Stopp sagen können. Als Aktiengesellschaft hat man auch eine Verantwortung gegenüber seinen Aktionären und wird am Gewinn gemessen, das ist nun mal so. Die Schweiz ist durch dieses System reich geworden und wir geniessen diesen Reichtum auch – wo Licht ist, kann auch Schatten sein. Wie wichtig ist der Fremdenverkehr als Wirtschaftszweig für Andermatt? Es ist der Hauptwirtschaftszweig. Der Kanton Uri hat bisher noch keine Studie in Auftrag gegeben, der die Wertschöpfung des Tourismus genauer analysiert, wir arbeiten aktuell aber daran. Wenn man jedoch die letzten Jahre und die Entwicklung der

Gemeinden im Urner Oberland im Speziellen anschaut, sind diese teilweise komplett entschuldet oder sogar im Plus. Zum Beispiel hat die Gemeinde Realp einen Pro-Kopf-Gewinn von erfreulicher Höhe und Andermatt bezahlt mittlerweile rund eine Million Franken Finanzausgleich an den Kanton Uri und ist damit der stärkste Finanzausgleichszahler im Kanton. Diese Zahlen machen klar: Durch den Aufschwung, den Samih Sawiris zusammen mit zahlreichen anderen angestossen hat, die ebenfalls investieren, floriert das Urner Oberland zu Gunsten des ganzen Kantons. Welche Rolle spielen Bergbahnen für Andermatt? Das ist ein bisschen wie Yin und Yang. Alle Bergdestinationen, die Bergbahnen haben, sind mit diesen auf Gedeih und Verderb verknüpft. Sie schaffen so viele Arbeitsplätze und bieten enormes touristisches Potenzial für Sport- und Freizeitaktivitäten. Es ist eine Symbiose in den Bergen, weshalb auch zahlreiche Destinationen an defizitären Bahnen festhalten, weil man weiss, dass gesamtwirtschaftlich gesehen der Schaden kleiner ist, wenn man ab und zu eine Finanzspritze gibt, anstatt die Bergbahn aufzugeben. Hinzu kommt je nach Standort, dass ein Fehlen einer Bergbahn zu massiven Preisabschlägen bei Immobilien führen kann und die Standortattraktivität fällt. PRESTIGE BUSINESS

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DIE ENTWICKLUNG DES SCHWEIZER TOURISMUS Die Erlebnisökonomie zwischen Berggipfeln und Binnenseen

Die Schweiz ist zweifelsfrei ein Unikat, sei es in ihrer politischen Struktur oder in ihrer unverwechselbaren Landschaft. Dank ihrer spektakulären Natur gilt die Schweiz weltweit als stärkste Alpenmarke überhaupt. Dass die Marke Schweiz heute international mit positiven Inhalten assoziiert und das Land selber in erster Linie als Reise- und Ferienziel wahrgenommen wird, ist das Resultat eines über hundertjährigen erfolgreichen Destinationsmarketings. Nichtsdestotrotz können es sich die Tourismusbehörden der Schweiz nicht leisten, über Wachstumsschwächen und aufstrebende Konkurrenzmärkte hinwegzusehen. Damit der Schweizer Tourismus eine solide Zukunft hat und seine Wachstumschancen effektiv nutzen kann, besteht Handlungsbedarf, der sich aus kontinuierlichen Qualitätsverbesserungs- und Marketingmassnahmen zusammensetzt. Autorin: Isabelle Riederer

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ie touristische Vergangenheit der Schweiz beginnt schon zur Zeit der Römer, als die in der Schweiz liegenden Thermen ein beliebtes Reiseziel für Badefreudige waren. Im 8. Jahrhundert kamen mit den Hospizen am Fusse oder auf der Höhe bekannter Alpenpässe die ersten Übernachtungsmöglichkeiten für Durchreisende hinzu und bildeten die Grundlage für den uns heute bekannten Tourismus. Schon damals war die zentrale Lage der Schweiz mitten in den Alpen ein Segen für die touristische Entwicklung. Im Mittelalter florierte das Geschäft mit den Heilbädern, die teilweise noch heute bestehen, und renommierte Bildungsstätten schossen wie Pilze aus dem Boden. Sie zogen Wissensdurstige und Lernende aus ganz Europa an. Naturwissenschaftler wie Albrecht von Haller oder Dichter und Schriftsteller wie Jean-Jacques Rousseau beschrieben und verherrlichten in ihren Werken die Schönheit der Schweiz, was einen entscheidenden Impuls zum kometenhaften Aufstieg des Reiselandes gab.

In Folge der Industrialisierung und des wachsenden Wohlstandes im 19. Jahrhundert führten Verbesserungen und der Ausbau des Beförderungs- und Beherbergungsangebots zu einem weiteren Aufschwung des Tourismus in der Schweiz. Besonders beliebt war die Schweiz bei den Briten, die gleichzeitig als die Entdecker des Alpinismus gelten. Die touristische Erschliessung verlief aber nicht in jeder Region gleich rasch und intensiv. Strassen und Wasserwege wurden zwar verbessert, doch spielte ab 1830 vor allem das Aufkommen der Eisenbahnen in den Nachbarländern eine entscheidende Rolle. Sinkende Reisekosten, schwindende Distanzen und eine bessere Erreichbarkeit trugen dazu bei, dass die Revolution der Eisenbahn im 19. Jahrhundert auch eine solche des Tourismus auslöste. Die Bahnverbindung schuf das Reiseziel und führte gleichzeitig dorthin. Diese Phase setzte um 1830 ein. Obwohl in der Schweiz erst rund 30 Jahre später ein Schienennetz bestand, profitierte sie bereits vom europäischen Eisenbahnverkehr: Er beförderte Touristen an ihre Grenze, wo sie auf Schweizer Postkutschen und Schiffe umstiegen. Die Schaffung des Schweizer Eisenbahnnetzes trieb den Prozess weiter voran.

THOMAS COOK UND DIE ERSTE SCHWEIZREISE Über die Bahngesellschaften kamen originellere, für jene Zeit waghalsige Reisemodelle auf den Markt. Diese umfassten nicht nur die Art und Weise der Fahrt, sondern sie boten auch gemäss den finanziellen Möglichkeiten der Kundschaft und deren 32

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Unterkünfte – vor allem nach der Erschliessung durch die Bahn –, sondern auch die ländlichen Gebiete. Die Hotels mussten dem Geschmack entsprechen und die Komfort-, Sicherheits-, Hygiene- sowie Ruhebedürfnisse der Gäste befriedigen, ob sie nun ungezwungen, anspruchsvoll, zaghaft, gehetzt, interessiert oder unersättlich waren. Nicht nur deren Zahl nahm zu, sondern auch die Vielfalt ihrer Ansprüche. Positioniert waren die Neuund Umbauten neben Schiffsländen, Bahnhöfen und Poststellen, wo die Klientel um- und ausstieg. 1834 öffnete das Hôtel des Bergues in Genf, 1835 das Hotel Schwanen in Luzern, 1838 das Baur en Ville in Zürich, 1842 das Hotel Drei Könige in Basel, 1859 der Schweizerhof in Bern, 1864 das Grand Hotel Victoria Jungfrau in Interlaken (damals noch Pension Victoria) und 1865 das Euler in Basel. Viele weitere Hotels orientierten sich am gleichen Muster und entstanden bald auch ausserhalb der Städte.

TOURISTISCHE HOCHZEIT MITTE DES 19. JAHRHUNDERTS Mit dem Bau der Alpenbahnen Gotthard (1882), Simplon (1906) und Lötschberg (1913) und im Zusammenhang mit einer weiteren Zunahme des materiellen Wohlstandes erfuhr der Schweizer Tourismus um die Jahrhundertwende seine Blütezeit. Die Reise vom ganzen Kontinent her bis hinauf zu den Gipfeln wurde erheblich günstiger, kürzer und leichter und die Besteigung war dank der Technik sogar in Reifröcken und Zylindern möglich.

Komfortwünschen abgestufte Preise an. Immer mehr unabhängige Reisebüros entdeckten das wirtschaftliche Potenzial des Sektors. Die individuell geprägte Vergnügungsreise bedurfte einer Anpassungsund Innovationsfähigkeit, die über den blossen Bereich des Verkehrs hinausging und die Möglichkeiten der Bahngesellschaften überstieg. 1863 leistete Thomas Cook Pionierarbeit, als er erstmals eine Schweizreise veranstaltete. Weitere Initiativen wurden in England, Frankreich, Belgien und Deutschland ergriffen. Ins Angebot gelangten Einzel- oder Kombinationsbillette für die Fahrt, Unterkunft und Besichtigungen, sei es für Individual- oder Gruppenreisende. Mit der Erweiterung des schweizerischen Bahnnetzes beschleunigte sich die touristische Erschliessung; neue Routen wurden erarbeitet und ungewohnte Entdeckungswege angeboten. Die steigenden Besucherzahlen verliehen dem Hotelbau Aufschwung. Nicht nur die Städte benötigten neue und grössere PRESTIGE BUSINESS

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Bevor zwei Weltkriege den Aufschwung des Schweizer Tourismus jäh beendeten, florierte er weiter. Erstmals wurden schwer zugängliche Orte mittels Zahnradbahnen erschlossen und landschaftlich reizvolle Standorte mit einem Hotelpalast versehen. Den Besuchern wurde eine Vielzahl an kulturellen und sportlichen Aktivitäten mit oder ohne Nervenkitzel angeboten. Es gab Casinos und Kursäle, schicke Restaurants, Boutiquen, Theater, Sanatorien und Kurhäuser. Zwischen 1888 und 1914 wurden 40 Seil- und 13 Zahnradbahnen errichtet, gleichzeitig verdoppelte sich die Hotelzahl von rund 1 700 auf über 3 500. Der Anteil der in die Hotellerie investierten

Kapitalien stieg – gemessen an den Gesamtinvestitionen in der Schweiz – von 1880 bis 1905 von 4.3 Prozent auf 11.9 Prozent. Promotoren, das heißt Firmenverwalter, Bankiers, Industrielle und Hoteliers wie Alexander Seiler in Zermatt, Ami Chessex und Alexandre Emery an der Waadtländer Riviera sowie Franz Josef Bucher in Luzern gaben der Entwicklung entscheidende Impulse.

ALPENBEGEISTERUNG GEKONNT INSZENIERT Diese gekonnt inszenierte und durchdachte Alpenbegeisterung erfasste etwas später auch die einheimische Bevölkerung, sei es im Gebirge selbst oder in anderen Landesteilen, weil sie das materielle und ökonomische Potenzial des Sektors erkannte. Die ersten Förder- und Verkehrsvereine entstanden in den 1880erJahren in grösseren Städten und Ferienorten, so 1885 in Zürich und Lausanne sowie 1889 in Genf. Die Organisation des Tourismus erforderte neue Kompetenzen wie den Empfang und Transport der Gäste, der kaufmännische Bereich sowie die Tourismuswerbung wurden Schritt für Schritt professionalisiert. 1893 eröffnete die Jura-Simplon-Bahn als erste ausländische Agentur eine Filiale in London. 1903 übernahmen diese die SBB, die dort ein Jahr später eine Werbedienststelle einrichteten. Die 1893 eingerichtete Hotelfachschule Lausanne trug erheblich zur Konsolidierung der Berufsbildung bei, an welcher der einflussreiche Schweizer Hotelier-Verein massgeblich beteiligt war. In den Folgejahren der Kriege glich die touristische Entwicklung des Landes einer Achterbahnfahrt, begründet durch weltwirtschaftliche Krisen und die stetig wachsende Anzahl der touristischen Mitbewerber. Zwischen Stagnations- und Rückgangsperioden der Tourismuskennzahlen verzeichnete man allerdings auch positive Entwicklungen, so zum Beispiel in den Jahren 1951 und 1972, mit Rekordergebnissen Anfang der 1980er-Jahre und mit absoluten Rekordjahren in der Geschichte der Hotellerie 1990  /  91. 36

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Der Boom hielt weiter an. Im Jahr 2000 gaben ausländische Gäste in der Schweiz 13 Milliarden Franken aus. Das waren 1.226 Milliarden Franken oder 10.4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Ein schwarzes Jahr für den Schweizer Tourismus war 2002.

WERTEWANDEL IN DER TOURISMUSKULTUR Auch wenn die Schweiz ein beliebtes Reiseziel blieb, muss sie sich seit Beginn des 21. Jahrhunderts gegen eine starke Konkurrenz behaupten, die insbesondere Schweizer ins Ausland zieht. Die wiedererlangte Dynamik beruhte auf einem Wertewandel der gesamten Tourismuskultur: Das erleichterte Reisen im eigenen Auto, die erschwinglicheren Preise nach der Liberalisierung der kommerziellen Luftfahrt und ein allgemein gestiegener Lebensstandard bewirkten, dass sich die Konsumenten jetzt Reiseformen und Destinationen leisten konnten, die der vorherigen Generation

noch verwehrt waren. Auf dem Bonus der guten Lage kann sich die Schweiz als Ferienund Reiseziel schon lange nicht mehr ausruhen. Hinzu kommen neue Entwicklungen, die die Tourismusbranche in den kommenden Jahren herausfordern werden. Dazu gehört auch der Klimawandel, der vor allem den Wintertourismus betrifft. Bereits heute müssen viele Skigebiete vermehrt

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beschneit werden, um den Gästen perfekte Pistenverhältnisse zu garantieren: ohne Winter Wonderland keine Ski-Touristen. Der Trend geht eindeutig zu schneesicheren und hoch gelegenen Skigebieten – dies auf Kosten der niedrig gelegenen Skigebiete, jedoch gleichzeitig auch als Chance für die Schweiz, die international gesehen viele hoch gelegene Skigebiete besitzt. In diesem Zusammenhang spielt die Nachhaltigkeit im Tourismus eine immer bedeutendere Rolle – auch für die Gäste aus dem In- und Ausland. Im Jahr 2009 wurde die Nachhaltigkeits-Charta des Schweizer Tourismus von den Spitzen der touristischen Verbände, allen Tourismusregionen, Schweiz Tourismus und den SBB unterzeichnet. Die Unterzeichner haben sich somit zu einem nachhaltigen Tourismus bekannt und setzen dies auch um. Die SBB fahren bereits heute mit 90 Prozent Wasserkraft im Bahnstrommix, verfügen über ein zu 99 Prozent elektrifiziertes Schienennetz und haben sich das Ziel gesetzt, bis 2025 nur noch mit Strom aus erneuerbaren Energien zu fahren. Postauto hat bereits heute 29 Hybridfahrzeuge und fünf Brennstoffzellenfahrzeuge im Einsatz und hat die erste Wasserstofftankstelle der Schweiz gebaut. Das Ziel ist die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Hinzu kommen der erste Solarskilift der Welt in Tenna, der mehr Strom produziert, als er selbst verbraucht, und eine solarbetriebene Gondelbahn. 38

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Zunehmen wird auch der Trend zur Individualisierung. Der Tourismus folgt nicht mehr dem bekannten Schema: Ich buche eine Reise im Reisebüro, reise in der Gruppe und besuche die bekannten Sehenswürdigkeiten. Nein, der Gast informiert sich über die sozialen Kanäle, folgt Empfehlungen von Plattformen und besucht gut bewertete Sehenswürdigkeiten. Die Gäste verhalten sich individuell, folgen jedoch meist einer Art Schwarm-Schema, das von der Masse entwickelt und durch die sozialen Kanäle gespült wird. Sie buchen kein Hotel, sondern übernachten bei Einheimischen, die ein Zimmer über die Online-Plattformen anbieten. Sie mieten kein Auto, sondern benutzen den öffentlichen Verkehr oder registrieren sich bei einer lokalen Car-Sharing-Plattform. Sie machen keine Stadtführung, sondern laden sich die Stadtführungs-App auf ihr Smartphone herunter und machen die Tour, wann sie möchten, und mit den Sehenswürdigkeiten, die sie sehen wollen.

JETZT KOMMEN DIE «BEST AGERS» UND «SILVER SURFERS» Eine wichtige Entwicklung im Tourismus wird auch durch den demografischen Wandel beeinflusst. Sogenannte «Best Agers» sind eine stark wachsende Gruppe von Touristen. Sie sind unternehmenslustig, haben Lebenserfahrung und die nötigen finanziellen Mittel. Diese Leute sind umweltbewusst und gesundheitsorientiert und legen Wert auf Komfort und Qualität. Ein Kind, das heute geboren wird, hat gute Chancen, einmal 100-jährig zu werden. Aber auch die vorher Geborenen werden immer älter und fitter. Ein Siebzigjähriger war vor 50 Jahren ein alter Mann. Heute wollen auch Siebzigjährige die Welt entdecken. Im Jahr 2060 werden 28.3 Prozent der Schweizer Bevölkerung über 65 Jahre alt sein – sie werden langsamer reisen wollen als die Jungen und – sind die Kinder aus dem Haus – die Big Spenders sein. Die sogenannten «Silver Surfers», Senioren, die sich online nach Reisedestinationen umsehen, stellen ein riesiges Potenzial dar.


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Zu guter Letzt wird die Reisefreudigkeit weltweit stark zunehmen. Einzelne Destinationen haben bereits kritische Kapazitätsgrenzen erreicht und möchten künftig lieber weniger Touristen empfangen. So wurde bereits aus Venedig oder Barcelona gemeldet, dass sich Einheimische durch die vielen Touristen gestört fühlen und dass bald «Eintritt» für gewisse Regionen verlangt wird. In der Schweiz ist man jedoch noch weit davon entfernt und freut sich über steigende Besucherzahlen. Das Zauberwort vieler Schweizer Reise- und Feriendestinationen für eine erfolgreiche touristische Entwicklung ist Erlebnisökonomie. Hierbei bezieht sich das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht mehr nur auf Produkte und Services, sondern auf innere Werte und emotionale Erfahrungen. Die Zeiten, in denen man einfach nur über einen schönen Ort verfügen musste, an dem es für die Gäste nicht viele Optionen gab und niemand die Preisstrategie nachvollziehen konnte, sind unwiderruflich vorbei. Um künftig erfolgreich zu sein, müssen Touristen-Destinationen im digitalen Zeitalter deshalb ihr Angebot sortieren. Oberste Priorität hat dabei die Einmaligkeit. Unverzichtbarkeit ist der Schlüssel. Der zukünftige Tourist will ein einmaliges Erlebnis, das er nur an diesem einen Ort bekommt, und keine Beliebigkeit. Er will Transparenz und Offenheit und er will sich willkommen fühlen. Die Zeiten, in denen der Bergler in seinem Kassenhäuschen sitzt und die hohle Hand macht für die Besichtigung der Naturschönheiten, die ihm in den Schoss gefallen sind, sind vorbei.

SCHWEIZER TOURISMUS 2020 IN ZAHLEN w 23.7 Millionen Logiernächte in der Hotellerie w 47.2 Milliarden Franken Gesamteinnahmen des Schweizer Tourismus* w 19.5 Milliarden Franken Bruttowertschöpfung* w 183’520 Vollzeitäquivalente* w 9.4 Milliarden Franken Einnahmen von ausländischen Gästen in der Schweiz (zum Vergleich: 2019 waren es 17.9 Milliarden Franken) *Zahlen von 2019 Quelle: Schweizer Tourismus

Hinzu kommt noch der Imperativ der digitalen Ökonomie: eine ansprechende und benutzerfreundliche Präsentation des Angebotes – etwas, das sich sowohl offline als auch online – die Unterschiede verschwinden zunehmend – niederschlagen muss.

VOR DER KRISE IST NACH DER KRISE 2020 wurden in der Schweizer Hotellerie 23.7 Millionen Logiernächte verzeichnet, was einem historischen Rückgang von 40 Prozent gegenüber 2019 entspricht. Die Einnahmen von ausländischen Gästen in der Schweiz fielen von 17.9 Milliarden Schweizer Franken um knapp die Hälfte auf 9.4 Milliarden. Die Zahlen fielen aufgrund der Corona-Pandemie auf ein Niveau, das seit den späten Fünfzigerjahren nicht mehr erreicht wurde. Der globale Tourismus erlebte 2020 sein schlechtestes Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Die internationalen Ankünfte sanken um 74 Prozent. Destinationen weltweit verzeichneten 2020 aufgrund eines beispiellosen Nachfragerückgangs und weit verbreiteter Reisebeschränkungen eine Milliarde weniger internationale Ankünfte als im Vorjahr. Zum Vergleich: Während der Weltwirtschaftskrise 2009 wurde ein Rückgang von vier Prozent verzeichnet. Wie sich der Schweizer Tourismus in den kommenden Jahren entwickeln wird, ist schwierig vorherzusagen. Mitten im Herzen Europas wütet ein Krieg und auch das Corona-Virus ist noch aktiv und mutiert frischfröhlich vor sich hin. Fest steht, dass der Schweizer Tourismus in den nächsten Jahren wieder auf VorCorona-Niveau und darüber hinaus kommen will. Wie? Mit Massnahmen und Verbesserungen in den Bereichen Nachhaltigkeit, Qualität, Innovation, Infrastruktur und Digitalisierung.

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INTERLAKEN – ARBEITEN IN FERIENATMOSPHÄRE Wirtschaft geprägt von Gastfreundschaft

Aber Interlaken ist weit mehr als Tourismus. Interlaken ist in vielen Teilen der Welt bekannt. Interlaken ist international und geniesst einen guten Ruf vor allem als Ferien- und Kongressdestination mit dem starken Gästesegment aus der Schweiz, starker Nachfrage aus verschiedenen europäischen Ländern und namhaften Übersee-Nationen. In über 150 Jahren hat sich der Tourismus in Interlaken zum stärksten Wirtschaftszweig entwickelt mit einem Anteil von rund 25 Prozent an der Beschäftigung (VZÄ). Autorin: Jrene Küng

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einen Bekanntheitsgrad hat der Wirtschaftsraum Interlaken-Jungfrau seinem Erfolg als Ferienziel zu verdanken, seinen herausragenden Bergbahnen und der Flaggschiff-Hotellerie, deren Zugpferde zur Riege der Besten der Welt gehören. Der Tourismus hat der Region nicht nur die hohe Internationalität gebracht, die die Gesellschaft bis in die Bergdörfer prägt und vor Engstirnigkeit bewahrt - keine Regel ohne Ausnahme, aber die Offenheit gegenüber fremden Kulturen ist geübt und wird mit jeder neuen Nation und seiner spezifischen Kultur, die Interlaken als neues Ferienziel entdeckt, weiter verstärkt und verankert.

MEHR ALS TOURISMUS Rund 2 000 Unternehmen haben ihren Sitz im Wirtschaftsraum Interlaken-Jungfrau, die mehr oder weniger vom Tourismus abhängig, für eine breite Palette an Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der Region sorgen. Börsenkotierte Unternehmen führen auch hier die Liste an. Solide Handwerksbetriebe bilden aber die verlässliche Grundlage. Ergänzt von einem breiten Angebot an Dienstleistungsunternehmen und gut aufgestellten Transportunternehmen, die nicht nur die öffentlichen Verbindungen in der Region sicherstellen, sondern einen wertvollen Anschluss in alle Welt. Bewegung, Gesundheit und Sport werden dank der spektakulären Naturkulisse ganz grossgeschrieben. Abgesichert durch eine medizinische Versorgung auf hohem Niveau mit Spitalcampus, weiteren Einrichtungen und angesehenen Laboratorien, stellt dieser Bereich eine ansehnliche Wertschöpfung für die Region sicher. Mit Ausstrahlung über die Region hinaus hat sich auch eine Eventkultur entwickelt, die von Jungfrau Marathon, Lauberhornrennen über hochstehende Musikfestivals und traditionsreiche Freilichtbühnen, Museen und vieles mehr nicht nur das kulturelle Angebote stützen, sondern über das ganze Jahr wertvolle Aufträge für regionale Unternehmen auslösen. Den Kreis vervollständigen eine ganze Reihe an Produktionsbetrieben, die teilweise hoch spezialisiert für die Region, die Schweiz und internationale Märkte Waren herstellen.

Interlaken kann dazu auf ein breites Ausbildungsangebot bis hin zum eigenen Gymnasium, begleitenden Berufsschulen und Weiterbildungsangeboten zählen. Das bildet einen guten Nährboden, um in der Region Fachkräfte auszubilden, die oft mit einer überaus starken Verbindung zur Region zwar in Städten und im Ausland Erfahrungen sammeln, aber überdurchschnittlich oft zurückkehren und ihren Wurzeln folgen. Darum gilt es sich auch weiter zu bemühen.

HOHE LEBENSQUALITÄT Eine ausgesprochen hohe Qualität zum Leben und Wohnen bietet die unvergleichlich schöne Region mit Seen und Bergen mit Weltruhm. Sie sorgt nicht nur für gesunde Rahmenbedingungen in jeder Lebensphase, sondern für jede Generation eine unvergleichlich grosse Anzahl an Erlebnis, Bewegungs- und Sportmöglichkeiten, die die Persönlichkeit prägen, für Gesundheit in Körper und Seele sorgen und innert Minuten nach Feierabend für die Work-LifeBalance sorgen, die für eine hohe Zufriedenheit sorgt. Die Jungfraubahnen mit seinen verschiedenen Unternehmen sind der grösste Arbeitgeber der Region. Geprägt von gelebtem Unternehmertum blickt die Firmengruppe auf dynamische Jahre zurück mit hohen Investitionen, die auf Jahre hinaus neue Standards gesetzt haben. Von zukunftsorientierten Energieunternehmen, die die nachhaltige Nutzung der Naturkräfte in der Region in der Strategie verankert haben, über die Spitalgruppe FMI, die mit einem umfassenden Angebot für beste medizinische Versorgung engagiert ist, bis zu hochspezialisierten Unternehmungen für Spezialbereiche. Die Region Interlaken-Jungfrau agiert abseits der Hauptzentren der Schweiz erfolgreich und wird sich künftig noch stärker zukunftsweisenden Themen widmen.

THEMEN DER ZUKUNFT In Zusammenarbeit mit der Universität Bern und der Wyss Academy arbeiten aktuell rund 50 Fachleute aus allen Bereichen daran, die Weichen zu setzen für eine CO2-neutrale Wirtschafts- und Tourismusregion Interlaken. Die Arbeiten sind weit fortgeschritten, die sportaffine Region auch für das wachsende Segment von Biker*innen und Radfahrer*innen noch erlebbarer zu machen, resp. auch die wichtige Entflechtung von Wandern und Biken voranzutreiben. Die grosse Nachfrage stützt hier die Bildung eines spezialisierten Wirtschaftszweigs mit weiteren Wachstumschancen. PRESTIGE BUSINESS

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FUNKTIONALER WIRTSCHAFTRAUM Die Standortförderung Wirtschaftsraum Interlaken-Jungfrau ist in eine Vielzahl von Themen involviert, wie Xander Kübli, Präsident der Organisation und Vizepräsident von Interlaken KMU, angeschlossen an den Dachverband der Kleinen und Mittleren Unternehmen KMU des Kantons Bern, bestätigt: PRESTIGE Business: Herr Kübli, welches sind die dringendsten Themen der Wirtschaftsförderung der Region? Xander Kübli: Nicht erst seit den stark spürbaren Auswirkungen der Pandemie wurde deutlich, dass die Stärke des Tourismus Chance und Risiko in einem ist. Von der starken Ausstrahlung profitierend, ist doch die Anfälligkeit bei internationalen Ereignissen hoch. Das birgt Risiken, die es Schritt für Schritt zu mindern gilt. Eine breite Abstützung der Wertschöpfung ist das erklärte Ziel. Dazu beschäftigen uns zahlreiche Themen der Zukunft, wie Veränderung der Arbeitsmodelle, Fachkräftethemen, demografische Veränderungen und neue Anforderungen an die Mobilität. Aber auch eine weise Nutzung der verfügbaren Landreserven sowie vorausschauende Massnahmen zur Minderung der Auswirkungen des Klimawandels werden uns beschäftigen. Wie setzt sich die Wirtschaft neben den grossen Unternehmen der Region zusammen? Wie im ganzen Land tragen KMU-Unternehmen den Hauptteil der Wirtschafts-

leistung, sichern unterschiedlichste Arbeitsplätze und sind eine starke Stütze des schweizerischen Erfolgsmodells der Berufsausbildung. Die grossen Unternehmen prägen die Region, die vielen kleinen Unternehmen in unterschiedlichsten Bereichen sorgen für ein gesamtheitlich umfassendes Angebot mit insgesamt rund 24'788 Arbeitnehmenden (VZÄ) in der Region Interlaken-Oberhasli. Welche Ausbildungsmöglichkeiten sind aus Ihrer Sicht die Grundlage für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg der Region? Die Berufsbildung mit Lehrabschlüssen in vielen verschiedenen Berufsgattungen bilden das Fundament unserer Wirtschaft. Es ist zentral, diese Möglichkeiten direkt hier anbieten zu können. Ein guter Mix mit Dienstleistungsbereichen und weiterführenden Schulen, um einheimische Fachkräfte zu fördern, sichern uns langfristig eine positive Entwicklung. Hier ist das Zusammenspiel aller Beteiligten das Schlüsselelement, das es über alle Stufen zu fördern gilt.

SPEZIALISIERTE ENTWICKLUNG Sandro Bolton, Präsident des Handelsund Industrievereins Interlaken-Oberhasli und Vizepräsident der Standortförderung sieht weitere Entwicklungsmöglichkeiten für die Region: Der Flugplatz Interlaken als ehemaliger Militärflugplatz bietet mit der heutigen vielseitigen Nutzung und verfügbaren PRESTIGE BUSINESS

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Landreserven eine zentrale Position in einer nachhaltigen Entwicklung. Aus- und Weiterbildungsstarke Unternehmen wie die Grenzwache oder die Aviatik-Spezialisten der RUAG Interlaken mit weiterem Wachstumspotential werden auch künftig eine wichtige Rolle spielen, damit auch spezialisierte KMU-Unternehmen in unserer Region gedeihen und sich entfalten können. Bald verfügbar werdende Landreserven sollen dabei gezielt für zukunftsorientierte Unternehmen und Geschäftsfelder mit hoher Wertschöpfung für die Region eingesetzt werden. PRESTIGE Business: Welchen Stellenwert hat die politische Struktur der Region Interlaken und des Kantons Bern? Sandro Bolton: Der Wirtschaftsraum Interlaken-Jungfrau besteht aus sieben Gemeinden, entsprechend wichtig sind übergreifende Kooperationen, die in einem funktionalen Raum ein rasches Handeln auf Marktentwicklungen zulassen. Gerade die Pandemie hat die Zeichen der Zeit verstärkt erkennen lassen und wir stellen heute eine zunehmende Bereitschaft zur Kooperation über Gebiets- und Gesinnungsgrenzen hinaus fest. Das muss und wird die Eckpfeiler für die Zukunft bilden. Von Seiten des Kantons Bern profitieren wir alle von der handlungsbereiten Volkswirtschaftsdirektion, die mit der Standortförderung des Kantons in breitem Kontext neue Massstäbe setzt. Davon profitieren wir alle.

GESCHÄFTSTOURISMUS ALS WICHTIGER FAKTOR Alexander Hänsel, CEO des Congress Kursaal Interlaken, ist mit seinem umfassenden Konferenzangebot direkt beteiligt, dass Interlaken in diesem Bereich weiterhin zu den Top-Destinationen der Schweiz gehört. 44

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Xander Kübli, Präsident der Organisation und Vizepräsident von Interlaken KMU.

Sandro Bolton, Präsident des Handels- und Industrievereins Interlaken-Oberhasli und Vizepräsident der Standortförderung

PRESTIGE Business: Herr Hänsel, welchen Wert ordnen Sie Wirtschaftsanlässen zu? Alexander Hänsel: Als versierte Destination für Kongresse und Grossanlässe verschiedenster Art, kann Interlaken auf eine lange Tradition als Durchführungsort zurückblicken. Nebst kulturellen Grossprojekten und fachspezifischen Conventions mit einem (inter)nationalen Teilnehmerfeld haben Wirtschaftsanlässe wie das ausstrahlungskräftige Swiss Economic Forum SEF, das gerade kürzlich über die Bühne ging, einen unschätzbar hohen Wert für die Region.

Interlaken bietet dafür nicht nur ideale Rahmenbedingungen mit hohem Erlebniswert für wertvolle Gespräche abseits der Büros. Die Teilnehmenden nutzen auch gerne die Möglichkeiten in Minuten vom Anzug in Sportkleider zu wechseln und entweder die Seen, die Biketrails, einen Adrenalin schenkenden Adventure Trip oder beliebte Hiking-Routen zu nutzen, um die erhaltenen Inspirationen gleich in Geschäftsideen umzuwandeln. Wir hoffen auch bald das Alpensymposium, das eng mit Interlaken verbunden ist, und weitere ideenför-


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dernde Anlässe wieder in Interlaken zu sehen.Gerade an der aktuellen Veränderung mit vermehrt hybriden Durchführungsformen und die Wichtigkeit der Verbindung von Geschäftstreffen und Erlebnis/Inspiration und Erholung «Bleisure» siehen wir eine grosse Chance für unsere Region, Anlässe jeder Grössenordnung mit sehr hoher Qualität anbieten zu können. Der Wirtschaftsraum Interlaken-Jungfrau ist im Aufbruch. Der stärkste Wirtschaftszweig Tourismus wird in Kürze wieder eine hohe Drehzahl erreichen. Verstärkt wird sich Interlaken zukünftig um eine nachhaltige, breitabgestützte Entwicklung kümmern, die von starkem Unternehmertum geprägt ist und Menschen eine hohe Lebensqualität sicherstellen will – gepaart mit Schweizer Traditionswerten und einem wachen Blick in die Zukunft.

Alexander Hänsel, CEO des Congress Kursaal Interlaken

www.sf-interlaken.ch

Wirtschaftsraum Interlaken-Jungfrau vielseitig . innovativ . geprägt von gelebter Gastfreundschaft

www.sf-interlaken.ch

1Besuchen

Sofort-Erholungswert in schönster Naturkulisse mit Seen und Bergen, zentral gelegen, gut erreichbar.

2Bleiben

Lebensqualität, aussergewöhnlich hoch. Direkt vor der Haustüre. Für Sie und die ganze Familie.

3Arbeiten

Perspektiven für eine vielversprechende Zukunft. Da funktioniert die Work-Life-Balance. PRESTIGE BUSINESS 45


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DER SCHWEIZER BERGSOMMER MIT AUDI Exklusive Bergtouren mit den vier Ringen Entdecken Sie mit den vollelektrischen Audi e-tron Modellen die Schweizer Alpenregionen und erleben Sie kompromisslosen Fahrspass. Audi engagiert sich rund ums Jahr in den Schweizer Alpendestinationen und pflegt lokale Partnerschaften in Davos, Verbier, St. Moritz, Andermatt, Grindelwald und Zermatt. Gemeinsam mit Ihren Partnern setzt die Marke mit den vier Ringen faszinierende Fahrerlebnisse und weitere Veranstaltungen sowie spannende Digitalformate für Schweizer und internationale Gäste um. Steigen Sie ein und starten Sie durch. Autor: Simon Kegler

1 AUDI EXPERIENCE DAVOS THE CULINARY DRIVE Fine Cuisine by Andreas Caminada Eventdaten: 14. / 15. / 16. Juli 2022, jeweils von 9.00 bis 17.00 Uhr Fahrzeuge: Audi e-tron S, Audi e-tron 55, Audi Q4 e-tron 50 Mit der vollelektrischen SUV-Flotte von Audi geht es in die Bündner Berglandschaft. Das Fahrerlebnis über zwei Bergpässe wird mit Besuchen in Restaurants von Sternekoch und Audi-Ambassador Andreas Caminada gekrönt. Das AmuseBouche nehmen Sie im IGNIV Restaurant im berühmten Badrutt’s Palace Hotel in St. Moritz ein, der Hauptgang wird Ihnen in der Casa Caminada im Schloss Schauenstein serviert. Als besonderes Highlight sind Sie zudem bei der SchweizPremiere des Rallye Dakar-Fahrzeugs, dem Audi RS Q e-tron, mit dabei. Programmhighlights: w Dynamisches Fahrerlebnis über zwei Bergpässe von Davos nach St. Moritz und zurück w Kulinarischer Stopp im Caminada-Restaurant IGNIV St. Moritz w Mittagessen und Führung bei Sternekoch Andreas Caminada im Schloss Schauenstein w Exklusiver Blick hinter die Kulissen der Rallye Dakar mit dem Audi RS Q e-tron und Rennfahrern Mattias Ekström und Nico Müller w Wertvolle Tipps und Tricks von professionellen Audi Instruktoren zur Elektromobilität 46

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2 AUDI DRIVING EXPERIENCE X BASTIAN BAKER The Alpine Concert in Verbier Eventdatum: 4. – 5. August 2022 Fahrzeuge: Audi e-tron S, Audi e-tron 55, Audi Q4 e-tron 50 Lassen Sie sich von Singer-Songwriter Bastian Baker zu einem hochexklusiven Konzert auf das über 2 000 Höhenmeter gelegene Croix du Coeur in Verbier entführen. Zum Programm für insgesamt 40 Gäste gehört ausserdem ein luxuriöses Lunch im Hotel W, sowie ein spannendes, zweistündiges Fahrerlebnis in der vollelektrischen Audi e-tron Flotte auf den Bergstrassen des Wallis. Meet & Greet mit Bastian Baker sowie Übernachtung im Fünf Sterne Hotel W mitinbegriffen.

Programmhighlights: w Empfang, Lunch und Talk mit Bastian Baker im Hotel W Verbier w Einblicke des Markenbotschafters zu seiner Konzertvorbereitung und der besonderen Verbindung zu Audi w Einzigartiges Panoramafahrerlebnis von Verbier über La Tzoumaz auf den Croix du Coeur w Exklusives Bergkonzert bei Sonnenuntergang und gemütlichem Apéro w Wertvolle Tipps und Tricks von professionellen Audi Instruktoren zur Elektromobilität

3 AUDI DRIVING EXPERIENCE ANDERMATT THE AUDI RS E-TRON GT DRIVE Eventdaten: Freitag, 19. August – Mittwoch, 24. August 2022 Fahrzeuge: Audi RS e-tron GT, Audi Q4 e-tron 50 Treff- und Ausgangpunkt des halbtägigen Fahrerlebnis ist das Hotel Chedi in Andermatt. Nach einer Fahrt über den Gotthardpass mit der Audi Q4 e-tron Flotte nehmen Sie auf dem Flugfeld Ambri Platz im sportlichen Audi RS etron GT. Unter der fachkundigen Anleitung unserer Instruktoren können Sie der geballten Beschleunigung des neuen Audi RS e-tron GT in Ambri freien Lauf lassen.

Programmhighlights: w Halbtägiges Programm mit Start und Verabschiedung im Hotel Chedi, Andermatt w Vormittagsgruppe: 8.00 – 13.30 Uhr (inkl. Mittagessen) w Nachmittagsgruppe: 12.30 – 17.30 Uhr (inkl. Mittagessen) w Empfang und kurze Instruktion im The Chedi Andermatt w Einzigartiges Panoramafahrerlebnis über den Gotthard nach Ambri auf die gesperrte Flugpiste w 2h elektrisierende Fahrübungen in Ambri mit dem RS e-tron GT unter der Anleitung von Audi Experten w Spannende Insights von unseren Audi Instruktoren aus Deutschland w Verabschiedung und Mittagessen im Restaurant The Chedi

4 AUDI DRIVING EXPERIENCE VERBIER | THE ELECTRIFYING JOURNEY Le Grand Reservoir de Mauvoisin Eventdaten: w 7. – 8. September w 8. – 9. September w 9. – 10. September Fahrzeuge: Audi e-tron S, Audi e-tron 55, Audi Q4 e-tron 50 Eine Experience ganz im Zeichen der Elektromobilität und Nachhaltigkeit. In den aktuellen Audi e-tron Modellen und auf dem E-Mountainbike erkunden Sie die atemberaubende Naturkulisse der Walliser Berge und erfahren spannende Insights über emissionsfreie Mobilität und die nachhaltigen Energiequellen des Wallis. Hervorragende Kulinarik und Berghotelluxus inbegriffen. Programmhighlights: Tag Eins w Extrem abwechslungsreiches Fahrerlebnis auf verschiedenen Streckenabschnitten (Autobahn, Land- und Bergstrasse) mit den kraftvollen Audi e-tron und Q4 e-tron Modellen w Ausgedehntes Mittagessen im Au Club Alpin in Champex-Lac w Highlight-Stopp mit Besichtigung des Grand Mauvoisin, Europas grösstem Staudamm und der nachhaltigen Energiequelle der Region w Übernachtung, Abendessen und Frühstück im luxuriösen Fünf Sterne Hotel W Verbier Tag Zwei w Einführung in neueste E-Bike Technologie mit Premium Bike-Partner Scott w Geführte E-Mountainbike Tour (abgestimmt auf alle Levels) w Nachhaltiges Lunch und gemeinsame Abfahrt über die schönsten Trails von Verbier PRESTIGE BUSINESS

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UNTERNEHMER MÜSSEN BEI DER NACHFOLGE HANDELN Die volkswirtschaftliche Brisanz der Nachfolgeregelung

In der Schweiz muss in den nächsten Jahren die Nachfolge in zehntausenden KMU geregelt werden. Das stellt die Schweizer Wirtschaft vor grosse Herausforderungen. Die Schweizer Banken bieten passende Lösungen. Autor: Carsten Priebe

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ie Schweiz ist ein Land der KMU. Diese kleinen und mittleren Unternehmen haben per Definition bis zu 249 Mitarbeitende. In der gesamten Eidgenossenschaft gibt es etwa 600'000 KMU, das entspricht fast 99.8 Prozent aller Schweizer Unternehmen. In diesen KMU arbeiten über 3 Millionen Menschen. Mehr als die Hälfte der Schweizer KMU exportiert Waren ins Ausland. All dies veranschaulicht die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Unternehmen für die Schweiz. Doch das wirtschaftliche Herz der Schweiz könnte bald langsamer schlagen. Der Grund ist der demographische Wandel, der unaufhaltsam spürbar wird, denn die Schweizer Bevölkerung wird im Durchschnitt immer älter. Die meisten Unternehmer in der Schweiz wurden im Jahr 1964 geboren. Die erfolgreichen Unternehmensgründer, Inhaber, Verwaltungsräte und Gesellschafter von mehr als 90'000 KMU stehen damit heute kurz vor dem Pensionsalter, ohne dass die Nachfolge geregelt ist. Darunter befinden sich schätzungsweise 7'200 Firmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden. Durch die ungeklärte Nachfolge sind demnach zwischen 360'000 und 450'000 Arbeitsplätze in der Schweiz in den nächsten Jahren akut gefährdet. Dies zeigt die volkswirtschaftliche Brisanz des Themas Nachfolgeregelung.

WEITERMACHEN ODER DIE NACHFOLGE REGELN? Unternehmer sind es gewohnt, Entscheidungen zu treffen, es gehört zu ihrem Tagesgeschäft. Doch die schwierigste Entscheidung ist es oftmals, die eigene Nachfolge zu regeln. Egal wie klein oder gross das Unternehmen ist, es wurde mit Herzblut, Fleiss und viel persönlichem Engagement aufgebaut. Oft handelt es sich bei einer Firma um ein Lebenswerk. Da fällt es natürlich besonders schwer, eine neutrale zukunftsorientierte Entscheidung zu treffen. Eine rechtzeitige Planung zahlt sich in jedem Fall aus, denn sie ist auch so etwas wie eine Versicherung, wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten sollten und eine Nachfolgeregelung in kürzester Zeit gefunden werden muss. Viele KMU sind klassische Familienunternehmen, bei denen zum Teil mehrere Familienangehörige mitarbeiten. Allerdings bedeutet das nicht zwangsläufig, dass die Nachfolge auch in der Familie geregelt wird. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen ist die Scheidungsrate in der Altersgruppe der um die 60-Jährigen in der Schweiz besonders hoch. Das betrifft auch Unternehmer, deren Familienleben sowieso oft genug zu kurz gekommen ist und unter der täglichen Arbeitsbelastung leidet. Eine Nachfolgeregelung in zerstrittenen PRESTIGE BUSINESS

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Familien ist meist nicht möglich. Aber auch wenn Kinder bereits um die dreissig sind und eigene Karrierewege eingeschlagen haben, ist es schwierig, die Nachfolge innerhalb der Familie zu lösen. Derzeit werden in der Schweiz weniger als die Hälfte der Unternehmensnachfolgen in der Familie geregelt. Leider gibt es bei einer Übergabe an die nächste Generation keine Erfolgsgarantie, denn persönliche Kontakte, Netzwerke und Verbindungen, die im Laufe der Zeit, ja gar während Jahrzehnten, entstanden sind und die überlebenswichtig für das Unternehmen sind, lassen sich nicht einfach so auf die Tochter oder den Sohn übertragen. Vor allem wenn die Töchter und Söhne von Unternehmern studiert haben, ist das Interesse meist gering, die Nachfolge im Familienunternehmen, ohne grossen eigenen Gestaltungsraum anzutreten. Diejenigen, die sich unternehmerisch betätigen wollen, gründen viel lieber ihr eigenes Unternehmen nach ihren eigenen Vorstellungen, auch wenn dann das statistische Risiko zu scheitern, höher ist als bei der Übernahme des altbewährten Familienunternehmens. Die klare Mehrheit zieht allerdings eine Anstellung in einem anderen Unternehmen oder dem öffentlichen Dienst vor. Kein Wunder also, wenn rund 30 Prozent der KMU an Mitarbeitende im Rahmen eines Management buy-out übertragen werden, die sich im Beziehungslabyrinth des Unternehmens schon auskennen.

MANAGEMENT BUY-IN VS MANAGEMENT BUY-OUT Etwa jedes vierte KMU wird an einen firmenexternen Nachfolger verkauft. Diese Strategie hat viele Vorteile, kann aber auch manche Enttäuschungen bereithalten. Der Hauptvorteil ist es, dass bei einem solchen Management-Buy-in normalerweise Profis als Berater beteiligt sind und Banken die Finanzierung regeln. Sie helfen dabei, die rechtliche, steuerliche und organisatorische Seite einer solchen Transaktion zu durchleuchten und entsprechende Empfehlungen abzugeben. Durch die professionelle Begleitung ist diese Form der Nachfolgeregelung diejenige, die in der kürzesten Zeit abgewickelt werden kann. Allerdings sollte man vorher seine Buchhaltung und Bücher in Ordnung haben. In einem Fall wurde ich Zeuge, wie eine Schwarze Kasse dringend aufgelöst werden musste, bevor das Unternehmen verkauft wurde. In einem anderen Fall wurden Karteileichen vollmundig als Kunden angepriesen. Länger dauert es, einen Nachfolger im eigenen Unternehmen aufzubauen und so zu positionieren, dass er von Geschäftspartnern und Kunden als Nachfolger anerkannt wird. Für diesen Prozess sind mehrere Jahre anzusetzen, da die Übergabe schrittweise erfolgen kann. Egal ob eine familieninterne Lösung, ein Management buy-in oder eine Management buy-out als beste Lösung in Frage kommt, die richtige Finanzierung der Unternehmensnachfolge ist ein zentraler Punkt. Schweizer Banken verfügen in diesem Bereich der Corporate Finance über umfassendes Knowhow, um passende Finanzierungslösungen für interne oder externe KMU-Nachfolgeregelungen anbieten zu können. Das aktuelle Zinsumfeld ist momentan noch attraktiv, um jetzt zu handeln und ein Gespräch mit der Bank über die Unternehmensnachfolge zu suchen.

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Fit für die Zukunft Mit der Zeit zu gehen heisst, den Wandel zu antizipieren. Sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und ihre Möglichkeiten für die eigene Geschäftstätigkeit zu identifizieren. Mit technischer Expertise, innovativem Denken und umfassender Fachkompetenz unterstützen wir unsere Kunden auf diesem Weg. Kontaktieren Sie uns. kpmg.ch

© 2022 KPMG AG ist eine Schweizer Gesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. Name und Logo von KPMG sind rechtlich geschützt.

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«MIT 50 SOLLTE MAN MIT DER NACHFOLGEPLANUNG BEGINNEN» Die wichtigsten Antworten zur Nachfolgeplanung Rund jedes sechste Schweizer KMU muss in den nächsten fünf Jahren die interne Nachfolge neu regeln, wie ein Blick auf die Nachfolgestatistik 2022 von Dun & Bradstreet zeigt. Die Situation hat sich in den letzten Jahren zugespitzt. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO stellt umfangreiches Informationsmaterial zum Thema bereit. Diobe Wyss, verantwortlich für das KMU-Portal beim SECO, beantwortet die wichtigsten Fragen, welche sich bei der Nachfolgeplanung stellen. Interviewpartner: Diobe Wyss Autor: Manuel Jordi

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RESTIGE BUSINESS: Wann ist es sinnvoll, die Nachfolge zu planen? Diobe Wyss: Eine Firmenübertragung nimmt in der Regel mehrere Jahre in Anspruch. Es ist daher sinnvoll, das Thema frühzeitig und systematisch anzugehen. Nur so ist der Fortbestand des Unternehmens gesichert, wenn der Eigner oder die Eignerin beispielsweise aus Krankheitsgründen plötzlich ausfällt. Als Faustregel gilt: Mit 50 sollte man mit der Nachfolgeplanung beginnen. Die Übergabe selbst findet meist irgendwo zwischen 60 und 68 statt. Wie geht man vor, wenn der Entschluss gefasst ist, die Nachfolge zu regeln? In einem ersten Schritt geht es um die Konkretisierung und Festhaltung der Wünsche und Ziele aus Sicht der Unternehmenden und ihrer Familien. In einem anschliessenden Schritt wird das Unternehmen um-

fangreich analysiert, meist mithilfe externer Beratung. Schliesslich werden die Wünsche und Ziele der Situationsanalyse gegenübergestellt und daraus mögliche Handlungsoptionen abgeleitet. Welche Optionen gibt es für die Nachfolgeregelung? Das Unternehmen kann innerhalb oder ausserhalb der Familie übertragen werden. Familienintern handelt es sich um ein Family-Buy-out. Dies bedingt, dass eine oder mehrere Personen aus dem Kreis der Familie den Wunsch und die Fähigkeiten haben, die Firma zu übernehmen. Weiter muss ausreichend Privatvermögen vorhanden sein, um die anderen Erbansprüche abzugelten. Ist dies nicht der Fall, muss eine externe Nachfolgeperson gefunden werden. Wenn das bestehende Management einsteigt, spricht man vom Management-Buyout, und wenn sich ein externes Management einkauft, vom Management-Buy-in. Wie wird das Unternehmen auf die Übergabe vorbereitet? Ein Unternehmen wird umso leichter eine Person finden, die es übernimmt, wenn es über gesunde Finanzen sowie eine gute Organisation und Buchführung verfügt. Zudem ist es die Pflicht verantwortungsvoller Unternehmender, sich zu versichern, dass sie ihr Unternehmen so übergeben, dass die Nachfolgeperson die Führung unter bestmöglichen Bedingungen übernehmen kann. Sind dafür manchmal auch umfassende Reorganisationen notwendig? Ja, KMU wachsen oft rund um die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Führungsperson. Solche Firmenstrukturen können die Übergabe erschweren. Es sind daher auch weitreichende Umstrukturierungsmassnahmen zu prüfen, wie etwa eine Firmenspaltung. Auch eine Ausschüttung von Substanzdividenden zwecks Erleichterung des Unternehmens und Sicherung der Altersvorsorge, die Änderung der Rechtsform oder eine Neuorganisation des Managements kann notwendig werden. Daneben ist es ratsam, die Organisation und das Management des Unternehmens

noch einmal zu prüfen und die Prozesse gegebenenfalls zu optimieren – vor allem, wenn das Unternehmen eher informell geführt wurde. Diese Faktoren spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, den Wert des Unternehmens auszuhandeln. Was folgt, wenn man sich für eine konkrete Nachfolgeregelung entschieden hat? Ist der Übertragungsprozess eingeleitet, muss dies allen betroffenen Parteien, ob firmenintern oder -extern, mitgeteilt werden. Eine transparente Kommunikation spielt für den Erfolg der Übertragung und die Akzeptanz seitens der Mitarbeitenden eine Schlüsselrolle. Sie hilft auch dabei, Gerüchte aus der Welt zu räumen, welche die Kaderleute, die Mitarbeitenden sowie die Kundinnen und Kunden beunruhigen und dazu führen, dass diese sich Sorgen um die Zukunft des Unternehmens machen. Gilt auch hier das Kommunikationsprinzip intern vor extern? Ja, andernfalls kann dies verheerende Folgen für die Beschäftigten habenhaben, die sich von ihrem Unternehmen verraten fühlen können. Nichts ist für ein PRESTIGE BUSINESS

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Unternehmen auf dem Weg zu einer Übernahme schlimmer, als wenn Führungskräfte und vertrauenswürdige Mitarbeitende das Schiff verlassen. Dieses Prinzip von Klarheit und Transparenz entbindet die betroffenen Parteien wohlgemerkt nicht von der nötigen Verschwiegenheit in Bezug auf finanzielle oder sonstige Details der Übertragung, die Gegenstand einer schriftlichen Vertraulichkeitserklärung sein können. Ist die Katze aus dem Sack, folgt die Umsetzung. Haben Sie hier noch wertvolle Tipps? Für die rechtliche Übertragung sind einige Behördengänge notwendig. Diese können heute bequem on­line auf EasyGov.swiss abgewickelt werden. Das erspart Zeit und Kosten.

DIE HÄUFIGSTEN HINDERNISSE BEI EINER NACHFOLGE w Zu späte Regelung der Nachfolge: Unternehmerinnen und Unternehmer neigen häufig dazu, zu spät mit der Nachfolgeplanung zu beginnen. Das Ergebnis: ein überstürzter Verkauf oder eine ungewollte Liquidation des Unternehmens. w Fehlende Strategie: Die Unternehmenden und ihre Familie haben kein klares Bild davon, welche Rolle sie künftig im Unternehmen spielen wollen. Der Nachfolgeprozess wird dadurch erschwert und chaotisch. w Alleingang: Die Inhaberin oder der Inhaber trifft alle Nachfolgeentscheidungen allein, ohne die anderen betroffenen Parteien einzubeziehen. Wenn Interessenskonflikte nicht diskutiert und weitgehend beigelegt wurden, kann die Nachfolge eine ungewollte Wendung nehmen. w Verlustängste: Die Unternehmerin oder der Unternehmer kann nicht loslassen und mischt sich weiter in die Geschäftsführung ein. w Überhöhte Gewinnvorstellungen: Fixiert auf das Ziel, nicht ausgeschüttete 54

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Gewinne aus der Firma herauszuholen, weigert sich die Unternehmerin oder der Unternehmer, beim Preis realistische Kompromisse einzugehen.

w Fehlende Beratung: Die Nachfolge läuft ohne Beiziehung unabhängiger Expertinnen und Experten ab oder diese werden zu spät gefragt.

w Nicht betriebsnotwendige Aktiven: Unternehmen verfügen häufig über sehr hohe Substanzwerte mit erheblichen nichtbetrieblichen Aktiven. Das wirkt sich nachteilig auf die Rentabilität der Firma aus. Derart aufgestellte Firmen lassen sich schwer verkaufen.

w Zu wenig Information: Die Nachfolge wird nicht offen und transparent kommuniziert. Mitarbeitende und Kunden verlieren das Vertrauen in die Firma, da sie von der Entscheidung überrumpelt und vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

w Fixiertheit auf eine bestimmte Nachfolgelösung: Die Unternehmerin oder der Unternehmer stürzt sich scheuklappenartig auf eine Nachfolgelösung, die sich als unpassend oder unrealistisch herausstellt. Da keine Alternativen geprüft wurden, ist es sehr schwer, einen anderen Kurs einzuschlagen. w Auswahl des «richtigen» Nachfolgers oder der «richtigen» Nachfolgerin: Das ist sicher die schwierigste Aufgabe. Hier lohnt es sich, die notwendige Zeit für ein gutes Anforderungsprofil, eine umfassende Suche, mehrere intensive Gespräche (am besten gemeinsam mit einer kompetenten Drittperson) und entsprechende Abklärungen einzuplanen.

w Verwundbarkeit im Nachfolgeprozess: Das Unternehmen wird während einer Übernahme meist geschwächt, sei dies aufgrund der höheren Finanzlast oder weil sich die neue Inhaberin oder der neue Inhaber erst einarbeiten muss. Das gilt selbst dann, wenn sie oder er bereits dem Management angehörte. Für Mitbewerber bietet sich hier eine Chance zum Angriff. Es ist deshalb für das Gelingen sehr wichtig, die Übergangsphase sehr genau zu planen, den Know-howTransfer der Schlüsselpersonen sicherzustellen, Polster anzulegen (finanziell und personell) und wenn immer möglich das bisherige Leitungsteam in den Nachfolgeprozess und die folgenden mindestens drei bis sechs Monate aktiv einzubinden.


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STEUERLICHE ASPEKTE BEI EINER FIRMENÜBERGABE w Darlehen für die Übernahmefinanzierung: Erfolgt die Übernahme des Unternehmens über Darlehen, so ist deren Verzinsung und Rückzahlung (Amortisation) bei der Nachfolgeperson (Darlehensnehmer) voll steuerbar. Reichen die Einnahmen des übernommenen Unternehmens dafür aus, dass die Übernehmenden ihre Schulden tilgen, die Steuern bezahlen und ihren Privatbedarf decken können, ohne dass dem Unternehmen zu viele Mittel entzogen und somit Investitionen blockiert werden? w Doppelbesteuerung: Bei Kapitalgesellschaften werden Gewinne, die im Unternehmen anfallen, zweimal besteuert: einmal als Gewinnsteuer im Unternehmen selbst, ein zweites Mal als Einkommenssteuer bei der Unternehmensleitung. Als Konsequenz die-

ser Doppelbesteuerung werden Gewinne tendenziell seltener ausgezahlt, sondern eher wieder in die Firma investiert. Damit kommt es zu «substanzschweren» Unternehmen. Häufig können diese früher investierten Gewinne dann über den Verkaufspreis für das Unternehmen nicht wieder herausgelöst werden, weil sie nur selten zum Ertragswert beitragen. w Indirekte Teilliquidation / Erbenholding / Transponierung: Bei der Gründung fremdfinanzierter Gesellschaften zum Zweck der Übernahme eines Unternehmens ist grosse Vorsicht geboten. Es sollten unbedingt Steuersachverständige beigezogen werden. w Erbschafts- und Schenkungssteuern (Kantonalrecht): Übertragungen an nicht direkte Nachkommen können er-

hebliche Steuerbelastungen (bis 40 Prozent des Unternehmenswertes!) zur Folge haben. Da Steuern sofort bezahlt werden müssen, kann sich daraus ein erheblicher Liquiditäts- und damit Finanzierungsbedarf ergeben. w Umstrukturierung des Vermögens: Die Verschiebung von Teilen des Firmenvermögens in das Privatvermögen und umgekehrt kann steuerlich relevante Folgen haben, wenn sie weniger als fünf Jahre vor dem Tag der offiziellen Übertragung des Unternehmens erfolgt. Es empfiehlt sich, solche Massnahmen weit im Voraus zu planen. w Übernahmegesellschaft: Wenn Nachfolgende oder Erben eine Gesellschaft gründen wollen, die den Betrieb übernehmen soll, sollten unbedingt Steuersachverständige beigezogen werden.

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UNTERNEHMEN ERFOLGREICH ÜBERNEHMEN Nachfolgeplanung systematisch angehen

Eine Nachfolgeplanung ist selten einfach. Sowohl für die bisherigen Firmeninhaber als auch für die Übernahmeinteressenten sind Emotionen im Spiel und finanziell stellen sich viele Fragen. Damit die Übernahme gelingt, gilt es, die Finanzierung optimal zu planen. Autoren: Daniele Ruggeri und Marc Maurer

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ast 100’000 Unternehmen in der Schweiz müssen laut Studien in absehbarer Zeit die Regelung ihrer Nachfolge angehen. Erfolgreiche Firmenübergaben sichern dem Werkplatz Arbeitsplätze und den Erhalt des unternehmerischen Know-hows. Der grösste Teil dieser Unternehmensnachfolgen wird nach wie vor familienintern abgewickelt. Doch diese Quote ist rückläufig, die Zahl der familienexternen Firmenübergaben nimmt zu. Dabei treten im KMU-Umfeld meist Privatpersonen als Käufer auf, die sich den Traum vom Unternehmertum erfüllen möchten – wenn das erforderliche Kapital für den Traum aufgewendet werden kann. Nicht selten prägt der Unternehmer das Unternehmen und umgekehrt. Dabei handelt es sich oft um das Lebenswerk des Unternehmers, welches er gründete oder selbst übernahm und weiterentwickelte. Ein Grossteil seiner Zeit und seines Vermögens hat er in seinen Betrieb investiert. Im Rahmen der Nachfolgeregelung geht es daher auch darum, dieses Vermögen zu erhalten und den Fortbestand eines zukunftsfähigen Unternehmens und der damit verbundenen Wertschöpfung zu sichern.

GUTE VORBEREITUNG IST DAS A UND O Für den Kauf eines Unternehmens reichen die finanziellen Mittel der Käuferschaft oft nicht aus. Die entsprechende Finanzierungslücke kann unter anderem mit Fremdkapital gedeckt werden. Bei familieninternen Übertragungen zeigt die Praxis, dass häufig keine Bankfinanzierung nötig ist. Solche Nachfolgevarianten werden oft «innerfamiliär» finanziert, sei es im Rahmen der erbrechtlichen Möglichkeiten oder durch ein Familiendarlehen. Dennoch kann es auch bei dieser Form der Nachfolgeregelungen zu finanziellen Herausforderungen kommen. Da der Betrieb beim Übergeber eventuell zu einem Grossteil die private Vorsorge darstellt, kann das Unternehmen nicht gänzlich unentgeltlich an die jüngere Generation übertragen werden. Zudem verfügen Nachfolger häufig nicht über aus-

reichend finanzielle Mittel, um den vereinbarten Kaufpreis zu finanzieren. Falls der Mittelweg im Sinne einer teilweisen Schenkung gewählt wird und mehrere Nachkommen vorhanden sind, drängen sich sofort erbrechtliche Themen auf. Unter Geschwistern besteht nämlich eine Ausgleichungspflicht von lebzeitig erhaltenen Erbvorbezügen und Schenkungen. Bei familienexternen Übertragungen kommt meist eine Bank ins Spiel. Nebst der frühzeitigen Kontaktaufnahme mit dem Finanzinstitut ist eine gute Vorbereitung auf das Kreditgespräch ein wichtiger Erfolgsfaktor. Entscheidend für das Gelingen einer erfolgreichen Übernahmefinanzierung ist die transparente Kommunikation zwischen Käufer und Bank. Dabei bekommt der Käufer ein Feedback zu seinem Vorhaben. Er sollte auf eine vollständige, nachvollziehbare Dokumentation sowie eine gute Gesprächsvorbereitung achten und sich ausreichend Zeit dafür nehmen. Eine gute Dokumentation hilft der Bank – aber auch weiteren potenziellen Investoren –, das Vorhaben des Käufers besser zu verstehen und den Kreditprüfungsprozess effizient voranzutreiben. Neben den Unterlagen ist die Vorbereitung auf das Gespräch mit der Bank für den Käufer ein Erfolgsfaktor. Die folgenden Fragen werden der Käuferschaft in den meisten Fällen gestellt: w w w w

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Warum wird das Unternehmen verkauft? Was ist die Motivation für den Kauf des Unternehmens? Wie sieht der zeitliche Fahrplan aus? Wer begleitet den Kaufprozess (zum Beispiel treuhändische Beauftragte, Beratungspersonen, Expertinnen und Experten)? Wie wird der Wissenstransfer von der bisherigen zur neuen Eigentümerschaft sichergestellt? Welche Qualifikationen und welchen Werdegang können die Käufer beziehungsweise das ManagementTeam vorweisen? Wie sind und wie werden innerhalb der Geschäftsführung die Zuständigkeiten und Stellvertretungen geregelt? Wo sehen die Käufer die Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken der Branche und des Geschäftsmodells des Unternehmens? PRESTIGE BUSINESS

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Es braucht Lösungen, die auf die individuellen Bedürfnisse des Käufers und des Unternehmens zugeschnitten sind. Mit einem frühzeitigen Dialog und einer frühzeitigen Diskussion können gemeinsam mit der Bank die Weichen für eine erfolgreiche Übernahme gestellt werden.

FESTLEGUNG DER FINANZIERUNGSSTRUKTUR Um die optimale Finanzierungstruktur für die Übernahme zu finden, empfiehlt es sich, mehrere Varianten zu prüfen. Oft wird für die Finanzierung eine Kombination verschiedener Quellen gewählt. Eine grosse Bedeutung kommt dem Eigenkapital zu. Eine ausreichende Eigenkapitalbasis stellt sicher, dass das Unternehmen auch in stürmischen Zeiten nicht allzu rasch in existenzielle Schwierigkeiten gerät. Je schwankungsanfälliger das Geschäftsmodell oder die Branche ist, desto mehr Eigenkapital wird benötigt.

KÄUFER ALS PRIMÄRER EIGENKAPITALGEBER Die wichtigste Eigenkapitalquelle ist der Neu-Unternehmer selbst: Ob das Unternehmen künftig von Erfolg gekrönt ist oder nicht, hängt sehr stark von seinen strategischen Weichenstellungen und

Entscheidungen ab. Die Chancen und die Risiken sollten ihm beim Eingehen seines finanziellen Engagements bewusst sein. Ein massgeblicher Eigenmitteleinsatz in Relation zu seinen Möglichkeiten unterstreicht seine Motivation gegenüber weiteren involvierten Anspruchsgruppen, das Unternehmen auch während einer längeren Durststrecke mit vollem Einsatz weiterzuführen.

BANK ALS KLASSISCHER FREMDKAPITALGEBER Eine der meistgestellten Fragen bei Unternehmenskäufen lautet: Wie viel Fremdkapital kann die Bank zum Kaufpreis beisteuern? Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Zu viele Faktoren wie die Zusammensetzung des Kaufpreises, die aktuelle und künftige Kapitalstruktur des Unternehmens oder die generellen Zukunftsaussichten der Gesellschaft spielen eine Rolle. Grundsätzlich gilt die Faustregel, dass die Fremdfinanzie-rung verzinst und innerhalb von vier bis sechs Jahren aus dem operativen Ergebnis zurückgeführt werden soll. Das operative Ergebnis versteht sich dabei als erwirtschaftete, gegenüber den Kapitalgebern frei verfügbare Liquidität, der sogenannte «Free Cashflow». Um die künftigen «Free Cashflows» einschätzen zu können, setzt sich die Bank intensiv mit der Unternehmensstrategie, dem Geschäftsmodell und der Marktpositionierung auseinander. Zudem gilt es, nebst betriebswirtschaftlichen Aspekten auch die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen im Detail zu prüfen und eine entsprechend optimale Transaktionsstruktur auszugestalten.

DECKUNG VON FINANZIERUNGSLÜCKEN Das Eigenkapital des Käufers und die Bankfinanzierung reichen oftmals nicht aus, um den notwendigen Finanzierungsbedarf zu 58

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unterstützen. Ein Unternehmer kann im Gegensatz zu einem Manager nicht einfach seinen Job kündigen, wenn es zu Schwierigkeiten kommt. Dieser Verantwortung und der Konsequenzen muss er sich bewusst sein. Des Weiteren sollten sich Unternehmer neutralen Drittmeinungen nicht verschliessen. Ein Netzwerk von unabhängigen Vertrauenspersonen und Sparringspartnern, etwa aktive Verwaltungsräte, kann Gold wert sein.

FRÜHZEITIGE KONTAKTAUFNAHME Die Strukturierung und Prüfung einer Übernahmefinanzierung ist für alle Parteien mit grossem Aufwand verbunden – doch dieser lohnt sich. Käufer und Bank sollten ihre Vorstellungen und Möglichkeiten von Anfang an darlegen und das Vorgehen in einem verbindlichen Zeitplan festhalten. Entscheidend ist eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Bank. Eine erfolgreiche Nachfolgeregelung und -finanzierung bedingt eine frühzeitige, mit Weitsicht und verlässlichen Partnern durchgeführte Planung.

DIE ZÜRCHER KANTONALBANK FÜR KMU-ÜBERNAHMEFINANZIERUNGEN decken. Was sind weitere Kapitalquellen? Infrage kommen beispielsweise Familienmitglieder, Freunde und Bekannte, aber auch andere Managementvertreter, die bereit sind, sich am Vorhaben zu beteiligen. Vielfach spielt der Verkäufer selbst eine wichtige Rolle für die Finanzierung. Sowohl bei familien- oder firmeninternen als auch externen Nachfolgeregelungen wird kaum eine Transaktion ohne ein massgebliches Verkäuferdarlehen abgeschlossen. In diesem Fall stellt der Verkäufer dem Käufer einen Teil des Kaufpreises über einen vertraglich geregelten Zeitraum zur Verfügung.

UNTERNEHMERGEIST UND UNTERSTÜTZUNG Eine gesunde und tragbare Finanzierungsstruktur ist nicht der einzige wichtige Aspekt. Fachwissen, Branchenkenntnisse und Führungserfahrungen gehören ebenso zu den entscheidenden Attributen eines erfolgreichen Managers. Allerdings ist nicht jeder erfahrene Manager auch ein guter Unternehmer. Einen Unternehmer zeichnen seine Persönlichkeit und sein Herzblut für die neue Herausforderung aus. Auch mit emotionalen Faktoren gilt es umzugehen. So hat er sich mit dem bisherigen Eigentümer zu arrangieren, der sein Lebenswerk loslassen muss. Schlüsselmitarbeiter müssen die neuen Eigentumsverhältnisse und allfällige Organisationsoder Strategieänderungen mittragen. Und zu guter Letzt sollte auch die eigene Familie das Vorhaben

Die Zürcher Kantonalbank hat vom Kanton Zürich einen klaren, gesetzlichen Auftrag: die Bevölkerung und die Unternehmen kontinuierlich mit Anlage- und Finanzierungsdienstleistungen zu versorgen, zur Lösung von wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben beizutragen und verantwortungsvoll mit der Umwelt und der Gesellschaft umzugehen. Dies macht die Bank seit über 150 Jahren erfolgreich. Der Zürcher Kantonalbank ist es ein grosses Anliegen, KMU im Nachfolgeprozess unterstützend zu begleiten und so einen Beitrag für die erfolgreiche Weiterführung des Unternehmens auch unter der neuen Eigentümerschaft leisten zu können. Dafür steht unseren Kunden seit vielen Jahren ein Team von erfahrenen Spezialisten zur Verfügung, welches sich ausschliesslich um Nachfolgeberatungen kümmert. Unsere Fachexperten haben bereits vielen Unternehmen geholfen, ihre Unternehmensnachfolge erfolgreich zu regeln. Gerne beraten und begleiten wir auch Sie kompetent und umsichtig durch die Phasen der Nachfolgeregelung.

Daniele Ruggeri, Experte für Unternehmensnachfolgen, Zürcher Kantonalbank Marc Maurer, Leiter Unternehmensnachfolge, Zürcher Kantonalbank Zürcher Kantonalbank | KMU Unternehmensnachfolge | Postfach | 8010 Zürich www.zkb.ch/unternehmensnachfolge

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Auch grundsolide Schweizer KMU stehen immer mehr einer ungelösten Nachfolgeregelung gegenüber.

SO GEHT UNTERNEHMENSNACHFOLGE Die erfolgreiche Nachfolgeregelung der In-Gerüst AG

Jedes KMU muss sich früher oder später mit der Nachfolgeregelung auseinandersetzen – spätestens allerdings dann, wenn sich die Inhaberschaft dem Pensionsalter nähert und in den wohlverdienten Ruhestand übertreten möchte. Vielen Unternehmen mangelt es jedoch an Nachfolgern aus den eigenen Reihen, sei es im familien- oder unternehmensinternen Umfeld. So erging es auch dem Wetziker Gerüstbauunternehmen In-Gerüst AG und dessen Inhaber Franco Sommerhalder. Autor: Fabian Rudin

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ie Firma In-Gerüst AG aus dem Zürcher Oberland mit Sitz in Wetzikon behauptet sich seit 1988 äusserst erfolgreich als Dienstleister im Zürcher Baugewerbe und ist weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt. Dabei überzeugt das Unternehmen nicht nur durch stets tadellos und termingerecht ausgeführte Arbeiten, sondern auch durch ein eingespieltes Montageteam. Die hohe Konstanz auf unternehmerischer Ebene, eine entspannte Liquiditätssituation sowie ein breit diversifizierter Kundenstamm runden das Bild der In-Gerüst AG als grundsolides Schweizer KMU ab. Im Zusammenhang mit der kommenden Pensionierung hat sich der Inhaber Franco Sommerhalder frühzeitig mit der Übergabe seines Betriebes an einen passenden Nachfolger auseinandergesetzt. Dabei plagten ihn vor allem anfangs grosse Unsicherheiten. Denn eine erfolgreiche Nachfolgeregelung stellt oftmals den Abschluss einer unternehmerischen Karriere dar und darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Dabei liessen Franco Sommerhalder Fragen zur Verkäuflichkeit des Unternehmens, aber auch zum potenziellen Nachfolger und dem Verkaufspreis keine Ruhe. Denn verständlicherweise sollte die In-Gerüst AG, sein mit viel Arbeit und Schweiss errichtetes Lebenswerk, für einen angemessenen Preis in die Hände eines passenden Nachfolgers übergeben werden und nicht für ein Butterbrot.

«Meine grössten Bedenken waren: Kann ich das Unternehmen verkaufen? Möchte überhaupt jemand eine solche Firma und kann ich sie zu einem anständigen Preis verkaufen?» Franco Sommerhalder, ehemaliger Inhaber der In-Gerüst AG

DIE NACHFOLGEREGELUNG IST UND BLEIBT CHEFSACHE Als typischer Vollblutunternehmer, der es gewohnt ist, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und Herausforderungen aktiv anzugehen, erklärte Franco Sommerhalter die Nachfolgeregelung ganz zu Recht zur Chefsache. So streute er in einem ersten Schritt in seinem Bekanntenkreis den Wunsch nach einem Nachfolger. Diese Offenheit zeugte von grossem Mut, aber auch Selbstvertrauen in die eigene Firma. Denn oftmals kann eine solche Nachricht Unruhe in den eigenen Betrieb bringen und die verschiedenen Anspruchsgruppen wie Kunden, Lieferanten oder Mitarbeitenden verunsichern. Diese eigene Vermarktung hat allerdings nicht gefruchtet und es konnte kein Nachfolgekandidat gefunden werden, der über die erforderlichen Fähigkeiten wie auch genügend finanzielle Mittel verfügte. Daher griff Franco Sommerhalder auf die Unterstützung der Business Transaction AG, eine auf KMU-Nachfolgeregelungen spezialisierte Zürcher M&A-Boutique, zurück. Dieses Vorgehen barg für ihn gleich zwei Vorteile: Einerseits konnte sich Franco Sommerhalder wieder voll und ganz auf die Rolle des Geschäftsführers konzentrieren und dem Tagesgeschäft die Aufmerksamkeit schenken, die es verdient. Andererseits wurde der Transaktionsprozess stark strukturiert, die Käuferansprache professionalisiert und dafür gesorgt, dass die Vertraulichkeit jederzeit eingehalten wurde. Darüber hinaus verfügt die Business Transaction AG über ein weitläufiges Käufernetzwerk, das in einer intelligenten Datenbank abgebildet wird, und weiss bei Bedarf, wie man aktiv potenzielle Käufer zielgruppengerecht anspricht. PRESTIGE BUSINESS

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HÜRDEN IM TRANSAKTIONSPROZESS SIND AN DER TAGESORDNUNG Aus der Erfahrung von über 220 erfolgreich abgeschlossenen Transaktionen kennt die Business Transaction AG die üblichen Stolpersteine einer Nachfolgeregelung und weiss sich darauf vorzubereiten. Die grösste Herausforderung bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger für die In-Gerüst AG kam dann aber von einer ganz unerwarteten Seite. Das vom Unternehmen verwendete Gerüstsystem hat sich als wahre Knacknuss erwiesen. Denn dieses ist kaum mit anderen Gerüstsystemen kompatibel und im Markt unterdurchschnittlich oft vertreten. Dadurch fielen vor allem Mitbewerber weg, welche durch den Zukauf der In-Gerüst AG ihre Marktposition zu stärken erhofften. Dies führte dazu, dass sich der Käuferkreis stark eingrenzte und vor allem Privatpersonen, die sich den Traum der beruflichen Selbstständigkeit erfüllen wollten, in die engere Auswahl kamen.

«Herr Moroni war mir vom ersten Tag an sympathisch und es stimmte dann einfach alles mit ihm.» Franco Sommerhalder, ehemaliger Inhaber der In-Gerüst AG

Trotz des limitierten Interessentenkreises konnten in wenigen Wochen knapp 40 Kaufinteressenten generiert werden, welche das Unternehmen näher kennenlernen wollten. Aus dieser Anzahl an potenziellen Nachfolgern haben sich dann im Verlauf des Transaktionsprozesses vier Erstgespräche ergeben, bei denen sich Verkäufer und Käufer näher kennengelernt haben und ihre gegenseitigen Wünsche und Bedürfnisse austauschen konnten. Dabei waren diese Gespräche keineswegs einseitig, sondern vor allem auch Franco Sommerhalder nahm die Kaufinteressenten genau unter die Lupe. Aus diesen Gesprächen resultierten dann drei konkrete Kaufangebote für das Unternehmen, welche es abzuwägen galt. Mit Martin Moroni, einem Kadermann eines Mitbewerbers mit langjähriger Erfahrung im Gerüstbaugewerbe, wurde dann der perfekte Nachfolger für die In-Gerüst AG gefunden. Seit über zehn Jahren im Gerüstbaugewerbe zu Hause, konnte er

Franco Sommerhalder, ehemaliger Inhaber der In-Gerüst AG.

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Die Business Transaction AG konnte die Türen für die erfolgreiche Unternehmensnachfolge der In-Gerüst AG öffnen.

EXTERNE UNTERNEHMENSNACHFOLGE KONKRET ERLEBEN

Franco Sommerhalder sowie auch seine Frau sowohl auf fachlicher als auch auf persönlicher Ebene restlos von sich überzeugen. Aus Transaktionssicht haben vor allem sein speditives und unternehmerisches Handeln wie auch seine regelmässigen und zeitnahen Rückmeldungen den Kaufprozess vereinfacht und beschleunigt. Aufgrund dessen dauerte die Transaktion vom Erstkontakt bis zur Unterschrift nur knapp viereinhalb Monate. Die Übergabe und Einarbeitung haben erwartungsgemäss reibungslos funktioniert. Allerdings muss sich Franco Sommerhalder momentan mit der wohlverdienten Pensionierung noch ein wenig gedulden. Denn er steht der In-Gerüst AG und dem neuen Inhaber und Geschäftsführer Martin Moroni weiterhin als stellvertretender Geschäftsführer mit Rat und Tat zur Seite und hilft so selbst noch mit, ein neues Kapitel der In-Gerüst AG zu schreiben.

Eine zufriedenstellende Nachfolgelösung ist, wie das Beispiel der In-Gerüst AG zeigt, keine Selbstverständlichkeit und die Firmennachfolge sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Der Weg vom Entschluss, die Firma zu übergeben, über die Käufersuche und Verhandlungen bis zur tatsächlichen Vertragsunterzeichnung sowie dem Vollzug kann lang und steinig sein – vor allem auch, weil die Inhaberschaft meist nicht weiss, was genau auf sie zukommt. Daher greift die Business Transaction AG regelmässig erfolgreich abgeschlossene Unternehmensnachfolgen auf und verarbeitet diese im handlichen Videoformat zu kompakten Geschichten. So wird das teilweise abstrakte Konstrukt des Firmenverkaufs greifbar und tangibel gemacht. Unternehmerinnen und Unternehmer können darin eintauchen und erhalten so einen Einblick, wie ihre eigene Nachfolgeregelung aussehen könnte.

VIDEO-DOKUMENTATIONEN DER BUSINESS TRANSACTION AG Emotionale und authentische Video-Stories zur Nachfolgeregelung mit der Business Transaction AG finden Sie unter: www.businesstransaction.ch/video-stories

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AM PULS DES UNTERNEHMENS Digitale Lösungen bei der Nachfolgeregelung

Digitales Wissensmanagement ist auch bei dem oft schwierigen Thema Nachfolgeregelung ein wichtiger Baustein. Der folgende Beitrag beleuchtet die Herausforderungen und zeigt Lösungswege auf. Autor: Roland Benguerel

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ie Nachfolge im Unternehmen zu regeln, ist ein strategisches Projekt, bei welchem die Interessen vieler Akteure in Einklang mit der zukünftigen Ausrichtung des Unternehmens zu bringen sind – ein Unterfangen, welches mit der Zielsetzung und dem Formulieren der Anforderungen und auch Bedingungen des Inhabers startet. Eine Situationsanalyse und -bewertung kann Klarheit in Bezug auf wichtige Parameter, zum Beispiel die vorhandene Substanz des Unternehmenswerts, das eigentliche Wissen oder auch die Kernkompetenzen hinsichtlich der Schlüsselprodukte, -prozesse und -entwicklungen, schaffen. Darüber hinaus gilt es auch, externe Faktoren wie das Thema einer Finanzierung, rechtliche Aspekte oder die frühzeitige Umsetzung von Massnahmen zur Steueroptimierung zu beleuchten – eine grosse Menge an Informationen und Dokumentationen, welche es zu sichten, prüfen und hinsichtlich ihrer Relevanz zu bewerten gilt.

Eine Nachfolgelösung braucht eine belastbare Unternehmensbewertung.

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Hierbei stellt sich dann oft erstmals die Frage nach dem Umgang der Erfassung des menschlichen Wissens als Bindeglied zwischen den vorgenannten Informationen und Prozessen.


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Know-how schnell und effektiv bearbeiten.

WACHSENDE DATENBERGE Geschäftsrelevante Informationen werden heute in sogenannten Kernsystemen, zum Beispiel in einem Enterprise-Resource-Planning (ERP) -System, geführt. Nach wie vor werden wichtige Informationen aber auch noch auf Papier gedruckt, stehen in gut gefüllten Bundesordnern in Aktenschränken zur Verfügung oder liegen noch auf priorisierten Aktenstapeln zur endgültigen Ablage auf dem Pult. Diese Daten wachsen täglich um ein Vielfaches in Form von Briefpost, Besprechungsnotizen oder Feedback-Formularen. Hinzu kommt ein altbekanntes und meist hausgemachtes Problem: Daten und Informationen liegen an unterschiedlichsten Stellen im Unternehmen verteilt. Daraus resultieren Informationsinseln und isolierte Wissenssilos in Abteilungen. Spätestens, wenn es um den Kern der Sache geht – das Wissen, welche Information mit welchem Prozess und welchem menschlichen Know-how in Verbindung steht –, werden die Lücken schnell sichtbar und Nachforschungen enden im Nirwana. Wenn die Transparenz zu vergangenen Entscheidungen fehlt und diese nicht mehr nachvollzogen werden können, kann dies zu rechtlichen Unsicherheiten führen. Im besten Fall kann man die ehemals involvierten Mitarbeitenden noch Fragen. Doch wie geht es weiter, wenn diese bereits in Rente oder aus dem Unternehmen ausgeschieden sind? Oder wenn ganze Bereiche/Abteilungen durch eine Übernahme an ein anderes Unternehmen übertragen wurden?

KULTUR DES TEILENS Gemäss einer Information von Forbes / Babcock verlieren die Top-500-Firmen bis zu 31.5 Milliarden US-Dollar pro Jahr aufgrund von mangelndem Wissenstransfer. So gehen auch bis zu 50 Prozent des Wissens bei Renteneintritt verloren, dies kostet bis zu 85 Prozent des Jahresgehalts pro Mitarbeiter! Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, das Unternehmenswissen frühzeitig als zentrale Quelle des Geschäfts zu speichern. Die Mitarbeitenden aller Abteilungen und Standorte sind zu motivieren, damit sie ihr Wissen und ihre Ideen in einer gemeinsamen Wissensdatenbank erfassen. Eine Kultur der Bereitschaft zum Teilen ist herbeizuführen, ja aktiv zu leben und die durchgängige Verfügbarkeit von vorhandenem Wissen ist sicherzustellen. Eine komfortable Lösung ist der Einsatz einer unternehmensweiten IT-Lösung für das Wissens- und Informationsmanagement. PRESTIGE BUSINESS

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EINE LÖSUNG Bereits vorhandenes Know-how kann mit solch einem System einfach zur Verfügung gestellt und durch die Mitarbeitenden effizient genutzt werden. Es muss nicht immer wieder neu generiert werden. Das spart kostbare Zeit und steht dem Unternehmen als wertvolle Wissensquelle uneingeschränkt zur Verfügung. Weit mehr – mit der Business Solution «ELO Knowledge» kann ein zentrales Wissensportal erschaffen werden, wodurch sich sämtliche Unternehmensinformationen in einer zentralen Wissensdatenbank zusammenfügen lassen – auch über Abteilungsgrenzen hinweg. Dadurch wird verstreutes Wissen gebündelt und vernetzt. Denn viele Köpfe wissen mehr als einer. Das Know-how und die Erfahrung jedes einzelnen Mitarbeiters werden eingebracht und effizient genutzt – mit dem Ziel, bereits verfügbares Wissen sicherzustellen, auf bereits vorhandene Erfahrungen und Ideen zurückzugreifen, schneller gemeinsame Lösungen zu finden und die Produktivität des Unternehmens zu erhöhen.

DIE GRUNDLAGE Die Business Solution ELO Knowledge der ELO Digital Office CH AG schafft hierzu eine CommunityPlattform, mit der Unternehmen Wissen sowie Ideen teilen und auch weiterentwickeln können. Hierzu stehen Grundkonzepte eines Q&A-Boards, einer Knowledge Base sowie des Ideenmanagements zur Verfügung. Ein solches System muss Lösungsansätze für folgende Herausforderungen bieten: w Jedem Mitarbeiter müssen ausreichend Informationen zur Verfügung stehen, damit dieser seine Arbeit bestmöglich durchführen kann. w Es muss Informationen und Wissen zur schnellen Problemlösung bereitstellen. w Es muss die Möglichkeit bieten, Erfahrungswerte zu teilen, damit Fehler nicht wiederholt werden. w Es muss die Mitarbeiter motivieren, ihr Wissen aktiv zu teilen. w Das System muss den Mitarbeitern die Möglichkeit bieten, Ergänzungen oder Veränderungen an Informationen und Dokumenten anzeigen, im besten Fall automatisiert. Klar ist, dass – ob aus organisatorischen oder rechtlichen Gründen – nicht das komplette Unternehmenswissen allen zugänglich sein kann. Hochsensible Mitarbeiter-, Lohn- oder auch Kundendaten können Verschlusssache sein. Mitarbeitende mit entsprechenden Berechtigungen sollen unkompliziert und schnell Zugriff auf die Daten haben. 66

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Insbesondere bei einer Nachfolgeregelung eines Unternehmens ist es essenziell, akkurate und vollständige Informationen als Basis für eine 360-Grad-Unternehmensbewertung zur Verfügung zu haben. Es sind die Kernkompetenzen und das Wissen des Unternehmens, welche letztendlich den Gegenwert für einen Kaufpreis darstellen und der Garant für ein gutes Gelingen und eine positive Zukunft sind.

Roland Benguerel ist Head of Sales bei ELO Digital Office CH AG Schweiz. www.elo.ch

Die Lösung liegt auf der Hand.


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BEI UNS DREHT SICH ALLES UM IHR WOHNEIGENTUM Im Hauseigentümerverband immer gut beraten Seit über 100 Jahren setzt sich der Hauseigentümer­ verband nachhaltig für die Anliegen der Wohn- und Grundeigentümer ein. Mit unseren 340’000 Mitgliedern in über 100 kantonalen und regionalen Sektionen zählen wir zu den grössten Verbänden der Schweiz. Danke, dass auch Sie auf uns vertrauen. Autor: Markus Meier

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er Hauseigentümerverband Schweiz ist die Dachorganisation der Wohneigentümer und Vermieter in der Schweiz. Der Verband setzt sich aus rund 340’000 Mitgliedern zusammen. Mit unseren über 100 Regionalsektionen und Kantonalverbänden sind wir überall nahe bei unseren Mitgliedern – auch bei Ihnen.

«Auch für KMU.» Als sich Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Vermieter zu Hausbesitzervereinen zusammenschlossen, konnten sie wohl nicht ahnen, wie gross der Stein sein würde, den sie damit ins Rollen brachten. Die beharrliche Aufbauarbeit früherer Generationen hat sich gelohnt. Aus den lokalen Vereinen von Hausbesitzern und Vermietern ist mit der Zeit einer der mitgliederstärksten Verbände des Landes entstanden. Seit mehr als 100 Jahren setzt sich der HEV konsequent und erfolgreich für die Förderung und Erhaltung des Immobilieneigentums ein. Dazu gehören die Eigentumsgarantie, nur so viel Bürokratie wie nötig, wirtschaftlich tragbare Vorschriften sowie auch massvolle Steuern, Gebühren und Abgaben.

WERDEN SIE JETZT MITGLIED! Der Hauseigentümerverband engagiert sich als Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum für seine Mitglieder. «Ihren» HEV bzw. Ihren Regionalverband finden Sie ganz in der Nähe.

SIE MÖCHTEN MEHR ERFAHREN? Auf www.hev-schweiz.ch/mitgliedschaft erfahren Sie alles Wissenswerte über uns. Ihre persönliche Anfrage nehmen wir gerne via info@hev-schweiz.ch entgegen. Oder Sie rufen uns ganz einfach an: 044 254 90 20. Damit Ihr Wohneigentum noch mehr Freude macht – HEV, die Nr. 1 für Wohneigentum!

IHRE VORTEILE BEIM HEV wT elefonische Rechtsauskunft in Sachen Wohn- und Grundeigentum w Fachzeitung «Der Schweizerische Hauseigentümer» (2 x monatlich) www.der-hauseigentümer.ch w Vergünstigte Mitgliederpreise auf Bücher, Ratgeber und Formulare w HEV-Mitglieder-Vergünstigungen www.hev-shop.ch w Prämienrabatte mit bis zu: 10 Prozent auf Zurich Versicherungen, 25 Prozent bei Swica Krankenkasse, 5 Prozent Erdbebenversicherung, uvm. w HEV-Hypotheken zu Vorteilskonditionen w Vergünstigungen auf hilfreiche Praxiskurse rund ums Wohneigentum w Attraktive HEV-Reisen w Spannende Freizeitangebote und vieles mehr!

Markus Meier ist Direktor beim HEV Schweiz. www.hev-schweiz.ch

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FINANCE / FINTECH / INVESTMENTS

DIE ZUKUNFT HAT BEGONNEN Automatisches Spesenmanagement

Die strategische Partnerschaft zwischen Abacus Research und dem Fintech-Unternehmen Yapeal revolutioniert das Spesenmanagement. Das erste gemeinsame Resultat lässt sich bereits aktiv nutzen. Autor: Peter Révai

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In der Yapeal-App erscheint nach der Zahlung der

Mit AbaClik wird der Spesenbeleg gescannt. Die App extrahiert die

Konsumation sofort die entsprechende Buchung.

relevanten Informationen und erstellt die Buchung.

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FINANCE / FINTECH / INVESTMENTS

A

us der Zusammenarbeit von Abacus Research und Yapeal resultiert die vollständige Automatisation der Spesenerfassung und -verarbeitung. Das vereinfacht das Spesenmanagement von Firmen radikal. Dieses umfasst die Erfassung von Belegen, die Rückzahlung der Auslagen an die Firmenmitarbeitenden und deren Verbuchung. Werden Spesenbelege über Yapeal bezahlt und diese mit der SmartphoneApp AbaClik 3 eingelesen, erübrigen sich weitere Tätigkeiten durch die Benutzer, da alles Weitere automatisch erledigt wird. Dazu zählen auch die Rückzahlungen der Auslagen. Während diese bisher den Firmenmitarbeitenden zu einem späteren Zeitpunkt überwiesen wurden – in der Regel zusammen mit der nächsten Lohnabrechnung –, lassen sie sich nun dank Yapeal und Abacus instant und ohne Zeitverlust auslösen und gutschreiben. Voraussetzung dafür sind einerseits ein kostenloses Yapeal-Konto und andererseits die Smartphone-App AbaClik 3. Das Konto muss vom Nutzer über sein Smartphone eröffnet werden. Das Onboarding beansprucht nur wenige Minuten.

ES HARMONIERT In der Banking-App von Yapeal lässt sich eine Zahlung als Spesenbetrag deklarieren. Danach startet die Smartphone-App AbaClik 3 automatisch, um einen Beleg zu scannen. Dessen relevante Informationen wie Spesenart, Datum, Betrag und Vorsteuer werden mithilfe künstlicher Intelligenz erfasst und digitalisiert, sodass kein manueller Eingriff mehr nötig ist. Die Daten werden zusammen mit dem fotografierten, signierten Originalbeleg und der Kontonummer des Mitarbeitenden für die Rückzahlung der Auslagen und Buchung in die Abacus-Business-Software des Arbeitgebers weitergeleitet und abgelegt. Nach der optionalen Freigabe der Spesen durch einen Vorgesetzten werden die Beträge in der Abacus-Business-Software automatisch verbucht und innert kürzester Zeit mit einem Klick auf das YapealKonto der Mitarbeitenden überwiesen. Dabei spielt es keine Rolle, bei welcher Bank ein Unternehmen die Firmenkonten führt.

VOLL INTEGRIERT Ausgangspunkt für die Revolution des Spesenprozesses war eine jahrelange Entwicklungsarbeit von Abacus. Mussten vorher Papierbelege händisch verarbeitet und im Archiv abgelegt werden, wird nun mit der Abacus-Business-Software alles vollautomatisch abgewickelt. Die Vorteile dieser neuartigen Lösung liegen auf der Hand: Die Software befreit vom Suchen nach fehlenden Belegen, hilft beim Entschlüsseln schlecht lesbarer Quittungen und macht die manuelle Einreichung und Erfassung von Spesenbelegen am Ende des Monats überflüssig. Zudem werden Falscherfassungen von Daten wie Belegbetrag und Mehrwertsteuer vermieden. Des Weiteren entfällt auch das bisher aufwendige Verwalten der Informationen der geschäftlichen Firmenkreditkarten durch die HR- oder Finanzabteilung.

MITARBEITENDE UND BUCHHALTUNG PROFITIEREN Die Auslagen für Spesen werden in Echtzeit auf das Yapeal-Konto der Mitarbeitenden gutgeschrieben. Somit müssen sie sich für eine Rückzahlung nicht mehr bis zum nächsten Lohnlauf gedulden. Bei Belegen in Fremdwährung wird derjenige Betrag überwiesen, der zum Zeitpunkt der Belegerfassung angerechnet wurde. Sämtliche Buchungen lassen sich zur gleichen Zeit wie die entsprechenden Transaktionen automatisch buchhalterisch erfassen und abschliessen. Das bringt last, but not least eine spürbare Entlastung auch für die Mitarbeitenden in der Buchhaltungsabteilung. PRESTIGE BUSINESS

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FINANCE / FINTECH / INVESTMENTS

NACHGEFRAGT Manuel Wiesner, Co-Geschäftsführer der Familie Wiesner Gastronomie, zur automatischen Spesenverarbeitung mit AbaClik und Yapeal. Wer als Gast eines der 35 Restaurants der Familie Wiesner Gastronomie (FWG) betritt, der taucht optisch und kulinarisch ein in die Welt einer umfassenden Erlebnisgastronomie. Diese gründet auf Konzepten, die kulinarisch zu zwei Dritteln auf asiatischer Fusionsküche basieren und atmosphärisch durch entsprechend durchgestylte Interieurs verstärkt werden. Beispiel dafür ist das Restaurant Miss Miu, das sich im hippen Quartier Europaallee neben dem Hauptbahnhof Zürich und den Google-Büros befindet und die Atmosphäre einer koreanischen Underground-Burlesque-Bar vermittelt. Die Betriebe der Gastrokette befinden sich in den Deutschschweizer Städten Basel, Bern, Luzern, Uster, Winterthur, Zug und Zürich und beschäftigen über 880 Mitarbeitende. Seit 15 Jahren nutzt das Unternehmen die Finanz- und Lohnsoftware von Abacus. Operativ geführt wird der Familienbetrieb seit zwei Jahren von den beiden Brüdern Daniel und Manuel Wiesner. Letzterer verantwortet das Backoffice, HR und Finanzen und erklärt unsm Gespräch, weshalb FWG die Abacus-Smartphone-App AbaClik 3 für das Spesenmanagement benutzt und wie das Unternehmen und die Mitarbeitenden daraus ihre Vorteile ziehen.

PRESTIGE BUSINESS: Weshalb haben Sie AbaClik auf die aktuellste Version aufgerüstet? Manuel Wiesner: Wir beurteilen die Integration der Lösungen des Fintech-Unternehmens Yapeal in AbaClik 3 als zukunftsträchtig und versprechen uns davon eine markante Vereinfachung des Spesenprozesses. Könnten Sie das näher erläutern? Davon profitieren einerseits alle unsere Betriebsverantwortlichen, andererseits auch die FWG. Indem die Angestellten ihre Spesenauslagen mit einer Debit-Karte von Yapeal begleichen, erfolgt die Rückerstattung nach dem Visum durch die Buchhaltung innert Tagesfrist. Zuvor mussten sie sich für die Überweisung auf ihr Konto in der Regel bis zum nächsten Monat gedulden, da der Prozess händisch bewältigt werden musste. Ausserdem gehen keine Spesen mehr vergessen. Welche Vorteile ergeben sich für Ihr Unternehmen? Dank der Prozessautomatisation lassen sich rund 95 Prozent der Spesenbelege «durchwinken». Jetzt lassen sich die FibuKontierungen meistens als Vorschläge telquel übernehmen. Was vorher zwei Stunden beanspruchte, ist nun in fünf Minuten erledigt. Ausserdem liegt die Fehlerquote bei AbaClik praktisch bei null, weil die Mehrwertsteuer immer korrekt verbucht wird. Um welche Belegmengen handelt es sich? Wir verarbeiten jährlich rund 8 500 Spesenbelege. Mit AbaClik werden diese Fibu-Buchungen automatisch erzeugt und verarbeitet, wobei jede den digitalen Originalbeleg im Anhang enthält und dieser leicht wiederauffindbar ist. Wie haben Ihre Mitarbeitenden die neue Version von AbaClik aufgenommen? Sehr gut. Da sie bereits seit über zwei Jahren mit der Vorgängerversion für die Spesenerfassung gearbeitet haben, war es technisch nur ein kleiner Schritt. Sie schätzen es sehr. Bei der Rekrutierung neuer, meistens junger Mitarbeitenden ist dies etwas, das immer gut ankommt. Damit unterstreichen wir, dass wir von A bis Z auf angesagte Lösungen setzen. Schliesslich ist es bei einer hohen Branchenfluktuation entscheidend, dass wir als innovativ und somit attraktiv wahrgenommen werden.

ANMERKUNG Quelle der Erstveröffentlichung: Pages – das Kundenmagazin der Abacus Research AG.

Manuel Wiesner, Co-Geschäftsführer Familie Wiesner Gastronomie.

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Peter Révai arbeitet im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit für die Abacus Research AG.


FINANCE / FINTECH / INVESTMENTS

IHRE UNTERSTÜTZUNG BEI DER EXPANSION Global vernetzt, lokal verankert: Wir helfen Ihnen, in Ihrem Wunsch-Absatzmarkt die richtigen Leute zu treffen, damit Sie Ihr globales Projekt erfolgreich umsetzen können. Buchen Sie eine unverbindliche Erstberatung und erfahren Sie, wie Sie Ihr Exportvorhaben erfolgreich in die Tat umsetzen können: s-ge.com/beratung PRESTIGE BUSINESS

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KOLUMNE

DER LEBENSZYKLUS VON SOFTWARE IST NICHT NATURGEGEBEN Autorin: Nadine Riederer

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nforderungsanalyse, Spezifikation, Design, Entwicklung, Test, Auslieferung, Wartung und Support – und schliesslich Ablösung durch einen Nachfolger: So sieht der Lebenszyklus einer Software im Lehrbuch aus. Aber ist dieses Ende wirklich unausweichlich? Bei Software von Drittanbietern haben Unternehmen meist keine andere Wahl, als irgendwann auf die nächste Generation zu migrieren, wenn der Entwickler den Support für die Vorgänger einstellt. Bei Eigenentwicklungen können Unternehmen diesen Zyklus aber durchaus aufbrechen. Und das lohnt sich, denn Ablöseprojekte sind meist teuer und riskant: Eine völlig neue Software erfordert umfangreiche Schulungen der Mitarbeiter*innen und stösst oft auf mangelnde Akzeptanz, bei Neuentwicklungen droht immer die Gefahr, dass Fehler gemacht werden und sie deshalb qualitative Mängel aufweisen, und an der komplexen Migration der Daten ist schon so manches Ablösungsprojekt komplett gescheitert. Wie können Unternehmen dies verhindern? Indem sie dranbleiben. Üblicherweise folgt nämlich auch die Aufmerksamkeit für eine Software einem festen Zyklus. In ihren ersten Lebensphasen interessieren sich noch viele Personen der IT-Abteilung für sie und das Geld für die Budgets sitzt im Unternehmen noch vergleichsweise locker. Ist die 72

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KOLUMNE

Software dann eingeführt und erfüllt ihren Zweck, ändert sich das nach und nach. Die Budgets für Wartung und Instandhaltung sinken, erforderliche Modernisierungen werden nicht mehr durchgeführt und es entstehen technische Schulden wie eine unüberschaubare Architektur. Diese Schulden fallen nicht sofort auf. Werden aber aufgrund neuer Anforderungen oder Gesetze wichtige Änderungen nötig, tun sie dies dafür umso mehr. Im schlechtesten Fall ist der kritische Punkt dann bereits überschritten: Die technischen Schulden sind so hoch, dass eine Modernisierung nicht mehr möglich ist und Unternehmen die Software tatsächlich ausmustern müssen. Um diesen kritischen Punkt erst gar nicht zu erreichen, sollten Unternehmen ihre Software kontinuierlich pflegen – etwa durch ein regelmässiges Refactoring. Dabei wird der Quellcode der Software immer wieder «aufgeräumt», wodurch sie dauerhaft in einem Zustand bleibt, in dem sie unkompliziert und schnell um neue Funktionen erweitert werden kann. Diese Pflege gibt es logischerweise auch nicht umsonst. Aber kostengünstiger als eine komplette Neuentwicklung ist sie allemal, von den vermiedenen Risiken ganz zu schweigen. Zugegeben: Es gibt Fälle, in denen eine Neuentwicklung alternativlos ist  –  wenn beispielsweise ein technologischer Fortschritt nicht mehr umgesetzt werden kann. In

den meisten Fällen können Unternehmen aber den ständigen Kreislauf aus Neuentwicklung, Ausmusterung, Neuentwicklung erfolgreich durchbrechen – und dem Lehrbuch ein Schnippchen schlagen.

Nadine Riederer ist CEO bei Avision, einem auf Software Revival spezialisierten IT-Dienstleister in Oberhaching bei München www.avision-it.de

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DIGITAL INNOVATIONS

CLOUD-ARCHITEKTUR FÜR UNTERNEHMEN Mehr Wertschöpfung mit Managed Cloud Services

Die Digitalisierung verändert die Anforderungen an zahlreiche Märkte kontinuierlich. Unternehmen benötigen daher eine IT-Architektur, mit der sie schnell auf Veränderungen reagieren können. Autor: Hauke Juhls

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it agilen IT-Strategien und modernen Enterprise-Architekturen lassen sich Geschäftsziele und die Infrastruktur eines Unternehmens optimal verbinden. Besonders geeignet zur Unterstützung einer solchen Transformation sind cloudbasierte Applikationen. Denn bei Cloud Services handelt es sich nicht nur um Erweiterungen der Infrastruktur – sie bieten mit ihrer Flexibilität auch neue Möglichkeiten für einen agilen Wandel in internen Unternehmensprozessen. Dadurch lässt sich unter anderem eine kürzere Time-to-Market für die Produktentwicklung realisieren. Ausserdem sind schnellere 74

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Innovationszyklen oder die einfache Implementierung neuer Technologien möglich – bei minimalem Risiko.

FOKUS AUF WERTSCHÖPFENDE ARBEIT Eine zentrale Rolle spielen vor diesem Hintergrund Managed Cloud Services. Im Gegensatz zu virtuellen Servern, die durch den Nutzer direkt verwaltet werden, lassen sich hier bestimmte Tasks an den Cloud-Anbieter auslagern – beispielsweise die Bereitstellung einer Datenbank. Auch Sicherheits-Patches für komplett verwaltete Datenbanken übernimmt dann der Provider. Das schafft beim eigenen Personal Freiräume für wertschöpfende Tätigkeiten.


DIGITAL INNOVATIONS

Dieses Vorgehen hat sich in der Praxis bewährt. Millionen von Kunden konnten mithilfe von AWS-Diensten ihren Software-Entwicklungszyklus bereits stark verkürzen, Kosten einsparen oder Sicherheitsprozesse optimieren. So gelang es etwa Novartis, ein Krebsforschungsprojekt, das mit eigener Infrastruktur 39 Jahre gedauert und 40 Millionen US-Dollar gekostet hätte, innerhalb von neun Stunden zu einem Preis von 4 232 USDollar durchzuführen.

RISIKOFREIE TECHNOLOGIEAUSWAHL Auch bei der Einführung neuer Technologien unterstützt die Cloud. Bislang bedeutete dies für Unternehmen häufig eine langfristige und erhebliche Investition. Neben Sizing-Abschätzungen, volumenbasierten Vertragsverhandlungen und aufwendigen Installationen fallen oft Kosten für die Schulung des Personals sowie die Ausarbeitung der entsprechenden Betriebsprozesse an. Daher planen viele IT-Abteilungen aus Kostengründen mit einer möglichst geringen Varianz des IT-Portfolios. Oftmals binden sich Kunden aber mit langfristigen Verträgen oder Hardware-Investitionen an die ausgewählte Technologie und ihren Hersteller. Cloud Services hingegen werden durch den Provider eigenständig betrieben und zur Verfügung gestellt – bedarfsgerecht und bei der Abrechnung oftmals sekundengenau. Damit bleibt das Unternehmen flexibel und vermeidet teure Fehlentscheidungen, die sich nur schwer rückgängig machen lassen. Stattdessen kann es neue Technologien bei geringem Risiko austesten und evaluieren.

TRANSPARENTES DATENMANAGEMENT Mit einer Datenverwaltung in der Cloud können Unternehmen alle Informationen übersichtlich managen, analysieren und visualisieren. Dadurch erhalten sie wichtige Einblicke

in eigene Prozessparameter, die sich als solide Grundlage für die Evaluierung anbieten. Beispielsweise können strukturierte und semistrukturierte Daten in einem Storage Service wie Amazon S3 gespeichert und je nach Anwendungsfall weiterverwendet werden. Mit einem Data Warehouse in Amazon Redshift und speziellen Ad-hoc-Abfragen in Amazon Athena lassen sich diese Informationen in der Folge verarbeiten und analysieren. Eine Visualisierung der Ergebnisse ist über spezielle Business Intelligence Services wie Amazon Quicksight möglich. Dieses Vorgehen liefert Unternehmen nicht nur einen transparenten Überblick über alle wichtigen Daten. Sie können auch geeignete Technologien je nach Anwendungsfall individuell auswählen und alle Services ohne vorherige Investitionen direkt nutzen. Die verwendeten Tools lassen sich je nach Performance unkompliziert weiterverwenden oder abschalten. Dadurch ist das Risiko einer Fehlentscheidung für Unternehmen wesentlich geringer. Zudem gelingt der Auswahlprozess für neue Technologien schneller, da unmittelbar ein praxisnahes Ergebnis vorliegt.

NEUE MÖGLICHKEITEN DURCH DIE IT-ARCHITEKTUR DES UNTERNEHMENS Vor diesem Hintergrund ergibt sich für die Infrastruktur von Unternehmen ein Paradigmenwechsel: Die Auswahl neuer Technologien und Tools muss nicht mehr nur auf einer Prognose beruhen. Bei einer modernen Enterprise-Architektur können die Produktund Projektteams selbstständig und agil die geeigneten Services direkt über die Cloud auswählen und nutzen. Das vereinfacht viele Prozesse und ermöglicht einen klareren Fokus auf die eigentlichen Geschäftsziele. Da der mühsame, kostspielige und risikoreiche Aufbau einer IT-Infrastruktur entfällt, können sich die EnterpriseArchitekten um wertschöpfendere Tätigkeiten kümmern – beispielsweise um die Implementierung effizienter APIs.

Hauke Juhls ist Manager Solutions Architecture bei AWS.

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MEHR ALS SCHALL UND RAUCH Markenführung in kleineren und mittleren Unternehmen

Auf den ersten Blick ist das Thema Markenführung, neudeutsch Branding, nur etwas für Big Player, sprich Grosskonzerne. Die Autoren argumentieren dagegen und liefern im folgenden Beitrag die konzeptionelle Grundlage und eine Anleitung für Unternehmensverantwortliche zur Betreibung einer wirksamen Markenführung. Der Beitrag ist der Erste von zwei Teilen. Autoren: Tobias Ammann und Andrea L. Sablone

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MARKETING

W

elche Bedeutung hat eine Marke für den wirtschaftlichen Erfolg einer Unternehmung? Jedes Jahr werden eifrig konsultierte Ranglisten herausgegeben, in denen die wertvollsten Marken der Welt erfasst werden. Die Namen, die dort auftauchen, sind jenseits von sprachlichen und kulturellen Grenzen geläufig und deren Symbole, Schriftzüge und Slogans haben sich längst in unsere Gedächtnisse eingebrannt. Weil die Unternehmungen, die von diesen Marken repräsentiert werden, weltweit tätige Konzerne sind, kann schnell der Eindruck entstehen, dass der Aufbau und die Pflege einer Marke solchen Grosskonzernen vorbehalten seien. Die Meinung liesse sich weiter bestärken, wenn man die Höhe des Werbebudgets von Grossunternehmungen im Schweizer Markt erfährt. Gemäss offiziellen Angaben haben zum Beispiel Coop und Migros 2021 zusammen rund 626 Millionen Franken für ihre Kommunikation ausgegeben (Statista 2022). Unser Ziel mit diesem und einem Folgeartikel ist es, diesen Eindruck zu entkräften und aufzuzeigen, dass das Thema Marke auch für KMU relevant ist und wie diese den Aufbau, die Pflege und die Stärkung ihres Brands angehen können.

DIE ERSTEN SCHRITTE DER MARKENFÜHRUNG Die Markenführung umfasst den Aufbau und die Pflege der Marke über die Zeit. Ist eine Marke einmal etabliert, liegt der Fokus somit auf der Pflege und Weiterentwicklung. Dabei wird das Ziel verfolgt, ein relevantes Angebot und Markenversprechen konsistent am Markt einzulösen. In diesem Artikel widmen wir uns dem ersten Teil dieser Zieldefinition, nämlich wie der Aufbau und die Entwicklung eines relevanten Markenversprechens vonstattengehen sollen. Im Folgeartikel werden wir uns mit der Einlösung und Implementierung des Versprechens über das gesamte Kundenerlebnis hinweg befassen. Lange bevor man sich der Gestaltung des Corporate Designs oder des Logos widmet, müssen die Inhalte der Markenidentität definiert werden, da diese wegweisend für die Ausgestaltung des gesamten Kundenerlebnisses sind. Zu Beginn startet also die Geschäftsleitung eine analytische Reflexion über das «Markenversprechen». Dieses gründet auf dem Angebot der Unternehmung – ihrem Produkt, ihrer Dienstleistung – und beschreibt

Die Grundlagen für die Markenführung

die Essenz des verschiedenen Nutzens, die der Kunde vom Angebot erwarten kann. Marken sprechen meistens ein Bündel funktionaler und emotionaler Bedürfnisse an, wobei vor allem der emotionale Nutzen die Kunden langfristig an ein Unternehmen bindet. Beispielsweise ist das St. Galler Luxuslabel Akris nicht erfolgreich, weil seine Kleider warm geben, sondern weil die Haute-Couture-Stücke die Individualität und damit die Emotionen der Kunden ansprechen. Analog hierzu positioniert sich der B2B-Dienstleister SAP nicht etwa mit seinem sauberen Quellencode oder der Stabilität seiner Cloud, sondern er fokussiert auf die «Verbesserung von Unternehmen, der Wirtschaft und des Lebens der Menschen». Will sich also ein KMU mit der Markenführung befassen, so beginnt es bei seinem Angebot und analysiert sowohl aus der Innenperspektive als auch aus den Perspektiven von Kunden und Konkurrenten, welches Kundenversprechen es formulieren kann und will. Dieses soll für die bestehende und potenzielle Kundschaft relevant, glaubwürdig und im besten Fall einzigartig und langfristig mit der Unternehmensstrategie vereinbar sein. Die Erkenntnisse aus diesem Reflexionsprozess können zu Anpassungen im Angebot führen, um deren Relevanz und Glaubwürdigkeit zu erhöhen und womöglich Einzigartigkeit anzustreben. Ein Indiz für die Relevanz des Kundenversprechens ist sicherlich die Zahlungsbereitschaft der Kunden. Das Ziel muss jedoch sein, dass diese – weit über die Zahlungsbereitschaft hinaus – nicht mehr auf die Leistung oder ein Angebot der Unternehmung verzichten wollen. PRESTIGE BUSINESS

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Perspektiven der Markenentwicklung

Um diese Reflexion festzuhalten und die Marke als strategisches Führungswerkzeug zu benutzen, soll sich die Geschäftsleitung mit der «Markenidentität» befassen und sich dabei mit folgenden Perspektiven auseinandersetzen:

lung oder die zuständige Person für die Steuerung des Produktportfolios oder der Markenarchitektur konsultiert werden.

w Unternehmensentwicklung: Wie sollen sich die Unternehmung und das gesamte Markenportfolio langfristig entwickeln und welchen Einfluss hat dies auf die Markenpositionierung der spezifischen Marke und dessen Angebot?

Relevant bleiben bei einer Zielgruppe ist eine grosse Herausforderung. Wie müssen sich die bestehenden Angebote entwickeln, damit sie den sich verändernden Bedürfnissen der Zielgruppe auch in Zukunft entsprechen?

Vorgehenshinweise: Zur Erarbeitung dieser Perspektive sollte sich die verantwortliche Person mit den Inhabern oder der Geschäftsleitung auf der höchsten Unternehmensstufe oder der Unternehmensgruppe abstimmen. In grösseren Unternehmen kann allenfalls auch die Unternehmensentwick-

w Kundenbedürfnisse: Wie können wir langfristig relevant bleiben?

Vorgehenshinweise: Wesentliche Inputs können mit explorativen Kundenworkshops oder einer standardisierten Kundenbefragung gewonnen werden. Einsichtsreiche Hinweise auf die Bedürfnisse am Markt und deren Entwicklung können zudem die Mitarbeiter im Verkauf oder des Kundendienstes liefern.

w Unternehmensstärken und -schwächen: Welches Versprechen können wir glaubwürdig einlösen? Glaubwürdigkeit hat mit der Qualität des Produktes und mit den Erwartungen zu tun, welche die Kundschaft mit der Marke in Verbindung bringt. Je nachdem, wie die Unternehmung aufgestellt ist – über welche Ressourcen und Fähigkeiten sie verfügt, wie konstant die Leistung ist, die sie mit ihrem Angebot erbringt – wird der Kunde der Unternehmung anderes zutrauen. Vorgehenshinweise: Auch hier können die klassischen Forschungsmethoden wie Kundenbefragungen und Marktanalysen 78

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Gesund leben mit Detox Teas, Smoothies, Nahrungsergänzungsmitteln, Gesichts-, Körper- und Haarpflegeprodukten.

VEGAN, NATÜRLICH UND NACHHALTIG VON NATURE4BODY nature4body.ch

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eingesetzt werden. Diese können durch interne SWOT-Analysen mit Vertretern der verschiedenen Bereiche wie etwa der Produktion, des Marketings oder des Verkaufs ergänzt werden. Zu vermeiden sind rein subjektive Einschätzungen, die weder die Sicht der Kunden berücksichtigen noch einen substanziellen Vergleich mit der Konkurrenz umfassen. w Mitbewerber: Worin unterscheiden wir uns von der Konkurrenz? Gibt es etwas, das uns einzigartig macht?

Komponenten der Markenidentität und des Markenversprechens

In einer Marktwirtschaft kommt es äusserst selten vor, dass eine Unternehmung die einzige Anbieterin ist. Der Kunde wird demzufolge Vor- und Nachteile unterschiedlicher Produkte abwägen, bevor er eine Kaufentscheidung trifft. Eine Unternehmung charakterisiert sich nicht nur durch das, was sie anbietet, sondern auch durch bewusste Verzichte, welche ihr Profil schärfen und ihr Angebot auszeichnen. Vorgehenshinweise: Zur Erarbeitung der Grundlagen dieser Perspektive sollte eine Konkurrenzanalyse durchgeführt werden, welche die Angebote und Versprechen der Mitbewerber enthält. Idealerweise lassen sich die Konkurrenten in einer Positionierungsmatrix entsprechend ihren Produkten respektive Dienstleistungen zuordnen.

MARKENIDENTITÄT SCHÄRFEN Um der bisher beschriebenen Arbeit Konkretisierung zu verleihen, empfiehlt es sich, die Antworten auf die obigen Fragen in einer durchdachten und übersichtlichen Markenidentität zusammenzufassen. Sie dient einerseits der Geschäftsleitung als Kompass für die Geschäftsentwicklung. Andererseits zeigt sie allen internen und externen Stakeholdern der Marke (zum Beispiel Agenturen, Marketing, Sales) den inhaltlichen Rahmen auf. Die Markenidentität ist ein Kompass, da die Geschäftsleitung durch die Qualifizierung der Marke gleichzeitig die Markenkompetenz – den Handlungsspielraum der Marke – festlegt. So kann die Markenkompetenz im Sinne der Unternehmensstrategie bewusst schmal oder breit definiert werden und sich je nach Unternehmensausrichtung auch entwickeln. Beispielsweise wurden die beiden Marken Nivea und Zweifel sehr nahe am Nutzen ihrer ursprünglichen Produkte «Handcreme» und «Paprikachips» aufgebaut. Die ursprüngliche Markenkompetenz war also sehr eng. Die Unternehmen hinter den Marken waren jedoch bestrebt, ihre Kompetenz auszuweiten, damit der aufgebaute Markenwert auch für andere Produkte genutzt werden konnte. Nivea soll heute mit ihrer breiten Produktpalette für die gesamte Körperpflege stehen, während die Marke Zweifel mit verschiedenen Innovationen gerne die SnackKompetenz für sich beanspruchen will. Als Kontrast dazu hat sich Apple mit «challenging the status quo» von Beginn an viel stärker an Wertvorstellungen als an Produkten orientiert und konnte damit eine breite Markenkompetenz entwickeln, welche mehrere, sehr unterschiedliche Produkte unter einer Marke zu umfassen vermag.

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Diese Nutzen werden mit verschiedenen Beweispunkten wie etwa «natürliche Ingredienzen» oder «Schweizer Qualität seit 1952» belegt. Mehr Tiefe gewinnt die Marke, wenn die Geschäftsleitung darüber hinaus den Sinn der Marke ausformuliert, das heisst die Beweggründe, die Antriebskräfte hinter den konkreten Handlungen der Unternehmung. Eine vollausgebaute Markenidentität umfasst dann auch die Unternehmenswerte, welche in den Entscheidungen der Unternehmung und in den Handlungen ihrer Mitarbeitenden Ausdruck finden. Wenn diese Komponenten einmal systematisch erarbeitet worden und in einer schlüssigen Markenidentität zusammengefasst sind, kann man sich an die Implementierung der Marke machen. Je konziser diese Markenidentität formuliert wird, desto mehr Klarheit schafft sie für die Stakeholder und desto konsistenter kann sie auch umgesetzt werden.

Es ist wichtig, dass diese strategischen Überlegungen beim Markenaufbau bedacht werden, damit die Unternehmensziele mit der Marke vereinbar sind.

Im zweiten Artikel dieser Serie schildern wir, wie die Markenidentität systematisch im gesamten Kundenerlebnis zum Leben erweckt wird, und beantworten die Frage, weshalb sich die Markenarbeit auch mit kleinem Budget lohnt.

Der unverzichtbare Kern der Markenidentität bildet das Versprechen an die Kunden. Die Marke wird umso erfolgreicher sein, je relevanter dieses Versprechen ist, je glaubwürdiger das Unternehmen das Versprechen einlösen kann und je einzigartiger sich das Unternehmen damit von der Konkurrenz abhebt. Das Markenversprechen fasst dabei die funktionalen und emotionalen Nutzenversprechen in einem Claim zusammen. Die Elemente des Markenversprechens können am Beispiel von Rivella, einer der bekanntesten Schweizer Marken, illustrativ aufgezeigt werden. Auf ihrer Website sagt Rivella über sich: «Rivella ist das beliebteste Schweizer Erfrischungsgetränk und gehört seit 1952 einfach zu unserem Land. Mit seinem einzigartigen Geschmack steht Rivella für erfrischende Momente und das unverwechselbare Lebensgefühl der aktiven Schweiz.» Zudem findet man auf der Startseite in grossen Lettern den Slogan «Wo immer dein Durst daheim ist».

ANMERKUNG 1.) Statista, Ranking der Werbetreibenden mit den grössten Werbeausgaben in der Schweiz im Jahr 2021: de.statista.com/statistik/daten/studie/422017/umfrage/werbetreibende-mit-den-groesstenwerbeausgaben-in-der-schweiz

Tobias Ammann, M. A. HSG, ist ein Serial Entrepreneur sowie

Die Elemente des Markenversprechens könnten somit wie folgt zusammengefasst werden: w Versprechen oder Claim: Wo immer dein Durst daheim ist w Konkrete Nutzen: Einzigartiger Geschmack, Durstlöscher für Aktive, Schweizer Lebensgefühl

Gründer und Geschäftsleiter der Brandoos AG, einer Unternehmensberatung mit Fokus auf Strategieentwicklung und Positionierung. Andrea L. Sablone, Dr. oec. HSG, ist Professor für Strategie und Innovationsmanagement in KMU an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) und leitet das Forschungsfeld «Innovation & Strategy» am Institut für Management & Innovation (IMI) der FFHS.

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PRINT WIRKT! Die Nachhaltigkeit von klassischer Printwerbung

«persönlich» ist das Schweizer Wirtschaftsmagazin für Kommunikation und Werbung. Seit bald 60 Jahren berichtet das Magazin über die Schweizer Medien- und Werbebranche. Vor 20 Jahren hat Matthias Ackeret die Position des Chefredaktors bei «Persönlich» übernommen und kennt die bunte Landschaft der helvetischen Werber und Schreiber besser als kaum jemand anderes. Seit 2014 ist Ackeret auch Verlagseigentümer. Ein Interview über Qualitätsjournalismus, vermeintliche Unabhängigkeit und warum, es einfach ist über Joe Biden zu schreiben. Autorin: Isabelle Riederer

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RESTIGE BUSINESS: Herr Ackeret, «persönlich» ist das wichtigste Fachmedium für die Medien-, Werbe- und Marketingbranche in der Schweiz. Was waren die wichtigsten Meilensteine? Matthias Ackeret: Die Gründung von «persönlich» vor 58 Jahren durch den Zürcher Headhunter Walter P. Wyss war sicher der wichtigste Meilenstein. Der Name entsprang aus der Idee, dass man den Inserenten und Abonnenten persönlich einen gedruckten Brief mit Infos, aber auch Klatsch und Tratsch aus der Werbebranche überreichte. Eine Art haptischer Newsletter. Und weil es nun mal persönlich war, konnte der damalige Herausgeber Abonnenten auch ablehnen. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen, doch zu dieser Zeit war das noch möglich. Über die Jahre hinweg hat sich die einstige Postille immer mehr zu einem Magazin entwickelt und stand besonders in den Siebziger- und Achtzigerjahren in direkter Konkurrenz zur sehr starken Werbewoche. 1996 kam Oliver Prange zu «persönlich», ein wichtiger Meilenstein für das Magazin. Zusammen mit dem langjährigen Eigentümer, dem Rapperswiler Verleger Bruno Hug, machten sie das Magazin internationaler und auch inhaltlich und grafisch ansprechender. Ein sehr wichtiger Moment in der Geschichte von «persönlich» ist die Lancierung der Online-Plattform «persoenlich.com» im Jahr 2000. Die Webseite war eine, der ersten Internetdienstleister in dieser Art in der Branche. Für das Magazin war dies ein Quantensprung. Wir konnten plötzlich jeden Tag über Neuigkeiten aus der Branche berichten. Als die Herausgeber feststellten, dass die Branche sich wandelt, entschied man sich zwei Magazine herauszubringen. Die blaue Ausgabe von «persönlich» richtete sich an die Auftraggeber, die rote Ausgabe zielte auf die Werbe- und Medienbranche. Ich übernahm 2002 die Position des Chefredaktors «persönlich»-rot. 2008 wurden die beiden Magazine zusammengelegt, kurz danach wurde der Verlag an die Publigroupe verkauft. Oliver Prange macht seither die Kulturzeitschrift «Du». 2014 konnte ich den Verlag – mit Hilfe von Manfred Klemann, einem meiner der ältesten Freunde – erwerben, kurz danach zogen wir von Rapperswil nach Zürich, wo wir heute noch sind. Das machte auch Sinn, weil sich in Zürich alle wichtigen Verlagshäuser, aber auch Werbe- und Mediaagenturen befinden.

ein Nischenmedium und wir bewegen uns in einem klaren Umfeld, in welchem man den gleichen Akteuren immer wieder begegnet. Es ist einfach über Joe Biden, Donald Trump oder auch den Bundesrat zu schreiben, da sie mit allergrösster Wahrscheinlichkeit nicht auf einen Artikel von uns reagieren. Aber wir bewegen uns in einem überschaubaren Markt, in dem sich alle kennen und wir können und wollen es uns langfristig nicht leisten, mit einem Akteur in Dauerfehde zu sein. Deshalb hat für uns nicht nur die Fairness, sondern auch die Sorgfaltspflicht, einen sehr hohen Stellenwert. Mit «persoenlich.com» erreichen wir jeden Morgen einen Grossteil unserer Branche, die rund 30'000 Menschen umfasst. Wichtig ist natürlich auch die Unabhängigkeit, die zwar dadurch, dass der Verlag Manfred Klemann und mir als Hauptaktionär gehört, in gewisser Hinsicht gewährleistet ist, jedoch gibt es kein Leben in einem völlig luftleeren und auch unabhängigen Raum. Wichtig ist, dass man ein spannendes Medium macht, dass die Leute interessiert. Oft glauben die Menschen, ein Fachmedium müsse langweilig und trocken, ich bin hingegen anderer Ansicht. Ein Fachmedium kann durchaus sexy sein. Diesen Anspruch versuchen wir jeden Tag mit guten Berichten und Interviews zu erfüllen. Für mich ist einfach wichtig, dass wir als Medium hinter unserer Branche stehen, denn schlussendlich sind wir auch ein bisschen der Nachrichtendienst der Schweizer Werbe- und Medienbranche. Wer für ein absolutes Werbeverbot plädiert, wäre wohl langfristig bei «persönlich» am falschen Ort. Als Vegetarier habe ich mich auch nie beim Schweizer Metzgerverband beworben. Sind das auch die Bedingungen für guten Journalismus? Oder was macht guten Journalismus aus? Guter Journalismus ist fair und spannend. Doch was nützt der beste, der moralisch edelste Journalismus, wenn ihn niemand konsumiert? Man redet immer von Qualitätsjournalismus, aber

Sprechen wir über journalistische Grundsätze. Gibt es für Sie welche, die unabdingbar sind? Für mich hat die Fairness oberste Priorität im Journalismus. «persönlich» und persoenlich.com sind PRESTIGE BUSINESS

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das sollte man gar nicht betonen müssen, sondern ist für mich eine Grundvoraussetzung für Journalismus. Guter Journalismus sollte immer Qualitätsjournalismus sein, vor allem sollte er aber seine Leser und seine Zielgruppe erreichen, was heutzutage aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Medienkanälen immer schwieriger wird. Der Konsument von heute hat immer weniger Zeit, um sich mit der Fülle des Angebots auseinanderzusetzen. Deshalb ist es für ein Medium wichtig, dass man seine Zielgruppe klar im Fokus hat und weiss, wie man diese erreicht. Die Bindung von Leserinnen und Leser zum eigenen Produkt ist extrem wichtig. Doch genau diese Bindung aufrecht zu erhalten, wird eine Herausforderung in der Zukunft sein. Schaut man sich in der Medienlandschaft um, hat man das Gefühl klassische Image-Werbung verliert immer mehr an Bedeutung, ist das ein Fehler? Was heisst Fehler? Es ist nun mal eine Tatsache. Die Gründe dafür sind vielfältig. Werbung ist teuer und viele Unternehmen wollen sich gute Image-Werbung einfach nicht mehr leisten. Als Vertreter der Branche sehe ich, dass viele Leute – leider – nicht mehr an den Sinn und die Wirkung von Werbung glauben. Wer aber ein Produkt hypen will, kann auf Werbung nur schwer verzichten, die Ausnahmen bestätigen die Regel. Normalerweise gilt: Nur wer laut in den Wald hineinschreit, wird auch gehört. Ein aktuelles Beispiel ist Swatch, die nach Jahren mit ihrer «MoonSwatch» ein riesiges Comeback feiert. Und wie bewerben sie diese? Mit klassischen Printanzeigen in Zeitungen und Magazinen. Das zeigt klar, dass Swatch nach wir vor an die Kraft von Printanzeigen glauben. Selbst Google, als eines der digitalsten Produkte überhaupt, setzt bei seiner KMU-Werbung auf klassische Printprodukte, die sie den einzelnen Firmen per Post zustellen. Konservativer geht es kaum. Dann ist klassische Printwerbung gar nicht tot? Nein, absolut nicht. Auch Printwerbung wird es immer geben. Natürlich ist die digitale Werbung – vor allem nach der 84

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Pandemie – unheimlich stark, trotzdem wird gute Printwerbung nicht aussterben, Luxusprodukte wie Uhren bewirbt man am besten in den klassischen Medien, da diese für eine gewisse Wertigkeit stehen. Es ist klar: Unternehmen brauchen ImageWerbung. Werbung braucht es immer – egal in welcher Form. Ein Unternehmen, das ein neues Produkt bekannt machen möchte, braucht Werbung. Zudem glaube ich wirklich an die Kraft der Werbung und vor allem auch an die Kraft von Print-

werbung, weil sie einfach lauter und nachhaltiger ist, als digitale Werbung. Apropos digitale Medien, werden diese vielleicht auch einfach überschätzt? Das ist gut möglich, auch weil digitale Werbung relativ günstig ist. Fakt ist, dass mittlerweile rund 2,5 Milliarden Franken jährlich aus dem Schweizer Markt zu Facebook, Google und Co fliessen, ohne dass etwas in den Markt zurückkommt. Das sind gigantische Summen.


MARKETING Was ist aus Ihrer Sicht gute PR und was ist schlechte? Gute PR ist natürlich PR, die man nicht als PR erkennt. Im Gegensatz zu Werbung ist gute PR still, diskret und zielführend. Klassische Werbung ist laut und direkt und auch immer ein wenig Eigenwerbung für die verantwortliche Agentur. Werbung ist oft auch Show, was nicht schlecht sein muss, aber im Vergleich zur PR knallt Werbung rein und fällt auf. PR hat oft ein etwas negatives Image, was eigentlich falsch ist, man muss nur wissen, was gute PR ausmacht. Trotzdem: Die Auftraggeber entscheiden schlussendlich ganz pragmatisch und wählen erfahrungsgemäss jenes Medium oder jene Werbeart, mit welcher sie glauben, ihre Zielgruppe am besten erreichen zu können. Aber hat eine Printanzeige nicht mehr Strahlkraft, wie ein Onlinebanner? Das glaube ich definitiv. Zum Beispiel ein gut platziertes Plakat im Zürcher Hauptbahnhof oder am Flughafen erreicht mehr Leute als irgendein Banner, der irgendwo mal aufgeschaltet wird. Zumindest generiert es mehr Aufmerksamkeit. Man könnte ja auch mal die Leute fragen, wie viele Werbeplakate oder Printanzeigen ihnen in den Sinn kommen und wie viele OnlineBanner? Ich bin mir sicher, dass die Leute sich eher an gute Plakate erinnern. Ich glaube die Kraft von Printanzeigen wird in den kommenden Jahren wieder zunehmen, das sieht man auch daran, dass grosse Unternehmen, wie die Swatch-Gruppe verstärkt auf gedruckte Anzeigen setzen, um ihre Produkte zu bewerben. Als Verleger lebt immer nach dem Prinzip Hoffnung. Wie baut man heutzutage Reputation auf? Geht das noch mit Werbung? Ja, natürlich. Ich erinnere mich zurück, als sich Shell nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko mit einer riesigen Werbekampagne den Versuch unternahm, Shell als grünes Unternehmen darzustellen, Das ist gelungen, kaum jemand denkt bei Shell heute noch an den Ölteppich, den sie hinterlassen haben.

Schaut man sich die heutigen Magazine an, sieht man oft mehr PRArtikel als Werbeanzeigen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Mir persönlich ist die Werbebranche etwas näher, weil Werbung einfach transparenter ist. Bei einer klassischen Werbeanzeige in einem Printmedium oder auch einem Banner, weiss die Leserschaft ganz genau, das ist ein Inserat, das bezahlt ist, mit dem Ziel etwas zu verkaufen. Damit hat die Leserschaft absolute Transparenz. Bei einem PR-Beitrag ist das für manche Leser nicht sofort ersichtlich, insbesondere dann, wenn der PR-Beitrag nicht als solcher klar deklariert ist. Ich möchte hier aber nicht branchenmoralisch rüberkommen. Wir sind nun mal in einer Zeit, in welcher die Tech-Konzerne aus den USA in der Schweiz Milliarden einnehmen, gleichzeitig ist es ein Fakt, dass digitale Werbung und PR immer mehr zunimmt. Trotzdem glaube ich, dass die traditionellen Medien wie Print, Radio und Fernsehen und Plakat überleben werden. Die Frage ist nur, in welcher Form. Gerade das gedruckte Buch, das seit Jahrzehnten totgesagt, verfügt immer noch über eine grosse Beliebtheit. Die Hauptaufgabe eines Verlegers ist es aber, inmitten dieses gewaltigen publizistischen Angebots eine Nische für sein Produkt zu finden. Welche Medien nutzen Sie am liebsten? Ich persönlich nutze viele Medien. Ich habe den Spiegel, die Weltwoche, die Schaffhauser Nachrichten oder Schaffhauser AZ abonniert, versuche jeden Tag die NZZ und den Tages-Anzeiger zu lesen, gleichzeitig konsumiere ich die eingängigen Newsportale und schaue jeden Tag unzählige Male auf persoenlich.com. Mein Lieblingssender ist Radio 1, wo ich zusammen mit Marc Jäggi eine eigene Sendung habe. Die Medien, die ich konsumiere, sind vor allem aus dem deutschsprachigen Raum. Lieber Print oder Online? Das kommt auf das News-Bedürfnis darauf an. Für die schnell Information nutze ich natürlich die Online-Angebote, aber wenn ich mehr Informationen möchte, dann lese ich lieber die Printausgaben.

Warum sind Magazine, die in der Schweiz und für die Schweiz publiziert werden, wertvoller als ausländische Medien, die die Schweiz als Vertriebsplattform nutzen? Ich denke, das ist so. Die Schweizer schätzen nun mal ihre Magazine und Zeitungen und das ist ja auch gut so. PRESTIGE BUSINESS

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AUF DIE INNEREN WERTE KOMMT ES AN Das Interieur als zweites Zuhause

In seiner über 125-jährigen Geschichte entwickelte sich Skoda vom einstigen Fahrradproduzenten zu einer globalen Automarke. In der Schweiz führen die Modelle des Automobilherstellers seit vielen Jahren die Zulassungsstatistiken an. Seit dem 1. Dezember 2020 ist Peter Olah Leiter des Interieur-Designs bei Skoda. Im «the square» am Flughafen Zürich stellte der gebürtige Slowake nicht nur den neuen Skoda Enyaq iV Coupé vor, sondern auch seine Vision, wie die Autos von morgen aussehen werden. Warum wir künftig in fahrbaren Wohnzimmern unterwegs sein werden und weshalb die Automarke trotz der Zugehörigkeit zum Volkswagen-Konzern seine eigene Geschichte schreibt.

©Skoda

Interviewpartner: Peter Olah Autor: Peter Levetzow

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RESTIGE BUSINESS: Herr Olah, wenn es um Autodesign geht, denken die meisten Menschen zuerst an das Aussendesign und nicht an den Innenraum, obwohl man viel mehr Zeit im Auto verbringt. Warum ist das so? Peter Olah: Ich glaube, das hat etwas mit der Geschichte zu tun. In der Vergangenheit wurden Autos über ihr Exterieur definiert. In einem gutaussehenden Auto wollte man gesehen werden und das Auto war wie eine Erweiterung des eigenen Ichs. Deshalb wurde der Fokus meist auf die Karosserie gelegt. Als ich vor 20 Jahren mit dem Automobildesign begann, war das noch zu der Zeit, als alle nur Exterieurdesigner sein wollten. Mein Background war da ein bisschen anders. Obwohl mein Vater als Entwickler im Elektronikbereich arbeitete, träumte er immer davon, Automobildesigner zu werden, doch in der damaligen Tschechoslowakei war es unmöglich, Automobildesign zu studieren, geschweige denn als Automobildesigner zu arbeiten. Trotzdem entwarf er regelmässig Autos und ich half ihm dabei. Mein Vater und meine ganze Familie waren enthusiastische Autoliebhaber. Als ich später Industriedesign und Innenarchitektur studierte, hat das aber meine Ansichten verändert. Zwar beschäftigte ich mich auch während meines ersten Praktikums 1999 bei Skoda noch immer mit dem Exterieur, doch langsam realisierte ich, dass das Interieur immer wichtiger wurde. Es gibt die Aussage: Du verliebst dich zwar in das Äussere eines Fahrzeugs, doch du bleibst der Marke treu wegen des Interieurs.

©Skoda

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Peter Olah übernahm am 1. Dezember 2020 die Leitung des Interieur-Design bei Skoda.

Warum der Volkswagen-Konzern? Oder ist es doch mehr die Verbundenheit mit Skoda? Es geht mir definitiv mehr um Skoda. Mich verbindet eine langjährige Beziehung mit Skoda, denn in unserer Familie und in der damaligen Tschechoslowakei war das immer «das» Auto. Ein Skoda war auch mein erstes Auto, obwohl es eher meinem Vater gehörte, da ich mir nach meiner bestandenen Führerscheinprüfung noch kein eigenes Auto leisten konnte. Meine erste Fahrerfahrungen hatte ich mit einem Skoda, deshalb verbinde ich mit dieser Marke auch sehr viele Emotionen. Als ich nach meinem Studium das Praktikum bei Skoda bekam, ging ein Traum in Erfüllung. Zusammen mit Skoda konnte ich meine Diplomarbeit abschliessen und wurde anschliessend gefragt, ob ich als Designer bei Skoda arbeiten möchte. Da musste ich nicht lange überlegen. Nach gut sechs Jahren bei Skoda wechselte ich in ein Designstudio der Volkswagen-Gruppe, wo ich jeden Tag für eine andere Volkswagenmarke arbeiten konnte, das war traumhaft. Skoda gehört zum Volkswagen-Konzern und böse Zungen behaupten gern, dass die Konzernmarken alle gleich sind. Wie viel Volkswagen-Konzern steckt in Skoda? Viel und doch nicht so viel. Als Teil des Volkswagen-Konzerns haben wir die Chance, unsere Fahrzeuge aus Komponenten zu bauen, die innerhalb der Gruppe entwickelt wurden. Trotzdem ist alles, was der Kunde bei uns sieht, von Skoda. Es gibt fast nichts in unseren Fahrzeugen, was sie bei Volkswagen finden würden. Vielleicht ein paar Controller. Aber alle Hauptbestandteile sind ursprünglich von Skoda. Und natürlich auch das Design, oder? Natürlich. Grundlegend ist alles, was man sieht, was man anschauen kann und was man fühlt, typisch Skoda. PRESTIGE BUSINESS

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längere Distanzen fahren. Deshalb spielt der Komfort auch so eine wichtige Rolle. Ich erinnere mich noch, als ich meine Diplomarbeit schreiben wollte. Ich studierte Innenarchitektur und wollte den Innenraum eines Autos der Zukunft gestalten. Meine Vision war, dass der Innenraum in Zukunft die gleiche Bedeutung hat wie ein Wohnzimmer. Die Idee eines «Space Cars» sollte vor allem viel Stauraum mitbringen. Ich weiss es von mir selbst, ich habe so viele Dinge im Auto von Getränken über Hygieneartikel bis hin zu Sportsachen, das muss alles irgendwo seinen Platz finden.

Welche Rolle spielen Farben? Farben sind sehr wichtig. Es gibt Farben, die die Formen und Linien eines Fahrzeugs hervorheben, und Farben, die das weniger tun. Ein elegantes Silber mit einem dezenten Grauton funktioniert bei vielen Modellen sehr gut und betont die Silhouette eines Fahrzeugs. Auf der anderen Seite gibt es Farbtöne, die die Dreidimensionalität eines Modells verzerren, dunkle Farben lassen ein Auto kleiner wirken und grelle Farben machen es grösser. Deshalb ist es so wichtig, genau die richtige Farbe zu wählen. Wenn wir unsere Autos designen, haben wir von Anfang an die Farbe im Blick.

Immer wichtiger werden auch die Kommunikationsmöglichkeiten im Auto … … definitiv. Und das ist der nächste Punkt. Man stelle sich einmal vor, das eigene Auto wird in Zukunft Ihr mobiles Wohnzimmer sein. Worauf kommt es dann an? Es sollte gemütlich sein und es sollten Materialien

zum Einsatz kommen, die Ihnen ein gutes Gefühl geben. Deshalb sollte der Innenraum nicht aus billigem Metall oder billigem Plastik bestehen. Die Kunden achten heutzutage sehr auf hochwertige Materialien. Nebst den Materialien spielt das Infotainmentsystem eine grosse Rolle. Im Idealfall ist es dasselbe wie zu Hause, das sich genau so einfach bedienen lässt und die ganze Familie kennt. Skoda ist eine Familienmarke, deshalb orientiert sich das Cockpit nicht am Fahrer. In einem Skoda spielt nicht nur der Fahrer eine Rolle, sondern die ganze Familie. Egal ob man vorne oder hinten sitzt, jeder hat dieselbe demokratische Sicht auf den Bildschirm. Aus diesem Grund ist der Bildschirm in der Mittelkonsole auch so gross, er soll an den Fernseher im eigenen Wohnzimmer erinnern. Und natürlich geht das mit der Konnektivität, der Digitalisierung und den Streamingdiensten einher.

Welche Absicht hatten Sie mit dem Mamba-Grün des neuen Skoda Enyaq iV Coupé? Mit diesem grellen Farbton wollten wir Aufmerksamkeit erregen. Es ist das erste rein elektrische Coupé von Skoda und für uns ein sehr wichtiges Modell. Die Farbe sollte das Modell noch mehr zum Eyecatcher machen und ich denke, das ist uns definitiv gelungen. Das Innendesign gewinnt immer mehr an Bedeutung, allein schon, weil wir immer häufiger im Stau stehen … … absolut. Wir verbringen immer mehr Zeit im Auto, weil wir im Stau stehen oder 88

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Der neue, rein elektrische Skoda Enyaq iV Coupé hebt sich optisch von seinen Markengeschwistern ab.


Dennoch würde niemand ein Auto kaufen, das ihm nicht gefällt. Äusserlich hebt sich der Skoda Enyaq iV Coupé stark von seinen Markengeschwistern ab. Warum? Das hat vor allem mit dem elektrischen Antrieb zu tun. Beim Design von Elektroautos gibt es unterschiedliche Ansätze. Es gibt Marken, die komplett unterschiedlich aussehende Autos produzieren. Dadurch wollen sie zeigen, dass ihre Elektromodelle nichts mit ihren anderen Autos zu tun haben. Diese Modelle stechen dann wirklich aus der Masse hervor. Das kann manchmal gut, manchmal aber auch schlecht sein. Für uns war es klar, dass das Design des Enyaq Teil unseres Line-ups sein soll. Er sollte aus einem klassischen Blickwinkel gut aussehen, gleichzeitig aber futuristisch genug sein, um zu zeigen, dass es sich hier um ein Elektroauto handelt.

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Schön und gut sollte das Interieur von heute sein und vor allem nachhaltig.

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Was sollte ein Kunde ihrer Meinung nach fühlen, wenn er in einen Skoda einsteigt? Er sollte sich wie zu Hause fühlen …

… oder wie im Büro? Später könnte es auch wie im Büro sein. Skodas sind gern gesehene Flottenmodelle. Ist ein Skoda nicht eher ein Geschäftswagen? Ein Skoda ist eher ein Familienauto, das vielleicht unter der Woche als Geschäftswagen genutzt wird. Man fährt damit ins Büro oder auf eine Geschäftsreise und am Abend fährt man mit der Familie zum Sport oder ins Kino oder wohin auch immer – und am Wochenende wird das Fahrzeug zum reinen Familienauto. Deshalb braucht das Auto auch jede Menge Persönlichkeiten. Ein gutes Beispiel dafür sind unsere RS-Modelle. Die Autos sind echte Sportwagen, emotional, aber auch sehr funktional. PRESTIGE BUSINESS

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sie sich den Fahrzeuginnenraum der Zukunft vorstellen, würden sie sagen: «Saubere Oberflächen, einen grossen Bildschirm und bitte werdet die ganzen Knöpfe los!» Auf der anderen Seite wissen wir, dass dies für das Fahren nicht ganz optimal ist. Es gibt nach wie vor Funktionen, die besser mit einem haptischen Controller zu bedienen sind und ein haptisches Feedback geben. Wir spüren das und wir versuchen, die richtige Balance zu finden. Wenn man den Enyaq als Beispiel nimmt: Der hat zwar einen grossen Touchscreen, trotzdem findet man darunter die physischen Knöpfe, mit denen sich die Hauptfunktionen und Hauptmenüs bedienen lassen. Im Gegensatz zu anderen Herstellern haben wir bewusst auf Touchflächen am Lenkrad verzichtet, denn das Lenkrad ist zum Fahren da. Die Suche nach der richtigen Balance zwischen Touch-Funktion und physischen Knöpfen ist ein immerwährender Prozess und man kann diesbezüglich mit weiteren Entwicklungen von Skoda rechnen.

Das Interieur eines Fahrzeugs gewinnt immer mehr an Bedeutung.

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Skodas Vision: Wohnzimmer-Atmosphäre auf vier Rädern.

Auffällig ist der Touchscreen in der Mittelkonsole des neuen Skoda Enyaq iV Coupé. Für mich als Fahrer ist die Bedienung des Touchscreens eher schwierig, da ich nicht mehr auf die Strasse achte, sondern nur noch am Scrollen bin. Das sollte aber nicht der Sinn sein, oder? Nein, deshalb haben wir auch grössere Knöpfe. Im Vergleich zu früher sind die heutigen Touchscreens hocheffektiv. Schaut man sich Modelle aus den letzten zehn bis 20 Jahren an, gibt es Fahrzeuge, die für jede Funktion einen eigenen Knopf haben. Das sieht dann fast aus wie in einem Flugzeug. Die hohe Anzahl an Funktionsmöglichkeiten in einem Fahrzeug kann über einen Touchscreen viel einfacher bedient werden, weil man schneller ist. Und es spart vor allem auch Platz. Das Bedienen ist mittlerweile sehr intuitiv, man kommt einfach in die Menüs und Untermenüs und wählt den gewünschten Inhalt. Das ist ein Grund für den Touchscreen. Ein weiterer Grund ist die Erwartung der Kunden an futuristische Produkte … … wegen des Smartphones? Ja, das hat natürlich einen grossen Einfluss. Die Welt von heute will über Touch-Funktionen bedient werden. Fragt man Kunden, wie 90

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Beim Design des Skoda Enyaq iV Coupé zeigen futuristische Elemente den Weg in die elektrische Zukunft.


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Der Skoda Enyaq iV Coupé ist ein Elektrofahrzeug, was ihn energieseitig sehr interessant macht, doch spielt da auch das Thema Recycling eine wichtige Rolle. Was sind die Recyclingfeatures im Enyaq? Es gibt Hersteller, die alles recyceln können. Wie sieht das bei Skoda aus? Das ist auf jeden Fall ein grosses Thema und ich würde sagen, ein Grossteil des Jobs findet unter diesem Motto statt. Der Hauptteil unseres Autos kann recycelt werden. Worüber die Kunden meistens reden, ist, ob die Materialien, die sie sehen – zum Beispiel die Sitzpolster – recycelt sind. Trotzdem gibt es nur einen geringen Teil an Materialien, der in der Herstellung eines Fahrzeugs verwendet wird. Der Anteil der recycelbaren Bestandteile liegt aktuell bei 85 Prozent. In Zukunft wird es uns möglich sein, die Batteriezellen zu recyceln. Wir haben bereits eine Anlage in Salzgitter von Volkswagen. Dort werden bestimmte Bestandteile von Batterien bereits wiederverwertet. Im Interieur gibt es viele Bestandteile, die wir wiederverwerten, und wir verwenden bereits recycelte Materialien. Für die Kunden zählt aber nicht nur der Recycling-Gedanke, auch die Nachhaltigkeit ist wichtig. Die Enyaq-Linie ist zum Beispiel komplett vegan.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Innenraumdesigns in den nächsten fünf bis zehn Jahren? Ich sehe hier sehr viel, und im Grunde ist das wirklich lustig. Mein Diplomprojekt folgt mir quasi durch meine gesamte Karriere, weil das, was ich mir vor 20 Jahren erträumt habe, wird Stück für Stück Wirklichkeit. Und in den kommenden 20 Jahren wird es die Realität sein. In Zukunft werden drei Faktoren die Welt der Mobilität neu definieren: autonomes Fahren, Digitalisierung mit Konnektivität und Elektrifizierung. Die Elektrifizierung ist so gut wie beendet und die Digitalisierung ist bereits sehr weit fortgeschritten. Die Konnektivität zwischen den Produkten wird noch eine wichtige Rolle spielen und dann kommt natürlich das autonome Fahren. Sobald wir autonom auf Level 4 oder 5 fahren können, wird das Auto zu einem autonomen Objekt. Dann ist es meine Vision, dass das Auto Teil unseres Lebensraums wird, Wirklichkeit geworden. Unsere Leser*innen sind die Schweizer Business Leader und Top-Manager. Interessant für Sie wäre zu wissen, wovon Sie sich inspirieren lassen und worin ihr professionelles Designsystem besteht. Als Designer wirst du die ganze Zeit inspiriert von den Dingen, die dich umgeben. Wenn ich irgendwo hingehe, fasse ich alle Objekte an, probiere sie aus, denke darüber nach, wie ich sie verbessern könnte. Daher ist die Inspiration immer um mich herum, wenn ich unterschiedliche Leute treffe, in Cafés oder im Restaurant sitze und Ausstellungen besuche. PRESTIGE BUSINESS

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ABHÄNGIGKEITEN ABBAUEN Lieferengpässen bei Medikamenten entgegentreten

Die Lieferketten der globalen Wertschöpfungsketten sind angespannt und einige reissen auch. Die Folge: Es gibt massive Lieferprobleme und einige Regale sind leer. Preissteigerungen und damit Inflation kommen obendrauf. In Europa wird man sich seiner Verletzlichkeit wieder bewusst. Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine rufen uns das schmerzlich in Erinnerung. Es steht die Frage nach Reaktionen und Lösungen auf der Tagesordnung. Interviewpartner: Axel Müller Autor: Georg Lutz

Für Axel Müller von Intergenerika gibt es aktuell massive Herausforderungen in der Weltwirtschaft.

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ie Corona-Pandemie verdeutlicht, dass Europa im Bereich der Medikamente in Abhängigkeit von China geraten ist. Auch die Schweiz ist verletzbar geworden. Es geht hier schon lange nicht mehr nur um Lieferengpässe, sondern um mögliche Erpressungspotenziale. Ist das Zeitalter der grenzenlosen Globalisierung, so wie es seit 1992 hegemonial war, am Ende? Im folgenden Interview beleuchten wir die Situation mit Axel Müller, dem Geschäftsführer des Branchenverbands Intergenerika. PRESTIGE BUSINESS: «Nicht lieferbar» hörte man leider als Aussage, auch schon vor der Pandemie, bei Medikamenten in Apotheken oder Krankenhäusern. Wie lässt sich die Situation vor der Pandemie für die Schweiz quantitativ skizzieren? Axel Müller: Ja, es gab schon vor der Pandemie einige typische Medikamenten-Engpässe. Zeitweilig waren bis zu 600 Medikamente in verschiedenen Formen und Packungsgrössen nicht lieferbar. Das war aber bekannt und die Generika-Firmen hatten die Situation genau analysiert und gezielt gegengesteuert. Im Augenblick sind starke Schmerzmittel auf Opiatbasis sowie das Brustkrebsmittel Tamoxifen Mangelware. Mit welchen Strategien wurde und wird hier gegengesteuert? Man hat das Thema Lagerhaltung wiederentdeckt. Wir als Industrie halten freiwillig Lagervorräte, die bis zu sechs Monate reichen, um die Versorgungssicherheit so gut wie möglich zu gewährleisten. Das ist völlig gegen den Trend gerichtet. Das Stichwort Lager ist in den letzten Jahren zum Fremdwort mutiert. Working Capital Requirement (WCR) heisst der passende Begriff dazu. Tönt gut … Man kann dadurch – ohne Frage – Lieferzeiten senken, aber natürlich zu höheren Kosten. Wir haben mit dem Versorgungsauftrag auch eine ethisch soziale Verantwortung. Wenn der Patient kein

Medikament bekommt, ist das etwas anderes, als wenn ein Elektrochip auf dem Weltmarkt fehlt und mit Verspätung geliefert wird. Welche Rolle spielt der Staat? Es gibt auch von staatlicher Seite ein Lagerhaltungssystem. Das Bundesamt für wirtschaftliche Lagerversorgung (BWL) hält wichtige Medikamente auf Lager, die wir, die Industrie, liefern und finanzieren. Lebensnotwendige Arzneimittel, beispielsweise Schmerzmittel oder Antibiotika, stehen hier im Vordergrund. Das hört sich im Vergleich zu anderen Branchen gut an. Ja, wir sind eigentlich ganz gut durch die Pandemie gekommen, und die Industrie hat hier einen guten Job gemacht. Der Grossteil an eingesetzten Medikamenten bei Covid-Erkrankungen waren Generika. Bei Engpässen haben wir auch in Absprache mit Swissmedic, unserer Zulassungsbehörde, Medikamente aus dem Ausland besorgt und kostenlos zur Verfügung gestellt. Die unbürokratische, schnelle Hilfe stand im Vordergrund und die Zusammenarbeit mit Swissmedic hat hervorragend funktioniert. PRESTIGE BUSINESS

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Und wie geht es jetzt weiter? Die Lieferengpässe bestehen weiter. Wenn man auf die grossen Häfen in China wie Shanghai schaut, stauen sich auf der Reede die Containerfrachter. Hier in der Schweiz scheint die Pandemie vorbei – in China mit der Zero-Covid-Strategie und den schwachen Impfstoffen noch lange nicht. Folglich liegen die Probleme auf dem Tisch. Das tritt aber vergleichsweise in den Hintergrund, wenn man das Thema Abhängigkeit anspricht. Was heisst das? Die Abhängigkeit von China ist ein offenes Geheimnis. Die Industrie hat schon in den Neunzigerjahren aufgrund des zunehmenden Preisdrucks damit begonnen, die Produktion von arzneilichen Wirkstoffen den Niedriglohnländern zu überlassen. Und das war aus heutiger Sicht ein kapitaler Fehler, der uns abhängig gemacht hat. Erst ging man nach Osteuropa, dann nach Indien und schliesslich nach China. Das zeigt: Lieferengpässe bei Medikamenten rufen wieder nach Eigenherstellung in Europa. Aber zunächst hat China eine eigene geopolitische Geschichte daraus entwickelt. China hat schon vor Jahren den strategischen Entschluss gefasst, bei arzneilichen Wirkstoffen und Vorprodukten im medizinischen Bereich Weltmarktführer zu werden. Inzwischen sind sie es auch, mit einer zunehmenden Alleinstellung bei der Produktionskapazität und den damit verbundenen Skaleneffekten, sprich Preisvorteilen. Ja, das kennen wir auch aus anderen Branchen, beispielsweise der Solarbranche. Es geht um ein klares strategisches und geoplolitisches Vorgehen, um in der Branche Bedingungen stellen zu können. Lassen Sie uns an diesem Punkt kurz die Wertschöpfungskette eines Medikaments durchgehen. Der Wirkstoff besteht aus sogenannten chemischen Vor- beziehungsweise Zwischenprodukten, die durch chemische Prozesse aneinandergefügt werden. Das können beispielsweise zwanzigstufige che-

«Lieferengpässe bei Medikamenten rufen wieder nach Eigenherstellung in Europa.» mische Reaktionen sein, bis am Ende der Wirkstoff herauskommt. Wenn nur ein Vor- beziehungsweise Zwischenprodukt fehlt, kann man den Wirkstoff nicht herstellen. Und wie kommt hier China zum Zug? Es geht oft nur um die Herstellung dieser Vor- beziehungsweise Zwischenprodukte. Das sind zum Teil einfache chemische Prozesse, die in Europa keiner auf sich nimmt, da hier kaum Profite zu erzielen sind. China ist mittlerweile hier Weltmarktführer. Wir sind folglich zunehmend in Abhängigkeit von China geraten. Selbst Indien, das ja auch schon als Apotheke der Welt bezeichnet wurde, steht inzwischen in einer Abhängigkeitsstruktur zu China. Aber ist Indien nicht der Veredler und China der Rohstoff- und Wirkstoffproduzent? Nein, diese klassische Arbeitsteilung gibt es so nicht mehr. China produziert selbst arzneiliche Wirkstoffe und beliefert Indien mit Vorprodukten. Indien ist daher zu einem grossen Teil, man spricht von bis zu 80 Prozent, von chinesischen Zulieferern abhängig.

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Bevor wir dies weiter vertiefen, würde ich gerne die Wertschöpfungskette zu Ende buchstabieren. Wir waren bei den Wirkstoffen stehen geblieben. Wenn wir den Wirkstoff haben, muss er, wir sagen dazu im Fachjargon, zur Darreichungsform verarbeitet werden. Es geht dann um das Endprodukt, beispielsweise eine Tablette oder eine Kapsel. Dieser Arbeitsschritt läuft häufig in Indien, aber auch in Europa gibt es dazu hochmoderne Produktionsanlagen, die beispielsweise Tabletten herstellen können. Hier gibt es keinen Mangel an Produktionskapazitäten. Da sind wir in Europa und den USA gut aufgestellt. Dann kommt noch der Verpackungsschritt. Tabletten werden beispielsweise verblistert und anschliessend in eine Kartonschachtel verpackt. Das geschieht meist bei Lohnfertigern in Europa. Die Herausforderungen liegen also in den Abhängigkeiten von China bei der Wirkstoffherstellung? Richtig. Die Abhängigkeiten verschärfen sich, da viele Betriebe in der Wuhan-Region liegen, wo die Pandemie ausgebrochen ist und immer wieder neu aufflammt. Durch die Zero-Covid-Strategie in China kommt es dann immer wieder zu einem vollständigen Produktionsstillstand. Dieser führt zu den besprochenen Engpässen. Und sollte dann wieder mal eine Charge produziert worden sein, dann stapeln sich die Container in den Häfen. Plötzlich sind extrem steigende Transportkosten wieder ein Thema und schmälern signifikant die Marge.

Inzwischen gibt es im Rahmen der Projekte zur Neuen Seidenstrasse auch Alternativen auf dem Landweg nach Europa. Es können theoretisch Züge nach Europa fahren. Aber mitten auf der Strecke herrscht heute das Kriegsgeschehen. Das ist doch für Businessverantwortliche eine unglaublich schwierige Situation. Planung und Umsetzung stehen jeden Tag auf dem Prüfstand. Es stellt sich die Frage nach den Reaktionsmustern. Holt man Produktionen wieder nach Europa zurück? Am Anfang der Pandemie konnten wir nicht mal Masken in Europa produzieren. Es gab in der Pandemie einen vom Bundesrat eingesetzten Krisenstab, der sich um Beschaffung und Sicherstellung von wichtigen Medikamenten und Masken kümmerte. Es gab dann Hersteller, die sich Maschinen besorgt haben, um in der Schweiz selbst Masken zu produzieren. Man war dann zunächst hoch erfreut, dass man eigene Masken zur Verfügung hatte, wenn auch der Preis höher lag. Als dann aber wieder billigere Masken aus China kamen, wurde wieder den billigen chinesischen Masken der Vorzug gegeben. Der arme Unternehmer blieb auf Verlusten sitzen und musste die Produktion wieder einstellen. Das ist der Rückfall in klassische Muster – nur der Preis zählt. Die Reaktion der Konsumenten und der Politik ist hier falsch. Wir können nicht auf der einen Seite fordern, dass bei strategisch wichtigen Produkten die nationale Industrie Produkte anbietet, und dann, wenn aus China wieder die Lieferungen kommen, das alles vergessen. Ein sicherer Nachschub hat seinen Preis und ist gerade bei Medikamenten von grösster Bedeutung. Das sehen wir gerade am Beispiel der Energieabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Wenn das Öl und Gas aus Russland, das uns lange billig über Wasser gehalten hat, versiegt, und es wird versiegen, müssen wir uns auf höhere Preise einstellen. Das ist bei Medikamenten nicht anders.

Die Globalisierung so, wie wir sie seit 30 Jahren kennen, ist an ihre Grenzen gekommen. Es brauchtPRESTIGE neue Antworten. BUSINESS

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Wie sieht die Diskussion hier aus? Auch hier gibt es Schlagworte wie Re-Shoring oder Re-Patriation der Wirkstoffproduktion. Die USA und Frankreich haben damit angefangen. Präsident Macron hat beispielsweise angeordnet, das Schmerzmittel Paracetamol wieder selbst zu produzieren. Auch der ehemalige Gesundheitsminister in Deutschland, Jens Spahn, wollte auf einem der Höhepunkte der Pandemie zwei Milliarden Euro für Hilfsmittel und Medikamente bereitstellen. Da hört man nicht mehr viel davon. Ja, das war – so fürchte ich – ein politisches Lippenbekenntnis. Wir stehen aber, wie bereits besprochen, vor der Situation, dass immer mehr medizinische Wirkstoffe aus China kommen und heimische Hersteller sich aufgrund des Preisdrucks bei Generika vom Markt verabschieden. Im Augenblick beträgt der Durchschnittspreis für eine Tagesdosis eines Generikums gerade mal 68 Rappen in der Apotheke – also weniger als für Kaugummis am Kiosk. Könnte nicht Diversifizierung eine Lösung sein? Genau das muss das Ziel sein, denn oft gibt es bei einem wichtigen Wirkstoff zum Teil nur noch einen oder zwei Produzenten in China, die oft gar nicht wissen, dass sie die einzigen sind. Unternehmen in Europa werden ohne Druck von sich aus diese Wirkstoffe nicht herstellen, wenn sie ihre Kosten nicht gedeckt bekommen. Wie sieht die Lösung aus? Wir müssen aufgrund der geopolitischen Lage unsere Lieferquellen für lebensnotwendige Arzneimittel diversifizieren, auch wenn es an anderen Standorten als China klar teurer ist. Und wir müssen damit jetzt beginnen. Und wie sieht das operative Vorgehen aus? Zuerst geht es um die Frage, was eigentlich lebensnotwendige Medikamente sind. Dazu bedarf es einer Debatte unter Ärzten und Apothekern zusammen mit unseren Gesundheitspolitikern. Es gibt hierzu bereits Vorschlagslisten.

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Anschliessend geht es darum, transparent nachzuweisen, woher die Vorprodukte und Wirkstoffe kommen und wie sie hergestellt werden beziehungsweise welche Zulieferer es gibt. Wenn diese alle in China sind, muss gehandelt werden, sprich es geht um die Suche beziehungsweise die Qualifizierung von zusätzlichen Zulieferern. Man könnte jetzt zynisch einwenden, dazu brauche es noch eine Krise, um hier zu wirklichen Verhaltensänderungen zu kommen. Aber vielleicht kann uns die digitale Transformation helfen, um wenigstens zunächst Transparenz herzustellen. Offensichtlich ist der Druck, jetzt zu handeln, noch nicht gross genug. Was die Digitalisierung im Gesundheitswesen der Schweiz anbetrifft, befinden wir uns noch am Anfang. Hier hat die Schweiz dringlichen Aufholbedarf. Die notwendigen Daten lagern eigentlich alle in den Gesundheitsämtern, wo man die Zulassung beantragt hat. Diese sind elektronisch verfügbar. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) beruft derzeit eine Arbeitsgruppe ein, die sich genau mit der Frage der Versorgungssicherheit beschäftigen soll. Ich denke, dass dies ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ja, rein von der technischen Seite ist das heute kein Problem mehr. Es gibt inzwischen schon Lösungen. In Europa bekommt heute jedes Medikament eine individuelle Nummer in Form eines Codes aufgedruckt. Dieser Code dient, um Arzneimittelfälschungen zu identifizieren. Dieser wird auf einen europäischen Server hochgeladen. Apotheker und Ärzte können bei der Abgabe vor Ort diesen Code abscannen. Dann wissen sie, dass es sich nicht um eine Fälschung handelt. Mit diesem System lässt sich auch sehr

Es gilt, Lieferquellen zu diversifizieren, wie wir dies auch beim Thema Energie kennen.

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schnell die Anzahl der Medikamente in der Schweiz ermitteln, also auch sofort erkennen, wenn es zu Engpässen kommt. So kann man Mangelsituationen sehr viel schneller erkennen. Diesen Vorgang nennt man «Serialisierung» und die Organisation in der Schweiz, die sich darum kümmert, heisst «Swiss Medicines Verification Organisation» (SMVO). Wo stehen wir da? Die SMVO ist bereits etabliert und viele Firmen arbeiten bereits tatkräftig mit. In Europa ist dieses System bereits Pflicht. In der Schweiz ist die Teilnahme allerdings freiwillig. Das mindert den Einsatz beim Erkennen von Versorgungsengpässen erheblich, wenn nicht alle sich daran beteiligen. Hier müsste der Gesetzgeber die Teilnahme verpflichtend machen. Die reine liberale Globalisierung, die seit 1990 hegemonial war, ist im Zeichen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine in Schwierigkeiten gekommen. Man schaut wieder mehr auf seinen Nationalstaat. Wie bewerten Sie die Entwicklungen? Ja, das Modell «Globalisierung um jeden Preis» ist auf dem Prüfstand. Abhängigkeiten von China und Indien im Rahmen von Krisen können fatal sein, da diese mit dem Verweis auf den Eigenbedarf einfach nicht mehr liefern. Diese geopolitische Abhängigkeit ist gefährlich. Im Zeichen von neuen Strategien der Kriegsführung kann ein Lieferstopp von Medikamenten verheerende Wirkungen erzielen. Sollte sich China in einem nächsten Krieg Taiwan einverleiben, wird die westliche Welt berechtigt aufschreien und es werden wieder Sanktionen verhängt. China könnte reagieren, in dem es keine Wirkstoffe mehr liefert. In der Folge würden nach Schätzungen im Zeitrahmen von einem halben Jahr zusätzlich 300’000 Patienten in Europa sterben, da sie ihr Medikament nicht mehr bekommen und ein adäquater Ersatz nicht zur Verfügung steht.

In der Industrie, und nicht nur in der Pharmabranche, findet daher gerade ein Umdenken statt. Es geht darum, die Abhängigkeit von China zu reduzieren. Es wird hier ein Umdenken stattfinden müssen. Die reine, eine ganze Epoche prägende Globalisierung ist vorbei. Wir sehen jetzt im Energiebereich ein schnelles Umsteuern. Im Gesundheitsbereich wird dies genauso kommen. Gibt es ein konkretes praktisches Beispiel? Die Biden-Regierung in den USA hat ein Konsortium ins Leben gerufen, um 50 bis 100 Wirkstoffe wieder selbst in den USA zu produzieren, bei denen die Abhängigkeit von China besonders hoch ist. Es bleibt zu hoffen, dass sie erfolgreich sein werden. Werfen wir einen Blick in die Zukunft. Wir sollten eigentlich in der nächsten Pandemie besser vorbereitet sein. Vielleicht kommt auch die alte Pandemie im Herbst zurück. Jetzt haben wir es mit einer weltweiten Pandemie zu tun, die nicht vor nationalen Grenzen haltmacht. Dabei sind schwächere Gesellschaften, beispielsweise in Afrika, härter betroffen als potentere Gesellschaften in Westeuropa. Sie können schnell Impfstoffe organisieren. In Afrika schaut man dagegen in die Röhre. Das interessiert die Pandemie aber nicht, sie verbreitet sich. Viele Nichtregierungsorganisationen fordern daher die Aufhebung des Patentschutzes. Wie ist Ihre Position dazu? Das reine Freigeben von Patenten wäre aus meiner Sicht der Tod der Innovation. Aus diesem Grund bin ich klar dagegen. Aber es ist richtig, es nützt nichts, wenn wir in Europa immunisiert sind und gleichzeitig in einem Dorf in Indien eine neue Variante auftaucht und dann ihre globale Reise antritt. Es geht um die kontrollierte freiwillige Weitergabe von Lizenzen der Pharmahersteller. Darüber hinaus muss den ärmeren Ländern technisch geholfen werden, den Impfstoff dann auch selbst zu produzieren, was nicht trivial ist. Das ist für mich der bessere Lösungsweg. Dr. Axel Müller ist Geschäftsführer von Intergenerika in der Schweiz

www.intergenerika.ch

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ICH KANN ES MIR LEISTEN Prestige und seine gesellschaftliche Funktion

Wer ein Magazin mit dem Titel PRESTIGE BUSINESS auf den Markt bringt, sollte auch erklären, wie der Begriff Prestige in der Wissenschaft abgehandelt wurde und wird. Thorstein Veblen war einer der einflussreichsten Soziologen Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA. Seine «Theorie der feinen Leute», 1899 zum ersten Mal veröffentlicht, schrieb Wissenschaftsgeschichte und legte die soziologische Grundlage, um den Begriff Prestige zu verstehen. Autor: Georg Lutz

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arum soll Thorstein Veblen als Soziologe und Ökonom aus der historischen Mottenkiste geholt werden? Beginnen wir mit der einfachen Antwort: Der nach ihm benannte Veblen-Effekt stürzte ganze Generationen von Ökonomen in Schwierigkeiten. Sie waren und sind auf den Grenznutzen bei der Analyse von ökonomischen Tätigkeiten fixiert. Veblen machte seine Kollegen darauf aufmerksam, dass es Waren gibt, die nicht gekauft werden, obwohl sie teuer, sondern nur weil sie teuer sind. Das stellte die Lehrmeinung auf den Kopf. So gab er dem Begriff Prestige seine wissenschaftliche Grundlage. Als er «The Theory of the Leisure Class» 1899 veröffentlichte, öffnete er auch vielen europäischen Wissenschaftlern die Augen. Die deutschen Soziologen Werner Sombart und Max Weber sind nur ein Beispiel. Sie profitierten von seinen Erkenntnissen über die Bedeutung der Luxusproduktion in der kapitalistischen Gesellschaft. Die Überzeugungskraft von Veblen gründet nicht auf trockener Theorie oder Statistiken und Zahlen, sondern überzeugt durch anschauliche Argumentationsfiguren und praktische Beispiele.

PRESTIGEGEWINN ZÄHLT Springen wir doch mitten in ein praktisches Beispiel des 19 Jahrhunderts – das Damenkorsett. Das Korsett sollte den schon damals zwanghaften Schönheitsvorstellungen bei jeder einzelnen 98

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THEORIE DER FEINEN LEUTE EINE ÖKONOMISCHE UNTERSUCHUNG DER INSTITUTIONEN Thorstein Veblen 382 Seiten, 1986 ISBN 3-596-27362-5


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Frau Geltung verschaffen. Der Reiz, der hier erzeugt werden sollte, hat aber seinen Preis: Er wird durch eine Selbstverstümmelung ausgelöst. Wer ein Korsett richtig trägt, kommt öfters in Atemnot. Was heute das Magermodel, das Botox-Aufspritzen oder die dritte Brustvergrösserung ist, war damals die Wespentaille. Veblen argumentiert nun aber nicht moralisch, es geht ihm auch nicht um Schönheitsideale. Er seziert mit dem Skalpell der Gesellschaftskritik. Es geht um Botschaften. Wer sich so lange und ausdauernd mit solchen einschränkenden Dingen wie einem Korsett beschäftigt, muss nicht arbeiten. «Von der ökonomischen Theorie her betrachtet, kommt das Korsett einem Instrument der Verstümmelung gleich, das dazu dient, die Vitalität der Trägerin zu vermindern und sie dauernd und sichtbar arbeitsunfähig zu machen. Nun trifft es zwar zu, dass das Korsett die persönliche Anziehungskraft beeinträchtigt, doch wird dieser Nachteil durch einen Prestigegewinn ausgeglichen, der aus der grösseren Kostspieligkeit und der sichtbar erhöhten Gebrechlichkeit stammt» (Seite 168). Die edlen Damen mit den grossen Hüten, den langen unpraktischen Röcken und dem einschnürenden Korsett waren die wandelnden Botschafterinnen der «feinen Leute». Und wer waren die Ehemänner? Veblen publizierte seine Studie im Zeichen eines ökonomischen Aufschwungs in den USA. Nach der Gründerkrise der Siebzigerjahre in den USA etablierten sich Finanz- und Wirtschaftsmagnaten wie Rockefeller und Vanderbilt, deren Namen noch heute nachklingen. Sie nutzten neue Transporttechnologien wie die Eisenbahn oder erste Fliessbänder wie in den Schlachthöfen von Chicago, um die Produktivität und damit ihre Gewinne gewaltig zu steigern. Heute haben wir mit einem neuen technologischen Schub – und damit wieder mit Einkommensmilliardären wie Jeff Bezos oder Elon Musk zu tun, die uns in ein neues feudalistisches Zeitalter führen.

paar Jahre zuvor als Luxus der Reichen gekennzeichnet hatte: einen Kühlschrank, ein erstes Auto, einen Fernseher, Reisen und vielleicht sogar ein kleines Eigenheim. Die Schere der Einkommensentwicklung schloss sich.

HISTORISCHE AUSNAHME

Es gibt auch heute Unternehmen, die sich mit vielem ökonomisch sinnlosem Beiwerk schmücken und eher in die Kategorie des Frühstücksdirektors fallen. Dieser Chef beindruckt vormittags durch einige Vorzimmerdamen und nachmittags mit dem ruhigen Spiel auf dem Golfplatz. Er hat es eigentlich nicht nötig zu arbeiten. Offiziell wird er das heute nie zugeben, aber die Botschaften sind deutlich. Auch die vielen Beratungsunternehmen und Consultants wie McKinsey oder Roland Berger haben daran nichts geändert. Und das bestätigt die These von Veblen. Es gibt schon sehr lange die

Das ist kein natürlicher Vorgang, sondern Ergebnis von gesellschaftlichen Machtstrukturen. Vor 50 Jahren, auch im Zeichen der Blockkonfrontation, beherrschten noch egalitäre Modelle des Wohlfahrtsamtes die Szenerie. Der New Deal in den USA der Dreissigerjahre und das Wirtschaftswunder in Europa der Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts waren die Ausgangspunkte. In den USA und Westeuropa arbeitete keiner mehr, nur um überleben zu können. Jeder besass Gebrauchsgegenstände und Statussymbole, die er noch ein

ROCKEFELLERS NEID Heute gibt es wieder eine Leisure Class, eine Klasse feiner Leute, die nicht darauf angewiesen ist zu arbeiten. Die Thesen von Veblen sind wieder aktuell. In den USA hat eine Durchschnittsfamilie seit 30 Jahren nichts mehr im Geldbeutel. Die Häuser konnten nur auf Pump gekauft und gehalten werden. Und jetzt muss sie eine Wirtschaftskrise verarbeiten. Im selben Zeitraum erleben wir eine Zunahme von Jachten und Villen, bei denen Rockefeller vor Neid erblassen würde. Es gibt nicht nur in Russland Oligarchen. Der Wettbewerb und Pracht, Prunk und Glanz, wie ihn Veblen beschrieben hat, erlebt immer wieder neue Höhepunkte. Dagegen muss die Mittelschicht auch in Europa die Steuerlast der Bankencrashs und anderer finanzieller Belastungen tragen. Wir sind wieder in der «Normalität» des 19. Jahrhunderts angekommen. Das ist keine moralische Anklage, sondern mit Theoretikern wie Veblen eine sachliche Feststellung, die man im Alltag und auch mit Statistiken belegen kann. Das Problem dabei sind nicht die teuren Jachten oder prächtigen Villen. Die Leisure Class kann ihr Geld betriebswirtschaftlich nutzen oder auch nicht nutzen. Sie hat gesellschaftliche Macht, denkt dabei aber nur in Kategorien der Shareholder Value und vergisst die Stakeholder, sprich ihre gesellschaftliche Verantwortung. Auch diesen kritischen Punkt hat Veblen gut zusammengefasst: «Diese Klasse hat bestenfalls ein finanzielles oder geschäftliches Interesse an ökonomischen Fragen, doch gleichzeitig liegt die Regelung gesellschaftlicher Angelegenheiten in ihren Händen» (Seite 202).

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Auseinandersetzung zwischen Nutzen und Prestige­ überlegungen. Das überdauert auch unterschiedliche gesellschaftliche Modelle, ja ist fast eine anthropologische Konstante.

GELD FÜR ÜBERFLÜSSIGES Kommen wir nochmals zur Kombination von Schönheitsideal und Arbeitsverständnis. Auf den ersten Blick haben die lästigen Korsetts mit den Fit-for-Fun-Idealen heutiger Generationen wenig zu tun. Sollen wir durch Fitness nicht wieder beweglicher und damit auch arbeitsfähiger werden? Das trifft vielleicht auf uns Normalsterbliche zu, die nach dem Ideal der protestantischen Zwängler oder Calvinisten funktionieren müssen und wollen. Für die heutige Leisure Class ist Fitness nur ein Baustein ihres Lebensentwurfs. In Kombination aus regelmässigen Schönheitsoperationen, BotoxKuren und dem Leben auf edelsten Jachten gibt es auch hier wieder die Botschaft: Leute, ich habe es nicht nötig, ich nehme mir sogar die Freiheit, meinen Körper zu straffen, man kann nach dem vierten Gesichtslifting auch sagen zu verstümmeln. Und da sind wir wieder beim Korsett.

Was verdeutlicht uns Veblen? Die Vorstellungswelt, Wirtschaft und Gesellschaft, funktionieren rein rational und logisch, das gehört in das theoretische Lehrbuch von Betriebswirtschaftlern. Sie wollen uns weissmachen, die Welt würde vom reinen Nutzwert und individuellem Gewinnstreben regiert. Damit haben Sie die letzten ökonomischen Zyklen weder vorausgesehen noch neue Schlussfolgerungen gezogen. Es geht nicht nur an der Wall Street in erster Linie um schillernde Pracht und Machtentfaltung, man kann auch schnöde von archaischer Angeberei sprechen. Wer nur auf oberflächliche Statistiken schaut, wird die Welt nicht zu fassen bekommen – das erkannte Veblen. Vieles, was edel, kostbar und begehrenswert ist, ist schlicht überflüssig. Und es gibt historische Situationen, in denen man sehr viel Geld für Überflüssiges ausgeben kann, um damit noch mehr Reputation zu bekommen. In solchen Zeiten leben wir.

Georg Lutz ist Redaktor bei PRESTIGE BUSINESS.

WIR KÖNNEN AUCH ANDERS Frauen in Führungspositionen Trotz vieler politischer Sonntagsreden, Grundsatzprogramme und Frauenförderung bleiben die Führungsetagen in vielen Unternehmen weiterhin männlich dominierte Räume. Tief verankerte Rollenbilder sind dafür sicher ein Grund. Es braucht offensichtlich mehr praktische Vorbilder. Wir präsentieren zwei davon.

DIE MACHERINNEN SO GEHT UNTERNEHMEN Miriam Wohlfarth, Nina Pütz 227 Seiten, 2022 ISBN 978-3-593-51545-8 100

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ARMEE ZUM ANFASSEN Aus dem Innenleben der Bundeswehr In ihrem neuen Buch «Antreten! Wiebke will zum Bund» schildert die Top-Strategieberaterin und ehemalige Konzern-Vorständin Wiebke Köhler ihren Auswahlprozess zum Reserveoffizier. Der Weg war skurril, amüsant und absurd. Und äusserst lehrreich – gerade für Businessmenschen.

ANTRETEN! WIEBKE WILL ZUM BUND Wiebke Köhler 235 Seiten, 2022 ISBN: 9783755770022

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NACHHALTIGE WERTE SCHAFFEN Herausfordernde Transformationen für Unternehmen

Als Andreas Staubli die Funktion als CEO beim grössten hiesigen Beratungsunternehmen PwC Schweiz im Juli 2018 übernahm, kam dies auch einem Generationenwechsel gleich. Staubli kam 1994 als Steuerberater zu PwC Schweiz und wurde im Jahr 2000 Partner. Im Jahr 2009 wurde er zum Leiter der Steuer- und Rechtsberatung bei PwC Schweiz und zum Mitglied der Geschäftsleitung ernannt. Wie man zu den besten Mitarbeitenden kommt, warum man noch mehr zuhören sollte und warum Nachhaltigkeit kein Verlust von Arbeitsplätzen bedeutet. Interviewpartner: Andreas Staubli Autor: Peter Levetzow

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RESTIGE BUSINESS: Herr Staubli, in Ihren Leitlinien versprechen Sie «Wir schaffen Werte». Können Sie das präzisieren und uns ein bisschen näherbringen? Andreas Staubli: Werte schaffen – dieser Gedanke, dieses Ziel ist schon lange tief verankert bei PwC. Es ist zentral darüber nachzudenken, was wir mit welchen Dienstleistungen bezwecken wollen. Unsere Kunden verlangen von uns zu Recht, dass wir für sie komplexe Probleme lösen und damit Mehrwerte schaffen – das ist die DNA unserer Firma weltweit. Wenn neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei uns anfangen, sprechen wir mit ihnen vor allem hierüber. Es ist uns wichtig, unsere Mitarbeitenden in diesen Werte- und Haltungsfragen «on the ground» zu wissen. Denn nur so gewinnen sie das Vertrauen unserer Kunden und von anderen wichtigen Stakeholdern. Für einen Wirtschaftsprüfer ist die Frage nach den Werten recht einfach zu beantworten, die Zahl ist entweder schwarz oder rot. Ja und nein. Zahlen sind eine sehr wichtige Grundlage. Und Zahlen geben eine Aussage über die Qualität und Governance eines Unternehmens, das ist richtig. PwC steht auch für Vertrauenslösungen, «trust solutions». Und da stehen dann nicht nur die reinen Zahlen im Vordergrund. Die Bezeichnung «trust solutions» hatte interessanterweise in der Wirtschaftsprüfung seinen Ursprung. Es hat aber natürlich ebenso in unserer klassischen Beratung grosse Bedeutung. Das Thema Vertrauen denken wir grösser als rein ökonomisch. Wir sehen es beispielsweise auch als grosse Herausforderung für Unternehmen an, den sich zuletzt öffnenden «Vertrauens-Gap» zwischen Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu minimieren oder gar zu schliessen. Ist es nicht ein Riesenvorteil, dass wenn man die Zahlen kennt, dann auch beraten kann? Die Unabhängigkeitsvorschriften verlangen, dass diese Bereiche getrennt sein müssen. Deshalb entwickeln sich aus einem Wirtschaftsprüfungsmandat keine direkten Beratungsmandate, welche die Unabhängigkeit gefährden würden.

Andreas Staubli, CEO Pricewaterhouse Coopers PwC Schweiz.

Was sind denn die Kernbereiche von PwC? In der Schweiz betreffen unsere Industrieschwerpunkte das komplette Gesundheitswesen, besonders Pharma und Life Sciences. Der andere Schwerpunkt ist Financial Services, da haben wir in der Schweiz im Wealth Management und im Versicherungsbereich eine Führungsrolle. Klarer Marktführer sind wir im Bereich Wirtschaftsprüfung, dies macht 40 Prozent unserer Tätigkeit aus. Das andere Standbein ist die Steuer- und Personalberatung, was rund 30 Prozent ausmacht. Und dann gibt es noch den ganzen Bereich der Transaktions- und Unternehmensberatung, welcher der am stärksten wachsende Bereich ist. Wo liegen die Schwerpunkte in der wachsenden Unternehmensberatung? In der Wirtschaftsberatung unterstützen wir unsere Kunden in allen Transformationsfragen. Stichworte dazu sind Customer Transformation, Cybersecurity, Finanztransformation, Workforce of the Future, ESG und Cloud-Transformation. Ich nenne ein Beispiel: Cloud-Transformationen sind eine grosse Herausforderung. Das gilt nicht nur für die grossen, sondern auch für kleine und mittelständige Unternehmen. Gerade kleineren Unternehmen fehlt oft die Kompetenz, um die nötigen Transformationen selbstständig umzusetzen. Die nötigen Technologielösungen sind PRESTIGE BUSINESS

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Kommen wir zum Bereich Human Resources. Wie kommen Sie zu den besten Mitarbeitern? Wir bilden die Mitarbeitenden «on the job» aus und begleiten ihre Entwicklung mit interessanten Weiterbildungen. Wir investieren über 50 Millionen Franken im Jahr in die Aus- und Weiterbildung. Vorher stellt sich aber natürlich die Frage: Sind wir ein attraktiver Arbeitgeber? Ich darf sagen: Die Antwort ist Ja. Als Beratungsunternehmen mit einem guten Ruf liefern wir einen attraktiven Jobinhalt, wir haben eine einzigartig spannende Kundenstruktur, unsere Beratungskunden zählen zu den führenden Unternehmen in ihren Branchen. Aber die besten Talente wollen heute mehr. Ich stelle fest, dass sich schon einiges bezüglich ihrer Erwartungen und Ansprüche verändert hat. Die jungen Talente wollen wissen: Was sind die Werte, wie wird «Diversity & Inclusion» bei PwC gelebt? Wir haben die Antworten darauf, wie ich zu Beginn unseres Gesprächs erläutern durfte. Was empfehlen Sie den jungen Einsteigern? Wie kommt man vorwärts? Wir sagen immer: Du bist im «Drivers Seat». Wir stellen die Möglichkeiten zur Verfügung, damit die jungen Leute vorwärtskommen. Die Eigeninitiative ist der wichtigste Rat. Wir sind offen, aber die Mitarbeitenden selbst müssen überlegen, wo die Reise hingeht, welche Alternativen es innerhalb von PwC gibt, und diese dann einfordern und die Chancen nutzen. Natürlich unterstützen wir die jungen Menschen mit Rat und Tat dabei.

auf eine Art komplex, dass hier starke Abhängigkeiten entstehen, die immer grösser, immer anspruchsvoller und immer teurer werden. Als Berater helfen wir, gewinnbringende und effiziente Lösungen umzusetzen und so nachhaltig Wert für Unternehmen zu schaffen. Das Stichwort Abhängigkeit scheint Ihnen wichtig? Ja genau, die Abhängigkeit steigt. Ein neues Finanzsystem oder ein neues CRM-System sind nicht ohne Weiteres einführbar. Dazu kommt, dass das Senior Management die Frage nach den Kosten stellt. Klar, der «return on investment» ist abbildbar, allerdings sind dann oft die operativen Einheiten für die Umsetzung verantwortlich – und darin liegt die grosse Herausforderung. Oft wird Mehrwert versprochen, selten führt eine Systemänderung aber direkt zu Wachstum oder Ersparnis. Da kommen wir von PwC ins Spiel: Wir sehen hier grosses Beratungspotenzial, besonders in der organisatorischen Vorbereitung. Es ist nicht mehr nur der CIO verantwortlich, sondern die operativen Einheiten werden von Beginn weg strukturiert und mit klaren Prozessen eingebunden. 104

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Eine von Ihnen veröffentliche Studie beschäftigt sich mit der Kundenzentrierung. Warum ist das so bedeutungsvoll? Das ist nichts Neues, höre ich manchmal. Aber Fakt ist leider, dass viele Unternehmen ihre Kundinnen und Kunden noch zu wenig gut verstehen. Es bleibt eine stetige Herausforderung, Kundenbedürfnisse zu erkennen, genügend Zeit darauf zu verwenden, zu hören, was Kunden sagen, zu erforschen, was Kunden tatsächlich wollen. Nun kommt der zentrale Punkt: Berater, die sagen, ja, ich kenne das Problem, ja, ich weiss, wie das geht, haben bei uns keinen Platz. Gute Beraterinnen und Berater müssen zuerst wirklich zuhören wollen, um zu verstehen, was das wirkliche Bedürfnis ist.


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Muss man den Kunden nicht auch zu seinem Glück zwingen? Ja, manchmal ist das schon so. Wir nennen das «creating the demand», denn der Kunde hat oft eine schiefe Vorstellung von dem, was sein Problem ist. Um das zu merken, müssen wir eben zuhören und nachfragen können. Ich nehme mal ein Beispiel aus dem Technologiebereich. Ein Kunde kommt und sagt: Ich brauche Unterstützung bei der Implementierung dieser oder jener Technologie oder Softwarelösung. Statt sofort eine Lösung anzubieten, müssen wir zuerst Zeit ins Fragenstellen investieren: Ist diese Konstellation die richtige? Wurden die notwendigen Vorarbeiten gemacht? Manchmal müssen wir Kunden vor Schaden bewahren oder eben vielleicht, wie Sie sagen, zu ihrem Glück zwingen. Unterscheiden Sie B2B und B2C? Es gibt riesige Unterschiede zwischen diesen beiden Ansprachen, aber faktisch ist es trotzdem dasselbe. Ob ein Kunde geraume Zeit in der Warteschleife eines Callcenters hängt oder ob ich Kunde eines KMU-Betriebes bin, der trotz Versprechen nicht zurückruft: Es ist zweimal gleich schlecht. Beim Grossen sagen Sie, das ist ja wieder typisch, beim Kleinen sind Sie einfach enttäuscht. Entscheidend ist, dass man sich mit dem Kunden im Detail auseinandersetzt. Bei uns ist die sogenannte «Customer Experience» von enormem Gewicht. Der gesamte Bewegungszyklus eines Kunden ist wesentlich. Diese «Journey» eines Kunden und die Erfahrung in allen Stadien, das ist das Entscheidende – das zu verstehen und zu begleiten, setzen wir ins Zentrum unserer Arbeit.

Beratung ist erstmal Theorie. Wie steht es mit der Umsetzung? Das Entscheidende und Schwierigste am Ende ist wirklich das Changemanagement. Da hat – wichtiger als Technik und Prozesse – Leadership eine führende Rolle inne. Die Verantwortlichen, die sich auf den verschiedensten Stufen aktiv im Projekt engagieren, müssen garantieren, dass es nicht mit dem Projektabschluss vorbei ist, sondern die Kooperation bei Abschluss weitergelebt wird. Wir nennen das «Role Modelling» in den grossen Transformationsprojekten. Kommunikation spielt da eine entscheidende Rolle. Machen Sie es denn in Ihrer Firma selbst besser? Auch bei unseren internen Projekten ist dies ein stetiger Lernprozess. Entscheidend ist, dass das operative Team von Beginn an eingebunden ist. Transformation muss «business-led» sein. Weiter muss sich das Management in der Kommunikation und Umsetzung aktiv einbringen und als Vorbild vorangehen. CRM-Systeme sind für den Vertrieb unverzichtbar. Gibt es bei der Implementierung eines CRM-Systems ein paar goldene Tipps? Wir sehen uns auch als Systemberater. Aber wieder fängt die Beratung mit Fragenstellen an: Was ist das Kundenbedürfnis, was will die Firma mit einem CRM-System erreichen? Auf der Basis dieses Bedürfnisses schauen wir: Was ist die richtige Technologie? Ist es Abacus, ist es Microsoft Dynamics, ist es Sales Force? Kann ich auch Cloudlösungen nutzen? Was will ich in dem ganzen Vertriebsprozess eigentlich erreichen? Braucht es ein grösseres Technologiesystem oder reicht auch etwas Kleineres? Das heisst, wir unterstützen nicht nur einfach bei der Implementierung, sondern wir beraten rundum, auch in der Strategie, im Marketing bis zum Vertrieb. PRESTIGE BUSINESS

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Und so geht das durch die ganze «value chain». So realisieren die grossen wie die mittelständischen Unternehmen: Es ist ein Risiko, wenn ich nicht anfange, nachhaltig zu produzieren. Oder eben umgekehrt realisieren sie: Wenn ich es mache, habe ich auch eine riesige Chance, am Markt profitabler zu werden. Und nun bin ich bei meinem Punkt: Es gehen keine Arbeitsplätze verloren, sondern es besteht die Chance, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Kommen wir zum Thema Nachhaltigkeit. Geben Sie den Unternehmen auch Tipps, wie sie nachhaltiger werden können? Ja, das ist so. Der Klimawandel ist eines der drängendsten Probleme, welches die Menschen lösen müssen. Die Geschäftswelt spielt dabei eine Schlüsselrolle. Bei diesem systemischen Wandel unterstützen wir die Unternehmen in den Bereichen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung. Beim Thema Umwelt geht es im Kern um Netto-Null-Verpflichtungen, also darum, dass Unternehmen hinsichtlich ihres CO2-Ausstosses neutral werden. Um auf diesen Pfad zu kommen, brauchen die Firmen in vielerlei Aspekten Beratung. Dabei geht es nicht nur um die Reduktion des eigenen Ausstosses. Wir stellen fest, dass beispielsweise Unklarheit über Messkriterien herrscht oder die immer wichtigere nichtfinanzielle Berichterstattung zu Fragen führt – Stichwort «verbindliche Standards». Dann geht es beispielsweise auch um den Kapitalmarkt, zum Beispiel um Aufnahme von Geldern in Obligationen oder auch Bankkrediten, die Nachhaltigkeit verlangen. Sicher ist, dass CO2-Reduktionen, Kinderarbeit oder Menschenrechte für die Konsumentinnen und Konsumenten zurecht eine immer grössere Rolle spielen. Viele grosse Unternehmen sind in einem Zwiespalt hinsichtlich der Nachhaltigkeitsvorgaben. Heisst Nachhaltigkeit auch Verlust von Arbeitsplätzen? Nein, eben nicht! Ich bin überzeugt, dass die Lösung unserer Nachhaltigkeitsherausforderungen Innovation ist – das ist eine grosse Chance insbesondere für die innovative Schweiz, für unseren Forschungsstandort, die Universitäten, die Unternehmen. Doch Bekenntnisse allein zählen nicht. Viele Unternehmen haben eine Netto-Null-Verpflichtung abgeben, was einfach ist, aber sie haben noch keinen klaren Plan, wie sie diese erreichen können. Um den Kreislauf zu beschreiben, fange ich mal bei uns, bei PwC an. Wir sind entschlossen, weltweilt auf wissenschaftlicher Basis bis 2030 Netto-Null-Treibhausgas-Emissionen zu erreichen. Doch auch wir können nur Netto-Null sein, wenn es auch alle unsere Lieferanten sind. Wenn ein Teil dies nicht ist, müssen wir das kompensieren. Wenn wir jetzt zum Beispiel in ein neues Gebäude einziehen, sagen wir der Immobiliengesellschaft, sie muss NettoNull sein. Auch der Lift- oder Fensterbauer muss es dann sein. 106

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Zu guter Letzt Ihre Botschaft an die Schweizer Unternehmer: Was kann man in der heutigen Zeit im Sinne der Reputation, seiner Marktbearbeitung und Aussenwirkung erfolgreich weiterentwickeln? Es ist ganz entscheidend für die Unternehmen, laufend ihre Reputation zu hinterfragen. Da kann man ansetzen und das Vertrauen der Konsumenten und anderen Stakeholder mit langfristigen und nachhaltigen Strategien halten oder gewinnen. Bei allen Tätigkeiten, von der Digitalisierung bis zur Nachhaltigkeit, gilt: Um die grossen Transformationsthemen voranzutreiben, müssen– und hier wiederhole ich gerne meine Kernbotschaft – das Kundenverständnis und der Kundenmehrwert im Zentrum sein.


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ANDREAS STAUBLI, CEO PWC SCHWEIZ Andreas Staubli ist 52 Jahre alt. 1993 schloss er ein Studium der Betriebswirtschaftslehre, Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG) an der Universität St. Gallen ab (Vertiefung Finanz- und Rechnungswesen). Anschliessend begann er seine Karriere als Steuerberater bei PricewaterhouseCoopers in Zürich. Seit 1998 ist er diplomierter Schweizer Steuerexperte. 1999 / 2000 arbeitete er bei PwC USA in New York. Andreas Staubli verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Strukturierung von Unternehmen im In- und Ausland, der Besteuerung von Finanzdienstleistungen, Fusionen und Übernahmen sowie der ‘Post Deal Integration’ und ‘IPO’s’. Er berät Schweizer und internationale Unternehmen und ist ‘Global Relationship Partner’ mehrerer Kunden. Andreas leitete die Steuerund Rechtsabteilung von PwC Schweiz und war acht Jahre lang Mitglied der Geschäftsleitung von PwC Schweiz. Seit dem 1. Juli 2018 ist Andreas CEO von PwC Schweiz.

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EINE AVANTGARDISTISCHE REISE Das Erbe und die Emotionen der Uhrmacherkunst 108

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Kein Ozean scheint ihnen zu tief, keine Distanz zu weit entfernt. OMEGA begibt sich mit ihren Zeitmessern in Sphären, die für die meisten von uns unerreichbar scheinen. Raynald Aeschlimann, CEO und Präsident von OMEGA, nimmt uns mit auf eine Reise der besonderen Art – von der Entwicklung einer Marke, für die keine Herausforderung zu gross ist.

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Interviewpartner: Raynald Aeschlimann Autorin: Swenja Willms

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RESTIGE BUSINESS: Mit den OMEGA Days 2022 stellten Sie Ihre diesjährigen Neuheiten vor. Der neue «Seamaster 300 Co Axial Master Chronometer» ist eine Uhr für Abenteurer – ob zu Erde, Wasser oder zu Luft im Weltall. Bei OMEGA kommen Abenteurer auf den Geschmack. In welchem Element sind Sie zuhause Herr Aeschlimann? Raynald Aeschlimann: Angesichts des Pioniergeistes von OMEGA in der Uhrmacherei ist es ganz natürlich, dass unsere Kunden unsere Zeitmesser bei Abenteuern tragen. Wie Sie sagen, haben sich unsere Uhren bei so vielen unglaublichen Missionen auf der Erde und darüber hinaus bewährt. Ich persönlich habe eine grosse Leidenschaft für das Segeln und hatte das Glück, meine Zeit auf dem Meer an wunderschönen Orten wie dem Mittelmeer und der Karibik zu verbringen. Ich besitze eine Reihe von OMEGA-Uhren, insbesondere die «Seamaster», die perfekt für diesen Lebensstil sind. Schon Ihr Grossvater war Uhrmacher. Liegt die Kunst der Uhrmacherei in Ihren Genen? Wenn man in dieser Region der Schweiz aufwächst, ist man von dem Erbe und den Emotionen der Uhrmacherei umgeben. Diese historische Industrie hat mich im Laufe meines Lebens wirklich inspiriert, und natürlich habe ich auch die Leidenschaft meines Grossvaters für das Handwerk geerbt. Ich habe meine Ausbildung und Karriere im Verkauf und in der Wirtschaft begonnen, aber ich wusste immer, dass ich diese Erfahrung in die Uhrmacherei einbringen würde. Seit den 1990ern arbeiten Sie in der Uhrenindustrie. Welche Momente waren rückblickend die prägendsten für Sie? Die Mitte der 1990er Jahre war für OMEGA eine ziemlich revolutionäre Zeit. Damals trat ich in das Unternehmen ein – eine aufregende Zeit voller Möglichkeiten. Die Schweizer Industrie hatte sich gerade von der Quarzkrise erholt und erlebte einen PRESTIGE BUSINESS

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grossen Aufschwung. Bei OMEGA liessen wir in dieser Zeit unser Engagement für Taucheruhren mit der kultigen «Seamaster Diver 300M» wieder aufleben. Wir nahmen Cindy Crawford unter Vertrag, unsere erste Markenbotschafterin, die uns bis heute treu geblieben ist. Wir begannen unsere Partnerschaft mit James Bond, und auch unsere Segelpartnerschaft mit dem Team New Zealand, das in den letzten 25 Jahren ein wichtiger Teil unseres Vermächtnisses in Bezug auf das Meer gewesen ist. Es war eine ganz besondere Zeit, Teil von OMEGA zu sein. Seit 2016 führen Sie die wichtigste Marke der Swatch Group. Welche Ziele haben Sie sich damals gesetzt, und welche davon konnten Sie bereits erreichen? Seit ich Präsident und CEO von OMEGA bin, ist es mein Ziel, das Erbe dieser grossartigen Marke fortzuführen und unseren Werten Präzision, Innovation und Pioniergeist treu zu bleiben. Ich möchte, dass wir stolz auf unsere Geschichte sind, aber auch die Grenzen für die Zukunft weiter nach vorne verschieben. Eine unserer grössten Errungenschaften in dieser Zeit ist meines Erachtens die Weiterentwicklung der Master-Chronometer-Zertifizierung. Wir haben nun fast alle unsere mechanischen Uhren auf diesen einzigartigen Standard gebracht und sichergestellt, dass die Kunden das beste Niveau an Präzision, Leistung und Magnet­resistenz in der Schweizer Uhrenindustrie erhalten.

Die 007-Edition der «Seamaster Diver 300M» ist identisch mit der Uhr von James Bond in «Keine Zeit zu sterben»

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OMEGA verzeichnet seit Jahren ein enormes Umsatzwachstum. Was ist das Erfolgsrezept Ihrer Zeitmesser? Das Schlüsselwort ist Qualität. OMEGA investiert viel Zeit und Mühe, um in jedem Detail eine herausragende Leistung zu erzielen. Wie ich bereits sagte, können Sie diese Qualität in unseren «Co-Axial Master»-Chronometer-Uhrwerken sehen. Aber wir haben auch die von uns verwendeten Materialien verbessert, mit exklusiven Goldlegierungen, und wir entwickeln unsere Designs ständig weiter und verfeinern unseren Stil. Ich denke, die Kunden sehen und schätzen, was wir tun, und das wirkt sich positiv auf den Verkauf aus.

Die Globemaster ist legendär. Nach ihrem Facelift 2015 sorgte sie als erster Master Chronometer für weltweites Aufsehen.

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Die erlebnisorientierte Boutique von OMEGA am Züricher Flughafen bietet Raum für die Entdeckung der vielseitigen Kollektionen.

Für was steht OMEGA heute? Ich bezeichne OMEGA immer gerne als eine aufstrebende Marke. Wir haben uns in der Geschichte einen Namen gemacht und stehen heute für den besten Wert in Bezug auf Qualität. Die Kunden wollen Teil unserer Geschichte sein. Sie sehen zum Beispiel unser Vermächtnis in der Weltraumfahrt oder unsere Innovationen bei den Olympischen Spielen, und das wollen sie selbst am Handgelenk tragen. Mit der Eröffnung der europaweit grössten Boutique am Zürcher Flughafen setzten Sie im Jahr 2020 ein Statement für den stationären Handel. Ein Schritt, der sich ausbezahlt hat? Unsere OMEGA-Boutiquen waren schon immer wichtig für uns. Sie bieten eine persönliche Note sowie Fachwissen, und sind ein sehr wertvoller Weg, um enge Kundenbeziehungen aufzubauen. Es gibt keine bessere Art und Weise, mit einer Uhren-

marke in Kontakt zu treten, als ihre Geschäfte zu besuchen und die Uhren am Handgelenk zu tragen. Der Circle in Zürich ist sehr interaktiv und einzigartig. Hier kann man die DNA von OMEGA wirklich erleben. Aufgrund der Pandemie war es eine schwierige Zeit für die Eröffnung, aber jetzt, wo die Reisetätigkeit wieder zunimmt, sind wir überzeugt, dass dies ein grossartiges Ziel für OMEGA-Kunden ist. Mit der letzten Kampagne luden Sie ein, die Traumwelten von OMEGA zu entdecken, die nicht allzu fern von unserer Realität sind. Wie verbindet OMEGA unsere Träume mit Uhrmacherkunst? Zeit ist das Wertvollste, was wir haben. Jeder hat nur ein einziges Leben, um seine Träume und sich selbst zu verwirklichen. Für manche Menschen gehört dazu vielleicht die Landung auf dem Mond. Für andere geht es darum, besondere Erinnerungen mit Freunden und Familie zu schaffen. OMEGA möchte Träume unterstützen und inspirieren. Wir haben Uhren, die das ganze Leben lang getragen werden können – und dann an die nächste Generation weitergeben werden. Unsere Qualität und Zuverlässigkeit wird Sie immer begleiten. Wir werden die Stunden Ihres Lebens mit perfekter Präzision zählen. Sie müssen nur noch das Beste aus ihnen machen. PRESTIGE BUSINESS

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Die neue «Speedmaster ’57» wurde überarbeitet, um an das Aussehen und die Haptik der allerersten «Speedmaster» aus dem Jahr 1957 zu erinnern. Wie finden Sie immer wieder aufs Neue die Balance zwischen Neuem und Traditionellem? Bei der «Speedmaster» handelt es sich um ein Erbe, das wir nicht verändern wollen. Wenn man das Design zu sehr verändert, läuft man Gefahr, seine Seele und Emotionen zu verlieren. Der Schlüssel liegt darin, das Erbe zu sublimieren und kleine Akzente zu setzen, die einen grossen Unterschied machen. Bei der neuen «Speedmaster ’57» haben wir zum Beispiel den «Dot over 90» (Punkt über 90) auf der Lünette hinzugefügt. Das ist nur eine Kleinigkeit, aber für «Speedmaster»-Sammler und -Fans ist es eine Hommage an das ursprüngliche Design. Gleichzeitig haben wir ein «Co-Axial Master»-ChronometerUhrwerk eingesetzt und das Design viel schlanker und stromlinienförmiger gemacht. Dadurch wirkt die Uhr modern und frisch, hat aber immer noch den historischen Look.

In welche Sphären wird OMEGA noch vordringen? Wir sind immer offen für neue Möglichkeiten. Kürzlich ging unsere «Seamaster Ultra Deep» an den tiefsten Ort, der jemals auf der Erde aufgezeichnet wurde. Und mit unseren neuen Partnerschaften mit «ClearSpace» und «Privateer» unterstützen wir die Beseitigung von kaputten Satelliten, um eine nachhaltige Zukunft für die Weltraumforschung zu gewährleisten. Es macht Spass, die Grenzen des Möglichen zu testen. Insgesamt wollen wir einfach nur die menschliche Neugierde teilen und jede Herausforderung annehmen, die sich uns bietet.

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Auch 50 Jahre nachdem die «Moonwatch» das erste Mal im All getragen wurde, ist sie für Astronauten auch heute noch ein ständiger Begleiter. Was prädestiniert den Zeitmesser für ein solch extraterrestrisches Abenteuer? Die «Speedmaster» wurde 1965 von der NASA ausgewählt, weil sie die einzige Uhr war, die ihre Tests überlebte. Das führt zurück zu dem Wort, das ich zuvor erwähnt habe – Qualität. Aber der andere wichtige Punkt ist Vertrauen. Wenn man in den Weltraum fliegt, muss man eine Uhr haben, die absolut zuverlässig

ist. Die Astronauten im Weltraum haben sich immer auf OMEGA-­Uhren verlassen können. Nehmen Sie zum Beispiel Apollo 13. Damals haben die Uhren tatsächlich dazu beigetragen, die Besatzung zu retten und sie sicher zur Erde zurückzubringen. Seit diesen frühen Jahren ist der Ruf von OMEGA-Uhren im Weltraum gewachsen. Wir haben enge Beziehungen zu Raumfahrtagenturen und Astronauten aufgebaut, und wir sind heute als die zuverlässigsten Zeitmesser für die grössten Missionen bekannt.

Gern gesehener Begleiter der NASA-Crew: Speedmaster 105.012 Kaliber 321.

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MUST-HAVES SPEEDMASTER ’57 OMEGA CO-AXIAL MASTER CHRONOMETER CHRONOGRAPH Der «Speedmaster ’57 OMEGA Co-Axial Master Chronometer Chronograph» ist eine innovative Armbanduhr, die ihrer legendären Vorfahrin die Ehre erweist und doch für neue, ganz eigene Abenteuer geschaffen worden ist. Ein beeindruckendes neues Modell fügt der Kollektion ein paar dezente Merkmale hinzu – wie zum Beispiel die «Broad Arrow»-Zeiger und das markante schwarze Zifferblatt, die an die Original-­«Speedmaster Professional» erinnern.

SPEEDMASTER CHRONOSCOPE CO-AXIAL MASTER CHRONOMETER CHRONOGRAPHH Die Kollektion «Chronoscope» hat das legendäre Design der «Speedmaster» übernommen und es mit Inspirationen aus OMEGAs Armbandchronographen der 1940er Jahre kombiniert. Dieses 43-Millimeter-­Modell ist aus Edelstahl gefertigt und besitzt ein silberfarbenes Zifferblatt mit geschwärzten Hilfszifferblättern. Neben dem Lünettenring aus schwarz eloxiertem Aluminium mit Tachymeterskala wurden auch die Blattzeiger und die arabischen Ziffern geschwärzt.

SEAMASTER PLANET OCEAN ULTRADEEP Nach ihrer Reise zum tiefsten Punkt der Erde im Jahr 2019 erscheint die bahnbrechende «Ultra Deep» nun als 45,5-Millimeter-Kollektion für die breite Öffentlichkeit. Die unter realen Unterwasserbedingungen im Ozean getestete unglaubliche Taucheruhr ist bis zu einer Tiefe von 6000 Metern wasserdicht.

SEAMASTER DIVER 300 M Seit 1993 hat die «Seamaster Diver 300 M» eine begeisterte Anhängerschaft. Anlässlich ihres 25-jährigen Jubiläums hat OMEGA sie komplett überarbeitet. Die sowohl mit 42 Millimeter als auch mit 43,5 Millimeter Durchmesser verfügbare Uhr verfügt nun auch über eine neue Keramiklünette mit einer Tauchskala aus Ceragold™ oder weissem Email. Alle Zeitmesser werden von Master-ChronometerKalibern angetrieben.

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DAS KAPITAL SIND DIE MITARBEITENDEN Der Wertewandel der neuen Generation in der Arbeitswelt

Die Suche nach guten Mitarbeitenden kann mitunter schwierig sein, besonders die junge Generation hat bezüglich Arbeitsvorstellungen andere Ansichten als ältere Generationen. Aktuelle Transformationen, wie die Digitalisierung und die Globalisierung verändern die Arbeitswelt und setzen neue Impulse. Santino Cambrio, Geschäftsführer von Clover Coaching und Andreas Büttiker, Direktor der Baselland Transport AG über New Work, Hard Work, Teamspirit und den Wertewandel in der Arbeitswelt. Interviewpartner: Andreas Büttiker und Santino Cambria Autor: Peter Levetzow

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RESTIGE BUSINESS: Nicht zuletzt durch die Pandemie hat der Bereich New Work eine völlig neue Bedeutung erhalten. Wie beurteilen Sie diesen Trend, auch durch die zunehmende Globalisierung und Digitalisierung, Herr Büttiker? Andreas Büttiker: Die Digitalisierung findet schon seit mehreren Jahren statt und in allen Lebensbereichen, privat, aber auch geschäftlich, Einzug gehalten. Das Gleiche gilt für die Globalisierung und die weltweite Arbeitsteilung. Man stösst da aber auch an gewisse Grenzen wie die internationalen Lieferketten jetzt zeigen. Was versteht man genau unter New Work? Es ist ein bisschen so ein Modewort. Es bedeutet weg zu gehen von eingefahrenen Hierarchien hin zu Mitarbeiterführung auf Selbstbestimmungsbasis. Und da muss ich sagen, es gibt schon eine ganz klare Transformation, die ich feststelle: Homeoffice und Coworking Spaces, das steht so ein wenig für New Work. Durch die Pandemie hat sich sicher auch die digitale Zusammenarbeit über Teams, Zoom und Videokonferenzen verändert und man fragt sich wirklich, muss ich jetzt wirklich wegen dieser Sitzung nach Bern oder nicht. Nicht jede Arbeit ist von New Work gleich betroffen. Ich glaube, rund 90 Prozent der Arbeit sollte man dennoch vor Ort erledigen, insbesondere was die Arbeit im Vorstand, im Depot und in der Verwaltung betrifft. Es gibt aber auch dort gewisse Funktionalitäten, die man anders gestalten kann, zum Beispiel auch von zu Hause. New Work ist für mich ein wenig ein Schlagwort geworden, und wir müssen jetzt wieder ein schauen, dass Homeoffice, das bisher eine Pflicht war, wieder richtig eingeordnet wird. Durch die Homeoffice-Pflicht ging viel Innovation verlorengegangen und eine gewisse Führungs-

Andreas Büttiker, Direktor Baselland Transport AG

losigkeit hat Einzug gehalten. Der Betrieb wurde am Leben gehalten. Aber die Unternehmenskultur hat aus meiner Sicht auch Schaden genommen. New Work bezeichnet auch den Wandel in der Arbeitswelt, vor allem auch durch die Bedürfnisse und Ansprüche der neuen Generationen, the new generation. Das Stichwort Employer Branding gewinnt an Bedeutung, besonders um die guten Mitarbeiter im Unternehmen zu halten und dann auch am Arbeitsmarkt zu gewinnen? Andreas Büttiker: Wir versuchen uns auf die verschiedenen Bedürfnisse der Generationen einzustellen. Und das ist wirklich eine Herausforderung. New Work suggeriert manchmal ein bisschen das selbstverwaltete Gruppen sich selbst führen, da habe ich gewisse Vorbehalte. Die Werte sind unabhängig von den Generationen, dazu gehören Werte wie Respekt, Leidenschaft, Fortschritt und Begeisterung. Der Mensch ist de facto gleichgeblieben. Er sucht Wert-

schätzung, er sucht Anerkennung, er sucht Sicherheit, unabhängig von der Generation und der New Work Bewegung. Die Art und Weise, wie man arbeitet, wie man Prioritäten zwischen Leben und Job setzt, das hat sich verändert. Aber ich glaube, die Grundwerte, die jeder Mensch sucht, die sind gleichgeblieben. Homeoffice hält nun auch Einzug in Grosskonzerne? Andreas Büttiker: Ja, das wurde jetzt durch die Pandemie ausgelöst. Homeoffice hält nicht nur Einzug in die Grosskonzerne, sondern je nachdem auch in gewisse KMU. Es hat aber auch seine Grenzen. Der Mensch braucht soziale Kontakte, die ihn beflügeln, die ihm Nähe geben. Ich stelle fest, dass durch das Homeoffice viel Innovation und Austausch verlorenging. Gerade bei Banken und Versicherungen, wo die Erreichbarkeit erst einmal sichergestellt werden muss, damit die Betriebe überhaupt weiter funktionieren können. Homeoffice ist nicht für jeden das Beste. Es ist gut, PRESTIGE BUSINESS

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dass die Pandemie das salonfähig gemacht hat und auch ich musste neu denken. Ich dachte zuerst, das kommt nicht infrage. Doch auch bei BLT haben wir nun Homeoffice eingeführt, für die, die das können und mit klaren Spielregeln. Aber Homeoffice ist nicht die Lösung aller Probleme und es ist auch nicht jeder für Homeoffice gemacht. Das Arbeitsmittel Homeoffice muss sehr überlegt und gut eingesetzt werden. Für mich stellt sich hier auch noch die Frage, ob das Homeoffice dem Beruf eine neue Wertigkeit gegeben hat. Fakt ist, es gibt Mitarbeiter, die Homeoffice machen können und es gibt die, die das nicht können. Ich sehe das auch bei uns: Wagenführerinnen, Wagenführer und Depotmitarbeitende, sie alle müssen auf der Matte stehen. Und dann gibt es andere, die ihre Arbeitszeit frei wählen können und an den Wochenenden nicht arbeiten müssen. Die können zusätzlich Homeoffice machen. Santino Cambria: Corona hat das Homeoffice durchaus befeuert, wie Sie es gesagt haben, Herr Büttiker. Durch die neue Denkweise könnte es für gewissen Unternehmen mit grossen Verwaltungs-, Planungs- und Forschungsabteilungen interessanter sein Homeoffice-Tage zu ermöglichen. Denn hier besteht sicher auch eine Aussicht darauf, dass man gewisse Produktivitätsvorteile schaffen kann oder auch der Bedürfnisfrage von Arbeitnehmenden entsprechen kann, insbesondere von den neuen Generationen. Und ich denke auch, wenn es konzeptionell gut durchdacht und gut organisiert ist, kann ein guter Mix zwischen Präsenz und Homeoffice, durchaus die Produktivität steigern. Aber immer abhängig von der Selbst- und Methodenkompetenz eines jeden Einzelnen. Wie ist es um unsere sozialen Kontakte im Arbeitsleben bestellt? Also wie grundsätzlich ist der Wert von der informellen Kommunikation für das Unternehmen, für die Mitarbeiter im Gang oder in der Teeküche, nicht zu unterschätzen? Insbesondere wenn es um den lockeren Informationsaustausch und den Teamspirit geht? Andreas Büttiker: Der Mensch ist in erster Linie ein soziales Wesen. Er braucht den Kontakt, Distanz und Nähe, der Mensch braucht persönliche Beziehungen. Es gibt so eine wunderbare Aussage von Wilhelm von Humboldt, dem preussischen Gelehrten und Staatsmann aus dem 18. Jahrhundert. Er hat gesagt, im Grunde sind es die Verbindungen zwischen Menschen, die dem

Santino Cambria, Geschäftsführer Clover Coaching

Leben seinen Wert geben. Das ist der zentrale Aspekt, die sozialen Kontakte. Man muss sich dann auch wieder zurückziehen und arbeiten können. Aber das ist der zentrale Treiber und durch die sozialen Möglichkeiten der Digitalisierung, Homeoffice und Coworking Spaces, muss man wieder einen Weg finden, wie man die sozialen Kontakte aktivieren kann. Immer mehr wird das Thema Work-Life-Balance diskutiert: Das Motto der Neuzeit: Geld allein macht nicht glücklich? Andreas Büttiker: Geld allein hat noch nie glücklich gemacht. Aber kein Geld zu haben, hat eben auch nicht glücklich gemacht. Es findet ein Wertewandel statt. Wie wir vorhin schon gesagt haben: Die Babyboomer-Generation und die Nachkriegsgeneration sind anders geprägt, Aufbruch, Leistungswille, Leistungsbereitschaft waren ein Muss, die Arbeit die Basis. Persönliche Bedürfnisse hat man eher zurückgestellt. Vor 20 Jahren habe ich zum ersten Mal den Begriff Work-Life-Balance gehört, weil man gesehen hat, der Mensch arbeitet sich kaputt. Santino Cambria: Geld allein macht nicht glücklich, das ist eine alte Binsenweisheit. Aber wir älteren Generationen in den 2000ern wollten das nicht wahrhaben. Die neuen Generationen sehen das tatsächlich so. Tendenziell wollen sie nicht mehr so viel arbeiten, wie wir früher. Der Begriff Work-Life-Balance ist

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dem Begriff Work-Life-Blending gewichen. Die ewige Suche nach Balance zwischen Arbeit und Freizeit ist immer konfliktbehaftet, denn irgendwas kam trotzdem immer zu kurz, entweder die Arbeit oder das Privatleben. Work-Life-Blending entzerrt diesen Konflikt, die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwinden, wenn die persönlichen Bedürfnisse im Tagesablauf besser berücksichtigt werden. Das entspannt auch mehr. Und das schafft auch mehr Freude an der Arbeit und mehr Lebensqualität. Interessant die der Begriff Remote Work, also Arbeiten von irgendwo her, da haben wir bereits darüber gesprochen und wie sich das entwickelt, wissen wir noch nicht. Ist hard work die Grundlage für Erfolg? Wird zunehmend nicht der Spassfaktor in den Vordergrund gestellt? Andreas Büttiker: Also auf diese Frage habe ich eine klare Antwort: Erfolg ist nur durch harte Arbeit möglich. Ob man WorkLife- oder Life-Work-Balance macht, das spielt keine Rolle. Aber harte Arbeit und Freude an der Arbeit sind keine Gegensätze. Erfolg beflügelt und animiert auch. Wenn man nur in einer Spassgesellschaft unterwegs ist, und trotzdem ein Looser ist, dann findet man keine Befriedigung. Erfolg bedingt harte Arbeit und das muss nicht per se negativ sein. Santino Cambria: Der Begriff Spassfaktor passt für mich nicht, das hat für mich was mit Parties zu tun. Ich glaube aber auch, dass es nicht darum geht. Es ist nicht entscheidend, möglichst viele Sachen zu machen, viele Dinge zu tun und das mittels harter Arbeit abzuarbeiten. Vielmehr geht es darum, die richtigen Dinge zu tun. Nicht immer einfach, das eine vom anderen zu unterscheiden. Und Freude an der Arbeit entsteht dann, wenn man sich mit dem, was man macht, identifizieren kann. Dann spielt es auch keine Rolle, wie hart die Arbeit ist. Und die neuen Generationen haben, was das angeht, hohe Ansprüche. Sie wollen Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit und in dem, was sie tun. Und Sinnhaftigkeit vermittelt aus meiner Sicht Freude. Darum nicht Spassfaktor, sondern Freude an der Arbeit, die nicht immer Freude machen kann. Denn es gibt manchmal auch harte und schwierige Tage, die nicht so erfreulich sind. Führen von oben funktioniert nicht mehr. Liegt es an den fehlenden Patrons? Andreas Büttiker: Autoritäte Führung hat vor 50 Jahren funktioniert. Schon lange angesagt ist partizipative Führung. Die Menschen wollen ernst genommen werden PRESTIGE BUSINESS

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HUMAN RESOURCES und sich weiterentwickeln. Ich glaube, es ist eher ein bisschen eine allgemeine Orientierungslosigkeit da, auch durch den Werteverlust. Früher war alles klarer. Was heute gilt, ist manchmal schwierig festzustellen. Und was heisst Patron? Ich glaube, Patron hat bei mir eine positive Assoziation. Aber ich glaube, wir brauchen moderne Patrons. Auch der Patron-Begriff muss sich anpassen. Und was ist für mich ein moderner Patron? Natürlich einer, der unternehmerisch denkt, für mich sind das aber auch integre, wertebasierte Führungspersönlichkeiten, die glaubhafte Vorbilder darstellen und bei denen es nicht nur um sie selbst geht, sondern er trägt auch die Fürsorge für seine Mitarbeiter. Santino Cambria: Mir ist nicht ganz klar, was unter Führung von oben gemeint ist, aber grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die meisten Leute schon immer Führung gebraucht haben. Und weiterhin auch brauchen werden, insbesondere in schwierigen Zeiten. Die Ansprüche an die Führungskräfte sind aufgrund der Bedürfnisse und der Ansprüche der neuen Generationen massiv gestiegen. Und wenn man mit Patrons Leadertypen meint, die vorangehen und es verstehen, ihre Mitarbeitende emotional mitzunehmen – die hat es schon immer gegeben und wird es auch immer geben. Und sie werden vor allem dringend benötigt. Wenn man mit Patron aber Führungskräfte meint, die alles besser wissen, die auf autoritäre Art ihre Mitarbeiter zum Handeln bewegen möchten, dann hat das vielleicht früher funktioniert, wird aber heute und in Zukunft nicht mehr gelingen. So gesehen sehe ich den Patron-Begriff eher schwindend, er ist ein wenig verstaubt. Ich würde sie heute als Leader bezeichnen. Der positive Patron aus der Vergangenheit ist der heutige Leader, der vorangeht und die Leute mitzieht und auf werteorientierte Art auch behandelt und auch mal eine Ansage macht, wenn sie nötig ist.

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Die Generation Y hat die Berufsstartphase gemeistert und startet nun ins Berufsleben. Wie beurteilen Sie diese Generation und die nachfolgenden? Andreas Büttiker: Die Generation Y ist jetzt zwischen 20 und 35 Jahre alt. Ich habe Kinder in diesem Alter. Und wie wir vorher schon gesagt haben, ist der Sinn für diese Generation sehr wichtig. Auch Werte wie Nachhaltigkeit spielen für junge Leute eine wichtige Rolle. Mit dem Thema Nachhaltigkeit können wir junge Leute gewinnen. Eben Employer Branding, für welche Werte steht das Unternehmen? Persönliche Entwicklung ist wichtig, Freiheit steht im Zentrum und Unabhängigkeit. Der Lohn steht nicht an erster Stelle, der ist sekundär. Sie müssen sich wohlfühlen. Sie wollen ernst genommen werden. Sie wollen sich einbringen, mitdenken und Verantwortung tragen. Es gibt zahlreiche Beispiele aus der Literatur, wo über den Wertezerfall und die verantwortungslose Einstellung der neuen Generation geschrieben wird. Die jungen Leute sind immer das Produkt der Gesellschaft. Schlussendlich haben wir Älteren sie erzogen, und sie sind nicht die besseren oder die schlechteren Menschen als die ältere Generation. Viel entscheidender ist, wie wir mit ihnen umgehen. Und Tatsache ist, dass die Welt sie braucht und wir älteren Generationen die Werte und Tugenden den neueren Generationen vorleben und weitergeben sollten.


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Santino Cambria: Und dann muss man noch sehen, dass wir von einer Generation reden, die jetzt 25 bis 35 Jahre ist, also am Anfang ihres Berufslebens steht. Wenn die Generation eine Familie gründet und eine gewisse Lebenserfahrung hinter sich hat, mit 50 oder 60 Jahren sieht man dann auch wieder vieles anders. Die 68er waren erst Weltverbesserer und haben sich dann doch einer boomenden Wirtschaftswelt angepasst. Andreas Büttiker: Die wenigsten Hippies sind Hippies geblieben. Santino Cambria: Ja, das ist so. Und die verrücktesten Hippies haben nicht die erfolgreichsten Lebensläufe gehabt, aber die spannendsten.

ANDREAS BÜTTIKER, DIREKTOR DER BASELLAND TRANSPORT AG Andreas Büttiker ist seit über 25 Jahren Direktor der Baselland Transport AG und hält zahlreiche Verwaltungsratsmandate, darunter das Amt des Präsidenten der Primeo Energie AG, er sitzt im Verwaltungsrat der Schweizerischen Rheinhäfen, ist Verwaltungsratspräsident der Pick-e-Bike AG und der Moving Media Basel AG, sowie im Strategierat Allianc SwissPass. Andreas Büttiker hat Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel und an der Standford Universität in den USA studiert. Im April wurde bekannt, dass Büttiker im kommenden Jahr von seiner Funktion als Direktor der Baselland Transport AG zurücktritt. Einen geeigneten Nachfolger oder Nachfolgerin zu finden, hat für ihn oberste Priorität.

SANTINO CAMBRIA, GESCHÄFTSFÜHRER CLOVER COACHING AG Santino Cambria bringt durch seine über 30-jährige Berufserfahrung als Unternehmer, Führungskraft und Berater in den Bereichen Human Resources und Business Coaching ein breites Know-how bei allen Personalrekrutierungs- und Personalentwicklungsfragen mit. Er berät namhafte Firmen aus unterschiedlichen Branchen zur richtigen Investition in ihre Mitarbeitenden, die aus seiner Erfahrung den Erfolg einer Unternehmung bestimmen. Die Erstellung von Lösungskonzepten zur methodisch erfolgswirksamen Entwicklung von Unternehmensbzw. Führungskulturen und zur Kompetenzerweiterung in den Bereichen Leadership, Kommunikation und Verkauf gehören zu seinen Schwerpunkten. Er absolvierte eine Ausbildung im Bankwesen und studierte Betriebsökonomie mit Schwerpunkt Personalmanagement und Marketing an der FHNW in Basel. PRESTIGE BUSINESS

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DAS BESTE IST NICHT GENUG Ausbildung auf höchstem Niveau

Mitten in der zauberhaften Landschaft im Tessin arbeitet eine besondere Bildungseinrichtung. TASIS hat einen amerikanischen Hintergrund und ist im Tessin seit den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts präsent. Die pädagogische Institution bietet Rahmenbedingen, die ihren Schüler*innen die Tore in eine globalisierte Welt öffnen.

©TASIS

Autor: Georg Lutz

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©TASIS

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as Tessin gilt als die «Sonnenstube der Schweiz». Dort ist das Klima milder, es gibt wunderschöne Seen wie den Lago Maggiore und den Luganersee, darum herum beeindruckende Berge, architektonischer und kultureller Reichtum, kulinarische Highlights und malerische Dörfer. Dieses Traumziel ist die perfekte Destination für Kurzurlaube. Das Tessin war und ist aber auch Anziehungspunkt für Menschen, die Inspirationen suchen, sich im weitesten Sinne bilden möchten, die Moderne gestalten und phasenweise auch aus ihr aussteigen wollen. Der Monte Verità, oberhalb von Ascona, ist da sicher das bekannteste Beispiel.

Eingebettet in den kulturellen Raum des Tessins befindet sich TASIS.

ORT FÜR BILDUNG Gleich danach auf der Hitliste von Orten im Tessin mit magischer Anziehungskraft für Künstler*innen, Schriftsteller*innen und Intellektuelle steht Montagnola, welches wenige Kilometer südwestlich von Lugano malerisch zwischen Bergen und dem Luganersee eingebettet liegt. Sein bekanntester Bewohner war Hermann Hesse. Mitten in Montagnola beginnt der Sentiero Hermann Hesse (Hermann-Hesse-Wanderweg), der heute von Bildungsurlaubern genutzt wird. In Montagnola lebten phasenweise einige grosse Geister der Frankfurter Schule, eines intellektuellen Herzstücks der Weimarer Republik und später dann der USA. Der Philosoph Max Horkheimer und der Soziologe Friedrich Pollock nutzten Montagnola als Inspirationsquelle. Dazu kamen der Zeichner Gunter Böhmer und seine Frau Ursula sowie der Maler Hans Purrmann. Im 20. Jahrhundert war Montagnola ein Aushängeschild für Bildungshungrige. Hermann Hesse lieferte dazu ein prägendes Zitat: «Lesen ohne Liebe, Wissen ohne Ehrfurcht, Bildung ohne Herz ist eine der schlimmsten Sünden gegen den Geist.» Wer auf der Suche nach einem idealen Bildungsort, konkret einer Schule ist, kommt in Europa an Montagnola kaum vorbei. Von einem Berg oberhalb Luganos

blickt man auf der einen Seite nach Italien mit seinen klassischen Bildungsthemen und hat auf der anderen Seite die Alpen als Rückhalt und Sehnsuchtsort im Rücken.

Ausbildung der Jugend quer durch alle sozialen Schichten zu stemmen.

AUFBRUCH NACH DER KATASTROPHE

Auch der Nachwuchs der europäischen Eliten sollte in das offene US-amerikanische Bildungssystem eingeführt werden und das alte muffige europäische Bildungsideal hinter sich lassen, ohne diese spannenden Aspekte der europäischen Geschichte zu vergessen. Mary Crist Fleming, die Gründerin von TASIS, wollte das Chaos der Nachkriegszeit beenden. Der Schlüssel dazu hiess Bildung. 1956 träumte sie von einem Ort, an dem sich junge Menschen aus der ganzen Welt versammeln, eine Wertschätzung für die Kultur der anderen entwickeln und zusammenarbeiten, um die Welt zu einem sichereren und besseren Ort zu machen. Aus dieser Vision entstand TASIS, die Schule, die Fleming als «einen Mikrokosmos dessen, was die Welt sein sollte und könnte», beschrieb.

Das beeindruckte vermutlich auch die Verantwortlichen von TASIS (The American School In Switzerland), als sie 1956 ihre Schule in Montagnola gründeten. Der Ort war ideal, aber die historischen Umstände gelinde gesagt herausfordernd. Der Sieg über den Nationalsozialismus und Faschismus war erst gut zehn Jahre her. Ganze Generationen von Jugendlichen in Europa waren durch die Schulen des Faschismus geprägt worden. In diesem historischen Rahmen eine internationale Schule mit angelsächsischem Bildungshintergrund in Europa zu eröffnen, erforderte Mut. Der war zu dieser Zeit in den USA vorhanden. Der «American Way of Life» setzte zu seinem globalen Siegeszug an. Die Autos wurden immer schneller und die Kühlschränke immer grösser. In Westeuropa waren die USA ein Vorbild. 1956 begann mit einem gewissen Elvis Presley die Musikrevolution des Rock ’n’ Roll. Die Jugend war begeistert. Die grosse Herausforderung war aber, die schulische

DER SCHLÜSSEL HIESS BILDUNG

Dafür nahmen Fleming und ihre Mitstreiter*innen die positiven Elemente des angelsächsischen Bildungssystems und bündelten es in Montagnola. Der Kern und Unterschied beziehen sich auf das Verhältnis von Schüler*innen, Lehrer*innen und PRESTIGE BUSINESS

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©TASIS

Mittel- und Hochschulen von TASIS, während etwa 270 Schüler zwischen elf und 19 Jahren auf dem Schulgelände wohnen. Die Schüler*innen stammen aus mehr als 60 unterschiedlichen Ländern und sprechen mehr als 30 verschiedene Sprachen. Die kulturellen Unterschiede werden gelebt, gefördert und motivieren die Studierenden, sich anderen Kulturen gegenüber zu öffnen. Die Studierenden verlassen TASIS mit einem weltweiten Netzwerk, welches ihnen bei der Karriereplanung hilft. Die Highschool-Schüler*innen können zwischen einem individuellen Advanced-PlacementKurs oder dem «International Baccalaureate» (IBDiplom) wählen.

Schule ist viel mehr als das Vermitteln von Wissen.

Die Schule bietet ein aussergewöhnliches FineArts-Programm, zu dem unter anderem Kurse in Schauspiel, Musik oder bildender Kunst gehören. Die Studierenden können so herausfinden, wo ihre Talente liegen. Die Grundschule vermittelt das Basiswissen mit dem Singapur-Mathematik-Programm, Englisch als zusätzlicher Sprache und einer italienischen Sparte – alle Studierenden werden ideal auf ihre akademische Karriere vorbereitet. Zertifiziert vom European Council of International Schools (ECIS) und der New England Association of Schools and Colleges (NEASC) fördert TASIS mit engagierten Lehrer*innen die Entwicklung des

BILDUNGSSYSTEME IM WETTSTREIT

©TASIS

Eltern. Studierende und Lehrende arbeiten im angelsächsischen Konzept zusammen, um den gemeinsamen Erfolg den Eltern zu beweisen. In europäischen Schulen verbünden sich nicht selten die Eltern mit ihren Kindern gegen die Lehrenden. Da sinkt die Motivation bei allen Beteiligten – und in Montagnola steigt sie.

Ja, es gibt auch die bekannten Nachteile des angelsächsischen Bildungssystems, welches beispielsweise zu wenig in die Breite ausgerichtet ist. Die Konzentration in den USA auf wenige Elite-Bildungsinstitutionen im Raum Boston oder im Silicon Valley ist ein Beispiel. Allerdings ist die soziale Undurchlässigkeit in klassischen europäischen Eliteschulen, beispielsweise in Frankreich, noch drastischer. Der Anteil von Migranten mit Hochschulabschluss ist in den USA viel höher. Knapp die Hälfte der Hochschulabsolventen stammt aus einer Nichtakademikerfamilie. Spezielle private Fördertöpfe ermöglichen dies. In Europa steht man da hinsichtlich der Zahlen schlechter da. Glaubt man den Statistiken, ist das USSchulsystem trotz seines medial schlechten Rufes besser und effizienter. Davon profitiert auch TASIS.

DAS ANGEBOT TASIS bietet Kindern bereits im Vorschulalter (ab drei Jahren) ein Ausbildungsprogramm an. Bis zur zwölften Klasse reichen die Angebote und zudem verfügt TASIS auch über ein Nach-Abschlussprogramm. Mehr als 700 Schüler besuchen aktuell die Grund-, 122

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Der Augenblick, in dem der Bildungsfunke zündet ist prägend.


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Intellekts der Schüler*innen auf die bestmögliche Weise. Mehr als 75 Prozent der Fakultätsmitarbeitenden verfügen über weiterführende Abschlüsse. Der Campus besteht aus mehr als 25 Gebäuden, die aus dem 17. Jahrhundert stammen – bis hin zum hochmodernen Campo Science Center, welches 2014 eröffnet wurde. Das entwickelte Global-Service-Programm der Schule ermöglicht den Studierenden, bis weit über die Grenzen hinaus in Kontakt zu sein – egal ob geografisch, ökonomisch oder sozial. Das Programm ermutigt die Studierenden, menschliche Bedürfnisse zu erkennen, inspiriert sie zur Beständigkeit und sorgt für Verantwortungsgefühl. TASIS ist eine Familie von internationalen Schulen mit zusätzlichen Standorten in England, Puerto Rico und Portugal. Last, but not least ermutigt TASIS auch zu physischer Fitness und zu einem gesunden Lebensstil. Universitätssportteams treten gegen europäische und Schweizer Teams an. Zusätzlich werden weitere Sportmöglichkeiten angeboten, die nahezu jede Vorliebe abdecken. In den wundervollen Alpen können die Schüler*innen zudem Wintersportarten wie Skifahren nachgehen.

DIE PHILOSOPHIE Grundsätzlich engagiert sich TASIS für die Weitergabe des Erbes der westlichen Zivilisation und der Weltkulturen: die Kreationen, Errungenschaften, Traditionen und Ideale aus der Vergangenheit, die in der Gegenwart Sinn und Hoffnung für die Zukunft bieten. Das hört sich theoretisch an, wird aber aktuell in Gesellschaften und ihren Regierungen wie Ungarn, Brasilien, Russland, China und Indien praktisch infrage gestellt.

TASIS glaubt demgegenüber an den Wert jedes Einzelnen und die Bedeutung dauerhafter Beziehungen und versucht, die Werte der persönlichen Verantwortung, der Höflichkeit, des Mitgefühls, der Gerechtigkeit und der Wahrheit zu verkörpern und zu vermitteln. Durch ihre TASIS-Ausbildung haben mehr als 25’000 junge Menschen aus Dutzenden von Nationen Respekt für andere Menschen, Ethnien und Kulturen gelernt – für vergangene und aktuelle Bemühungen in den Künsten und Wissenschaften und für sich selbst als moralische und verantwortungsbewusste Individuen. Die Gründerin Mary Crist Fleming betonte: «Die Zeiten ändern sich, die Werte nicht.» Die Werte, die TASIS immer gelehrt hat und für die es steht, basieren auf den intellektuellen Tugenden von Kultur (humanitas), Weisheit (sapientia), Wissen (scientia) und Wahrheit (veritas). Vieles von dem, was TASIS auszeichnet, resultiert aus dem unternehmerischen Stil von Frau Fleming, deren Fähigkeit, Chancen zu sehen und zu ergreifen und mit Leichtigkeit auf Bedürfnisse zu reagieren, legendär ist. Dank ihr geniesst TASIS eine Kultur, die Initiative und Kreativität fördert und belohnt. Neben Eigeninitiative und Kreativität erfordert diese Kultur Flexibilität, Geduld, eine positive Einstellung und Ausdauer.

NEUE HERAUSFORDERUNGEN Heute steht die Welt wieder an historischen Weggabelungen. Die Form der Globalisierung, die seit Anfang der Neunzigerjahre hegemonial war, steht auf dem Prüfstand und wird durch politische und ökonomische Modelle, wie sie etwa in China gelebt werden, unter Druck gesetzt. Gleichzeitig sind die USA nicht mehr die Zugmaschine der Weltwirtschaft und kulturelles Vorbild wie in den Fünfzigerjahren des 20. Jahrhunderts. Dadurch muss sich auch der geschilderte Wertekanon von TASIS neu beweisen.

Georg Lutz ist Redaktor von PRESTIGE BUSINESS. www.tasis.ch

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Enttäuschungen in der Rekrutierung können vermieden werden.

SIE HABEN EIN MATCH VERPASST! Businesswelt lernt vom Online-Dating

Der Fachkräftemangel ist in aller Munde und hinterlässt Sorgenfalten bei den Unternehmensverantwortlichen. Bei der Personalsuche bleiben aber noch zu viele Akteure in etablierten Handlungsmustern stecken. Wer kann sich das noch leisten? Was wir von Tinder & Co. lernen können. Autor: Christoph Meier

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o finden Sie heute eine*n potenzielle*n (Lebens-)Partner*in? Die Statistiken sprechen für sich, Online-Dating-Plattformen erleben einen regelrechten Boom, welcher durch die Pandemie noch verstärkt wurde. Und Unternehmen? Wo begegnen sich heute Unternehmen und potenzielle Mitarbeitende? «Dating»-Plattformen für Unternehmen und Kandidaten? 124

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Eine schöne Vorstellung, nur so einfach ist es leider nicht. Unternehmen müssen ihr Glück selbst in die Hand nehmen.

VAKANZEN ALS KOSTENTREIBER Die Kosten, um einsame Herzen zusammenzuführen, sind überschaubar und transparent. Die Kosten für den Herzschmerz und dessen Bewältigung sind da nicht miteingerechnet.

Unbesetzte Stellen bei Unternehmen kosten jedoch richtig viel Geld, auch wenn diese Kosten nur bei genauerer Betrachtung in der Bilanz ersichtlich werden. Fehlendes Know-how, Abwälzung der Aufgaben auf andere Personen und damit höhere Arbeitsbelastungen bei Kolleginnen und Kollegen, langsamere Prozesse und entsprechend geringere Produktivität – all das wirkt sich auf den Unternehmenserfolg und damit auf das Unternehmensergebnis aus.


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POST & PRAY WAR GESTERN Im Recruiting braucht es einen Paradigmenwechsel. Ein traditionelles Stelleninserat reicht heute vielfach nicht mehr aus, um die richtigen Kandidat*innen für ein Unternehmen zu gewinnen. Wenn die HR-Verantwortlichen Glück haben, erhalten sie ein paar Dossiers – vielleicht auch ein paar prüfenswerte. In Zeiten des Fachkräftemangels und der künftigen Herausforderungen aufgrund des demografischen Wandels wird sich die Situation weiter zuspitzen. Passende Kandidat*innen werden zum raren Gut. Der War for Talents hat begonnen! Hier in alten Mustern stecken zu bleiben, kann teuer werden.

KEEP IT SIMPLE Wie finden nun Unternehmen passende Mitarbeitende? Auch wenn dies für das Business ohne Tinder & Co. funktionieren muss, können wir etwas von diesen Plattformen lernen. Schauen wir uns also an, wie die Partner*innensuche heute online funktioniert. Auf den Dating-Plattformen und -Apps erstellen einsame Herzen zuerst ein Profil, das ist innert weniger Minuten gemacht – sprich schnell und einfach. Ist dieser Schritt erfolgt, geht es bereits los und schon kann losgeswipt werden (links wischen, was nicht gefällt; rechts wischen, was gefällt = like). Auch für potenzielle Kandidat*innen von Unternehmen sind diese Faktoren zentral: Schnell und einfach muss die Devise sein – ganz ohne langwieriges Ausfüllen von Formularen, aufwendige Bewerbungsschreiben, die dann doch kaum beachtet werden, oder Lebensläufe, die auch in Business-Netzwerken wie LinkedIn & Co. zu finden sind. Wenige Angaben für die Kontaktaufnahme reichen zunächst völlig aus.

IT’S ALL ABOUT ATTRACTION Es sollen hier aber keine Missverständnisse aufkommen. Die alleinige Nutzung von Online-Dating Plattformen garantiert noch kein Verlieben mit Herzklopfen und Glücksgefühlen. Ein bisschen Mühe braucht es dann schon, um ein ansprechendes Profil mit passenden Bildern und authentischem

Text zu generieren , das positiv auffällt und das Gegenüber anspricht. Es geht um Aufmerksamkeit und Authentizität. Ein bisschen verdienen muss man sich seine Likes schon. Unternehmen sollten sich Gedanken machen, wie potenzielle Mitarbeitende auf sie aufmerksam werden. Die Verantwortlichen machen dies hinsichtlich ihrer Kunden und Dienstleistungen sehr ausführlich und investieren Zeit und Geld für Marketingund Verkaufsaktivitäten. Und wie sieht es im Bereich Employer Branding aus? Was ist der USP (Unique Selling Proposition)? Wie erzielt ihr Unternehmen die Aufmerksamkeit von spannenden Fachkräften und erreicht, dass sie einen "Like" von potenziellen Kandidat*innen erhält?

THE JOURNEY STARTS Begeben wir uns auf die Reise – die ersten Likes, die ersten Matches und die erste Nachricht. Die Partnersuchenden sind gefordert, sich von ihrer besten Seite zu zeigen und das eigene Ich dem Gegenüber möglichst authentisch und ansprechend zu präsentieren. Jetzt wird beschnuppert. Wenn man es geschafft hat, potenzielle Mitarbeitende auf das Unternehmen aufmerksam zu machen, dann ist schon einmal ein wichtiger Schritt getan. Der entscheidende Teil der Reise hat aber erst begonnen. Die sogenannte Candidate Experience ist für Unternehmen matchentscheidend. Denn damit kann man sich von den Mitbewerbenden abheben. Es gilt, sich vorgängig Gedanken zu machen, wie man mit Bewerbenden umgehen und wie der Bewerbungs- und Onboarding-Prozess ablaufen soll. Jede Interaktion wird wahrgenommen und bewertet, jede Aktion sagt etwas über das Unternehmen aus. Es lohnt sich, hier Zeit zu investieren.

VOM LIKE ZUM MATCH Ob es wirklich matcht, gilt es nun herauszufinden. Für Unternehmen und Kandidat*innen kommt jetzt die entscheidende Phase. Der oder die Bewerbende bringt die passenden Voraussetzungen für das Anforderungsprofil mit und

der erste Eindruck ist ebenfalls positiv. Und auch beim Bewerbenden ist ein echtes Interesse am Unternehmen und der Stelle vorhanden. Nun ist es wesentlich, fundiert herauszufinden, ob die Person auch die gewünschten Fähigkeiten und Eigenschaften mitbringt, die die Unternehmensverantwortlichen benötigen. In diesem Schritt hilft es, mittels einer objektiven Aussensicht zu prüfen, wie gut die oder der Kandidat*in wirklich auf die Stelle passt. Online-Assessments können helfen, mehr über die Passung der Kandidat*innen auf die Stelle zu erfahren und herauszufinden, ob wirklich alles matcht oder wo nochmals genauer hingeschaut werden sollte.

FAZIT Im Rahmen des Recruiting darf nichts dem Zufall überlassen werden. Der strategische Teil des Employer Branding gehört in die Chefetage. Denn ein Fehlentscheid und damit eine erneute Vakanz kommt die Verantwortlichen teuer zu stehen!

UNTERNEHMENSPORTRAIT Outvision beschäftigt sich seit 14 Jahren mit der Beratung von Unternehmen im Bereich People. Im Fokus ihrer Dienstleistungen stehen Online-Assessments. Outvision hilft Unternehmen, die richtigen Personalentscheidungen zu treffen sowie Mitarbeitende stärkenbasiert einzusetzen und gezielt zu entwickeln.

Christoph Meier ist CEO bei Outvision. www.outvision.ch

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Bettina Eichin, geboren 1942, Sitzende Helvetia, Kunstkredit Basel-Stadt 1980

GUTE AUSSICHTEN! Der Blick in die Weite als Ressource nutzen 126

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Es gibt inspirierende Plätze mit Aussicht, mitten im Gewusel der Stadt. In der letzten Nummer, PRESTIGE BUSINESS Ausgabe 01 / 2022, habe ich den Garten als einen dieser aussichtsreichen Plätze skizziert. Hier sind wir am Kleinbasler Ufer der Mittleren Brücke. Autor: Werner Aebischer

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ute vierzig Jahre sitzt sie nun da, entspannt, am Kleinbasler Ufer der Mittleren Brücke, sie, die zuvor Hunderte von Jahren für Wachsamkeit, Unerschrockenheit, Freiheits- und Friedensliebe durch die Schweiz unterwegs war. Gedruckt auf Briefmarken und Postkarten, gemalt auf alten, grossen Bildern, mal blond; mal braun gelockt, seltener als rundliche Hausfrau, öfter als schlanke Grazie, aber ohne Gucci-Täschchen, dafür mit Schild und Speer, Fahnen schwingend und – bis heute – eingeprägt, sternenbekränzt, auf den 50-Rappen-, Ein- und Zwei-Franken-Münzen. Nach Hunderten von Jahren Vereinnahmung hatte Helvetia 1980 genug. Im unteren Kleinbasel stieg sie aus. Nun dreht sie uns den Rücken zu. Sie braucht jetzt Zeit für sich. Sie schaut übers Wasser in die Weite: rheinabwärts, Richtung Meer, dorthin, wo es schon ein bisschen heller wird. Hier sitzt, schaut und denkt eine mutige Frau. Sie nimmt den Leitspruch der Aufklärung (Immanuel Kant, 1784) als Inspiration auf:

«Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!» Mitten im Geschiebe der Stadt beharrt unsere kämpferische Landesmutter auf eigenem Nachdenken, auf einer eigenen Sicht. Sie sucht nach Selbst-Aufklärung, nach einer neuen Sicht, nach eigenen Ein-Sichten, die sie braucht, um – wer weiss, vielleicht – das schwere Gepäck wieder aufzunehmen, weiterzugehen. Vorher muss sie sich aber orientieren, sich klar werden, wo sie hingekommen ist und wie es weitergehen kann. Wir sind da, um mit ihr in die Weite zu sehen, eine neue Sicht zu gewinnen. Wie Helvetia wollen wir uns selbst nicht aus den Augen verlieren. Wir lassen unseren Blick über das glitzerende Wasser schweifen, wie hier am Rhein. Noch besser wäre, mit dem Fluss bis ans Meer zu gehen. Wir haben den Blick über das Meer nötig. Hier empfinden wir Licht, Weite, Grosszügigkeit. Wir leben auf. Der Blick in die Weite wirkt auf uns zurück, er entspannt, wir nehmen schöpferische Lebenskräfte wahr. Gute Aussichten auf PRESTIGE BUSINESS

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die Gegebenheiten unseres Lebens. Helvetia hat diese grosszügigen Ressourcen schon wahrgenommen. Ihr Gesicht ist vergnügt, sie schmunzelt. In der einen Hand hält sie entspannt ihren Lorbeerkranz, ihr Statussymbol, mit der anderen stützt sie ihren Kopf. Eine Geste heiterer, entspannter Nachdenklichkeit.

HEITERES BILDERDENKEN Sie regt uns an, mit dem Blick in die Weite auf uns selbst zu sehen. Was zeigt sich, was kann ich sehen? Üblicherweise sehen und denken wir unser Leben als Weg. In diesem Denkbild sind wir auf unseren Wegen, auf unseren Laufbahnen unterwegs, mit Koffer, Speer und Schild. So wie die «Helvetia auf der Reise». Wir schreiben unsere Lebensläufe, stellen in chronologischen Aufstellungen unserer Phasen, Stationen und Weichenstellungen zusammen. In diesem Denkbild sehen wir das Leben der Menschen als Weg, den sie gehen. Und immer kommt zum Gehen ein Sehen. Ein Anhalten, ein Zwischenhalt, ein Unterbruch, die sitzende Helvetia, eine schöpferische Pause (recreation) wird nötig. Um sich neu zu orientieren. Wie wir jetzt. Mit Helvetia stellen wir unsere Rollkoffer und Werkzeuge hin, fahren unsere Aktivitäten herunter, setzen uns zu ihr, denken nach, orientieren uns, halten Ausschau, suchen nach Überblick und Durchblick. Wir erweitern unsere Sicht und ergänzen das Denkbild «das Leben als Weg» durch «das Leben als werdendes Bild».

MEIN LEBEN ALS WERDENDES BILD In dieser Sichtweise wird mein Leben wie ein Bild gestaltet, nach und nach, Schicht für Schicht. Meine 128

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verschiedenen Lebenszeiten, Wege, Stationen, Begegnungen, Beziehungen, Themen und Situationen fliessen zusammen, wie der Rhein vor Augen. Was neu dazu kommt, verändert das, was schon auf der Leinwand ist. Und was schon da ist, wirkt auf das, was neu dazu kommt. Ein Strich, ein Detail kann das ganze Bild verändern. Als Gestalter meines eigenen Lebens achte ich auf das, was sich zeigt und was vielleicht dazu passen könnte. Nebensächliches und Gewichtiges lassen sich nicht einfach so trennen. Bisher Überflüssiges kann sich unversehens als bedeutend entpuppen. Ab und zu zeigen sich Zusammenhänge zwischen scheinbar unverbundenen Einzelheiten. Zufällige Zusammentreffen mit Menschen an zufälligen Orten und Zeiten können im Nachhinein als entscheidende Farb- und Formgebung meines Bildes sichtbar werden. Wer pinselt mein Leben zusammen? Könnte mein Leben auch anders aussehen? Ich lasse diese anregenden Fragen offen und wundere mich gerne über gestalterische Vorgänge in meinem


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Vergangenheit. Die Einschätzungen vergangener Erfahrungen können sich ändern. Scheinbare Details, einzelne Wörter, Situationen erweisen sich nach Jahren oft als wichtiger als viele wilde Geschichten. Die Vergangenheit bleibt beweglich. Nichts geht verloren. Manchmal sind Erinnerungen längst vergangener Erlebnisse vitaler, näher und bedeutsamer als Ereignisse, die noch gar nicht so lange her sind. Erinnerungen scheinen sich nicht an den Kalender zu halten. Es gibt seltsame Zeitverschiebungen. Wir sind Gewordene und Werdende. Die Verbindungen zwischen Gegenwärtigem und Vergangenem spannen einen grösseren Zeitraum auf und ermöglichen einen Überblick.

ZWISCHEN EINZELHEITEN UND GANZEM BILD Ich sehe mein Leben wie ein Bild entstehen. Diese Vorstellung hilft mir, meine eigene Lebenspraxis wahrzunehmen und darüber nachzudenken. Wie ein Künstler stehe ich nahe vor der Staffelei, arbeite an Einzelheiten, um bald danach einige Schritte zurückzutreten, das ganze Bild in Augenschein zu nehmen und dann wieder auf die Staffelei zuzugehen. Ich bewege mich vor meinem Bild fliessend hin und her. In diesem Wechselspiel aus Nähe und Distanz entsteht mein Bild. Schöpferisches Arbeiten geschieht in unterschiedlichen Distanzen. Aus jeder gibt es etwas Besonderes zu sehen, das nur aus einer bestimmten Distanz heraus gesehen werden kann. Manchmal fällt der Blick auf eine Einzelheit, dann wiederum auf das Zusammenspiel einiger Einzelheiten und schliesslich auf das ganze Bild. In diesem Hin und Her kommen die verschiedenen distanztypischen Beobachtungen zusammen und werden füreinander fruchtbar. Manchmal werde ich unbeweglich, verfalle einer Einzelheit und meine, sie sei das ganze Bild, meine ganze Welt.

Leben. Einige glaube ich zu sehen, andere entgehen mir. Einiges gestalte ich bewusst, vieles aber, die wesentlichen Impulse und Fügungen meines Lebens, stammen aus mir unbekannten Quellen. Ich muss in dieser Weite des Blicks nichts verteufeln und nichts beschönigen. Ich kann alles stehen lassen.

DIE ZEITEN KOMMEN ZUSAMMEN Ein Mensch vieler Jahre erinnert sich an seine Erfahrungen, die er als Kind gemacht hat. In den vielen Jahren dazwischen schienen die Erfahrungen des Kindes vergessen. Eines schönen Tages tauchen sie auf. Ihre Zeit ist gekommen. Der Mensch vieler Jahre hat seinen Zeiten Zeit gegeben. Das Kind musste viele Jahre weitere Erfahrungen machen, damit es den Reichtum oder den Schmerz seiner Kindererfahrungen besser sehen kann. Die Vergangenheit wirkt nicht nur in meine Gegenwart hinein, sondern auch umgekehrt. Die Gegenwart wirkt auch auf meine

Mein Lebensbild ist keine Collage meiner Lieblingsbilder. Alles gehört dazu, wirkt am Gesamtausdruck mit, auch alles, was ich lieber nicht auf meinem Bild sehen möchte. Einige Farben und Formen sind deutlich sichtbar, andere mehr oder weniger übermalt im Untergrund, einige durchschimmernd, von einigen guckt bloss noch ein kleiner Zipfel hervor. Die Stoffe meines Lebens kommen zusammen, wirken aufeinander. Ich sehe Wechselwirkungen, Veränderungen, Überraschungen, Kontraste, Spannungen, jede Menge Leerstellen, vieles ist unfertig, bleibt offen wie der weite Himmel. Mein Lebensbild ist Arte povera, Skizze, Entwurf, Spuren, ein künstlerisches Vorhaben, Work in Progress.

BUCHTIPP Georg Kreis, Helvetia – im Wandel der Zeiten: Die Geschichte einer nationalen Repräsentationsfigur. PRESTIGE BUSINESS

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UNTERWEGS MIT ROLAND FASEL Die Aman Resorts stehen für paradiesischen Luxus und ein zweites Zuhause Die vergangenen zwei Jahre haben bei vielen Menschen ein intensives Fernweh geweckt: Reisen bereichert unser Leben, verändert uns und hat eine heilende Wirkung für die Seele, da wir lernen, die Welt in neuem Licht wahrzunehmen. Besonders leicht fällt das bei magischen Orten, deren mystische Schönheit und Historie eine geradezu fesselnde Atmosphäre ausstrahlen – wie jene der Aman Resorts in Utah, Bhutan, Japan, Java und Indien. Aman bedeutet Frieden auf Sanskrit. Und genau dafür steht das Grundkonzept der Luxushotelgruppe, denn Ruhe, Harmonie, Raum und Ausgewogenheit sind die Säulen der Aman-DNA, erfahren wir im Interview mit Roland Fasel, COO der Aman Gruppe. Interviewpartner: Roland Fasel Autorin: Cécile von Fürstenberg

Ebenfalls im August eröffnet das erste Janu-Hotel in Montenegro mit dem neuen Konzept der Services Apartments.

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er Name Roland Fasel ist in der Branche für Luxus-Reisen bestens bekannt. Der Manager verfügt über mehr als 28 Jahre Erfahrung in der Hotellerie, in denen er Hotels auf drei Kontinenten eröffnet, renoviert und positioniert hat. Heute leitet Fasel als Chief Operating Officer ein wachsendes Managementteam von kreativen und talentierten Personen bei Aman Resorts, setzt erreichbare strategische Ziele für das Unternehmen und richtet Teams auf der ganzen Welt aus. Seit seiner Beschäftigung für die Aman Gruppe hat er zahlreiche Neueröffnungen beaufsichtigt und Aman in sein 30. Betriebsjahr geführt, in dem das Flaggschiff-Resort der Marke, Amanpuri auf Phuket, eine umfassende Renovierung erfahren hat. PRESTIGE BUSINESS: Sehr geehrter Herr Fasel, bevor Sie 2017 als COO der Aman Gruppe angefangen haben, waren Sie bereits seit mehr als 20 Jahren in der Hotellerie tätig. Für welche Hotelgruppen haben Sie gearbeitet und was hat Sie überzeugt, eine neue Position als COO bei der Aman Gruppe anzunehmen? Roland Fasel: Zu meinem Portfolio zählen die renommiertesten Hotelgruppen und Marken der Welt, darunter das Rosewood in Los Angeles, Badrutt’s Palace, St. Moritz, Four Seasons Hotels and Resorts, Regent Hotels, Shangri-La und eine achtjährige Tätigkeit bei der Dorchester Collection. Mein Engagement umfasst das Wachstum des Geschäfts, sämtliche Neueröffnungen von Residenzen und Spa-Einrichtungen sowie die MarkenNeupositionierung. Ich habe meine Neugierde für neue Aufgaben nie verloren und so habe ich das Angebot, für die Aman Gruppe zu arbeiten, mit Freude angenommen. Was sind die grössten Herausforderungen der Hotellerie in diesen Tagen? Eine absolute Herausforderung, um eine globale Marke, die in 20 Ländern präsent ist, erfolgreich führen zu können, ist es, aussergewöhnlich talentiertes Personal zu finden. Die geeignete Person für die richtige Position zu finden, erweist sich immer wieder als besonders schwierig. Die zweitgrösste Aufgabe ist es, die Seele und den Spirit von Aman in alle Resorts weltweit erfolgreich zu übertragen. Denn genau dieser ganz besondere AmanSpirit ist der Grund, warum unsere Gäste uns loyal sind und als Gäste kommen, um als Freunde immer wieder zurückzukehren.

Roland Fasel, COO der Aman Gruppe.

Wie hat Covid-19 die Reisebranche und Aman verändert? Gibt es vielleicht eine stärkere Nachfrage nach exklusiven Luxusreisen? Covid-19 hat auch seine guten Seiten für die Luxus-Reisebranche. Die Nachfrage nach aussergewöhnlichem Service, einer komfortablen Ausstattung, freundlichem und zuvorkommendem Personal hat sich seit der Pandemie sehr verstärkt. Somit hat die Krise dazu geführt, dass wir uns, was den Service und die Ausstattung betrifft, noch mehr an das Wohl unserer Gäste angepasst haben. Wir haben unsere Technologie verbessert, unser Customer-Relationship-Management intensiviert, alle Zimmer sind mit WLAN-Produkten ausgestattet worden, und wir bieten neue Long-Stay-Angebote an. Wir erfüllen somit unseren Gästen alle Bedürfnisse, die während Covid-19 entstanden sind, zum Beispiel Homeoffice und Homeschooling. Unser Hauptmarkt ist immer noch Amerika, gefolgt von UK, danach die Schweiz und Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien. Sie haben kürzlich die Hotelmarke Janu angekündigt, eine Community-fokussierte Marke. Wie unterscheiden sich die beiden Marken Aman und Janu voneinander? Der Unterschied liegt in der Gästeerfahrung und im Design der Resorts: Aman bedeutet Frieden, während Janu, die Schwestermarke unserer Marke Aman, Seele bedeutet. Aman ist ein Heiligtum, während Janu Verbundenheit ist. Aman bietet Ruhe und absolute Entspannung, während Janu eine energetische Atmosphäre versprüht, die einen höheren Zweck mit innerer Zufriedenheit sucht. Ein Luxusprodukt in zeitlosem Design und faszinierenden Locations. Das Prinzip von Janu ist es, eine neue Balance zu PRESTIGE BUSINESS

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finden – Frieden, Achtsamkeit, organische Nahrungsmittel und Getränke – sowie eine dynamische Gruppe von Menschen zusammenzubringen. Derzeit arbeiten wir an einigen Neueröffnungen weltweit, mit drei bereits im Bau befindlichen Hotels, die demnächst eröffnen werden: Montenegro, Al Ula in Saudi-Arabien und Tokio. Janu Montenegro wird das erste Hotel sein, das das Konzept der Serviced Apartments der Marke «Janu Montenegro» integriert und es den Gästen ermöglicht, den Janu-Lebensstil in vollem Umfang zu geniessen. Auf meiner persönlichen «Bucket List» steht das Janu in Tokio. Die Ähnlichkeit zu unseren bestehenden Aman Resorts ist, dass Janu seine DNA mit seiner legendären älteren Schwester in Form von totalem Engagement für seine Gäste, tiefen Wurzeln in der Destination, vorbildlichem und zeitlosem Design und unvergleichlichem Service teilt. Was ist Ihre Vision für die Zukunft des Gastgewerbes, insbesondere für die Aman Gruppe? Für die Aman Gruppe haben wir eine genaue Vorstellung, was für die Zukunft von Bedeutung sein wird: Aman soll für unsere Gäste ein zweites Zuhause sein – unkompliziert, aber zugleich wie ein Paradies. Es soll ihnen an nichts fehlen, und wir möchten, dass unsere Gäste die Philosophie der Aman Gruppe mit nach Hause

Das neue Luxushotel im Herzen des Big Apple öffnet am 2. August 2022 seine Tore.

nehmen: In den letzten Jahren ist Aman gewachsen, um seinen begehrten Lebensstil über die Parameter seiner Oasen hinaus anzubieten. Im Jahr 2018 setzte die Einführung von Aman Skincare den ganzheitlichen Einfluss der Marke fort und bietet wunderschöne duftende Formeln mit kraftvollen, rein natürlichen Inhaltsstoffen, die von den Aman Spas inspiriert sind. Die Einführung von SVA – einer Reihe von Nahrungsergänzungsmitteln, die zur Aufrechterhaltung einer optimalen Gesundheit beitragen – und Aman Fine Fragrance im Jahr 2020 setzte diese Reise fort und brachte Aman in den Komfort der eigenen vier Wände. Dieser Trend wurde 2021 mit der Ankunft der neuen Einzelhandelskollektion The Essentials by Aman aufgegriffen, die zeitlose Konfek-

tionsstücke umfasst, die die Bedürfnisse jedes Gastes erfüllen. Ausserdem wird es neue Standorte in der Zukunft vermehrt in pulsierenden Grossstädten geben. Nach dem Erfolg des mehrfach preisgekrönten Aman Tokio setzen wir unsere Strategie fort, den begehrten Lifestyle an urbane Ziele zu bringen. Die geplante Eröffnung des Aman New York am 02. August 2022 ist ein Meilenstein und markiert unsere bisher grösste Investition in eine einzelne Destination. Das an der Ecke Fifth Avenue und 57th Street gelegene 83-Suiten-Hotel mit seinen 22 Residenzen führt ein völlig neues Konzept in die Stadt ein, setzt neue Massstäbe der Gastfreundschaft im Herzen von Manhattan und bietet, neben einem Jazzclub mit Weltklasse-

Janu bedeutet Seele, und wo könnte man besser die Seele baumeln lassen als in einem der exklusiven Luxus-Apartments im Janu in Montenegro.

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Musikern und einer Gartenterrasse in der 14. Etage, ein einzigartiges 2 300 Quadratmeter grosses Flagship Spa sowie grosszügige Suiten mit eigenem Kamin. Wie viele Aman Hotels gibt es weltweit? Haben Sie Lieblingshotels auf der Welt? Aman umfasst derzeit 34 Hotels, Resorts und Residenzen in 20 Ländern, von denen sich 15 in der Nähe oder innerhalb von UNESCO-geschützten Stätten befinden. Jedes spiegelt das einzigartige kulturelle Erbe seines Reiseziels durch einfühlsames Design, inspirierte Küche und personalisierte Wellness- und Erlebnisreisen wider, wobei jedes Detail liebevoll von der jeweiligen Location inspiriert ist. Es ist die Aman-Seele – sanft und einladend –, die jeden Aman-Standort sofort als solchen erkennbar macht. Getreu dem Pioniergeist der Marke wurden bisher weitere neun Projekte als Teil einer robusten Zukunftspipeline angekündigt. Immer das letzte Aman, in dem ich übernachtet habe, ist mein Favorit. Im Amanjena

in Marrakesch habe ich zuletzt meinen Geburtstag gefeiert, Amannoi in Vietnam ist faszinierend und ich bin ein grosser Fan. Aman New York wird absolut atemberaubend und ein Highlight für die Stadt. Ich liebe die Aman-Familie und es verwundert mich nicht, dass es weltweit eine Gruppe von Aman-Junkies gibt. Sie leiten als Chief Operating Officer ein wachsendes Management-Team von kreativen und fokussierten Personen. Würden Sie uns mehr über die Herausforderungen bei der Ausrichtung von Teams auf der ganzen Welt erzählen? Da wir in 20 verschiedenen Kulturen präsent sind, ist es eine der grössten Herausforderungen, aber zugleich macht es auch grossen Spass, unseren Mitarbeitern weltweit unsere Philosophie so nahezulegen, dass sie ihnen in Fleisch und Blut übergeht. Wie ich erwähnt habe, gehört es zu unserer Strategie, in Zukunft vermehrt urban zu wachsen. Dabei ist es wichtig, qualitativ zu wachsen. Unsere Gäste müssen immer wieder überrascht sein von

Fantastische Blicke auf Central Park und Upper East Side, direkt von Aussenterrassen: Das Aman New York lässt kaum Wünsche offen.

dem Erlebnis, das sie bei uns erfahren – und das natürlich auch in der besten Gegend, in den ausgewählten Städten. Bei allem, was wir machen, egal ob wir neue Mitarbeiter einstellen oder neue Destinationen akquirieren, müssen wir immer unsere Philosophie kommunizieren. Es darf bei uns keine Kompromisse geben. Wenn wir nicht zu hundert Prozent mit unseren Zielen und unserer Philosophie übereinstimmen, möchten wir nicht wachsen. Unsere General Manager geniessen grosses Vertrauen bei uns. Wir gehen sehr sorgfältig bei der Auswahl vor, um die richtige Person für den richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt zu finden. Wobei ich immer zuerst versuche, lokale Manager zu finden, aber das gelingt nicht immer. Die Investition in die Schulung und Förderung unserer Mitarbeiter ist uns sehr wichtig. Was sind die wichtigsten Kriterien, die Aman Resorts und Hotels im Vergleich zum Wettbewerb auszeichnen? Unsere Marke soll gleichbedeutend sein in der Hotellerie wie der Name Patek Philippe für elegante Uhren. Meine Ambition ist es, dass die Marke Aman immer mit den TopLuxus-Hotels dieser Welt in Verbindung gebracht wird. Was uns auszeichnet, ist die hohe Loyalität unserer Gäste. Einmal Aman, immer Aman, so kehren die meisten unserer Gäste immer wieder zu uns zurück und betrachten uns wirklich als ein zweites Zuhause. Und das haben wir der Wärme und Herzlichkeit sowohl unserer Mitarbeiter als auch unserer Designs und der ausgewählten Locations zu verdanken. Hier überlassen wir nichts dem Zufall. Wir sind bestrebt, das Ethos und den Geist hinter Aman aufrechtzuerhalten, indem unsere Gäste transformative und lebensverbessernde Erfahrungen mit einem Reiseziel verbinden, während wir die Erwartungen übertreffen und eine authentische Verbindung zwischen den Gästen und ihrer Umgebung fördern. Im Jahr 2022 wird sich Aman auf seine nachhaltigen Bemühungen auf der ganzen Welt konzentrieren und die Botschaft der Marke mit einer innovativen und kundenorientierten Denkweise rationalisieren. PRESTIGE BUSINESS

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«THE SQUARE» IST KEIN GEWÖHNLICHER SHOWROOM Das neue Kompetenzzentrum für nachhaltige Mobilität am Flughafen Zürich Im Sommer 2021 eröffnete die AMAG im «The Circle» am Flughafen Zürich mit «the square – new mobility hub by AMAG» ein Kompetenzzentrum für nachhaltige Mobilität. Auf einer Fläche von über 600 Quadratmetern bietet die Location nicht nur eine Erlebniswelt rund um Produkte und Lösungen im Bereich nachhaltiger und individueller Mobilität, sondern sie eignet sich auch hervorragend als Eventlocation für Privat- und Geschäftskunden. Dieses Potenzial brachte «the square» auch eine Nominierung für den diesjährigen Swiss Location Award ein. Autorin: Isabelle Riederer

«the square» ist kein normaler Showroom, sondern eine einzigartige Event-Location, die auch privat oder geschäftlich gemietet werden kann.

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it «the square» hat die AMAG alles andere als einen gewöhnlichen Showroom ins Leben gerufen. Als Informations- und Eventplattform mit ständig wechselnden Ausstellungen der AMAG-Konzernmarken Audi, Cupra, Skoda und Volkswagen bietet «the square» einen spannenden Einblick in das gesamte Ökosystem der Elektromobilität. Vor Ort werden Modellneuheiten lanciert und Informationsveranstaltungen für Privat- und Geschäftskunden rund um neue Mobilitätsformen und -technologien durchgeführt. Auch Probefahrten können gebucht werden, denn direkt in der Tiefgarage darunter stehen die elektrischen Modellneuheiten von Audi, Cupra, Skoda und Volkswagen jeweils bereit für eine Ausfahrt. Denn frei nach dem Motto «Elektromobilität muss man erleben» taucht man in «the square» nicht nur in die Welt der Elektromobilität ein, sondern man kann auch eins mit ihr werden. Nach einem Jahr «the square» zieht Olivier Wittmann, Managing Director der AMAG Import AG, eine äusserst positive Bilanz: «Die Reaktionen und das Feedback bezüglich «the square» sind hervorragend! Die Interessenten nehmen unser Angebot sehr positiv an. Sich unverbindlich über die E-Mobilität informieren zu können, entspricht dem Zeitgeist. Vor allem die qualitativ hochstehenden Probefahrten finden grossen Anklang. Sie können online gebucht werden, werden von einem Experten begleitet und finden ohne Verkaufsdruck statt.»

ENTSPANNTES UMFELD UND NEUER ZUGANG Heiss begehrt sind Probefahrten mit den Elektro-Flaggschiffen von Audi wie dem Audi Q4 e-tron oder dem Audi RS e-tron GT mit 598 PS. In 3.3 Sekunden schafft es die Powermaschine von null auf 100 Kilometer pro Stunde. Dass man diese Kraft erleben muss, erkannte Audi Schweiz bereits Anfang 2009 bei der Einführung des ersten Elektromodells der Marke mit den vier Ringen, dem Audi e-tron. «Mit der Lancierung des ersten vollelektrischen SUV hat Audi als Technologieführer einen mutigen Schritt gewagt. Die Gesellschaft war begeistert von der Innovation im Kleid eines klassischen Audis, aber dennoch eher zögerlich – und daher mussten wir einen Weg finden, an unsere Kunden heranzutreten und Aufklärungsarbeit zu leisten. Wir mussten ein ent-

Olivier Wittmann, Managing Director der AMAG Import AG.

spanntes Umfeld schaffen, losgelöst vom Handel», erklärt Katharina Momani, Head of Marketing bei Audi Schweiz. Das Ergebnis war das «Audi e-tron experience center» am Utoquai in Zürich. Es war das erste Kompetenzzentrum für E-Mobilität und schuf einen völlig neuen Zugang zur Marke Audi und zum Thema Elektromobilität. Katharina Momani erinnert sich zurück: «Die Audi-Pressekonferenz mit Experten aus Technik und Rennsport im Rahmen des Grand Openings war ein voller Erfolg. Vor Ort wurden Exponate wie der Audi-Formel-E-Rennwagen FE05 und der Audi PB18 e-tron enthüllt. Das Team von Audi Sport Abt Schaeffler, welches ebenso vor Ort war, startete wenige Tage darauf in die Formel-E-Premiere auf neuer Strecke in der Schweizer Hauptstadt Bern.» Mit dem markenübergreifenden Nachfolger «the square – new mobility hub» im «The Circle» am Flughafen wird die Erfolgsgeschichte des «Audi e-tron experience center» nun weitergeschrieben. «Mit «the square» im architektonisch topmodernen «The Circle» setzen wir ein Zeichen, dass es uns mit der Dekarbonisierung des Individualverkehrs durchaus sehr ernst ist. The square unterstützt uns dabei, den Umstieg auf Elektromobilität zu beschleunigen und die Vorreiterrolle der AMAG Gruppe aktiv zu leben», sagt Olivier Wittmann. PRESTIGE BUSINESS

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KEIN GEWÖHNLICHER SHOWROOM Dabei ist «the square» nicht nur Kompetenz- und Beratungscenter, sondern auch eine ganz besondere Eventlocation. «Interessierte, die ihren Event bei uns abhalten, haben im Rahmen eines Infoteils Zugriff auf unsere Expertise im Bereich Elektromobilität. Sie sind eingeladen, Elektromobilität im Rahmen von Referaten näher zu erleben. Ebenfalls werden elektrische Probefahrten offeriert und die Technologie wird ausführlich erklärt. Diese Mischung funktioniert und kommt besonders bei Geschäftskunden sehr gut an», erklärt Olivier Wittmann. Und genau diese Mischung brachte «the square» aktuell eine Nominierung für den Swiss Location Award 2022 ein. Seit 2016 zeichnet der Swiss Location Award als wichtigstes Gütesiegel der Eventbranche die besten Hotels, Restaurants, Kongress- und Eventlocations der Schweiz aus. Nach nur einem Jahr des Bestehens ist diese Nominierung eine grosse Freude, denn «the square» ist kein gewöhnlicher Showroom. Zu den grossen Vorteilen von «the square» als Eventlocation zählen aber nicht nur die äusserst modernen und mit neuster Technik ausgestatteten Räumlichkeiten, sondern auch die Lage direkt am Flughafen mit Park- und Lademöglichkeiten sowie einem ausgezeichneten Catering und Platz für fünf bis 80 Personen.

Nebst Modellneuheiten und Konzeptfahrzeugen finden in «the square» regelmässig Experten-Talks und spezielle Events statt.

Damit aber nicht genug, in ständig wechselnden Ausstellungen der AMAG-Konzernmarken Audi, Cupra, Skoda und Volkswagen können die Besucherinnen und Besucher Modellneuheiten erleben und exklusive Konzeptfahrzeuge bestaunen. Diese Möglichkeit nutzte auch Audi Schweiz in der Vergangenheit. «Kurz nach der Eröffnung luden wir unsere Partner zur Audi Business Dealer Session in «the square» ein und konnten ihnen gleich von Beginn an spannende Einblicke in das gesamte Ökosystem der Elektromobilität geben. Im Rahmen der Markteinführung des vollelektrischen Kompaktsportlers aus Ingolstadt, dem Audi Q4 e-tron, wurde «the square» als Veranstaltungsort für die erste Produktvorstellung inklusive Testfahrten verwendet und ausgewählten Journalisten wurden die Fahrzeuge von unserer Pressesprecherin präsentiert. Zudem ist «the square» perfekt, um Anlässe mit Kooperationspartnern umzusetzen. Auch unsere Audi-Ambassadoren entdecken die neuen Elektromodelle von Audi im «the square». So genoss Musiker und Sänger Bastian Baker im Frühling seine erste Fahrt im Audi e-tron GT», sagt Katharina Momani.

SICHTBAR, SPÜRBAR, ERLEBBAR

Katharina Momani, Head of Marketing von Audi Schweiz.

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Ein besonderes Highlight, das Audi im «the square» anbot, war ein 360-Grad-Nachhaltigkeitsshopping-Erlebnis für Frauen. Katharina Momani: «Durch die gemeinsamen Werte Design und Nachhaltigkeit konnten wir den Teilnehmerinnen unter dem Motto «nachhaltig stilsicher» eine Extraladung Erlebnis und Umweltbewusstsein bieten: eine energiegeladene Probefahrt mit dem voll-


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elektrischen Audi Q4 e-tron in Kombination mit einem exklusiven, persönlich betreuten VIP-Shoppingerlebnis bei Jelmoli.» Audi wird auch künftig ähnliche Formate anbieten. Bereits in der Pipeline ist die Audi Power Recharging Lunchsession mit Yogaeinheiten. Zudem plant Audi Schweiz mehrere Progressive Talks rund um zielgruppenspezifische Zukunftsthemen, so zum Beispiel «Digital Shaper: Die Zukunft des Autos als Experience Device» oder Expertentalks über das Leben im «Morgen». Katharina Momani: «Wir wollen im «the square» bewusst Gäste für progressive Premiummobilität begeistern – sei es in Form von Kundenanlässen, Flottenveranstaltungen, Lunchsessions mit Fokus auf Achtsamkeit oder eben Talks rund um die Trends der Zukunft.» Die nächste exklusive Präsenz «the square» erhält Audi vom 27. Juni bis 22. Juli 2022. Einen Monat lang wird die Traditionsmarke aus Ingolstadt am Flughafen spannende und zukunftsweisende Technologien präsentieren, die in der Schweiz bis dato noch nie gezeigt wurden. Vom 3. September bis 18. November 2022 kehrt der Herr der vier Ringe dann erneut zurück in «The Circle», diesmal mit einem weiteren Glanzstück im Gepäck: «Ende Oktober präsentieren wir mit dem Konzeptfahrzeug Audi skysphere ein absolutes Highlight im «the square». Der Audi skysphere concept ist der erste Vertreter einer Trilogie von Konzeptfahrzeugen, mit denen Audi die Visionen der Mobilität von morgen aufzeigt: Die Kombination von Technologie und Design lässt neue Erlebnisräume entstehen und zeigt, wie Audi die Zukunft der Premiummobilität mitgestalten wird. «Living Progress», den Vorsprung leben, gilt dabei als unser Leitbild, verbunden mit dem stetigen Anspruch an Perfektion und Qualität», sagt Katharina Momani.

«the square – new mobility hub by AMAG» befindet sich im Herzen von «The Circle» am Flughafen Zürich.

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© Polestar

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Als elektrisches Roadster-Konzept definiert der «O2» den Sportwagen neu: ohne Dach, ohne Lärm und ohne Abgase.

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AUF DER ÜBERHOLSPUR Polestar im Zeitalter der Elektromobilität

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RESTIGE BUSINESS: Die Marke Polestar hat sich seit 2017 als eigenständige Marke für Elektroautos etabliert. Welche Rolle spielte dabei die Mutter Volvo? Sascha Heiniger: Polestars Geschichte startete als Racingteam in der schwedischen Tourenwagen-Meisterschaft. Dieses Team ist mit Volvos gefahren und hat die Meisterschaft auch mehrmals gewonnen. Um das Know-how dieses Racingteams besser nutzen zu können, nahm Volvo Cars Polestar als Haustuner auf. «Polestar Engineered» steht bei Volvo auch heute noch für optisches und Leistungs-Tuning. Wie wurde Polestar dann zu einer eigenen Marke? Ich kann mich noch gut an die Diskussionen im Jahr 2013 erinnern, als ich während drei Jahren im Hauptsitz von Volvo in Göteborg gearbeitet habe. Volvo entschied

Sie sind der Inbegriff elektrischer Performance, gemischt mit moderner Technologie und Design – die Fahrzeuge von Polestar. Erst seit fünf Jahren gegründet und bereits geschätzt aufgrund seiner geradlinigen Klimapolitik, läutete das Unternehmen eine neue Ära ein. Sascha Heiniger, Head of Polestar Switzerland, spricht über die Entwicklung einer jungen Marke, die innert weniger Jahre zum Vorreiter der Nachhaltigkeitswelle heranwuchs. sich, zu einer elektrischen Marke zu werden, und wollte, dass in dieser Transformation auch Polestar eine aktive Rolle spielt. 2016 wurde entschieden, dass Polestar eine eigenständige Marke für Elektrofahrzeuge werden soll, unter demselben Dach wie Volvo. Die Überzeugung war, dass Polestar als «standalone»-Marke den Wechsel zu vollelektrischen Fahrzeugen schneller und konsequenter gehen kann. Im Dezember 2020 schliesslich konnten wir dann unser erstes Fahrzeug in der Schweiz ausliefern.

Welche Verbindungen zu der Marke Volvo blieben bestehen? Polestar gehört zur Hälfte dem grössten privaten chinesischen Automobilhersteller Geely und zur Hälfte Volvo Cars. Wir sind zu zwei Dritteln ein Start-up. Und zu einem Drittel dürfen wir Know-how und Infrastruktur von Volvo nutzen. Ein wichtiger Punkt ist beispielsweise, dass unsere Service- und Garantieleistungen über das Volvo-Vertreter-Netzwerk abgewickelt werden – ein qualitativ hochstehendes Netzwerk, das viel Vertrauen geniesst.

© Polestar

Interviewpartner: Sascha Heiniger Autorin: Swenja Willms

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Weshalb sollte man nun einen Polestar kaufen? Weil unsere Modelle für herausragendes Design stehen und viel Spass machen beim Fahren. Mit unserer DNA aus dem Racing wissen wir, was Performance heisst. Aber auch weil wir Nachhaltigkeit sehr ernst nehmen. Mit dem «Polestar 2» wurden wir zu einer vollelektrischen Marke. Als solche legen wir grossen Wert auf Transparenz: So legen wir beispielsweise offen, wie unsere Batterien hergestellt werden oder welchen CO2-Footprint ein Fahrzeug von uns hat, wenn es im Showroom steht. Basierend darauf lässt sich berechnen, ab wie vielen gefahrenen Kilometern ein Polestar ein Modell mit klassischem Verbrenner-Motor punkto ausgestossenem CO2 überholt.

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Wie viel von einem Volvo steckt noch in einem Polestar? Führen Sie mittlerweile eigenständige Produktionsstätten? Wir arbeiten in der Produktion eng mit Volvo Cars zusammen. Da wir in dieselbe Gruppe gehören, teilen wir dieselben Plattformen und teilweise auch Komponenten. In unseren Modellen stecken aber auch viele Eigenentwicklungen. So zum Beispiel auch in unserem letzten Konzeptfahrzeug, dem Elektro-Cabriolet «O2», wo für das Chassis geklebtes Aluminium zum Einsatz kommt. Das Stichwort für die nächste Frage: Aluminium – welche Leistungs- und Umweltvorteile bringt diese Materialverwendung mit sich? Es ist leichter und kompakter und bietet mehr Freiheiten im Design. Zudem verbraucht es weniger Energie und lässt sich in multiplen Schichten verbauen. Ein grosser Vorteil ist, dass man Aluminium komplett recyceln kann, und dies ohne Qualitätsverlust.

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Wie sehen Sie den elektrischen Markt in der Schweiz, gerade auch in Bezug auf Ladestationen? Die Schweiz hat eine der höchsten Dichte an Schnelllade­stationen. Wir empfehlen unseren Kund*innen ausserdem eine Wallbox für

Der «Polestar 3» sorgt 2022 für frischen Wind auf

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dem Automarkt.

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zuhause. Das ist die bequemste und günstigste Art, um die Batterie aufzuladen. Allerdings ist die Schweiz nicht gerade ein Land von Hausbesitzern. Viele Leute wohnen in Mehrfamilienhäusern oder in der Stadt. Gerade als Mieter*innen in Überbauungen ist es nicht immer einfach, eine Wallbox installieren zu können. Da gibt es gerade bei Vermietern noch Potential, dem Wandel hin zur vollelektrischen Mobilität gegenüber offener eingestellt zu sein. Zudem gibt es im Vergleich zu Ländern wie Deutschland oder Norwegen wenig staatliche Unterstützung bei uns. Aber die Schweiz ist so gesehen vielleicht der ehrlichste Markt. Das, was bei uns gekauft wird, wird gekauft, weil es eine reale Nachfrage gibt und nicht, weil sie künstlich geschaffen wurde. Und wie wir wissen, sind Kunden und Kundinnen in der Schweiz auch bereit, für gute Qualität einen hohen Preis zu bezahlen. Apropos Preis: Der Polestar 3, ein grösseres, sportliches SUV, wird im Jahr 2023 über die Strassen fegen. Es herrschen Spekulationen von Preisen bis zu über 100’000 CHF. Der Spagat in der Preisklasse der Polestar-Modelle wächst dadurch. Welche Entwicklungen streben Sie an? Der «Polestar 2», unser aktuelles Volumenmodell, ist eine kompakte Limousine. Ich finde es sehr gut, dass wir als Marke mit diesem Modell gestartet sind, nicht mit einem SUV wie die meisten unserer Konkurrenten. Wir positionieren uns klar als progressiver Premium-Brand mit einem europäischen Verständnis von Fahrzeugbau. Mit unseren künftigen, auch grösseren Modellen wird sich Polestar aber sicher noch deutlicher im höheren Fahrzeugsegment positionieren.


Der «Precept» verkörpert Polestars unermüdliches Streben nach der perfekten Einheit aus Technologie, Design und Nachhaltigkeit.

«Das Wort Nachhaltigkeit wird heutzutage sehr inflationär gebraucht.» Sascha Heiniger, Head of Polestar Switzerland

Wie würden Sie Luxus definieren? Ich finde, die Definition von Luxus hat sich über die letzten Jahre stark verändert. Früher war Luxus meist «Bling-Bling», heute ist das Schlichte Luxus. Dazu müssen wertige Materialien und Fortschrittlichkeit den Kern bilden. Dafür stehen auch wir als Marke. So waren wir beispielsweise der weltweit erste Hersteller, der Android Automotive von Google direkt im Fahrzeug verbaut hat. Was bei anderen Herstellern nur Spiegelung des Mobilephones ist, ist heute das Betriebssystem unserer Fahrzeuge. Aber auch Nachhaltigkeit definiert Luxus neu. Zum Beispiel bewegen wir uns beim Interieur weg von Leder hin zu neuen, aus der Sportindustrie inspirierten, innovativen Materialien aus erneuerbaren Ressourcen.

weisen wir unsere aktuellen Resultate transparent aus. Das heisst, unsere Kunden haben Einsicht in die entstandenen Emissionen und die verbauten Bestandteile ihres Fahrzeugs. Das komplette Recyceln eines Fahrzeuges ist eines der Ziele von Polestar. Was geschieht dabei mit den Batterien? Batterien können nach dem Einsatz in einem Fahrzeug wiederverwertet werden. Ebenso werden wir gebrauchte Batterien in einem zweiten Einsatz als Speichereinheit nutzen. Ein grosses Problem von nachhaltig produzierter Energie ist ja, dass sie nicht gespeichert werden kann. Wenn sie mal da ist – nehmen wir Wind­ energie –, muss sie genutzt werden, sonst geht sie wieder verloren. Batterienblocks als Speicher können da eine Lösung bieten. Eines der grössten Probleme von Recycling bei Fahrzeugen sind derzeit auch die eingesetzten Materialmischungen. Daher haben wir bei unserem letzten Konzeptfahrzeug, dem «O2», möglichst viele Teile aus demselben Material eingesetzt. Letztlich wird uns das Energie-­T hema als Menschen immer begleiten. Ich bin daher der festen Überzeugung, dass wir hin müssen zu einer nachhaltigen, zirkulären Wirtschaft und in diesem Sinne weg von den fossilen Brennstoffen.

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Worauf legen Ihre Kunden Wert? Wie sieht der Polestar-Kunde von heute aus? Unsere Kunden und Kundinnen lassen sich nicht nach bestimmten sozio-demografischen Kriterien einteilen. Viel eher fühlen sie sich von unseren Markenwerten angesprochen – der skandinavischen Interpretation von Luxus, den intuitiven Technologien, dem eigenständigen Design und der Nachhaltigkeit. Gerade das Wort Nachhaltigkeit wird heutzutage leider sehr inflationär benutzt. Man bezeichnet sich beispielsweise als nachhaltig, wenn man Emissionen kompensieren lässt. Das heisst aber nicht, dass diese Emissionen nicht stattgefunden haben. Deswegen hat sich Polestar zum Ziel gesetzt, bis 2030 ein Auto komplett ohne CO2-­Ausstoss zu bauen – und dies ohne Kompensationen. Das ist eine riesige Challenge. Denn es bedeutet, dass wir unsere ganzen Zulieferungsketten prüfen und nachhaltig aufstellen müssen. Dabei PRESTIGE BUSINESS

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LAUREUS STIFTUNG SCHWEIZ Sport für den guten Zweck Laureus ist eine weltweite Organisation, die sportliche Spitzenleistungen feiert und die Kraft des Sports nutzt, um das Leben von Kindern und Jugendlichen zu verändern. Seit der Gründung wurden acht nationale «Laureus Sport for Good»-Stiftungen in Argentinien, Italien, der Niederlande, Österreich/Deutschland, Spanien, Südafrika, den USA und der Schweiz aufgebaut. Inzwischen fördert Laureus Sport for Good über 250 Programme in 50 Ländern. Bis heute wurden Millionen Kinder und Jugendliche zwischen acht und 18 Jahren dabei unterstützt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, sich Ziele zu setzen und diese zu erreichen. Auch in der Schweiz engagiert sich die Stiftung zusammen mit seinen Hauptpartnern IWC und Mercedes-Benz für Kinder und Jugendliche. Autorin: Isabelle Riederer

Die Förderung von Mädchen und jungen Frauen nimmt bei der Laureus Stiftung Schweiz einen besonderen Platz ein.

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chon der griechische Gelehrte Platon wusste: Durch Sport lernt man seinen Körper zu beherrschen und kann so auch seine Seele schulen. Doch Sport treiben oder aktiv eine Sportart ausüben kann nicht jeder. Die Laureus Stiftung will das ändern. «Laureus unterstützt Kinder und Jugendliche dabei, mithilfe des Sports ein positives und selbstbestimmtes Leben zu führen. Jährlich werden allein in der Schweiz mehr als 10’000 Kinder und Jugendliche gefördert, die aus verschiedensten Gründen Unterstützung benötigen», erklärt Marc Langenbrinck, CEO von Mercedes-Benz Schweiz und Mitglied des Stiftungsrates der Laureus Stiftung Schweiz. Seit 2006 hat die Schweiz eine eigenständige Laureus-Stiftung, die zu den aktivsten und erfolgreichsten weltweit zählt. Langenbrinck: «Als starke Marke engagiert sich Mercedes-Benz stark für benachteiligte Kinder.»

EXKLUSIVE RARITÄTEN UNTER DEM HAMMER Die Mercedes-Benz Schweiz AG unterstützt die Laureus Stiftung Schweiz, betreibt mit anderen Partnern unter anderem das Programm «Kids on Wheels» und ermöglicht ihren Mitarbeitenden Freiwilligeneinsätze bei Programmen von Laureus. Jedes Jahr beteiligt sie sich an den Auktionen im Rahmen der Laureus Charity Night, an der 2021 insgesamt 1.3 Millionen Franken für die Stiftung gesammelt wurden. In diesem Jahr versteigert Mercedes-Benz Schweiz den einzigen in der Schweiz erhältlichen Mercedes-Maybach «Edition 100». Die Laureus Charity Night zählt zu den gesellschaftlichen Events in der Schweiz, an welchen einflussreiche Persönlichkeiten aus Sport, Wirtschaft und Showbusiness zusammenkommen und ihre Brieftaschen für den guten Zweck öffnen. Dieses Jahr findet die Laureus Charity Night am 5. November statt und lädt zu einer aussergewöhnlichen Reise zu neuen Galaxien ein. Unter dem

Marc Langenbrinck, CEO von Mercedes-Benz Schweiz und Stiftungsrat der Laureus Stiftung Schweiz.

Motto «The Future is Now» dürfen sich die Gäste auf einen glamourösen Abend freuen und tun dabei auch noch etwas Gutes. Sie unterstützen Kinder und Jugendliche in den durch Laureus geförderten sozialen Sportprogrammen.

ALLES BEGANN MIT EINEM AUTOGRAMM Gegründet wurde die Stiftung vom südafrikanischen Unternehmer Johann Rupert, der heute als Hauptaktionär und Verwaltungsratspräsident von Richemont einen der grössten Luxuskonzerne der Welt mit Hauptsitz in Genf steuert. In seinem Portfolio befinden sich 20 begehrte Luxusmarken, darunter Montblanc, IWC, Cartier und Chloé.

Die Laureus Charity Night verbindet Galaabend mit sozialem Engagement.

Der Anstoss zur Laureus Stiftung kam Mitte der Neunzigerjahre. Rupert war eng befreundet mit einem afroamerikanischen Baseballspieler der New York Yankees. Eines Tages fiel ihm auf, dass der Baseballspieler bei der Bitte nach Autogrammen besonders darauf achtete, dass er weissen Kindern ein signiertes Poster gab. PRESTIGE BUSINESS

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Auf die Frage, warum er diese Bevorzugung zeige, antwortete er: «Wenn ein weisses Kind mein Poster in seinem Zimmer hat, kann es kaum ein schwarzes Kind in seiner Klasse diskriminieren.» Diese Aussage liess Johann Rupert keine Ruhe mehr und er wollte etwas ändern. Er schlug Richemont vor, bei der Gründung einer Organisation mitzuwirken, die auf dem Grundsatz beruht, dass der Sport die Kluft in der Gesellschaft überbrücken und die Sichtweise der Menschen auf die Welt verändern kann. 1998 tat sich Richemont mit dem deutschen Automobilkonzern Daimler zusammen, um das Projekt Laureus auf den Weg zu bringen. Bereits zwei Jahre später fand die erste Verleihung der Laureus World Sports Awards statt, und die ersten 24 Mitglieder der Laureus World Sports Academy trafen sich am Vorabend der Preisverleihung in Monaco zu einem bahnbrechenden Treffen, an dem auch Staatspräsident Nelson Mandela teilnahm, der sogleich zum ersten Schirmherrn von Laureus ernannt wurde. Zu Beginn konzentrierte sich Laureus Sport for Good zunächst darauf, jungen Menschen bei der Überwindung schwieriger sozialer Probleme wie Armut, Obdachlosigkeit, Krieg, Gewalt, Drogenmissbrauch, Diskriminierung und AIDS zu helfen. Heute verfolgt Laureus mit den drei Säulen Laureus Sport for Good Foundation, Laureus World Sports Academy und Laureus World Sports Awards ein Ziel: die Kraft des

Die Laureus Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, mithilfe des Sports Kindern und Jugendlichen dabei zu helfen, ein positives und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Sports zu nutzen, um die gesellschaftlichen Herausforderungen der heutigen Zeit zu bewältigen und benachteiligten Kindern und Jugendlichen über soziale Sportprogramme zu helfen.

FREUDE SCHENKEN UND KINDER GLÜCKLICH MACHEN Auch Marc Langenbrinck und die Laureus Stiftung Schweiz verfolgen dieses Ziel und unterstützen Kinder und Jugendliche mithilfe des Sports. «Jährlich werden allein in der Schweiz mehr als 10’000 Kinder und Jugendliche gefördert, die aus verschiedensten Gründen Unterstützung benötigen», erklärt Marc Langenbrinck. Für den gebürtigen Deutschen umfasst das Engagement der Laureus Stiftung Schweiz aber noch viel mehr: «Wir können Freude schenken. Die vielen Programme, die wir mit Laureus betreiben oder unterstützen, machen Kinder glücklich – für einen Nachmittag, für eine Woche, darüber hinaus. Was gibt es Schöneres?» Der Mercedes-Maybach «Edition 100» ist ein auf 100 Exemplare limitiertes Sondermodell.

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Der Grundgedanke ist dabei so einfach wie effektiv: Im Sport sind alle gleich! «Es gibt keine sozialen Unterschiede auf dem


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rin und kürzlich zum fünften Mal Weltmeisterin geworden. Sie steht für Höchstleistung, Niederlagen, Comeback und Rekorde! Und was für ein Vorbild für Mädchen und junge Frauen!» Die Laureus Stiftung Schweiz wird von zahlreichen äusserst erfolgreichen Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern, die sich als Botschafter engagieren, unterstützt – darunter Radlegende Fabian Cancellara, Leichtathletin Mujinga Kambundji, Skirennfahrer Marcel Odermatt und Schwinger Marcel Stucki. «Unsere Botschafter sind alle Spitzensportler, die sich überdurchschnittlich für Kinder engagieren. Die Werte, die sie verkörpern, sind unheimlich wichtig. Sie verbinden individuellen Ehrgeiz mit grossem Teamgeist, haben klare Ziele, die sie fokussiert und mit Durchhaltewillen erreichen. Und natürlich haben sie Spass am Sport und belohnen sich auch für gute Leistungen. Ich selbst kann da als Stiftungsrat sportlich nur hinterherhecheln (lacht). Aber natürlich teile ich diese Werte mit diesen grossartigen Sportlerinnen und Sportlern», sagt Marc Langenbrinck und fügt an: «Sport ist für mich Ausgleich, nicht Beruf wie bei unseren Botschaftern. Er ist aber enorm wichtig für mich. Hier kann ich gleichzeitig abschalten, mich austoben und Kreativität für den nächsten Tag schöpfen. Ich spiele Tennis und Golf und fahre gerne Ski. Seit ich in der Schweiz lebe, habe ich zudem das Rennradfahren für mich entdeckt.»

Bolzplatz oder dem Pumptrack. Und es ist egal, ob die Eltern im Mercedes-Benz oder mit dem Fahrrad zum Training kommen. Gleichzeitig wird Teamplay gefördert, ein soziales Zusammenspiel. Und es gibt sofortige Erfolgserlebnisse: Das geschossene Tor, die übersprungene Welle, das geht schneller als die Mathearbeit. Das schafft Freiraum, nimmt Druck, stärkt das Selbstwertgefühl. Und das hilft dann auch ausserhalb des Sportplatzes», sagt Marc Langenbrinck.

Der Ex-Radprofi Fabian Cancellara ist seit vielen Jahren Laureus-Botschafter und seit 2021 Stiftungsratspräsident.

LERNEN VON DEN BESTEN Die Laureus Stiftung legt dabei auch besonders viel Wert auf die Förderung von Mädchen und jungen Frauen, denn trotz Gleichberechtigung besteht hier noch viel Nachholbedarf. Marc Langenbrinck: «Es ist doch erstaunlich: Die meisten Sportarten werden zwar von allen Geschlechtern betrieben, und doch gilt die grössere Aufmerksamkeit den Männern. Wir wollen mit Laureus unseren Teil dazu beitragen, dass Mädchen und Sportlerinnen ihren verdienten Platz erhalten. Ein eindrückliches Beispiel ist für mich die Schweizer Triathletin Daniela Ryf – Laureus-Botschafte-

Zu den Schweizer Laureus-Botschafterinnen gehört auch Leichtathletin Mujinga Kambundji.

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FIT FOR BUSINESS Zu Besuch in der SHA Wellness Clinic in Alicante 146

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ARTS & BUSINESS CULTURE

Autorin: Cécile von Fürstenberg

Jeden Morgen klingelt der Wecker in aller Früh, der Terminkalender ist voll mit Meetings und Aufgaben und das nicht selten bis spät in die Nacht hinein. Und zur Belohnung gibt es abends eine Flasche Wein, für Bewegung und Erholung bleibt da keine Zeit mehr. Die Rechnung für diesen Lebensstil kommt bestimmt, denn einen hohen Leistungsdruck im Alltag ohne Ruhepausen hält kein Mensch lange aus. Da uns Ihr Wohl am Herzen liegt, stellen wir im Magazin PRESTIGE BUSINESS die SHA Wellness Clinic in Alicante / Spanien vor.

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nmittelbar am Mittelmeer, integriert in ein Landschafts- und Meeresschutzgebiet, bietet SHA Wellness Spanien eine Oase der Ruhe, um Körper, Seele und Geist in Einklang zu bringen. Es kombiniert ein umfassendes Gesundheitsangebot mit höchstem Komfort und Service, und dennoch fühlt man sich nicht wie in einer Klinik, sondern viel mehr wie in einem Tempel der absoluten Entspannung. Hier wird nicht gehungert, sondern es werden drei Mal am Tag Köstlichkeiten aus feinsten Zutaten serviert, natürlich ganz ohne Zucker, Fleisch, Fisch, Café und Alkohol. Kleine Ausnahmen sind übrigens erlaubt. Das Geheimnis liegt in der integrativen SHA-Methode, welche die Gesundheit in Kombination mit verschiedenen Disziplinen ganzheitlich verbessert und so dem Leben Jahre und den Jahren Lebensqualität schenkt. Bereits fünf Tage reichen schon aus, um mit verschiedenen Programmen, zum Beispiel «Rebalance», in kurzer Zeit vom gestressten Homeoffice-Junkie zur Ausgeglichenheit in Person zu werden. Ein

SHA entstand im Jahr 2008 aus der persönlichen Erfahrung von Alfredo Bataller Parietti, dem Eigentümer von SHA Wellness.

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Blick in die hoteleigene App mit persönlicher Wellness-Agenda zeigt den Gästen das Tagesprogramm an: Von Yoga und Massagen über Akupunktur bis zur Ernährungsberatung sind die Tage mit Terminen gefüllt. Nur 30 Prozent der Lebenserwartung hänge von den Genen ab, sagt Dr. Vicente Mer, ärztlicher Leiter der SHA Wellness Clinic, in einem Vortrag zum Thema «Healthy Ageing». Wie wir altern, werde hauptsächlich vom Lebensstil beeinflusst. Er redet davon, dass man sich die Körperzellen wie einen Autoreifen vorstellen müsse, der eben irgendwann abgenutzt sei. «Das können Sie nicht aufhalten», sagt der Arzt, «aber Sie können die Reifen gut pflegen und darauf achten, dass sie nicht schneller abnutzen als nötig.» Er spricht davon, was man alles im Blick haben müsse, um den Alterungsprozess zu verlangsamen: den regelmäßigen Konsum von Superfoods wie der hochgelobten Miso-Suppe, Bewegung, Hormone.

WIE ENTSTAND SHA WELLNESS? SHA entstand im Jahr 2008 aus der persönlichen Erfahrung von Alfredo Bataller Parietti, Eigentümer von SHA Wellness, der nach mehr als dreissig Jahren gesundheitlicher Probleme seine Lebensqualität dank einer angemessenen Ernährung und verschiedener natürlicher Therapien in Verbindung mit den neuesten Fortschritten der westlichen Medizin wiedererlangt hat. Eine Geschichte, die sein Leben und nun das vieler anderer verändert hat. Nach dem grossen Erfolg von SHA Spain eröffnet SHA 2023 zwei weitere Standorte: SHA Mexico, Playa Mujeres – Quintana Roo 2023 sowie SHA Emirates, AlJurf – die Riviera der Emirate.


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SPORT MIT KOMFORT

In «The Chef’s Studio» werden die Gäste in die Geheimnisse der gesunden SHA-Küche eingeweiht.

EIN BESONDERES ANGEBOT FÜR LEISTUNGSGEFORDERTE BERUFSTÄTIGE Das Programm Präventivmedizin und Healthy Aging, welches darauf ausgerichtet ist, die zelluläre Degeneration zu verlangsamen und das eigene Gesundheitspotenzial zu reaktivieren, eignet sich gut für Dauergestresste, da Stress alt macht. Und wer schneller altert, ist auch kürzer leistungsfähig. Nach einer umfassenden Diagnostik folgen Therapien, die vorzeitiges Altern aufhalten und eine natürliche Stimulierung und Rekonstruktion der Stoffwechselprozesse hervorrufen sollen. Alle Behandlungen und Therapien der Präventivmedizin und des Healthy Aging, die bei SHA durchgeführt werden, orientieren sich daran, das Leben mit Gesundheit und Vitalität zu geniessen – frei von Krankheiten und Beschwerden, die mit dem Altern in Verbindung stehen. Das fängt bei Kleinigkeiten an, zum Beispiel dem täglichen Start in den Tag mit einer Tasse Miso-Suppe. Die Japaner schwören nicht umsonst auf die heilende Wirkung dieser Flüssigkeit, schließlich fällt auf, dass die Menschen dort bis ins hohe Alter sehr vital sind.

Ein hochmotiviertes und sympathisches Expertenteam in Physiotherapie und Personal Training, eine innovative und moderne Ausstattung und eine ideale Umgebung bringen die Gäste dazu, den inneren Schweinehund zu überwinden und persönliche sportliche Höchstleistungen zu absolvieren. All diese Faktoren werden mit verschiedenen Übungen und Physiotherapie-Sitzungen kombiniert, die auf die Bedürfnisse des Gastes individuell abgestimmt werden. Personal Training sowie verschiedene Trainingseinheiten wie Paddle-Tennis, Wandern oder Nordic Walking im Freien mit hochqualifizierten Personal Trainern fördern die körperliche Ausdauer, während physiotherapeutische Experten mittels heilgymnastischer Übungen Veränderungen des neuromuskulären Skelettsystems vorbeugen, behandeln und die Funktionalität wiederherstellen. Schon nach ein paar Tagen in der SHA Wellness Clinic fällt einem der Stress von den Schultern, eine Leichtigkeit stellt sich ein und man startet hochmotiviert zurück in den Alltag. Das Doppelzimmer ab 70 Quadratmetern kostet ab etwa 300 Euro pro Nacht, die Wellnessbehandlungen werden individuell abgerechnet. Anreise: per Flug nach Alicante oder Valencia.

DER MENSCH IST, WAS ER ISST Die SHA-Ernährung basiert auf einer gesunden, energetischen und hauptsächlich basischen und sehr ausgewogenen Ernährung, die rein auf die körperliche Gesundheit zielt, aber dennoch sehr gut schmeckt und satt macht. Sie zollt Respekt gegenüber dem, was die Natur zu jeder Jahreszeit und am jeweiligen Ort bietet, wobei insbesondere auf lokale, biologische und saisonale Lebensmittel geachtet wird. Auf Basis einer persönlichen Beratung sowie einer Gesundheitsbewertung erhält jeder Gast ein individuelles Ernährungsprogramm. Im Rahmen von Kochkursen in «The Chef’s Studio» werden die Gäste in die Geheimnisse der gesunden SHA-Küche eingeweiht, die ihnen Anleitung zu einer bewussteren Ernährung auch für zu Hause gibt.

Cécile von Fürstenberg www.shawellnessclinic.com

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ARTS & BUSINESS CULTURE

DER NEUE GIPFEL DES GENUSSES Höchste Grillpräzision mit dem neuen Genesis Ein Grill – unendlich viele Optionen, denn der neue Weber Genesis vereint alles, was sich Fans moderner Outdoorküchen wünschen, in einem Gerät: Kochfeld, Back- und Pizzaofen.

© Weber

Autorin: Swenja Willms

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© Weber

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D

er Sommer ist die Zeit, in der Genuss neu zelebriert wird: grilliertes Ananas-Steak auf einem knackigen Salatbett, Teres-Major-Steak vom Grill oder knusprige Fächerkartoffeln mit Sour Cream. Die Möglichkeiten scheinen endlos, wenn es um das Thema Grillieren geht. Wer jetzt glaubt, ein solches Menü gelingt nur Profis, der irrt. Gemeinsam mit den warmen Temperaturen läutet Weber eine völlig neue Ära des Gasgrillierens ein. Die neue Genesis-Reihe, bestehend aus 16 Grillmodellen, bietet Grillenthusiasten bis dato ungeahnte Zubereitungs- und Kombinationsmöglichkeiten – überzeugt er doch nicht nur mit seiner hohen Hitze dank «Sear Zone» und kommt dank integrierter, smarter «Weber Connect»Technologie mit Gelinggarantie, sondern birgt auch einen unentdeckten Schatz an Rezepten. Die smarte Technologie wacht über den gesamten Grillvorgang und meldet per App, wenn das Gericht fertig ist.

AUSDAUERND, KRAFTVOLL UND VIELSEITIG Alle Funktionen und Komponenten der neuen Weber-GenesisGrills sind so konzipiert, dass sie ein Grillerlebnis der Extraklasse bieten – mit Präzisionsgrillieren und den grenzenlosen Möglichkeiten für kulinarische Experimente. Leistungsstarke, verbesserte Brenner sorgen für eine effiziente, gleichmässige Flamme und damit konstante, präzise Hitze. Auf der neuen, vergrösserten und extraheissen «Sear Zone» finden mehrere Steaks gleichzeitig Platz und erhalten ihr begehrtes Branding. Egal, was auf den Grill kommt, das Powerpaket gart es bis zur Perfektion. Mit Grillrosten auf zwei Ebenen wird die Grillfläche verdoppelt und bietet damit Platz, um ein komplettes Menü zuzubereiten, von der Vorspeise über das Hauptgericht mit Beilagen bis hin zum Dessert – alles gleichzeitig. Die speziell für das neue «WEBER CRAFTED Gourmet Barbecue System» entwickelten Einsätze ersetzen einen Teil des Grillrosts und nutzen die Hitze des Grills so optimal. Es entsteht reichlich Platz für alle Gerichte, die man sich nur wünschen kann: Auf dem doppelseitigen Sear Grate dicke Fleischstücke perfekt gegart, die flache Grillplatte grilliert Meeresfrüchte und Gemüse ölfrei, im Grillkorb braten goldgelbe Potato Wedges und auf dem glasierten Grillstein gelingt Grillfans eine knusprige Pizza. Wer noch mehr Neues entdecken möchte, zaubert sein erstes Thai Curry vom Grill oder lässt seiner Kreativität mit dem Spiesse-Set freien Lauf und kreiert vielseitige Drehspiesse für jeden Geschmack. Auf dem neuen, extragrossen Seitentisch finden Zutaten ebenso wie Zubehör und Besteck reichlich Platz. Werden sie nicht mehr benötigt, kommen Schneidebrett und andere Helfer in den neuen praktischen Seitenschrank. Praktisch ist auch, dass sich die Gasflasche in allen Genesis-Modellen im Schrank unter dem Grill befindet. Dadurch ist nicht nur elegant versorgt, sondern muss nicht neben dem Grill auf dem Boden stehen. Ideal für das Grillieren bei Dunkelheit: Die innovativen Leuchten des «Night Vision»-Beleuchtungssystems von Weber befinden sich unter dem Deckel des neuen Weber Genesis und beleuchten die gesamte Grillfläche – vom Serviertisch bis zu den Rosten. So steht dem perfekten Grillabend nichts mehr im Weg. www.weber.com

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VORSCHAU & IMPRESSUM

VORSCHAU Die nächste Ausgabe erscheint im September 2022

Finance w Mit «SPACs» der Fusion mit dem sogenannten «Special Purpose Aquisition Companies» an die Börse w Worauf müssen Anleger achten w Update Supertrends

Herausgeber Editorial Media Group AG Ceres Tower Hohenrainstrasse 24 CH-4133 Pratteln Telefon +41 61 551 39 40 Fax +41 61 551 39 49 info@editorial.ag www.editorial.ag Geschäftsleitung Peter Levetzow p.levetzow@editorial.ag Verlags- & Projektleitung Hasan Dursun h.dursun@editorial.ag Verkauf & Marketing Boris Jaeggi b.jaeggi@editorial.ag Ramirez Frutig r.frutig@editorial.ag Silvia Fuchs s.fuchs@editorial.ag Leitung Redaktion Isabelle Riederer i.riederer@editorial.ag Leitung Produktion & Grafik Rebecca Brutschin r.brutschin@editorial.ag

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Grafik Melanie Moret m.moret@editorial.ag Korrektorat / Lektorat Mario Hetzel Aboservice info@editorial.ag Autor*innen Werner Aebischer Tobias Ammann Roland Benguerel Manuel Jordi Hauke Juhls Simon Kegler Jrène Küng Peter Levetzow Georg Lutz Marc Maurer Christoph Meier Carsten Priebe Peter Révai Isabelle Riederer Nadine Riederer Fabian Rudin Daniele Ruggeri Andrea L. Sablone Swenja Willms Cécile von Fürstenberg Interviewpartner*innen Matthias Ackeret Raynald Aeschlimann Sandro Bolton

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Die Zukunft der Mobilität Professionelle Vermögensverwaltung Business Travel Business Interior

Andreas Büttiker Santino Cambria Thomas Christen Roland Fasel Alexander Hänsel Sascha Heiniger Urs Kessler Xander Kübli Daniel Luggen Axel Müller Peter Olah Andreas Staubli Diobe Wyss Titelbild Olimpiu Pop / Shutterstock Bilder Abacus Research Aman Resorts Amazon Web Services Andermatt Swissalps AG Andermatt Tourismus Audi MediaCenter Audi Schweiz AG Robert Bösch Business Transaction AG Christian Jott Jenny Clover Coaching Gerry Hofstetter Heinz Julen HEV Schweiz Interlaken Tourismus Jungfraubahnen Laureus Stiftung Schweiz Matthias Heyde Mercedes-Benz Schweiz AG

OMEGA Outvision Persönlich Polestar Schweiz Tourismus SHA Wellness Clinic Shutterstock Skoda Schweiz AG TASIS Victoria Jungfrau Grand Hotel & Spa Zermatt Tourismus Jahresabo Vier Ausgaben CHF 19.– Einzelpreis CHF 5.90 info@editorial.ag ISSN Print 2813-1525 ISSN E-Mag 2813-1533

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Aus Ideen entsteht Zukunft. Der rein elektrische Audi RS e-tron GT. Future is an attitude

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