kmuRUNDSCHAU01/2021

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AUSGABE 01 / 2021

OHNE ORIENTIERUNG

FINANZMÄRKTE ZWISCHEN ALLZEITHOCH UND ABSTURZ

VORSORGELÖSUNGEN | DATENSCHUTZ | GESUNDHEIT IM BÜRO | UNTERNEHMERGEIST | E-MOBILITÄT



LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, Die Geld- und Fiskalpolitik und die Politik der Zentralbanken kennen von ihrem Mainstream her zurzeit nur eine Antwort: Es geht voran. Die Börsen­ kurse feiern trotz Pandemie und Wirtschaftskrisen immer wieder neue Höchstkurse. Mit unglaublichen Summen an Geld verdeckt man jedes Strukturproblem und Krisenszenarien. Ich frage mich, was aus den Lehren der Finanzkrise von 2008 eigentlich noch übriggeblieben ist? Die Antwort ist ernüchternd: kaum etwas.

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Die vorherrschende Vorstellungswelt, auch in den Wirtschaftsmedien, geht davon aus, dass Finanzmärkte das zentrale Spielfeld sind, um Transparenz herzustellen. Es geht um das Märchen, das gesamte ökonomische Geschehen sei an den Börsen eingepreist. Das widerspricht erstens den gewaltigen Volatilitäten, die immer wieder auftauchen, und zweitens der hohen Frequenz von Crashs, die bei der Fallhöhe der aktuellen Kurse auch mal richtig heftig ausfallen können. Eigentlich befinden sich die Gralshüter der Zentralbanken, bei genauer Betrachtung, nur in einem gigantischen und historisch fast einmaligen Experiment, bei dem jegliche Gefahren beiseite gewischt werden. Der theoretische Hintergrund des hegemonialen Diskurses liegt in dem Wirken der Chicago Boys um Milton Friedman. Seit den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts haben sie die Einengung der Sichtweisen vorangetrieben. Geldpolitik ist in diesem Vorstellungsrahmen ein sehr machtvolles Werkzeug. Zudem ist der Finanzmarkt der Trigger für den Wohlstand überhaupt. So hat man die Branche der Finanzindustrie in den letzten Jahrzehnten fast ungezügelt aufgepäppelt. Es steht die These im Raum, dass sich die Finanzmärkte zunehmend von dem realen Wirtschafts­ geschehen abgekoppelt haben. Genau darum geht es auf den folgenden Seiten in unserem Highlight-Schwerpunkt.

Georg Lutz

Chefredaktor kmuRUNDSCHAU g.lutz@editorial.ag www.kmurundschau.ch

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K

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INHALT ÜBERDREHTES SYSTEM Die Beurteilung der Finanzmärkte fällt aktuell sehr polarisiert aus. Einige Expertinnen und Experten befürchten das Platzen von Blasen, andere sehen die Aktienkurse in diesem Jahr von Höchststand zu Höchststand eilen. Daneben gewinnt die These an Bedeutung, die Finanzmärkte und die Realwirtschaft würden sich inzwischen in zwei völlig unterschiedlichen Welten bewegen. Wir baten Klaus Wellershoff im Interview um eine nüchterne Einschätzung der turbulenten Situation.

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AUSWEG AUS DEM ENTWEDER-ODER Beherrschen Unternehmerinnen und Unternehmer ihr Kerngeschäft aus dem Effeff, fehlen – verständlicherweise – oft die Detailkenntnisse in der geschäftsfremden beruflichen Vorsorge. Vielen Unternehmerinnen und Unternehmern ist es daher nicht bewusst, dass sie eine individuell passende, bedürfnisgerechte Lösung für ihre Mitarbeitenden und ihr Unternehmen finden können. Jetzt erweitert eine neue Dimension der Vorsorgelösung die Wahlmöglichkeit und vergrössert den strategischen Handlungsspielraum für Unternehmen.

REVISION DATENSCHUTZGESETZ In der Berichterstattung zum neuen Datenschutzgesetz (nDSG) war Profiling das bestimmende Thema. Dadurch gerieten allerdings die zentralen Änderungen in den Hintergrund. Neu besteht eine stärkere Pflicht zur Transparenz bei Datenbearbeitungen, auch hat der Gesetzgeber die Sanktionen deutlich verschärft und neue Instrumente wie das Bearbeitungsverzeichnis eingeführt.

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BELASTUNGEN STEIGEN Digitalisierung und Arbeitsverdichtung aufgrund des technologischen Fortschritts und der zunehmenden globalen Vernetzung stellen die Beschäftigten vor neue Herausforderungen. Durch den Rückgang von körperlichen Belastungen in weiten Bereichen der Erwerbsarbeit geraten psychische Belastungen bei der Arbeit und damit verbundene Schlagwörter wie «Stress» oder «Burnout» zunehmend ins Blickfeld.

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INHALT IN DIE ZUKUNFT GESCHLEUDERT «Nach Corona wird nichts mehr so sein wie vorher.» Davon ist der Innovationsexperte, Digitalunternehmer und Buchautor Dr. Jens-Uwe Meyer überzeugt. Und: «Mehr denn je brauchen wir jetzt einen kreativen Unternehmergeist.» Aktuell hat das Coronavirus Politik und Gesellschaft noch fest im Griff. Es gilt, die Pandemie bis zur flächendeckenden Impfung der Bevölkerung so gut wie möglich in den Griff zu bekommen. Doch viele Unternehmen sind bereits einen Schritt weiter. Sie haben schon im Blick, was nach Corona kommt.

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RUBRIKEN Editorial 1 Highlight 10 Die Welt der Finanzen 14 Software & Hardware 34 IT-Sicherheit 54 Marcom 56 Menschen in Unternehmen 62 Business Portrait 106 Unternehmen unterwegs 108 Global & Lokal 114 Kommentar 6, 8 Kolumnen 37, 39, 41, 69, 98, 99, 112 Impressum 120

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DER ZEITPUNKT IST DA Das Thema Mobilität erlebt gerade eine historische Umbruchphase. Namhafte Hersteller wie GM, Daimler, VW oder Porsche wollen zwischen 2025 und 2035 fast vollständig aus dem Verbrennungsmotor aussteigen. E-Mobilität, bis vor wenigen Monaten noch eine Nischenveranstaltung, wird ein Massenmarkt. Akteure, die noch vor wenigen Jahren das Thema E-Mobilität belächelt haben, müssen jetzt ganze Unternehmensstrukturen vom Kopf auf die Füsse stellen. Im Interview sprechen wir mit Philippe Perret, dem CEO der fox e-mobility AG, die voll in den E-Mobilitäts-Markt einsteigt.

WIR SIND VOR ORT Dies ist eine Corona-Ausgabe und daher sind auch unsere Aussentermine minimiert. Dafür setzen wir vermehrt auf digitale Lösungen, merken aber, dass auch sie an einige Grenzen stossen. Wir freuen uns daher, Sie in naher Zukunft wieder Face to Face begrüssen zu dürfen.

IM WEB Wir halten Sie zwischen den Ausgaben mit aktuellen News, Fotostrecken, Kolumnen und Analysebeiträgen auf dem Laufenden. Sie sind gerne eingeladen, sich crossmedial zu beteiligen. Zum Beispiel mit News: 1 000 Zeichen, Bild und URL. Besuchen Sie www.kmurundschau.ch


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KOMMENTAR

KONTRASTE SIND ERKLÄRBAR von Daniel Morris

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ie Coronavirus-Pandemie ist eines der bedeutendsten Ereignisse der Geschichte. Allerdings nicht aufgrund der Zahl der Todesfälle, die im Vergleich zu früheren Pandemien weiterhin gering ist, sondern aufgrund der drastischen Veränderungen in der Geopolitik, der Wirtschaftsaktivität, dem Verbraucherverhalten und der Verschuldung, die als Folge landesweiten Lockdowns in vielen Ländern eintraten.

Viele Anleger sind verblüfft vom Kontrast zwischen dem dramatischen BIP-Rückgang einerseits und vielen Aktienmarkt-Indizes auf Allzeithochs andererseits. Die Verwirrung wird jedoch gerade durch die Fokussierung auf das Bruttoinlandsprodukt anstatt auf Haushaltseinkommen verursacht. Die Reaktionsmassnahmen von Banken und Regierungen auf die Rezession sind radikal anders als in der Vergangenheit, und genauso ist auch die Rezession selbst völlig anders, da sie durch vom Staat angeordnete Lockdowns anstatt durch ein externes Ereignis ausgelöst wurde. Die Regierungen der Industrieländer starteten massive finanzielle Unterstützungsprogramme, sowohl für Unternehmen, die zur Schliessung ihrer Geschäftsräume gezwungen waren und somit keine Einnahmequelle mehr hatten, als auch für Einzelpersonen, die entweder ihren Arbeitsplatz verloren oder in Zwangsurlaub oder Kurzarbeit geschickt wurden. Diese Unterstützungsprogramme waren von enormem Umfang im Verhältnis zum Wirtschaftsvolumen. Dem Einkommensrückgang von US-Haushalten durch den Anstieg der Arbeitslosigkeit wurde entgegengesteuert durch staatliche Unterstützungszahlungen, weshalb persönliche Einkommen im Laufe des Jahres sogar stiegen anstatt fielen. In Europa verändern sich die Haushaltseinkommen aufgrund der vorhandenen sozialen Unterstützungsprogramme immer weniger stark, obwohl die staatlichen Ausgaben zur wirtschaftlichen Unterstützung dieses Mal viel höher waren als sonst. Die staatlichen Unter­ stützungsausgaben beliefen sich auf bis zu zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und die Regierung der USA wird im Jahr 2021 voraussichtlich weitere sechs Prozent hinzufügen. Im Gegensatz dazu werden die Wirtschaftsimpulse durch staatliche Ausgaben in den meisten Ländern Europas negativ sein. Kombiniert mit der langsameren Einführung von Impfkampagnen und den strengeren Ausgangsbeschränkungen als in den USA wird

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die wirtschaftliche Erholung in Europa viel langsamer verlaufen als in den USA. Nichtsdestotrotz lässt sich durch diese staatlichen Unterstützungsprogramme erklären, warum die Unternehmenseinnahmen weit weniger stark sanken als das Bruttoinlandsprodukt. Die Diskrepanz zwischen dem Rückgang des von der Wirtschaft «produzierten» Einkommens (das Bruttoinlandsprodukt ) und dem Anstieg des für die Bürger verfügbaren Einkommens (das Haushaltseinkommen), der in diesem Fall durch staatliche Kreditaufnahme finanziert wurde, erklärt die Entwicklung der wirtschaftlichen Einnahmen und damit der Aktienkurse. Im Gegensatz zum erwarteten Rückgang der Unternehmensgewinne von 13 Prozent im vierten Quartal 2020 stiegen die Unternehmensgewinne in den USA um vier Prozent. In Europa war das Bild ähnlich, mit einem Anstieg der Unternehmensgewinne von drei Prozent gegenüber dem erwarteten Rückgang von 14 Prozent. Einer der grössten finanziellen Wermutstropfen bei alledem ist der massive Anstieg der Staats­verschuldung, durch den die finanziellen Unterstützungsprogramme finanziert wurden. Die traditionelle Wirtschaftstheorie würde nun prognostizieren, dass ein erheblicher Anstieg der Zinssätze folgen muss, um dem erhöhten Risiko von staatlichen Zahlungsausfällen Rechnung zu tragen. Das ist bisher nicht eingetreten, vor allem deshalb, weil die Zentralbanken einen Grossteil der Schulden aufgekauft haben. Infolgedessen ist die Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt – bereinigt um die Zentralbank-Aufkäufe – entweder gesunken oder nur geringfügig gestiegen. Es scheint, als ob sich praktisch unbegrenzt neues günstiges Geld in Umlauf bringen liesse, aber sowohl den Zentralbanken als auch den Staatsregierungen ist klar, dass das nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt weiter so fortgeführt werden kann. Die Frage ist: Wann wird dieser Zeitpunkt definitiv eintreten?

DANIEL MORRIS ist Chief Market Strategist bei BNP Paribas Asset Management. www.bnpparibas-am.ch


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KOMMENTAR

UNTERSCHIEDLICHE GESCHWINDIGKEITEN von Katarina Cohrs

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ie globalen Aktienmärkte liegen nun weit über ihren Höchstständen vor Beginn der Pandemie, und das zu einem Zeitpunkt, an dem viele Volkswirtschaften noch nicht wieder ihr wirtschaftliches Niveau von vor der Pandemie erreicht haben. Dieser scheinbare Widerspruch entspricht jedoch in Wirklichkeit den wirtschaftlichen Verlaufsmustern aus der Vergangenheit im Anschluss an Rezessionen. Aktienmärkte orientieren sich an den voraussichtlichen Entwicklungen und preisen eine wirtschaftliche Erholung oft, lange bevor sie durch offizielle Daten bestätigt wird, ein. Durch diesen Prozess erhöhen sich die Multiplikatoren üblicherweise stark, wodurch die Märkte oft als zu hoch bewertet erscheinen. Ein zentraler Unterschied, im Gegensatz zu früheren Krisen, liegt jedoch im vergleichsweisen hohen Anstieg der Bewertungen, im Vergleich zum anfänglichen Ausmass des wirtschaftlichen Schocks sowie der Geschwindigkeit und der Umfang der Multiplikatoren-Erhöhung während der anschliessenden Erholung. Ersteres wurde durch umfassende Massnahmen von Zentralbanken und Regierungen untermauert. Letzteres lässt sich auf zwei Aspekte ­zurückführen. Zum Ersten geht es um die eindeutige Art der Krise und den relativ unkomplizierten Weg zu einer Erholungsstrategie, der einen schnellen Ausstieg aus der Krise ermöglichen sollte. Zum Zweiten sind Unternehmensgewinne anzuführen, die sich als wesentlich robuster erwiesen haben als erwartet. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass die Geld- und Fiskalpolitik der Zentralbanken und Regierungen die Wirtschaftserholung weit länger unterstützen wird, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Zu diesem Punkt sind drei Faktoren hervorzuheben, die zu den robusten Unternehmensgewinnen beigetragen haben. Erstens sind die Sektoren Fertigung und Dienstleistungen – anders als beim BIP – insgesamt etwa gleich relevant für die Unternehmensgewinne. Die Privatnachfrage nach Waren war in den letzten zwölf Monaten sehr stabil. Staatliche Unterstützungsprogramme verhinderten ein Absinken der Einkommen von privaten Haushalten, und diese nutzten ihr Geld wiederum zum Kauf von Waren, teilweise als Ausgleich gegenüber den geringeren Ausgaben für Dienstleistungen. Zweitens gelang es den Unter­nehmen, sehr schnell ihre Kosten zu senken und damit das Schrumpfen ihrer Gewinnmargen zu begrenzen.

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Drittens haben sich Internet-Technologien und die damit verbundenen E-Commerce- und Kommunikationsunternehmen in der Krise besonders hervorgetan, da sie in der Lage waren, Arbeitskräfte in Zeiten von Social Distancing und Home Office miteinander zu verbinden und Online-Shopping so einfach wie möglich zu gestalten. Je grösser die Allokation eines Index auf diese Art von Unternehmen ist, desto besser steht die gesamte AktienrenditeEntwicklung des Indexes da. Ob und wie lange die Märkte noch so hoch bewertet bleiben, hängt vom Zusammenspiel zwischen der Erholung der Unternehmensgewinne und den damit verbundenen Kursentwicklungen ab. Dieses Umfeld wird weiter von der symbiotischen Beziehung zwischen der lockeren Geldpolitik der Zentralbanken und der Fiskalpolitik der Regierungen gestützt. Die entsprechenden Entscheidungsträger werden nach eigenen Angaben daran in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Die lockere Geldpolitik trägt dazu bei, die Refinanzierungskosten von Unternehmen niedrig zu halten, während die Fiskalpolitik von finanziellen Unterstützungsprogrammen zur direkten Wirtschaftsförderung übergehen sollte. Das bedeutet, dass nun optimale Voraussetzungen für Anlagen mit höherem Risiko gegeben sind. Die Unterstützungsmassnahmen von Zentralbanken und Regierungen fördern direkt das Umsatzwachstum und die Gewinnmargen von Unternehmen; indirekt fördern sie aber auch die aktuelle Anlegerstimmung, da die Anleger eine Rückkehr zu strikteren Geld- und Fiskalmassnahmen nun für einen längeren Zeitraum nicht einkalkulieren müssen. Unser kurzfristiger Aktienmarkt-Ausblick bleibt weiterhin positiv, wobei wir allerdings einräumen, dass auch erhöhte Abwärtsrisiken vor­ handen sind.

KATARINA COHRS ist Strategist und Multiasset & Macro Analyst bei der Aviva Investors Schweiz GmbH. www.avivainvestors.com


KOMMENTAR

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HIGHLIGHT

Es gibt aktuell keinen klaren Kompass, in welche Richtung sich die Finanzmärkte bewegen.

ÜBERDREHTES SYSTEM DIE FRAGILE LAGE DER FINANZMÄRKTE Interview mit Klaus W. Wellershoff von Georg Lutz

Die Beurteilung der Finanzmärkte fällt aktuell sehr polarisiert aus. Einige Expertinnen und Experten befürchten das Platzen von Blasen, andere sehen die Aktienkurse in diesem Jahr von Höchststand zu Höchststand eilen. Daneben gewinnt die These an Bedeutung, die Finanzmärkte und die Realwirtschaft würden sich inzwischen in zwei völlig unterschiedlichen Welten bewegen. Wir baten Klaus Wellershoff im folgenden Interview um eine nüchterne Einschätzung der turbulenten Situation.

V

iele Ihrer Kolleginnen und Kollegen sehen aktuell sehr rosig in die Zukunft. 2021 könnte eigentlich ein guter Jahrgang werden. Schauen wir nur auf die prognostizierten Wachstumszahlen: China acht Prozent, USA über vier und Europa knapp vier Prozent. Dazu passen die weiterhin niedrigen Zinsen durch die Politik der Zentralbanken und die ex-

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pansive Fiskalpolitik. Das sieht doch auf den ersten Blick gut aus? Dass die Prognosen relativ hoch ausfallen, ist nach dem anfänglichen Schock in einer Rezession, wie wir sie ab Frühjahr 2020 erlebt haben, normal. In den Industrienationen operieren wir zu Jahresbeginn immer noch erst auf gesamtwirtschaftlichen Auslastungen unserer Kapazitäten zwischen 93 und 98 Prozent. Zum Vergleich:

Am Tiefpunkt der Finanzkrise 2007 / 08 waren wir im Schnitt bei 98 Prozent. Wer glaubt, dass wir wieder in Richtung einer Normalauslastung gehen, muss hohe Werte prognostizieren. Dass das in diesem Jahr angesichts der jüngsten Corona-Zahlen möglich ist, halte ich für sehr ungewiss. Dass die Zentralbanken weiter die Zinsen versuchen tief zu halten und dass die Regierungen nochmals mit grossen Defiziten


HIGHLIGHT

schwächelnden Firmen wie Gamestop nach oben schieben, könnte kaum unterschiedlicher sein. Das passt zu unserer Zeit. Wir alle neigen in den letzten Jahren immer mehr dazu, die Dinge schwarz oder weiss zu sehen. Die Wirklichkeit ist aber eher bunt.

versuchen, die Konjunktur anzutreiben, zeigt, wie fragil die Lage noch ist. Und die Aktienmärkte eilen von Rekordstand zu Rekordstand. Bestätigt dies nicht den positiven Ausblick? Nicht unbedingt. Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen erwartetem Wachstum, Unternehmensgewinnen und damit auch den Aktienkursen. Das ist aber nicht das Einzige, was zählt. Genauso wichtig ist die Frage der Zinsentwicklung. Tiefe Zinsen bedeuten, dass zukünftige Erträge heute mehr wert sind als bei hohen Zinsen. Die super aggressive Gangart der Geldpolitik ist für die heutigen Aktienkurse wohl mehr verantwortlich als der Konjunkturausblick. Bei der aktuellen Beurteilung der Finanzmärkte lässt sich eine polarisierte Form beobachten. Die aktuelle Beurteilung an den Aktienmärkten oder auch dem Potenzial von Kryptowährungen und der von neuen Akteuren die

Nehmen wir die Seite, die das Platzen von Blasen erwartet. Es geht dabei nicht nur um die üblichen Pessimisten, die wir wie Nouriel Roubini seit der Finanzkrise kennen, sondern auch um den CEO von Allianz. Solche Verantwortungsträger fallen im Normalfall nicht als Kassandra auf. «Wir machen uns sehr grosse Sorgen um das Thema Finanzmarktstabilität», sagte der Vorstandschef Oliver Bäte. «Da kauft irgendeine Celebrity irgendeinen Bitcoin und dann explodierten die Preise.» Wie schätzen Sie diese Positionen ein? Genau gleich. Das liegt aber vor allem daran, dass wir es seit der Finanzkrise 2007 / 2008 versäumt haben, dass Kreditwachstum zu begrenzen. Selbst in der scheinbar soliden Schweiz ist die Verschuldung unglaublich stark gewachsen. Unser Kreditvolumen ist seit der Finanzkrise um zwei Drittel gewachsen, unser Volkseinkommen aber nur um ein Viertel. Mit mehr Schulden ist die Situation für die Schuldner und damit auch für das Finanzsystem riskanter geworden. Aber nicht nur das. Auch das tiefe Zinsniveau macht die Finanzmärkte volatiler. Wenn die Zinsen fallen, empfinden wir das nicht als systemgefährdend. Wenn die Zinsen aber wieder steigen, kann sich das schnell ändern. Und schliesslich kann man den enormen Anstieg von Bitcoin auch als erstes Anzeichen für Misstrauen der Anleger gegenüber dem ewigen Mehr an Geld und Schulden interpretieren. Das ist keine Situation, in der wir uns beruhigt zurücklehnen dürfen. Auf der anderen Seite sehen wir die Optimisten, die nach der Pandemie eine V-Erholung sehen. Das billige Geld der Zentralbanken, die erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie und die Minimierung politischer Risiken, wie die Abwahl von Trump würden zu neuen Höchstständen in diesem Jahr führen. Liegen Sie richtig? Das mit dem V hat ja letztes Jahr nicht geklappt. Im dritten Quartal des vergangenen Jahres gab es eine starke Gegenbewegung nach dem Einbruch in der Wirtschaft

im Frühjahr. Im vierten Quartal hat die Konjunktur aber schon wieder mehr oder weniger stagniert. Und für das erste Quartal in diesem Jahr sieht es nicht viel besser aus. Dass irgendwann der Aufschwung kommen wird, und dass der zumindest anfänglich auch von den enormen Stimuluspaketen profitieren wird, ist auf der anderen Seite schon zu erwarten. Wenn alles gut geht, dürfen wir für die zweite Jahreshälfte vielleicht optimistisch sein. Ob das dann der Börse helfen wird, ist aber wieder eine andere Frage. Denn da sind ja noch die Zinsen und die müssten im Aufschwung eigentlich deutlich steigen. Der Zug der Finanzmärkte fährt los, allerdings bleiben einige Wagons zurück. Wenn ich im stationären Handel bin oder eine Brauerei führe, schaue ich den Partywagen der Finanzmärkte zunehmend hinterher. Lassen Sie uns die positiven Zahlen nüchtern einordnen. Das Volkseinkommen ist in den letzten Jahrzehnten hinter den Aktienwerten hinterhergehinkt. Das spricht doch für die These der Entkopplung von den Finanzmärkten und grosser Teile der Realwirtschaft? In der Tat reden viele Menschen von einer Entkopplung der Finanzmärkte. Das ungute Gefühl, das da zum Ausdruck kommt, kann ich gut verstehen. Wenn man davon ausgeht, dass Aktienkurse nur durch die Konjunktur beeinflusst werden, sind solche Anstiege, wie wir sie in den letzten Quartalen gesehen haben, unverständlich. Aber da sind ja, wie gesagt, noch die Zinsen. Genau genommen ist die Vorstellung, dass Aktienkurse und Konjunktur Hand in Hand gehen müssten, zu einfach. Aber das ist schwierig zu vermitteln. Und es gibt einen Zusammenhang zwischen Aktienkursen und Zinsniveau? Zwischen Aktienkursen, Volkseinkommen und Zinsniveau lässt sich das deutlich beobachten. Zumindest, was die lange Frist angeht. Nehmen Sie die 70er-Jahre. Von 1970 bis 1980 hat sich das US-Volkseinkommen fast verdreifacht. Die US-Börse ist aber über den gesamten Zeitraum kaum gestiegen. Der Hintergrund war der damals durch die zunehmende Inflation ausgelöste starke Zinsanstieg. Oder nehmen Sie die Zeit zwischen Finanz- und Corona-Krise, da war es genau anders herum. Die Zinsen sind deutlich gesunken und die Aktienmärkte sind stärker gestiegen als das Volkseinkommen. Und auch

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HIGHLIGHT

das Beispiel des vergangenen Jahres bestätigt diesen Zusammenhang. Das Volkseinkommen der USA ist zwar um drei Prozent gesunken. Aber die Zinsen sind im Vergleich zum Jahr 2019 deutlich stärker zurückgekommen. Das führt zu steigenden Börsenkursen. So tiefe Zinsen gab es unter dem Vorzeichen einer Rezession noch nie. Dieser Umstand bestätigt aber die Entkopplungsthese? Sie haben vollkommen recht. So tiefe Leitzinsen und so tiefe Zinsen für Staatsanleihen hatten wir seit dem Zweiten Weltkrieg überhaupt noch nicht. Was diesmal aber anders und vollkommen neu ist, ist, dass die Zentralbanken auch Unternehmensanleihen kaufen, um die Finanzierungsbedingungen für die Realwirtschaft direkter zu beeinflussen. In allen bisherigen Rezessionen sind die Zinsen für Unternehmensanleihen trotz tieferer Leitzinsen und gefallener Staatsanleiherenditen gestiegen. Ganz

offensichtlich waren die Anleger besorgt, dass da die eine oder andere Unternehmung ihre Schulden nicht bedienen können würde. Das ist heute anders. Zu einem solchen Zinsanstieg ist es aufgrund der neuartigen Interventionsstrategie der Notenbanken nicht gekommen. Wenn es eine Entkopplung gibt, dann ist sie hier zu suchen und ihr direkter Auslöser ist die Geldpolitik. Das führt zu der Frage, welche Rolle heute eigentlich Zentralbanken spielen? Da legen Sie den Finger auf einen wunden Punkt. Wir scheinen uns daran gewöhnt zu haben, dass die Zentralbanken es schon richten werden. Ob Bankenkrise, Wechselkurs, Konjunktur oder Finanzmärkte, die Zentralbanken liefern uns eine Vollkaskoversicherung, scheinbar, ohne dass wir dafür eine Prämie zahlen müssen. Bei jedem Ungemach wird nach geldpolitischer Intervention gerufen und die Zentralbanken liefern die dann auch im Glauben um die Machbarkeit der wirtschaftlichen Ent-

Die Zentralbanken hüllen die Finanzmärkte in weiche Decken ein.

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wicklung. Aber das ist natürlich Unsinn. Weder können Zentralbanken Rezessionen wegzaubern, noch Börseneinbrüche verhindern. Das haben wir ja gerade gesehen. Allenfalls können sie Märkte eine Zeit lang verzerren und stützen. Die Rechnung kommt dann – wie immer in der Geldpolitik – einfach später oder man ignoriert sie. Eine zeitgleiche Wirkung der tiefen Zinsen ist, dass die Vermögensverteilung ungleicher wird. Die Akzeptanz der Marktwirtschaft leidet darunter. So sägen die Zentralbanken an dem Ast, auf dem wir alle sitzen. Die Entkopplungsthese kann man aber auch mit dem Blick in die Geschichte belegen. Anfang der 70er-Jahre kam das starre Akkumulationsregime der Fliessbandfertigung in Kombination mit Massenkonsum in Turbulenzen. Der Fordismus kam an Produktivitätsgrenzen. Stagnierende Gewinne und Löhne führten zu einer verstärkten Kreditauf-


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nahme. Mit dem Eurogeldmarkt wurde eine staatenlose Form des Giralgeldes eingeführt. Es kam zu immer neuen Einlageformen. Zwischen Ende der Siebziger- und Mitte der Neunzigerjahre haben sich die Welthandelsumsätze verdreifacht, die Devisenmarktumsätze aber verachtfacht. Müssen wir nicht schon hier von einer Entkopplung sprechen? Welthandel ist sehr real. Da geht es ja um Güter, die in Fabriken produziert und auf Schiffen um die Welt geschickt werden. Die Umsätze an den Finanzmärkten sind dagegen in der Tat deutlich schneller gestiegen. Das hat mit der realen Wertschöpfung unserer Wirtschaft sehr wenig zu tun. Dahinter stehen moderne Finanzinstrumente wie Termingeschäfte und Optionen. Diese können sehr sinnvoll eingesetzt werden, müssen es aber nicht und werden es auch nicht immer. Da würde ich in der Tat auch eine Entkopplung sehen. Eine neue Dimension erreichten diese neuen Formate durch die technologische Evolution von Cybercash (Neunzigerjahre) und in den letzten Jahren durch Kryptowährungen. Wie beurteilen Sie diese neuen Dimensionen? Sind Kryptowährungen und vor allem die dahinterliegende Technologie Blockchain ein volkswirtschaftlicher und technologischer Gamechanger, oder endet dieser Goldrausch im Platzen einer gigantischen Blase? Mein Blick auf die Daten zeigt mir, dass es bezüglich unseres Wachstums durch Technologie keine wirklichen Gamechan-

ger gibt. Unser Leben ändert sich, unsere Wünsche und Vorstellungen ändern sich. Das ist das, was ich Gamechanger nennen würde: Klimabewusstsein oder die Sorge um unsere Gesundheit. Die Wirtschaft passt sich an eine veränderte Nachfrage an, wenn man sie lässt. Aber weder die Eisenbahn, noch das Aufkommen der Massenproduktion oder die seit 30 Jahren laufende Digitalisierung haben in irgendeiner Form zu Diskontinuitäten im Wachstum von Volkswirtschaften geführt. Was wir dagegen schon gesehen haben, ist, dass es um die Technologien herum unrealistischen Optimismus und auch Blasenbildung an Finanzmärkten geben kann. Das war bei den Eisenbahnen so oder beim Internet und jetzt ist es vielleicht woanders. Die Grösse der Kryptomärkte ist allerdings im Vergleich zu vorherigen Blasenepisoden eher bescheiden.

«… die Zentralbanken liefern uns eine Vollkaskoversicherung …» Wer sich über hohe Schulden aufregt oder wundert, und das kann man aktuell, darf zu Geldvermögen nicht schweigen. Diese Entwicklung, die in mehr-

facher Hinsicht auch eine Entkopplung ist, schleudert doch ganze Gesellschaften durcheinander. Geht diese Entwicklung so weiter, stehen wir in einer gesellschaftlichen Umbruchphase, vermutlich sind wir schon mitten drin. Teilen Sie diese Position? Unsere Geldvermögen sind gekoppelt an die Geldpolitik. Irgendjemand muss das Geld ja halten, das die Zentralbanken drucken. Und natürlich gilt auch, dass jede Schuld für den, der das Geld verliehen hat, Vermögen darstellt. Wer die Verschuldung reduzieren will, reduziert damit automatisch Vermögen. Das macht die Schuldenproblematik so schwierig zu lösen und ist der Grund, warum nachhaltig denkende Ökonomen mit der aktuellen Geldpolitik nicht einverstanden sein können. Der Widerstand gegen ein Ende der ultraexpansiven Geldpolitik ist aber gross. Wo stünden unsere Pensionskassen, wenn die Finanzmärkte in den Keller gingen und Obligationenanlagen auf einmal nichts mehr wert wären? Der grosse Umbruch in unserer Gesellschaft kommt dann, wenn diese Blase platzt. Aber was bedeutet dies, wenn man die Entwicklungen der letzten Jahre, auch vor der Umbruch- und Entkopplungsthese nochmals Revue passieren lässt? Wir reizen unser System aktuell brutal aus. Entschuldigen Sie das altmodische Beispiel, aber das ist so, als ob man einen Verbrennungsmotor immer höher drehen lässt. Irgendwann reisst der Ölfilm, der den Kolben schmiert, und dann ist es vorbei mit dem Motor. Dabei hätte der Motor noch lange gut funktioniert. Aber offensichtlich fehlt uns die Einsicht oder der Mut zu sagen, dass wir, wenn wir so weitermachen, unser System, das draussen in der Welt Milliarden von Menschen aus Hunger und Not befreit und uns Wohlstand und Freiheit garantiert hat, so an die Wand fahren.

KLAUS W. WELLERSHOFF leitet das Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners. Das Platzen von Blasen ist eine realistische Option, aber auch das Erreichen von neuen Höchstständen ist möglich.

www.wellershoff.ch

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DIE WELT DER FINANZEN

Es gibt Lösungen jenseits von Schwarz und Weiss.

AUSWEG AUS DEM ENTWEDER-ODER ERWEITERTE WAHLMÖGLICHKEIT IN DER BERUFLICHEN VORSORGE von Yvonne Häring und Lien Nguyen

Beherrschen Unternehmerinnen und Unternehmer ihr Kerngeschäft aus dem Effeff, fehlen – verständlicherweise  – oft die Detailkenntnisse in der geschäftsfremden beruflichen Vorsorge. Vielen Unternehmerinnen und Unternehmern ist es daher nicht bewusst, dass sie eine individuell passende, bedürfnis­gerechte Lösung für ihre Mitarbeitenden und ihr Unternehmen finden können. Jetzt erweitert eine neue Dimension der Vorsorgelösung die Wahlmöglichkeit und vergrössert den strategischen Handlungsspielraum für Unternehmen. Seite 14 // kmuRUNDSCHAU


DIE WELT DER FINANZEN

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er Arbeitgeber muss seine Mitarbeitenden ab einem Jahreslohn von CHF 21’510 in einer Pensionskasse gegen die Risiken Alter, Tod und Invalidität absichern. Die berufliche Vorsorge ist eine gesetzliche Vorgabe – und deren Erfüllung eine unternehmerische Verantwortung. Eine unternehmerische Verantwortung, die nicht selten vor allem als Pflichtaufgabe betrachtet wird. Unternehmen sehen in der beruflichen Vorsorge eher eine administrative Angelegenheit und einen Kostenfaktor, als dass sie ihre Lösung mit grösster Sorgfalt wählen und darin das Potenzial eines Reputationstreibers erkennen würden. Und

während sich der wirtschaftliche Alltag in einer hohen Dynamik zeigt, mag die berufliche Vorsorge als erratischer Block wirken: kantig, ungelenk  – und unumstösslich. Bestehend aus zwei grundverschiedenen Vorsorgewelten und der Kardinalsfrage: Vollversicherungsmodell oder teilautonome Lösung? Es bleibt kaum unternehmerischer Entscheidungsspielraum. Die derart eingeschränkte Wahlmöglichkeit lässt sich reduzieren auf: Schwarz oder Weiss? Fisch oder Vogel? Die Unternehmen müssen sich entscheiden zwischen zwei Extrempolen. Zwischen «Sicherheitsgarantie» oder «Renditechance». Und da-

mit verbunden zwischen den Aspekten Bequemlichkeit, die kostet, und Nervenkitzel, der Einsparungen bei den Prämien möglich macht. Dazwischen gab es bisher für Firmen kein Gestaltungspotenzial und damit auch kaum strategische Anreize.

ZWEI OPTIONEN, KAUM WAHL Beide Modelle weisen aus dem Blickwinkel vieler Kunden Vorteile, aber auch Schattenseiten auf. Die einen entscheiden sich für die Vollversicherung, bedauern aber, geringere Renditechancen zu haben. Und die andern entscheiden sich für mehr Renditemöglichkeit und tiefere Kosten, vermissen aber die Sicherheit

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DIE WELT DER FINANZEN

Vorsorgestrategie kann aus ihrer Erstarrung erwachen und Dynamik entwickeln.

DAS GILT ES ZU BEACHTEN Für Unternehmerinnen und Unternehmer, die für ihr Unternehmen den Wechsel der Vorsorgeeinrichtung prüfen, gilt: Anschlussverträge mit einer Sammeleinrichtung haben üblicherweise eine Laufzeit von drei  bis fünf Jahren. Nach Ablauf der Vertragsdauer verlängert sich die Laufzeit automatisch um jeweils ein Jahr, falls nicht rechtzeitig gekündigt wird. Die Kündigungsfrist beträgt im Normalfall sechs Monate, ein Wechsel ist jeweils auf Ende Jahr möglich. Die Mitarbeitenden müssen bei der Wahl des neuen Anbieters für die berufliche Vorsorge in den Entscheidungsprozess miteinbezogen werden. Ein Wechsel der Vorsorgeeinrichtung braucht die ausdrückliche Zustimmung der Mehrheit des Personals oder der Arbeitnehmervertretung.

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und fürchten sich vor dem Risiko einer möglichen Unterdeckung. Die Unternehmen wählen also gezwungenermassen zwischen den beiden einzigen Optionen. Aber beide Optionen befriedigen nicht vollauf, weil die effektive Bedürfnislage weder mit dem einen noch mit dem andern Extremmodell exakt abgedeckt wird. Keine Chance für eine Bedürfnislage, die sich genau dazwischen befindet. Die nach einem ausbalancierten Modell verlangt, nach einem Ausweg aus dem bisherigen Entweder-oder-Spannungsfeld. Keine Chance für all jene Unternehmen, die für ihre berufliche Vorsorge ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Garantie und Renditechance suchen.

DIE NEUE, DRITTE DIMENSION Bisher. Denn jetzt hat Pax mit dem Produkt Pax DuoStar eine zusätzliche Entscheidungsoption entwickelt, die genau dieses Marktbedürfnis nach einer ausgewogenen Mischung der bisherigen beiden Modelle Vollversicherung und teilautonome Lösung

abdeckt. Und damit die Wahlmöglichkeit erhöht. Im Garantieteil ist das Altersguthaben zu 100 Prozent versichert. In diesem Teil kommen die Kunden in den Genuss einer hundertprozentigen Sicherheit und tragen kein Risiko einer möglichen Unterdeckung – exakt wie in der Vollversicherung. Beim renditeorientierten Teil wird das Altersguthaben so angelegt, dass die Kunden an der Entwicklung der Finanzmärkte partizipieren können – wie das in einer teilautonomen Lösung der Fall ist. Im Vergleich zur Vollversicherung reduzieren sich die Beiträge bei gleichzeitiger Aussicht auf eine höhere Rendite. Und im Vergleich zur teilautonomen Lösung bietet der Garantieteil einen hundertprozentigen Schutz. Mit dieser neuen, zusätzlichen Lösung wird die berufliche Vorsorge sehr grundsätzlich verändert und weiterentwickelt. Zum einen, weil neu drei Vorsorgelösungen zur Verfügung stehen. Und zum andern, weil damit die berufliche Vorsorge


DIE WELT DER FINANZEN

aus der Erstarrung ausbrechen und eine neue Attraktivität entwickeln kann. Diese dritte Dimension gibt Firmen die Möglichkeit, die berufliche Vorsorge strategisch in ihre unternehmerische Vision zu integrieren und sie auch als integraler Bestandteil des Employer Branding zu betrachten, also als Schwerpunkt in den Anstrengungen zur Positionierung als attraktiver Arbeitgeber. Mit diesem Bewusstsein und der neu geschaffenen Wahl wird die getroffene Lösung zu einem Mehrwert im Wettbewerb auf dem Stellenmarkt.

DER RICHTIGE ENTSCHEID Mit der Wahl zwischen drei Modellen wird es für Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Erarbeitung des Vorsorgeplans noch wichtiger zu beachten, in welcher Unternehmensphase ihre Firma steckt. In der Frühphase, als Start-up und Jungunternehmen, ist eine Vollversicherung sinnvoll, da diese umfassenden Schutz bietet. Als etabliertes Unternehmen kann dann womöglich der Wunsch nach höheren Renditechancen ohne den gänzlichen Verzicht auf Sicherheitsgarantien einer Vollver-

sicherung im Vordergrund stehen. Auch die Zusammenstellung der Belegschaft und deren Profil sind wichtige Indikatoren bei der Wahl der Vorsorgesystematik. Es gibt auf alle Unternehmensphasen und alle individuellen Verhältnisse passende Lösungen. Ob Start-up, KMU oder Grossunternehmen. Gemeinsam mit dem Unternehmen definieren Anbieter die Vorsorgelösung, die am besten auf die unternehmenseigenen Bedürfnisse und auf alle Personengruppen im Unternehmen abgestimmt ist. Die Möglichkeit, die Vorsorgelösung laufend der Unternehmensentwicklung und den Bedürfnissen der Personengruppen anzupassen, rundet eine ideale Vorsorgelösung ab. Wer bewusst die Vorteile des «Rundumsorglos-Pakets» nützen will, der wird sich weiterhin mit Überzeugung für die Vollversicherung entscheiden. Wer allein auf positive Entwicklungen am Finanzmarkt setzt und über ein entsprechendes Risikoprofil verfügt, der wird weiter eine teilautonome Lösung präferieren. Und wer zugleich Sicherheit und Chancenorientierung wünscht, kann neu die Kombination der beiden bisherigen Vorsorgewelten wählen.

YVONNE HÄRING ist seit 2020 Mitglied der Geschäftsleitung der Pax, Schweizerische Lebensversicherungs-­ Gesellschaft AG.

LIEN NGUYEN ist Leiterin Product Management Berufliche Vorsorge der Pax, Schweizerische LebensversicherungsGesellschaft AG. www.pax.ch

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DIE WELT DER FINANZEN

Es gilt eine Balance zu finden.

«EINE GRUNDLEGENDE WEITERENTWICKLUNG» PAX LANCIERT NEUARTIGE BVG-LÖSUNG Interview mit Yvonne Häring von Georg Lutz

Das neue Modell in der beruflichen Vorsorge ist nicht am Reissbrett entstanden. Pax hat die verschiedenen Vertriebspartner bei der Entwicklung gezielt miteinbezogen. Welche Mehrwerte werden damit geschaffen? Und welche Herausforderungen gemeistert?

P

ax lanciert in der beruflichen Vorsorge eine Alternative zu den beiden etablierten Modellen Voll­ versicherung und teilautonome Lösung. Aus welchem Grund? Wir haben die besten Elemente aus den beiden Welten «Vollversicherung» und «teilautonome Lösungen» herausgefiltert und miteinander verbunden. Damit wird ein Ausweg aus dem bestehenden starren System mit zwei Extrempolen, eine erhöhte Wahlmöglichkeit und eine grundlegende Weiterentwicklung der beruflichen Vorsorge möglich. Warum sind Sie sicher, dass die­s es neue Modell einem Bedürfnis im Markt entspricht? Bei der Entwicklung des Produktes Pax DuoStar haben wir die verschiedenen Vertriebspartner miteinbezogen und ihre Rückmeldungen laufend eingebaut. Das neuartige Modell bietet eine dritte, ausgewogene Lösung, eine ideale Balance zwischen den beiden bestehenden Angeboten. Wie funktioniert Pax DuoStar genau? Das Angebot lässt sich in zwei Teile splitten: Im Garantieteil ist das Altersguthaben zu 100 Prozent versichert. In diesem Teil trägt der Kunde – exakt wie in der Vollversicherung – kein Risiko einer möglichen Unterdeckung. Beim renditeorientierten Teil wird das Altersguthaben so angelegt,

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dass die Kunden an der Entwicklung der ­Finanzmärkte partizipieren können – wie das in einer teilautonomen Lösung der Fall ist. Welche Unternehmen sprechen Sie damit an? Unternehmen, die mehr Wahlmöglichkeiten und mehr Handlungsspielraum verlangen, die sich eingeengt fühlen im Entweder-OderSystem und ein Sowohl-Als-Auch-Modell wünschen. Grösse und Lebenszyklus des Unternehmens spielen dabei keine Rolle. Ist das neue Angebot für Pax gleichbedeutend mit der Abkehr vom Bekenntnis zur Vollversicherung? Nein, die Sicherheitsgarantien der Vollversicherung liegen in der DNA der Pax. Mit Pax DuoStar entwickeln wir uns als Unternehmen und unsere Angebotspalette gezielt weiter, wobei unser neues Angebot von unserer ausgesprochenen Kernkompetenz als «Vollversicherer» profitiert. Hat die Vollversicherung überhaupt noch eine Zukunft? Wir glauben an das Kundenbedürfnis der Sicherheit und dadurch an die Berechtigung der Vollversicherung. Allerdings erschweren die aktuellen Rahmenbedingungen die Durchführung der Vollversicherung. Wir hoffen, dass notwendige Reformen stattfinden, und dass die Voll-

versicherung auch in Zukunft weiter angeboten werden kann. Die berufliche Vorsorge ist eine dauernde Baustelle. Welche Probleme werden mit Pax DuoStar gelöst? Die Anforderungen an die berufliche Vorsorge sind hoch – und sie steigen weiter. Als Vorsorgeversicherer wollen wir die Angebotspalette marktgerecht erweitern und optimieren. Die aktuellen Herausforderungen mit Umverteilungssatz, demografischer Entwicklungen, Niedrigzinsumfeld und beschränkenden Regulatorien müssen aber auf politischer Ebene und unter Einbezug der Stimmbevölkerung gemeistert werden.

YVONNE HÄRING ist seit 2020 Mitglied der Geschäftsleitung der Pax, Schweizerische Lebensversicherungs-­ Gesellschaft AG. www.pax.ch/duostar


DIE WELT DER FINANZEN

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DIE WELT DER FINANZEN

In stürmischen Zeiten braucht es einen starken Partner.

ZWISCHEN AUTONOMIE UND VERSICHERUNGSLÖSUNG DIE VORSORGELÖSUNG FÜR KMU von Michael Krähenbühl

Der Slogan ist Programm: «proparis – sicher wie die Schweiz.» Ihr hohes Sicherheitsversprechen setzte die Sammelstiftung in mehr als 60 Jahren konsequent und erfolgreich um, in dem sie in der zweiten Säule auf das Vollversicherungsmodell setzte. Damit sicherte sie die Versicherten und ihre Arbeitgeber – KMU im Schweizerischen Gewerbeverband – gegen sämtliche Anlagerisiken ab.

I

n schwierigen Börsenjahren freuten sich die Versicherten in der Vollversicherung, denn die garantierte «Rendite» der Anlagevermögen fiel regelmässig und verlässlich überdurchschnittlich gut aus. In guten Börsenjahren aber schauten sie dafür jeweils etwas neidisch auf andere, deren autonome Pensionskassen dank hoher Aktienquote im Durchschnitt deutlich besser abschnitten.

GOLDENER MITTELWEG In den letzten Jahren hat proparis die Anlagestrategie überprüft und angepasst. Seither verfolgt die Sammelstiftung bei den Anlagen einen Mittelweg zwischen Versicherungslösung (Nominal- und Zinsgarantie) und Autonomie. Es ist der goldene Mittelweg: «Mit unserer teilautonomen Lösung kombinieren wir die Stärken der beiden Modelle. Das ist zum Vorteil der Versicherten und ihrer Arbeitgeber.» Nach einem abgrundtiefen Einbruch an den Börsen infolge der Corona-Krise im ersten Quartal 2020 kannten die Kurse an den Finanzmärkten schon ab Mitte Jahr nur noch eine

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Richtung: nach oben. Davon profitierten auch die Sammelstiftung proparis und die ihr angeschlossenen Vorsorgewerke. Noch Ende März hatten sich die proparisZahlen im Bereich Anlagen desaströs präsentiert. Einzelne Anlagekategorien hatten im ersten Quartal 2020 über 33 Prozent an Wert verloren. Beruhigend in jenen unruhigen Tagen war allerdings das Wissen, dass rund 77 Prozent der Vermögensanlagen vom Zusammenbruch der Märkte nicht betroffen waren, weil sie – mit garantierten Leistungen und garantierter Verzinsung – bei den Versicherungsgesellschaften AXA, Swiss Life und Bâloise gleichsam in geschützten Häfen lagen. Der hohe Anteil der so versicherten Anlagegelder trug wesentlich zu Sicherheit und Stabilität von proparis und den angeschlossenen Vorsorgewerken bei. Doch bereits ab dem zweiten Quartal 2020 legten die Finanzmärkte auf der ganzen Welt wieder deutlich zu und erreichten bis zum Jahresende in Teil­ bereichen gar Höchstwerte. Per Ende Jahr erzielten die Selbstanlagen von proparis

eine Rendite von 9.06 Prozent. Das gute Ergebnis stärkte die traditionell hohe Solidität von proparis und der angeschlossenen Vorsorgewerke. Die Reserven konnten weiter ausgebaut werden. Auch der bereits sehr gute Deckungsgrad wuchs weiter an. «proparis – sicher wie die Schweiz»: Der Werbespruch erwies somit auch im Corona-Krisenjahr seine Gültigkeit. «Wir haben den Schritt zur teilautonomen Lösung wohlüberlegt und gut vorbereitet. Es war ein anspruchsvoller Schritt.» Insbesondere Veränderungen im Versicherungsumfeld und namentlich der Rückzug eines grossen Lebensversicherers aus dem Vollversicherungs-Modell habe den Schritt nahegelegt. proparis bedeute eben auch Flexibilität und Wandel. «Die Schweiz wandelt sich. Erfolgreich ist hier nur, wer agil ist und sich auch wandelt», stellt der Geschäftsführer von proparis fest. Er ist überzeugt: «Wir sind heute sehr gut aufgestellt für die Zukunft.»

IM GEWERBE GUT VERANKERT Rund ein Dutzend Vorsorgewerke sind heute bei der 1957 gegründeten Sammel-


DIE WELT DER FINANZEN

stiftung organisiert. Hinter diesen Vorsorgewerken stehen mehr als 50 Trägerverbände aus den verschiedensten Bereichen der Schweizer KMU-Landschaft. Diesen sind wiederum über 10’000 Unternehmen mit ihren Mitarbeitenden angeschlossen. Ende 2020 waren insgesamt gut 73’400 aktive Versicherte bei proparis und mehr als 12’500 Rentnerinnen und Rentner. Im Spar- und Anlageprozess arbeitet proparis innerhalb ihrer Teilautonomie im Rahmen einer Nominalwert- und Zinsgarantie-­ Lösung eng mit drei grossen Versicherungsgesellschaften zusammen: Swiss Life, Axa und Basler Leben.

VIER ERFOLGSFAKTOREN VON PROPARIS 1. proparis ist dank ihrer Geschichte und ihren Strukturen bestens in der ­KMU-Schweiz verankert und i­m Gewerbe breit abgestützt. Das garantiert Basisnähe und Stabilität. 2. proparis ist überaus kostenbewusst und schlank aufgestellt. Das ermöglicht Effizienz und gibt den

Versicherten die Gewissheit, dass bei proparis sorgfältig mit ihrem Geld umgegangen wird. 3. proparis arbeitet nach wie vor eng mit privaten Versicherungsgesellschaften zusammen und sichert sich im Rahmen der Teil­ autonomie bei ihnen ab. Das bringt den Versicherten ein hohes Mass an Sicherheit und Verlässlichkeit. 4. Bei proparis leben die Sozialpartner seit über 60 Jahren tagtäglich gemeinsam die Parität. Das ermöglicht ausgewogene und nachhaltige Lösungen.

sagt Krähenbühl: «Es geht immer um die Versicherten und ihre Arbeitgeber: Sie sollen sich bei uns gut betreut und wohlaufgehoben fühlen. Nur das zählt.» Gerade in turbulenten Zeiten ist ein verbindlicher Partner in einer doch für KMU komplexen Vorsorgewelt wichtig und zentral – «haben doch unsere Unternehmerinnen und Unternehmer aktuell schon genug mit dem Tagesgeschäft zu kämpfen und da brauchen sie nicht noch eine komplizierte BVG-Lösung sowie zusätzliche Risiken», fügt Michael Krähenbühl an.

MUT FÜR NEUES «proparis hat in ihrer langen Geschichte seit 1957 immer wieder Mut für Neues bewiesen», sagt Michael Krähenbühl. Dabei habe die Stiftung «immer wieder ein feines Gespür und den festen Willen für gute und pragmatische Lösungen» gezeigt, ist der Geschäftsführer von proparis überzeugt. Gleichzeitig sei wichtig, «dass wir auf dem Erfolgsweg nie das eigentliche Ziel unserer Arbeit aus den Augen verloren haben»,

MICHAEL KRÄHENBÜHL ist Geschäftsführer bei proparis. www.proparis.ch

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BALANCE FÜR IHRE VORSORGE NEU: PAX DUOSTAR VORSORGE MIT GARANTIENIVEAU

www.pax.ch/duostar Ausgabe 1/2021 // Seite 21


DIE WELT DER FINANZEN

PENSIONSKASSEN UNTER DRUCK BERUFLICHE VORSORGE FÜR KMU von Simon Tellenbach

Die richtige Pensionskasse zu finden, gleicht einer Herkules-Aufgabe. Ein KMU kann unmöglich alle Kassen genau unter die Lupe nehmen. Darum hat das Vermögenszentrum auch dieses Jahr über 30 grosse Vorsorge-Einrichtungen mit insgesamt 1.6 Millionen Versicherten betrachtet. Das PK-Rating 2021 zeigt, dass es grosse Unterschiede bei den Kosten und Leistungen gibt.

D

ie Pensionskassen verwalten ein riesiges Vermögen: Rund 1 000 Milliarden Franken sind unter ihrer Obhut – eine grosse Verantwortung. Zwischen den Pensionskassen gibt es aber grosse Unterschiede. Viele Unternehmer wissen nicht, wie effizient ihre Pensionskasse wirtschaftet und wie gut die Ersparnisse ihrer Mitarbeitenden rentieren. Das sollten sie möglichst Anfang des Jahres klären. Wer zu einer besseren Pensionskasse wechseln möchte, muss den Anschlussvertrag in der Regel bis Mitte des Jahres gekündigt haben.

Ein KMU kann unmöglich alle Pensionskassen genau unter die Lupe nehmen. Damit sich Unternehmerinnen und Unternehmer einen Überblick verschaffen können, vergleichen die Experten des VZ jedes Jahr Umwandlungssatz, Deckungsgrad, Verzinsung, Kosten und das Verhältnis der Aktiven zu den Rentnern bei den grossen Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen. Die über 30 untersuchten Pensionskassen versichern insgesamt 1.6 Millionen Personen. Wichtige Erkenntnisse dieser Analyse betreffen die Verwaltungskosten und die Verzinsung der Altersguthaben.

Berufliche Vorsorge muss früh geplant werden.

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VERWALTUNGSKOSTEN PRO VERSICHERTE PERSON Die Verwaltungskosten pro versicherte Person zeigen, wie effizient eine Pensionskasse arbeitet. Hier gibt es erstaunlich grosse Unterschiede: Mit 109 bis 189 Franken belasten Symova, Spida, Swisscanto, FIP und ASGA am wenigsten pro Person. Die teuerste Pensionskasse belastet 811 Franken – das sind 644 Prozent mehr als die günstigste. Dieser Posten setzt sich zusammen aus den Kosten für Verwaltung, Marketing, Werbung, Revision und Experten. Auch


DIE WELT DER FINANZEN

Unternehmerinnen und Unternehmer müssen bei der Altersvorsorge genau hinschauen.

die Entschädigungen an Broker sind enthalten. Je höher die Kosten, desto weniger wird den Versicherten gutgeschrieben. Das tiefe Zinsumfeld macht es noch schwieriger, ihre Guthaben rentabel anzulegen. Umso wichtiger ist es, dass die Verwaltungskosten möglichst tief sind.

VERZINSUNG DER ALTERSGUTHABEN Auch bei der Verzinsung sind die Unterschiede gross. Von 2018 bis 2020 verzinste

die bestplatzierte Pensionskasse die Altersguthaben mit durchschnittlich 2.58 Prozent. Bei der letztplatzierten waren es 0.89 Prozent – das ist eine Differenz von 65.5 Prozent. Schon ein halbes Prozent weniger Zins hat wegen des Zinseszinseffekts einen grossen Einfluss auf das Guthaben und damit auf die Altersleistungen.

und zu hohen Renten setzt die Pensionskassen seit Jahren unter Druck. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen jetzt besonders genau hinschauen, wem sie die Vorsorge anvertrauen. Denn die berufliche Vorsorge ist ein wichtiger Bestandteil des Gesamtpakets, das KMU ihren Mitarbeitenden bieten. Wer für eine Firma oder ihre berufliche Vorsorge verantwortlich ist, sollte darum konsequent Prämien und Leistungen vergleichen. Nur so lässt sich die Vorsorge im KMU fit für die Zukunft machen.

SIMON TELLENBACH

FAZIT

ist Leiter Firmenkunden bei VZ VermögensZentrum.

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Ausgabe 1/2021 // Seite 23


DIE WELT DER FINANZEN

Gerade wer selbstständig ist, sollte schon in jungen Jahren dem Thema Vorsorge mehr Beachtung schenken.

SELBSTSTÄNDIG? DANN IST IHRE VORSORGE IHRE AUFGABE! von Regina Kleeb

Erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie entschieden haben, dass Sie sich selbstständig machen? Das war sicherlich eine Mischung von Entschlossenheit, Furcht, Mut und Wahnsinn. Vieles war nicht klar, der Rest unsicher. Nun sind Sie als Einzelfirma selbstständig und erfolgreich? Gratulation!

I

n die Gründung einer Firma sind nicht nur Schweiss, Blut – hoffentlich nur metaphorisch – und Tränen eingeflossen, sondern auch Ihr Kapital. Im Laufe der Jahre haben Sie dann wahrscheinlich immer wieder in das Business und damit in Ihre Zukunft investiert? Hand aufs Herz – wie sieht’s daneben mit Ihrer privaten Vorsorge aus?

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«MEINE VORSORGE IST DIE FIRMA …» Sicherlich haben Sie das Gefühl, dass das Unternehmen Ihre Vorsorge darstellt – steckt ja auch Ihr ganzes Geld drin. An dieses Kapital gelangen Sie wieder, wenn Sie Ihr Unternehmen einem Nachfolger übergeben oder gewinnbringend verkaufen können. Das ist gut möglich. Aber

nach dem Prinzip Hoffnung auf jemanden zu setzen, der dereinst aus freien Stücken das investierte Vorsorgekapital «zurückbezahlt», ist sicherlich nicht die beste Strategie. Es gibt 3 + 1 Gründe, weshalb eine Unternehmerin oder ein Unternehmer privat vorsorgen soll:


DIE WELT DER FINANZEN

1. Die 1. Säule reicht nicht: Das System der Altersvorsorge in der Schweiz besteht grundlegend aus drei Säulen: der staatlichen AHV, dem beruflichen BVG und der privaten 3. Säule. Die 1. Säule ist obligatorisch und ist – sehr vereinfacht gesagt – als Existenzsicherung im Alter gedacht. Das reicht allerdings in den wenigsten Fällen aus, um den gewohnten Lebensstandard zu erhalten. So stressig die operative Hektik des Alltags auch sein mag, man muss auch an die eigene Zukunft denken. In welchem Alter soll die Pensionierung erfolgen und wie soll das Leben dann aussehen? Je nach Antworten auf diese Fragen braucht es eine Ergänzung in Form von beruflicher und / oder privater Vorsorge. 2. Man bleibt flexibel: Eine 2. Säule, also eine betriebliche Vorsorgelösung, ist rechtlich zwingend, sobald Angestellte beschäftigt werden. Aber auch für einen Ein-Frau-Betrieb respektive Ein-Mann-Betrieb stehen vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung. Zum Beispiel eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eine Aktiengesellschaft (AG) gründen und sich von dieser juristischen Person anstellen lassen. Falls Familie vorhanden ist, besteht in der zweiten Säule der Vorteil, dass Todesfall oder Invalidität mit­ abgesichert sind. Die konkrete Wahl, welche Rechtsform die individuell beste ist, gilt es jedoch gut abzuwägen. Beruhigend ist jedoch,

dass man flexibel bleibt. Wer unregelmässig oder im Total wenig in die eigene Vorsorge einsetzen kann, hat mit der Säule 3a eine optimale Alternative. Absicherung gelingt in solchen Fällen auch über eine separate Versicherung.

halb so teuer wie vergleichbare Angebote des Wertschriftensparens. Bestehende 3a-Lösungen können direkt in der App in vier Schritten zu frankly übertragen werden. Zusammengefasst: Mit frankly können Sie mehr aus der 3. Säule machen.

3. Der Entscheid ist beim Einzahler: Die 3. Säule ist im Schweizer Vorsorgesystem dafür gedacht, dass Gelder angespart werden können, um später den gewohnten Lebensstandard halten zu können. Für das Alter lässt sich sehr gut Vermögen ansparen: Als Selbstständiger­ werbender ohne PensionskassenAnschluss sind dies bis zu 20 Prozent des jährlichen Erwerbseinkommens, maximal 34’416 Franken (gilt für 2021). Der Staat unterstützt diese Form der persönlichen Vorsorge: Die Einzahlungen bis zum Maximalbetrag können vollumfänglich vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden!

Studien zeigen, dass 25 Prozent aller Unternehmerinnen und Unternehmer sich nicht mit ihrer Vorsorge beschäftigen. Das gilt hoffentlich nicht für Sie: Sie sind es sich gewohnt, um- und weitsichtig Entscheide zu treffen, auch für die Vorsorgesituation. Vielleicht wollen Sie dereinst die Firma in einem gelungenen Nachfolgeprozess übergeben können. Aber was, wenn nicht? Auf alle Fälle nennen Sie sich nicht selbstständig, um am Ende Ihres Erwerbslebens von einem Nachfolger oder Käufer abhängig zu sein.

MEHR HERAUSHOLEN Sparen an sich ist ja eine gute Sache, mit den derzeitigen Zinssätzen braucht dies jedoch Ausdauer. Darum kann Wertpapier­ sparen die bessere Variante sein. Mit der Säule 3a App von frankly fällt es leicht, Vorsorgekapital nach eigenem Gusto anzulegen. Die Eröffnung ist in wenigen Minuten erledigt, von den Vorteilen profitiert der Vorsorgenehmer ein ganzes Erwerbsleben lang. Einzahlungen sind bereits ab einem Franken möglich und es stehen hochwertige Anlageprodukte mit attraktiven Renditenchancen zur Auswahl – und das Ganze zu radikal günstigen Preisen. frankly ist

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DIE WELT DER FINANZEN

AUF KOSTEN VON UMWELT UND RECHTSSTAATLICHKEIT DIE SCHMUTZIGE GIER NACH BITCOIN von Lars Jaeger

Kryptowährungen haben in den letzten Jahren einen wahren Goldrausch ausgelöst. Die Wirtschaftsstars in der Manege wie Elon Musk befeuern auf Twitter den Hype. Musk hat sogar sein Kernprodukt an Bitcoin gekoppelt. Wohin die Reise geht, ist aber ungewiss. Neben der Euphorie gilt es aber auch, der Skepsis Raum zu geben. Unser Autor hat dafür einige Argumente.

Alle sprechen von mehr Effizienz beim Thema Energie, beim Mining von Kryptowährungen ist aber das Gegenteil der Fall.

M

anchmal lohnt die Lektüre von umstrittenen Klassikern. «Ein Gespenst geht um in der Welt – das Gespenst von falschen Versprechungen», so würden Karl Marx und Friedrich Engels vielleicht heute ihr «Kommunistisches Manifest» beginnen lassen und dabei auf ein so absurdes wie erschreckendes Phänomen des globalen Finanzkapitalismus verweisen: die Kryptowährung Bitcoin (und andere ihrer Art). Intermediäre Einrichtungen wie Banken, Börsen, Notare sowie diverse staatliche Institutionen (zum Bei-

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spiel Zentralbanken, Steuerbehörden und Regulatoren) steuern einen grossen Teil unseres Wirtschaftslebens. Mit ihnen verbunden ist eine zentrale Bedingung für reibungsloses wirtschaftliches Handeln: Vertrauen. Banken garantieren das eingezahlte Geld, ein Notar die Rechtssicherheit einer vertraglichen Vereinbarung, Notenbanken, dass die Papierscheine in unseren Händen in der Zukunft weiterhin einen Wert besitzen, das heisst, mit einer «Banknote» besitzt man einen Wertspeicher, der (zumeist) zuverlässig ist; staatliche Behör-

den sorgen dafür, dass die Regeln eingehalten werden. Sie alle sind «Agenten des Vertrauens». Dass diese Agenten selbst in die Krise geraten können, zeigen die massiven Banken-, Finanz-, Wirtschafts- und staatlichen Krisen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte, die von Hyperinflationen, Bankpleiten, Kreditkrisen bis hin zu dysfunktionalen Staaten (sogenannte «failed states») geführt haben. Digitale Technologien versprechen hier neue Lösungsmodelle. Bitcoin wurde aus


DIE WELT DER FINANZEN

der Krisensituation 2007 / 08 gegründet. Die grösste Aufmerksamkeit erhält aktuell eine neue sich als transparent und dezentral erklärende Art und Weise, die zentrale Einheit des wirtschaftlichen Austauschs zu definieren, das Geld. Anstatt in einer staatlich regulierten Währung können wirtschaftliche Austauschprozesse auch in dezentral verwalteten Netzwerken stattfinden. Das ist die Kernidee der sogenannten «Blockchain»-Technologie. Mit ihr lassen sich Zahlungen abwickeln, ohne dass es einer zentralen Bank oder Währung be-

darf. Während beim gewöhnlichen (bargeldlosen) Zahlungsverkehr die Teilnehmer einer Bank oder einer ähnlichen vermittelnden Instanz (zum Beispiel einer Kreditkartengesellschaft) vertrauen müssen, die die Sicherheit der Transaktion garantiert, ist dies bei Blockchains die Aufgabe der Gemeinschaft aller Beteiligten. Eine Zahlung wird bei Vorlegen der korrekten digitalen Schlüssel von der Mehrheit der Teilnehmer abgesegnet. Korrekturen am System sind nur möglich, wenn die Mehrheit der Beteiligten diesen zustimmt, was

nach einer Weile aufgrund der wachsenden Teilnehmerzahl kaum mehr möglich ist. Die Blockchain-Technologie ersetzt also Intermediäre wie Geld, Banken und Behörden durch die Gemeinschaft vieler Nutzer. Die Versprechen, die damit verbunden sind, sind nichts Geringeres als der Umsturz des traditionell intransparenten, korruptionsanfälligen und völlig überteuerten Geschäftsmodell der Banken, mehr Demokratie in Unternehmen und im Staat, Fairness im globalen Handel, die Durchsetzung sozialer Gerechtigkeit bis

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DIE WELT DER FINANZEN

FRAGILE SICHERHEIT

STERNSTUNDEN DER WISSENSCHAFT Eine Erfolgsgeschichte des Denkens Von Lars Jaeger, 2020, Südverlag, Hardcover, ISBN 978-3-87800-140-9 336 Seiten

hin zu einem Wohlstands-Turbo-Booster für die Ärmsten der Welt. Die Realität sieht leider ganz anders aus. Betrachten wir die vier Kriterien genauer, die Bitcoin für sich in Anspruch nimmt in seinem Bestreben, mit der Blockchain-Technologie die konventionellen Währungen abzulösen.

AKZEPTANZ UND SKALIERBARKEIT ALS ZAHLUNGSSYSTEM Von seriösen Unternehmen werden Bitcoin und andere Kryptowährungen kaum als Zahlungsmittel für Waren und Dienstleistungen verwendet. Ironischerweise weigern sich sogar einige Organisatoren von Krypto-Konferenzen, Bitcoin für ihre Teilnahmegebühren zu akzeptieren. Neben der enormen Volatilität in den Preisbewegungen, die die Gewinnmargen der Händler innerhalb weniger Stunden auslöschen können, liegt dies auch an dem technisch noch sehr beschränkten Transaktionsvolumen. Mit Bitcoin lassen sich heute weniger als fünf Transaktionen pro Sekunde durchführen. Zum Vergleich: Das VisaNetzwerk alleine kann mehr als 400-mal so viele verarbeiten (circa 2 000 pro Sekunde, Visa selbst spricht sogar von 65’000 pro Sekunde!).

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Die Preisvolatilität von Bitcoin übersteigt das sämtlicher anderer Anlagen. Das liegt auch daran, dass Kryptowährung weit stärker Betrügereien und anderen gesetzlosen Aktivitäten ausgesetzt ist. Berichte über Kursmanipulation wie FrontRunning an Börsen sind weit verbreitet. Und Kryptowährungen schaffen paradiesische Zustände für Verbrechen allerlei Art: Geldwäsche, Lösegelderpressung seitens Hacker, Veruntreuung, Waffenhandel im sogenannten Darknet oder Terrorismusfinanzierung. Die organisierte Kriminalität jubelt. Aber auch für Private gibt es kaum Sicherheit: Wenn eine Kreditkarte oder Bankkonto gehackt oder gestohlen wird, ist man abgesichert, und zwar von vertrauenswürdigen Institutionen. Wenn dagegen der private Schlüssel eines Kryptowährungsdepots gestohlen wird oder verloren geht, ist das Vermögen für immer weg. Dazu kommt, dass 99 Prozent des Bitcoin-Handels auf zentralisierten Börsen stattfindet, die verhältnismässig leicht gehackt werden können, wie die Vergangenheit zeigte.

SCHEINBARE DEZENTRALITÄT Unterdessen kontrolliert eine kleine Anzahl von «Walen» beim Handel einen Grossteil des Bitcoin-Wertes. Das gilt auch für andere Kryptowährungen, wo zudem die ursprünglichen Programmierer von Kryptowährungen oft eine übergrosse Kontrolle über ihre Schöpfungen behalten. So kommt es immer wieder vor, dass sie Transaktionen rückgängig machen, die eigentlich unveränderbar sein sollten. Der Grossteil des Bitcoin-Minings wird heute von oligopolistischen Minern kontrolliert. Viele davon befinden sich ausserhalb der Reichweite westlicher Strafverfolgungsbehörden in autokratischen und korrupten Ländern wie China, Russland und Weissrussland. Die Frage des Wertaufbewahrungsmittels Die meisten Vermögenswerte (Aktien, Anleihen, Immobilien) kommen mit einem Einkommensstrom oder haben eine konkrete Verwendbarkeit (zum Beispiel Wohnraum) oder einen anderen Nutzen wie Liquidität und flexibles Zahlungsmittel im Fall von normalen Währungen, woraus sie ihren Wert erhalten. Eine Ausnahme ist Gold, das kein Einkommen hat (jedoch einen, wenn auch eher geringen industriellen Nutzen), dafür aber einen über Jahrtausende etablierten Nutzen als Mittel der Wertaufbewahrung. Der fundamentale Wert von Bitcoin ist dagegen gleich null.

Berücksichtigt man die immensen Energien, die es braucht, um diese «Währung» aufrechtzuerhalten, so ist sein Wert negativ, denn nach den Regeln der ökonomischen Konsistenz müssten wir (und werden wohl auch bald) auf seine massiv energieverschlingende Produktion eine ordentliche Kohlenstoffsteuer ansetzen. Es ist kein politischer Idealismus oder die Aussicht auf eine gerechtere Gesellschaft, was den momentanen Hype um Bitcoin antreibt und seinen Wert auf immer absurdere Höhen bringt. Vielmehr ist es der gleiche Ausruf, der in demselben Jahr, in dem Marx und Engels das Kommen des Kommunismus ankündigten, aus San Francisco erscholl: «Gold! Gold! Gold from the American River!» Wer kann schon ignorieren, dass hier schnell mal Millionen gescheffelt werden können? Nur dass man heute nicht mehr beschwerliche Tausende von Kilometern reisen muss, um das neue Gold zu «schürfen», sondern nur ins Internet zu gehen braucht. Leider geht dieser neue Goldrausch mit immensen ökologischen Kosten einher. Für das Mining von Bitcoin, das für dessen zugrundeliegende BlockchainInfrastruktur notwendig ist, wird enorm viel Rechenleistung benötigt, und damit Strom. Von Oktober 2020 bis Februar 2021 hat sich der Strombedarf für die Kryptowährung nahezu verdoppelt. Die Hightech-Computer der Bitcoin-Minder verbrauchen schon sehr bald mehr Strom als der Nationalstaat Niederlande, Tendenz stark steigend. 65 Prozent der Mining-Aktivitäten finden heute in China statt, denn dort ist der Preis für Strom besonders niedrig – und kommt hauptsächlich aus Kohlekraftwerken. Der renommierte Computer-Sicherheitsexperte Felix von Leitner bezeichnet Bitcoin daher als «organisierte Umweltverschmutzung». Es wird Zeit, dass dieser Absurdität ein Ende bereitet wird.

LARS JAEGER lebt in der Nähe von Zürich, wo er zwei eigene Unternehmen aufgebaut hat, die institutionelle Finanzanleger beraten. www.larsjaeger.ch


Warum eine frühzeitige Nachfolgeplanung wichtig ist. Auch für Sie! Es ist in aller Munde, dass man eine Unternehmensnachfolge frühzeitig planen soll, am besten fünf bis zehn Jahre vor der geplanten Übergabe. Doch warum eigentlich dieser lange Planungshorizont? «Der Grund dafür ist, dass es bei einer Unternehmensnachfolge viele wichtige private und unternehmerische Aspekte in der Vorbereitung zu beachten gilt, die jedoch Zeit benötigen», sagt Dr. Alexandra Bertschi, Verantwortliche KMU-Nachfolgeplanung bei der Credit Suisse. Der Unternehmer selbst geht oft vergessen Da ist zunächst einmal die private Seite des Unternehmers, der bei der Nachfolgeplanung oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird – gerade weil eben das Unternehmen im Fokus steht. Es ist jedoch wichtig, auch die persönliche und die familiäre Situation eines Unternehmers im Detail zu beleuchten. Dabei werden oft zunächst einmal Ehe-, Erbverträge und, besonders wichtig, Vorsorgeaufträge erstellt. Denn welcher Unternehmer möchte schon, dass im Falle eines Unfalls die Behörden darüber entscheiden, ob in der Firma investiert werden darf oder nicht.

Eine Finanzplanung gibt Aufschluss über die persönliche Situation Es empfiehlt sich, frühzeitig – spätestens ab Mitte fünfzig – eine private Finanzplanung erstellen zu lassen. Diese beinhaltet eine detaillierte Übersicht über die privaten Vermögensverhältnisse inklusive der Vorsorgeguthaben sowie der Beteiligung am Unternehmen. In der Finanzplanung werden dann die weiteren Jahre in finanzieller Hinsicht abgebildet, wobei eine strategische Planung unter anderem auch die Überarbeitung des BVG-Plans, die Generierung von zusätzlichen Einkaufslücken und gestaffelte Einzahlungen in die Pensionskasse beinhalten kann. Im Allgemeinen gilt: «Der Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung der letzten Beitragsjahre ist umso grösser, je mehr Zeit bis zum Erreichen des Pensionsalters noch verbleibt.» Schliesslich werden auch die künftigen Bezüge respektive Rentenanteile in einer Art persönlichem Vorsorgefahr-

Denken Sie hier an zwei CEOs? Warum nicht. Wenn Sie als Unternehmerin oder Unternehmer Ihre Firma an die nächste Generation übergeben möchten, sind wir die Bank, die mitgeht.

plan definiert. Dabei ist gerade bei Unternehmern ein zentraler Punkt, ob und welche allfälligen finanziellen Lücken aus einer Firmennachfolge noch geschlossen werden müssen, um den gewohnten Lebensstandard zu sichern.

Und was sind die Ziele des Unternehmers? Bei der Umsetzung einer Finanzplanung spielen die persönlichen Ziele des abtretenden Unternehmers eine zentrale Rolle. Wie will der Unternehmer seinen dritten Lebensabschnitt gestalten? Möchte der Unternehmer noch einige Jahre im Betrieb mitarbeiten oder sofort aus der Firma ausscheiden und die Welt bereisen? Soll ein möglicher Verkaufspreis maximiert oder eher so ausgestaltet werden, dass ein Nachfolger einen optimalen Start hat? Gemäss Alexandra Bertschi fungiert eine fundierte Diskussion um solche Themen oft auch als Wegbereiter, um den Unternehmer auf das emotionale Thema des Loslassens vorzubereiten, denn sie zwingt ihn, sich gedanklich mit der Zeit nach dem Unternehmertum auseinanderzusetzen.

Aber auch das Unternehmen muss auf die Nachfolge vorbereitet werden Daneben ist es das Unternehmen, das ebenfalls auf eine Nachfolge vorbereitet werden muss. Zentrale Aspekte hierbei sind das Marktumfeld und die eigene Marktstellung, die Eigentümer- und Organisationsstruktur inklusive des Managements und der Schlüsselmitarbeiter sowie der Abläufe und Prozesse. Oft fehlen in KMUs formale Strukturen oder ein mittleres

Kader, da vieles über den Unternehmer – den Patron – direkt läuft. Auch sind Schlüsselmitarbeiter häufig in einem ähnlichen Alter wie der scheidende Unternehmer. Eine solche personelle Abhängigkeit muss bei der Vorbereitung einer Nachfolge reduziert werden beispielsweise durch die Etablierung formaler Managementstrukturen, eine gezielte Nachwuchsförderung und schriftlich festgehaltene Prozesse. Aber auch externe Partner wie Lieferanten und Kunden müssen auf den Wechsel vorbereitet und mit dem künftigen Nachfolger bekannt gemacht werden. Weiter sind im finanziellen Bereich häufig bilanztechnische Bereinigungen notwendig wie nicht betriebsnotwendige Immobilien oder eine Überschussliquidität aus jahrelang thesaurierten Gewinnen, die vor einer eigentlichen Nachfolge ausgegliedert respektive abgeführt werden müssen.

Ein sauberer Prozess unterstützt die emotionale Vorbereitung Die Erfahrung zeigt dabei, dass die erwähnten betrieblichen Anpassungen Zeit und im finanziellen Bereich häufig auch steuertechnische Abklärungen erfordern. Dennoch sind diese Schritte gemäss Alexandra Bertschi zentral, bevor über konkrete Handlungsoptionen einer Nachfolge diskutiert und entschieden werden kann. «Zentral ist, dass ein Unternehmer emotional auf die Nachfolge vorbereitet und sowohl privat wie auch firmenseitig ‹fit› dafür ist.»

Frühzeitig Firmennachfolge regeln

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Ausgabe 1/2021 // Seite 29 Copyright © 2021 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.


BEI UNS DREHT SICH ALLES UM IHR WOHNEIGENTUM IM HAUSEIGENTÜMERVERBAND IMMER GUT BERATEN von Markus Meier

Seit über 100 Jahren setzt sich der Hauseigentümerverband nachhaltig für die Anliegen der Wohn- und Grundeigentümer ein. Mit unseren 340’000 Mitgliedern in über 100 kantonalen und regionalen Sektionen zählen wir zu den grössten Verbänden der Schweiz. Danke, dass auch Sie auf uns vertrauen.

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er Hauseigentümerverband Schweiz ist die Dachorganisation der Wohneigentümer und Vermieter in der Schweiz. Der Verband setzt sich aus rund 340’000 Mitgliedern zusammen. Mit unseren über 100 Regionalsektionen und Kantonalverbänden sind wir überall nahe bei unseren Mitgliedern – auch bei Ihnen. Als sich Ende des 19. Jahrhunderts die ersten Vermieter zu Hausbesitzervereinen zusammenschlossen, konnten sie wohl nicht ahnen, wie gross der Stein sein würde, den sie damit ins Rollen brachten. Die beharrliche Aufbauarbeit früherer Generationen hat

sich gelohnt. Aus den lokalen Vereinen von Hausbesitzern und Vermietern ist mit der Zeit einer der mitgliederstärksten Verbände des Landes entstanden.

«Starker Partner auch für KMU.» Seit mehr als 100 Jahren setzt sich der HEV konsequent und erfolgreich für die Förderung und Erhaltung des Immobilien-

eigentums ein. Dazu gehören die Eigentumsgarantie, nur so viel Bürokratie wie nötig, wirtschaftlich tragbare Vorschriften sowie auch massvolle Steuern, Gebühren und Abgaben.

WERDEN SIE JETZT MITGLIED! Der Hauseigentümerverband engagiert sich als Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum für seine Mitglieder. «Ihren» HEV bzw. Ihren Regionalverband finden Sie ganz in der Nähe. Damit Ihr Wohneigentum noch mehr Freude macht – HEV, die Nr. 1 für Wohn­eigentum!

IHRE VORTEILE BEIM HEV > Telefonische Rechtsauskunft in Sachen Wohn- und Grund­eigentum > Fachzeitung «Der Schweizerische Hauseigentümer» (2 x monatlich) > Vergünstigte Mitgliederpreise auf Bücher, Ratgeber und Formulare > HEV-Mitglieder-Vergünstigungen www.hev-shop.ch > Prämienrabatte mit bis zu: 10 Prozent auf Zurich Versicherungen, 25 Prozent bei Swica Krankenkasse, 5 Prozent Erdbeben­versicherung, uvm. > HEV-Hypotheken zu Vorteilskonditionen > Vergünstigungen auf hilfreiche Praxiskurse rund ums Wohneigentum > Attraktive HEV-Reisen > Spannende Freizeitangebote und vieles mehr!

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MARKUS MEIER ist Direktor HEV Schweiz. www.hev-schweiz.ch/mitgliedschaft www.hev-schweiz.ch


HIGHLIGHT

Zeitnah vom Home ins Office. Der Franklinturm hält Ihre Wege kurz, damit Zeit für Wichtigeres bleibt. Auf repräsentativen Büroflächen ab 560 m2 direkt am Bahnhof Oerlikon kommt Ihr Unternehmen weiter. Werden Sie jetzt mobil unter franklinturm.ch Ausgabe 1/2021 // Seite 31


DIE WELT DER FINANZEN

Bei einem Family-Buy-out übernimmt im besten Fall die nächste Generation.

NEUN TIPPS FÜR EINE GELUNGENE NACHFOLGEPLANUNG WEITSICHT ZAHLT SICH AUS von Vincent Gygax

Nachfolgeplanung ist ein Thema, das KMU frühzeitig angehen sollten. Denn nur so können die Herausforderungen, die sich dabei ergeben, abgefangen werden. Indem sie die folgenden Tipps zur Nachfolgeplanung beachten, können Unternehmen, aber auch ihre Gesellschafter, ihre Mitarbeitenden und die möglichen Käufer ungewollte Überraschungen vermeiden.

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ei der Planung der Unternehmensnachfolge ist eine langfristige Sicht unabdingbar – sowohl hinsichtlich der internen Vorbereitung als auch der Einbindung von kompetenten Partnern. Benjamin Franklin sagte einmal: «Indem man sich nicht vorbereitet, bereitet man sein Scheitern vor.» Diese warnenden Worte beschreiben treffend die Essenz der Nachfolgeplanung. Die Existenz eines Testa-

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ments und / oder einer Aktionärsvereinbarung vereinfacht tendenziell die Unternehmensnachfolge. Die Lebensumstände können dazu führen, dass der Nachfolgeprozess kurzfristig (zum Beispiel bei einem Todesfall) oder längerfristig (beispielsweise beim Verkauf des Anteils eines ausscheidenden Gesellschafters) umzusetzen ist. Da der genaue Zeitpunkt kaum planbar ist beziehungsweise unverhofft eintreten

kann, gilt es, jederzeit vorbereitet zu sein. Auf operativer Ebene sollten idealerweise interimistische Stellvertretende für die wichtigsten Managementpositionen zur Verfügung stehen.

UNTERSTÜTZUNG HOLEN IST SINNVOLL Auch die Art der angestrebten Nachfolge hat einen Einfluss auf die nötigen Vorbe-


DIE WELT DER FINANZEN

reitungen. Die drei wichtigsten Optionen sind die folgenden: > Family-Buy-out: Übernahme durch die Erben > Management-Buy-out: Übernahme durch das Management > Externer Unternehmensverkauf: Übernahme durch einen Wettbewerber / Zulieferer (Trade Sale) oder einen Finanzinvestor (Private Equity Fund) Die nötige externe Unterstützung für die Vorbereitung besteht in einer ersten Phase aus Steuerexperten und Anwälten, manchmal auch Vermögensplanern, welche die finanziellen Bedürfnisse des Unternehmers im Ruhestand prognostizieren. Bei der Durchführung der Transaktion und dem eigentlichen Verkaufsprozess bieten Beraterinnen und Berater im Bereich M & A (Mergers & Acquisitions) von Anbietern wie der Bank CIC die passende Unterstützung an.

TIPPS, UM FEHLERN KEINE CHANCE ZU GEBEN 1. Wert: Der Wert einer Firma sollte vorgängig mithilfe einer Unter­ nehmensbewertung ermittelt werden. Dieser Schritt hilft dabei, den zuweilen unrealistischen Preiserwartungen des Verkäufers entgegenzutreten. Für den Käufer kann sich ein Unternehmen, das zu einem überhöhten Preis übernommen wurde, als Belastung herausstellen und seine finanzielle Situation gefährden, insbesondere wenn die Übernahme überwiegend mit Fremdmitteln finanziert wird. 2. Timing: Durchschnittlich dauert der Verkaufsprozess eines Unternehmens neun bis zwölf Monate. Die Unterstützung durch die oben erwähnten M & A-Experten trägt insbesondere dazu bei, dass sich der Prozess nicht in die Länge zieht, Stillstände vermieden werden und der Käufer sich weiterhin auf die Führung seines Unternehmens konzentrieren kann. Die Experten nehmen in dieser wichtigen Phase viel Druck vom Unternehmen, weshalb ihre Beauftragung unbedingt in Erwägung gezogen werden sollte. 3. Kulturelle Unterschiede: Bei grenzüberschreitenden Transaktionen spielen kulturelle Unterschiede oft eine wichtige Rolle, die nicht

unterschätzt werden darf. Käufer und Verkäufer müssen diesem Thema erhöhte Aufmerksamkeit schenken und sich die not­wendige Zeit zur Klärung dieser Unterschiede nehmen. 4. Weitergabe von Know-how: Für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens ist es wichtig, dass das interne Know-how, die Kundenkontakte und die Kontakte zu wichtigen Lieferanten im Unternehmen gestreut sind, damit keine Abhängigkeit vom Unternehmer entsteht (Stichwort One-Man-Show). Ansonsten kann es passieren, dass das Unternehmen bei einem Abgang an Wert einbüsst. 5. Rechtliche Lage: Je nachdem, wie bestimmte Vermögenswerte strukturiert sind und wie viel Zeit für deren Übertragung notwendig ist, gibt es steuerliche Fragen zu klären. Dies gilt insbesondere für Immobilien, die in der Bilanz des Unternehmens oder über eine Immobiliengesellschaft gehalten werden. Auch wie ein Unternehmer seine Gesellschaftsanteile hält, muss steuerlich überprüft werden. Ein allfälliger Wechsel der Rechtsform – beispielsweise von einer Einzelfirma in eine Kapital­ gesellschaft (AG oder GmbH) – sollte im Hinblick auf einen Verkauf ebenfalls mit Sorgfalt und wenn möglich mit Unterstützung eines Experten erfolgen. 6. Mögliche Käufer: Bisweilen schränken Verkäufer den Kreis der möglichen Käufer selbst ein, weil etwa der Verkauf an bestimmte Wettbewerber nicht infrage kommt. Diesbezüglich hilft es, die Liste der potenziellen Käufer auf Akteure aus verwandten Branchen oder sogar auf Lieferanten, Kunden und andere Finanzinvestoren aus­ zuweiten, um einen Trichtereffekt zu vermeiden. 7. Finanz- und Unternehmenssysteme: Schwächen bei der Finanzberichterstattung oder im ERP-System (Enterprise Resource Planning) werden zuweilen als Managementmängel wahrgenommen. Bei allen Übernahmetransaktionen müssen zahlreiche Ad-hoc-Reportings erstellt werden. Die ReportingSysteme sollten deshalb ent­

sprechend gut gepflegt und auf dem neusten Stand sein. 8. Change Management: Ein Sprichwort lautet: «Es ist nicht die Veränderung an sich, die den Menschen Angst macht, sondern der Übergang, der zu dieser Veränderung führt.» Mitarbeitende durchlaufen eine Phase der Ungewissheit, wenn ihr Unternehmen übernommen wird. Daher ist es wichtig, klare Perspektiven zu bieten. 9. Interne Kommunikation: Mit dem Voranschreiten des Verkaufs­ prozesses nimmt die Wichtigkeit der Einbindung von Führungs­ kräften und der weiteren Mitarbeitenden zu. Die rechtzeitige und möglichst transparente Kommunikation ist von zentraler Bedeutung. Die Art und die Häufigkeit hängen dabei stark von der Grösse des Unternehmens ab. Der Zeitpunkt, an dem informiert wird, ist jedoch entscheidend, um das Vertrauen aufrechtzuerhalten und alle an Bord zu holen.

VORBEREITUNG IST DAS A UND O Die genannten Tipps helfen, die grössten Stolpersteine bei der Nachfolgeplanung frühzeitig zu erkennen und zu umgehen. Die Durchführung eines Verkaufs- oder Übernahmeprozesses ist oft sehr emotional und anspruchsvoll. Hinzu kommt, dass eine Vielzahl an Kompetenzen – finanzielle, operative, aber auch rechtliche – benötigt werden. Die Konzentration auf kurzfristige Herausforderungen lenkt den Verkäufer bisweilen von der Planung und Durchführung seiner Nachfolge ab. Expertinnen und Experten für Unternehmensübertragungen helfen Unternehmern, fokussiert zu bleiben, und bieten die nötige Distanz, Begleitung und Expertise.

VINCENT GYGAX ist Leiter Corporate Finance bei der Bank CIC (Schweiz) AG in Neuchâtel. www.cic.ch/nachfolgeplanung

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SOFTWARE & HARDWARE

KI wird im Alltag immer präsenter.

KI FÜR KMU EINE ANLEITUNG IN ZEHN SCHRITTEN von Afke Schouten

Obwohl Künstliche Intelligenz (KI) ein allgegenwärtiges Thema ist, sind mit dem Begriff der KI meist nur vage Vorstellungen im Kontext digitaler Potenziale verbunden. Diese basieren oft auf Unkenntnis der realen Sachlage und werden mit bedrohlichen Szenarien im Kontext eines Substituts für menschliche Arbeitskraft gebracht, denen man sich als KMU stellen muss. Fakt ist: Die Auseinandersetzung mit KI ist heute schlicht wettbewerbsnotwendig.

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ft werde ich mit der Frage konfrontiert, wie denn KI in einem Unternehmen mit 100 Beschäftigten funktionieren soll, das über entsprechend beschränkte Ressourcen verfügt. Erst die Beschäftigung mit den real vorhandenen Potenzialen und Risiken der KI schafft dabei die unabdingbare Voraussetzung, sich mit den entsprechenden Fragestellungen im Detail und sachorientiert auseinandersetzen zu können. Jedes KMU sollte sich deshalb die folgenden zehn Fragen stellen: 1. Was ist Künstliche Intelligenz? Künstliche Intelligenz ist ein Teilgebiet der Informatik und beinhaltet seit den 50erJahren ein kontinuierlich wachsendes Forschungsfeld. Ein Aspekt der KI ist das heute bekannte maschinelle Lernen. Dabei handelt es sich um Maschinen, die aus der Verarbeitung von Daten lernen. Sobald das Gelernte in einer Software implementiert

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ist, können damit Entscheidungen getroffen werden. Der Unterschied zu einer normalen Software ist, dass hierbei nicht jeder einzelne Schritt von Menschen programmiert werden muss. Zu denken ist an Expertensysteme und Textanalyseverfahren an der Schnittstelle der Unternehmen zu ihren Kunden. Es ist und bleibt dabei ein Mythos, dass Maschinen bereits heute selbst lernen können. Auch bei intelligenten Lernverfahren müssen wir den Maschinen bis heute sagen, wie sie lernen sollen – nämlich über ein «Training» anhand vorhandener Daten. In ihrem Kern ist es nichts anderes als eine mehr oder minder komplexe lineare Regression. Möglich sind durch KI Optimierungen der Distribution und Logistik sowie gesteigerte Prozesseffizienz und zielgenauere Marketingmassnahmen bei einer ausreichenden Verfügbarkeit von Daten. Datenanalysen und Prozessautomation sind das Ziel.

2. Braucht mein KMU KI? Ja, jedes Unternehmen sollte sich mit KI-Systemen und deren Anwendungsoptionen aktiv auseinandersetzen. Betriebe sind gefordert, eine eigene KI-Strategie zu entwickeln. So wie der Computer unsere Umweltbeziehung und unser Arbeitsleben verändert hat, wird dies auch die KI in den kommenden Jahrzehnten tun. Wir stehen noch am Anfang dieser Entwicklung. Aktuell kann man die Situation mit den 80erJahren vergleichen, in denen sich der raumfüllende Grossrechner zum kleinen PC gewandelt hat und in alle Büros eingezogen ist. Denken Sie kurz in die nahe Vergangenheit zurück. Heute kenne ich keine Firmen, in welchen der PC nicht als das selbstverständlichste Arbeitsinstrument auf jedem Desk steht und im täglichen Einsatz nicht mehr wegzudenken ist. Wir werden mit der KI einen ähnlichen Zustand erreichen und es wird kaum weitere 40 Jahre


SOFTWARE & HARDWARE

dauern, bis KI in unserm Alltag als Mittel der Produktivitätssteigerung omnipräsent wirkt. Je früher man sich dem Thema stellt, desto besser ist man für die kommenden Herausforderungen und den steigenden Wettbewerbsdruck aufgestellt. 3. Wenn ich mit KI starten will, was brauche ich dazu? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich mit KI näher zu befassen und erste Gehversuche mit dieser noch neuartigen Entwicklung zu starten. Zu denken ist an kaufbare Lösungen, die bereits Künstliche Intelligenz nutzen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, selbst eine angepasste Lösung zu bauen, die massgeschneidert auf die Kompetenzentwicklung und die Betriebskultur im eigenen Unternehmen eingestellt ist. Wenn eine Lösung selbst initiiert werden soll, brauchen Sie Daten, die als entsprechende Rohstoffe dienen. Diese Datensammlungen können Ihre eigenen sein oder aus externen Daten zusammengesetzt werden. Hinter dem praktischen Einsatz von KI braucht es immer eine spezifische Problemstellung, bei der grössere Datenmengen in eine produktive

Beziehung gesetzt werden. Was Sie also brauchen, ist ein konkreter Anwendungsfall, der für die Optionen einer Anwendung von KI spricht. Weiterhin braucht es Fachkenntnisse zum Thema, um den Mehrwert von KI überhaupt erst für das eigene Unternehmen qualifizieren zu können. 4. Was sind die Erfolgsfaktoren für eine KI-Adoption? Der erste und wichtigste Erfolgsfaktor ist die Unterstützung der C-Ebene in einer Unternehmung für diesen Prozess. Der Vorstand sollte ein gewisses Verständnis für das Thema haben und Unterstützung in Form der Bereitstellung von Ressourcen bieten. Weiterhin sind Daten und die Verfügbarkeit geeigneter Anwendungsfälle notwendig. 5. Was sind die Vorteile des Einsatzes von KI in meiner Organisation? Der langfristige Nutzen besteht darin, gezielte Wettbewerbsvorteile durch Automatisierungen für den eigenen Produktionsstandort zu sichern. Kurzfristig wird KI dabei helfen, ökonomisch effizienter zu werden, indem wiederholte Aufgaben automatisiert werden. Mittelfristig entsteht eine Reihe

von Möglichkeiten, neue Produkte, Dienstleistungen, Kundenlösungen oder Geschäftsmodelle zu etablieren, welche eine entscheidende Grundlage für die erfolgreiche Weiterentwicklung eines Unternehmens darstellen. 6. Brauche ich eine KI-Strategie? Ja, jedes Unternehmen braucht eine eigene KI-Strategie, die auf die individuellen Bedürfnisse und Potentiale zugeschnitten ist. Auch wenn es die Entscheidung sein sollte, sich nicht jetzt, sondern erst in ein bis zwei Jahren aktiv darauf einzulassen. Sich nicht mit diesem Anwendungsbereich zu beschäftigen, wäre ein strategischer Fehler, weil die Entwicklung klar in Richtung KI weist. Bereits verfügen grössere Unternehmen über Verfahren, wie sie grosse Datenmengen über ihre Kundinnen und Kunden sowie ihr Kaufverhalten sammeln können. Ein KMU kann sich vorerst mit einem einseitigen Dokument begnügen, das die Vision aufzeigt. Es geht darum, welche Anwendungsfälle ausgeführt werden sollen, wie viel Budget bereitgestellt werden kann und welche Stellenprofile mit welchen Mitteln ausgestattet werden sollen.

Ganz besonders der Vorstand sollte sich mit KI auseinandersetzen.

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SOFTWARE & HARDWARE

7. Wie unterscheidet sich KI von einer grossen im Vergleich zu einer kleinen Organisation? Natürlich ist KI in einer kleinen Organisation nicht in einem identischen Massstab wie bei einer grossen Firma umsetzbar. Der Nachteil einer kleineren Organisation ist, dass in der Regel weniger Budget zur Verfügung steht und weniger Spielraum für anfängliche Fehler vorhanden ist. Die Erfahrung zeigt gleichzeitig, dass kleinere Unternehmen viel agiler sind und einen entscheidenden Vorteil gegenüber grösseren Organisationen haben, wenn es darum geht, anstehende Geschäfte umzusetzen und neue Produktionsmethoden

auszuprobieren. Data Science by Design muss agil sein. Und das gelingt kleineren Unternehmen in der Regel besser. 8. Was sollte ich nicht tun? Zu den grossen Fehlern der Vergangenheit gehört der Umstand, dass einfach Datenwissenschaftler eingestellt wurden und davon ausgegangen wurde, dass diese alle Probleme der Unternehmung lösen können. Sicher braucht es einen sogenannten Data Scientist, aber dies reicht nicht aus. Begleitend braucht es eine grundlegende Strategie, die das Unternehmen systemisch erfasst und in eine Datenfrage übersetzt. Die Produkte müs-

sen vom Endbenutzer verwendet werden. Das bedeutet, dass sie in das Thema eingeführt und geschult werden müssen, damit das richtige UI / UX-Design bei einer geeigneten Software zur Anwendung kommt. Mit anderen Worten: Ein Team, das KI-Produkte entwickelt, muss multidisziplinär zusammengestellt sein und entsprechend arbeiten können. 9. Was kann ich jetzt überprüfen, um zu sehen, wie weit wir sind? Dazu gibt es ein paar Fragen, die weiterhelfen. Verfügen wir bereits über ein Digitalisierungsprogramm? Sammeln wir Daten aus unseren internen Prozessen? Haben wir ein Dashboard, mit welchem wir unsere Geschäfte überwachen? Falls dies vorhanden ist, sind Sie bereits in einer guten Position, um zu beginnen. Die nächste Stufe ist die Nutzung von Analysen Ihrer Daten, um Prozesse zu verändern und Entscheidungen zu evaluieren. Sobald dies umgesetzt ist, sind Sie in der richtigen Position, um mit Data Science / KI praktisch zu beginnen. 10. Was sind die drei nächsten Schritte? Erst müssen Sie selbstkritisch überprüfen, wie weit Sie im Unternehmen in Sachen Digitalisierung sind. Nachfolgend sollte eine Weiterbildung gemacht werden, die zum Verständnis führt, was KI überhaupt ist, was sie leisten kann und was nicht. Es geht um grundlegende KI-Kenntnisse, die wir alle brauchen, so wie wir alle in den letzten 40 Jahren Computerkenntnisse erworben haben. Wer die Funktionsweise und das Potenzial von KI verstanden hat und mit dem eigenen Unternehmen respektive dem eigenen Geschäftsmodell zu verknüpfen weiss, ist auf dem richtigen Weg, die anstehenden Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

AFKE SCHOUTEN ist Studiengangsleiterin AI Management & AI Operations und Leiterin Major AI – Master of Digital Business an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich. Auch Bereiche wie die Logistik können durch KI optimiert werden.

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www.fh-hwz.ch


KOLUMNE

WAS WAR NOCH MAL CLOSED SOURCE? von Andrea Wörrlein

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tellen Sie sich vor, es ist das Jahr 2050: IT-Historiker und -Archäologen haben auf alten Rechnern soeben verschüttete, 30 Jahre alte Code-Fragmente gefunden. Bei der peniblen Untersuchung der Sequenzen stossen sie auf eine unbekannte Software-Spezies, mit der sie sich erst vertraut machen müssen: Closed Source. Das ist offensichtlich Software, die nicht, wie seit Jahrzehnten üblich, von einer weltweiten Community entwickelt, optimiert, gesichert und geteilt wird, die weder gemeinsame APIs und Schnittstellen nutzt, noch eine Code-Basis bereitstellt, auf der die Entwicklung vieler neuer Anwendungen aufsetzen kann, ohne jedes Mal bei null anfangen zu müssen. Für Hunderttausende von SoftwareEntwicklern rund um den Globus sind diese gerade ausgegrabenen exotischen Programmzeilen-Fragmente Boten aus einer längst vergangenen Zeit. Arbeiten an einem hermetisch abgeschotteten, eifersüchtig gehüteten, mit Zähnen, Patenten und grossem Anwaltsaufgebot verteidigten geschlossenen Code? Das wäre für sie weder eine verlockende Option noch eine ernsthafte Alternative zur Arbeit im Open-Source-Umfeld. Wo blieben da die Innovationen, die ständig aus der weltweiten Zusammenarbeit hervorsprudeln? Ganz abgesehen davon, dass es kaum vorstellbar ist, Software hinter verschlossenen Türen und ohne die massive Manpower der Open-Source-Community stabil und sicher zu machen. Die Gilde der IT-Historiker dagegen wird vielleicht nie erfahren, dass die Nutzer dieser Code-Fossilien einst in ein mit vielen Einschränkungen verbundenes Prokrustesbett gezwungen wurden, damals nannte man es wohl «Vendor-Lock-in». Kaum zu glau-

ben, dass es einmal sogenannte «proprietäre Quellcodes» als Alternative zu Open Source gegeben hat. So bezeichnete man damals die Software, die denen, die sie teuer erworben hatten, Freiheitsrechte per Kaufvertrag entzog. Sie durften die Codes weder prüfen, noch ändern, noch weitergeben, noch beliebig ausführen. Damit nicht genug, wurden die Käufer von Closed-Source-Software trotz kostspieliger Überlizensierungen, die sie als praktikabelste Prophylaxe gegen latente Strafandrohungen zähneknirschend zahlten, auch noch mit stressigen Auditierungsverfahren überzogen, um trotzdem eine Handhabe für Nachforderungen zu finden. Und sollten die Altertumsforscher der IT noch auf zeitgenössische Berichte stossen, die manche Audit-Abteilungen von Software-Anbietern als die profitabelsten Profit Center im gesamten Unternehmen beschreiben, dann werden sie entweder verständnislos oder amüsiert diese Eiszeit der IT-Entwicklung und -Nutzung belächeln. Die Evolution ist in der Zwischenzeit emotionslos über die Dinosaurier-Software hinweggegangen. Zu gross, zu hungrig und zu unbeweglich – das ist kein Rezept für dauerhaften Erfolg und hat schon einmal das Ende von Giganten eingeläutet.

ANDREA WÖRRLEIN ist Geschäftsführerin von VNC in Berlin und Verwaltungsrätin der VNC AG in Zug. www.vnclagoon.com

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SOFTWARE & HARDWARE

Die neuste WiFi 6 Technologie – angepasst auf Ihre Bedürfnisse und Umgebung.

WIFI 6 KONNEKTIVITÄT DER NÄCHSTEN GENERATION FÜR KMU NEUE TECHNOLOGIEGENERATION von Michael Schäfer

Das Orbi Pro WiFi 6 Tri-Band-Mesh-System von Netgear bietet die neueste Generation der WiFi-Technologie. Dies ermöglicht Mitarbeitern, Kunden und Gästen von KMU sowie kleineren Büroumgebungen oder sogar im Home Office mehr Kapazität, erweiterte Sicherheit und höhere Geschwindigkeiten.

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as Orbi Pro WiFi 6 wurde entwickelt, um die Bedürfnisse von KMU mit begrenzten IT-Ressourcen oder Home-Office-Mitarbeitern möglichst einfach zu erfüllen. In solchen Fällen, in denen kein IT-Admin besteht, ist die Bereitstellung von zuverlässigem, sicherem und schnellem WLAN für Mitarbeiter und Gäste oft eine Herausforderung. Dies ist jedoch essenziell, um einerseits die geschäftlichen Abläufe zuverlässig durchzuführen (wie zum Beispiel Zahlungssysteme) und zu schützen. Andererseits kann so die Zufriedenheit von Mitarbeitern und Kunden sichergestellt werden. Die Einrichtung erfolgt einfach über die Netgear Insight App, und mit einigen Klicks ist das System betriebsbereit und online.

HIGH-END-TECHNOLOGIE MIT ZUKUNFTSSICHERHEIT Das Orbi Pro WiFi 6 ermöglicht mit maximal sechs Zusatzsatelliten eine drahtlose High-Speed-Netzanbindung auf einer Gesamtfläche von bis zu 1 700 Quadratmetern. Es bietet einen bis zu zweimal grösseren Datendurchsatz als das ursprüngliche

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Orbi-Pro-System und erlaubt auch eine bis zu viermal höherer Anzahl an gleichzeitigen Nutzern im Netzwerk. Somit entstehen höhere Geschwindigkeiten und weniger Datenstaus. Durch die Erweiterungsmöglichkeiten sind Nutzer absolut flexibel und können das System ganz einfach ihren Bedürfnissen oder neuen Arbeitsumgebungen anpassen. Zur High-End-Technologie des Orbi Pro WiFi 6 gehört auch die Möglichkeit einer kabelgebundenen Konnektivität der Extraklasse. Mit einem vielseitigen 2.5 Gbit / s-Ethernet-Anschluss am Router und an jedem Satelliten können Internetgeschwindigkeiten selbst über 1 Gbit / s erreicht werden. Dadurch wird auch bei kabelgebundenen Endgeräten wie beispielsweise IP-Telefonen, Überwachungskameras und Zahlterminals eine Internetverbindung sichergestellt.

ckelt, in denen Kunden und Gäste ein Netzwerk gemeinsam mit Mitarbeitenden nutzen. Es umfasst Sicherheitsverbesserungen, die dazu beitragen, interne Netzwerke strikt von Gastnetzwerken getrennt zu halten. Ein einjähriges Insight-Abo für Cloud-basierte Fernüberwachung und -verwaltung ist inbegriffen. Das Grundsystem (SXK80) besteht aus einem Router und einem Satelliten und hat eine unverbindliche Preisempfehlung von CHF 869.95 inkl. MwSt.

MICHAEL SCHÄFER

NOCH NIE DAGEWESENE WLANSICHERHEIT FÜR UNTERNEHMEN

ist Country Manager bei Netgear Switzerland.

Das Orbi Pro WiFi 6 Tri-Band-Mesh-System wurde speziell für Umgebungen entwi-

www.netgear.com/business/wifi6


KOLUMNE

NUR INTEGRALE SICHERHEIT BRINGT SCHUTZ von Chris Eckert

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usiness Protection wird 2021 zur Sicherheitsfrage: Risiken und Bedrohungsszenarien für Unternehmen in der Schweiz, ob internationaler Grosskonzern oder familiärer Kleinbetrieb, werden in diesem Jahr realer und noch raffinierter. Globale Produktion, Handel, Digitalisierung und Corona haben die Angriffsmöglichkeiten auf das Know-how der Schweizer Wirtschaft dramatisch erhöht. Cyber-Attacken, Wirtschaftskriminalität sowie Industriespionage haben Hochkonjunktur und finden vermehrt und mit kaum durchschaubarer Verflechtung statt, auf die ein neuer CAS Business Protection der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich Antworten gibt. Moderner Unternehmensschutz ist heute nicht mehr gesondert mit Bedrohungsszenarien in verschiedenen Betriebsbereichen anzugehen, wie sie beispielsweise Cyber-Crime oder Cyber-Risiken darstellen. Vielmehr verbindet er alle Schutzdisziplinen zu Integraler Sicherheit. Die Risiken für Unternehmen in der Schweiz werden 2021 immer vielfältiger und komplexer. Diese noch neuartigen Herausforderungen machen «Business Protection» zu einer Aufgabe auf oberster Führungsstufe. Zum Beispiel braucht es in der Business Forensic auch das profunde Wissen und die Erfahrung, damit wirtschaftlicher Betrug überhaupt präventiv erkannt werden kann. Notwendig sind vernetztes Denken, professionelle Management Skills und Compliance. Diese sind die Grundlage einer komplexen und effektiven Sicherheitsarchitektur im Unternehmen. Sie stellen rechtzeitig massgeschneiderte, präventive und reaktive Abwehrmassnahmen sicher. Vorrangiges Ziel ist es, personelle und materielle Schäden, Betriebsstillstände sowie Reputationsverluste effizient zu verhindern.

Die systemrelevanten Teile eines jeden Unternehmens, wichtige Daten, vertrauliche Informationen, kostspielige Patente sind begehrte Ziele von Spionen, Kriminellen und Hackern.Dabei steht sehr viel auf dem Spiel: materieller Schaden, Stillstand des Betriebes, wachsende Sicherheitslücken, Reputationsschäden, Vernichtung von Arbeitsplätzen, Verlust des Technologievorsprungs oder Wettbewerbsverzerrung. Seitens der öffentlichen Verwaltung sind bis heute keine übergreifenden und auf unsere Wirtschaft zugeschnittenen Strategien und Zuständigkeiten entwickelt worden. Die Folge davon ist, dass sich Unternehmen eigenständig darauf vorbereiten müssen. Dabei fehlen in den Betrieben vielfach die erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen, um Risiken der gesamten Integralen Sicherheit präventiv und schnell zu erkennen, damit auf potenzielle Angreifer zielgenau reagiert ­werden kann. Hier setzen neuartige Weiterbildungen an, die an der HWZ berufsbegleitend mit einem handlungsorientierten CAS Business Protection abgeschlossen werden können. Verantwortlicher Wirtschaftsschutz wird mehr denn je zu einer Frage der Integralen Sicherheit, die weit mehr umfasst als Cyber-Schutz. Es geht um den Aufbau einer komplexen Architektur zur Sicherung des gesamten Unternehmens.

CHRIS ECKERT ist Leiter des Studiengangs CAS Business Protection an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich sowie Partner und Geschäftsführer der Swiss Business Protection AG. www.swissbp.ch www.fh-hwz.ch

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SOFTWARE & HARDWARE

Das Mini-Rechenzentrum überzeugt mit kompaktem Format.

DAS MINI-RECHENZENTRUM IM AKTENKOFFERFORMAT WENN IT-INFRASTRUKTUR SO EINFACH WIE EIN SMARTPHONE IST von Herbert Schwerzmann

Was ist klein, passt in einen Aktenkoffer und beinhaltet Ihre gesamte Firma? Ein Ding der Unmöglichkeit, dass die IT-Infrastruktur Ihres Unternehmens gemeint sein könnte? Doch tatsächlich: Scale Computing HC3, eine hyperkonvergente Infrastrukturlösung (HCI), macht aus einer Vision greifbare Realität.

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erade einmal 38 mal 117 mal 112 Millimeter klein sind die funktionellen Einheiten aus Hard- und Software der HC3-Produktlinie in ihrer kleinsten Konfiguration. Und doch bieten sie Unternehmen eine vollumfängliche Lösung für den Betrieb ihrer IT-Infrastruktur. Praktische Einsatzszenarien wie das Bereitstellen virtueller Desktops für Remote-Work- oder Home-Office-Szenarien, Fernsteuerung und (Distanz-)Betrieb von Schliess- und Videoanlagen oder etwa die einfache und standardisierte Anbindung von Aussenstandorten – Scale Computing HC3 bietet Unternehmen eine unschätzbare Leistungsvielfalt.

HCI LEICHT GEMACHT Mit HC3 steht jetzt jedem die einfache Möglichkeit zur Verfügung, eine professionelle Private Cloud einzurichten. Der Clou dabei ist, dass ausser den HC3-Appliances keine weitere Soft- oder Hardware für das Einrichten eines eigenständigen und ausfallsicheren Mini-Rechenzentrums benötigt wird. HC3 miniaturisiert den HCI-Ansatz und macht ihn für jedes Unternehmen verfügbar. Zur Erklärung: «Hyper-converged Infrastructure» vereint die Komponenten Computing, Netzwerk, Speicher, Virtualisierung und Disaster Recovery in einem einzigen System. Alle diese Ressourcen sind Software-definiert, was bedeutet, dass sie 100 Prozent virtualisiert über eine einzige zentrale Verwaltungsoberfläche zur Verfügung gestellt werden. Das hat den Vorteil, dass standardisierte Hardware genutzt werden kann und sich zudem auch

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unterschiedlich konfigurierte Systeme miteinander mischen lassen.

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Scale Computing HC3 erreicht dabei im Vergleich zu vielen anderen Lösungen echte Hyperkonvergenz, da die gesamte Logik direkt in den Hypervisor integriert ist. Dies wirkt sich positiv auf Performance und Nutzererlebnis aus. Es werden keinerlei weitere Lizenzen benötigt und der Support für alle Aspekte der Lösung erfolgt aus einer Hand. Auch der Einrichtungssupport ist inkludiert, sodass Sie schon nach circa einer Stunde produktiv arbeiten können. Das spart IT-Ressourcen, bares Geld bei externen Dienstleistern und der Unternehmensführung einiges an Nerven und grauen Haaren! Starten können KMU schon mit einem Dreierset, dem HE150. Bei Bedarf lässt sich das System beliebig erweitern und so ganz einfach an die Bedürfnisse Ihres Unternehmens anpassen. Scale Computing HC3 gibt es mit ein bis fünf Jahren Support oder im monatlichen Abrechnungsmodell mit minimalen Investitionskosten. Scale Computing HC3 ist ein Silberstreif am Horizont für all die, die sich wünschen, dass IT einfach mal einfach sein sollte. Überzeugen Sie sich selbst und wenden Sie sich für eine persönliche Beratung an die BCD SINTRAG. Als Distributor suchen wir für Sie aus unserem Kompetenznetzwerk den passenden Partner, der als zentrale Anlaufstelle alle

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WARUM HC3? > Simple Installation, kein tiefgreifendes, technisches Storage- oder Virtualisierungs-Know-how erforderlich > Sicherheit und Hochverfügbarkeit inklusive > Keine weiteren kostspieligen Lizenzen benötigt > Der zentrale 7 mal 24 mal 365 erreichbare Support lässt Sie stets ruhig schlafen. Netpromoter-Score von 92! > Grosses Leistungsspektrum zum kleinen Preis

HERBERT SCHWERZMANN ist Sales und Business Development Manager bei BCD-SINTRAG. www.bcd-sintrag.ch/scale


KOLUMNE

TECHNOLOGIE ZUM SCHUTZ DER MENSCHENRECHTE von Edwin Weijdema

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erzeit vergeht kaum ein Gespräch ohne Erwähnung des Begriffs Fake News und deren Fähigkeiten, den kritischen Diskurs über Ereignisse auf der ganzen Welt in die Irre zu führen. In Kombination mit der Tatsache, dass die Definition von Privatsphäre im Zeitalter des Überwachungskapitalismus ständig neu definiert wird, bedeutet dies, dass es sich sozusagen um ein Minenfeld handelt, wenn es um den Schutz unserer Daten geht. Vor diesem Hintergrund liegt die Verantwortung zunehmend bei Datenschutz- und Cyber-Sicherheitstechnologien, um die Integrität unserer Menschenrechte zu schützen. Darum müssen auch Unternehmen sicherstellen, dass sie Daten ethisch korrekt, regelkonform und sicher nutzen. Technologie ist ein zweischneidiges Schwert: Sie ist Wegbereiter für die Verbreitung von Desinformation, aber ist auch die beste Waffe im Kampf gegen Cyber-Kriminelle. Ein Beispiel: Ransomware ist eine der hartnäckigsten und häufigsten Bedrohungen für Unternehmen aller Branchen und Regionen, die Dateien und Systeme verschlüsselt, um Geld zu erpressen. Viele Angriffe haben es sogar auf Produktions- und BackupDateien sowie Dokumente abgesehen. Werden diese verschlüsselt, bleibt den Unternehmen keine andere Wahl, als den Forderungen der Cyber-Kriminellen nachzukommen. Erschwerend hinzu kommt, dass die Cyber-Kriminellen eng zusammenarbeiten. Um dies zu bekämpfen, muss Technologie im Verbund eingesetzt werden, wie durch die Ransomware-Schutz-Allianz, die Veeam mit einer Reihe von Partnern gebildet hat, darunter: Cisco, AWS, Lenovo, HP und Cloudian. Ausserdem suchen die Hacker stets nach neuen und innovativen Wegen, um Daten zu stehlen und Angriffe durchzuführen, weswegen seit dem Beginn der Covid-19-Krise die Unternehmen nicht die einzigen Parteien sind, die ihre digitale Transformation beschleunigen. Ergebnis: ein Anstieg der Attacken auf Cloud-Systeme um 250 Prozent von 2019 bis 2020.

Als Reaktion darauf ist es wichtiger denn je geworden, mit Technologiepartnern zusammenzuarbeiten, die nicht nur die Anforderungen des derzeitigen Daten-Managements erfüllen, sondern die Cloud- und Sicherheitslösungen der Zukunft im Blick haben. Aufgrund der Menge sensibler Daten tragen Unternehmen mehr denn je die Verantwortung, die gespeicherten Daten ethisch korrekt, gesetzeskonform und sicher zu nutzen. Es handelt sich nicht um eine nette Dreingabe. Es ist ein Menschenrecht, das gewahrt werden muss. Dennoch unterstützen zu viele Unternehmen mit einer nachlässigen Herangehensweise an die Datensicherheit ungewollt die Bemühungen von kriminellen Machenschaften. Um dem entgegenzuwirken, ist Technologie ein wichtiger Vorreiter. Es ist daher wichtig, eine Sicherheitslösung für das DatenManagement zu finden, die mit allen ITUmgebungen zurechtkommt – ob Cloud, Multi-Cloud, Hybrid oder Rechenzentrum – und jede Unternehmensgrösse verwalten kann. Nur so kann sie die Anforderungen der Datensicherheit, Compliance, des Auditing und letzten Endes Kundeschutzes erfüllen. Im Jahr 2021 sollte die Bewahrung des Kundenvertrauens eine der Hauptprioritäten aller Firmen sein, eines der wichtigsten Güter überhaupt. Aus diesem Grund sollte eine gute Backup- und Wiederherstellungsstrategie und eine zuverlässige Lösung zur Datenverwaltung zum festen Bestandteil der ITSicherheit jedes Unternehmens werden, um den Datenschutz und damit die Menschenrechte einhalten zu können.

EDWIN WEIJDEMA ist Global Technologist für Product Strategy bei Veeam. www.veeam.ch

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SOFTWARE & HARDWARE

Legal Tech verändert den Beruf des Juristen grundlegend.

DATENSCHUTZ UND LEGAL TECH NEUE PFLICHTEN IM DATENSCHUTZ von Martin Berweger und Claudia Keller

Auf Unternehmen kommen mit dem revidierten Datenschutzgesetz (DSG) neue Informationsund Dokumentationspflichten, eine Meldepflicht bei Datenschutzverletzungen und das Risiko von Bussen bei Pflichtverletzungen zu.

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as revidierte DSG tritt voraussichtlich Mitte des Jahres 2022 in Kraft. Wichtige Neuerungen für Unternehmen bestehen bei Dokumentations- und Informationspflichten. Zunächst gilt die grundsätzliche Pflicht, ein Verzeichnis über Datenbearbeitungsaktivitäten zu führen. Ausgenommen hiervon sind KMU (Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden), sofern die Datenbearbeitung nur ein geringes Risiko von Verletzungen der Persönlichkeit mit sich bringt. Die Kenntnis der im Unternehmen getätigten Datenbearbeitungsvorgänge ist jedoch ein wesentlicher Bestandteil der übrigen datenschutzrechtlichen Pflichten, weshalb es auch für KMU empfehlenswert ist, ein Bearbeitungsverzeichnis zu führen. Dies gilt beispielsweise für die Datenschutz­erklärung, wo Unternehmen Angaben zu den von ihnen erhobenen und bearbeiteten Personendaten

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machen müssen. Da das revidierte DSG neu einen Mindestinhalt vorschreibt, müssen bestehende Datenschutzerklärungen auf allfällige Lücken überprüft werden. Das revidierte DSG enthält sodann eine Meldepflicht an den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) bei Datenschutzverletzungen mit einem hohen Risiko für die Verletzung der Persönlichkeit oder der Grundrechte der betroffenen Personen. Die Meldung muss so rasch wie möglich erfolgen. Eine Daten­ schutzverletzung liegt vor, wenn Personendaten unbeabsichtigt oder widerrechtlich verloren gehen, gelöscht, vernichtet, verändert oder Unbefugten offengelegt beziehungsweise zugänglich gemacht werden. Unternehmen müssen im Rahmen ihrer Dokumentationspflicht auch nachweisen können, dass geeignete organisa-

torische Massnahmen getroffen wurden, um eine Verletzung des Schutzes personenbezogener Daten möglichst zu verhindern sowie im Verletzungsfall sofort zu entdecken. Unternehmen, die sich bereits fit für das europäische Datenschutzrecht (DSGVO) gemacht haben, sind für das revidierte DSG bereits gut gerüstet und können die erforderlichen Massnahmen mit weniger Aufwand umsetzen.

ABHILFE DANK LEGAL TECH Der Begriff «Legal Tech» umschreibt im Allgemeinen die Verbindung von Recht und Informationstechnologie (IT). Bereits heute ist Software bei fast allen Rechtsdienstleistungen im Einsatz. Das Potenzial ist aber weitaus grösser. Dank der Digitalisierung können juristische Arbeitsleistungen künftig noch viel effizienter und in besserer Qualität erbracht werden. Legal-Tech-


SOFTWARE & HARDWARE

Anwendungen werden viele menschliche Routinearbeiten ersetzen und es kommen zunehmend automatisierte Rechtsdienstleistungen auf, bei denen Juristen gar nicht mehr mitwirken. Dies gilt auch im Bereich des Datenschutzes, wo Software bei der Einhaltung der Dokumentations-, Meldeund Prüfpflichten Abhilfe schaffen kann. Legal-Tech-Anwendungen können allgemein wie folgt kategorisiert werden:

Legal Tech 3.0 umfasst IT-Lösungen wie die Künstliche Intelligenz oder Smart Contracts, welche den Beruf des Juristen grundlegend verändern. Derzeit gibt es erst wenige Anwendungsfälle. In Zukunft ist jedoch denkbar, dass dank Legal Tech etwa Auskunftsbegehren automatisiert geprüft oder allfällige Datenverluste oder -manipulationen automatisiert gemeldet werden könnten.

Legal Tech 1.0 beinhaltet Software-basierte Hilfestellungen im juristischen Bereich. Dazu zählen Anwendungen, welche die Verwaltung von personenbezogenen Daten oder Dokumenten sowie die Recherche­ arbeiten erleichtern. Derartige Programme sind bereits weit verbreitet im Einsatz.

Neben neuen Pflichten für Datenbearbeiter räumt das revidierte DSG dem EDÖB zusätzliche Kompetenzen ein und sieht strafrechtliche Sanktionen (Busse bis CHF 250’000) vor. Es lohnt sich daher, die Umsetzung der notwendigen Massnahmen rechtzeitig in die Wege zu leiten. Je nach Umfang der Datenbearbeitungen kann es zudem sinnvoll sein, für einzelne Pflichten Legal-Tech-Lösungen zu nutzen. Solche sind bereits auf dem Markt erhältlich. Wer die Aufgabe schon heute in die Hand nimmt, hat genügend Zeit, die für sein Unternehmen optimale Kombination von organisatorischen Massnahmen und technischen Hilfsmitteln zur

Legal-Tech-2.0-Anwendungen können juristische Aufgabestellungen selbstständig erbringen und die menschliche Arbeit ersetzen. Konkrete Anwendungen stehen zum Beispiel bei der Generierung von Datenschutzerklärungen, Verträgen oder Beurkundungsunterlagen bereits zur Verfügung.

rechtskonformen Umsetzung des revidierten DSG zu implementieren.

UMSETZUNG DER NEUERUNGEN

CLAUDIA KELLER ist Rechtsanwältin und Counsel bei Wenger & Vieli.

MARTIN BERWEGER ist Rechtsanwalt und Notar bei Wenger & Vieli. www.wengervieli.ch

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SOFTWARE & HARDWARE

Personendaten sind in materieller und ideeller Hinsicht ein wertvolles Gut.

DATENSCHUTZ FÜR KMU CHECKLISTE FÜR DIE UMSETZUNG DES DATENSCHUTZGESETZES von Gabriele Ochner

Bei der Thematisierung der Bedeutung des Datenschutzes für Unternehmen fragen sich insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), inwieweit Datenschutz für sie eine nutzbringende Relevanz hat und weshalb sie sich mit dem Thema intensiver befassen sollten. Dabei übersehen viele, dass es in Zeiten des globalen Auftritts vieler Unternehmen und des Hackings von Unternehmensdaten inzwischen geradezu leichtsinnig ist, sich mit dem Thema nicht intensiv zu befassen. Jedes Unternehmen sollte über die Gefahren und die Verpflichtungen im Unternehmen sensibilisiert sein. Daher sollte unbedingt die Frage gestellt werden, inwieweit Datenschutz und Datensicherheit für Ihr Unternehmen wichtig ist.

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edes Unternehmen, auch wenn es noch so klein ist, verarbeitet ständig personenbezogene Daten. Dazu gehören die Daten der Kunden und Lieferanten mit Namen, Telefonnummer und E-MailAdressen der Ansprechpartner. Hinzu kommen die Daten der Mitarbeiter, von denen ein Unternehmen ebenfalls eine ganze Menge personenbezogener Daten kennt und verarbeitet. In Bezug auf die Mitarbeiter kennt ein Unternehmen nicht nur Namen, Anschrift und Geburtsdatum, sondern auch sensiblen Daten wie Gehaltsdaten, Krankheitstage oder andere Gesundheitsdaten sowie Lohnsteuerdaten. Jedes Unternehmen speichert, ändert, nutzt, übermittelt, verknüpft oder löscht täglich Daten. Mit anderen Worten, es ist egal, was Sie im Unternehmen mit personenbezogenen Daten tun, es handelt sich immer um ein Verarbeiten im Sinne des Schweizer Datenschutzgesetzes (DSG) oder der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Die Datenschutz-Verordnung der Europäischen Union ist seit 2018 in Kraft, und mit den neuen Bestimmungen erhalten Bürgerinnen und Bürger mehr Kontrolle über ihre Personendaten.

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Zudem nimmt die DSGVO die Unternehmen vermehrt in die Verantwortung, während gleichzeitig ihre Meldepflichten abgebaut werden. Das DSG hat zahlreiche Angleichungen an die DSGVO eingeführt, bleibt aber weiterhin eine eigene Grundkonzeption und weicht auch in diversen Punkten von dieser ab.

DAS WERTVOLLE GUT DER PERSONENDATEN Personendaten sind ein wertvolles Gut, und das unter anderem weil die Unternehmen ein grosses wirtschaftliches Interesse daran haben. Mithilfe möglichst vieler detaillierter Daten kann das Konsumverhalten sehr genau analysiert werden, um so Werbestrategien gezielt umzusetzen. In einem Zeitalter, in dem Daten ein extrem wertvolles und begehrtes Gut sind und die Unternehmensgiganten der sozialen Medien damit Milliarden verdienen, ist es daher für jedes Unternehmen fundamental, die eigenen sowie die Daten der Kunden, Lieferanten oder Mitarbeiter zu schützen. Inzwischen ist es für ein Unternehmen auch zu einer Frage der Reputation geworden respektive des Verlustes der Reputa-

tion, wenn dieser Aspekt vernachlässigt wird. Soweit es die Datensicherheit betrifft, konnte man in den letzten Jahren vermehrt beobachten, dass diverse Betriebe – von jeder Grössenordnung – Hacking-Angriffen ausgesetzt waren. Immer wieder dringen die Fälle nach aussen, obwohl die betroffenen Unternehmen diese negative Publicity gerne vermeiden. Das Know-how eines Unternehmens und die damit zusammenhängenden Firmengeheimnisse sind der Kern des Unternehmensvermögens und sollten daher unbedingt durch entsprechende technischen und organisatorischen Massnahmen geschützt werden.

DIE DSGVO IN DER SCHWEIZ Hat die Europäische Datenschutz-Grundverordnung überhaupt für Unternehmen in der Schweiz eine praktische Bedeutung? Von der DSGVO sind nicht nur Unternehmen in EU-Staaten betroffen. In gewissen Fällen müssen sich auch hiesige Firmen mit der Datenschutz-Grundverordnung beschäftigen. Die Schweiz hat eigene datenschutzrechtliche Regelungen, und das Schweizer Datenschutzgesetz (DSG) wurde gerade im Jahr 2020 umfassend refor-


SOFTWARE & HARDWARE

miert. Allerdings ist die DSGVO für die Schweizer Unternehmen durchaus relevant, und zwar nicht nur unter einem Gesichtspunkt. Grundsätzlich kann sehr schnell geklärt werden, ob die DSGVO für ihr Unternehmen eine Rolle spielt. Durch die Beantwortung der folgenden Fragen kann überprüft werden, ob die DSGVO Anwendung findet: Bietet Ihr Unternehmen Dienstleistungen oder Waren in der EU an? Haben Sie einen oder mehrere Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen, der / die sich um die Geschäfte in Deutschland oder in der EU kümmern? Haben Sie einen Standort in Deutschland oder in der EU? Wenn Sie auch nur eine dieser Fragen mit «ja» beantworten, sind Sie Datenverarbeiter im Sinne der DSGVO und die Vorschriften sind auf Sie anwendbar.

PRAKTISCHE UMSETZUNGSTIPPS Viele Unternehmen, die feststellen, dass die DSGVO für sie anwendbar ist, sind oft ratlos und wissen nicht, was das nun konkret für sie bedeutet. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass es eine einheitliche Empfehlung für alle nicht gibt und auch nicht geben kann. Jedes Unternehmen ist anders aufgestellt. Dennoch gibt es einige praktische Tipps für die Umsetzung der Regelungen. Machen Sie sich als Geschäftsleitung oder Vorstand bewusst, dass Datenschutz immer Chefsache ist. Das bedeutet, dass der Inhaber, Geschäftsleiter oder Vorstand eines Unternehmens immer der Verantwortliche für eine Datenpanne ist. Diese rechtliche Verantwortung kann auf keinen Mitarbeiter oder externen Dienstleister abgewälzt werden. Zudem sollten sie aus datenschutzrechtlicher Sicht einen Überblick darüber verschaffen, was Sie in Ihrem Unternehmen in diesem Zusammenhang machen. Erstellen Sie ein Verzeichnis darüber, wer (Personen / Abteilungen) im Unternehmen was mit der Verarbeitung personenbezogener Daten zu tun hat (Verarbeitungsverzeichnis) – auch wenn Sie gesetzlich dazu nicht verpflichtet wären. Ferner überprüfen Sie, ob Sie zur Erfüllung Ihrer Aufgaben externe Unternehmen eingeschaltet haben und falls ja, ob Sie mit diesen die erforderlichen Verträge abgeschlossen haben und diese Verträge den rechtlichen Anforderungen genügen. Machen Sie sich auch bewusst, dass Ihre Kunden, Lieferanten oder Mitarbeiter – deren Daten Sie erhoben oder gespeichert haben – sogenannte Betroffenenrechte (zum Beispiel auf Aus-

kunft oder Löschung) geltend machen können. In diesem Fall müssen Sie diese Ansprüche innerhalb kurzer Zeit vollständig und richtig erfüllen können. Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob die Verarbeitung der personenbezogenen Daten, die Sie in Ihrem Unternehmen praktizieren, datenschutzrechtlich zulässig ist. Das heisst, ob zum Beispiel ein Rechtsgrund (Vertrag, gesetzliche Grundlage) oder eine Einwilligung vorliegt und ob Sie diese Zulässigkeit auch nachweisen können. Zudem muss auch geprüft werden, ob Sie einen Datenschutzbeauftragten bestellen müssen. Diese Tipps führen zum zweiten Aspekt, der die Wichtigkeit der europäischen Vorschriften unterstreicht: Auch auf der Basis des nunmehr reformierten Datenschutzgesetzes in der Schweiz müssen Unternehmen diese Aspekte beachten. Die gesetzlichen Vorgaben des reformierten DSG sind fast identisch mit der DSGVO, sodass sich die Beachtung beider Regelungen nicht mehr massgeblich unterscheidet.

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EIN SCHWEIZER IN DEUTSCHLAND Die Frage, ob ein Schweizer Datenschutzverantwortlicher auch für einen Standort in Deutschland eingesetzt werden kann, wird häufig gestellt und meistens falsch beantwortet. Die deutschen Datenschutzbehörden erlauben ausdrücklich, dass ein Schweizer Unternehmen einen in der Schweiz angesiedelten Datenschutzverantwortlichen auch für einen oder mehrere Standorte in Deutschland einsetzt. Die rechtliche Basis hierfür findet sich in Artikel 37 DSGVO. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Datenschutzverantwortliche für die Mitarbeiter in Deutschland erreichbar ist und das notwendige Fachwissen bezüglich der DSGVO hat.

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Absenzen & Saldi


SOFTWARE & HARDWARE

Wenn die Performance einer Anwendung leidet, leidet auch das Benutzererlebnis.

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as pandemiebedingte Home Office hat uns bewiesen: Remote arbeiten kann auch im grossen Stil gelingen. Es hat uns aber auch gezeigt, wie fragil unsere Netzwerke, Anwendungen und Webseiten bei hohem Traffic sein können: Überforderte Server, hängende virtuelle Maschi­­nen, instabile Calls und kaum erreichbare Webseiten sind Herausforderungen, die Mitarbeiter unfreiwillig Däumchen drehen lassen und die Kunden frustrieren. Egal, wie gut die Anwendung ist – bei Performanceverlust leidet das Benutzererlebnis. Warten Sie also nicht, bis schlechtes Kundenfeedback eintrudelt: Kemp Flowmon hilft dabei, flexibel, effizient und handlungsfähig zu bleiben.

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SOFTWARE & HARDWARE

Heizung vom Fachmann – von der Planung bis zum Service und Wartung.

MIT ABACUS-SERVICELÖSUNG ZU BESSEREN UNTERNEHMENSDATEN DER SPEZIALIST OPTIMIERT SEIN SERVICEMANAGEMENT von Thomas Köberl

Erklärtes Ziel des Ostschweizer Gebäudehülle- und Haustechnikspezialisten Eigenmann ist es, Servicedienstleistungen ebenso effizient wie Grossfirmen zu erbringen. Das verlangt nach einer adäquaten mobilen Softwarelösung für die Techniker. Von dem Mitarbeiterportal MyAbacus für das Servicemanagement profitieren heute gleichermassen Mitarbeitende, Disponenten, Kunden und die Firmenleitung.

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eit 2005 betreibt das Unternehmen Eigenmann sein Servicegeschäft für die beiden Sparten Dachdeckerei und Sanitär unter einer organisatorischen Einheit. Mit einem rund 30-prozentigen Anteil am Gesamtumsatz trägt es heute markant zum Geschäftserfolg bei. So stehen momentan rund 600 Wartungs-Abos für Dächer sowie Heizungen und Solaranlagen zu Buche. Die Servicetechniker der beiden Bereiche Dachdeckerei und

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Sanitär nutzen mit dem Portal MyAbacus dieselbe Lösung für die Abwicklung ihrer Serviceaufgaben, obwohl sie unterschiedliche Bedürfnisse und Anforderungen haben. Über ihre iPads haben sie einen ortsunabhängigen mobilen Zugriff auf das Serviceprogramm. Das wirkt sich direkt auf die Servicequalität aus, da sie jederzeit Zugang zu allen relevanten Informationen rund um das Serviceobjekt haben wie Bilder und Servicehistorien. PDF-Check-

listen, die vor allem bei Heizungen wichtig sind, stehen ihnen ebenfalls in MyAbacus zur Verfügung. Dabei sind keine Programmwechsel mehr nötig, da alle Daten in einem System erfasst und abrufbar sind sowie der Workflow optimal im System abgebildet ist. Geschäftsleiter Andreas Eigenmann hebt hervor: «Die Abacus Software ist mit dem Servicemanagement-Programm ein effizientes Werkzeug für die Gebäudehülleund Gebäudetechnik-Branchen.»


SOFTWARE & HARDWARE

INTEGRIERTE GESAMTLÖSUNG Als grossen Vorteil erachten es die beiden Unternehmer Andreas und Christian Eigenmann, dass sich der Softwarehersteller Abacus im selben Dorf wie ihre Firma befindet. So war es fast schon naheliegend, dass sie bei der Entwicklung der Branchenlösung für das Baunebengewerbe involviert waren. Heute werden über die Software bei Eigenmann alle unternehmerischen Prozesse von der Offerte über den Einkauf und die Leistungserbringung bis zum jährlichen Service der Objekte unterstützt. Zudem erlaubt sie auch die Möglichkeit, mit Geschäftsbereichen und Kostenstellen zu arbeiten sowie jederzeit Nachkalkulationen aufgrund von tagesaktuellen Zahlen vorzunehmen. Neben der Verwaltung der Serviceverträge unterstützt die Software auch das Management der Serviceaufträge und eine effiziente Verrechnung. Der gesamte Prozess von der Auslösung über die Ausführung und die Rückmeldung auf das Objekt eines Servicedienstes bis zur Fakturierung ist ganzheitlich im Abacus-ERP abgebildet.

KOMFORT FÜR DEN SERVICEDISPONENT Über ein Cockpit in der Service-Software löst der Serviceleiter die Aufträge aus, um sie anschliessend einem Techniker zuzuweisen. Dieser erhält automatisch einen Eintrag in seinem persönlichen Kalender zugeschickt. Mit Doppelklick auf den Kalendereintrag lässt sich ein Auftrag direkt im Serviceportal von MyAbacus öffnen,

wo sich auch alle für die Erledigung benötigten Dokumente wie etwa Checklisten befinden. Ist eine Arbeit beendet, werden diese automatisch in den Wartungsbericht übernommen und direkt aus der Software auch Kunden zur Einsicht verschickt.

«Trotz Standardsoftware sind wir sehr flexibel bei der Abwicklung der Serviceaufträge geblieben.» Wie der Chefdisponent berichtet, verringere sich mit der Abacus-Servicelösung sein Arbeitsaufwand beträchtlich und er ergänzt: «Da die Servicetechniker ihre Arbeitsleistungen selbst auf den Aufträgen rapportieren und alle Daten zentral hinterlegt sind, stehen sie stets topaktuell zur Verfügung.» Zudem seien alle Prozessschritte entsprechend dokumentiert, sodass es heute weniger Rückfragen gäbe und die Techniker selbstständiger als früher arbeiten, erläutert der Chefdisponent und ergänzt, dass die Arbeit für alle transparenter geworden sei. Alle Servicetech-

niker wissen nun stets, welche offenen Aufträge in Bearbeitung sind und was zuvor gemacht wurde.

FAZIT «Das Serviceportal in MyAbacus ist für unsere Servicetechniker zum zentralen Arbeitsinstrument geworden, das sie bei ihren Serviceaufträgen optimal unterstützt, indem alle wesentlichen Funktionen und Informationen sofort verfügbar sind. Der Serviceprozess wird durch das Servicemanagement-Programm von Abacus optimal unterstützt», resümiert Seger. Denn alles sei von der Auftragsauslösung über die Rapportierung von Leistungen und Material, dem Ausfüllen von Checklisten, der Erstellung von Wartungsberichten und der Aktualisierung der Historie pro Objekt bis zur Fakturierung programmgesteuert, erklärt er. Heute sei das Abacus ERP die zentrale Drehscheibe ihrer Unternehmung, aus der alles, was notwendig sei, erstellt und generiert werden könne, stellen Andreas und Christian Eigenmann gemeinsam fest. Sie stimmen darin überein, dass der von ihnen angestrebte Überblick über ihr Unternehmen dank der Abacus-Lösung optimal gewährleistet werde.

ABACUS SOFTWARE BEI EIGENMANN AG > 20 ERP-Programmbenutzer > 20 MyAbacus-Anwender für Serviceaufträge, Zeiterfassung, ESS > AbaBau, Service-/Vertragsmanagement, Leistungs-/Projektabrechnung, Auftragsbearbeitung, CRM, Finanzsoftware, Lohn/HR-Software, Scanning, Archivierung, Report Writer, Business-Process-Engine, AbaNotify

THOMAS KÖBERL ist Verwaltungsrat der Abacus Research AG. Eigenmann AG – der Dachdecker in der Region St. Gallen mit langjähriger Erfahrung in Sachen Flach- und Steildach.

www.eigenmann-ag.ch www.abacus.ch

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SOFTWARE & HARDWARE

Bei der Bearbeitung von Personendaten muss es klare Grenzen geben.

REVISION DATENSCHUTZGESETZ DIE WICHTIGSTEN ÄNDERUNGEN IM ÜBERBLICK von Simon Schnetzler

In der Berichterstattung zum neuen Datenschutzgesetz (nDSG) war Profiling das bestimmende Thema. Dadurch gerieten allerdings die zentralen Änderungen in den Hintergrund. Neu besteht eine stärkere Pflicht zur Transparenz bei Datenbearbeitungen, auch hat der Gesetzgeber die Sanktionen deutlich verschärft und neue Instrumente wie das Bearbeitungsverzeichnis eingeführt.

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n seiner Botschaft zum Entwurf des Datenschutzgesetzes erklärte der Bundesrat, dass sich eine Revision vor allem aufgrund der technologischen Entwicklung aufgedrängt habe. Tatsächlich war der zentrale Treiber der Revision aber die Rechtslage in der EU. Die Schweiz musste ihr Gesetz revidieren, wollte sie ihren Status als Land mit genügendem Datenschutz halten. Das Thema ist dabei alles andere als trivial: Wer innerhalb der EU eine Mobile-App oder eine Software benötigt und dabei Personendaten übermittelt, wird sich bei vergleichbaren Produkten für solche der EU entscheiden. Wieso? Ein Export von Personendaten innerhalb der EU gilt als sicher, während Exporte in die Schweiz bei schwacher Datenschutzgesetzgebung riskant sind. Und Anbieter aus den

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USA? Nach der neusten Rechtsprechung sind solche Produkte auf der Abschussliste.

UNVERÄNDERTER GRUNDSATZ Das Konzept bleibt auch nach der Revision gleich: Grundsätzlich ist es in der Schweiz zulässig, Personendaten zu bearbeiten. Nur eine Bearbeitung, die unverhältnismässig weit geht oder intransparent erfolgt, ist unzulässig (Art. 6 nDSG). Umgekehrt in der EU: Dort ist es grundsätzlich verboten, Personendaten zu bearbeiten. Nur wenn ein Bearbeiter einen berechtigten Grund anführen kann, ist seine Bearbeitung zulässig (Art. 6 DSGVO). Bearbeiter in der EU sind damit immer in der Beweispflicht.

NEUERUNGEN IM ÜBERBLICK Der Gesetzgeber hat zwei zentrale Pfeiler des Datenschutzgesetzes ausgebaut: die Transparenz bei Datenbearbeitungen und

Sanktionen bei Verletzungen des Gesetzes. Neben weiteren Neuerungen hat der Gesetzgeber auch einzelne Instrumente aus der EU übernommen, wie beispielsweise das Bearbeitungsverzeichnis.

HÖHERE TRANSPARENZ Gegenwärtig kann auf eine Information über Personendaten, die bearbeitet werden, verzichtet werden, wenn die Bearbeitung für den Nutzer ohnehin erkennbar ist (zum Beispiel aufgrund einer Eingabe über ein Online-Formular). Neu sieht Art. 19 nDSG eine aktive Informationspflicht vor: Unternehmen müssen darüber informieren, welche Daten sie zu welchen Zwecken erheben und bearbeiten. Eine Verletzung dieser Pflicht wird mit Busse bestraft. Die Information über die Bearbeitung erfolgt über Datenschutzerklärungen, in Merkblättern oder individuell in Verträgen.


Die Datenschutzgesetzgebung der Schweiz unterscheidet sich von der EU.

HÄRTERE SANKTIONEN Kommen Millionenbussen nun auch in die Schweiz? Die Antwort lautet: Nein. Trotzdem gibt es neu massiv härtere Strafen: Bussen sind nun bis maximal CHF 250’000 möglich (bisher: CHF 10’000). Im Gegensatz zur EU werden sodann nicht Unternehmen gebüsst, sondern die handelnden natürlichen Personen persönlich. Als Vergleich: Wer auf Verdacht hin fahrlässig keine Geldwäscherei-Meldung erstattet, wird mit maximal CHF 150’000 bestraft. Wer unsorgfältig Daten exportiert, wird mit maximal CHF 250’000 bestraft. Wie bis anhin wird bestraft, wer die In­formations-, Auskunfts- oder Geheimhaltungspflichten verletzt. Neu wird nun aber auch gebüsst, wer datenschutzrechtliche Sorgfaltspflichten verletzt. Sei dies infolge eines unzulässigen Datenexportes ins Ausland, einer mangelhaften Auftragsdatenverarbeitung im Inland oder weil die Mindestanforderungen an die Datensicherheit nicht eingehalten werden (Art. 61 nDSG).

BEARBEITUNGSVERZEICHNIS Aus der EU übernommen hat die Schweiz das Verzeichnis der Bearbeitungstätigkeiten (Art. 12 nDSG). Es löst die Anmeldung für heikle Datenbearbeitungen beim eidg. Datenschutzbeauftragten ab. Das Verzeichnis enthält tabellarisch eine Übersicht zu den Datenbearbeitungen eines Unternehmens. Für jede Bearbeitung sind Kenndaten (so beispielsweise der Bearbeitungszweck, die Empfänger etc.) zu erfassen. Das Verzeichnis führt damit zu einer strukturierten Analyse und Dokumentation der Datenbearbeitungen im Unternehmen und erleichtert die Prüfung von riskanten Bearbeitungen.

FAZIT Die Schweiz geht mit dem revidierten Gesetz in weiten Bereichen einen sehr pragmatischen Weg. Das Gesetz wird voraussichtlich zu Beginn 2022 in Kraft treten. Wer die Vorgaben der DSGVO bereits beachtet, wird wenig Änderungsbedarf haben. Für die übrigen Unternehmen bietet die Reform Gelegenheit zu einer Analyse der laufenden Datenbearbeitungen und Identifikation grosser Risiken. Das empfiehlt sich nicht nur aufgrund der schärferen Sanktionen. Auch bei Unternehmenstransaktionen gerät diese Thematik bei der Due Diligence des Käufers immer stärker ins Blickfeld.

SIMON SCHNETZLER Lic. iur, LL.M. ist Anwalt und Partner in der Kanzlei Barbier Habegger Rödl Rechtsanwälte AG. www.bhr.law

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SOFTWARE & HARDWARE

«DABEI SEIN IST ALLES!» WEBINARE UND ROADSHOWS MIT OF-SOFTWARE AG von Daniele Ciociola

Im Jahr 2020 waren die Roadshows der OF-Software AG unter dem Motto «Updaten, netzwerken, profitieren» ein grosser Erfolg und beliebt bei vielen Dienstleistungsbetrieben rund um die Haustechnik. Den Umgang mit einer effizienten Branchen-Software «live» zu erleben, das hat überzeugt. Auch 2021 sollen die Roadshows wieder durchgeführt werden. Zunächst – genauso spannend, interaktiv, individuell und informativ wie bisher – als Webinare. Das Ziel: die Verschmelzung von digitalem und Live-Event mit einem klaren Mehrwert.

Live-Beratungen – sei es bei Messeauftritten, Roadshows und im Moment eher als Webinare: eine der Stärken des OF-Software-Teams.

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anitär- und Heizungsmonteure-, Spengler, Dachdecker, Bodenleger und Planungsbüros aufgepasst: Die OF-Software AG führt regelmässig regionale Demo-Roadshows durch, die inhaltlich sowohl für bestehende wie auch für inte-ressierte neue Kunden geeignet sind. Diese richten sich an Betriebe, die einen Software-Wechsel als Option se-

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hen, um das Tagesgeschäft strategisch und operativ zu optimieren. Jeweils an leicht zugänglichen Orten in der Schweiz werden die EDV-Programme OF-4000 mit allen Erweiterungen wie Terminverwaltung, Aufgabentool, mobile Stundenerfassung auf dem Smartphone, das mobile Serviceprogramm für die Monteure und viele weitere Erweiterungen unverbindlich

vorgestellt (die Teilnahme ist kostenlos). 2021 geht es weiter mit den Roadshows – zunächst als Webinare durchgeführt – und ab dem Spätsommer wieder als klassische Live-Events.

INTERAKTIV UND INDIVIDUELL Unternehmen mit Weitsicht arbeiten nunmehr konsequenter mit Webinaren und


SOFTWARE & HARDWARE

Webcasts, ermöglichen den hybriden Wissenstransfer und eine Online Content Experience, setzen auf virtuelles Kundenerlebnis. Auch in Zeiten, in welchen man aufgrund der Covid-Pandemie einen direkten Kundenkontakt minimieren oder gar vermeiden sollte, wird so auf authentische Weise ein gutes Kundenvertrauen erzeugt. Das setzt auch die OF-Software AG mit ihren Webinaren (einfache Anmeldung über Landing Page – Link siehe InfoBox nächste Seite unten rechts) um, bei welchen die Branchensoftware erklärt und das Handling demonstriert wird. So macht man also auch bei OF-Software aus der Not eine Tugend und passt sich den Verhältnissen an, ohne gleich auf Interaktion zu verzichten. Der «Faktor Vertrauen» spielt bei der Wahl einer Branchen-Software eine grosse Rolle. «Mit unseren Webinaren können wir unsere bei der Zielgruppe beliebten Roadshows auch in diesem Frühling noch anbieten», sagt CEO Pablo Gudenrath. Von der Basissoftware OF-4000 und die mobilen Tools für die Monteure bis zur Terminplanung und der auftragsbezogenen Vor- / Nachkalkulation bekommt man so einen Einblick in die Vorzüge der OFLösungen. Natürlich gilt auch dann die OF-Devise: Software kennenlernen, gratis testen und entscheiden. Das Ziel: Alle Arbeitsprozesse sollen in der gleichen Software abgearbeitet werden. Mit den innovativen Apps für Smartphone und Tablets können Aufträge, Termine, Material- und Zeiterfassung effizient gemanagt werden.

«Der ‹Faktor Vertrauen› spielt bei der Wahl einer BranchenSoftware eine grosse Rolle.» GUTER RUF UND KUNDENBINDUNG Prozesse mit einer optimalen IT-Lösung zu optimieren, das wollen alle Unternehmen in den Haustechnik-, Sanitär-, Heizungstechnik und Baubranchen. Der Respekt vor einer Software-Implementierung ist aber noch immer gross, denn schliesslich werden Workflow-Prozesse neu definiert. Gewünscht wird: ein unkomplizierter Wechsel zu einer neuen, modernen, effizienten und zugleich auch intelligenten Arbeitssoftware, die zudem auch noch nachhaltig Prozesse exponentiell optimiert, selbsterklärend und einfach zu bedienen ist. Und so was geht tatsächlich, wie an den OF-Software AG Webinaren und Roadshows eindrücklich demonstriert wird.

TEILNEHMEN LEICHT GEMACHT: «MITTENDRIN STATT NUR DABEI» Wer nun mit der Zeit gehen und auf eine neue, optimierte, moderne und einfach zu

bedienende Software für die HaustechnikBranche umsteigen möchte, kann sich einen Slot in einer der OF-Software AG Webinare oder Roadshows sichern. Die OFSoftware AG freut sich auf die Teilnahme. www.of-software.ch/roadshows ANMERKUNG 1.) Diesen Beitrag finden Sie auch online mit allen Links unter kmuRUNDSCHAU.ch

DIE DATEN AUF EINEN BLICK: Webinare > 13.04.21, 16:00 Uhr Webinar für Neukunden > 27.05.21, 17:00 Uhr Webinar für Neukunden > 18.06.21, 15:00 Uhr Webinar für Neukunden Roadshows > 15.07.21, Business Park Luzern, Littauerboden 1, 6014 Luzern > 18.08.21, CEO Constant Dialog AG, Alte Steinhauserstrasse 33, 6330 Cham > 16.09.21, Marina Lachen, Hafenstrasse 4, 8853 Lachen > 20.10.21, benevol St. Gallen, St. Leonhard-Strasse 45, 9001 St. Gallen > 16.11.21, Genossenschaft Kalkbreite, Kalkbreitestrasse 6, 8003 Zürich > 09.12.21, TRIUMvirat AG, Augustin-Keller-Strasse 31, 5600 Lenzburg Mehr Informationen für die Teilnahme www.of-software.ch/roadshows www.vimeo.com/480807561

DANIELE CIOCIOLA ist redaktioneller Mitarbeiter bei der Editorial AG. Prozesse mit einer IT-Lösung zu optimieren, das wollen alle Unternehmen in den Haustechnik-, Sanitär-, Heizungstechnik- und Baubranchen. Mit der Branchenlösung OF-4000 gelingt das spielend.

www.of-software.ch

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IT-SICHERHEIT

Home Office gewinnt immer mehr an Bedeutung, die Sicherheitsvoraussetzungen aber auch.

SEHR FLEXIBEL, ABER NOCH NICHT SICHER HOME OFFICE UND IT-SICHERHEIT IN KLEINEREN UNTERNEHMEN von Georg Lutz

Dank moderner Infrastruktur und ortsunabhängiger Tätigkeiten konnten zwei Drittel der Schweizer KMU rasch auf den Corona-Lockdown reagieren und in vielen Fällen problemlos auf die Arbeit im Home Office umstellen. Während Schweizer KMU Flexibilität beweisen, werden die Risiken von Home Office und Digitalisierung von vielen unterschätzt. Wir haben Positionen von Expertinnen und Experten aus Unternehmen und Dachverbänden zusammengetragen, um die Herausforderungen zu benennen und Lösungen aufzuzeigen.

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chon im Rahmen der zweiten Hälfte des letzten Jahres befragte das Markt- und Sozialforschungsinstitut gfs-zürich in einer repräsentativen Umfrage 503 CEOs von kleinen Unternehmen (vier bis 49 Mitarbeitende) in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz zu den Auswirkungen der CoronaPandemie auf die Digitalisierung. Die Befragung wurde im Auftrag von der Mobiliar, digitalswitzerland, dem Nationalen Zen­ trum für Cybersicherheit (NCSC), der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) durchgeführt.

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BEDEUTUNGSGEWINN VON HOME OFFICE Folgende zentralen Thesen der Befragung lassen sich ausmachen. Während des Lockdowns schöpfen Schweizer KMUVerantwortliche das Home-Office-Potenzial aus und der Trend hält an: Für ein Drittel der KMU war Home Office während des erstens Lockdowns aufgrund der ortsgebundenen Arbeit keine Option, die restlichen zwei Drittel konnten Arbeitsplätze dank der modernen Infrastruktur ohne nennenswerte Probleme ins Home Office verlegen. So hat sich die Zahl der Mitarbeitenden im Home Office während des Lockdowns mit einem Anstieg von zehn

Prozent auf 38 Prozent im Schnitt fast vervierfacht. Seitdem hat sich Home Office in vielen KMU etabliert, und der Anteil der Angestellten, die von zu Hause aus arbeiten, ist mit 16 Prozent ganze 60 Prozent höher als vor dem Lockdown. Diese Entwicklung hat sich in diesem Jahr fortgesetzt und wird auch nach der Pandemie eine Rolle spielen. Präventive Massnahmen werden allerdings zu selten ergriffen: Trotz der häufigen Cyberattacken hat nur jedes zweite KMU einen Notfallplan für die Sicherstellung der Geschäftsfortführung und rund zwei Drittel führen weder regelmässige


IT-SICHERHEIT

Mitarbeiterschulungen durch, noch haben sie ein Sicherheitskonzept im Unternehmen implementiert.

SICHERHEITSANFORDERUNGEN STEIGEN Andreas Hölzli, Leiter Kompetenzzentrum Cyber Risk der Mobiliar, erklärt: «Obwohl Schweizer KMU in die IT-Sicherheit investieren, war jedes vierte befragte KMU schon Opfer eines Cyberangriffs. Das Problem ist, dass gerade organisatorische Massnahmen oftmals nicht so stark gewichtet werden. Unternehmen brauchen Massnahmen, die über die technischen Aspekte hinausgehen, dazu gehört zum Beispiel die Sensibilisierung ihrer Mitarbeitenden.» Prof. Dr. Marc K. Peter von der FHNW ist überzeugt, dass sich das Home Office langfristig als Bestandteil der neuen Arbeitsweltstrategie des «Blended Working» etablieren wird: «In vielen Jobs wird ein Mix zwischen Arbeiten im Home Office und im Büro zum Alltag gehören. Dabei muss aber dringend berücksichtigt werden, dass dadurch die Anforderungen an wichtige Technologie- und IT-Sicherheitsinvestitionen in Schweizer KMU steigen.» Die grosse Anzahl der von einem Cyberangriff betroffenen KMU ist für Nicole Wettstein, Programm-Managerin Cybersecurity bei SATW, eine zusätzliche Motivation, die laufenden Sensibilisierungsaktivitäten voranzutreiben: «Es ist zentral, den Anteil an KMU, die minimale Massnahmen zum ­C ybersecurity-Grundschutz umsetzen, weiter zu erhöhen». Andreas W. Kaelin, stellvertretender Geschäftsführer und Leiter des Dossiers Cybersecurity bei digitalswitzerland, weist darauf hin: «Laut der Umfrage lassen sich rund zwei Drittel der kleinen Unternehmen von externen IT-Dienstleistern unterstützen. Dies zeigt, dass wir dringend Massnahmen ergreifen müssen, die es den Unternehmen einfacher machen, vertrauenswürdige ITDienstleister zu identifizieren. Denn mit den Dienstleistern steht und fällt die Sicherheit eines Unternehmens.»

SCHNELLIGKEIT UND LÜCKEN Verharren Unternehmen im Status quo oder nehmen sie die Herausforderung der sich verändernden Marktsituation durch Corona nachhaltig an? Auch der IT-Sicherheitshersteller ESET ging dieser Frage­ in einer repräsentativen Umfrage in der Schweiz, in Deutschland und Österreich nach. Die Ergebnisse zeigen, dass Unternehmensführungen den Ernst der Lage

erkannt haben. 62 Prozent der Unternehmen werden 2021 mehr für ihre IT-Sicherheit ausgeben. Hersteller und Anbieter von IT-Security-Lösungen und -Services werden somit von einem massiven Investitionszuwachs profitieren. «Offensichtlich fanden in vielen Unternehmen interne Audits statt, welche die eigene IT-Sicherheit auf den Prüfstand stellten», sagt Peter Neumeier, Channel Sales Director bei ESET Deutschland. «Viele Firmen erarbeiteten für die Auswahl neuer Sicherheitslösungen klare Anforderungsprofile. Zudem wollen fast 60 Prozent der Befragten in diesem oder nächstem Jahr externe Expertise in Form von Managed Service Provider (MSP) ins Haus holen.» Die Expertinnen und Experten von ESET sind hier etwas optimistischer. «Es ist sehr erfreulich, dass Unternehmen die Pandemie genutzt haben, um sich über die eigenen Ansprüche an wirksame IT-Sicherheit klar zu werden», bilanziert Peter Neumeier. Der vielerorts hektische Übergang ins Home Office führte zu schnellen, pragmatischen Lösungen – die aber die Sicherheitslevel insbesondere der externen Endpoints vernachlässigten. Da legen auch die ESETExpertinnen und -Experten den Finger in die offene Wunde.

DATENSCHUTZ UND TRANSFORMATION Laut dem Veeam Data Protection Report 2021 untergraben Datenschutzprobleme die Fähigkeit von Unternehmen, Initiativen zur digitalen Transformation (DX) weltweit umzusetzen. So wurde festgestellt, dass 58 Prozent der Backups fehlschlagen und Daten ungeschützt bleiben. Veeam Software, der führende Anbieter von BackupLösungen für Cloud-Datenmanagement, stellte vor dem Hintergrund von Covid-19 und der daraus resultierenden wirtschaftlichen Unsicherheit fest, dass 40 Prozent der CXOs diese als grösste Bedrohung für die DX-Initiativen ihres Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ansehen. Unzureichender Datenschutz und die durch die Pandemie verursachten Herausforderungen für die Geschäftskontinuität behindern zudem die Transformationsinitiativen von Organisationen. «In den vergangenen zwölf Monaten standen IT-Verantwortliche auf der ganzen Welt vor einzigartigen Herausforderungen. Sie

mussten sicherstellen, dass Daten in einer hochgradig heterogenen Betriebslandschaft geschützt bleiben», betont Danny Allan, Chief Technology Officer und Senior Vice President of Product Strategy bei Veeam Software: «Als Reaktion auf die Pandemie haben wir gesehen, wie Unternehmen ihre DX-Initiativen um Monate, wenn nicht sogar Jahre beschleunigt haben, um im Geschäft zu bleiben. Doch die Art und Weise, wie Daten verwaltet und geschützt werden, hindert gleichzeitig die Umsetzung. Unternehmen werden durch Legacy-IT und veraltete Datensicherungsfunktionalitäten gebremst. Ebenso spielen Zeit und Geld, welche als Reaktion auf die dringendsten Herausforderungen von Covid-19 investiert werden müssen, eine Rolle. Solange diese Unzulänglichkeiten nicht behoben sind, wird sich eine echte digitale Transformation den Unternehmen weiterhin entziehen.» Und weiter führt er aus: «Eine der grössten Veränderungen, die wir in den letzten zwölf Monaten gesehen haben, ist zweifellos eine zunehmende digitale Kluft zwischen jenen, die einen Plan für die digitale Transformation hatten, und jenen, die weniger vorbereitet waren, wobei Erstere ihre Fähigkeit zur Umsetzung beschleunigten und Letztere verlangsamten.» Die Konsequenz aus diesen Beobachtungen ist für Allan klar: «Der erste Schritt im digitalen Transformationsprozess ist, digital resilient zu werden. Unternehmen suchen dringend nach Lösungen zur Modernisierung ihres Datenschutzes durch die Einführung der Cloud. Bis 2023 werden 77 Prozent der Unternehmen weltweit Cloud-First-Backups nutzen, was die Zuverlässigkeit von Backups erhöht, das Kostenmanagement verlagert und ITRessourcen freisetzt, um sich auf DX-Projekte zu konzentrieren, die es dem Unternehmen ermöglichen, sich in der digitalen Wirtschaft zu behaupten.»

GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei kmuRUNDSCHAU. www.digitalswitzerland.com www.eset.com/ch-de/about/kontakt/ www.veeam.com/de

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MARCOM

Click & Collect erfreut sich immer grösserer Beliebtheit.

WENN DER POSTMANN DREI MAL KLINGELT E-COMMERCE-TRENDS 2021 von Hauke Rahm

Covid-19-Auswirkungen auf das Käuferverhalten und technische Innovationen beschleunigen den Wandel hin zum Online-Einkauf – dieser Artikel identifiziert drei Trends, die den E-Commerce 2021 massgeblich beeinflussen werden.

O

hne Covid-19 und die Auswirkungen auf unser aller Alltag und damit auch auf unser Kaufverhalten würde der Ausblick für 2021 vermutlich eine gemässigte Weiterentwicklung der Trends für 2020 beschreiben. Wir blicken jedoch auf eine Branche, deren ohnehin schon rasantes Wachstum seit dem Frühjahr nochmals beschleunigt wurde. Ob extrem hohes Bestellvolumen bei den einen, gesunkene Nachfrage bei anderen oder Neulinge im Online-Business, die nach der Schliessung der Ladengeschäfte ihr Überleben sichern wollen – alles in allem war 2020 das Jahr des E-Commerce. Die Branche erwies sich als das Rückgrat zur

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Versorgung der Bevölkerung in Pandemiezeiten. Segmente wie zum Beispiel der Food Commerce – bis dato eher ein Randbereich – erlebten einen enormen Nachfrageboom, der auch 2021 nachhaltige Auswirkungen auf das Alltagsleben der Verbraucher und die Zunahme von Selbstgekochtem haben dürfte.

DIVERSIVIZIERUNG DER CUSTOMER EXPERIENCE Das Jahr 2020 hat Online-Shops viele neue Kunden beschert, die ihre Einkäufe vorher vorwiegend klassisch im stationären Handel erledigt haben. Entsprechend vielfältiger sind auch die demografischen

Hintergründe der Käufer geworden: Alter, Region, Bildung – Webshops sehen sich einem erweiterten Zielgruppenportfolio gegenüber, das sie idealerweise über eine jeweils individualisierte Ansprache abholen können. Technisch lässt sich dies am einfachsten über den Headless-Ansatz realisieren, der das Backend vom Frontend trennt. Damit erhalten Unternehmen die nötige Flexibilität, schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Auf diese Weise können sie ohne grossen Aufwand auf Kundenwünsche eingehen und die Bedürfnisse entsprechend des demografischen Hintergrunds der Käufer berücksichtigen.


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ANALOG MEETS DIGITAL Viele Verbraucher vermeiden nach wie vor den direkten Kontakt mit anderen Menschen – E-Commerce bietet hier die beste Alternative. Erst eine durch Impfungen erreichte hohe Immunitätsrate in der Bevölkerung kann eine teilweise Rückkehr zum gewohnten Leben wieder möglich machen. Eine Online-Sales-Strategie, die 2020 im Rahmen von Produkt-Launches deutlich an Fahrt aufnahm und die auf die stark gestiegene Nachfrage über Online-Kanäle reagiert, ist Online-only. Sony platzierte die PlayStation 5 mit diesem Konzept auf dem Markt, und gerade im Consumer-ElectronicMarkt sieht man nun schon die ersten Nachahmer-Aktionen – andere Branchen werden folgen. Ein weiterer Trend, der sich durch das veränderte Einkaufsverhalten 2021 weiterentwickeln dürfte, ist das hybride Konzept Click & Collect, also online einzukaufen und zu zahlen, und die Ware selbst im Laden abzuholen. Die Verbindung beider Einkaufswelten bringt auch deren Vorteile zusammen: bequeme Auswahl und schneller Zahlungsvorgang gekoppelt mit der haptischen Erfahrung, die Ware unmittelbar in Augenschein nehmen zu können – ohne Warteschlangen an der Kasse. Zudem entfällt bei Nichtgefallen die Retoure – was im Sinne der Nachhaltigkeit Ressourcen spart, aber auch Kosten reduziert.

IN-CAR-SHOPPING NIMMT FAHRT AUF Mehr und mehr Fahrzeuganbieter statten Neuwagen standardmässig mit Android

Die Covid-19-Pandemie beeinflusst unser Einkaufsverhalten nachträglich.

Auto oder Apple Car Play aus. Diese Systeme erlauben es, Funktionen eines Smartphones mit dem Infotainmentsystem in Kraftfahrzeugen zu nutzen, wodurch sich ein neuer Verkaufskanal eröffnet. Mit der zunehmend perfektionierten Sprachsteuerung der Fahrzeughersteller ist es keine Zukunftsvision mehr, quasi auf der Überholspur die Geburtstagsgeschenkidee zu realisieren. Schon 2020 hat Audi Mobilität neu definiert, indem es das Auto mit Functionson-demand selbst zum Shop ausgebaut hat. Um die Customer Experience als zentralen Aspekt der Kundenbindung auch 2021 als oberste Prämisse zu sehen, sind Unternehmen dazu aufgefordert, sich ein

genaues Bild ihrer Kunden und deren individueller Gewohnheiten zu machen. Daten sind der Schlüssel zum Erfolg, auf dem basierend ein mehr und mehr individualisiertes und massgeschneidertes Angebot an Kunden entwickelt wird. Es ist zu vermuten, dass sich auch im zweiten Jahr der Pandemie die Lebensbedingungen der Verbraucher immer wieder ändern können. Wann, wie und in welche Richtung? Zunehmendes Tracking und steigende Analysekapazitäten gehören zu den Hausaufgaben, die E-Commerce-Anbieter 2021 unbedingt machen müssen. Schliesslich ändern sich Kundenanforderungen immer schneller und können morgen schon anders sein als heute. Eine Herausforderung, für die sich E-Commerce-Unternehmen technisch so aufstellen müssen, dass sie flexibel und schnell reagieren können. Nur so sind sie in der Lage, im Wettbewerb zu bestehen oder die Nase im Rennen um die Gunst der Käufer vorne zu haben.

HAUKE RAHM ist VP Customer Success bei commercetools. Abholung am Fenster: Geschäfte müssen kreativ werden.

www.commercetools.com

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FREUND ODER FEIND? SOCIAL MEDIA UND SEO von Nicole Freitag und Simone Sarodnick

Für eine Reihe von Unternehmen ist die Entscheidung, über welche Online-Marketing-Kanäle Webseiteninhalte verbreitet und sichtbar gemacht werden, nicht einfach. Reichen SEO-Massnahmen, die auf der Webseite umgesetzt werden, um bei Google besser zu ranken oder setzt man zusätzlich auf Social-Media-Kanäle?

Social-Media-Plattformen gehören für viele Nutzer zum Alltag.

S

EO hat den Ruf, undurchsichtig, aufwendig und langwierig zu sein. Beiträge auf Social-Media-Kanälen sind zwar zügig erstellt, gehen jedoch schnell in der Flut an Informationen unter. Dazu haben sie eine kurze Sichtbarkeit, sodass eine hohe Frequenz der Inhaltserstellung notwendig wird. Diese erforderli-

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che Konstanz ist ebenfalls zeitaufwendig und wird meist unterschätzt. Die Entscheidung darüber, welche Massnahmen und Kanäle sich am besten zur Kundengewinnung eignen, sollte im Vorfeld in die strategische Online-MarketingPlanung aufgenommen werden. Die Wahl

des richtigen Kanals hängt massgeblich von der Zielgruppe und von der Customer Journey ab. Eines ist mittlerweile allgemein anerkannt. Bevor ein Kunde kauft, gab es bereits mehrere Kontaktpunkte oder Ereignisse, die diese Entscheidung beeinflusst haben. Manche sprechen von sieben, andere von neun Kontaktpunkten.


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Fest steht, je öfter ein Unternehmen, Produkt oder die Dienstleistung bei der relevanten Zielgruppe positiv verankert wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für einen Kauf.

BEEINFLUSST SOCIAL MEDIA DAS RANKING BEI GOOGLE? Die Antwort heisst «jein» oder «es hängt vom Einzelfall ab». Für einen Grossteil von Unternehmen mit wenig bis durchschnittlicher Social-Media-Aktivität haben die Signale, die von diesen Plattformen ausgehen, keinen Einfluss auf das GoogleRanking. Verweise von Social-MediaPlattformen sind sehr schwach für die Suchmaschinen und verdienen damit auch nicht die Bezeichnung Backlink. Es sind lediglich «soziale Signale», bei denen die Suchmaschine registriert, wie hoch die Aktivität in Social Media ist. Eine Ausnahme, bei der Social-MediaAktivitäten Einfluss auf das Suchmaschinen-Ranking nehmen, gibt es aber: wenn es einer bisher unbekannten Marke gelingt, den Markennamen über Social Media so bekannt zu machen, dass dieser Markenname bei Google direkt gesucht wird. In diesem Fall entsteht durch die Suchanfrage nach der Marke organisches Ranking bei Google und somit Marken-Traffic auf die Webseite. Dieser Marken-Traffic ist für Google ein Qualitätsmerkmal und somit ein RankingKriterium. Das wiederum kann sich auch

auf andere Suchbegriffe positiv auswirken. In diesem Fall sind Social-Media-Aktivitäten nützlich für das Google-Ranking. Es gibt noch weitere Synergien zwischen Social Media und SEO. Neue Blogbeiträge, die möglichst nach SEO-Kriterien optimiert sind und zusätzlich in Social Media geteilt werden, bekommen schnell eine erste Aufmerksamkeit, ehe der Blogbeitrag bei Google rankt. Gefällt der Inhalt des Blogbeitrags, so besteht die Chance, dass dieser auf anderen Webseiten mit einem Verweis zurückerwähnt wird und somit ein Backlink entsteht, der wiederum für SEO einzahlt. Umgekehrt funktioniert das genauso. Informationen, die über Social Media kurz und knapp die Nutzer erreichen und Interesse wecken, können auf einer Landingpage durch ausführliche Informationen in eine Conversion umgewandelt werden.

SOCIAL MEDIA STATT WEBSEITE – FUNKTIONIERT DAS? Social-Media-Kanäle decken heute schon einen Grossteil der Funktionalitäten ab, die auch eine Webseite abbildet. Diese Entwicklung schreitet immer weiter voran. Damit kann eine Webseite überflüssig werden. Es gibt Unternehmen, die diese Strategie bereits verfolgen. Empfehlenswert ist das nicht, da eine grosse Gefahr lauert: Die Hoheit über die hinterlegten Inhalte auf Social Media gehört den Plattformen wie Facebook, Instagram, LinkedIn etc.

Ändert der Anbieter seine Regeln oder sperrt das Profil, sind die Inhalte weg und die Besucher bleiben von heute auf morgen aus. Bei einer eigenen Webseite bleiben die Inhalte immer Eigentum des Unternehmens. Zwar kann sich das Google-Ranking durch Änderungen am Algorithmus oder selbstverschuldete SEO-Fehler auch ändern und dadurch Traffic-Verluste entstehen, aber der Zugriff auf die eigenen Inhalte bleibt bestehen und Ranking-Verluste können ausgeglichen werden.

STRATEGISCHE PARTNERSCHAFT – DER GRÖSSTE HEBEL Social-Media-Aktivitäten haben Einfluss auf die SEO-Performance, sofern es um die Schaffung von Marken-Traffic einer neuen und unbekannten Marke geht. Social-Media-Profile können aber zum Rivalen der Webseite und SEO werden, wenn alle Funktionen, die eine Webseite abdeckt, durch Social Media übernommen werden. Damit können Webseiten und SEO überflüssig werden. Das grösste Potenzial entfalten SocialMedia-Kanäle und SEO, wenn sie in der Gesamtheit als Partner betrachtet werden. Wenn die Ausrichtung der Online-MarketingStrategie sowohl Social-Media-Kanäle als auch SEO gemeinsam betrachtet, dann entstehen Synergien, die das Wachstum des Unternehmens fördern.

SIMONE SARODNICK ist SEO-Consultant bei ALSA-X.

NICOLE FREITAG ist Gründerin von Little Birds Media. www.alsa-x.de www.littlebirdsmedia.de

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AUF DER ERFOLGSSPUR HOHE VERWEILDAUER BEI DIGITALEN VERANSTALTUNGEN von Yan Doll und Jens-Uwe Meyer

Seit dem Beginn der Corona-Pandemie boomen Online-Events und -Konferenzen. Deren erfolgreiche Gestaltung erfordert neue Kompetenzen, die bisher eher in der TV-Produktion zu finden waren.

V

iele Unternehmen haben – seit Corona das (Arbeits-)Leben bestimmt – keine andere Wahl, als mit den unterschiedlichsten Online-Formaten im Veranstaltungs- und Kommunikationsbereich zu experimentieren. Sonst besteht die Gefahr, dass sie den Draht zu ihren Mitarbeitern und Kunden verlieren und keine Neukunden mehr akquirieren. Seit Ausbruch der Pandemie steigt die Nachfrage nach Keynote-Speakern für OnlineFormate kontinuierlich. Doch einfach nur eine bekannte Persönlichkeit oder anerkannten Spezialisten reden zu lassen, reicht nicht, damit Online-Events funktionieren. Der Grund ist schnell erklärt: Die

Verweildauer bei Online-Events ist die Währung der Stunde. Und anders als bei Vor-Ort-Veranstaltungen lauern im Internet überall Ablenkungen. Deshalb raten wir potenziellen Veranstaltern, unter anderem die folgenden drei Tipps zu beherzigen.

VISUELLE ABWECHSLUNG Beim Fernsehen gibt es den Begriff «Talking Heads». Er bezeichnet Menschen, die gefühlt ewig auf der Mattscheibe parlieren, ohne eine visuelle Abwechslung für die Zuschauer. Die Talking Heads sind die absoluten Quoten-Killer. Dieselbe Erfahrung machen viele YouTuber mit Videos, in denen sie nur vor laufender Kamera sprechen.

Bühne frei für virtuelle Events.

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Dies ist höchstens ein, zwei Minuten interessant, dann schalten die Zuschauer ab. Sogar bei Live-Events gibt es seit Jahren den Trend, die Botschaften der Sprecher mit Bildern und Videos zu visualisieren. Bei Online-Events ist das noch wichtiger. Deshalb sollten sich deren Veranstalter schon sehr früh bei der Planung Gedanken über das visuelle Konzept machen.

LIEBER KÜRZER, DAFÜR HÄUFIGER Bei Präsenzveranstaltungen im Kongressund Konferenzbereich haben sich in der Vergangenheit ein- bis zweitägige Formate durchgesetzt, mit 30- bis 60-minütigen


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Vorträgen als Veranstaltungsrahmen; dazwischen gibt es Kaffeepausen und kleine Workshops. Dies aus dem folgenden Grund: Die An- und Abreise vieler Teilnehmer dauerte oft so lange, dass sie vor Ort übernachten mussten. Also musste ihnen aus Veranstaltersicht ein Programm rund um die Uhr geboten werden, damit sich diese Zeitinvestition lohnt. In Online-Konferenzen, Tagungen und Kick-offs muss man die zentralen Botschaften in einer viel kürzeren Zeit rüberbringen als in den traditionellen Präsenz-Veranstaltungen. Die Redebeiträge sollten kürzer sein und in die Vorträge sollten interaktive Elemente wie Publikumsfragen per Chat oder Interviews integriert sein. Die ideale Länge eines Online-Events sind 30 bis maximal 120 Minuten. Für Unternehmen respektive die Redner bedeutet dies: Bringen Sie Ihre Botschaften auf den Punkt. Und für Veranstalter? Setzen Sie lieber auf Veranstaltungsreihen oder -serien statt auf Monumental-Events.

HIGHLIGHTS STATT NO-SHOW-RATE Mal ehrlich: Kommt Freude auf, wenn sich in der Agenda einer Videokonferenz ein Online-Meeting an das nächste reiht? Wenn

Die Verweildauer ist die Währung der Stunde.

ja, dann kann man von einer Ausnahmeerscheinung oder einem Exoten sprechen, denn die meisten Personen erfreuen sich eher weniger darüber. Entsprechend hoch ist die sogenannte No-Show-Rate bei Online-Events – also die Zahl der angemeldeten Teilnehmer, die nicht erscheinen – im Vergleich zur Präsenz-Veranstaltung, auch weil dem Veranstalter aus Teilnehmersicht hierdurch kein finanzieller Schaden entsteht. Schliesslich muss er für das Event keinen Raum anmieten und kein Buffet für das anschliessende Get-together aufbauen. Zugleich könnten aber im Prinzip alle Interessierten weltweit an einem Online-Event teilnehmen, sofern Sprachbarrieren überwunden werden – was die effektive Teilnehmerzahl schwer kalkulierbar macht. Es gilt, die Zielgruppe im Vorfeld sehr genau zu definieren. Zudem gilt es, Highlights zu schaffen und diese entsprechend zu kommunizieren. Es gilt, die potenziellen Teilnehmer abgestuft, mehrfach gezielt anzusprechen, um ihre Neugier zu wecken. Auch so kann man das Interesse an dem Event steigern – auch über die Social-Media-Kanäle. Auch nach der Anmeldung sollte man am Ball bleiben. Das Interesse bleibt beispielsweise durch inhaltliche Appetithäppchen hoch. Dann ist die No-Show-Rate niedriger.

KEINE ZWEITKLASSIGE ALTERNATIVE Die Corona-Pandemie zwingt viele Unternehmen, ihre Kommunikationsstrategien radikal zu überdenken. Das wird die Art, wie Events geplant und durchgeführt werden, auch mittel- und langfristig verändern.

Was wir gerade erleben, ist kein Strohfeuer. Professionell durchgeführte OnlineEvents werden in der Unternehmenskommunikation auch nach der Pandemie eine grosse Rolle spielen. «Ebenso die Zahl der sogenannten hybriden Konferenzen, die Präsenzveranstaltungen mit Live-Übertragungen verbinden. Unternehmen, die sich für die neue digitale Kommunikationswelt rüsten wollen, sollten die erwähnten «Basis-Tipps» beherzigen. An technischen Möglichkeiten fehle es heutzutage nicht. Erfolgsentscheidend ist aber, wie so oft im Geschäftsleben, das «Gewusst-wie».

DR. JENS-UWE MEYER ist Managementberater und Keynote-Speaker.

YAN DOLL ist DACH-Country-Manager bei der Redneragentur Athenas. www.athenas.de

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Berufliche Belastungen können die psychische Gesundheit beeinflussen.

BELASTUNGEN STEIGEN PSYCHISCHE GESUNDHEIT IM BÜRO FÖRDERN von Dr. Astrid Rimbach

Digitalisierung und Arbeitsverdichtung aufgrund des technologischen Fortschritts und der zunehmenden globalen Vernetzung stellen die Beschäftigten vor neue Herausforderungen. Durch den Rückgang von körperlichen Belastungen in weiten Bereichen der Erwerbsarbeit geraten psychische Belastungen bei der Arbeit und damit verbundene Schlagwörter wie «Stress» oder «Burnout» zunehmend ins Blickfeld. Seite 62 // kmuRUNDSCHAU


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

«Dosis» der Belastung darüber, ob die Belastung zu einer positiven oder negativen Beanspruchung führt (BAuA, 2018, S. 6ff.; VBG, 2018, S. 76).

BELASTUNG UND BEANSPRUCHUNG Psychische Belastung ist definiert als Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von aussen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken (SN EN ISO 10075-1). Psychische Belastungen können sowohl berufliche als auch ausserberufliche Faktoren sein. Der Begriff Belas­tung wird in der Arbeitswissenschaft wert­neutral, im allgemeinen Sprachgebrauch jedoch häufig negativ benutzt. Psychische Beanspruchung ist die unmittelbare Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen Voraussetzungen, einschliesslich der individuellen Bewältigungsstrategien (SN EN ISO 10075-1). Psychische Beanspruchung ist die Folge von psychischer Belastung. Psychische Belastungen können sowohl positive (Lernoder Trainingseffekte, Aktivierung) als auch negative Beanspruchungen (psychische Sättigung, psychische Ermüdung und Stress) hervorrufen. Ein und dieselbe Belastung kann bei verschiedenen Personen zu unterschiedlichen Beanspruchungen führen (VBG, 2018, S. 77). Andauernde beeinträchtigende psychische Beanspruchungen bergen das Potenzial längerfristiger Gesundheitsgefahren (Morschhäuser et al., 2014, S. 22).

V

iele Beschäftigte sind ständig online erreichbar. Mehrfach pro Minute gehen E-Mails ein, die bearbeitet werden müssen. Kolleginnen und Kollegen kommen ins Büro, Kundinnen und Kunden rufen an. Diese Unterbrechungen binden die Aufmerksamkeit. Ständige Aufmerksamkeit und Konzentration werden als besonders belastend empfunden. Das trifft auch auf Termin- und Leistungsdruck zu. Eine weitere psychische Belastung entsteht durch Arbeitsunterbrechungen und

Multitasking. Die Arbeitswissenschaft stuft beide Einflussfaktoren als psychische Belastung ein. Das ist wertneutral gemeint und bedeutet: Psychische Belastungen sind grundsätzlich nichts Negatives. Sie gehören zur Arbeitswelt dazu und werden von vielen Beschäftigten als neue Herausforderung erlebt. Der Mensch braucht ein gewisses Ausmass an psychischer Belastung, um sich weiterzuentwickeln und zufrieden arbeiten zu können. Doch wie bei so vielen Dingen entscheidet auch hier die

2017 waren laut der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 15 Prozent der Bevölkerung durch psychische Probleme beeinträchtigt: vier Prozent stark und elf Prozent mittel. Frauen berichten häufiger über mittlere oder hohe psychische Belastungen als Männer (18 Prozent gegenüber 12 Prozent). Zudem lässt sich ein starker sozialer Gradient feststellen, vor allem bei den Personen im Erwerbsalter. Die Werte blieben in den letzten zehn Jahren auf demselben Niveau (BFS, 2018, S. 20). Da jeder Arbeitsplatz Einflüsse auf den Menschen ausübt, sind psychische Belastungen untrennbar mit der Arbeit (auch am Büroarbeitsplatz) verbunden. Die nachfolgende Abbildung  eins zeigt mögliche Ursachen für psychische Belastungen bei Büroarbeitsplätzen auf. Ziel sollte es sein, jene Belastungen herauszufiltern, die bei der überwiegenden

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MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Einflüsse aus der Büroarbeit auf den Menschen und mögliche psychische Belastungen. (VBG, 2018, S. 78)

Anzahl von Personen, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen, zu negativen Beanspruchungsfolgen und Gefährdungen der Gesundheit führen. Sind die oben genannten Handlungsfelder und Faktoren jedoch gut gestaltet, lösen sie keine negativen Beanspruchungen aus, sondern stellen – im Gegenteil dazu – gesundheitsförderliche Ressourcen dar (VBG, 2018, S. 78ff.).

VERBESSERUNG DER ARBEITSSITUATION Was kann der Betrieb konkret tun? Hierbei gibt es ein integriertes Handlungsmodell für gesundes und erfolgreiches Arbeiten, in welchem zwei Ansatzpunkte berücksichtigt werden (VBG, 2018, S. 83): > Gestaltung des Arbeitsplatzes: Die Rahmenbedingungen sollten ein Arbeiten ermöglichen, das nicht zu negativen Folgen durch psychische Belastungen führt.

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> Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz: Im Fokus stehen hier vor allem die individuellen Fähigkeiten der Beschäftigten. Neben der aus­ reichenden fachlichen Qualifizierung gilt es vor allem, den Aufbau von emotionalen und sozialen Kompetenzen zu fördern – zum Beispiel durch Weiterbildungen in «Emotions­arbeit im Kundenkontakt» oder «Umgang mit Konflikten». Das Ziel ist: heute besser zu sein als gestern und morgen besser zu sein als heute! Wie geht das? – ganz einfach mit «Ideen-Treffen»! Wollen Sie als Geschäftsleitung und / oder Führungskraft Ihre betriebliche Situation verbessern? Sind Sie an der Einführung eines kontinuierlichen Verbesserungs­ prozesses (KVP) interessiert? Wollen Sie psychische Belastungsfaktoren in Ihrem Betrieb erkennen und reduzieren? Sind Sie

bereit, alle aktiv mit einzubinden? Vertrauen Sie Ihren Beschäftigten, selbst Probleme lösen zu können? Sind Ihre Beschäftigten bereit, an den Verbesserungen mitzuarbeiten (DGUV, 2016, S. 7)? Die nachfolgend dargestellte Methode hilft Ihnen, Stärken Ihres Betriebes oder Ihrer Arbeitsgruppe zu stärken und Schwächen zu schwächen. Es werden Themen wie zum Beispiel Arbeitsabläufe, -organisation, -aufgabe wie auch Betriebsklima, Kommunikation und Stress in den Blick genommen, die im Rahmen des KVP Schritt für Schritt optimiert werden können. Der IdeenTreff ist ein leicht umsetzbares und regelmässiges Workshop-Konzept mit einem festgelegten Muster zur Erhebung psychischer Belastungen und Fehlbeanspruchungen. Gleichzeitig werden dabei konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitssituation entwickelt und beurteilt (Im OP, 2011, S. 83; DGUV, 2016, S. 7).


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Folgende Punkte sind in der Umsetzung zu beachten: > Zu Beginn des Prozesses müssen Sie als Führungskraft Ihren Mitarbeitenden folgende Aspekte verdeutlichen: Warum die Ideen-Treffen für das Unternehmen wichtig sind. Welche Ziele mit den Ideen-Treffen verfolgt werden.

Wie der Ablauf der Ideen-Treffen erfolgen soll. > Bei den Ideen-Treffen werden Lösungen gesucht. Ursachen und «Schuldige» für Probleme sind nicht von Bedeutung. Alle Lösungen, die Sie oder Ihre Beschäftigten weiterbringen, sind wichtig – gleich­gültig warum und von wem sie eingebracht wurden.

> Am Anfang werden eher organisatorische Probleme im Vordergrund stehen. Mit zunehmender Erfahrung und zunehmendem Vertrauen in die Ideen-Treffen können grundsätzliche Hindernisse besprochen und bearbeitet werden.

FAZIT Durch die Analyse der Arbeitssituation gelingt es in kurzer Zeit, für das Thema psychische Gesundheit auf allen Ebenen des Betriebes zu sensibilisieren und situationsspezifische Massnahmen, die auf eine hohe Akzeptanz stossen, passgenau zu entwickeln. Die Mitarbeitenden werden als Expertinnen und Experten ihrer Arbeitssituation anerkannt. Auch im Home Office lässt sich die individuelle Gesundheitskompetenz mit einfachen Regeln stärken.

ANMERKUNG 1.) BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) (2018). Arbeitsunterbrechungen und Multitasking täglich meistern. Dortmund: BAuA. Verfügbar unter https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/ A78.pdf?__blob=publicationFile&v=14 (28.02.2021). 3.) BFS – Bundesamt für Statistik (2018). Schweizerische Gesundheitsbefragung 2017. Bern: BFS. https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/ gesundheit/erhebungen/sgb.assetdetail.6426300.html (28.02.2021). 4.) DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V (2016). Gesund und fit im Kleinbetrieb. So geht’s mit Ideen-Treffen. Tipps für Wirtschaft, Verwaltung und Dienstleistung. Berlin. https://publikationen.dguv.de/ widgets/pdf/download/article/804 (28.02.2021). 5.) Morschhäuser, M., Beck, D. & Lohmann-Haislah, A. (2014). Psychische Belastungen als Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung. In Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.), Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Erfahrungen und Empfehlungen (S. 19 – 44). Dortmund: BAuA. 6.) Rimbach, A. & Wattendorff (2011). Gemeinsam Lösungen finden. Die Arbeitssituationsanalyse als Baustein im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. In: Im OP, Heft 2, Georg Thieme Verlag KG: Stuttgart / New York, S. 83 – 86. 7.) VBG – Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (2018). Gesundheit im Büro. Fragen und Antworten. bc-verlag: Wiesbaden. https://www.vbg.de/SharedDocs/MedienCenter/DE/Broschuere/Themen/Bildschirm_und_ Bueroarbeit/Gesundheit_im_Buero.pdf;jsessionid= 74048ACB9239E6A7B16AEFB2040FACDA.live4?__ blob=publicationFile&v=21 (28.02.2021).

DR. ASTRID RIMBACH ist Studiengangsleiterin MAS Gesundheitsförderung an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS). Der Ideen-Treff in vier Schritten. (DGUV, 2016, S. 11)

www.ffhs.ch

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Szenarien müssen verschiedene Entwicklungen berücksichtigen.

STRATEGIE IN CORONA-ZEITEN EIN ANSATZ FÜR GESCHÄFTSLEITENDE von Andrea L. Sablone

Wie lässt sich ein Phänomen wie die Corona-Pandemie in Bezug auf die Unternehmensstrategie einordnen? Gibt es Ansätze zum Umgang mit Situationen dieser Art? Zur Beantwortung dieser Fragen stehen verschiedene konzeptionelle Werkzeuge bereit. Sie helfen Geschäftsleitenden einer Unternehmung, den bewussten Umgang mit Ereignissen aus der Umwelt zu pflegen und Vorbereitungsmassnahmen zu treffen.

I

n der Umwelt, in der sich Menschen und Organisationen befinden, geschehen ständig menschengemachte und natürliche Ereignisse verschiedener Art und ­Intensität. Sie verändern die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökosystemischen Bedingungen unseres individuellen und organisationalen Handelns.

Die breite Umwelt, die relevante Umwelt und die Unternehmung.

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Die übliche Empfehlung für Unternehmungen, die sich auf Veränderungen in ihrer Umwelt vorbereiten wollen, lautet: in Szenarien denken. Das heisst, verschiedene Entwicklungen zu berücksichtigen, die auf die Tätigkeit der Unternehmung Einfluss nehmen könnten, ihre Wirkung einzuschätzen und Handlungspläne zu entwerfen, welche beim tatsächlichen Eintreffen der vermuteten Entwicklungen zum Tragen kämen. Die häufige Schwäche solcher Szenarien ist, dass diese viel zu nah am aktuellen Geschehen verharren – sowohl im Hinblick auf die Art und Intensität der be-


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rücksichtigten Ereignisse als auch auf deren zeitlichen Rahmen. Die Organisation bleibt somit gegenüber einschneidenden und zeitlich weit entfernten Ereignissen unvorbereitet. Drei Massnahmen können diesbezüglich vorbeugend wirken: 1. Weniger wahrscheinlich und sogar als unwahrscheinlich geltende Entwicklungen zu berücksichtigen. Man denke diesbezüglich an negative Zinssätze oder negative Preise für die Erdöl-Futures. Wer hätte sie einige Jahre vorher für wahrscheinlich gehalten? 2. Konträre Meinungen nicht zum Schweigen bringen. Auch wenn nicht alle Meinungen gleich valide sind, sollten beim Entwerfen von Szenarien querstehende und weniger genehme Sichtweisen über künftige Ereignisse und ihre Folgen eigens deswegen gewürdigt werden, weil sie vom gewohnten Pfad abweichen. 3. Den zeitlichen Horizont erweitern. Wenn man den Rahmen zu eng setzt (zum Beispiel zwölf bis 18 Monate), geht man das Risiko ein, sogar «sichere» Ereignisse zu vernachlässigen, weil sie zu weit in der Zukunft liegen.

AUSWIRKUNGEN VON EXTERNEN EREIGNISSEN EINSCHÄTZEN Wie sollte man nun mögliche, externe Ereignisse strukturiert angehen und systematisch zuordnen? Der im Folgenden vorgestellte Raster dient zur Kategorisierung aufgrund ihrer Auswirkung. Dass dies kein triviales Unterfangen ist, hat zwei Ursachen: 1. Da die betrachteten Ereignisse in der Zukunft liegen, unterstehen sie der damit einhergehenden Ungewissheit. 2. Die Wirkung der Ereignisse nicht eindeutig einschätzbar. Kaum eine Veränderung ist für alle Unternehmungen gleich relevant oder hat für alle die gleiche Bedeutung. Was für die eine Organisation als Bedrohung gilt, kann für eine andere eine grosse Chance darstellen. Der Raster umfasst drei Dimensionen, die im Szenario-Würfel dargestellt sind. Beginnen wir bei den zwei frontalen Dimensionen. Sie entsprechen jeweils dem geografischen (lokal, regional und global) und dem wirtschaftlichen (einzelne, einige

Der Szenario-Würfel zur Zuordnung der Ereignisse aus der Unternehmensumwelt.

oder alle Branchen) Wirkungsradius von Ereignissen in der Umwelt. Eine feinere Unterteilung der Dimensionen ist durchaus denkbar, indem zum Beispiel die geografische Lage präziser aufgeteilt wird. Für eine Schweizer Unternehmung mit einem nationalen Fokus ihrer Geschäftstätigkeit könnten etwa die Kantone oder die Sprachregionen relevante Anhaltspunkte bieten. Darüber hinaus ist es zu empfehlen, namentlich die betroffenen Sektoren beziehungsweise die betroffenen Regionen oder Länder zu nennen. Dies erhöht zwar die Komplexität der Darstellung, zugleich jedoch auch die unmittelbare Aussagekraft des Gesamtbildes. Die dritte Dimension des Szenario-Würfels betrifft die zeitliche Wirkung eines Ereignisses. Dasselbe Ereignis kann über verschiedene Zeitspannen unterschiedliche Wirkungen erzeugen. Deshalb müssen die Folgen der betrachteten Umweltveränderung kurz-, mittel- und langfristig konsequent ausgelotet werden. Wie lang diese Zeitspannen sind, ist nicht allgemeingültig. Eine Möglichkeit wäre, sie an den Lebenszyklus der Produkte zu koppeln. Ein Beispiel, wie ein externes Ereignis kategorisiert werden kann, ist die Atomkatastrophe von Fukushima mit ihren politischen Konsequenzen in den letzten zehn Jahren. Eine grundlegende Gesetzesänderung zuungunsten der Atomenergie kann für die nationalen Betreiber von Kernkraftwerken das Aus bedeuten. Für ihre Wettbewerber aus benachbarten Ländern

dagegen könnte dadurch eine Chance für den Export entstehen. Es wären auch etliche weitere Unternehmungen tangiert, die im Bau, Unterhalt oder Abbau von Kraftwerken tätig sind, ebenso die Hersteller von Reaktoren oder auch auf diesem Gebiet tätige Forschungsinstitute. Gleichzeitig würden sich Chancen eröffnen für Energieproduzenten, die andere Technologien einsetzen. Rohstoffproduzenten wären ebenfalls betroffen. Die Lieferanten von Kernbrennstoff würden Abnehmer verlieren, während solche, die Silizium produzieren, womöglich Zusatzmengen vertreiben können, wenn vermehrt auf Solarenergie gesetzt wird. Die entsprechende Gesetzesänderung wäre ein Ereignis, das zwar ab einem bestimmten Datum gilt, sich jedoch schleichend über mehrere Jahre anbahnt und somit vorhersehbar wird. Eine Unternehmung aus diesem Wirtschaftssektor kann abwarten und hoffen, dass ihr Geschäftsmodell doch noch bestehen bleibt. Sie kann Lobbying betreiben, um ihre Hoffnung zu substanziieren. Sie kann Forschung finanzieren, um die Sicherheit der betriebenen Kraftwerke zu steigern. Sie kann aber auch in andere Energieformen investieren, um sich für einen Wechsel bereitzumachen. Ähnliche Überlegungen gelten auch für die Corona-Pandemie. Es gibt Gewinner und Verlierer unter den Unternehmungen, und nicht alle Unternehmungen aus einer Branche sind in gleichen Massen zum Guten oder zum Schlechten betroffen.

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Neu

Erschliessung neuer Geschäftsfelder

schwund abzufedern. Für einige Anbieter, etwa für Pizzalieferanten, ist diese Entwicklung schlicht eine Verstärkung dessen, was sie ohnehin schon taten. Für andere ist es derweil ein neuer Distributionskanal, dessen Aufbau auch mit grösseren Unsicherheiten verbunden ist.

Business as usual

Business as usual

Auch Taxiunternehmungen haben die Gelegenheit genutzt, um einen Teil ihrer geschrumpften Dienstleistungen auf diesem Weg zu kompensieren. Gleichzeitig sind aber auch neue Wettbewerber in den Markt gekommen, die sich auf die Esslieferung fokussieren. Ob diese durch ­Corona stark nachgefragte Form des Konsums eine Chance ist, auch über die Zeit der Pandemie hinaus?

less of the same

more of the same

halten

steigern

Anpassung des Geschäftsmodells

Geschäft

Bestehend

Umsatz Die Matrix des unternehmerischen Handlungsspielraums.

HANDLUNGSSPIELRAUM BEI UMWELTVERÄNDERUNGEN Die Veränderungen in der Umwelt können als Chancen und als Risiken eingestuft werden, die beim Eintreffen zu Bedrohungen mutieren können. Der Spielraum einer Unternehmung lässt sich aber nicht beliebig erweitern. Die geltenden Rahmenbedingungen oder auch die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten schränken diesen ein. Es ist die Aufgabe der Geschäftsleitung bzw. des Verwaltungsrats, eine Strategie zu entwickeln, mit der man auf die Zukunft zugeht. Das gilt für unumgängliche Zukunftstrends wie die Digitalisierung. Aber eben auch im Hinblick auf einschneidende Ereignisse wie die Corona-Pandemie. Die obige Matrix dient als Raster für Entscheidungsträger, um den Rahmen der Möglichkeiten übersichtlich abzustecken, in Abhängigkeit des Ziels, das die Umstände zulassen. Es folgen einige Beispiele zur Veranschaulichung des Verhaltens von verschiedenen Unternehmungen angesichts unterschiedlicher Ereignisse und Trends in der Umwelt. Infolge der CoronaPandemie haben zahlreiche Online-Händler

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einen wesentlichen Zuwachs ihres Absatzes verzeichnet. So hat beispielsweise Zalando seine vorherrschende Position im Stammgeschäft ausgebaut und «mehr vom Selben» verkauft. Das Potenzial war vorhanden, die Nachfrage zog stark an und eine Diversifikation (Erschliessung neuer Geschäftsfelder) wäre eine unpassende Ablenkung gewesen. Aber auch die Schweizerische Post erfährt einen ansehnlichen Zuwachs ihrer Tätigkeit in der Paketzustellung, weil sie stromabwärts in derselben Wertschöpfungskette angesiedelt ist. Für stationäre Kleidungsgeschäfte verstärkte dasselbe Ereignis hingegen die langjährige Verschiebung der Kundschaft Richtung Online-Kanäle. Geschäftsleitende versuchten, durch Kostensenkungen den Rückgang der Einnahmen zumindest teilweise auszugleichen. Eine Anpassung des Geschäftsmodells wird indes unumgänglich sein, auch wenn dies nicht zwingend zu einer Eröffnung einer eigenen Webseite führen muss. Es gab Restaurants, die mit Take-away-Angeboten oder Hauslieferungen auf die Schliessung ihrer Lokale reagiert haben. Sie bleiben somit im gleichen Geschäft und versuchen so den Umsatz-

Der schwierigste Schritt für Unternehmen bleibt die Erschliessung neuer Geschäftsfelder. Vor allem dann, wenn ein Ereignis bereits voll im Gange ist. Berühmte JazzMusiker liefern hierfür ein gutes Beispiel. Sie haben begonnen, Masterklassen online anzubieten während der Pandemie. Es gab auch Musiker, die ihr Geschäftsmodell angepasst und auch Konzerte online angeboten haben. Stärker gewachsen ist derweil die Nachfrage nach den Online-Masterklassen. Im Gegensatz zu einem Live-Konzert braucht es hierfür die Atmosphäre eines Konzertsaals nämlich nicht. Durch eine frühzeitige Auseinandersetzung mit künftigen Ereignissen kann man Hinweise über ihre Auswirkung auf das Geschäft der Unternehmung gewinnen. Daraus kann eine Geschäftsleitung ableiten, welche neuen Kompetenzen entwickelt und Ressourcen aufgebaut werden sollen, um besser auf die Zukunft vorbereitet zu sein.

ANDREA L. SABLONE Dr. oec. HSG ist Professor für Strategie und Innovationsmanagement in KMU am Institut für Management und Innovation (IMI) der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS). www.ffhs.ch


KOLUMNE

HANDLUNGSOPTIONEN FÜR DIE GASTROBRANCHE von Andy Zaugg

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ie Pandemie hat mich und mein Unternehmen Andy Zaugg Sternekoch wie alle Cateringunternehmen und die Gastrobranche mit voller Wucht getroffen. Eventabsagen zählten zur Tagesordnung. In den ersten Wochen des FrühlingsLockdown wurden ausnahmslos alle Events für den Sommer abgesagt. Danach trafen wieder Eventanfragen ein, jedoch lief das Geschäft in den Sommermonaten verhalten. Grössere Anlässe fehlten. Dazu kommt, dass im Cateringbusiness Weihnachten essenziell ist. Die in die Höhe schnellenden Fallzahlen im Herbst brachten das Weihnachtsgeschäft praktisch zum Erliegen. Andererseits hat die Krise neue Chancen eröffnet. Wir stellten für einen Kunden, der das Weihnachtsessen absagen musste, Gourmetboxen für ein festliches Menü zu Hause zusammen. Dieses Angebot werden wir dieses Jahr, unabhängig der Pandemie, weiter anbieten und vermarkten. Eines ist sicher, ohne Pandemie hätten wir nie die Digitalisierung in dem Masse vorangetrieben. Diese Zeit war gut, um neue Dienstleistungen auszuprobieren, ohne ins Marketing zu investieren. Wenn die Nachfrage da und profitabel ist, geht es im nächsten Jahr ans Professionalisieren. Kompromisse mache ich nie bei der Qualität der Produkte oder Dienstleistungen. Strategische Stossrichtungen gibt es mehrere, zuerst muss man jedoch Fixkosten reduzieren. Feste feiern ist ein Grundbedürfnis der Menschen und sobald das wieder unbedenklich möglich ist, wird die Nachfrage steigen. In welchem Umfang ist nicht abschätzbar. Ich bin überzeugt und im festen Urvertrauen, dass das Geschäft nach der Krise wieder anziehen wird. Die Kosten wurden in einem ersten Schritt so weit als möglich heruntergefahren und Büroräumlichkeiten in die eigene Immobilie verlegt. Treue Kunden aus der Region Solothurn sind mir wichtig. Dies war schon vor der Corona-Krise so und Kundenbeziehungen werden sehr gut weitergepflegt. Mit den drei strategischen Geschäftsbereichen Catering, Sternekochkurse und Coaching und den Zusatzverkäufen Fisch, Wein

und Olivenöl ist mein Unternehmen breit aufgestellt. Als Caterings nicht möglich waren, fokussierten wir das Angebot auf «Private Dinings» und «Private Restaurant Experiences» bei den Kunden zu Hause. Bei den Zusatzverkäufen haben wir eine Gratislieferung in der Region eingeführt, einen Webshop für Olivenöl aufgebaut sowie die Marketingaktivitäten verstärkt. Zudem wurde die Digitalisierung vorangetrieben. Für Weihnachten bestand ein Food Delivery. Bestellt werden konnte ein viergängiges Weihnachtsmenü sowie sämtliche Komponenten einzeln über unsere Website. Der Food Delivery soll bei Anlässen wie an Ostern und am Muttertag weitergeführt werden. Die weitere Vorgehensweise beinhaltete einen Strategieworkshop mit einem branchenfremden Berater aus dem Immobilienbereich und der Autobranche. Dieser Blick von aussen mit Anregungen und Tipps war sehr wertvoll. Wir zelebrieren auch Benchmarking. Die besten Inputs in neuen Dienstleistungen kommen immer direkt zu uns von den Kunden und Kundinnen. Deshalb ist es uns so wichtig, die Stammkundschaft gut zu betreuen. Wir versuchen authentisch zu bleiben und stellen Fragen: Was passt zur Marke? Was passt in unser Segment? Was passt zu unserer Art? Beispielsweise ist die Präsentation ein wichtiger Bestandteil der Sterneküche, deshalb hegen wir grosse Vorbehalte gegenüber Food Deliveries und Take-aways mit warmen Gerichten. Es ist wichtig, offen für Neues zu bleiben und in diesem Sinne auch von dieser einzigartigen Zeit zu profitieren.

ANDY ZAUGG ist Sternekoch-Caterer und bietet Sternekochkurse an. www.andyzaugg.ch

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Agilität als Lösung für die Herausforderung auch nach der Pandemie.

EFFEKTIVITÄT UND ERFOLG GESCHÄFTSMODELLE IM EINZELHANDEL IN HERAUSFORDERNDEN ZEITEN von Laurent Homeyer

Bereits vor der globalen Pandemie haben die Einzelhändler als Reaktion auf eine Reihe von Veränderungen die Zukunft ihrer Branche neu überdacht, um ihre mittel- und langfristigen Pläne anzupassen. Zunehmender Wettbewerbsdruck und steigende Mieten forderten von den Akteuren, sich mit Grösse, Umfang und Reichweite ihrer Unternehmen zu befassen. Dazu gilt es, die potenziell marktverändernden neuen Kanäle zu planen, auf denen die Kunden zukünftig interagieren, Waren auswählen und dafür bezahlen.

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ie Art und Weise, wie Einzelhändler heute operieren, erscheint weit weg von dem, was man bisher kannte  – mit einem klaren Fokus darauf, wie Covid-19 die tägliche Arbeit beeinflusst. Die meisten Jahresplanungen waren im März letzten Jahres, als die Pandemie in den vollen Effekt trat, von einem Tag auf den anderen überholt. In einer Situation, die sich täglich ändert, bleibt vielen Einzelhändlern nur wenig Zeit, sich vorzubereiten und auf die komplexen Herausforderungen zu reagieren, mit denen sie konfrontiert sind. Bedeutet das, dass langfristige Planungen bis auf Weiteres nicht mehr möglich sind? Dies ist sicher nicht der Fall. Wenn überhaupt, dann ist die rollierende

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Planung für das Einzelhandelsunternehmen noch wichtiger geworden. Händler müssen sich für die langfristigen Auswirkungen der Situation gut aufstellen können, während sie gleichzeitig die täglichen Herausforderungen meistern müssen.

PLANUNG AUF KURZE SICHT Sobald die Einschränkungen durch den Lockdown begonnen hatten, war dem Einzelhandel bewusst, dass er vor einer ernsthaften Herausforderung stand. Zwar fand jedes Unternehmen seinen eigenen Weg, mit der Krise umzugehen, aber der Schlüssel zu einer erfolgreichen Antwort war Agilität. Eine flexible Denkweise und agile Geschäftsmodelle sind in Zeiten tiefgreifender

Veränderung von entscheidender Bedeutung, und dies war keine Ausnahme. Erfolgreiche Unternehmen agierten mit einem höheren Mass an Agilität und reagierten auf die Krise mit neuen Ansätzen, sei es bei den Liefermöglichkeiten, der Logistik oder den Arbeitsweisen der eigenen Mitarbeiter. Effektiv zu planen, wenn die Zukunft so unvorhersehbar ist wie jetzt, ist eine der grössten Herausforderungen für den Handel. Dies gilt besonders für Unternehmen, die sich auf die Zeit nach der Pandemie vorbereiten, da sie es mit einer komplexen und sich ständig verändernden Reihe von Umständen zu tun haben. Sie alle eint die Sorge, nicht zu wissen, ob die Kunden zurückkehren werden, und wenn


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ja, über welche Kanäle sie dies tun werden  – etwa im Laden, online oder über Multichannel-Angebote wie Click & Collect. Dies gilt für Geschäfte, die während des Lockdowns als essenziell erachtet wurden, ebenso wie für alle anderen. Alle Unternehmen arbeiteten unter radikal anderen Umständen, ob sie nun in der Lage waren, ihre Türen für Kunden zu öffnen oder nicht. Und die Anpassung an diese war problematisch. Die Notfallplanung war noch nie so wichtig wie heute, da nichts mehr als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann und selbst die besten Pläne im Laufe der Zeit verfeinert werden müssen.

PLANUNG FÜR EINE WELT IM WANDEL So wird eine dynamische Szenario-Planung geschäftsentscheidend für Einzelhändler, die sich in dieser Zeit der Krise und der Ungewissheit zurechtfinden müssen. Eine optimale Geschäftsplanung muss auf der Grundlage von Was-wäre-wenn-Szenarien erstellt werden. Mit einer Personalplanung, die es ermöglicht, mit flexiblen Modellen auch auf Unvorhergesehenes reagieren zu können, und die Unternehmen in die Lage versetzt, die Auswirkungen auf die Kosten jeder Veränderung erkennen zu können. Planungs- und Organisationsfunktionen in der gesamten Einzelhandelsbranche müssen sich nun rasch an das «New Normal»

anpassen. Dabei müssen sich Unternehmen auf viel kürzere Planungszyklen einstellen. Selbst was die nahe Zukunft bringen wird, welche Empfehlungen und Gesetze es von Seiten der Regierung geben wird, ist nicht vorhersehbar. Eine kontinuierliche Planung und Entscheidungsfindung werden vor diesem Hintergrund wesentlich. Diese hängt nicht nur vom Zugang zu den richtigen Technologien ab – insbesondere Echtzeit-Daten, Analysefunktionen und Software –, sondern erfordert auch eine Änderung der Denkweise. Weg von einem traditionell hierarchischen Modell und hin zu einer breiteren Entscheidungsfindung innerhalb der Organisation.

NEUE PLANUNGEN ERFORDERN NEUE PROZESSE Nicht nur die Geschäftsführung ist in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Analytics-Tools sind heute auch auf mobilen Geräten verfügbar, sodass auch die Filialleiter in Echtzeit auf Entwicklungen reagieren können. Das verkürzt den Entscheidungszyklus und ermöglicht ein weitaus höheres Mass an Agilität, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Dieselben Analyse-Tools können inzwischen auch eine 360-Grad-Sicht auf das Unternehmen bieten, die einen konsolidierten Blick über Finanzen, Personal und Betriebsabläufe ermöglichen. Diese Anwen-

dungen demokratisieren nicht nur die Entscheidungsfindung im Unternehmen, sondern machen Planung auch intuitiver und effektiver. In der gesamten Einzelhandelsbranche erleben wir jetzt eine grundlegende Veränderung traditioneller Planungsprozesse. Unternehmen sind nun bestrebt, die Grundlagen ihrer Geschäftsprozesse zu optimieren, und sind angesichts der verfügbaren Echtzeitdaten und Analysewerkzeuge in der Lage, dies in einem viel kürzeren Zeitrahmen zu tun. Viele nutzen die Corona-Krise, um neue Arbeitsweisen auszuprobieren und je nachdem wie erfolgreich die Veränderungen sind, sie durch den Versuch entweder umzusetzen oder bei Misserfolg schnell wieder davon abzulassen. Wir haben es aktuell mit einer ganz neuen Art der Unternehmenspraxis zu tun, die das transformatorische Potenzial besitzt.

SICHER DURCH DEN STURM NAVIGIEREN Die Einzelhändler durchleben derzeit die grösste Herausforderung einer ganzen Generation. Die Art und Weise wie sie sich an die gravierenden Umbrüche, die Covid-19 mit sich bringt, anpassen, wird letztendlich über den Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens bestimmen. Es gibt nicht die perfekte Lösung, die all die Probleme beheben kann, mit denen die Branche jetzt konfrontiert ist. Zudem wird es nicht ausreichen, einfach nur einen grösseren Teil des Geschäfts in den digitalen Bereich zu verlagern oder einige Geschäftsstellen zu schliessen, um Kosten einzusparen. Die Ausarbeitung eines überzeugenden, differenzierten Wertversprechens, das die Kunden anspricht, ist entscheidend, und Kundenorientierung ist der Schlüssel zum Erfolg. Dies zu erreichen, wird schwierig sein, aber eine flexible und intelligente Planung wird ein wichtiger Teil davon sein.

LAURENT HOMEYER ist Retail & Hospitality Industry Advisor EMEA & APJ bei Workday. Das Was-wäre-wenn-Szenario als Planungsgrundlage.

www.workday.de

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DIE ZUKUNFT DES BÜROS ORTE DER BEGEGNUNG DURCH ARCHITEKTUR GESTALTEN von Anne Forster

Die Corona-Krise hat die Arbeit auf Distanz im Home Office gefördert. Traditionelle Führungsmodelle funktionieren nicht mehr, Büroräumlichkeiten und die Kommunikation in virtuellen Medien bekommen eine neue Bedeutung. Unternehmen müssen sich Gedanken über ihr kulturelles Framework machen. Bei Neu- und Umbauten kann der Aspekt von Business-Design-Methoden gleich einbezogen werden. Ein Kulturbruch in den Arbeitswelten steht auf der Agenda.

Die Architektur und Gestaltung des Arbeitsbereiches können zu mehr Begegnungen beitragen.

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MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

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ie Auswirkungen der Corona-Krise haben nicht nur Bewegung in das Thema Home Office gebracht. Auch die Vielfalt an Zusammenarbeits- und Arbeitszeitmodellen haben damit neuen Aufwind erhalten. Für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entspricht dies dem Bedürfnis ihrer eigenen Lebensgestaltung und eröffnet neue Perspektiven. Auch für Unternehmen und Vorgesetzte verändert sich vieles: Traditionelle Führungsmodelle funktionieren nicht mehr, Büroräumlichkeiten bekommen eine neue ­Bedeutung. Ein grösserer Anteil an «Remote»-Arbeit oder hybridem Arbeiten stellt zudem neue Anforderungen an das betriebliche Gesundheitsmanagement. Welche neue Rolle hat der Arbeitsplatz im Unternehmen zukünftig und wie können Organisationen, Führungskräfte und Mitarbeitende ihn gemeinsam gestalten?

HOME OFFICE VERÄNDERT UNSER ARBEITEN Home Office, Flex Office, Garden Office? Wie viel Arbeitszeit verbringen die Menschen noch in ihrem Büro im Geschäftsgebäude? In Zeiten, in denen Unternehmen wie Twitter, Siemens, Novartis und Co. das Home Office für immer ankündigen, stellt sich einmal mehr die Frage, welche Rolle der Arbeitsplatz beziehungsweise das Büro in Zukunft spielen wird. Langsam kennen wir sie, die privaten vier Wände unserer Bürokollegen aus virtuellen Sitzungen. Wir haben persönliche Einblicke in Wohnzimmer, Küche oder Büro erhalten, kennen Hund, Katze oder Kind besser als zuvor. Doch wirklich eingerichtet für das ständige oder längere Home Office sind die wenigsten Mitarbeitenden. Damit sich Mitarbeitende das passende Home Office einrichten können, unterstützen einige Unternehmen Mitarbeitende finanziell bei der Gestaltung eines ergonomischen Arbeitsplatzes. Dies ist gemäss Studien auch besonders wichtig, denn ein ergonomischer Arbeitsplatz verbessert die Gesundheit, reduziert Müdigkeit und kann so Höchstleistungen fördern. Umgekehrt geht es aber auch. In vielen privaten Arbeitszimmern stehen die falschen Tische und Stühle.

PRODUKTIVES ARBEITEN ZU HAUSE Um Effizienz und Produktivität auf meist kleinem Raum zu maximieren, braucht es ein wenig Planung und Aufwand.

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Adäquates Licht am Arbeitsplatz, idealerweise Tageslicht erhöht die Produktivität und schont die Augen. Zentral sind auch ein ergonomischer Bürostuhl, um Rückenprobleme zu vermeiden, und ein Schreibtisch oder die gesündere Alternative: ein Stehpult. Aber es gibt auch technische Herausforderungen. Nichts ist frustrierender als eine langsame Internetverbindung. Aus diesem Grund ist eine schnelle Internetverbindung eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten im Home Office. Eine übersichtliche Ordnung am Arbeitsplatz hat nachweislich Einfluss auf die Art, wie wir arbeiten. Ein Durcheinander im Büro wirkt sich sowohl auf die Produktivität als auch auf die Motivation aus. Für eine effiziente und systematische Organisation der eigenen Unterlagen ist genügend Platz am Schreibtisch wichtig. Neuste Studien zeigen, dass Mitarbeitende produktiver sind, wenn sich Grünpflanzen am Arbeitsplatz befinden. Zudem kann die Pflege dieser Pflanzen Momente der Entspannung

schaffen, was sich wiederum auf die Konzentrationsfähigkeit positiv auswirkt.

GESUND IM GARDEN OFFICE Und wer noch etwas mehr Platz hat oder die Ruhe sucht und dem Rest der Familie die Wohnung oder das Haus überlassen möchte, findet mit einem Garden Office den perfekten Ort für das Büro zu Hause. Der aktuelle Trend aus England, das Garden Office oder der «Garden Pod» in der Stadt oder auf dem Land, lässt sich mittlerweile auch auf dem europäischen Festland finden. Wichtige Aspekte zur Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz ändern sich auch im Home Office nicht. Doch sie erfordern von vielen Mitarbeitenden eine grössere Portion Eigenverantwortung und Disziplin, da Privat- und Geschäftsleben in den eigenen vier Wänden noch stärker verschmelzen. Bewegung bleibt auch am heimischen Arbeitsplatz wichtig. Gemeint ist dabei nicht der Gang zum nun näher-

Der Corona-Lockdown hat zu einem nie dagewesenen Feldversuch für Büroarbeitsplätze geführt.

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gelegenen Kühlschrank. Wer den Basketballaufsatz bereits auf dem Papierkorb installiert und auch den Sitzball aus dem Keller geholt hat, kann mit einer SmartWatch das eigene Bewegungsverhalten monitoren und sich erinnern lassen. Angemessene Pausen und das Beenden der Arbeit zu einem festgelegten Zeitpunkt sorgen für das Einhalten eines Zeitplans und erhöhen die Produktivität. Sich selber Grenzen zu setzen, ist wichtig, dies gilt jedoch auch für Ablenkungen durch andere Familien- bzw. Wohnungsmitglieder.

HERAUSFORDERUNG VON KOMPONENTEN Wer Zusammenarbeit und Führung in virtuellen oder hybriden Teams nicht gewohnt ist, für den sind die Entwicklungen der Corona-Krise nicht nur neu, sondern häufig eine herausfordernde und belastende Situation. Führen im neuen Umfeld oder auf Distanz ist herausfordernd, da wir hauptsächlich per Telefon, per E-Mail und über Video kommunizieren. Der zentrale


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Aspekt der nonverbalen Kommunikation geht hierbei zu einem grossen Teil verloren oder fällt ganz weg. Hinzu kommt, dass wir uns zusätzlich mit technischen Herausforderungen, Unterbrüchen oder Ausfällen auseinandersetzen. Die Verständigung wird anspruchsvoller. Die Bildschirmarbeit nimmt stark zu, nicht nur für E-Mails, sondern auch für Calls. Dieses hauptsächlich virtuelle Arbeiten verringert die Aufmerksamkeitsspanne und macht schneller müde. Grösser ist auch die Gefahr der Ablenkung, nebenbei noch etwas anderes zu machen, zum Beispiel E-Mails checken und SMS schreiben. Informelle Gespräche in der Kaffee-Ecke oder auf der Treppe entfallen gänzlich. Zufallsbegegnungen, welche die Innovationskraft stärken, Ideen generieren und zum Teambuilding beitragen, müssen aktiv eingeplant werden. Aufwendiger und herausfordernder in der Planung und Durchführung sind das Onboarding von neuen Kollegen oder das Führen von Konfliktgesprächen.

KOMMUNIKATION SICHERSTELLEN Gemeinsame Ziele, Regeln und Vereinbarungen zu Prozessen erleichtern die Zusammenarbeit. Legen Sie in einer TeamKick-off-Sitzung fest, wie man gemeinsam in den virtuellen Medien kommunizieren will und welche Abgrenzungsstrategien und Strategien gegen Informationsüberflutung man anwenden will. Zudem sind klare Absprache über An- und Abwesenheiten, Erreichbarkeiten und Richtlinien zur zeitlichen Bearbeitung von E-Mails wichtig. Im Dialog zu bleiben und dabei regelmässiges und konstruktives Feedback zu geben, ist zentral, denn ein regelmässiger Austausch fördert das gegenseitige Vertrauen. Um Nähe aufzubauen, sollten Austauschkanäle für persönlichen und aufgabenbezogenen Support eingerichtet werden, dazu zählen auch virtuelle Verabredungen wie Kaffeepausen. Erwartungen sollten klar kommuniziert werden, damit Termine, Absprachen und Deadlines eingehalten werden können. Dazu sind die Verantwortlichkeiten der einzelnen Teammitglieder klar festzulegen. Durch Transparenz und Regelmässigkeit in der Kommunikation kann dies unterstützt werden.

TEAMGEFÜHL SCHAFFEN Soziale Aspekte müssen auf Distanz aktiv gefördert werden, zum Beispiel durch

Dieses Arbeiten von zu Hause bringt auch Herausforderungen mit sich.

gemeinsame virtuelle Kaffeepausen oder Lunchdates. Auch vor und nach virtuellen Konferenzen sollte man sich aktiv Zeit für Smalltalk einplanen. Erreichte Ziele und Meilensteine in Projekten, Jubiläen und Geburtstage sollten auch weiterhin gefeiert werden, zum Beispiel durch virtuelle Apéros oder kleine Aufmerksamkeiten, die sich auch auf dem Postweg versenden lassen. Die Wahrnehmung der Arbeitssituation, Stimmungslagen und Belastungen ist durch die fehlende physische Nähe erschwert. In diesem Kontext ergeben sich führungsspezifische Aufgaben in der Förderung informeller Kommunikation, um das Vertrauen beziehungsweise soziale Beziehungen unter den Teammitgliedern zu stärken. Zwischenmenschliche Probleme, Veränderungen im Arbeitsverhalten oder in der Leistung sind bessere Frühindikatoren als Absenzen. Je früher gesundheitliche Beeinträchtigungen erkannt und unterstützende Massnahmen eingeleitet werden, desto grösser ist die Chance, die Arbeitsfähigkeit einer Person zu erhalten.

chen Gewinn an der zweiten und dritten Stelle des kulturellen Frameworks eines Unternehmens? Je mehr Zeit im virtuellen Raum verbracht wird, umso grösser wird die Sehnsucht, sich auch wieder physisch zu treffen. Austausch und Gemeinschaft machen den physischen Ort inskünftig aus. Dass Architektur und die Gestaltung der Arbeitsumgebung einen Einfluss auf die Kultur des Unternehmens haben, ist vielen Unternehmen mittlerweile bewusst geworden. Bei Neu- und Umbauten wird daher neben Verdichtungsüberlegungen auch auf die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten, ein besonderes Augenmerk gelegt und wie dies in der Architektur und Gestaltung berücksichtigt werden kann. Nicht selten entstehen genau hier vermehrt Orte der Begegnung, Möglichkeiten zum Coworking und dem Anwenden von BusinessDesign-Methoden.

DIE ROLLE DES KÜNFTIGEN BÜROS Mit der Corona-Krise hat sich die Arbeitswelt verändert und das Büro als physischer Ort eine neue Bedeutung erhalten. Daher ist es wichtig, dass sich Unternehmen einmal mehr Gedanken über ihr kulturelles Framework machen und überlegen, wie das Büro dieses widerspiegeln kann. Was steht neben dem wirtschaftli-

ANNE FORSTER ist Dozentin an der FFHS im MAS Gesundheitsförderung. Sie ist zudem Coach und Organisationsentwicklerin. www.ffhs.ch

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Die Online-Lehre bietet Hürden sowohl für Lehrer als auch für Lernende.

DER FAKTOR MENSCH BEIM ONLINE-LERNEN HERAUSFORDERUNG FÜR LERNENDE UND LEHRENDE von Sabine Prohaska

Beim Online-Lernen sind die Rahmenbedingungen «unpersönlicher» als beim Lernen in Präsenzseminaren und -trainings. Deshalb müssen die Grundbedürfnisse der Lerner schon beim Planen des Lernprozesses stärker berücksichtigt werden. Seite 76 // kmuRUNDSCHAU


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ie moderne Kommunikations- und Informationstechnik bietet uns viele neue Möglichkeiten zum digitalen Lehren und Lernen. Doch beim Gestalten solcher Lernumgebungen sollte man einen Faktor nie vergessen: den Menschen. Sonst erliegt man rasch der Faszination der interaktiven Tools und modernen Lernplattformen und vergisst: Diese technischen Hilfsmittel entfalten ihre Wirkung nur, wenn die Bedürfnisse der Menschen befriedigt werden, die sie nutzen.

MENSCHLICHE BEDÜRFNISSE KENNEN UND BEACHTEN Deshalb ist es gerade beim E-Learning wichtig, sich immer wieder darauf zu besinnen, wem das digitale Lehren und Lernen dienen soll. Ausserdem sollte man darauf achten, dass die Grundbedürfnisse beim Gestalten der digitalen oder virtuellen Lernwelten berücksichtigt werden. Über die Grundbedürfnisse von Menschen nicht nur beim Online-Lernen gibt es um-

fassende Erkenntnisse der Kognitionsforschung. Insbesondere ihre Erkenntnisse über die neurologische Verarbeitung von Informationen in unserem Gehirn geben uns viele Hinweise, wie man ein nachhaltiges Lernen auch im digitalen Raum gewährleisten kann.

MENSCHEN MÖCHTEN SICH VERBUNDEN FÜHLEN Das Bedürfnis nach Verbundenheit und Zugehörigkeit ist in uns Menschen so stark verankert, dass unser Gehirn einen Mangel daran wie einen körperlichen Schmerz empfindet. Ausserdem sinkt, wenn es nicht befriedigt wird, unsere kognitive Fähigkeit. So erscheinen uns Aufgaben, die wir allein lösen sollen, zum Beispiel meist weniger interessant. Deshalb verringert sich unsere Aufmerksamkeitsspanne. Priyanka Carr und Gregory Walton von der Standford University untersuchten dieses Phänomen 2012 in zahlreichen Experimenten. Dabei zeigte sich: Menschen, die das

Gefühl haben «Ich bin Teil eines Teams», erzielen bessere (Arbeits-)Ergebnisse als Personen, bei denen dies nicht der Fall ist. Deshalb sollten in digitalen Lernarrangements Möglichkeiten zur Kommunikation wie Chats und Foren integriert werden; ausserdem sollten die Lerner von OnlineTrainern oder Tutoren individuell betreut werden. Ermöglicht werden sollte auch ein persönliches Kennenlernen – zum Beispiel über Videobotschaften, Persönlichkeitsprofile in der Lernplattform oder Vorstellungsrunden in Live-Online-Seminaren. Als Trainer oder Personalentwickler sollten Sie zudem, soweit möglich, ein gemeinsames Arbeiten fördern. Wichtig ist auch ein Gefühl der Sicherheit, denn Angst verringert die kognitive Leistungsfähigkeit. Im Umkehrschluss gilt: Die Lernergebnisse sind besser, wenn die Lerner sich sicher und geborgen fühlen. Fragen, die Ihnen helfen, auf dieses menschliche Grundbedürfnis in Ihren digitalen Lernarrangements zu achten, sind:

Auch online ist eine Identifikation mit der Gruppe wichtig.

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Präsenzunterricht scheint ein Bild der Vergangenheit zu sein.

Werden die Lerner persönlich be­grüsst? Besteht die Möglichkeit, mit anderen Lernern in Kontakt zu treten? Ist ein kooperatives Lernen möglich? Begleitet ein Tutor oder Online-Trainer den Lernprozess? Ist für ausreichend Informationsmaterial gesorgt? Existieren Regeln für den Umgang miteinander im virtuellen Raum und sieht das Design Zeiten für deren Klärung vor?

MENSCHEN MÖCHTEN SICH EINBRINGEN UND WACHSEN Der Neurowissenschaftler Gerald Hüther bezeichnet das «Über-sich-Hinauswachsen» und «Sich-entfalten-Können» als ein neurobiologisches Grundbedürfnis. Das bedeutet für das Thema Lernen unter anderem: Die Aufgaben sollten so konzipiert sein, dass sie mit etwas Einsatz gut zu bewältigen sind. Es erfordert Fingerspitzengefühl, den Lernprozess so zu gestalten, dass er zwar fordert, aber nicht über- oder unterfordert. Das setzt auch ein gewisses Know-how über die Funktionsweise unseres Gehirns

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voraus. Man sollte zum Beispiel wissen, dass unser präfrontaler Cortex seriell arbeitet: Ihn überfordern also zu viele Aufgaben auf einmal. Diese Tatsache gilt es unter anderem zu beachten, wenn es um die Frage geht: Soll der Lernstoff auf einmal oder sequentiell auf der Lernplattform freigeschaltet werden? Dem Wunsch, sich entfalten zu können, kann man gerecht werden, indem man den Lernern die Möglichkeit zur Mitgestaltung ihres Lernprozesses bietet. Durch die Integration asynchroner Elemente wie Learning Nuggets in die Lernarrangements bieten Sie den Lernern die Chance hierzu. Denn jeder Lerner kann selbst entscheiden, wann, wo und wie oft er diese nutzt. Man kann in den Lernarrangements auch nur die Rahmenbedingungen vorgeben. Ansonsten können die Lerner den Weg zum Ziel selbst gestalten. Sie sollen sozusagen eigene Erfahrungen mit ihrem Lernen sammeln und diese reflektieren, um so die idealen Lernwege für sich zu entde-

cken. Das setzt in den Lernarrangements Reflexions- und Feedback-Schleifen voraus. Diese Selbst-Erfahrung sollte aber nicht unter Zwang erfolgen, denn im Stressmodus erfolgt nur ein geringes Lernen. Fragen, die Ihnen helfen, dieses menschliche Grundbedürfnis in Ihren digitalen Lernarrangements zu beachten, sind: Sind die Lerninhalte in gehirngerechte Portionen aufgeteilt? Werden verschiedene Kanäle genutzt, wie Bilder, Texte, Audio, Video? Wird gezielt das Interesse geweckt? Werden die Lerner motiviert, selbst Probleme und Fragen zu formulieren? Sind Reflexionseinheiten eingebaut? Gibt es Feedback-Möglichkeiten?

MENSCHEN WOLLEN VERTRAUEN UND WERTSCHÄTZUNG Menschen entfalten, wenn sie Vertrauen in ihre Kompetenz spüren, ihre Potenziale stärker und erzielen bessere Ergebnisse. Reflektieren Sie als Bildungsverantwortlicher oder Trainer einmal Ihr Menschenbild: Glauben Sie zum Beispiel, dass man Men-


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narrangements zu beachten, sind: Haben die Teilnehmer geeignete Rahmenbedingungen zum Lernen und ausreichende Freiräume zum Umsetzen des Gelernten? Wird ein Umsetzen des Gelernten von den Führungskräften überhaupt gewollt? Sind die Aufgaben in den diversen Kommunikationskanälen positiv formuliert? Ist die Lernumgebung klar, übersichtlich und einladend strukturiert? Gibt es Austauschmöglichkeiten zwischen den Lernern? Sind die Bewertungsrichtlinien klar? Sind die Lernanforderungen an das Vorwissen und die Fähigkeiten adaptiert?

MENSCHEN WOLLEN SINN EMPFINDEN UND ERFAHREN Viele Unternehmen sind überzeugt: Die Tatsache, dass wir ein (Online-)Seminar organisieren, reicht als Begründung, daran aktiv teilzunehmen. Wäre das Lernangebot nicht wichtig, würden wir es ja nicht anbieten. In der Praxis erweist es sich jedoch als extrem wichtig, sich vorab den individuellen Nutzen für jeden Teilnehmer zu überlegen und diesen auch zu kommunizieren, denn: Menschen lernen, wenn sie einen unmittelbaren persönlichen Bezug zum Thema haben, also wenn der Sinn für sie erkennbar ist. Dann zeigen sie mehr Engagement und eine höhere Motivation, bei Rückschlägen dranzubleiben. schen (auch beim Lernen) kontrollieren sollte, weil sie sonst weniger engagiert sind? Der Lernprozess sollte nicht aufgrund einer misstrauischen Grundhaltung der Lernarchitektur-Entwickler zu sehr bürokratisiert sein. Stellen Sie den Lernern die nötigen Ressourcen zur Verfügung und signalisieren Sie ihnen ansonsten Vertrauen – zum Beispiel, indem Sie ihnen grosse Freiräume zum Selbst-Entscheiden gewähren. Fragen, die Ihnen helfen, dieses menschliche Grundbedürfnis in Ihren digitalen Ler-

Fragen, die Ihnen helfen, dieses menschliche Grundbedürfnis in Ihren digitalen Lernarrangements zu beachten, sind: Ist der Nutzen des Lerninhalts ersichtlich? Werden die Lernziele klar aufgezeigt? Sind die Aufgaben praxisrelevant? Besteht eine Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Anspruchsniveaus? Erhalten die Teilnehmer eine Orientierung über die voraussichtliche Dauer der Selbstlernphasen und Aufgaben? Existiert ein transparentes Bewertungssystem? Gibt es ausreichend Praxisbeispiele? Findet

eine Ergebnissicherung am Ende statt? Erfolgt eine Evaluation?

ONLINE-LEHRE ERFORDERT TEILS ANDERE TRAINER-SKILLS Bei der Lektüre der oben genannten Grundbedürfnisse von Menschen, die beim digitalen Lernen zu beachten sind, dachten Sie vielleicht: «Nichts Neues! Diese Bedürfnisse haben Menschen auch beim Lernen in Präsenz-seminaren.» Stimmt! Doch beim Online-Lernen sind die Rahmenbedingungen andere. So lernen die Teilnehmer zum Beispiel oft an unterschiedlichen Orten und zu verschiedenen Zeiten – und zwar nicht selten allein. Ausserdem können Sie mit ihnen nur über technische Hilfsmittel wie Mails, Video-Konferenzsysteme usw. kommunizieren. Deshalb können Sie auch nicht so unmittelbar auf ihre Reaktionen auf gewisse Vorschläge, Lernangebote und Aufgaben reagieren – auch weil sie diese eingeschränkter als in Präsenzseminaren wahrnehmen. Deshalb müssen die aus ihren Grundbedürfnissen resultierenden möglichen Reaktionen der Lerner beim Online-Lehren und -Lernen viel schärfer im Vorfeld beim Planen der Lernarchitekturen bedacht werden und in deren Gestaltung einfliessen. Die Kompetenz hierzu müssen sich viele Personalentwickler und Trainer noch aneignen.

SABINE PROHASKA ist Inhaberin des Wiener Beratungsunternehmens-Seminar consult prohaska. www.seminarconsult.at

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MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Hoffentlich bald nicht mehr der Fall: Leere Klassenzimmer bei der Erwachsenen- und Tertiärbildung

IST DIE WEITERBILDUNG IM KRISENMODUS? INNOVATIVE WEITERBILDUNGSINSTITUTE IN DER POLE-POSITION Interview mit Daniel Herzog von Joël Ch. Wuethrich

Ist die Weiterbildungsbranche an einem Scheideweg angelangt oder einfach nur in einem vorübergehenden «Krisenmodus»? Welche Weiterbildungs-Anbieter werden gestärkt aus der Krise herausgehen und wer wird um das Überleben kämpfen? Die Anbieterbefragung 2020 / 21 des Schweizerischen Verbandes für Weiterbildung SVEB liefert Hinweise. Wir haben mit Daniel Herzog, CEO der Lernwerkstatt Olten – einem der Marktführer im Bereich Erwachsenenbildung – darüber gesprochen.

D

ie Anbieterbefragung 2020 / 21 des Schweizerischen Verbandes für Weiterbildung SVEB widmete sich den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Weiterbildung. Die Ergebnisse der Anfang Jahr publizierten Weiterbildungsstudie zeigen, dass die Krise die Weiterbildungsbranche hart getroffen, gleichzeitig aber auch die Digitalisierung der Angebote vorangetrieben hat. Das sei genau der springende Punkt, sagt Daniel Herzog, CEO der Lernwerkstatt Olten – einem der Marktführer der Branche. Denn hier trennt sich die Spreu vom Weizen, was die wirt-

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schaftlichen und strukturellen Konsequenzen für die Anbieter betrifft. Der SVEB hatte schon im Sommer 2020 erstmals quantitative Daten zu den Auswirkungen auf die Weiterbildung in der Schweiz erhoben. Untersucht wurde der Einfluss der Corona-Pandemie in vier Bereichen: wirtschaftliche Situation, Personal, Teilnahme / Nachfrage und Angebot. Die Ergebnisse basieren auf der Einschätzung von 549 Weiterbildungsanbietern zum Befragungszeitpunkt im Juli und August 2020. Die Weiterbildungsstudie des SVEB

ist die einzige periodische Befragung von Weiterbildungsanbietern in der Schweiz. Neben einem jährlich wechselnden Fokusthema erfasst die Studie auch Strukturdaten zum Weiterbildungsbereich. Diesen Frühling 2021 folgte eine Nachbefragung, deren Ergebnis noch aussteht.

DIE STUNDE DER WAHRHEIT … Erste Erkenntnisse: Infolge der CoronaPandemie hat sich die wirtschaftliche Situation der Weiterbildungsanbieter deutlich verschlechtert. 56 Prozent der Weiterbildungskurse mussten während des Prä-


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Daniel Herzog: Antizipieren statt nur reagieren ist sein Motto.

senzverbotes von Mitte März bis Anfang Juni 2020 abgesagt werden. Für das ganze Jahr 2020 wurde im Sommer damit gerechnet, dass ein Viertel des Angebots nicht durchgeführt werden könnte. Zudem erwarteten die Anbieter mehrheitlich eine sinkende Nachfrage und Umsatzeinbussen von durchschnittlich 28 Prozent bis Ende des Jahres. Auch der Bedarf nach finanzieller Unterstützung stieg infolge der Corona-Krise stark an. Mehr als die Hälfte der Weiterbildungsanbieter hat in den ersten Monaten der Pandemie auf mindestens eine zusätzliche Finanzierungsquelle zurückgegriffen. Am meisten genutzt wurde die Kurzarbeitsentschädigung – fast jeder zweite Anbieter führte bis Juli / August Kurzarbeit ein.

… ALS SICH DIE SPREU VOM WEIZEN TRENNTE Trotz oder vielleicht gerade aufgrund des dreimonatigen Präsenzverbots brachte die Corona-Pandemie Bewegung in die Weiterbildung und trieb die Digitalisierung voran: 85 Prozent der Anbieter passten ihr Angebot an, wobei die weitaus häufigste Anpassung den Einsatz digitaler Technologien betrifft. Zahlreiche Kurse wurden mithilfe von Videokonferenz-Software wie Zoom oder Microsoft Teams teilweise oder ganz auf online umgestellt. Nach dem Ende des Präsenzverbots wurden

diese Angebote partiell beibehalten oder in Kombination mit Präsenzunterricht weitergeführt. Eine offene Frage ist, ob dieser Digitalisierungsschub während der Pandemie die Weiterbildung nachhaltig verändern wird. Einen Hinweis, dass es sich bei den neuen Online-Angeboten nicht nur um kurzfristiges Krisenmanagement handelt, könnte die Tatsache sein, dass über 80 Prozent der Anbieter die angepassten Angebote ganz oder teilweise in ihr ständiges Programm aufnehmen wollen. Der langfristige Erfolg der Digitalisierung hängt aber letztlich stark von der Qualität der Angebote sowie der Entwicklung der Nachfrage ab. Eine zentrale Herausforderung dieser Situation ist die Frage, ob es gelingt, aus dem Krisenmodus der beschleunigten Digitalisierung in einen neuen, nachpandemischen Modus der digitalen Transformation zu wechseln. Daniel Herzog, die Lernwerkstatt bietet Weiterbildungen in der Erwachsenenbildung sowie in Coaching und Mentoring an. Inwiefern konnten oder können Sie Ihr Weiterbildungsangebot unter den gegebenen Vorzeichen noch aufrechterhalten? Daniel Herzog: Wir hatten bereits vor einem Jahr im März innerhalb weniger Tage unser gesamtes Angebot auf virtuel-

len Unterricht umgestellt. Die Verunsicherung bei vielen Interessierten war zunächst da, aber dank eines sehr guten Vorbucherstandes konnten wir – bis auf einen – alle Lehrgänge durchführen. Bis heute haben wir weit über 1 000 Personen im virtuellen Unterrichts-Setting begleitet. Nachträglich betrachtet war das Jahr 2020 sogar das erfolgreichste in unserer Geschichte.

«In der Branche wurden wir zum Benchmark im Umgang mit der Krise.» In der aktuellen Anbieterbefragung des SVEB ist zu lesen, dass knapp 70 Prozent der Weiterbildungsanbieter für das Jahr 2020 eine sinkende Nachfrage für ihre Bildungsangebote erwarten. Sie haben es schon angedeutet: Die Nachfrage hat bei Ihnen wohl mittelfristig nicht nachgelassen … Dank unserer raschen Umstellung auf virtuellen Unterricht wurden wir in der Branche

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schnell zum Benchmark im Umgang mit der Krise. Dies hat sich schnell herumgesprochen. Die Teilnehmenden wählen uns heute auch, weil sie wissen, dass ihr Lehrgang stattfinden wird, egal was passiert. Dadurch verzeichneten wir 2020 ein neues Rekordjahr, und dies trotz Pandemie. Wir bildeten im Lehrgang SVEB-Zertifikat erstmals über 1 000 Personen aus. Die Teilnehmerzahlen in den Coaching-Lehrgängen haben sich in der gleichen Zeit verdreifacht. In der erwähnten Studie wird zudem festgestellt, dass 85 Prozent der Anbieter ihr Angebot infolge der Pandemie angepasst hätten. 90 Prozent der Weiterbildungsinstitutionen hätten teilweise oder vollständig auf online umgestellt. 90 Prozent haben zudem angegeben, dass die Corona-Pandemie sie dazu angeregt habe, Neues zu entwickeln. Das war bei uns auch so. Die Lerninhalte blieben jedoch oft gleich, da wir auf eidgenössische Abschlüsse vorbereiten. Wir sind aber eben auch bekannt für einen aktiven und abwechslungsreichen Unterricht. Wir bilden ja Erwachsenenbildnerinnen und Erwachsenenbildner, Coaches und Mentoren aus. Das ist eine Verpflichtung, und so sollen unsere Lehrgänge den Teilnehmenden gleich als Beispiel eines guten Unterrichts dienen. Auch in der virtuellen und hybriden Form. Unsere Unterrichtspläne haben wir in Kürze alle auf das neue virtuelle Unterrichts-Setting angepasst und das Kursleiterteam entsprechend geschult.

Man spricht nach einem Jahr Pandemie von der grassierenden «Zoom Fatigue». Kann ein reines Online-Angebot auch eine Bereicherung sein oder wird es bald zu mühsam für die Studierenden und Teilnehmenden? Im ersten Lockdown waren die Kunden anfänglich eher skeptisch, aber grundsätzlich froh, dass sie ihre Ausbildungsziele unterbruchsfrei an den vorgesehenen Terminen weiterverfolgen konnten. Wir haben mit Testmeetings, Videoanleitungen – die beide auf unserer Webseite aufrufbar sind – und einer Helpdesk viel investiert, um den Teilnehmenden den Einstieg in die neue Bildungswelt sehr einfach zu ermöglichen. Bereits nach dem ersten Ausbildungstag sind unsere Kunden jeweils sehr erstaunt, teilweise sogar begeistert, wie aktiv und abwechslungsreich man virtuellen Unterricht gestalten kann. Viele schätzen, dass sie nun quasi on the top noch lernen, wie man virtuell unterrichten kann. Hat Sie die Pandemie auch dazu angeregt, «Neues zu entwickeln»? Die Lernwerkstatt Olten hat in den letzten Jahren die Digitalisierung im Bildungsbereich bereits aufgenommen und unter dem Brand Digital Training ein Angebot zur digitalen und virtuellen Unterstützung von Lern- und Coachingprozessen aufgebaut. Während der Pandemie haben wir nun zusätzlich einen noch nie dagewesenen Innovationsschub erlebt. Alle unsere 90 Kursleitenden sind heute fit im virtuellen Unterrichten. Wir haben unter dem Brand

Live Webinare 33 verschiedene Webinare rund um das digitale und virtuelle Unterrichten und Coachen entwickelt. Diese Webinare waren zuerst zur Weiterbildung unserer eigenen Kursleitenden gedacht, sind nun auch öffentlich zugänglich und erfreuen sich einer sehr grossen Nachfrage.

«Wir haben die Entwicklungen der Digitalisierung im Bildungsbereich frühzeitig antizipiert.» Ende 2020 haben wir ein hybrides Unterrichtssetting konzipiert, welches wir anbieten werden, sobald Präsenzunterricht wieder erlaubt ist. Ganz nach ihren Bedürfnissen sind dann die Teilnehmenden live im Seminarraum dabei, oder sie beteiligen sich aktiv via Videokonferenzsystem Zoom am Unterricht. Infoveranstaltungen und Beratungen können nun seit knapp einem Jahr auch virtuell besucht werden. Wir haben auch alle Geschäftsprozesse digitalisiert, aktuell steht noch die Umstellung auf Telefonie über VOIP an. Ende Februar waren wir so weit, dass es vor Ort in Olten grundsätzlich keine Mitarbeitenden mehr benötigen würde und wir den ganzen Schulbetrieb orts- und zeitunabhängig zu hundert Prozent vom Home Office aus managen könnten.

JOËL CH. WUETHRICH ist CEO einer Marketingagentur, Dozent und Mitarbeiter der Editorial AG.

Spannender, abwechslungsreicher und innovativ gestalteter Online-Unterricht wird zum Erfolgsmodell eines Weiterbildungsinstitutes.

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www.digital-training.ch www.live-webinare.ch www.lernwerkstatt.ch


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HALTUNG BEWAHREN PROFESSIONELLE MONITORE FÜR HOME UND OFFICE von Caroline Ziltener

Verspannt und angespannt im Home Office? Das muss nicht sein: Mit dem richtigen Monitor führt auch das Arbeiten zu Hause nicht zu Rückenschmerzen und brennenden Augen. Und die Nerven werden erst noch geschont.

Gerade im Home Office müssen verschiedene Bedingungen beachtet werden.

W

o verbringen arbeitende Menschen die meiste Zeit, abgesehen vom Bett? Genau, am Arbeitsplatz. Doch in den letzten Monaten hat sich das für viele, die im Büro arbeiten, geändert: Mit dem vermehrten Home Office wurden die Grenzen zwischen Arbeit und Privatem verwischt. Der grosse Unterschied: Im Büro hat der vorausschauende Arbeitgeber dafür gesorgt, dass die Mitarbeitenden an ergonomischem Mobiliar arbeiten, also an Tischen und auf Bürostühlen, die sich in der Höhe anpassen lassen. Auch eine gute Beleuchtung sollte man in einem modernen Büroumfeld voraussetzen können. Ganz zu schweigen von einem ergonomischen und augenschonenden Bildschirm. Zu Hause zählt eher, dass die Einrichtung dem eigenen Geschmack und der Lebensweise entspricht. Für die paar Einzahlungen und die jährliche Steuererklärung war bis anhin auch kein voll funktionsfähiges Büro nötig. Aber wenn plötzlich das Zuhause zum Ganztagesbüro wird, dann taugen eben die schummrige Lampe, der schmale Schreibtisch und der Küchenhocker als improvisierter Bürostuhl nicht mehr, um typische Beschwerden wie verspannter Nacken, Kopfschmerz, steife Schultern,

brennende Augen und generell Fehlhaltungen zu vermeiden. Ganz zu schweigen vom kleinen Notebook-Bildschirm, wo man es nie schafft, mehr als zwei offene Applikationen im Blick zu behalten. Um zu Hause mindestens genauso gesund und produktiv wie im Firmenbüro zu arbeiten, braucht es den richtigen Monitor. Ein FlexScan-Office-Monitor von EIZO erfüllt die Anforderungen an professionelles Equipment spielend. Weil wir keine Einheitsmenschen sind, ist ein FlexScan auch kein Einheitsmonitor. Es gibt für jede und jeden den passenden: von übersichtlichen gekurvten 38 Zoll bis zu 23.8 Zoll für die kleinste Arbeitsecke. Mit seinem attraktiven Design und den Gehäusefarben Weiss oder Schwarz passt er in jedes Interieur – und wird damit höchsten ästhetischen Ansprüchen gerecht.

intelligente Monitorsteuerung stellt die idealen Helligkeitswerte ein. Der PaperModus optimiert vollautomatisch den Rotlichtanteil und reduziert zeitgleich den Blaulichtanteil. Dies schont die Augen bei intensivem Arbeiten am Bildschirm. Die flimmerfreie Darstellung und ein entspiegeltes Panel ermöglichen stundenlanges ermüdungsfreies Arbeiten – alles ohne Kompromisse bei der Farb- und Bildqualität. Auch beim Stromverbrauch macht ihm so schnell keiner etwas vor: Dieser ist bei den Office-Monitoren der FlexScan-Serie dank energiesparenden Technologien besonders niedrig. Dazu kommt die einzigartige Garantie von fünf Jahren, mit VorOrt-Austauschservice.

Der Standfuss lässt sich drehen, schwenken und neigen, wie es für Rücken, Nacken und die Sitzhaltung am komfortabelsten ist. Dabei lässt er sich stufenlos in der Höhe verstellen – bei maximaler Höhe findet sogar ein kleiner Laptop bequem unter dem Bildschirm Platz. Auch seine inneren Werte lassen sich sehen: Ein Sensor misst kontinuierlich Veränderungen des Umgebungslichts und die

CAROLINE ZILTENER ist Marketing & Communications Specialist bei EIZO AG. www.eizo.ch

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Die digitale Transformation darf nicht nur eine Worthülse bleiben.

IN DIE ZUKUNFT GESCHLEUDERT CHANCEN ALS UNTERNEHMEN ERGREIFEN Interview mit Dr. Jens-Uwe Meyer von Lukas Leist

«Nach Corona wird nichts mehr so sein wie vorher.» Davon ist der Innovationsexperte, Digitalunternehmer und Buchautor Dr. Jens-Uwe Meyer überzeugt. Und: «Mehr denn je brauchen wir jetzt einen kreativen Unternehmergeist.».

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ktuell hat das Coronavirus Politik und Gesellschaft noch fest im Griff. Es gilt, die Pandemie bis zur flächendeckenden Impfung der Bevölkerung so gut wie möglich in den Griff zu bekommen. Doch viele Unternehmen sind bereits einen Schritt weiter. Sie haben schon im Blick, was nach Corona kommt.

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Sicher ist bislang nur eines: Nichts wird mehr so wie vorher sein. Diese radikale Veränderung beinhaltet auch Chancen. Wie können Unternehmen diese nutzen? Ein Interview dazu mit Dr. Jens-Uwe Meyer. Der Buchautor, Digitalunternehmer und Experte für Innovation und Digitalisierung ist überzeugt: Mehr denn je braucht es

nun einen kreativen Unternehmergeist statt einer Verwaltung des Bestehenden. Herr Meyer, Sie betonen «Nach Corona wird nichts mehr so sein wie vorher». Warum? Corona hat im zurückliegenden Jahr wie ein Turbo für die bestehenden Zukunft-


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strends gewirkt. Die Pandemie hat die Wirtschaft und Gesellschaft zum Beispiel bei der Digitalisierung um mindestens fünf Jahre nach vorne geschleudert – binnen weniger Monate. Wir sprechen heute über Digitalisierung in Bereichen, die wir ansonsten erst 2025 oder gar 2030 angegangen wären. Diese Entwicklung können wir nach Corona nicht mehr zurückdrehen? Mittel- bis langfristig – bezogen auf die Wirtschaft und technologische Entwicklung – auf jeden Fall. Wir werden aktuell geradezu zur Innovation gezwungen. Schauen Sie sich einmal die heutige Dominanz amerikanischer Cloud-Anbieter wie Amazon Webservices, Microsoft, IBM und Google oder solcher Streamingdienste und Social-Media-Anbieter wie Netflix und Facebook an. Sie entstand, weil wir in diesem Bereich über Jahre hinweg keinen wirklichen Innovationsdruck spürten. Wir haben die eigene Entwicklung solcher Dienste sozusagen verschlafen. Stattdessen haben wir auf Wachstum durch Bewährtes gesetzt: höher, grösser,

schneller, weiter. Das wäre langfristig nicht gut gegangen. Deshalb war Corona ein wichtiger Weckruf. Wenn Sie von «höher, grösser, schneller, weiter» sprechen, was meinen Sie damit? Wir haben uns in den letzten Jahren darauf spezialisiert, bestehende Technologien immer weiter zu verfeinern und effektiver zu nutzen. Ein Symbol hierfür ist aus meiner Sicht der Airbus A380: ein Meisterwerk der Ingenieurskunst! Nur eben entwickelt für eine Wirtschaft, in der man das Bestehende einfach nur vergrössert und optimiert. Schon vor Corona hat sich gezeigt: Diese Zeit ist vorbei. Die Krise hat den Niedergang dieses alten Business-Konzepts massiv beschleunigt. Fluggesellschaften werden auch nach Corona ihre BusinessClass nicht besetzen können. Entweder man kommuniziert mit den vielen digitalen Möglichkeiten, nimmt in Europa den Zug oder setzt sich in eine Privatmaschine, wenn es mal ganz wichtig ist und schnell gehen soll. Die herkömmliche BusinessClass ist in einer Sandwich-Position.

Was bedeutet dies für Unternehmen? Die Basis unseres heutigen Wohlstands ist das Wirtschaftswunder in den 1950erund 1960er-Jahren. Damals mussten die Strukturen in Deutschland, aber auch im übrigen Europa komplett neu gedacht werden. Dieser Wiederaufbau, verbunden mit einer Welle des Massenkonsums für Güter wie Kühlschrank, Waschmaschine, Fernseher oder Auto, setzte eine Welle kreativen Unternehmergeists frei. Es ging um eine nachholende Industrialisierung, die die USA schon ab Mitte der Dreissigerjahre erlebt hatte. Und genau das brauchen wir jetzt wieder. Auch aus dem Grund, da viele Unternehmen zuletzt im Bereich Innovation etwas träge waren? Ja, das Geschäftsmodell, das Bestehende durch Optimierung immer weiter auszubreiten, war einfach zu erfolgreich. Im europäischen Vergleich waren wir damit über Jahre die Klassenbesten. Doch bezogen auf unsere Veränderungsbereitschaft waren wir dies weltweit gesehen schon lange nicht mehr. Für uns war es Anfang 2021

Auch Fluggesellschaften werden auf ganz andere Geschäftsmodelle setzen müssen.

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Die VUCA-Welten mit innovativen Inhalten füllen.

noch eine «Revolution», dass der Bundestag seine Faxgeräte abschaffte. Dabei hatten andere Länder zu diesem Zeitpunkt bereits ihre komplette Verwaltung digitalisiert. Wird die nötige Veränderungsdynamik in der Schweiz und Deutschland entstehen? Ja, weil sich durch Corona die Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Handelns

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fundamental gewandelt haben. Das stimuliert auch den kreativen Unternehmergeist. Warum sind Sie diesbezüglich so sicher? Werden die Menschen nach Corona nicht eher ihr altes Leben wieder fortsetzen wollen? Natürlich werden die Menschen zum Beispiel wieder reisen wollen, aber dann in einem Markt, der sich grundlegend verändert

hat. Viele Bedürfnisse, die es zuvor gab, wird es weiterhin geben. Doch die Ansprüche werden sich ändern. Wer sagt denn, dass sich die Menschen nach den Erfahrungen des Lockdowns und des Social Distancing einfach wieder in Pauschalhotels quetschen lassen wie vorher? Mit langen Schlangen am Buffet, Bettenburgen auf einem Kreuzfahrtschiff und überfüllten Touristenattraktionen. Kreativer Unternehmer-


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rung vor Corona nur eine Worthülse. Wozu als Betrieb die Schulungs- und Serviceprozesse digitalisieren? Warum als Arzt oder Rechtsanwalt eine OnlineSprechstunde oder -Beratung anbieten? Weshalb digitale Selbstbedienungsportale für Kunden einführen, wenn es Filialen gibt? Wozu eine Online-Wartung anbieten, wenn im Hof so viele Firmenwagen stehen? 2020 ist die Digitalisierung ganz weit in unser Leben vorgedrungen. Wer nach der Krise weitermacht wie vorher, wird mittelfristig zu den Verlierern zählen. Das zeigen die aktuellen Krisen-Gewinner: Neben den Testlaboren und meisten Pharmaunternehmen sind dies fast ausschliesslich Unternehmen, die die Digitalisierung radikal und konsequent vorangetrieben haben – spätestens nach dem ersten Lockdown im März 2020.

«Wir alle haben gespürt, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist …» Wo gibt es nach der Covid-19-Krise neue Chancen? Überall dort, wo sich etwas verändert. Beim Einkaufsverhalten, im Prozessmanagement, in der Logistik, bei den Kundenbedürfnissen und, und, und. Man muss die Veränderungen nur erkennen beziehungsweise gedanklich vorwegnehmen.

geist bedeutet, sich mit den veränderten Bedürfnissen und Anforderungen im eigenen Markt intensiv zu befassen und darauf aufbauend innovative Problemlösungen und Angebote zu entwickeln. Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung? Eine Schlüsselrolle. Für viele Unternehmen und Institutionen war die Digitalisie-

Haben Sie hierfür ein Beispiel? Viele Personen und Organisationen haben durch Corona gemerkt, dass die Globalisierung an ihre Grenzen stösst. Wir alle haben gespürt, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist, wenn nur ein so simples Produkt wie Gesichtsmasken aus China nicht mehr geliefert wird. Das zieht sich quer durch alle Lieferketten der Unternehmen. Vorher galt: Es muss immer mehr und billiger werden. Doch unter dem Risikomanagement-Aspekt wird es künftig unerlässlich sein, Liefersysteme so aufzubauen, dass sie auch noch funktionieren, wenn die üblichen Wege verstopft sind.

Aber billig werden die Unternehmen doch auch künftig noch einkaufen und produzieren wollen, oder? Eher preis-wert, denn in vielen Branchen wäre es grob fahrlässig, wenn die Unternehmen ausschliesslich darauf bauen würden, ihre alten globalen Lieferketten wiederherzustellen. Oder das Just-in-time-Konzept noch weiter auszureizen. Die letzten 20 Jahre haben uns doch gezeigt: Wir werden immer wieder mit überraschenden Einbrüchen konfrontiert. 2001 brach der Neue Markt zusammen, 2008 kam mit der Lehman-Pleite die nächste Krise, und jetzt ist Covid-19 da. Es wäre naiv zu glauben, wenn Corona vorbei ist, folgen keine Krisen mehr. Die Unternehmen müssen endlich begreifen: Wir leben in einer von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt (volatility = Volatilität, uncertainty = Unsicherheit, complexity = Komplexität und ambiguity = Mehrdeutigkeit) und hieraus die nötigen Schlüsse ziehen. Überwiegen aus Ihrer Warte in den kommenden Jahren eher die Gefahren oder Chancen? Gefahren und Chancen sind für mich zwei Seiten der gleichen Medaille. Wer träge geworden ist, schaut auf die Gefahren. Kreativer Unternehmergeist lebt von der anderen Seite, den Chancen. Genau diesen Geist – oder neudeutsch «Mindset»  – gilt es jetzt, in den Unternehmen freizusetzen und zu stimulieren. Es gilt, das kreative Potenzial zu nutzen statt es zu unterdrücken. Es gilt, ungewöhnliche Lösungsansätze zu fördern statt die erreichten krampfhaft zu verteidigen. Der Innova­ tionsexperte Joseph Alois Schumpeter nannte es einmal das Prinzip der «schöpferischen Zerstörung». In der Phase der Zerstörung sind wir gerade; jetzt gilt es, die Kreativität für neue Schöpfungen zu nutzen, um daraus etwas zukunftsfähiges Neues zu bauen.

DR. JENS-UWE MEYER ist Vorstandsvorsitzender der Innolytics AG. www.jens-uwe-meyer.de

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GESUND ZUSAMMENARBEITEN BETRIEBLICHE GESUNDHEITSFÖRDERUNG von Sabine Machwürth

Führungskräfte prägen die Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter. Sie haben zudem eine Vorbildfunktion für diese. Aus diesem Grund spielen sie in modernen Programmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung eine Schlüsselrolle – auch in Corona-Zeiten.

Betriebliche Gesundheitsstrategien sind ein zentrales Erfolgsmodul.

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nfang 2019 stellten Verantwortliche in Versicherungsunternehmen fest, dass die Zahl der krankheitsbedingten Fehltage der Mitarbeiter im zurückliegenden Kalenderjahr gestiegen war  – insbesondere die psychischen und stressbedingten Erkrankungen nahmen zu. Deshalb entschied das Unternehmen, mit Unterstützung des Machwürth Team International (MTI) eine Qualifizierungsinitiative zu starten, die darauf abzielte, das Gesundheitsbewusstsein der Mitarbeiter und deren Resilienz zu stärken sowie die Kompetenz der Führungskräfte, ihre Mitarbeiter auch gesundheitsorientiert zu führen, zu erhöhen.

EIN PILOTPROJEKT MIT ERFOLG Als Pilotbereich für das Projekt wählte eine Versicherungsgesellschaft den Vertrieb, in dem fast 2 000 Mitarbeiter im Aussendienst und etwa 300 Mitarbeiter im Innendienst arbeiten. Aus den folgenden Gründen: Die Aussendienstmitarbeiter, die oft selbstständige Handelsvertreter sind, haben aufgrund ihrer Kundentermine nicht nur einen sehr unregelmässigen Arbeitsalltag, sie müssen diesen auch weitgehend selbst strukturieren. Und ihre Führungskräfte? Sie müssen die Mitarbeiter ihrer Vertriebsregion weitgehend aus der Ferne führen. Auch daraus resultieren besondere Anforderungen und Belastungen. Für das Projekt definierte der Konzern im Dialog mit MTI folgende Teilziele: > das Gesundheitsbewusstsein der Mitarbeiter und ihrer Führungskräfte zu fördern > ihre Selbstführungskompetenz zur Gesundheit zu erhöhen > ihre Motivation, regelmässig Gesundheitssport zu treiben zu erhöhen > ihre körperliche Leistungsfähigkeit steigern > ihr Ernährungsverhalten optimieren > ihre Kompetenz, Stress zu erkennen und zu bewältigen, zu erhöhen > ihre Gesundheitsrisiken minimieren > ihr persönliches Wohlbefinden steigern > das aktive Gesundheitsmanagement forcieren und die Fehlzeitenquote senken Dabei war für alle Beteiligten klar, dass die Führungskräfte für den Erfolg des Projekts eine Schlüsselrolle spielen, denn sie prägen weitgehend die Rahmenbedingungen der Arbeit ihrer Mitarbeiter und haben eine

Gesunde Mitarbeiter führen zum Unternehmenserfolg.

Vorbildfunktion für diese. Folglich können sie einen zentralen Beitrag zur Stärkung der Gesundheit und zur Förderung eines gesundheitsorientierten Verhaltens ihrer Mitarbeiter leisten. Aus diesem Grund entschied das Projektteam, dass die Führungskräfte das Thema gesundheitliche Eigenverantwortung bei den Mitarbeitern aktiv vermitteln müssen. In das Qualifizierungsprogramm für die Führungskräfte wurde auch ein Modul integriert, bei dem diese lernen, ihre Führungs- und Vorbildfunktion zum Thema Gesundheit aktiv wahrzunehmen und einen regelmässigen Dialog mit ihrem Mitarbeiter über das Thema Gesundheit zu führen. Das mit dem Ziel, dass die Mitarbeiter für sich Strategien zur Förderung ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit entwickeln.

QUALIFIZIERUNGSPROGRAMM Der Versicherungskonzern entschied das beschlossene Konzept zunächst nur in einer Vertriebsregion mit 48 Führungskräften und 396 Mitarbeitern zu realisieren. Nach der Evaluierung dieses Pilotprojekts sollte über ein mögliches Roll-out entschieden werden. Den Auftakt der Qualifizierungsinitiative bildeten vier zweitägige Veranstaltungen für jeweils ein Dutzend Führungskräfte. In ihnen wurde den Führungskräften unter anderem vermittelt, dass sie bezüglich der Gesundheitsförderung und -prävention in ihrem Bereich drei Funktionen haben: zum einen ein Vorbild für ihre Mitarbeiter und Multiplikator eines gesundheitsfördernden Verhaltens. Zweitens «Kreatoren» eines gesundheitsfördernden Arbeitsklimas und drittens der Ansprechpartner bei Gesundheitsthemen und -sorgen der Mitarbeiter sowie Mitgestalter der betrieblichen Rahmenbedingungen. Am ersten Tag lag der Fokus auf dem eigenen Gesundheitsverhalten, denn nur wer sich selbst gesund fühlt, kann auch andere

Menschen gesund führen. Zum Einstieg reflektierten die Führungskräfte ihren Gesundheitszustand und wie die fünf Ebenen der Gesundheit sich wechselseitig beeinflussen. Dabei lauteten die Kernfragen: Wer trägt die Verantwortung für die eigene Gesundheit? Und in welcher Form und in welchem Umfang geschieht dies? Anschliessend wurden in sechs Mini-Workshops die Grundlagen des Zusammenwirkens der verschiedenen Ebenen von Gesundheit vermittelt und vertieft. An jeder Station notierten die Teilnehmer für sie wichtige Erkenntnisse und formulierten die hieraus resultierenden Veränderungsimpulse für ihre Gesundheitsstrategie.

DIE FÜNF EBENEN DER GESUNDHEIT Ergänzend zu den Trainingseinheiten erhielt jede Führungskraft am Morgen des zweiten Tages ein 30-minütiges Gesundheitscoaching. Auf der Grundlage der mitgebrachten persönlichen Daten wurde mit einem Arzt im Vier-Augen-Gespräch die aktuelle Gesundheitssituation ermittelt. Als Basis dazu diente ein Herzratenvariabilitäts-Check (HRV), der durch einen Fitnesstest, eine Blutzucker- und Blutdruckmessung sowie eine Ermittlung des BMI ergänzt wurde. Aufgrund der Ergebnisse hiervon ergänzten die Führungskräfte mit dem ärztlichen Coach ihre Gesundheitsziele und -strategien unter Berücksichtigung ihrer Lebenssituation. Am Abend trieben sie dann mit ihren Kollegen angeleitet durch einen Trainer aktiv Sport oder lernten Entspannungsübungen kennen. Am zweiten Tag lag der Schwerpunkt auf dem Thema «Gesund führen». Die Führungskräfte reflektierten Situationen, in denen sie selbst Führung erlebten. Sie identifizierten Verhaltensweisen ihrer Führungskräfte, die sie selbst als kränkend und somit krankmachend empfanden

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oder die ihre Leistungsmotivation und -fähigkeit minderten. Danach erarbeiteten sie konkrete Verhaltensanleitungen und -maximen für eine gute und gesunde Führung im eigenen Führungsalltag. Circa ein halbes Jahr nach den Auftaktveranstaltungen folgten eintägige Reflexionsseminare. In ihnen reflektierten die Führungskräfte im Kollegenkreis ihre Erfahrungen mit ihrer Gesundheitsstrategie in den zurückliegenden Monaten im Betriebs-, Führungs- und Lebensalltag. Zudem ermittelten sie ihre persönlichen «Antreiber» und machten sich ihre unbewussten Erwartungen sowohl an sich selbst als auch an die Personen in ihrem Umfeld bewusst. In Trainingseinheiten wendeten sie zudem die Instrumente eines gesunden Führens auf konkrete Führungssituationen an. So erwarben die Führungskräfte Schritt für Schritt die Kompetenz, mit den Tools in ihrem «Werkzeugkoffer für gesunde Führung» ihre Führungsarbeit am Ziel, die eigene Gesundheit und die der Mitarbeiter fördern, auszurichten.

QUALIFIZIERUNGSPROGRAMM FÜR DIE MITARBEITER Folgend fanden eintägige Präsenzseminare für die Mitarbeiter unter der Überschrift «Gesundheit ist nicht alles, doch ohne Gesundheit ist alles nichts» statt. Auf diese Veranstaltungen wurden die Mitarbeiter von ihren Führungskräften eingestimmt – mittels der Infos, die sie selbst in ihrer Auftaktveranstaltung erhalten hatten. In den Seminaren beschäftigten sich die Mitarbeiter ebenfalls mit den fünf Ebenen der Gesundheit und deren Zusammenspiel. Wie bei einem Zirkeltraining durchliefen sie verschiedene Stationen, an denen sie Wissenswertes über folgende Themen erfuhren: Ernährung, Bewegung, Schlaf und Entspannung, Selbstführung und Veränderung sowie Stress- und Beziehungsmanagement. Die Inhalte der Zirkelstationen waren identisch mit den Inhalten am ersten Tag der Führungskräfte-Auftaktveranstaltung, und wie zuvor ihre Führungskräfte entwarfen die Teilnehmer anhand der gewonnenen Erkenntnisse ihre persönliche Gesundheitsstrategie. Nach diesem Auftakt folgten in den anschliessenden Monaten mit einem zeitlichen Abstand von sechs bis acht Wochen Intensiv-Workshops. Dort reflektierten die Vertriebsmitarbeiter ihre bisherigen Erfahrungen beim Umsetzen ihrer Gesundheitsstrategie. Zudem erhielten sie in selbst gewählten

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Trainingseinheiten weitere Impulse zu den fünf Dimensionen von Gesundheit.

TOOLS FÜR DIE UMSETZUNG Das nachhaltige Umsetzen der Gesundheitsstrategie wurde durch umfangreiche Massnahmen seitens MTI unterstützt. So wurden unter anderem Workbooks mit den Inhalten der Präsenzveranstaltungen zur Selbstreflektion erstellt. Dabei wurde auf eine attraktive Aufbereitung grossen Wert gelegt – mit den Workbooks als regelmässiger Begleiter der Mitarbeiter beim Umsetzen ihrer Gesundheitsstrategien. In einem Intranet-Forum des Versicherungskonzerns folgten regelmässig Lern- und Change-Impulse in Form von Erfolgsgeschichten, Podcasts, Readern, Videos, Checklisten und Weiteres zur individuellen Nutzung. Beim Umsetzen der Gesundheitsstrategie erhielten die Mitarbeiter und Führungskräfte Unterstützung durch eine Coaching-App. In ihr können sie ihre Erfahrungen und Fragen mit Coaches reflektieren. Sie können zudem individuelle Coachings mit einem MTI-Coach vereinbaren, die meist in Form von Video-Coachings erfolgen, weil diese eine bessere Beziehungsqualität als Telefon-Coachings garantieren. Beim Buchen eines solchen können die Coaches vorab dessen Fokusthemen bestimmen und das System schlägt ihnen dann einen Spezialisten als Coach vor.

GESUND DURCH DEN LOCKDOWN Um den Erfolg der Qualifizierungsinitiative zu evaluieren, wurde im November 2019, circa drei Monate nach den letzten Präsenzseminaren, eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Sie ergab, dass über 90 Prozent der Mitarbeiter der Auffassung sind, dass die Führungskräfte – seit sie an dem Programm teilnahmen – stärker auf den Aspekt Gesundheit beim Führen achten. Zudem betonten fast zwei Drittel der Teilnehmer, dass sie die meisten der im Programm beschlossenen Verhaltensänderungen beibehalten haben. Eine Auswertung der Personalabteilung zeigte zudem, dass die krankheitsbedingten Fehltage gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um 11.8 Prozent gesunken sind. Deshalb entschied die Versicherungsgesellschaft Ende  2019, das Qualifizierungsprogramm  2020 weitgehend unverändert auch in anderen Unternehmensbereichen durchzuführen. Dieses Vorhaben wurde im März 2020 Corona-bedingt auf Eis gelegt – unter anderem, weil bedingt durch den Lockdown

Die Stärkung des Gesundheitsbewusstseins.

Präsenzseminare nicht mehr möglich waren. Dessen ungeachtet beschloss das Versicherungsunternehmen, das Qualifizierungsprogramm in modifizierter Form fortzuführen, weil die Unternehmensleitung der Auffassung war: Gerade jetzt müssen wir an unsere stark verunsicherten Mitarbeiter das Signal senden: «Ihr und Euer Wohlbefinden sind uns wichtig.»

AUS DER FERNE GEFÜHRTE MITARBEITER Zugleich wurden die Zielgruppen des Programms neu priorisiert. Die Unterneh-


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mensleitung entschied, dass zunächst die Mitarbeiter nebst ihren Vorgesetzten im Mittelpunkt stehen sollen, die aus der Ferne oder virtuell geführt werden – unabhängig davon, ob es sich bei ihnen um Aussendienstmitarbeiter oder Mitarbeiter im Home Office handelt. Dies auch, weil die Verantwortlichen in dem Unternehmen befürchteten: Wenn wir an diese Mitarbeiter nicht gezielt das Signal senden, «Ihr seid uns wichtig», besteht die Gefahr  – wenn die Pandemie länger andauert – aufgrund der fehlenden persönlichen Treffen, dass die Bindung ans Unterneh-

men bröckelt. Also wurde das bestehende Programm mit MTI-Unterstützung so umgestrickt, dass die Seminarmodule auch online stattfinden können und im Gesamtprogramm noch stärker die Situation der Mitarbeiter, die aus der Ferne geführt werden, berücksichtigt wird. Zudem flossen in die Seminare für die Führungskräfte verstärkt praktische Erfahrungen aus dem Vertrieb, in dem auch vor der Corona-Pandemie ein Grossteil der Mitarbeiter (weitgehend) aus der Ferne geführt wurde, ein  – gemäss der Maxime: vom Vertrieb lernen.

SABINE MACHWÜRTH ist Mitglied der Geschäftsleitung der international agierenden Managementberatung Machwürth Team International (MTI Consultancy). www.mticonsultancy.com

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Die Kombination von mechanischer und elektrostatischer Filterung macht den Unterschied.

LUFTQUALITÄT IST LEBENSQUALITÄT LUFTREINIGER IM PRAXISTEST von Elisa Beck und Georg Lutz

Atmen geschieht für uns ganz automatisch. Zu jeder Tages- und Nachtzeit nehmen wir unzählige Atemzüge, ohne überhaupt darüber nachzudenken. Allerdings spüren wir in klassischen Grossraumbüros, aber auch in trendigen Co-Working-Centern die trockene und oft staubige Luft. Sie stört die Normalität, wir fühlen uns unwohl und arbeiten weniger konzentriert. Jetzt in Pandemiezeiten ist saubere Luft nochmal ein ganz zentrales Thema in unseren Arbeitsräumen geworden. Es liegt auf der Hand, einen Luftreiniger anzuschaffen. Nur gibt es hier qualitativ grosse Unterschiede. Der Anbieter Philips hat seine Lösungen in Form von Testgeräten bei Kunden auf Herz und Nieren prüfen lassen.

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er einmal zur Erkältungszeit eine verstopfte Nase hatte, weiss, wie erlösend es ist, endlich wieder frei durchzuatmen. Hartnäckige Gerüche beeinträchtigen die Luftqualität im Raum oft über Stunden. Wer hat wieder mit Knoblauch gekocht? Doch auch ohne Gerüche ist die Luftqualität wichtig für das Wohlbefinden. Stickige Büros unterdrücken jede Konzentration. Zuletzt hat uns die Pandemie ganz akut mit der Angst vor unsichtbaren Viren in der Luft konfrontiert. Lüften ist wieder en vogue. Wagen wir einen ersten Blick auf die Testgeräte, die auch in einem Raum bei uns standen. Der überraschend kleine Lüftungshelfer von Philips, die Geräte für voluminösere Räume sind nur unwesentlich grösser, kann an beliebiger Stelle in

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einem Raum positioniert werden. Er verfügt über ein Gebläse – leiser wie herkömmliche Geräte – welche Raumluft ansaugt, diese durch Filter leitet und die gereinigte Luft wieder an den Raum abgibt. Somit ähnelt der Effekt dem Lüften mit sauberer Aussenluft.

HERAUSFORDERUNGEN UND SCHEINLÖSUNGEN Allerdings gibt es einige Stolpersteine. Der Lufteiniger soll einerseits Klimatisierung und Luftreinigung ermöglichen, aber andrerseits gleichzeitig mit günstigen Anschaffungskosten punkten. Die Folgen können fatal sein. Billige und klassische Lösungen verfügen meist nur über Schmutzfilter, die ein Umwirbeln von Staub verhindern sollen. Die Hygiene und umfassende Filterung spielen hier eine eher untergeordnete Rolle.

Bei Viren und Bakterien ist es zudem besonders wichtig, sie zwar anzusaugen, aber nicht mit der temperierten Luft durch das Gerät wieder auszublasen und im Raum zu verteilen. Das wäre eine Scheinlösung. Es gilt, die Schädlinge fernzuhalten. Schimmelsporen, Pollen, Staubmilben, Partikel, Gerüche, flüchtige organische Verbindungen, Viren und Schuppen von Tieren und natürlich Staub heissen die Quälgeister. Die Arbeitsaufgaben der Lüftungsgeräte sind ohne Frage beachtlich. Die Verantwortlichen von Philips wollen sich aber genau an diesen Herausforderungen messen lassen.

KOMPLEXE TECHNIK Die Technik, die in den Philips-Lösungen steckt, muss aus den angeführten Aufgaben deutlich komplexer aufgestellt s­ ein. Der Luftdurchsatz eines Luftreinigers (CADR-


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Wert) ist dabei wichtiger als die allgemeine Effizienz des Filters. Dieser Wert beschreibt das Mass für die zur Verfügung gestellte saubere Luft. Philips-Luftreiniger verwenden eine Kombination aus mechanischer und elektrostatischer Filterung, die einen hohen Luftdurchsatz möglich macht. Die stärksten Modelle können Werte von bis zu 500 Kubikmetern pro Stunde erreichen. Philips verwendet in all seinen Luftreinigern NanoProtect-HEPA-Filter. Dadurch werden bis zu 99.97 Prozent der in der Luft befindlichen Partikel bis zu einer Grösse von 0.003 μm (entspricht drei Nanometern) entfernt sowie Partikel, welche den Filter passieren, wie Bakterien, Allergene, Russ, Staub und Rauch, aus der Luft gefiltert. Der Filter verwendet eine Kombination aus mechanischer und elektro­ statischer Filterung – dieses Filterdesign ermöglicht eine optimale Grösse und bessere Luftzirkulation.

AUF EINEN BLICK Verschiedene Intensitätsstufen helfen dabei, die Geräuschkulisse möglichst gering zu halten, ohne die Effektivität zu beeinflussen. Das Farbschema ist unaufdringlich und elegant. Ein Hingucker ist auch die vierstufige Farbanzeige für die Luftqualität in Echtzeit: Bei guter Luft leuchtet sie in Blau, bei abnehmender Qualität verändert sich die Farbe hin zu Rot, sodass ein Blick genügt, um sich über den Zustand zu vergewissern. Auch in der Nacht bleibt der Reiniger unaufdringlich, indem er die Anzeigeleuchte dimmt und das Gerät im leisesten Modus betrieben wird.

BEISPIELE MIT ANSPRUCH Bekanntlich ist das beste Überzeugungsargument und Härtetest ein praktischer Testeinsatz im herausfordernden Büroalltag. Das haben auch wir in unserem Verlag so empfunden, und nachdem ein erster Beitrag in kmuRUNDSCHAU publiziert wurde, ein Testgerät im Einsatz gehabt. Springen wir in die Praxis und schauen wir uns einige Unternehmen aus der Nähe an, die die Geräte von Philips getestet haben. In einer Zahnarztpraxis ist es sauber und hell, eben klinisch rein. Ein Lüftungsgerät ist da fast schon eine Selbstverständlichkeit. So auch bei Züri Zahni im Glattpark in Zürich. Die Verantwortlichen haben das Modell AC0820 / 10 in mehreren Behandlungsräumen getestet. Dieser Luftreiniger ist bestens geeignet für kleinere Räume – bis 49 Quadratmeter. Zahnärztin Andrea Zimmermann betont. «Das schöne, schlichtes Design, das gut zu unserer Praxis passt, hat uns auf den ersten Blick überzeugt. Das Handling ist einfach. Das Wichtigste aber ist: Der Luftreiniger schafft vor allem in Zeiten wie Corona ein gutes Gefühl.» Allerdings braucht es für einzelne Behandlungsräume gegebenenfalls einen grösseren Luftreiniger, da der Luftreiniger auf Turbo schaltet, wenn ein Raum zu gross ist. Wie gut, dass man testen kann. In der Turm Handels AG (oder auch Turm Kaffee in St. Gallen) geht es um hochwertigen Kaffeegenuss. Hier muss das Ambiente, die Atmosphäre und damit auch die Luftqualität stimmen. Turm Kaffee hat das Modell AC4236 / 10 zunächst in seinem Grossraumbüro getestet. Dieser Luftreiniger ist bestens geeignet für Räume bis 130 Quadratmeter. Da die Resonanz über die verbesserte Luftqualität bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern positiv war, wird der Luftreiniger künftig auch in der Barista Akademie von Turm Kaffee eingesetzt. CEO Sara Leuthold ist sehr zufrieden. «Er macht nicht so laute Geräusche wie die anderen, und unsere Kunden fühlten sich bestens aufgehoben.»

küche sorgt der Luftreiniger nun auch für ein angenehmeres Kundengefühl. Der Leiter des Marketings, Manuel Marzorati, bemerkt anerkennend: «Die Luftqualität hat sich subjektiv verbessert, vor allem im betroffenen Büro.» Er hat aber auch einen Kritikpunkt, der aber gelöst werden kann: «Der Lautstärkepegel auf Stufe Turbo ist zu immens. Wir werden das Problem mit einem zweiten Luftreiniger lösen.» Auch der Coiffeur-Salon jatta hair & make up GmbH in Zürich hat das Modell AC2939 / 10 (geeignet für Räume bis 85 Quadratmeter) getestet. «Der Luftreiniger hat ein sehr schöne Design, ist leicht bedienbar und leise noch dazu. Ich kann jedem KMU in der Corona-Zeit nur empfehlen, sich einen Luftreiniger anzuschaffen. Das gibt mir selbst, aber auch meinen Kunden ein sichereres Gefühl», so Jamila Attia Aregger, Inhaberin des Coiffeur-Salons. Die Luftreiniger können gerade in der aktuellen Lage einen Unterschied machen und ein besseres Raumgefühl vermitteln. Das ist der Game Changer für die intern Beschäftigen in den Unternehmen, selbst aber auch für externe Kunden, die zu Besuch kommen. Auch nach der Corona-Zeit wollen die KMU die Luftreiniger weiter im Einsatz behalten. Das wichtigste Argument sind aber die zusammenfassenden Einschätzungen der Testpersonen. Sie bestätigen, dass sich die Luftqualität merklich verbessert hat, und empfehlen die Philips-Luftreiniger definitiv weiter.

Funktionierende Technik und Wohlfühlatmosphäre gehören zusammen.

In den Räumen der Hans Eisenring AG in Sirnach geht es um qualitativ sehr hochwertige Küchen, in deren Rahmen Natursteine eine grosse Rolle spielen. Das Modell AC4236 / 10 (für Räume bis 130 Quadratmeter) für das Büro und das Modell­ 1x AC2939 / 10 (für Räume bis 85 Quadratmeter) wird im Rahmen einer stylischen Demoküche eingesetzt. In der Demo­

ELISA BECK ist Redaktorin bei kmuRUNDSCHAU.

GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei kmuRUNDSCHAU. www.philips.ch

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(Vegane) Mittagspause für eine gerechtere Welt.

VEGAN EN VOGUE WIE EINE PANDEMIE UNSER ESSVERHALTEN PRÄGT von Stefanie Giardina und Rebecca Grunder

Ein Virus frisch vom Tiermarkt, Restaurants im Shut-Down und Foodporn en masse auf Instagram. Corona rückt das Thema Ernährung weiter in den Fokus der Gesellschaft. Was in der Vergangenheit oft nebensächlich geschah, wird heute zur persönlichen Identifikation, wird zelebriert und hinterfragt.

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esonders pflanzenbasierte Ernährungsformen scheinen den Nerv der Zeit zu treffen. Das Bewusstsein für nachhaltige, ökologische, ethische und vor allem gesunde Alternativen zu tierischen Produkten wächst. Mehr und mehr Studien belegen, dass eine ausgewogene pflanzen-

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basierte Ernährung sich positiv auf unser System auswirkt. Sei es auf Blutdruck, Cholesterin, Fettsäuren oder das Immunsystem. So scheint es nicht erstaunlich, dass in Zeiten von Pandemie und Klimakrise immer mehr Menschen überzeugt sind: Zurück zur Natur heisst, zurück zum Glück!

Die Lebensmittelbranche hat die Entwicklung erkannt. Immer mehr Sternchen tauchen am veganen Gourmet-Himmel auf und die Detailhändler erweitern ihr Sortiment nach und nach mit pflanzlichen Alternativen. Milch aus Erbsenprotein, Joghurt aus der Cashewnuss, ja sogar Lachs aus


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geräucherten Bio-Rüebli. Der Verzicht auf tierische Produkte wird leicht gemacht und die Innovationen punkten nicht nur in Sachen Ethik und Nachhaltigkeit, sondern auch im Geschmack. Irgendwann wird diese Pandemie wohl überstanden sein und Mitarbeitende treffen sich wieder am Arbeitsplatz zu Znüni und Zmittag. In den Köpfen der Belegschaft hat sich Einiges getan. Gesundheit, Ökologie, Nachhaltigkeit und Tierhaltung werden mehr denn je thematisiert. Sie betreffen uns alle und entscheiden nicht zuletzt, wohin sich unsere Gesellschaft bewegt. So wird die eine oder andere Diskussion ihren Weg auch an den Mittagstisch finden und womöglich zum Umdenken anregen.

KANN DER BETRIEB MITHALTEN? Für KMU mit eigener Kantine ist das Einbauen von vegetarischen oder veganen Menüs keine grosse Hürde. Aber auch Unternehmen ohne Verpflegungsangebot können die neue Bewegung fördern, in-

dem sie pflanzenbasierte Produkte offerieren. Sei es als tägliche Snacks oder als Verpflegung bei Meetings und besonderen Anlässen. Dank der leichten und bekömmlichen Kost gehen Mitarbeitende klarer, konzentrierter und vor allem motivierter zurück an die Arbeit. Ganz nebenbei setzt sich die Belegschaft für ein gemeinsames Anliegen ein. Das fördert den Austausch und nicht zuletzt auch den Zusammenhalt. Der Betrieb wiederum «outet» sich als fortschrittlicher, innovativer, nachhaltiger (CO2-Bilanz), offener und ethischer Arbeitgeber – was sich ebenfalls positiv auf die Mitarbeiterbindung und -gewinnung auswirkt. Vegane Ernährung hat also nichts mit Verzicht und Ausschluss zu tun, im Gegenteil! Sie fördert den Zusammenhalt und offenbart eine Vielzahl an neuen kulinarischen Möglichkeiten und Geschmackserlebnissen – vorausgesetzt, man ist offen dafür. Mittlerweile gibt es auch in kleineren Märkten eine Auswahl an veganen Alternativen. Ein Handgriff im Supermarkt-

regal macht den Unterschied; So einfach ist das 2021. Der Crew schmeckt’s, der Umwelt bekommt’s.

STEFANIE GIARDINA ist Leiterin HR bei New Roots AG.

REBECCA GRUNDER ist Leiterin Business Development und Communication bei New Roots AG. www.newroots.ch

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Kreativität braucht Raum.

ZEIT FÜR DIE ZUKUNFT DURCH PROJEKTE KREATIVITÄT FÖRDERN von Anne M. Schüller

Vielen Unternehmen fehlt Zeit für die Zukunft. Oder sie nehmen sich keine. Das ist fatal. Um auch in Zukunft erfolgreich zu sein, braucht man Freiraum für neue, andere, bessere Ideen. Freitagnachmittag-Projekte sind dafür wie geschaffen.

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berall auf der Welt definieren Visionäre gerade das Mögliche neu. Vor allem die technologischen Innovateure sind wie auf Speed. Über alle Grenzen hinweg entwickeln sie Initiativen, die Ideen, Wissen und Können neu miteinander verknüpfen – und so unser Leben verbessern. Disruptiv kombinieren sie Technologien und vernetzen die virtuelle mit der realen Welt auf immer andere, kühne, noch nie dagewesene Weise. Neuerungen können aber nur dort entstehen, wo es den passenden Nährboden gibt: die Erlaubnis zum Widerspruch, eine ergebnisoffene Lernkultur und Freiraum zum Experimentieren. Zudem braucht es Menschen, die sich als Vorreiter und Pioniere mit Mut, Biss und Tatendrang ins Neu-

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land wagen. Dort, wo noch niemand vor ihnen war, sehen sie vor allem die Chancen, weniger das Risiko und die Gefahr. Solche Menschen werden Weiterdenker oder bisweilen auch Game Changer und Corporate Rebels genannt. Sie sind Wachrüttler, Kundschafter, Wegbereiter, Andersmacher, Vorwärtsbringer, Übermorgengestalter. Sie sprühen vor Ideen, wie man das, was in die Jahre gekommen ist, besser machen könnte, sollte und müsste. Sie sind Helfershelfer auf dem Weg in die Zukunft, Lotsen in die kommende Zeit. Sie denken um die Ecke und über den Tellerrand, oftmals im Kleinen, manchmal auch im ganz Grossen. Viele von ihnen sind Generalisten. Über ihre eigentliche

Expertise hinaus haben sie etliche fachübergreifende Interessen, sodass sie ganzheitlicher handeln und umfassender einsetzbar sind. Sie haben Kompetenzen auf mehreren Arbeitsgebieten und denken in grossen Zusammenhängen. Dort, wo ein Experte nur Ausschnitte sieht, bringen sie als interne «Brückenbauer» das Beste aus vielen Bereichen zusammen.

IHRE MITARBEITER HABEN KEINE GROSSEN IDEEN? Will man sich aus der Belanglosigkeit und dem Mittelmass des bereits Etablierten zügig befreien, braucht es ständig neue Ideen – von Menschen, die aussergewöhnliche Dinge denken und tun. Indem man die «Ideenfunken» seiner internen Freigeister einfallsreich nutzt, macht man


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sich spannend – und damit begehrlich. Man kann gar nicht genug verrückte Ideen haben, um seine Kunden immer wieder neu zu betören. Und man braucht viele Ideen. Denn nur, wer viel würfelt, der würfelt am Ende auch Sechser. «Meine Mitarbeiter haben aber keine wirklich guten Ideen», meinte neulich einer. Manche Obere glauben tatsächlich noch immer, sie müssten alles selbst am besten wissen und ihren Leuten sagen, wie die Dinge zu laufen haben. Sie können sich schlecht auf fremde Sichtweisen einlassen und nur schwer akzeptieren, wenn auch andere mit Einfällen glänzen. Dabei gelingt es am besten gemeinsam, Ideen zu entwickeln, die zuvor noch niemand hatte und auf die man allein nicht gekommen wäre. Wenn genügend kluge Köpfe zusammenkommen, lässt sich jedes Problem lösen. Im Rahmen einer Haufe-Studie wurden dazu knapp 12’000 Mitarbeiter aus Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Das Ergebnis: > 84 Prozent wünschen sich mehr Mitsprachemöglichkeiten bei operativen Entscheidungen, > 77 Prozent wären motivierter, wenn sie mehr einbezogen würden, und > 73 Prozent glauben, dass die eigene Firma erfolgreicher wäre, wenn sie sich stärker einbringen könnten. Mitarbeiter geben ihre Ideen aber nur dann preis, wenn sie glauben, dass diese Wertschätzung erfahren. Und wenn sie wissen, dass Fehler kein Beinbruch sind. Denn Fehler sind der Preis für Evolution und Innovation. Fehler machen bedeutet: üben, um siegen zu lernen. Mit einer solchen Einstellung können nicht nur Verbesserungsinitiativen, sondern auch bahnbrechende Innovationen gelingen.

SPIELRAUM FÜR FREITAGNACHMITTAG-PROJEKTE Für Innovationen haben Sie eine Abteilung? Besser ist es, die «Weisheit der Vielen» zu nutzen und jeden hilfreichen Einfall zu integrieren, ganz egal, woher er kommt. Je mehr unterschiedliche Perspektiven eingebracht werden, desto eher werden anstehende Aufgaben wirksam gelöst und gänzlich neue Ideen gefunden. Gerade die ambitionierten Weiterdenker haben oft einen Riecher für Chancen am Markt. Geben Sie diesen Personen und ihren anfangs oft vagen Vorstössen Raum zur freien Entfaltung. «Eigenzeit» zwecks Fortentwicklung kreativer Gedanken ist unglaublich wichtig. Denn in der Hektik des Tagesgeschäfts ist meist keinerlei Platz, sich ausgiebig mit der Zukunft des Unternehmens zu befassen. Gestatten Sie Ihren Freigeistern also zum Beispiel, dass sie für eine Dauer von vier bis sechs Wochen freitags nach 14 Uhr an ihren eigenen Projekten arbeiten dürfen. Lassen Sie sie in dieser Zeit unbehelligt, verlangen Sie auch keine Zwischenberichte. Am Ende der festgelegten Periode sollen sie unternehmerisch sinnvolle Vorschläge für das weitere Vorgehen machen. Bei Gore, unter anderem Hersteller von Gore-Tex, nennt man dieses Konzept die Steckenpferdzeit. Von vielen Unternehmen aus der Digitalwirtschaft sind ähnliche Initiativen bekannt. So hat Google mit der 20-Prozent-Spielzeit Furore gemacht. In dieser Zeit durften die Mitarbeiter an Projekten arbeiten, die sie ganz persönlich interessierten. «50 Prozent aller neuen Google-Produkte kamen aus dieser 20-Prozent-Zeit», berichtete Marissa Mayer, die bei Google federführend tätig war, anlässlich einer Vorlesung an der Stanford University.

QUERDENKER VERZWEIFELT GESUCHT Warum die Zukunft der Unternehmen in den Händen unkonventioneller Ideengeber liegt Mit einem Vorwort von Gunter Dueck Gabal Verlag 2020, 240 Seiten ISBN: 978-3-86936-998-3

Auch der Softwarehersteller Adobe macht Innovationen zu einem gelebten Teil der Unternehmenskultur. Dazu wurde ein Tool namens Kickbox entwickelt, mit dem Adobe seine Mitarbeiter zu Erfindern macht. Wer an diesem Programm teilnehmen will, erhält im Rahmen einer Einführungsveranstaltung eine rote Schachtel. Sie enthält Anweisungen, um selbst einen Innovationsprozess zu starten. Ausserdem befindet sich in der Box eine Prepaid-Kreditkarte mit einem Limit von 1 000 Dollar für die Anschubfinanzierung. Zudem können sich die Beschäftigten für bis zu 40 Prozent ihrer Arbeitszeit freistellen lassen, um ihr jeweiliges Projekt zu entwickeln.

ANNE M. SCHÜLLER ist Managementdenker, Keynote-­ Speaker, Autorin und Businesscoach. Mit Kreativität die Zukunft formen.

www.anneschueller.de

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KOLUMNE

NACHFOLGEREGELUNG BRAUCHT VERANTWORTUNG von Rudolf Obrecht

I

m beruflichen Leben eines Unternehmers gibt es zwei zentrale Momente. Der erste ist die Gründung. Sie macht eine Person erst zur Unternehmerin beziehungsweise zum Unternehmer. Dieser Schritt in die Selbstständigkeit erfordert Mut und Selbstvertrauen. Viele Menschen träumen davon, sich selbstständig zu machen, schrecken aber vor der grossen Verantwortung zurück. Der zweite Moment wird oftmals vergessen. Es ist ein vergleichbarer Schritt, der ein hohes Mass an Selbstreflektion und Entschiedenheit verlangt, nämlich die Regelung der eigenen Nachfolge. Aktuell sind in der Schweiz rund 70’000 bis 80’000 Unternehmen mit dem Thema Nachfolgeregelung konfrontiert. Es geht dabei um rund 400’000 Arbeitsplätze; der grösste Teil davon im KMU-Bereich. Ich bin überzeugt, dass die Organisation der Nachfolge die wichtigste Aufgabe im Leben eines Unternehmers ist. Verantwortung für die eigenen Mitarbeitenden und die eigene Firma zu übernehmen, bedeutet auch, sich der persönlichen beruflichen Endlichkeit bewusst zu sein und entsprechend zu planen und zu handeln. Hochrechnungen gehen davon aus, dass rund 25 Prozent der Unternehmen in der Schweiz keine geeignete Nachfolge für die Weiterführung finden werden. Dadurch ist eine beträchtliche Anzahl an Arbeitsplätzen gefährdet. Um dies zu verhindern, müssen sich Unternehmer mit dem Thema auseinandersetzen und rechtzeitig entsprechende Schritte einleiten. Die Übergabe einer Firma erfolgt nicht in Tagen oder Wochen und eine erfolgreiche Nachfolgeplanung nimmt normalerweise drei bis sechs Jahre in Anspruch. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen sich zwingend früh genug mit dieser Frage auseinandersetzen.

Firma zu übergeben, ist der Schritt des endgültigen Loslassens. Es ist vergleichbar mit dem Moment, wenn das Kind von zu Hause auszieht. Das Ende eines Zyklus ist jedoch oft auch der Beginn von neuen Aktivitäten, die vorher unvorstellbar waren. Persönlich eröffnen sich mit diesem Schritt ungeahnte und inspirierende Perspektiven für ein Leben danach. Im ganzen Prozess der Nachfolgeregelung sehen wir uns als Partner für KMU verschiedener Branchen und Segmente. Der Fokus der F. G. Pfister Holding liegt auf langfristigen Beteiligungen im Industrie- und Dienstleistungssektor. Wir wollen jene Unternehmer ansprechen, die für ihr Lebenswerk eine Lösung über Generationen suchen. Basis unseres unternehmerischen Engagements ist der Stiftungszweck der F. G. Pfister Stiftung, der Besitzerin der F. G. Pfister Holding. Dieser Zweck umfasst drei Grundpfeiler: die Sicherung der Selbstständigkeit der Unternehmensgruppe, die Vorsorge und das Wohl aller Mitarbeitenden sowie die Förderung der Innovation zum Nutzen der Schweizer Wirtschaft und unseres Lebensraums. Aus diesem Grund hat sich die F. G. Pfister Holding entschieden, explizit beim Problem der Nachfolgelösungen anzusetzen und KMU in dieser Thematik zu unterstützen. Es geht darum, in erster Linie Arbeitsplätze in der Schweiz zu erhalten, neue zu schaffen und damit den Werkplatz Schweiz nachhaltig zu stärken.

RUDOLF OBRECHT ist Executive Chairman der F. G. Pfister Holding AG.

Es ist natürlich verständlich, dass die Beschäftigung mit dem eigenen Rücktritt gerne auf die lange Bank geschoben wird. Die

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www.pfisterholding.ch


KOLUMNE

VOM START-UP ZUM ETABLIERTEN UNTERNEHMEN von Tom Schlup

B

ei unseren zahlreichen, spannenden Treffen mit aufstrebenden Jungunternehmen aus der ganzen Schweiz und aus verschiedensten Branchen begegnen wir ganz unterschiedlichen Teamkonstellationen und Entwicklungsstadien von Organisationen. Dabei begleiten wir die Unternehmen und die Menschen dahinter über einen längeren Zeitraum und können somit auch die Entwicklungen dieser Persönlichkeiten mitverfolgen. Dabei lässt sich sagen, dass eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung massgeblich mit der Persönlichkeitsentwicklung der Firmengründer zusammenhängt. Gerade bei jüngeren Unternehmern und Unternehmerinnen ist in der Start-up-Ära einer Firma oft ein hohes Mass an Leidenschaft, Mut und auch eine gewisse Unbeirrbarkeit festzustellen. Dies ist auch notwendig, um gerade in der Aufbauphase eines Unternehmens die nötige Durchsetzungskraft und den Willen mitzubringen, um das oft auf den ersten Blick eigentlich nicht machbar Erscheinende eben doch machbar zu machen. In diesen Momenten ist es stets interessant zu beobachten, wie die Rückmeldungen unserer Experten ankommen. Denn sehr oft weist unser Expertenteam die Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer darauf hin, dass sie sich in vielen Aspekten noch weit weg von einer genormten Organisation befinden. Dies liegt in der Natur der Sache und lässt sich mit dem bekannten und oft zitierten Phasenmodell der Gruppenentwicklung von Tuckman auch wissenschaftlich nachweisen. In der Praxis widerspiegelt sich dieses Phänomen oftmals so, dass die Firmengründer nach der stürmischen Aufbauphase Schwierigkeiten bekunden, rechtzeitig die Organisationsstrukturen zu erweitern und damit das Unternehmen für die bevorstehende Wachstumsphase breiter abzustützen. Dies ist nachvollziehbar, da zum einen oft die finanziellen Mittel knapp bemessen sind und zum anderen das Gründungsteam über Jahre hinweg gewohnt war, verschiedene Rollen selbst auszuüben. Zudem muss man auch als Person die Fähigkeit besitzen, loslassen zu können und gleichzeitig für sich selbst die eigene

Rolle analysieren können. Die Praxisbeispiele von besonders erfolgreichen und schnell wachsenden Unternehmen zeigen, dass ein gutes Mass an Selbstreflexion innerhalb des Gründerteams und die Fähigkeit, das Kernteam frühzeitig und gezielt zu erweitern, sehr entscheidende Erfolgsfaktoren für die Entwicklung und das Wachstum eines Unternehmens darstellen. Eine der wesentlichen Rollen in Führungsteams von jungen Unternehmen, welche oft eher zu spät besetzt wird, ist jene des CFO. Klassischerweise werden die Finanzen in einer ersten Unternehmensphase oft teilweise ausgelagert und teilweise von den Gründern selbst geführt, ohne dass diese das entsprechende Skillset mitbringen. Dabei kann ein Finanzprofi früh das Investment in seine Rolle rechtfertigen, indem er nicht nur das Team komplettiert, sondern auch wesentlich zur Strukturierung der Organisation sowie zur Akzeptanz einer Firma gegen aussen beiträgt. Dies insbesondere gegenüber Stakeholdern wie Investoren und Kreditgebern, welche für ein Unternehmen in sämtlichen Entwicklungsphasen wichtige Anspruchsgruppen darstellen. Für das Management-Team hingegen stellt der CFO einen wichtigen Sparringspartner dar, welcher kennzahlenbasierte Transparenz in strategische Diskussionen einbringen kann, auch wenn das manchmal für das Gründerteam einen schmerzhaften Prozess darstellt. Da bei jeder Teamerweiterung das Tuckman-Modell wieder zum Tragen kommt und die teils stürmischen Entwicklungsphasen erneut durchlaufen werden müssen, lohnt es sich umso mehr, die CFO-Rolle in die ohnehin schon stürmische Startup-Phase frühzeitig zu integrieren.

TOM SCHLUP ist Leiter der Initiative SEF.Growth. www.sef-growth.ch

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DAS BUZZWORD «NEW WORK» MIT LEBEN FÜLLEN CHANCEN UND HERAUSFORDERUNGEN NEUER PROZESSE Interview mit Max Leichner und Caroline Zielke von Bernhard Kuntz

Was bedeutet New Work für uns? Auf diese Frage muss jedes Unternehmen seine eigene Antwort finden – und diesen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess gilt es zu moderieren. Davon sind die beiden Change- und New-Work-Berater Caroline Zielke und Max Leichner von der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner überzeugt.

New Work bedeutet neue Freiheiten – aber auch neue Probleme.

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rau Zielke und Herr Leichner, Ihr Unternehmen bietet seit diesem Jahr eine Ausbildung zum NewWork-Berater bzw. Pioneer an. Warum? Leichner: Wir reagieren damit auf eine entsprechende Nachfrage von Unternehmen und teils auch der Beraterzunft. Inwiefern? Leichner: Nun, viele Unternehmen haben während der Corona-Krise erkannt, dass sie, um zukunftsfit zu sein, unter anderem die Arbeit und Zusammenarbeit in ihrer Organisation in der von rascher Veränderung und sinkender Planbarkeit geprägten VUKA-Welt anders strukturieren müssen. Offen ist aber noch die Frage, wie und hierauf versuchen sie, in der NewWork-Debatte für sich passende Antworten zu finden. Entschuldigen Sie die Wortwahl, aber wird bei der aktuellen New-Work-Diskussion nicht nur eine neue Sau durchs Dorf getrieben, nachdem der Hype um das Thema Agilität abgeebbt ist? Zielke: Wir sehen das anders. Aus unserer Warte fliessen in die aktuelle NewWork-Debatte zwar viele Aspekte ein, die auch schon im Zusammenhang mit dem Thema Agilität eine wichtige Rolle spielten. Diese wurden jedoch um weitere Dimensionen ergänzt. Um welche? Zielke: In der Debatte um das Thema Agilität war primär die Frage zentral: Wie gelingt es uns, in unserer Organisation die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um adäquat beziehungsweise mit der nötigen Flexibilität auf die Herausforderungen zu reagieren, vor denen wir in der VUKA-Welt stehen? Die Frage, wie gewinnen wir die Mitarbeiter für dieses Anliegen, spielte hierbei eine eher nachgeordnete Rolle. Bei der aktuellen NewWork-Debatte ist dies anders. Hierbei spielt zwar auch der Wunsch der Unternehmen, sich zukunftsfit zu machen, eine zentrale Rolle. Die Mitarbeiter mit ihren Wünschen und Bedürfnissen stehen aber stärker im Fokus. Das Kernanliegen von New Work ist die «menschliche» Gestaltung der Arbeit. Das verändert die Diskussion. Wie kam es dazu? Leichner: Aus unserer Warte stehen eigentlich alle Themen, die aktuell in Zusammenhang mit dem Thema New Work diskutiert werden, schon längere Zeit

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die wir gewähren, dass noch ein gemeinsames Commitment auf bestimmte Ziele und Werte besteht? Also, dass nicht jeder macht, was er gerade möchte, und sich der Führungsstil nicht von Bereich zu Bereich unterscheidet und sozusagen beliebig wird? Zielke: Ja, denn über allem steht die Maxime «Wir sind eine Gemeinschaft und haben als solche auch ein gemeinsames Ziel» und jeder leistet seinen Beitrag, damit wir dieses erreichen. Hierfür gilt es, die nötige Kultur zu schaffen.

Durch Kommunikation gemeinsame Ziele erreichen.

zumindest latent auf der Tagesordnung der Unternehmen. Welche zum Beispiel? Zielke: Zum Beispiel die Frage: Wie gelingt es uns in unserer arbeitsteiligen Welt, den Wunsch der Mitarbeiter zu befriedigen, ihre Arbeit als sinnhaft zu erfahren? Oder: Wie schaffen wir es, wenn unsere Mitarbeiter zunehmend in virtuellen Teams an verschiedenen Orten arbeiten, dass bei ihnen ein Wir-Gefühl entsteht? Leichner: Oder wie gelingt es uns, dem insbesondere von Angehörigen der Generation Y und Z oft geäusserten Wunsch nach einer ihren Bedürfnissen entsprechend gestalteten Arbeitswelt gerecht zu werden und die Arbeit so zu organisieren, dass sie ihnen auch ausreichend Raum zur Selbstverwirklichung im privaten Bereich lässt? Zielke: Richtig. All diese Themen standen schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie latent auf der Agenda der Unternehmen. Durch die Pandemie wurden sie aber sozusagen von der Hidden-Agenda mancher Personaler auf die offizielle Unternehmensagenda gehievt. Die CoronaPandemie hat das Umdenken beschleunigt. Wieso? Zielke: Ausgelöst durch die Pandemie mussten die Unternehmen sozusagen über Nacht viele Arbeitsprozesse sowie die Zusammenarbeit neu strukturieren.

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Weil ihre Mitarbeiter zum Beispiel nur noch im Home Office arbeiten konnten? Zielke: Ja, und manche Mitarbeiter fanden dies schrecklich und andere wiederum toll, zumindest teilweise von zu Hause aus zu arbeiten. Auf alle Fälle stellten sie sich jedoch verschärft die Frage: Was ist mir bei meiner Arbeit wichtig und wie sieht eine gesunde Work-Life-Balance für mich aus? Und hieraus erwuchsen, da die Pandemie bei uns nun fast schon ein Jahr andauert, auch neue Erwartungen und Ansprüche an ihre Arbeitgeber – Erwartungen, auf die diese reagieren müssen, ob sie wollen oder nicht. Leichner: Zumal viele Unternehmen auch die Erfahrungen sammelten, dass, wenn ein grosser Teil der Mitarbeiter im Home Office arbeitet und die gewohnte Alltagskommunikation weitgehend entfällt, mit der Zeit auch die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen und ihre Identifikation mit ihrer Arbeit bröckelt – unter anderem weil ein wichtiges Element von Führung fehlt beziehungsweise sich Führung und Zusammenarbeit im digitalen Raum erst etablieren muss. Also stellt sich für die Unternehmen verschärft die Frage: Wie kriegen wir die divergierenden und sich oft auch teilweise widersprechenden Interessen der Mitarbeiter unter einen Hut und wie stellen wir sicher, dass ihre Bindung ans Unternehmen und ihre Motivation gewahrt bleiben? Zielke: Aber auch: Wie gelingt es uns, bei allen individuellen Gestaltungsfreiräumen,

Das klingt komplexer und vielschichtiger, als man zunächst denkt, wenn man das Wort New Work hört. Zielke: Ist es auch, denn wenn man sich mit dem Thema ernsthaft befasst, landet man schnell bei Fragen wie: Für welche Werte stehen wir als Unternehmen? Von welchem Menschenbild lassen wir uns bei der Zusammenarbeit leiten? Was bedeutet für uns Führung und welchen Wert messen wir ihr bei? Aber auch: Nach welchen Kriterien soll in unserer Organisation künftig entlohnt werden? Leichner: Ausserdem: Wie strukturieren wir künftig unsere Organisation sowie die Prozesse in ihr, denn in der Struktur einer Organisation spiegelt sich stets auch deren Kultur wider. Das klingt, als müssten sich die Unternehmen neu erfinden? Leichner: Partiell ja. Zumindest stösst man, wenn man sich ernsthaft mit dem Thema New Work befasst, aufgrund der vielen Interdependenzen und Wechselwirkungen auf immer neue Fragen, die es zu berücksichtigen gilt. Was sind denn aus Ihrer Warte die Kernelemente von New Work? Leichner: Offen gesagt: Letztlich wissen wir das nicht. Obwohl Sie eine New-Work-Berater bzw. Pioneer-Ausbildung anbieten? Leichner: Ja, denn in Zusammenhang mit dem Begriff, den der Sozialphilosoph Frithjof Bergman in den 1990er-Jahren prägte, werden zwar immer wieder Vokabeln wie Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft genannt; zudem werden Forderungen laut, wie dem Einzelnen die erforderlichen Freiräume zur kreativen Entfaltung seiner Persönlichkeit


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zu bieten, doch konkretisiert und operationalisiert werden diese Vokabeln und Forderungen meist nicht. Zielke: Bezogen auf uns bedeutet dies: Wir wissen zwar aufgrund unserer Erfahrung aus entsprechenden Change- oder Transformationsprojekten, welche Dimensionen vom Thema New Work berührt werden und worauf beim Planen und Durchführen solcher Projekte zu achten ist, doch letztlich muss jedes Unternehmen selbst entscheiden: Was bedeutet für uns New Work? Leichner: Und diesen kollektiven Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess gilt es zu moderieren. Das klingt, als sei der Begriff «New Work» eine Leerformel, in die jede Person oder Organisation alles packen kann, was ihr wichtig erscheint oder wovon sie träumt. Leichner: Nein, so beliebig ist dies nicht. Schliesslich hat jede Organisation aufgrund ihrer Historie auch bestimmte Stärken und Schwächen oder Kompetenzen. Zudem steht sie aufgrund ihrer Marktposition und aufgrund ihres Marktes auch vor ganz speziellen Herausforderungen. Diese Faktoren müssen in die Debatte einfliessen, sonst wird das Ganze zur Tagträumerei. Zielke: Auch deshalb bedarf es in der firmeninternen Debatte über das Thema New-Work-Moderatoren – also Personen, die die Beteiligten situationsabhängig dazu animieren, out of the box zu denken, also bei der Problemlösung ganz neue Wege zu gehen, und die zum Beispiel mal nachfragen: Welche Auswirkungen hat es für die anderen Bereiche, wenn wir diese Idee realisieren? Nehmen wir dann noch unsere Funktion in der Organisation wahr? Und, und, und.

zwei Funktionen: erstens dafür zu sorgen, dass die sogenannte Employee Voice in deren Planung einfliesst, und zweitens, dafür zu sorgen, dass die Veränderungen auf der operativen Ebene sich an den gemeinsamen, übergeordneten Werten und Zielen orientieren. Leichner: Ja, Letzteres ist wichtig, weil sonst die Gefahr besteht, dass die Bereiche in der Organisation bezüglich ihrer Kultur und Arbeitsweise auseinanderdriften und letztlich ein Eigenleben führen oder die Veränderungen nicht nachhaltig sind. Das helfen «New Work Pioneers» zu vermeiden. Und in Ihrer Ausbildung bilden Sie Personen mit den hierfür erforderlichen Fähigkeiten aus? Zielke: Ich würde eher sagen: Wir unterstützen und begleiten sie in ihrer Entwicklung zu Persönlichkeiten, die über die Kompetenz verfügen, diese Funktion professionell wahrzunehmen. Warum? Zielke: Weil wir ihnen auch nicht wie ein Lehrer oder klassischer Ausbilder sagen können «Tue dies und das, dann ist in deinem Unternehmen oder in dem Unternehmen, für das du arbeitest, New Work realisiert» – und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Kleinunternehmen oder einen Konzern, eine Reinigungsfirma, eine Forschungseinrichtung oder ein Produktionsunternehmen handelt. Die Antwort auf die Frage «Was ist New Work und wie erreichen wir in unserer Organisation das angestrebte Ziel?» muss jeder Teilnehmer letztlich selbst finden – im Diskurs mit uns und den anderen Teilnehmenden und noch viel wichtiger mit den Betroffenen in dem Unternehmen, in dem oder für das er arbeitet. Wir können letztlich nur bei der persönlichen Lernreise unterstützen und begleiten.

Also Personen, die die Diskussion bei Bedarf auch wieder erden? Zielke: Ja. Zudem bedarf es Personen auf der operationalen Ebene, die als Sounding Board der Interessen und Wünsche, aber auch Ängste und Befürchtungen der Mitarbeiter gegenüber der Unternehmensleitung fungieren.

Ist Ihre Ausbildung deshalb modular aufgebaut und erstreckt sich über einen Zeitraum von vier Monaten? Leichner: Ja, und deshalb muss auch jeder Teilnehmende im Rahmen der Ausbildung ein New-Work-Projekt in dem Unternehmen, für das er tätig ist, im Dialog mit den Betroffenen planen und wenn nicht durchführen, so doch zumindest initiieren.

Diese Personen auf der operativen Ebene, die Sie «New Work Pioneers» nennen, haben also, wenn es um die Steuerung des Gesamtprojekts geht,

Überfordert das die Teilnehmer nicht? Leichner: Nein, denn zum einen werden sie in den ersten beiden Ausbildungsmodulen auf diese Aufgabe vorbereitet.

Zum anderen werden sie während der gesamten Ausbildungsdauer von den LeadTrainern, also Caroline und mir, intensiv gecoacht. Zudem muss es sich bei ihrem Projekt nicht um ein Megaprojekt handeln, wie die Kultur eines Konzerns zu verändern. Dies wäre in vier, fünf Monaten ohnehin unmöglich. Das Projektziel kann auch lauten: «Wir schaffen in der Abteilung X die Rahmenbedingungen, dass das aktuelle Provisorium ‹Arbeiten im Home Office› zu einem festen Bestandteil unseres Regelbetriebs wird.» Oder: «Wir gestalten im Bereich Y die Zusammenarbeit so, dass jeder Mitarbeiter das Gefühl hat, ich mache eine sinnvolle Arbeit und kann meine Kompetenzen einbringen.» Auch bei solchen Kleinprojekten gilt es, so viele Einflussfaktoren und Interdependenzen, Interessen und Bedürfnisse zu berücksichtigen, dass sie gute Lernprojekte sind. Zielke: Zudem können sie als Pilotprojekte für komplexere Projekte oder Projekte in anderen Bereichen dienen und kann von ihnen deshalb auch eine Initialzündung ausgehen. Leichner: Entscheidend ist, man macht sich irgendwann auf den Weg. Zielke: Und jeder Weg beginnt bekanntlich mit dem ersten Schritt.

MAX LEICHNER ist Change- und New-Work-Berater für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner in Bruchsal.

CAROLINE ZIELKE ist Change- und New-Work-Berater für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner in Bruchsal. www.kraus-und-partner.de

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WARMES HERZ UND KÜHLER KOPF WIE INTEGRITÄT GELINGT von Elisa Beck

Integrität im geschäftlichen Handeln klingt wie eine Grundlage, über deren Wichtigkeit erst gar nicht diskutiert werden muss. So heben sie viele Firmen als Unbescholtenheit und Unbestechlichkeit öffentlichkeitswirksam in ihrem Leitbild hervor. Die Umsetzung sieht jedoch oft weniger vorzeigbar aus – vielmehr wird der Alltagstrott verfolgt, ohne sich proaktiv für eben diese Werte einzusetzen.

W

ie ist es möglich, dass Integrität als so hohes Gut gehandelt und gleichzeitig den individuellen Zielen untergeordnet und angepasst werden kann? Dieser Frage geht Klaus Leisinger in seinem Buch auf den Grund und zeigt dabei, dass Integrität ganz besonders eine persönliche Verpflichtung ist. Die Abhandlung beginnt mit drei einführenden Kapiteln, welche einen Überblick über Vertrauen als Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg, Begriffe wie Moral und Ethik sowie eine knappe Darlegung von ethischem Handeln unter verschiedenen

Aspekten bieten. Dem Vertrauen kommt dabei der grösste Teil zu – so ist es nicht nur zwischenmenschlich ausschlaggebend, sondern auch in der Wirtschaft und der Politik. Gerade in einer angespannten Situation, wie sie die Pandemie hervorgebracht hat, ist Vertrauen von grundsätzlicher Bedeutung für Anpassung, Erfolg und Nachhaltigkeit. Die anschliessend vorgestellten Begriffe scheinen daher ein wenig zu kurz zu kommen, obwohl sie treffend und praxisnah vorgestellt werden. Es fehlt die Tiefenschärfe. Das lässt sich zudem auch durch fehlende wichtige Schlagwörter wie Reputation oder Image begründen. Diese sind wichtig, da sie in den letzten Jahren eine wichtige Rolle gespielt haben. Eine gegenseitige Abgrenzung wäre für das Verständnis der Leserin und des Lesers wichtig gewesen. Ein vorläufiges Fazit nach den ersten drei Kapiteln zeigt: Das individuelle Handeln hat mehr Gewicht als angenommen. Problemstellungen von weitreichender Relevanz begegnen in der Praxis selten in ihrer vollen Grösse, wir werden mit ihnen in kleinerem Rahmen und bei scheinbar marginalen Entscheidungen konfrontiert. Gerade diese sind es aber, die die Gesellschaft weiterbringen: Mit der einen richtigen Entscheidung dürfen wir nicht rechnen. Vielmehr sind es die unspektakulären, alltäglichen, die uns mit ethischem Handeln in kleinen Schritten zum Ziel bringen.

INTEGRITÄT IM GESCHÄFTLICHEN HANDELN Von Klaus M. Leisinger, 2020, reinhardt Verlag ISBN 978-3724524533 432 Seiten

Seite 104 // kmuRUNDSCHAU

Im folgenden vierten Kapitel lenkt der Autor dann jedoch unseren Blick weg vom Einzelnen hin zur Gemeinschaft und ihren Zielen. Erst gemeinsam bekommen die einzelnen Impulse Rückenwind. Die Gesellschaft wird zum sozialen System mit unterschiedlichen Teilsystemen. So beschäftigt sich dieses Kapitel mit der Frage nach der fairen gesellschaftlichen Vertei-

lung von Verantwortung, Rechten und Pflichten. Hier fordert der Autor mit Nachdruck eine öffentliche Diskussion zu marktwirtschaftlichen Kriterien und der Verantwortung gewinnorientierter Unternehmen. Daher werden im Laufe des Kapitels die Rolle des Staates, die Rolle der Unternehmen und die Rolle des Individuums besprochen. Es wird deutlich, dass allein der Wille, moralisch zu handeln, nicht ausreicht, wenn der ordnungspolitische Rahmen das in diesem Sinne unmoralische Handeln straflos geschehen lässt. Guter Wille ist nicht genug – es müssen entsprechende Realisierungsbedingungen geschaffen werden. Das fünfte Kapitel legt anschliessend verschiedene Ebenen der Verantwortung dar: die Muss-Dimension, die Soll-Dimension und die Kann-Dimension. Besonders Letztere stellt einen Balanceakt zwischen persönlichem Ermessen und gesellschaftlicher Verantwortung des jeweiligen Unternehmens dar. Die folgenden drei Kapitel werden menschlicher und damit fassbarer. Sie thematisieren Beziehungen zu Stakeholdern, den Einfluss von Charakter und Persönlichkeit und fragen nach dem Business Case. Gerade die Debatte um diese letzte Frage spiegelt unterschiedliche moralphilosophische Denkweisen wider, die vom Autor gleichermassen vorgestellt werden. Ein vorläufiges Resümee zum Business Case vermittelt neben einem Überblick auch Denkanstösse für das eigene Handeln. Das Schlusswort schliesslich fordert, was schon in den einleitenden Kapiteln angesprochen wurde: Das Handeln im Einklang mit den geltenden Gesetzen ist eine Selbstverständlichkeit, das Vorantreiben ethischer Lebensqualität durch Nutzung und


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Ausbau der gegebenen Spielräume jedoch muss von jedem Individuum angestrebt und verfolgt werden. Die Kreativitätsskala für eine solche Erhöhung der ethischen Qualität ist nach oben offen – das Handeln nach bestem Wissen und Gewissen allein reicht schon lange nicht mehr aus. Die Ausführungen des Autors sind immer wieder mit Einsichten aus persönlicher Erfahrung versetzt, sodass der Ton des Buches nicht nur freundschaftlich, sondern gleichsam solidarisierend ist. Das Ziel von Klaus Leisinger ist es nicht, dem Leser ins Gewissen zu reden, sondern ihn bei diesem unübersichtlichen wie unverzichtbaren Thema an die Hand zu nehmen. Zu Beginn eines jeden Kapitels werden wir mit einem einleitenden Zitat konfrontiert, welches den Ton des Abschnitts bestimmt. So beginnt das Kapitel «Von der Teilung der Arbeit» mit den Worten von William James: «Ohne die Impulse der Einzelnen stagniert die Gemeinschaft; ohne die Sympathie der Gemeinschaft verflüch-

genommen werden. Notwendig sind sie ausserdem, um die zahlreichen Quellenhinweise wahrzunehmen und einzuordnen. Für sein Werk greift der Autor auf über 250 Literaturangaben zurück, die eine Zeitspanne von den antiken Philosophen bis zu den Denkern der Gegenwart abdecken. Auf diese Weise hat Klaus Leisinger einen Ratgeber geschrieben, der sich vielmehr wie eine Geschichte des ethischen Verhaltens liest und dazu anregt, die eigenen Entscheidungen und damit die eigene Integrität zu hinterfragen. Klaus Michael Leisinger ist Gründer und Präsident der Stiftung Globale Werte Allianz.

tigen sich die Impulse der Einzelnen.» Die Zitate bieten einen willkommenen Anlass zum Innehalten und Nachdenken, was vom folgenden Kapitel erwartet wird. Diese Pausen sind ausserdem wichtig und gut, um das bereits Gelesene zu beleuchten und einzuordnen, bevor neue Inhalte auf-

ELISA BECK ist Redaktorin bei kmuRUNDSCHAU. www.kmurundschau.ch

Seminare erfolgreich gestalten Der inspirierende Ort ist perfekt um eine Tagung auszurichten, ein Seminar durchzuführen oder mit seinem Team an einem Projekt zu arbeiten. Wir bieten von der Infrastruktur her alles, damit Ihre Lern- und Denkzeit Früchte trägt. Sie bringen den Inhalt und Ihre Teilnehmenden, wir sorgen für den Rest. Hotel und Seminarhaus Ländi, Im Ländli 16, 6315 Oberägeri, 041 754 91 11, info@hotel-laendli.ch, www.hotel-laendli.ch

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BUSINESS PORTRAIT

Mit einem Netzwerk und Erfahrungshintergrund kann man operativ einiges auf die Beine stellen.

«FROM CRISIS TO CREATION» PATRICIA FALCO BECCALLI UND EIN NEUES INTERVIEWFORMAT Interview mit Patricia Falco Beccalli von Bernhard Bauhofer

Die Corona-Pandemie gilt als Game Changer. Die aus ihrer Zeit als CNBC-Moderatorin bekannte Wahlschweizerin Patricia Falco Beccalli spricht mit ihren Interviewgästen – allesamt Thought Leaders aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Entertainment – über Zukunftsstrategien für eine sich grundlegend verändernde Welt. Inzwischen blickt sie auf das bald einjährige Bestehen von Mentorit-TV zurück und startet jetzt durch.

F

rau Beccalli, Sie haben in einem atemberaubenden Tempo ihren TV-Kanal Mentorit.TV aus dem Leben gestampft – und das im Auge der Corona-Pandemie. Ist dies nicht ein denkbar schwieriger Zeitpunkt? Ganz im Gegenteil, in jeder Krise liegt bekanntlich eine Chance. Mit dem YouTubebasierten TV-Kanal konnten wir ein absolut neuartiges TV-Format lancieren und mit dem Seite 106 // kmuRUNDSCHAU

Leitsatz «From crisis to creation» eine bisher nicht vorhandene Nische besetzen. Wir greifen die aktuellen Herausforderungen, welche sich im Zuge der Corona-Pandemie für unterschiedlichste Bereiche wie Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Unterhaltung, aber auch auf der persönlich-emotionalen Ebene meiner Gesprächspartner darstellen, auf und zeigen inspirierende Lösungswege. Indem ich mit meinen Gästen vertieft relevante

Themen behandle, entsteht ein enormer Erkenntnisgewinn für den Zuschauer. Die Einsichten dieser Thought Leaders sind exklusive und somit enorm wertvoll. Mentorit.TV feiert bald seinen ersten Geburtstag, wie sind Sie mit der Entwicklung zufrieden? Mentorit.TV hat seinen Ursprung in meiner Neugier, welche in meinem Motto «Stay


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Curious» zum Ausdruck kommt. Als Anfang April letzten Jahres der Lockdown die ganze Welt paralysierte, kamen bei mir viele Fragen auf. Ich wollte wissen, was meine Freunde und mein professionelles Netzwerk über die Pandemie dachten. Wie schätzen sie die Situation ein und wie sehen sie die Zukunft. Und so entstand die Idee von Mentorit.TV, denn viele Menschen suchen besonders jetzt nach Orientierung, die sie durch meine Gäste potenziell bekommen. Da bleibt mir nur, dankbar zu sein  – meinen hochkarätigen Gästen wie auch der dynamisch wachsenden Zahl an Zuschauern. So hatte ich das Privileg, mit Gästen wie Lorenzo Simonelli, Chairman & CEO von Fortune 500 Company Baker Hughes oder Sir Martin Sorrell, Gründer der weltweit grössten Werbeagentur WPP, oder dem international bekannten Musical-Star Ute Lemper zu sprechen. All diesen herausragenden Persönlichkeiten bin ich für ihre wertvollen Beiträge mit grossem Dank verbunden, ganz besonders weil Mentorit.TV ja noch ein Start-up ist. Aber wir wachsen dynamisch in allen Belangen  – von der Zahl der Zuschauer und Abonnenten unseres YouTube-Kanals bis hin zu den Hörern unserer Podcasts. Der mit Abstand grösste Anteil an Zuschauern ist in den USA. Der DACH-Raum hat noch Luft nach oben. In Teilen liegt dies vermutlich darin, dass ich meine Gespräche meist auf Englisch führe. Trotzdem sehe ich gerade in der Schweiz, mit dem hohen Anteil an international aufgestellten Unternehmen, das betrifft gerade

Patricia Falco Beccalli setzt auf den Erkenntnisgewinn ihrer Zuschauerinnen und Zuschauer.

«In der wunderschönen Schweiz leben viele interessante Persönlichkeiten …» auch in der Schweiz kleinere Unternehmen, noch grosses Entwicklungspotenzial. Auch aus diesem Grund werde ich zukünftig Interviews in Deutsch und Italienisch realisieren. Der jüngst verstorbene Talkmaster Larry King lud seine Gäste in sein Studio und brillierte, indem er auf sein Gegenüber einging. So entstanden wunderbare Konversationen. Die von der Corona-Pandemie vorgegebene Distanz erschwert diese Nähe. Wie gehen Sie damit um? Larry King ist in der Tat mein grosses Vorbild, gerade wegen seiner grossen empathischen Qualitäten und natürlich wegen seines herausragenden Journalismus. Zum Glück ist die Zoom-Technologie hinsichtlich Bild- und Tonqualität weit gereift. Im Sinne eines Ice-Breakers halten wir vor jedem Interview ein Briefing-Gespräch, in dem versuche ich, meinen Gästen so nahe wie möglich zu kommen – eine Art digitale Tuchfühlung. Und weil sich viele Menschen mittlerweile im Lockdown an diese Form der Tech-Kommunikation gewöhnt haben, klappt es sehr gut, einen persönlichen Rapport aufzubauen. Mentorit.TV ist nicht Ihr singuläres Tätigkeitsfeld. Sie sind Investorin und halten Beteiligungen an diversen Firmen. Welchen Approach hat Ihre Falco Capital? Wir sind elf Partner und investieren in sogenannte «Scale-up»-Firmen – junge Unternehmen, denen finanzielle Investitionen nicht reichen, um international erfolgreich und nachhaltig zu wachsen. Wir haben ein neues Investment-Modell entwickelt, welches wir als «perational Investors» bezeichnen: We «Buy-in and Build-up»! Die Anlage ist eine Mischung aus «Cash-Investment» und «Sweat-Investment». Cash-only-Investoren zu finden, ist relativ einfach. Jedoch fehlt den jungen Unternehmen meist die Expertise, wie dieses Geld effizient eingesetzt wird, um das Unternehmen zum Erfolg zu bringen. Das ist der USP von Falco Capital. Alle elf Partner haben eine spezielle

BUSINESS PORTRAIT

Expertise, die sie einbringen, um die Unternehmen besonders in operativen Prozessen (Hands-on und NICHT als Berater) zu unterstützen. Es geht von Strategieentwicklung bis zur Supply-Chain-Optimierung oder den Aufbau von Distributions-Strukturen auf globaler Ebene durch unser Netzwerk. Falco Capital ist folglich kein Berater, der mit guten und teuren Ratschlägen das Firmenmanagement dann alleine lässt. Wir stehen mit Tat zur Seite und sehen uns als operative Partner unserer Portfoliofirmen. Sie sind mit dem bekannten ehemaligen GE-Manager und heutigen Unter­ neh­mer als auch Investor Nani Falco Beccalli verheiratet. Wie managen Sie diesen Rollen-Mix und die an Sie gestellten Erwartungen? Da ich nicht mit dem goldenen Löffel auf die Welt gekommen bin, weiss ich sehr wohl, dass harte Arbeit, Disziplin und Organisation die Voraussetzung für Erfolg sind. Mein Mann, der übrigens auch Gründungspartner bei Falco Capital ist, und meine Tochter unterstützen mich bei allem, was ich tue. Sie sind meine loyalsten Unterstützer und gleichzeitig meine grössten Kritiker – sie sind das beste Sounding Board, das ich mir wünschen kann. Welche Schweizer Persönlichkeiten hätten Sie gerne als Gäste in Ihrer Show? In der wunderschönen Schweiz leben viele interessante Persönlichkeiten – Schweizerinnen und Schweizer wie auch Personen mit einer internationalen Herkunft. Sie alle haben spannende Geschichten zu erzählen. Erst jüngst hielt ich ein Interview mit Hannes Schmid, Fotokünstler, Sozialunternehmer und Gründer des in Kambodscha ansässigen Smiling-Gecko NPO, den ich als Mensch wie auch für seine unglaubliche Lebensleistung hoch schätze. Aber wenn Sie mich so klar fragen: Roger Federer oder NovartisCEO Vas Narasimhan würde ich mit grosser Freude auf Mentorit.TV empfangen.

PATRICIA FALCO BECCALLI ist Herz und Kopf von Mentorit.TV. www.mentorit.tv

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Es sprechen immer mehr Argumente für den Umstieg.

DER ZEITPUNKT IST DA DER UMSTIEG IN RICHTUNG E-MOBILITÄT Interview mit Philippe Perret von Georg Lutz

Das Thema Mobilität erlebt gerade eine historische Umbruchphase. Namhafte Hersteller wie GM, Daimler, VW oder Porsche wollen zwischen 2025 und 2035 fast vollständig aus dem Verbrennungsmotor aussteigen. E-Mobilität, bis vor wenigen Monaten noch eine Nischenveranstaltung, wird ein Massenmarkt. Akteure, die noch vor wenigen Jahren das Thema E-Mobilität belächelt haben, müssen jetzt ganze Unternehmensstrukturen vom Kopf auf die Füsse stellen. Im folgenden Interview sprechen wir mit Philippe Perret, dem CEO der fox e-mobility AG, die voll in den E-Mobilitäts-Markt einsteigt.

R

eiben Sie sich manchmal auch verwundert die Augen, dass jetzt der Umstieg auf Elektromobilität so schnell gehen soll? In der Tat entwickelt das Thema Elektro­ mobilität ein enormes Momentum. Allerdings kommt das für uns nicht so überraschend. Die Politik hat hier in den letzten Jahren die Weichen gestellt und die Förderung insbesondere in Kontinental-Europa zuletzt deutlich forciert. Da wir mit unserer MIA 2.0 ein ausgesprochen ökologisches Elektrofahrzeug anbieten und unsere Unternehmensstruktur auch dahingehend aufgebaut ist, sind wir gut auf dieses Szenario eingestellt.

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Auch andere Akteure bewegen sich in diese Richtung. Aus vielen Innenstädten sollen die Verbrenner verschwinden. Staaten wie Norwegen haben klare Grenzen gesetzt. Big Player wie China setzten Zeichen. Das ist der bewegende Hintergrund. Sie sind selbst mit Ihrem Hause im Rahmen von E-Mobilität tätig. Fühlen Sie sich gerade von einem Megatrend angeschoben? Sicher haben wir es hier mit einem sogenannten Megatrend zu tun. Der Markt hat das Potenzial aber noch nicht annähernd erfasst. Man muss sich nur einmal vergegenwärtigen, dass wir auf einmal mit Autos

fahren können, die von der Sonne geladen werden, die keinen Ölwechsel oder ähnliche Dienstleistungen benötigen, enorme Kilometerleistungen ohne grosse Wartung zurücklegen und irgendwann auch noch autonom fahren. Also können wir zukünftig günstig und umweltfreundlich Menschen und Waren von A nach B transportieren. Das ist ein Multi-Billionen-Markt, der völlig neu geschaffen wird. Unternehmensverantwortliche, die jetzt Entscheidungen für Ihre Mobilitäts­ lösungen, beispielsweise im Rahmen von Flottenmanagement, treffen müs-


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Die MIA ist ein Raumwunder und sowohl familien- als auch lastentauglich.

sen, sind verunsichert. Soll ich mich für meine Flotte nochmals für einen Verbrenner entscheiden? Warum sollen sie das aus Ihrer Sicht nicht tun? Das ist ganz einfach. Da wir nachhaltige und kostengünstige Transportlösungen durch E-Mobilität anbieten können. Es macht für Unternehmen immer weniger Sinn, sich nochmals für Verbrennerflotten zu entscheiden. Früher waren es vielleicht rein ökologische Erwägungen, die dazu führten, dass hier und da Elektrofahrzeuge in Unternehmensflotten integriert wurden. Heute ist das auch ökonomisch zwingend. Ganz unabhängig davon, dass Verbrenner auch in absehbarer Zeit gar nicht mehr zugelassen werden. Können Sie diese These an einem praktischen Beispiel belegen? Schauen Sie sich unser neues Fahrzeug, MIA 2.0, an. Sie bekommen hier eine Liefer­ variante für 16’000 Euro, inklusive Mehrwertsteuer, mit 1 500 Litern Ladevolumen und 200 Kilometern «echte» Reichweite. Das Fahrzeug ist dabei extrem kompakt, leicht und wendig und zudem 95 Prozent recyclebar. Die Unterhaltskosten sind extrem günstig und das Fahrzeug bietet für die berühmte «Letze Meile» viele Vorteile – beidseitige Schiebtüren, Konnektivität für

diverse Personal Devices wie iPad oder iPhone. Es stehen alle modernen Assistenzsyteme zur Verfügung, es gibt kaum Wartungsausfälle und eine hohe Kilometerleistung. Da gibt es auch aus ökonomischer Sicht nicht viel zu überlegen – und mit solch einem Transporter haben auch die Kommunen kein Problem.

«Im Vergleich zu früher haben sich die Rahmen­ bedingungen für Elektrofahrzeuge drastisch verbessert.» Jetzt gibt es aber noch einige Fragezeichen. Ein E-Auto, vor allem ein schweres E-Auto, muss lange fahren,

bis es bessere ökologische Werte wie ein moderner Verbrenner aufweist. Das wird in einem Hype gerne vergessen. Was antworten Sie auf solche kritischen Fragestellungen? Da können wir auf die hervorragenden Leistungen der MIA 1 verweisen. Von den 1 600 gebauten Fahrzeugen fahren heute noch circa 1 200 durch Europa – teilweise mit Fahrleistungen von mehr als 300’000 Kilometern. Da brauchen sie keinen Vergleich mit einem Verbrenner zu scheuen. Auch die Reichweite, die Ladeinfrastruktur und auch andere Dienstleistungen haben noch viel Luft nach oben. Warum ändert sich das in den nächsten Jahren? Entschuldigen Sie – aber das ändert sich doch bereits seit einigen Jahren, und das mit zunehmender Geschwindigkeit. Europa hat im letzten Jahr China bei den zugelassenen Elektroautos überholt. Plus 137 Prozent! Damit liegt Europa jetzt weltweit auf Platz 1! Und der Ausbau der Infrastruktur hält mit. Die Städte und Kommunen investieren massiv in den Ausbau und auch neue Techniken wie «Superfast Charge» kommen an den Markt. Und die Reichweite legt ständig zu. Da unsere MIA 2.0 mit nur 950 Kilogramm sehr leicht ist, kommen

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nehmen beständig zu und die Kosten für Elektrofahrzeuge sind dramatisch gefallen. Die neue MIA 2.0 kostet nur 16’000 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Nach Abzug der aktuellen Förderung liegen Sie bei unter 10’000 Euro – das sind zwei E-Bikes!

Die nächste Generation des MIA als Skizze.

wir mit einer 20-kw-Batterie gut 200 Kilometer weit. Und sie haben den Platz und die Option für eine zweite Batterie – dann kommen Sie auf fast 500 «echte» Kilometer. Ohne Frage, in urbanen Räumen tut sich viel. Nur noch ein Beispiel dazu. Bei meinem Velohändler gibt es seit Monaten kaum E-Bikes, er hat echte Lieferprobleme. Die Velos gehen über den Tresen wie geschnittenes Brot. Was passiert aber auf dem flachen Land, es wird wie auch bei anderen Themen einfach mal wieder vergessen? Gerade für die Mobilität aus den Randbezirken in die Ballungszentren bringt die EMobilität enorme Vorteile. Unsere MIA ist genau dafür perfekt. Pendler, Familien können umweltfreundlich aus den Randgebieten und den ländlichen Regionen in die Innenstädte fahren und den ÖPNV entlasten, ohne viel Platz zu beanspruchen. Auch in kleinen Dörfern und Altstädten ist die MIA aufgrund Ihrer kompakten Abmessungen mit 3.19 Meter Länge und einem Wendekreis von circa vier Metern perfekt geeignet. Und was ist mit Fahrzeugen, die Lasten transportieren? Hier herrscht enormer Handlungsbedarf. Der Online-Handel wächst rasant weiter – mit oder ohne Pandemie. Die Städte und Kommunen wollen aber nicht, dass die Verkehrswege zunehmend von grossen Transportern oder Lkws blockiert werden – hier sind bereits Maut-Gebühren im Gespräch. Da kommt so ein umweltfreund-

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liches und sparsames Auto mit sehr kompakten Abmessungen wie die MIA 2.0 gerade richtig. Die Ballungszentren lieben uns. Wir sparen Platz, schonen Ressourcen, verpesten die Luft nicht und helfen so dem «European Green Deal». Vielleicht gibt es in wenigen Jahren auch noch andere Technologien wie Wasserstoff, die sich zu einer echten Konkurrenz entwickeln kann. Das Thema E-Mobilität hat vor hundert Jahren auch schon mal einen Aufschwung erlebt, als sie eigentlich technologisch gegenüber den Knatterkisten gut unterwegs war und trotzdem in wenigen Jahren vom Markt verschwand. Warum ist dies diesmal anders? Sicherlich wird es auch eine Welt neben der Elektromobilität geben. Aber für die nächsten Jahre ist es die Brückentechnologie bis die Wasserstoff-Technik massentauglich ist. Das kann aber noch dauern. Zudem braucht Wasserstoff unglaublich viel Energie, den wir ökologisch produzieren müssen. Das sind noch sehr grosse Herausforderungen. Ich kann Ihnen aber verraten, dass wir bereits eine WasserstoffMIA als Testfahrzeug haben. Jetzt bringen wir die Argumente nochmals auf den Punkt. Sie haben vier Sätze zur Verfügung. Im Vergleich zu früher haben sich die Rahmenbedingungen für Elektrofahrzeuge dramatisch verbessert. Es gibt die Ladeinfrastrukur, die Reichweiten der Batterien

Kommen wir zur Marktpositionierung Ihres Hauses. Ihr Kernprodukt ist ein Minivan im Bereich der letzten Meilen. Hier gibt es ja schon einige Anbieter und auch das Lasten-E-Bike steht als Lösung vor der Türe. Wie und wo finden Sie hier Ihren Platz? Wir haben zwei Kernprodukte: ein Auto für die Familie in den Ballungsräumen. Ein günstiges, platzsparendes Fahrzeug für bis zu vier Personen mit einem tollen Raumangebot innen und extrem sicher durch die aus dem Rennsport bekannte «Spaceframe»-Technologie. Das Lieferfahrzeug für «last mile delivery» bietet den Zustellern, Servicebetrieben und Auslieferern enorme Vorteile. Extrem kostengünstig, perfekt zum Be- und Entladen – sie blockieren keine Rad- oder Gehwege, durch die Schiebetüren steigern sie die Produktivität. Für beide Varianten gibt es auf absehbare Zeit kaum Konkurrenz. Ihr Haus hat einen Schweizer Hintergrund. Wie sah und sieht der aus? Die fox e-mobility AG ist entstanden durch die Einbringung der Fox Automotive Switzerland AG in eine Deutsche Vorratsgesellschaft. Diese Struktur hat ein Börsenlisting der Gesellschaft möglich gemacht. Insofern ist der ursprüngliche Kern tatsächlich ein Schweizer Kern. Auch heute gibt es die Fox Automotive Switzerland AG als 100-prozentige Tochter der fox e-mobility AG noch. Die Schweizer Tochter ist für das Lizenzgeschäft ausserhalb Europas verantwortlich. Wir konzentrieren uns auf den Vertrieb der MIA 2.0 in Europa. Alle anderen Märkte decken wir über entsprechende Lizenzvereinbarungen ab.

PHILIPPE PERRET ist CEO der fox e-mobility AG. www.fox-em.com


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KOLUMNE

ASIEN HAT SICH ABGERIEGELT von Felix Aepli

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eit über einem Jahr hält das Covid-19-Virus die Welt in Atem. Was anfänglich nach einem lokalen asiatischen Problem aussah, schwappte sehr schnell nach Europa über und gleich auch über die ganze Welt. Am Ursprungsort Wuhan hatte die chinesische Regierung nach anfänglichem Zögern dramatisch durchgegriffen und Millionen von Menschen in Quarantäne gesetzt, später dasselbe auch an vielen anderen Orten im Land. Sofort wurden auch Maskenpflicht und andere Schutzmassnahmen verfügt, wobei individuelle Rechte arg und ohne Zurückhaltung beschnitten wurden. In dieser Ausprägung ist das wohl nur in Asien möglich. Dabei hat man ohne Zweifel von früheren Erfahrungen profitiert, insbesondere vom SARS-Virus im Jahre 2003. Das Leben innerhalb der einzelnen Länder Asiens hat sich zwischenzeitlich weitgehend normalisiert. Der internationale Austausch ist aber fast zum Erliegen gekommen. In Europa zeigte man sich eher hilflos, als man ab März 2020 verschiedene Regelungen und Einschränkungen verfügte. Es gibt keine einheitliche Politik, was für die Bevölkerung sehr schwierig zu überblicken ist und als Flickenteppich ständig ändernder und unterschiedlichster Massnahmen wahrgenommen wird. Ebenso tun sich die Regierungen schwer, fassbare Ausstiegsszenarien aufzuzeigen. Selbst die Impfprogramme scheinen undurchdacht und chaotisch. Wir haben all unsere privaten Reisepläne umgeschrieben und immer wieder kurzfristig angepasst, sind meist in der Heimat geblieben und haben uns flexibel auf die wechselnden Situationen eingestellt. Der jungen Generation wurde eindrücklich vor Augen geführt, dass die grosse Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist. Das alles hat dadurch natürlich durchaus auch positive Aspekte.

betroffen. Die Supply-Chains funktionieren allerdings meist reibungslos. Relativ gering nur leiden auch die grossen international tätigen Firmen, dank eigenem Kaderpersonal in zahlreichen Ländern vor Ort und elektronischer Vernetzung. Wirklich schwierig ist die Lage für mittelständische Unternehmen, welche ihre lokalen Teams oder die Kundschaft nun schon seit mehr als einem Jahr vor Ort nicht betreuen können. Das Schlimmste dabei: Es ist kein Ende abzusehen und die Informationen ändern sich täglich und sind oft undurchsichtig. In den meisten Ländern Asiens müssen Besucher aus Europa zuerst vor Ort bis zu 21 Tage in Zwangsquarantäne verbringen. Das ist in Städten wie Hongkong, Bangkok und Singapore zwar auch unangenehm, in Erstklasshotels aber erträglich, wenn auch teuer. Schwieriger ist die Situation zum Beispiel in China, wo die Zuteilung des Quarantänequartiers sehr willkürlich verfügt wird. Sehr problematisch ist es, dass im Moment kein Ende der Krise abzusehen ist und niemand weiss, wie und wann dieser gordische Knoten international wieder aufgelöst werden kann. Zurzeit muss man eher davon ausgehen, dass die asiatischen Länder wohl im ganzen Jahr 2021 nicht normal bereist werden können. Umso wichtiger ist es, dass die betroffenen KMU trotzdem Wege suchen, um das Personal zu führen und die Kundschaft zu betreuen und bei Laune zu halten. Es ist ratsam, lokal erfahrene Unterstützung beizuziehen. Damit ist auch sicherzustellen, dass in dieser langen Zeit die Normen, Transparenz und Prinzipen der sorgsamen Geschäftsführung aufrechterhalten werden.

FELIX AEPLI ist Managing Partner und CEO bei Knowhow Transfer Org.

Während die verschobenen Ferienreisen Unannehmlichkeiten sind, wurden zahlreiche internationale Geschäftstätigkeiten arg

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DURCH DIE TURBULENZEN MIT PERSPEKTIVE DER SCHWEIZER EXPORT FORECAST von Stefan Ruf

Die Pandemie hat auch den Schweizer Export im letzten Jahr und Anfang dieses Jahres empfindlich getroffen. Im Verlauf dieses Jahres prognostizieren Expertinnen und Experten eine deutliche Erholung des Schweizer Exports. Nach einer Verschlechterung der Lage im ersten Quartal wird die wirtschaftliche Erholung voraussichtlich ab dem zweiten Quartal einsetzen.

Der Schweizer Aussenhandel ist um drei Jahre zurückgeworfen, sieht aber den Silberstreif am Horizont.

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eit Ende Januar 2021 notiert der Schweizer Euler Hermes Export Forecast auf 0.78 Punkten und verweilt damit auf demselben Wert, auf dem er revidiert bereits Ende Oktober 2020 lag. Der Forecast verharrt deutlich über der Nullpunktelinie, die dem langjährigen, mittleren Wachstumskurs der Schweizer Exportindustrie entspricht, was bedeutet, dass der Indikator im Verlauf des Jahres eine deutliche Erholung der Schweizer Exportwirtschaft voraussagt. Zu dieser Entwicklung trägt der statistische Basiseffekt bei: Nach dem tiefen Einbruch des Forecasts im Frühjahr 2020 sind hohe Jahresveränderungsraten keine Überraschung.

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ERHOLUNG IM ZWEITEN QUARTAL Sowohl global als auch in der Schweiz dürfte 2021 die wirtschaftliche Erholung einsetzen. Euler Hermes prognostiziert einen Zuwachs des Welthandelsvolumens um 5.8 Prozent (2020: –10 Prozent) und ein Schweizer Wirtschaftswachstum von 2.6 Prozent (2022: +3.2 Prozent). Auf kurze Sicht wird sich die Lage im ersten Quartal 2021 aufgrund der Folgen der zweiten Pandemiewelle und ihrer Eindämmungsmassnahmen voraussichtlich jedoch erst einmal verschlechtern, bevor voraussichtlich ab dem zweiten Quartal eine nachhaltige Erholung einsetzen wird. «Mit einer

wirtschaftlichen Auferstehung ist frühestens ab Ostern zu rechnen», verdeutlicht Katharina Utermöhl, Europa-Ökonomin bei Euler Hermes. «Dann sollten Fortschritte an der Impffront und wärmere Temperaturen eine graduelle Lockerung ermöglichen.»

NORMALITÄT NICHT VOR 2022 Mit der Impfung der Risikogruppen zur Jahresmitte 2021 wird die Voraussetzung für einen kräftigen Konsum-Boom in der zweiten Jahreshälfte geschaffen. Die zunehmend synchrone Belebung der Weltwirtschaft dürfte dann auch den Schweizer Exporten Rückenwind verleihen. Allerdings ist die Rückkehr in eine gewisse wirtschaft-


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Rückstau in asiatischen Häfen verursachte eine Zunahme von Containertransporten.

liche Normalität laut Utermöhl erst ab 2022 möglich. Und auch dann seien die wirtschaftlichen Aufräumarbeiten noch lange nicht abgeschlossen. So dürfte beispielsweise die Arbeitslosenquote nach wie vor auf erhöhtem Niveau rangieren und die Insolvenzwelle auch 2022 noch weiterrollen. Als grösste Hoffnungsträger der Schweizer Industrie gelten derzeit die Märkte in Asien und in den Schwellenländern. In den Schwellenmärkten wird mit einem durchschnittlichen Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 5.7 Prozent gerechnet.

KONSUMENTENVERTRAUEN BLEIBT TIEF Die vielversprechenden Aussichten in den Schwellenmärkten sind ein treibender Faktor für die steigenden Rohstoffpreise, wovon besonders Industriemetalle betroffen sind. Auch die Frachtraten haben sich erholt. So ist der Transport von Schiffscontainern seit Dezember 2020 förmlich explodiert. Schuld daran ist ein Rückstau an den asiatischen Häfen, der durch die unerwartet schnelle Erholung der Weltwirtschaft im Anschluss an den Covid-19-bedingten Einbruch verursacht wurde. Auch das Volumen des weltweiten Luftfrachtverkehrs erreichte im Dezember 2020 bereits wieder sein Vorjahresniveau. Diese Entwicklung ist den anhaltend tief bleibenden Passagierzahlen zu verdanken, die dazu führen, dass vermehrt reine Frachtflugzeuge verkehren. Im Gegensatz zur positiven Entwicklung

dieser Indikatoren wird das Konsumentenvertrauen weiterhin schwer von der Covid19-Pandemie belastet und fällt Ende Januar 2021 sogar noch etwas tiefer aus als drei Monate zuvor. Sofern sich das Konsumentenvertrauen nicht bald bessert, dürfte sich dieser Trend negativ auf die übrigen wirtschaftlichen Entwicklungen auswirken. Die Pandemie bleibt daher ein gewichtiger Faktor.

HISTORISCHER RÜCKGANG DER EXPORTE UND IMPORTE Nachdem die Schweizer Exporte im dritten Quartal 2020 real und saisonbereinigt um 9.2 Prozent zugelegt hatten, haben sie im vierten Quartal stagniert. Die Importe sanken sogar um 1.9 Prozent. Auch wenn das zweite Halbjahr 2020 deutlich erfreulicher verlief als das erste, so sanken die Schweizer Exporte im Jahr 2020 insgesamt um 7.1 Prozent auf 225.1 Milliarden Franken und die Importe gingen um 11.2 Prozent auf 182.1 Milliarden Franken zurück. Die Eidgenössische Zollverwaltung spricht in diesem Zusammenhang von einem «historischen Rückgang» – die Ein- und Ausfuhren seien im zweiten Quartal 2020 aufgrund der Covid-19-Pandemie «in noch nie dagewesener Weise» eingebrochen. Diese Entwicklung warf den Aussenhandel niveaumässig um drei Jahre zurück. In der Handelsbilanz ergab sich derweil ein Rekordüberschuss von 43.0 Milliarden Franken.

NEUER HÖCHSTWERT MIT CHINA ERREICHT Der Schweizer Aussenhandel verringerte sich 2020 gesamthaft um 40 Milliarden Franken, wobei die Bijouterie- und Uhrenindustrie rund 50 Prozent des Exportrückgangs ausmachten. Gegen den allgemeinen Abwärtstrend stemmten sich lediglich die Exporte in der Chemie-PharmaIndustrie. Doch auch regional fallen Unterschiede auf. Bemerkenswert ist, dass der Aussenhandel mit China in beiden Verkehrsrichtungen auf einem neuen Rekordstand notiert. Der Schweizer Exportwirtschaft ist es gelungen, den Handel mit China im Jahr 2020 trotz Covid-19 um satte zehn Prozent auf 14.7 Milliarden Franken auszubauen. Das ist bemerkenswert. Trotz dieser Ausnahme hat die Schweizer Exportindustrie im Jahr 2020 in allen drei bedeutenden Wirtschaftsräumen Europa, Nordamerika und Asien insgesamt weniger Güter abgesetzt.

STEFAN RUF ist CEO von Euler Hermes Schweiz. www.eulerhermes.ch

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COMPLIANCE-VERSTÖSSE SO SCHÜTZEN SICH KMU von Moritz Homann

Compliance-Verstösse können auch kleine und mittelgrosse Unternehmen hart treffen. So schützen Sie sich vor Skandalen und Sanktionen. KMU haben mit vielfältigen Compliance-Herausforderungen zu kämpfen. Auf der einen Seite macht der Gesetzgeber Druck, auf der anderen Seite mangelt es häufig an Ressourcen oder Know-how im Unternehmen.

Compliance-Verstösse haben oft schwerwiegende Folgen.

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ie Investition in ein gutes Compliance Management zahlt sich jedoch auf vielen Ebenen aus. Unternehmen erfüllen die gesetzlichen Vorgaben, schützen sich selbst und ihre Mitarbeiter vor Geld- oder Haftstrafen, erkennen Risiken früher und können proaktiv gegen Verstösse vorgehen.

COMPLIANCE IST PFLICHT, NICHT KÜR Gesetzesverstösse wie Bestechung, Geldwäsche oder Betrug haben schwerwiegende Folgen. Sie schaden nicht nur dem Ansehen des Unternehmens, sondern führen zu hohen Geld- oder sogar Haftstrafen. CEOs, Geschäftsführer und Geschäftsleitungsmitglieder haften im Schadensfall, wenn sie kein Compliance-System eingerichtet haben oder es nicht ausreichend überwachen. Das betrifft kleine und mittelständische Unternehmen genauso wie Big Player.

VERSTÖSSE SIND KEINE KAVALIERSDELIKTE Wenn Big Player wie die Schweizer Grossbanken, Schwergewichte in den Industrie-, Bau- und Rohstoffbranchen oder in Europa VW mit dem Dieselskandal nicht nach den Regeln spielen, landen die Beispiele zwar eher in den Medien als bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. Doch der Gesetzgeber macht hier keinen Unterschied.

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In der Baubranche besteht beispielsweise ein grosses Risiko für Korruption, wie man am Berner Kieskartell oder am 2018 aufgedeckten Bündner Baukartell sehen kann. Im Bündner Baukartell-Skandal wurde im Sommer letzten Jahres mit neun Strassenbauunternehmen Vergleiche mit einer Ausgleichssumme von sechs Millionen Franken abgeschlossen. Zuvor, im Frühjahr 2020, war sich die Regierung mit fünf Engadiner Baumeistern über die Zahlung von zwei Millionen Franken einig geworden. Anschauungsunterricht für die Schweiz lieferte auch eine Affäre im Waadtland. Der Tiefbaufirma Mattiuzzo wurde eine Routinekontrolle der Steuerverwaltung zum Verhängnis. Die Beamten entdeckten zuerst eine Steuerhinterziehung und schliesslich Hinweise auf einen ausgewachsenen Korruptionsskandal. Ein korrupter Manager der von der öffentlichen Hand kontrollierten Waadtländer Elektrizitätsgesellschaft SIE soll überhöhte Rechnungen akzeptiert und dafür einen Teil des zu viel bezahlten Geldes erhalten haben – sogenannte «Kickback»-Zahlungen. Die Dimension des Bestechungsskandals belief sich auf mehrere 100’000 Franken.

Schutz fordert und die EU-Hinweisgeberrichtlinie keinen Einfluss auf die Tätigkeit von Schweizer Unternehmen innerhalb der eigenen Landesgrenzen hat, bedeutet jedoch nicht, dass diese die EU-Regelungen ignorieren können. Vor allem für international agierende Unternehmen in der Schweiz, die Niederlassungen mit mehr als 50 Mitarbeitern im EU-Ausland unterhalten, besteht dring-ender Handlungsbedarf. Sie unterliegen mit ihren Auslandstöchtern EU-Recht und müssen damit bis Ende des Jahres 2021 einen internen Kanal einrichten, über den Compliance-Verstösse anonym gemeldet werden können. Um einen einheitlichen Standard im Unternehmen sicherzustellen, sollten auch Angestellte in der Schweiz die Möglichkeit haben, Missstände zu melden, ohne dabei ein unkalkulierbares Risiko einzugehen.

MELDESYSTEME SCHÜTZEN JEDES UNTERNEHMEN Das Thema «Whistleblowing» hat in den vergangenen Jahren in Europa stark an Bedeutung gewonnen. Dass die Schweizer Gesetzgebung keinen Whistleblower-

MORITZ HOMANN ist Managing Director Corporate Compliance der EQS Group AG. www.eqs.com


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Eine Partnerschaft mit Weitsicht.

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Industrie und Handel können bei nationalen und globalen Logistikdienstleistungen aller Art auf Dachser vertrauen. Gerade jetzt in Krisenzeiten.

D

ie Schweiz verfügt über einen vielfältigen Dienstleistungssektor von hoher Qualität. Warum sollte bei Logistikdienstleistungen die Wahl importierender oder exportierender Unternehmen gerade auf Dachser fallen? Was zeichnet Dachser aus, weshalb Kunden ihre Transportlogistik in die Hände von Dachser legen?

ZUFRIEDENE KUNDEN – PLANBARE KOSTEN Klar gegliederte Serviceleistungen und spezielle Branchenlösungen steigern die

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Kosteneffizienz der Auftraggeber und sorgen für eine hohe Zufriedenheit bei Mitarbeitenden und Kunden. OTIF – on time in full ist ein wichtiger Key-Performance-Indicator (KPI) zur Steuerung der Warenflüsse.

HOHE LIEFERQUALITÄT UND ZUVERLÄSSIGKEIT Das einzigartige Stückgut-Netzwerk und die getakteten Linienverkehre von Dachser haben sich auch in Krisenzeiten als sehr stabil erwiesen. Täglich gelebtes Qualitätsmanagement sorgt für durchgehende Sicherheit im Sendungsverlauf und transpa-

rente Nachverfolgung aller Sendungen zum Vorteil aller Beteiligten.

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rund 750 IT-Mitarbeitenden sichern und schützen die Auftragsdaten der Verlader. Eigenentwickelte Kernsysteme, interne Rechenzentren und eine intelligent vernetzte IT-Systemlandschaft ermöglichen die Verwaltung und Optimierung von Logistikprozessen und den sicheren Datenaustausch bis ins kleinste Detail. Gleichzeitig bietet die Dachser-Informationslogistik konsistente, länderübergreifende Lösungen anstelle einer Vielzahl von Systemen. Einheitliche Hardware und Software in allen unseren Niederlassungen sorgen für einen nahtlosen Datenfluss für Logistikprozesse. Alle Kernsysteme stehen für eine sichere Kommunikation und die Ausführung von Bestellungen in mehreren Sprachen zur Verfügung. Dazu gehören standardisierte, bedarfsgerechte, massgeschneiderte Transportlösungen sowie vollständige Transparenz durch nahtloses Informationsmanagement in einem sicheren System.

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Störungen bewährt. Proaktives Reporting macht Kunden rechtzeitig auf Probleme aufmerksam, sodass diese ihre Kunden informieren und mit Dachser alternative Lösungen anbieten können.

EFFIZIENTE ABLÄUFE Gut ausgebildetes Fachpersonal und die Erfahrung der Dachser-Mitarbeiter sorgen für eine hohe Prozessqualität, die die Effizienz in der Supply-Chain der Kunden steigert. Mit der intelligenten, übergreifenden Kombination zentraler Dienstleistungen verschiedener Geschäftsbereiche unter dem Dach der Kontraktlogistik ermöglicht Dachser mittelständischen Unternehmen aus Industrie und Handel massgeschneiderte Logistiklösungen. Alle Funktionen entlang der Wertschöpfungskette stimmen passgenau auf die speziellen Anforderungen der individuellen Supply Chains. Um optimale logistische Lösungen zu erhalten, werden kosteneffiziente logistische Standardleistungen mit individuellen Services verflochten.

bezogen verringert sich der CO2-Ausstoss damit pro Sendung erheblich.

ÜBER DACHSER SCHWEIZ Die Dachser Spedition AG ist eine Tochtergesellschaft des Transport- und Logistikdienstleisters Dachser mit Hauptsitz in Kempten, Deutschland. Die erste Niederlassung in der Schweiz wurde im Jahr 1967 eröffnet. Dachser Schweiz ist mittlerweile an acht Standorten präsent und beschäftigt 297 Mitarbeitende. Im Jahr 2019 transportierte Dachser Schweiz 557’400 Sendungen mit einem Gewicht von insgesamt 242’300 Tonnen. Übergreifende Kontraktlogistik-Services sowie branchenspezifische Lösungen ergänzen das Angebot. Ein flächendeckendes europäisches sowie interkontinentales Transportnetzwerk und komplett integrierte Informationssysteme sorgen weltweit für intelligente Logistiklösungen.

FÜR DIE WELT VON MORGEN Dachser unterstützt mit einer klaren Klimaschutzpolitik seine Kunden beim Erreichen ihrer Umweltziele im Bereich Logistik durch Prozess- und Energieeffizienz sowie Forschung und Innovation. So beliefert Dachser beispielsweise bereits die Innenstadt von Freiburg im Breisgau emissionsfrei mit einem rein elektrischen Fahrzeugmix aus Fuso eCanter, Streetscooter und Lastenrad. Auf den gesamten Transport

URSULA SCHMELING ist freie Journalistin und bei UFS MarCom tätig. www.dachser.ch

Dachser sorgt für einen sicheren Datenaustausch.

Ausgabe 1/2021 // Seite 119


VORSCHAU &  IMPRESSUM

VORSCHAU DIE NÄCHSTE AUSGABE ERSCHEINT IM JUNI 2021 Folgende Schwerpunkte stehen auf unserer Agenda:

Prozesse und Technologien integrieren ERP auf dem Prüfstand

Mehr als Informationsaustausch Die richtigen Botschaften in den passenden Kanälen

Weibliche Gestaltungskraft Frauen im Business

Auf der sicheren Seite Anlagestrategien in turbulentem Umfeld

Die neuen Chefs Andere Führungsqualitäten

Mobil und flexibel Flottenmanagement für KMU

Herausgeber Editorial AG Talstrasse 20 CH-8001 Zürich Ausführung Editorial AG Ceres Tower Hohenrainstrasse 24 CH-4133 Pratteln Telefon +41 61 551 39 40 Fax +41 61 551 39 49 info@editorial.ag www.editorial.ag Geschäftsleitung Jan Tanner j.tanner@editorial.ag Verlagsleitung Hasan Dursun h.dursun@editorial.ag Projektleitung Carmen Helde c.helde@editorial.ag Verkauf & Marketing Virginie Vincent v.vincent@editorial.ag Franco D’Elia f.delia@editorial.ag

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Chefredaktion Georg Lutz g.lutz@editorial.ag Redaktion Elisa Beck e.beck@editorial.ag Leitung Produktion & Grafik Nadesh Meyer

n.meyer@editorial.ag Grafik Sandra Schneider Korrektorat / Lektorat Brigitte Battaglia Aboservice info@editorial.ag Autoren Felix Aepli Martin Berweger Daniele Ciociola Katarina Cohrs Yan Doll Chris Eckert Anne Forster Nicole Freitag Stefanie Giardina Rebecca Grunder Vincent Gygax Yvonne Häring

Moritz Homann Laurent Homeyer Lars Jäger Claudia Keller Regina Kleeb Thomas Köberl Michael Krähenbühl Berhard Kuntz Sabine Machwürth Markus Meier Dr. Jens-Uwe Meyer Daniel Morris Lien Nguyen Rudolf Obrecht Gabriele Ochner Sabine Prohaska Hauke Rahm Dr. Astrid Rimbach Stefan Ruf Andrea L. Sablone Simone Sarodnick Michael Schäfer Tom Schlup Ursula Schmeling Simon Schnetzler Afke Schouten Anne M. Schüller Herbert Schwerzmann Simon Tellenbach Edwin Weijdema Andrea Wörrlein Joël Ch. Wuethrich

Immer im richtigen Licht Marketing für KMU Unentwegt unterwegs Die neuen Welten in der Logistik Endstation Endgerät Unternehmenssouveränität endet am Router

Andy Zaugg Caroline Ziltener Interviews Patricia Falco Beccalli Yvonne Häring Daniel Herzog Max Leichner Dr. Jens-Uwe Meyer Philippe Perret Klaus W. Wellershoff Caroline Zielke Titelbild Shutterstock Bilder FFHS LWO PEXELS Swissbau Jahresabo Vier Ausgaben CHF 19.– Einzelpreis CHF 5.90 info@editorial.ag ISSN 2296-7575 A PRODUCT OF PRESTIGE MEDIA GROUP SA Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.


Liebe KMU 11 % von euch halten einen Cyber-Angriff für möglich. 89 % hoffen einfach das Beste.

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Die Studie zu Cyber-Sicherheit und Digitalisierung in KMU. Die Resultate finden Sie unter mobiliar.ch/kmu-studie



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