kmuRUNDSCHAU 02/2016

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AUSGABE 02/2016

PARTNER:

VON DER MASSE ABHEBEN PRODUKTIVITÄTSVORTEILE DURCH ERP

DIGITALE REVOLUTION

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WIRTSCHAFT 4.0

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FIT IM EXPORT

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DEBATTE UM EUROPA



LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, Das Thema Enterprise Resource Planning (ERP) ist ein heisses ­Eisen. ERP betrifft heute alle Unternehmensbereiche und die darin laufenden Prozesse. Daher scheuen Unternehmensverantwort­ liche oft das Angehen von neuen Lösungen. Zunächst geht es ­natürlich um einen finanziellen Kraftaufwand. Die Angst vor hohem Investitionseinsatz ist mit Händen zu greifen. Nicht selten steht auch das Business-as-usual-Prinzip im Vordergrund. «Es läuft doch auch mit den klassischen Insellösungen» ist ein häufig zitierbarer Satz. Der Veränderungsdruck ist schwach. Im Hochwährungsland Schweiz hat dieser Druck aber in den letzten Monaten nochmals deutlich zugenommen. Die Insellösungen verursachen viel Auf­ wand im Businessalltag. Integrierte Gesamtsysteme, zum Beispiel mit einer Customer Relationship Management (CRM)-Lösung, ­unter einem ERP-Dach können hier weiterhelfen. Das wichtigste Stichwort in diesem Zusammenhang betrifft aber nicht eine technische Hürde, sondern heisst Vertrauen. Beim Thema ERP oder auch um Cloud-Lösungen, die nach aussen vergeben werden, geht es nicht um den Verkauf eines Produktes, sondern um die innersten Werte und Daten eines Unterneh­ mens. Das Unternehmen steht vor dem Anbieter nackt da. ­Anbieter und Kunden sollten sich auf eine längere Reise einstel­ len, bei der man sich immer besser kennenlernt. Auch daher haben wir in der vorliegenden Ausgabe einen ERP-Themen­ schwerpunkt zusammengestellt und beleuchten in mehreren Beiträgen diesen Prozess des Kennenlernens.

Ein weiterer Handlungsdruck ergibt sich aus der Tatsache, dass Produktion und ERP weiter zusammenwachsen. Das Thema ist viel mehr, als es bei dem Trendschlagwort Industrie 4.0 e ­ rscheint. Wer hier die Nase vorne hat, kommt in Produktivität und Wett­ bewerb einige Schritte weiter. Das merken gerade auch Unter­ nehmen, die in Exportmärkten tätig sind. Wir waren auf dem Aussenwirtschaftsforum und haben dazu die zentralen Thesen mitgebracht. Eine weitere Herausforderung kann an diesem Punkt ange­ führt werden. Ein Hemmnis vieler kleiner Unternehmen im ­B ereich der Fertigung sind Warenwirtschaftssysteme oder eigenent­w ickelte Lösungen, die seit vielen Jahren im Unter­ nehmen im Einsatz sind und den heutigen Anforderungen nicht standhalten können. Demgegenüber ist die Dachlösung indivi­ duell angepasst und modular aufgebaut und optimiert sämtliche Geschäftsprozesse entlang den horizontalen und vertikalen Wertschöpfungsketten. Zusammengefasst geht es bei einer ERP-Einführung nicht um die Implementierung einer Software, sondern um ein Projekt mit vielen Stellschrauben. Kommunikation, Kooperation und das gemeinsame und optimale Nutzen von Wissen stehen im Vordergrund. So bringen Sie Ihr Unternehmen weiter!

Georg Lutz

Chefredaktor kmuRUNDSCHAU lutz@rundschaumedien.ch www.kmurundschau.ch

Ausgabe 2/2016 // Seite 1


INHALT ERP HILFT BUSINESS

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Die Installation einer ERP-Lösung ist gerade in kleineren Unternehmen, die keine eigene IT-Abteilung haben, eine Herkulesaufgabe. Die Lösungen werden nicht einfach über einen Verkaufstresen oder durch wenige Mausklicks verkauft. Zunächst braucht es viel Vertrauen zwischen den Partnern, welches nur langsam aufgebaut werden kann. Welche weitere Meilen- und Stolpersteine gibt es?

DIE DIGITALE REVOLUTION IST DA Der Begriff der «digitalen Transformation» ist derzeit in aller Munde. Viele sprechen in diesem Zusammenhang gar von einer Revolution – einem Umbruch, der alle Branchen und alle Bereiche entlang der Wertschöpfungskette massgeblich beeinflusst. Wir präsentieren eine analytische Einschätzung.

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FIT IM EXPORT Die vierte industrielle Revolution wird unser heutiges Verständnis von Export in der Zukunft umwerfen. KMU haben die besten Karten zu reüssieren – wenn sie rechtzeitig mitziehen. Welche Herausforderungen stellen sich? In Zeiten, in denen die Erfolgszahlen nachlassen, war dies die zentrale Frage beim diesjährigen Aussenwirtschaftsforum.

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WIRTSCHAFT 4.0 Digitale Transformation, Big Data, Internet of Things oder Cyberphysical Systems – wer heute die Nachrichten liest, kann sich schnell im Buzzword-Dschungel verlieren. Doch hinter der vielbeschworenen Wirtschaft 4.0 steckt deutlich mehr als nur die Digitalisierung oder Weiterführung der Industrie 4.0.

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INHALT CONNECTED CAR II Wie eng die Welt der Fahrzeuge und die Welt der IT mittler­ weile miteinander verwoben sind, macht ein Blick in die Messehallen rund um den Globus deutlich. Nur, was wird sich wann und wie in den Businesswelten durchsetzen?

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BUSINESSPORTRAIT Lederwaren aus der Schweiz sind üblicherweise seit Jahrzehnten Geschichte. Bei Lady Lederwaren und der Linie 07 14 ist das anders. Mit heissem Herzen und kühlem Verstand designen die Verantwortlichen in Frauenfeld ihre in Italien produzierten Taschen und Accessoires. Wie funktioniert dieses Modell?

WIR SIND VOR ORT

RUBRIKEN Editorial 1 Highlight 8 Software & Hardware 20 Global & Lokal 42 Die Welt der Finanzen 48 Unternehmen unterwegs 62 IT-Sicherheit 66 Marcom 68 Business Portrait 76 Menschen in Unternehmen 76 Kommentar 6, 7, 45 Kolumnen 15, 28, 64, 65, 75, 89 Impressum 104

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Unter anderem sind wir in den nächsten Monaten an folgenden Messen und Veranstaltungen vor Ort. Gerne können Sie im Vorfeld mit uns Termine vereinbaren. Auf Wunsch schauen wir in Ihrem Unternehmen auch persönlich vorbei. EMEX, www.suisse-emex.ch FFHS Business Breakfast, www.ffhs.ch SKO Leader Circle, www.sko.ch «New World of Work» Microsoft Schweiz, www.microsoft.com

IM WEB Wir halten Sie zwischen den Ausgaben mit aktuellen News, Fotostrecken, Kolumnen und Analysebeiträgen auf dem Laufenden. Sie sind gerne eingeladen, sich crossmedial zu beteiligen. Zum Beispiel mit News: 1 000 Zeichen, Bild und URL. Besuchen Sie www.kmurundschau.ch


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KOMMENTAR

EURO-SCHWÄCHE UND DIE SCHWEIZ – BEFÜRCHTUNGEN RELATIVIEREN von Jan Mischke

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uropa und die Eurozone durchlaufen seit Jahren vielfältige Krisen: Die Euro-Krise und Grexit, die Immigrationskrise, die Abstimmung über Brexit. Eine schwache Wirtschaftslage belastet den Euro, und spätestens seit dem Nationalbankentscheid im Januar 2015 ist auch die Schweiz in Mitleidenschaft gezogen: KMU leiden, Exportunternehmen erhöhen Wochen­ arbeitszeiten oder streichen Arbeitsplätze ganz. So zumindest das Bild, das weitläufig gezeichnet wird. Aber ist die Situation tatsächlich so vertrackt? Zunächst entwickelt sich Europa besser als oft angenommen. Das BIP pro Kopf wächst – mit Ausnahme von 2012 und 2013 – seit 1990 parallel zu den USA. Die Beschäftigung hat sich vor der Krise sehr positiv entwickelt und ist seitdem stabil geblieben, da steigende Arbeitsmarktbeteiligung – im Gegensatz – zu den USA – höhere Arbeitslosigkeit überschattet. Die Schere von Lohnstückkosten und Leistungsbilanzen zwischen Nord- und Südeuropa hat sich weitgehend geschlossen. Und der Euro hat sich – bis zur weitgehend expliziten Abwertung durch QE – gegenüber den Weltwährungen stabil entwickelt. Auch in der Schweiz hat sich die Wirtschaft besser entwickelt, als von vielen befürchtet. Zum einen steht der Schweizer Franken seit Jahrzehnten nicht zuletzt aufgrund struktureller Leistungs­ bilanzüberschüsse unter kontinuierlichem Aufwertungsdruck, und Schweizer Unternehmen haben damit umzugehen gelernt. Die jüngste Aufwertung treibt den Wechselkurs nur etwa zehn Prozent über den langfristigen Trend. Die Ausschläge werden aber heftiger. Nach einer kleinen Schwächephase, erleben wir nun seit anderthalb Jahren eine etwa 40-prozentige Aufwertung.

Auf Seiten der Unternehmen zeigt sich immer wieder, dass für die Schweizer Exportbranche wirtschaftliches Wachstum in den Absatzmärkten entscheidender ist als der jeweilige Wechselkurs. 2015 hat sich die Wirtschaft in den wichtigsten Märkten – EU, USA und selbst China – solide entwickelt. Daneben gibt es deutliche Branchenunterschiede. Erwartungsgemäss stark getroffen hat es Maschinenbau und Elektrotechnik mit sieben respektive fünf Prozent Exportrückgang 2015. In eher mässig preissensitiven Branchen wie Pharma, die darüber ­hinaus durch Innovation und Patente über viele Alleinstellungsmerkmale verfügen, sind die Ausfuhren dagegen sehr stabil ­geblieben, und nach China und in die USA sogar 2015 zweistellig gewachsen. Auch im Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen oder im – für die Schweizer Exporte mittlerweile noch wichtigeren – Transit- und Rohstoffhandel sind die Exporte stabil geblieben. Letztlich können einheimische Dienstleister – insbesondere wenn sie auf Importe angewiesen sind – sogar vom starken Schweizer Franken profitieren. Auch die nächsten Jahre werden voraussichtlich von Unsicherheit – und damit von einem eher starken Schweizer Franken – geprägt sein. Unternehmen sollten daher weiterhin in ihre Wettbewerbsfähigkeit investieren – sei es durch Kostenprogramme, verstärkte Innovation, flexiblere Prozesse, Verlagerung von Geschäftsteilen ins Ausland oder Erschliessung neuer Wachstumsmärkte.

Jan Mischke ist Senior Fellow bei McKinsey Global Institute (MGI), McKinsey's Business and economics Research Arm in Zurich. www.mckinsey.com

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KOMMENTAR

ERHÖHTER WETTBEWERBSDRUCK DURCH WÄHRUNGSNACHTEILE von Katharina Lehmann

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ie Tatsache, dass der Schweizer Franken in sehr kurzer Zeit in dieser Dimension erstarkt ist, macht uns als ­Unternehmung nach wie vor zu schaffen. Ein Wechselkurs von 1.10 CHF zum Euro ist zwar besser als Parität, jedoch bleibt viel Verunsicherung. Ich möchte dies an zwei konkreten Bei­ spielen aus unserem Arbeitsalltag verdeutlichen.

erreichen. Und den Nachteil, dass damit im Ausland produzierte Halbfabrikate günstig angeliefert und eingekauft werden können. Ich befürchte, dass wir mit der «Monopolisierung» unse­rer Schweizer Arbeitsstunden und -kosten Wettbewerbsnachteile für die in der Schweiz produzierenden Unternehmen schaffen.

Unser Sägewerk – in Analogie zur Landwirtschaft – produziert 100 Prozent mit Kosten in Schweizer Franken. Wir haben keine Möglichkeiten, die Rohstoffkosten, Löhne für unsere Mitarbei­ tenden, Transportkosten oder alle übrigen Aufwände ins Ausland zu verlagern beziehungsweise in anderen Währungen ­e inzukaufen. Und wir sind – im Gegensatz zur Landwirtschaft – keine «geschützte» Branche. Was bleibt, ist ein Margenverlust. Denn die Import­konkurrenz ist enorm gross. Wir arbeiten mit Hochdruck an Inno­vationen, Effizienzsteigerungs- und Kostensenkungsmassnahmen, und unsere erzielten Resultate stimmen uns positiv. Am meisten freut uns, dass wir zunehmend auf Kunden und Bauherren treffen, die die Schweizer Wertschöpfung und unsere Leistungsfähigkeit zu schätzen wissen und erkannt haben, dass wir mittel- und langfristig denken sollten, um die Schweizer Arbeitsplätze inklusive ihrer Zulieferbetriebe zu erhalten. Und wir wissen den Einsatz unserer Mitarbeitenden und Führungskräfte in dieser anspruchsvollen Zeit sehr zu schätzen.

Ganz anders sieht unsere Exporttätigkeit aus. Wenn wir unsere Leistungen im Ausland verkaufen möchten, können wir dies auf zwei Arten tun. Erstens: Wir sind so gut, dass wir die Kosten­ führerschaft erreichen. Das gelingt uns beispielsweise im Silobau. Aber ehrlicherweise gelingt uns dies auch nur durch teilweise Beschaffung unserer Materialien in anderen Währungen. Davon ausgenommen ist die Holzbeschaffung aus den Schweizer Wäldern. Denn daran halten wir fest. Oder zweitens: Unsere Tätigkeit ist so schwierig oder innovativ, dass wir daraus einen Wettbewerbsvorteil generieren können. Auch hier verzeichnen wir Erfolge, jedoch sind wir mit erhöhten Risiken und Unsicherheiten konfrontiert. Wie genau sollten wir denn Aufträge in Pfund über einen Zeitraum bis Ende 2017 kalkulieren? Währungs-Absicherungskosten von sechs Prozent sind wohl auch nicht die Lösung zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit. Und was genau leisten unsere staatlichen Organisationen, wie beispielsweise Switzerland Global Enterprise (ehemals OSEC) in Bezug auf die Export-­ Unterstützung von KMU?

Unser Holzbaubetrieb ist mehrheitlich in der Schweiz, aber auch weltweit tätig. In der Schweiz verzeichnen wir sinkende Preise aufgrund des erhöhten Importdrucks, verursacht durch WährungsUngleichheiten. Hier stellt sich die Frage, welche Rolle die ­Gewerkschaften und unsere Verbände während der verstärkten Wettbewerbssituation einnehmen. Die Holzbauweise hat den Vorteil, dass wir einen hohen Vorfertigungsgrad und damit eine hohe Qualität und Witterungsunabhängigkeit auf den Baustellen

Zusammenfassend: Trotz erschwerter Wettbewerbsbedingungen halten wir am Standort Schweiz fest und wissen, dass unsere gesamte Mannschaft Höchstleistungen vollbringen muss, um die Konkurrenzfähigkeit unserer Unternehmungen zu erhalten. Was wir uns wünschen, ist eine verstärkte Auseinandersetzung über KMU-taugliche Rahmenbedingungen einer in der Schweiz nachhaltig produzierenden Industrie.

Katharina Lehmann ist Inhaberin der Blumer-Lehmann AG in Gossau (SG). www.blumer-lehmann.ch

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HIGHLIGHT

Um Medienbrüche und Schnittstellen in Geschäftsprozessen zu vermeiden, ist es wichtig, CRM und ERP zusammenzubringen.

BUSINESS BESCHLEUNIGEN ERFAHRUNGEN VOM LETZTEN SOFTWARE CONTEST von Christian Bühlmann

Viele ERP-Systeme erheben für sich den Anspruch, Geschäftsprozesse zu beschleunigen und zu verbessern. Beim diesjährigen Software Contest haben gleich fünf Anbieter den Beweis angetreten, dass dem auch so ist – die passende Lösung und das nötige Know-how vorausgesetzt. Dabei bot der Contest den Besuchern mit Live-Vergleichen und konkreten Anwendungen eine Fülle praxisnaher Anschauungsbeispiele rund um das Thema Customer Journey. Seite 8 // kmuRUNDSCHAU


HIGHLIGHT

seinen Erfahrungen als Unternehmens­ berater: «Wir erleben in der Praxis oft, dass für Kunden nicht nur das Produkt zählt, sondern auch das Auftreten der Anbieter. Wer (sich) gut präsentiert und auf Men­ schen eingehen kann, hat eindeutig die besseren Chancen. Das spürt man auch deutlich beim Software Contest.»

CRM UND ERP ALS EINHEIT­ LICHES SYSTEM BETRACHTEN

Im Contest galt es, Prozesse von Marketing über Verkauf bis zum Service zu präsentieren.

Das Zusammenspiel von IT und Business praxisbezogen und live erleben.

W

as macht den Besuch des ­Software Contest lohnenswert? Herausfinden, was andere Lö­ sungen mehr oder besser können als die eigene im Unternehmen? Anregungen sammeln anhand konkreter Praxisbei­ spiele? Meinungen einholen und Fragen klären zu geplanten Projekten? Sich mit anderen über Freud und Leid von Anwen­ dern austauschen? Vermutlich ist es die Mischung aus allem, denn so unterschied­ lich die rund 130 Besucher des Software Contest 2016 in Bern auch waren, das Echo fiel mehrheitlich sehr positiv aus. Kurzweilig, spannend, professionell, so der Grundtenor. «Sehr lehrreich dank praktischer Beispiele», meinte ein Teil­ nehmer. Für Tobias Meyer von Abacus Research lohnt sich der Anlass sowohl für Anbieter als auch für Anwender: «Der Contest gibt einen optimalen Überblick über verschiedene Prozesse und ist beson­ ders vor einer Software-Evaluation sehr empfehlenswert. Für uns als Anbieter bietet die Veranstaltung interessante Kontakte.»

FÜNF SOFTWARE-ANBIETER IM DIREKTEN LIVE-VERGLEICH Nebst bekannten Anbietern wie ABACUS, Asseco, myfactory und Step Ahead war mit ABRA Software ein Newcomer aus Tschechien vertreten. Für Jürg Jucker, der als Schweizer Lösungspartner das System von ABRA präsentierte, war der Contest ein idealer Einstiegspunkt in den Schweizer ERP-Markt: «Das Vorstellen der Software vor zahlreichem Publikum, aber auch der Vergleich mit direkten Mitbewerbern bringt uns in Kontakt mit Interessenten und liefert gleichzeitig Benchmarkwerte.» Sowohl die Zuschauer als auch die Anbieter waren sich in einem Punkt völlig einig: Keine ­andere IT-Veranstaltung bietet einen direk­ teren Lösungsvergleich als der Software Contest. In kurzen, parallelen Intervallen präsentieren jeweils alle Anbieter ihre ­Lösungsansätze. Mitentscheidend für die Wahrnehmung beim Publikum ist dabei nicht nur das Produkt, sondern ebenso das Auftreten der präsentierenden Per­ sonen. Dr. Marcel Siegenthaler, Moderator des Software Contest, vergleicht dies mit

Unter dem Titel «IT-Power für Marketing, Verkauf und Service» nahm der Contest ein zentrales Thema in vielen KMU ins ­Visier. Dass damit eine gehörige Portion CRM ver­ bunden ist, gehörte zu den Herausfor­ derungen der ERP-Spezialisten. Beide ­Anwendungsbereiche nutzen oft identische Daten wie zum Beispiel Adressen, Produkte, installierte Basis usw. Um Medienbrüche und Schnittstellen in Geschäftsprozessen zu vermeiden, sei es sinnvoll, beide Gebiete in einem einheitlichen System abzubilden, betonte Dr. Marcel Siegenthaler in seinem Eröffnungsreferat: «ERP und CRM als ­separate Lösungen fördern nicht nur das Silo-Denken, sondern sind aufgrund der Schnittstellen auch teuer. In diesem Sinn sind ERP-Systeme mit integriertem CRM eindeutig zu bevorzugen.» Bei der Anwen­ dung in Unternehmen zeigt es sich jedoch häufig, dass nicht die Software das Problem ist, sondern die organisatorische Umset­ zung. Die mit der IT einhergehende Daten­ transparenz ist zudem nicht bei allen ­Mitarbeitenden gleich erwünscht. Doch genau hier liegt der Punkt: Der Erfolg e ­ ines IT-Projekts ist schlussendlich ein Bekennt­ nis zu einer umfassenden Unterstützung von Prozessen und Mitarbeitenden im ­Unternehmen.

KUNDENMANAGEMENT UND GUTE LÖSUNGEN Wie Business-Software erfolgreich einge­ setzt werden kann, zeigte der mit Spannung erwartete Auftritt der Anbieter. A ­ usgehend von einem durch die Herausforderer selbst gewählten Beispielkunden, welcher seine Produkte und Services vermarkten will, führte ein Drehbuch die Zuschauer über ­insgesamt acht Schritte bis zum Verkaufs­ abschluss und anschlies­sender Service­ verwaltung. Die Software-Anbieter zeigten dabei, wie sie mit Werbekampagnen umgin­ gen, Doubletten in Adressen eliminierten, Mails direkt aus dem ERP an die Zielgruppen verschickten, V ­ erkaufschancen verwalteten und Kun­denbesuche planten, Servicever­ träge bewirtschafteten sowie Wartungen

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HIGHLIGHT

Marcel Siegenthaler betonte die Wichtigkeit von Soft Skills im Rahmen des Beratungs- und Verkaufsprozesses.

planten und durchführten. Abgerundet wurde der Customer Journey durch die nahtlose Integration eines Webshops mit geschütztem Kundenbereich. Das Fazit: Alle Herausforderer ­bewältigten den Par­ cours zwar individuell, aber problemlos. Die Behauptung, «Geschäftsprozesse mittels Business-Software zu beschleunigen und optimieren», wurde eindrücklich bestätigt. Das Publikum dankte es mit einer aktiven Beteiligung in Form zahlreicher Fragen. Besondere Beachtung fand auch das ­Keynote-Referat von Dr. Martin Böhn, Head of CRM beim Beratungsunternehmen BARC. Seine Botschaft war ein­deutig: «Er­ folgreiches Kundenmanagement braucht gute Lösungen.»

PERFEKTER MIX: VERGLEICHEN, DISKUTIEREN, VERNETZEN Pausen, Stehlunch und Apéro boten Anwen­ dern und Anbietern gern genutzte Gelegen­

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heiten, das Erlebte zu diskutieren. Gleich­ zeitig wurde dabei auch die Möglichkeit wahrgenommen, individuelle Fragen zu klä­ ren und konkrete Projekte zu besprechen. Zu den Gründen, weshalb sich der Besuch des Software Contest lohnt, erklärt Veran­ staltungsmoderator Dr. Marcel Siegenthaler: «Der Contest bietet eine abwechslungs­ reiche Mischung aus neutral geführtem ­Lösungsvergleich, konkret umsetzbare Ideen und Impulsen sowie spannende ­Begegnungen mit Anbietern und anderen Anwendern. Das Ganze auf hohem Niveau und in kompaktem Tagesformat. Für die Besucher ist es eine einzigartige Möglich­ keit, das Zusammenspiel von IT und Busi­ ness praxisbezogen zu erleben. Der Nutzen liegt in der direkten Umsetzbarkeit des ­Erlebten und im Erfahrungsaustausch mit anderen.» Damit verbunden ist die Gretchen­ frage, welche jedes Unternehmen für sich selber beantworten muss: Wie steht es

mit der konkreten Nutzung vorhandener ­Business-Software? Dösen teure Systeme im Halbschlaf einer elektrischen Schreib­ maschine vor sich hin, oder werden die Pferdestärken leistungsfähiger Anwen­ dungen wirklich ausgereizt und auf den ­Boden gebracht?

CHRISTIAN BÜHLMANN ist Chefredaktor des topsoft Fachmagazin für Business-Software. www.topsoft.ch


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HIGHLIGHT

Immer mehr ERP-Lösungen sind in der Wolke.

DAS DACH DER DÄCHER MIT DER KOMPLEXITÄT VON ERP-LÖSUNGEN STRATEGISCH UMGEHEN Interview mit Markus Hümbeli von Georg Lutz

Die Installation einer ERP-Lösung ist gerade in kleineren Unternehmen, die keine eigene IT-Abteilung haben, eine Herkulesaufgabe. Die Lösungen werden nicht einfach über einen Verkaufstresen oder durch wenige Mausklicks verkauft. Zunächst braucht es viel Vertrauen zwischen den Partnern, welches nur langsam aufgebaut werden kann. Welche weitere Meilen- und Stolpersteine gibt es?

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RP ist die «Königs-Software» in einem Unternehmen. Können Sie in zwei, drei Sätzen skizzieren, wann Sie von einem Erfolg sprechen würden? Mir ist, bei solch einer Frage, die Verknüp­ fung mit dem Business wichtig. Eine erfolg­ reiche Implementation liegt dann vor, wenn ich die Wertschöpfungskette einer Unter­ nehmung weitgehend automatisieren kann. Sämtliche Prozesse sollten integriert abbild­ bar sein. Aus unserer Sicht kann das ­Unternehmen dann Kostenoptimierungen realisieren. In der Vergangenheit war es schwierig zu beweisen, ob die ERP-Systeme wirklich den zusätzlichen Nutzen liefern, der argumentativ vorgetragen wurde. Mit dem Blick aus der Business-Perspektive sind

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die zu automatisierenden Prozesse besser zu verstehen. Wenn hier klare Fortschritte sichtbar sind, dann ist eine ERP-Lösung wirklich eine Königs-Software. Wie ist der Erfolg strategisch zu erreichen, ist es ein prozessorientierter ­Ansatz, oder welche Vorgehensweise würden Sie empfehlen? Es gibt hier die klassischen Ansatzpunkte. Der eine Ansatzpunkt beginnt mit der Grundlage der Finanzsysteme. Das sind die klassischen Fibu-Programme, mit denen ja auch viele Anbieter angefangen haben. Ja. Zweitens gibt es den Ausgangspunkt der HR-Systeme. In vielen grösseren Unterneh­

men steht von Anfang an ein Supply-ChainManagement-Ansatz im Vordergrund. Es geht um die Flussläufe der Rohstoffe, Halbfertigwaren und Produkte? Hier sollten wir zunächst in Form einer Frage zum Ausgangspunkt zurückkommen: Was soll das ERP für mein Unternehmen eigentlich leisten? Nehmen Sie die Schwei­ zer KMU, die wegen der Währungssituation mit dem Euro unter einem enormen Wett­ bewerbsdruck stehen. Hier ist das Thema Innovation ganz oben auf der Agenda an­ zusetzen. Aus dieser Sicht bekommen Software-Lösungen nochmals eine neue Aufgabe. Ich muss mich als Unternehmens­ verantwortlicher mit meinen innovativen Produkten durchsetzen. Da sollte ich den


HIGHLIGHT

Software-Anbieter fragen, wie ich Innova­ tion schnell in meine Prozesse bringe. Dort würde ich beginnen.

«Was nützt mir das beste Reporting, wenn ich die Stärken, die in meinem Unternehmen stecken, nicht richtig abgebildet bekomme?» Aber es gibt ja noch andere Kriterien? Klar, aber was nützt mir das beste Repor­ ting, wenn ich die Stärken, die in meinem Unternehmen stecken, nicht richtig abge­ bildet bekomme? Natürlich ist das Thema Innovation in kreativen Prozessen schwie­ rig abzubilden. Kommen wir daher auf die Erfolgsfaktoren zurück. Auf diese würde ich meinen Fokus legen.

dern für alle Anbieter. Wenn ich den Kunden ­verstanden habe, kann ich in ein Evolutionsoder Auswahlverfahren gehen. Anschlies­ send kann ich über den Tellerrand hinaus­ schauen und den Anbieter fragen, wie weit ich sämtliche relevanten Prozesse umsetzen kann. Aus der reinen Papierperspektive kauft heute kaum noch jemand eine ERPLösung. Und das ist auch richtig so. Gerade beim Thema Cloud bekommt der Vergleich eine noch wichtigere Bedeutung. Nur um die Dimension nochmals klarzumachen. Es geht beim Thema ERP um wertschöpfende und unterstützende Prozesse. Können Sie dies ­erläutern? Bei wertschöpfenden Prozessen geht es um die Abbildung des gesamten Produkte­ zyklus inklusive Supply Chain. Der Blick reicht von der Idee über die Produktion bis hin zur Lieferung. Dann geht es auch in Spezialsituationen, die aber wichtig sind, wenn ich beispielsweise ein Produkt vom Markt nehmen will. Auch da muss heute ein ERP eine Antwort liefern. Bei den unterstützenden Systemen ist das Thema Finanzen auch heute noch immer zentral. Hier gilt es zu erfassen, was alles im operativen Bereich passiert. Nur so habe ich eine exakte Grundlage, auf der ich Entscheidungen treffen kann. Auch beim Thema HR gilt es, am Ball zu bleiben.

Intelligente Menschen sind für mein Unter­ nehmen ein wichtiges Kapital. So wichtig Automatisierungen sind, hier helfen sie oft nicht weiter. Es reicht heute nicht mehr zu wissen, dass dies eine wichtige Mitarbei­ terin ist, die Verantwortlichen sollten auch wissen, was es heisst, wenn eine solche Mitarbeiterin das Unternehmen verlässt. Gerade in KMU ist dies eine sehr wichtige und integrative Frage. Das Beispiel ver­ deutlicht, dass man über die Prozesse auch Auswertungen fahren lassen muss. Gerade bei KMU gibt es viele Insel­ lösungen, die im Laufe der Jahre angewachsen sind. Wie geht Ihr Haus mit dieser Herausforderung um? Es gibt bei KMU limitierte IT-Budgets. ­Daher wurden diese Insellösungen geschaf­ fen und bestehen heute noch. Wie komme ich da raus? Die Frage lautet wie folgt: Habe ich jeman­ den, der mir das Ganze als Service darstel­ len kann? Das heisst, beim betreffenden Kunden ist nichts installiert, es geht nur um die Frage, wie die Prozesse sauber abgebildet werden müssen. Wenn wir von Insellösungen sprechen, gibt es zwei Mög­ lichkeiten, entweder Sie lösen das alte ­Modell auf einen Schlag ab. Oder, so das zweite Szenario, Sie lösen die einzelnen Komponenten ab. Die zweite Vorgehens­ weise ist deutlich risikoärmer.

Lassen sich die Erfolgsfaktoren ope­ rativ aufschlüsseln? Gibt es aus Ihrer Sicht hier zentrale Meilensteine, die zur richtigen Kaufentscheidung führen? Auch hier kann ich mit einem Klassiker argu­ mentieren. Gibt es Referenzbeispiele, wo die Software gut läuft und das Unternehmen wirklich weitergebracht hat? Ich brauche hier das Rad nicht neu zu erfinden. So kann sich auch ein Vertrauensprozess entwickeln, der ein weiterer Meilenstein für den Erfolg ist. Der Kunde will im Entscheidungsprozess die ­anderen Erfolgsmodelle begutachten. Diese Erfahrung machen wir immer mehr. Es gilt aber nicht, den dritten Schritt vor dem ersten zu machen? Richtig. Ich muss zunächst wissen, was für mich wichtig ist. Wir als Anbieter haben ein Verständnis vom Markt und den Produkten, der Kunde muss aber wissen, wo er hin will. Das kann zum Stolperstein werden. Wenn der Kunde nicht weiss, wo er hin will, kön­ nen wir das mit Technologie nicht lösen. Das gilt im Übrigen nicht nur für uns, son­

ERP aus der Business-Perspektive auswählen.

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jedem einzelnen Thema realisieren, bringt es dann aber nicht zusammen. Auf der Plattform können Sie für unterschiedliche Bereiche auswählen, sind aber im gleichen System. Ich will eben nicht vier unter­ schiedliche Dokumentenmanagement-­ Systeme, sondern eine Lösung. Es gibt aber auch Kunden, die wollen mit uns nur ein Front-Office-Bereich realisieren. Auch dies ist möglich. ERP-Lösungen werden meist für den Handel oder die Produktion angeboten. Zudem gibt es auch auf Branchen zugeschnittene Lösungen. Wie ist Oracle hier aufgestellt? Wir gehen von einem Standard aus, und dann gibt es spezifische Lösungen. Manchmal braucht es dann auch Partner, die aber in unsere Plattform integriert wer­ den. Die Plattform hat eine Entwicklungs­ komponente auch für unsere Partner. So haben Lagerverwaltungslösungen einen Standard, können aber individuell passend ausgebaut werden. Wenn aber ein hoher Marktbedarf da ist, werden wir das selber entwickeln.

Ein klarer und modularer Aufbau ist von Vorteil.

Unser Ansatz erfordert einen sauberen, ­integrierten und modularen Aufbau. So beginne ich beispielsweise mit dem Finanz­ system, da es Sinn macht, und sattle dann das HR-Modul und später das Innovations­ management um. Wo kann ich es mir leis­ ten, erste Erfahrungen zu sammeln und Values zu generieren? Dann kann ich eine Applikation abschalten und den nächsten Schritt der Integration tun.

Heute habe ich im Businessleben in einigen Branchen viel mit regulatorischen Bestim­ mungen zu tun, die sich auch öfters ver­ ändern. Da muss ich auch reagieren ­können. Da hilft ein System, welches regel­ mässig Updates erfährt. Ich als Kunde muss mich nicht um einen Upgrade küm­ mern. Der Cloudprovider macht dies für mich, und ich muss nur noch die Test­ phase aus Business-Sicht erledigen.

Jetzt gibt es ERP auch «in the Cloud». Warum kommen hier gerade KMU in das ERP-Spiel? Es ist gerade für kleinere Unternehmen ein sehr wichtiges Modell, da es die Kos­ ten, genauer zunächst die Vorlaufkosten, unglaublich optimiert.

Inwieweit hilft hier der Plattform-Ansatz von Oracle? Wir haben für sämtliche Bereiche Lösun­ gen, die wir auf einer Plattform zusammen anbieten. Neben dem klassischen ERP geht es auch um Kundenbetreuung und Marketing.

Geht das noch genauer? Ich muss bei einer klassischen Lösung neue Hardware anschaffen, ich muss eine Software installieren und in das Netzwerk einpflegen. Dann brauche ich einen Berater oder IT-Experten. Dies sind alles Kosten, die ich zu Beginn bezahlen muss. Der ­Nutzen stellt sich aber zu einem späteren Zeitpunkt ein.

Die grosse Herausforderung besteht ja beim Thema Integration. Auch hier nützt uns ein Plattformansatz. Kunden können hier agiler handeln. Die Plattform befä­ higt den Kunden, verschiedenste Pro­ zesse zu integrieren, oder die Integration ist bereits vorhanden.

Bei einer Cloud-Lösung sind diese Vor­ laufkosten vergleichsweise kaum existent. Ich brauche nur einen Partner, der für die Konfiguration verantwortlich ist.

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Auch hier bitte ich um ein Beispiel? Nehmen wir das Beispiel des Dokumenten­ management. Das können Sie im Rahmen des Finanz- oder des HR-Themas realisie­ ren. Beide haben die Aufgabe, Dokumente zu verwalten. Jetzt kann man das unter

Es gibt gerade in der Schweiz viele grosse und auch einige kleine Anbieter. Wie wollen Sie sich in diesem Markt in den kommenden Jahren positionieren? Sie sind ja ein grosser Player, der im Normalfall, historisch gesehen, grosse Kunden bevorzugt. Cloud, ERP und KMU sind für uns ein spannender Dreiklang. Wir sehen hier für uns ein grosses Potenzial. Wir gehen jetzt den Markt mit Vorort-Beraten an und ha­ ben uns, in diesem Bereich, massiv ver­ stärkt. Im Rahmen von Cloud-Lösungen sind wir als grosser Anbieter jetzt auch wettbewerbsfähig.

MARKUS HÜMBELI ist Country Leader Applications für das Geschäft mit Business-Software (ERP, BI, CRM) von Oracle in der Schweiz. www.oracle.com


KOLUMNE

DREI TRENDS – DIE NETZWERKE VERÄNDERN SICH von Laurent Moureu

I

m letzten Jahr haben Stichworte wie das «Internet der Dinge» und «Big Data» in vielen Unternehmen, Städten und Branchen an Zugkraft gewonnen.

Dieses Jahr sehe ich drei Trends auf uns zukommen, die sich auf die Rolle und die Leistung von Netzwerken auswirken werden: Smart Cities, zunehmende Automatisierung und eine Verlagerung der Kosten weg von Investitionen und hin zu laufenden Gebühren. Das Netzwerk ist das Herz der digitalen Welt. Laut einer GartnerStudie wird die Zahl der «vernetzten Dinge» von 1.1 Milliarden im Jahr 2015 auf 9.7 Milliarden im Jahr 2020 steigen. In der Smart City kann jede Unterbrechung oder Verzögerung ernsthafte Auswirkungen auf das Funktionieren der städtischen Infrastruktur haben. Um der riesigen Datenmengen Herr zu werden, die diese «Dinge» generieren, brauchen die Städte einen neuen Ansatz für das Networking. Dabei müssen die Switches, die unternehmenskritische Daten befördern, für Endgeräte und Ser­ vices mit hoher Priorität die nötige Servicequalität (QoS, Quality of Service) sicherstellen. Nur so können Smart Cities allen Bürgern Nutzen liefern. Vielfach stellen sie bereits WLAN und verbesserte Online-Bürgerservices zur Verfügung. Jedes Jahr hören wir, dass Software-Defined Networking (SDN) der nächste grosse Trend in der Unternehmens-IT ist, aber es handelt sich immer noch um eine «aufkommende» Technologie. SDN sorgt dafür, dass sich das Netzwerk an die Applikationen anpassen

kann, und bietet auf der Netzwerkebene einen Grad an Automatisierung und Flexibilität, wie wir ihn sonst nur bei Servern finden. SDN schliesst die Lücke zwischen Anwendungs- und Netzwerksteuerung und optimiert die Applikationsbereitstellung und die Performance im gesamten Data-Center-Netzwerk und dem ­konvergenten Campus-LAN. Seinen vollen Nutzen wird SDN erst künftig entfalten, aber bereits heute gibt es intelligente Application Fluent Networks, die sich ­dynamisch an die virtualisierten Workloads und virtuelle Maschinen (VM) anpassen. Verfügbarkeit und einfache Installation führen dazu, dass die intelligente Fabrik zunehmend eingesetzt wird und damit die Lücke schliesst, die sich durch die Verzögerungen bei der ­Entwicklung von vollständigem SDN ergeben. Die Verlagerung der Kosten von den Investitionen zu den laufenden Kosten ist heute attraktiver als je zuvor. Cloudbasierte On-­DemandServices haben sich als skalierbar, sicher und funktionsreich ­erwiesen. Je mehr IT-Aufgaben die Unternehmen auslagern, umso attraktiver werden On-Demand-Netzwerke als Teil der Managed Services. Einige Technologieanbieter nutzen bereits ein ausgeklügeltes ­Monitoring, um die abgerufenen Services zu messen und ihren Kunden verbrauchsabhängige Preismodelle anzubieten, die kostengünstige Alternativen zu den herkömmlichen Investitionen ­darstellen – und sowohl das Budget als auch das Personal der ­IT-Abteilung entlasten.

Laurent Moureu ist Country Manager der ALE Switzerland GmbH. enterprise.alcatel-lucent.com/countrysite/ch/de

Ausgabe 2/2016 // Seite 15


HIGHLIGHT

Das ABACUS-CRM wurde von Fidevision für Aussendienstmitarbeiter optimiert und lässt sich dadurch einfach bedienen.

UMFASSENDE INFORMATIONEN MASSGESCHNEIDERTES CRM von Thomas Köberl

Moderne und passende CRM-Lösungen müssen heute einige Anforderungshürden überspringen. Die folgende Businessreportage verdeutlicht die Wichtigsten davon.

D

amit ihr Aussendienst-Team den Kunden vor Ort ihre Produkte opti­ mal präsentieren kann, setzt die Spirituosenspezialistin Lateltin auf das CRM-System von ABACUS. Dank der ­m ass­g eschneiderten Anpassungen der ABACUS-­Vertriebspartnerin Fidevision steht ein einfach zu bedienendes OnlineWerkzeug zur Planung und Umsetzung von Kundenbesuchen zur Verfügung. Es unterstützt sowohl das Monitoring der ­Verkaufsleitung als auch die Kunden­ betreuung inklusive Auftragserfassung durch die Verkäufer. Das Winterthurer Unternehmen Lateltin produziert und vertreibt ein umfassendes Sortiment an Spirituosen. So unterschied­ lich die Produkte, so vielfältig sind auch die Abnehmer. Das Spektrum reicht von Gastronomie- und Hotelleriebetrieben bis zu Pharmazie- und Nahrungsmittelherstel­ lern. Eine optimale Kundenbetreuung ist

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­ abei von zentraler Bedeutung und sichert d den langfristigen Erfolg von Lateltin. Betreut werden die Kunden in der ganzen Schweiz durch zehn professionelle Aussendienst­ mitarbeitende. Sie versorgen die Kunden mit aktuellen Produktinformationen und kümmern sich um Bestellungen.

DIE ZIELSETZUNG Mit der neuen CRM-Lösung wollte Latel­ tin ihre Vertriebsmitarbeitenden in die Lage versetzen, ihre Verkaufskompetenz zu erhöhen, direkt Aufträge zu erteilen und deren Bearbeitung zu überwachen sowie online Bestellungen und kunden­ spezifische Informationen zu erfassen. Es sei eine CRM-Lösung nötig geworden, mit der sich Daten erfassen lassen und welche die Möglichkeiten der mobilen Kommunikation ausschöpfen könne. Zu­ dem sollten die Verkäufer per Touch­ screen Daten schnell und einfach abrufen und eingeben können. Dazu sollte das

CRM auf einem Tablet-PC mit SIM-Karte laufen, damit der Zugriff via Internet auf die Firmensoftware ABACUS jederzeit ge­ währleistet ist und die Daten immer aktu­ ell bleiben. Last but not least suchte die Verkaufsleitung aber auch nach einer Lö­ sung für ein optimales, umfassendes Mo­ nitoring der Verkaufsaktivitäten.

DAS VORGEHEN Der ABACUS-Vertriebspartner Fidevision erhielt von Lateltin den Auftrag, auf der Grundlage der ABACUS-Software eine massgeschneiderte CRM-Anwendung zu realisieren. Um die Wünsche von Lateltin zu erfüllen, zeigten die Projektleiter von Fi­ devision Kreativität und Erfindergeist. So schufen sie eine CRM-Oberfläche, mit der die Vertriebsleute heute im Alltag bestens klarkommen. Hinter der einfach gestalte­ ten Oberfläche verbirgt sich durchdachte Technik, basierend auf der Leistungsfähig­ keit der ABACUS-Software.


HIGHLIGHT

UNTERNEHMENSPORTRÄT DES CRM-KUNDEN Anwender: Lateltin AG, 8405 Winterthur, lateltin.com Mitarbeiter: 40 Software-Benutzer: CRM (14), Auftragsbearbeitung mit AbaShop/E-Business (26), PPS (18), Finanzsoftware (12), Lohnbuchhaltung (1) Branche: Getränkeindustrie und -handel Anbieter: ABACUS ­Research AG, 9300 Wittenbach-St. Gallen, abacus.ch Implementation: Fidevision AG, 8105 Watt-Regensdorf, fidevision.ch

LÖSUNGSKONZEPT Die Projektleiter von Fidevision haben aus den ABACUS-Modulen und -Tools eine massgeschneiderte CRM-Lösung konfi­ guriert, die eine einfach zu bedienende und übersichtlich gestaltete Programm­ oberfläche für die Aussendienstmitar­ beiter bietet. Auf ihren Tablet-Rechnern werden zuerst nur Symbole und Schalt­ flächen von allen relevanten Programmen und Funktionen aufbereitet. Diese lassen sich via Touchscreen starten und bedie­ nen. Anstatt einer Fülle an Informationen werden nur diejenigen Informationen auf­ bereitet, die für einen bestimmten Kunden relevant sind. Das spart Zeit und verringert die Fehlerquote beim Suchen. Der Ver­ kaufsleiter kann nun auch den einzelnen Mitarbeitenden oder dem gesamten Ver­ triebsteam Aufträge erteilen, Termine für Kundenbesuche zuordnen und Mass­

Beim Kunden vor Ort nicht nur Gesprächsnotizen, sondern auch gleich Bestellungen erfassen.

nahmen im Zusammenhang mit Verkaufs­ kampagnen auslösen. Zusätzlich hat der Verkaufsleiter eine Fülle an Auswertungen, um Entwicklungen zu verfolgen und Ergeb­ nisse zu messen. Die CRM-Lösung umfasst zudem mehrere Hilfsmittel, welche die Planung und das Reporting erleichtern. Dazu gehören Landund Strassenkarten, eine Routenberech­ nung und Informationen zu den Kunden wie zum Beispiel bisherige Bestellungen sowie ihre zehn Top-Produkte mit A ­ ngaben zum Durchschnittsverbrauch. Die ganze Termin- und Aufgabenplanung wird zwi­ schen ABACUS-Kalender, -Outlook und -iPhone synchronisiert.

EIN FAZIT Sowohl die Verkaufsleitung als auch die Aussendienstmitarbeitenden von Lateltin

sind heute sehr zufrieden mit der neuen CRM-Lösung, deren grösster Nutzen darin liegt, dass dank der Online-Verbindung stets aktuelle Informationen zur Verfügung stehen. Damit können Aufgaben auch dort erledigt werden, wo sie anfallen – direkt beim Kunden. Martin Strotz, Betriebsleiter Lateltin, schätzt dabei besonders die schnittstellenfreie Integration von Aussen­ dienst und Auftragsabwicklung: «Das CRM der ABACUS-Software ist für unser Unter­ nehmen ein wertvolles Instrument, das uns bei der Akquisition hilfreich unterstützt und den ganzen Prozess der Auftragsabwick­ lung spürbar beschleunigt. Wir haben keine Medienbrüche mehr und eine Lösung aus einer Hand.» Aber auch eine mobile Lösung ist ein zentraler Baustein. Das betont auch Martin Stortz. «Aussendienstmitarbeitende sind auf ein komfortables, effizientes CRMWerkzeug angewiesen, welches unbedingt feldtauglich sein muss, das heisst robust, einfach, schnell, bedienungsfreundlich und natürlich voll integriert in die Auftrags­ abwicklung.»

THOMAS KÖBERL ist Mitglied der Geschäftsleitung und verantwortet die Öffentlichkeitsarbeit der Abacus Researach AG. Die Welten der Spirituosen spiegeln sich in den Produkten von Lateltin wider.

www.abacus.ch

Ausgabe 2/2016 // Seite 17


HIGHLIGHT

Storage-Systeme sollten flexibel auszubauen sein und unterbruchsfrei laufen.

GETESTET UND EINGEFÜHRT EIN WECHSEL IN DEN IT-WELTEN von Stefan Muggli

IT-Systeme, beispielsweise im Storage-Bereich, haben immer höhere Hürden vor sich. Skalierbarkeit, Speicherleitung, Datenschutz oder die alltägliche Praxis sind die zentralen Stichworte. Zudem ist der Trend in Richtung Server-Virtualisierung, -Konsolidierung und Cloud-Anbindung. offensichtlich. Wie funktioniert das im Alltag? Der folgende Beitrag beleuchtet die Umstellung bei der MS Direct AG.

S

pringen wir gleich in die Praxis einer Businessreportage und beginnen wir mit einer Unternehmensgeschichte. Eine Occasions-Kuvertiermaschine bildete den Anfang, aus dem sich die heutige MS Direct AG zur Schweizer Marktführerin im Kundenbeziehungsmanagement und E-Commerce entwickelt hat. Einerseits ist dies die Geschichte der St. Galler MS Mail Service AG, welche sich auf Direktmarke­ ting, Versandhandel und später auch auf E-Commerce-Services wie Logistik- und Callcenter-Dienstleistungen konzentriert hat. Den zweiten historischen Part stellt

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die ehemalige rbc Solutions AG in Meilen dar, welche sich zur führenden Gesamtan­ bieterin im Contact- und Lead-KampagnenManagement entwickelte. Gegründet wurde die rbc 1985. Im Jahr 2007 rückten die bei­ den Familienbetriebe näher zusammen. Seither intensivierte sich die Zusammen­ arbeit stetig und mündete per 1. Juni 2015 in der heutigen MS Direct AG. Die MS Direct AG beschäftigt heute rund 900 Mitarbeitende in St. Gallen (Hauptsitz), Meilen, Muttenz, Wittenbach, Adligenswil und Lauterach (Österreich). Als Gesamt­

anbieterin für sämtliche kundenbezogene Prozesse denkt sie vernetzt und lösungs­ orientiert. Ihr Antrieb liegt in der Leiden­ schaft, Kunden im täglichen Kontakt zu begeistern. Die schnelle technologische Entwicklung und, damit verbunden, das veränderte Kommunikations-, Informations- und Kauf­ verhalten der Kunden beschert der MS Direct ein spannendes und herausfor­ derndes Umfeld. Jeden einzelnen Menschen im täglichen Kontakt zu begeistern, darin liegt ihre Leidenschaft. Dafür setzen sich


HIGHLIGHT

schaftet werden muss und weniger Ga­ rantien nötig sind. Ausserdem spart der neue Storage Platz im Rack. Dank klei­ neren Stromverbrauchs kann Energie gespart werden, weil weniger Kühlung notwendig ist. In absehbarer Zukunft will Bamert mit seinem Team weitere zwölf physische ­Server auf die Nimble migrieren, um künftig alle Daten über das Storage-System vor­ zuhalten. «Wir wollen auf kurz oder lang unsere Kapazitäten ausbauen und werden hier sicherlich wieder den Kontakt zu Nim­ ble suchen», betonte Bamert in einem ­abschliessenden Gespräch.

QUALITÄT IN DER PRAXIS Um Kunden zu begeistern, braucht es den richtigen IT-Hintergrund.

die Verantwortlichen mit ihren massge­ schneiderten Lösungen und ganzheitlichen Services sowie mit der Expertise in den Bereichen CRM, Customer Services, Direct Marketing, E-Commerce und Logistics ein. Und dafür investiert MS Direct stetig in ihre Infrastruktur.

UNEINGESCHRÄNKTE VERFÜGBARKEIT Die Kundenpflege für das Contact- und Lead-Management, aber auch andere Dienstleistungsbereiche erfordern eine Reihe von Datenbanklösungen. Kunden­ daten müssen an allen Standorten sofort verfügbar sein, um die individuellen Wün­ sche und Aufträge umgehend bearbeiten zu können. Hierfür setzte MS Direct bereits früh auf eine virtualisierte Infrastruktur mit ressourcenintensiven Anwendungen wie MS Exchange, Citrix, VMware und MySQL. Im Jahre 2010 wurde auf Microsoft Server Hyper-V virtualisiert, weil die PerformanceEngpässe die damalige IT-Abteilung be­ schäftigt hatten. Zunächst hatte man sich entschieden, die anhaltenden Schwächen mit mehreren physikalischen SQL-Servern zu beheben.

FÜR DIE ZUKUNFT AUFGESTELLT Da die bisherige Storage-Lösung mit dem Performance-Hunger der MS Direct nicht mithalten konnte, schaute man sich nach einer anderen Lösung um. Das Wachs­ tum der Firma erforderte ein modernes und flexibles System, das gleichzeitig die ­Betriebskosten im Vergleich zur Vorgänger­ lösung im Rahmen hält.

«Wir arbeiten bereits seit einiger Zeit er­ folgreich mit UP-GREAT zusammen, unter anderem beim Aufbau der virtualisierten Infrastruktur», erläutert mir Martin Bamert, Head of IT Services bei MS Direct die Hin­ tergründe der Partnerschaft. Nach kurzen, aber intensiven Auswahlpro­ zessen stimmte Bamert einer Teststellung mit einem Storage-Array der Nimble Storage zu. «Während des Proof of Concept (PoC) haben wir dann sofort Live-Daten verwen­ det, um die Performance einer wirklichen Probe zu unterziehen.» Die Ergebnisse des Tests waren so überzeugend, dass sich Bamert in Abstimmung mit seinem Team für die Ablösung der bisherigen Server-­ Infrastruktur und für die Einführung der Nimble entschied.

FAKTOREN DER BESCHLEUNIGUNG Mit der Unterstützung von UP-GREAT und Nimble gelang eine reibungslose Instal­ lation und Inbetriebnahme der beiden Nimble Arrays CS 500 bei MS Direct. Bis heute läuft das System ausfallfrei, obwohl kurz nach der Teststellung Hardware-­ Bestandteile ausgetauscht werden muss­ ten. Hier konnte Nimble im Support voll überzeugen, nach kürzester Zeit waren die benötigten Teile an Ort und Stelle und konnten ersetzt werden, ohne dass es zu Beeinträchtigungen im Workflow kam. Der Nimble Storage lässt sich einfach und flexibel ausbauen und unterbruchsfrei warten. Die Betriebskosten konnten gesenkt werden, da weniger Hardware bewirt­

Ich bin CTO der Infrastructure Solutions bei der UP-GREAT AG. Unser Schichten­ modell, nach welchem wir alle Cloud-­ fähigen Data Center bauen, ist hersteller­ unabhängig und modular. Wir bevorzugen Lösungen, die kompakt, skalierbar, per­ formant, einfach in der Bedienung und ­zuverlässig im Betrieb sind. Die eigens ­entwickelten Automatisierungsprozesse, unser Monitoring und Management sowie modernste Technologien gewähren grosse Sicherheit, hohe Qualität im Aufsetzen der Kundenumgebung und Effizienz im Betrieb. Mit der Automatisierung sind wir in der Lage, nicht nur Server mit Betriebssystemen schnell und effizient zur Verfügung zu stel­ len, sondern auch weitere Services wie SharePoint, Exchange Plattformen oder Backup-Services automatisiert zu provi­ sionieren. Und dies nicht nur schneller, ­sondern vor allem mit gleichbleibender ­Qualität. Das konnten wir bei MS Direct umsetzen.

STEFAN MUGGLI ist CTO der Infrastructure Solutions bei der UP-GREAT AG. www.up-great.ch www.nimblestorage.com www.ms-direct.ch

Ausgabe 2/2016 // Seite 19


SOFTWARE & HARDWARE

Die Digitalstrategie auf ein solides Fundament stellen.

SCHWEIZER KMU DABEI DIE DIGITALE REVOLUTION IST DA von Tanja Regli

Der Begriff der «digitalen Transformation» ist derzeit in aller Munde. Viele sprechen in diesem Zusammenhang gar von einer Revolution – und damit verbunden vom grössten Umbruch seit der Industrialisierung. Einem Umbruch, der alle Branchen und alle Bereiche entlang der Wertschöpfungskette massgeblich beeinflusst und auch in Zukunft weiter beeinflussen wird. Doch welchen Einfluss hat dieser Transformationsprozess auf Schweizer KMU? Wo liegen die Chancen, wo die Risiken? Ein Klärungsversuch.

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ls Konsumenten in unserem priva­ ten Alltag haben wir die Verände­ rungen längst antizipiert. Jederzeit online verfügbare Informationen und Dienstleistungen, intelligente Smartphones und soziale Netzwerke sind zur Selbst­ verständlichkeit geworden und verändern unser Konsumverhalten grundlegend. Der digitale Wandel hat unseren Alltag fest im Griff. Der moderne Kunde ist vernetzt, umfassend informiert und mobil. Damit erhält er eine nie zuvor dagewesene

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Marktmacht. Diese Marktmacht der Kon­ sumenten bekommen auch die Schwei­ zer KMU zu spüren. Der Kunde 2.0 will auf neuen Kanälen mit Anbietern in Kon­ takt treten und seine Bedürfnisse sofort befriedigt sehen. Die Kundenloyalität nimmt dabei stetig ab. Gelangt der Kunde mit einem Anliegen an den Markt, erwartet er einen hervorragenden und schnellen Service, den er notfalls auch bei der Konkurrenz findet. Und diese schläft be­ kanntlich nicht.

GEKOMMEN, UM ZU BLEIBEN In Zeiten, in denen sich die digitalen Mög­ lichkeiten und damit auch die Anforde­ rungen der Konsumenten schneller denn je verändern und beinahe täglich neue ­Anbieter mit fundamental neuen Geschäfts­ modellen in den Markt eintreten, stellt eine Vogel-Strauss-Taktik keine Alternative dar. Schweizer KMU sind gefordert, sich mit der digitalen Realität auseinanderzu­ setzen und einen auf sie und ihre Budgetund ­Ressourcensituation zugeschnittenen


­ igitalen Fahrplan zu entwickeln. Verpassen sie diese Chance, wird d die Konkurrenz letztendlich als Sieger hervorgehen.

NEUE ERFOLGSMODELLE GESUCHT Tatsächlich profitieren gerade auch KMU massgeblich von den neuen digitalen Technologien. Technologien wie Social Media, Mobility, Data Analytics und Cloud-Computing befähigen Unter­ nehmen, ihre Geschäftsmodelle, operativen Prozesse und Kunden­ interaktionen zu überdenken und neu zu gestalten. Durch den ­Einsatz einer modernen und flexiblen IT-Infrastruktur werden Pro­ zesse und Betriebsabläufe o ­ ptimiert und automatisiert. Als Resultat werden die wertvollen Ressourcen dort eingesetzt, wo sie einen effektiven Mehrwert in der Wertschöpfungskette erzielen. Und sie erhalten Freiraum, um sich um das Wichtigste zu kümmern: die Kunden. Durch neue Kanäle wie Online-Marketing und soziale Netzwerke kann die Kundenansprache denn auch persönlicher, zielgerichteter und kostengünstiger gestaltet werden. Das veränderte Informations- und Kommunikationsverhalten in der Gesellschaft beeinflusst auch die Zusammenarbeit zwischen den Teams und Abteilungen eines Unternehmens. Neue Communicationund Collaboration-Tools leisten einen massgeblichen Beitrag an die Qualität der Zusammenarbeit und einen schnellen, einfachen Informationsaustausch. Ein Punkt, der speziell in modernen, ­mobilen Arbeitsumgebungen an Relevanz gewinnt. Im Jahr 2020 werden die sogenannten «Digital Natives» – also diejenigen Fach­ kräfte, die mit Internet und digitalen Technologien aufgewachsen sind – die Mehrheit ihrer Belegschaft stellen. Auch hier gilt es, gerade mit Blick auf den akuten Fachkräftemangel, diesen wert­ vollen Personalressourcen genau die Arbeitsbedingungen zu ­e rmöglichen, unter denen sie in puncto Produktivität zur Höchst­ form auflaufen können.

MARODE IT-LANDSCHAFTEN – DIE ANGEZOGENE HANDBREMSE «Sie ist historisch gewachsen»: Wenn es um die IT- und Software-­ Landschaft von KMU geht, eine häufig anzutreffende Aussage. Viele Unternehmen sehen sich mit veralteten Software-Systemen konfrontiert, deren Schnittstellen längst nicht mehr einen «­ Single point of truth», also eine vollständige Transparenz über alle ­G eschäftsdaten, ermöglichen. Zudem gestalten sich auch die Wartung und Aktualisierung z­ usehends schwierig, wenn sich verschiedene Anschaffungsjahre, Anbieter und Marken im Laufe der Jahre ansammeln. Die Resultate einer maroden IT-Landschaft sind ineffiziente Prozesse, manuelle Arbeitsschritte mit grosser Fehleranfälligkeit, ­g esetzliche Risiken, wenn beispielsweise die Compliance nicht mehr gewährleistet werden kann, und sicher­ lich Einbussen bei der Qualität der Kundenbetreuung. Anstatt sich mit den veränderten Bedürfnissen ­ihrer Kunden zu befas­ sen, verlieren KMU Zeit mit historisch gewachsener IT und punk­ tuellen Optimierungen, die den zunehmenden Anforderungen nicht gerecht werden.

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DEM STATUS QUO FLÜGEL VERLEIHEN Die Zeiten der Insellösungen im «Neuland» sind vorbei. Schweizer KMU sind gefordert, ihre Digitalstrategie grundlegend zu überdenken und auf ein solides Fundament zu stellen. Dabei geht es zunächst um eine Auslegeordnung der für das Unternehmen relevanten digi­ talen Möglichkeiten. Wie soll unsere Arbeitsumgebung zukünftig

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SOFTWARE & HARDWARE

Neue Geschäftsmodelle erfordern strategische Reaktionen jenseits einer Vogel-Strauss-Taktik.

ausgestaltet werden? Welche Prozesse müssen beschleunigt und automatisiert werden, um die vom Kunden geforderte Qualität und Schnelligkeit zu erfüllen? Auf welchen Kanälen wollen die Kunden mit uns in Kontakt treten? Welche Informationen und Tools benötigen wir, um unsere Kunden umfassend und persönlich zu beraten und betreuen? Die Antworten auf alle diese Fragen legen schlussendlich den Grund­ stein für eine erfolgreiche und unterneh­ mensübergreifende Digitalstrategie. Eine Strategie, die im Angesicht des sich stetig verändernden Markt- und TechnologieUmfelds nicht in Stein gemeisselt wird. Sondern sich vielmehr in einem kontinuier­ lichen Analyse- und Veränderungsprozess widerspiegeln soll. Sind die digitalen Prio­ ritäten festgelegt, gilt es diese – in einem mit Blick auf die individuelle Ressourcen- und Budgetsituation realistischen Fahrplan – zielgerichtet und unter Einbezug aller rele­ vanten Anspruchsgruppen im Unterneh­ men anzupacken und umzusetzen. Nur mit diesem «Top-Down»-Ansatz werden Schweizer KMU in der Lage sein, sich selber die notwendige digitale Fitness anzueignen und sich damit langfristig einen Erfolg v­ ersprechenden Wettbewerbsvorteil zu schaffen.

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VOM BUZZWORD ZUR ERFOLGSPOSITION Hier ein ERP-Tool, da eine Webseite mit Kundenportal, dort eine App und irgendwo vielleicht auch ein Social-Media-Auftritt auf Facebook & Co: Die digitale Präsenz von Schweizer KMU ist noch immer häufig ­geprägt von Insellösungen, schwerfälligen Schnittstellen und starren Organisations­ strukturen innerhalb der involvierten Abtei­ lungen. Von einer echten Digitalstrategie kann da nicht die Rede sein. Unternehmen sind angesichts des sich schnell verändernden Markt- und Tech­ nologieumfeldes gefordert, eine solide Digitalstrategie mit enger Verzahnung in die Unternehmensstrategie aufzusetzen. Gelingt dies nicht, verpassen sie die Chance, sich gegenüber der Konkurrenz abzuheben, und setzen mittel- und lang­ fristig ihren U ­ nternehmenserfolg aufs Spiel. Wir haben hier die neun wichtigs­ ten Tipps für eine erfolgreiche Digital­ strategie zusammengefasst.

1. DIGITALISIERUNG IST CHEFSACHE Eine echte Digitalstrategie kann nicht in den Händen einer einzelnen Abteilung liegen –

weder bei der IT noch bei Marketing oder Verkauf. Der Erfolg der Digitalstrategie hängt davon ab, dass diese von den übergreifen­ den Geschäftszielen des Unternehmens – und nicht denjenigen einer einzelnen Abtei­ lung – abgeleitet wird. Hinzu kommt, dass die Umsetzung einer Digitalstrategie nicht eben von heute auf morgen erledigt ist. Viel­ mehr geht es um eine kontinuierliche und konsequente Verfolgung der gesteckten Ziele und Prioritäten. Diesen Fokus auch im hektischen Arbeitsalltag zu behalten, ist eine grosse Herausforderung. Und sie ist nicht selten auch verbunden mit «Trade-offs». Wenn es darum geht, im Sinne der Digitali­ sierung auch schwierige Entscheidungen zu Budget- und Personalressourcen zu treffen, kann diese Verantwortung nur in den Hän­ den der Geschäftsleitung liegen.

2. DAS GROSSE GANZE SEHEN Digitale Projekte, die punktuell und ohne Blick aufs «grosse Ganze» angestossen werden, sind von Beginn weg zum Schei­ tern verurteilt. Die Digitalisierung eines ­Unternehmens muss alle Bereiche eines Unternehmens miteinschliessen: von der Ausgestaltung des eigentlichen Leistungs­ angebotes, über die Vermarktung, den ­Verkauf, bis hin zur Auftragsabwicklung


SOFTWARE & HARDWARE

und zu den Serviceleistungen. Eine erfolg­ reiche Digitalstrategie muss alle Aspekte des digitalen Unternehmens umfassen und integrieren.

3. «FIRST THINGS FIRST» Auch wenn der interne und externe Druck hoch ist, digitale Initiativen schnellst­ möglich umzusetzen: Setzen Sie sinnvolle Prioritäten und denken Sie an Punkt 2 ­unserer Liste. Das grosse Ganze. Allzu oft verfallen Unternehmen – haben sie einmal die Dringlichkeit der Situation ­erfasst – in einen ungesunden und wenig zielführenden Aktionismus. Damit errei­ chen sie jedoch nur eines: Die ohnehin schon historisch gewachsene, schwer­ fällige und komplexe IT-Landschaft wird um ein weiteres Puzzle ergänzt, das sich nie richtig integrieren und das Unternehmen mittelfristig in seiner ­digitalen Entwicklung weiter ausbremsen wird.

4. KOMMUNIKATION IST MATCHENTSCHEIDEND Mit der digitalen Transformation eines Un­ ternehmens werden nicht nur Strategie, sondern auch Struktur und Kultur mass­ geblich verändert. Ohne das Verständnis, den Rückhalt und die Unterstützung von Mitarbeitenden und Führungskräften kann keine Digitalstrategie langfristig erfolgreich etabliert werden. Es ist für Unternehmen da­ her essenziell, die Belegschaft frühzeitig mit «ins Boot» zu holen und den Mitarbeitenden ihren individuellen Beitrag zum Gelingen des digitalen Vorhabens aufzuzeigen.

5. REALISTISCHE ZIELE DEFINIEREN Die Umsetzung einer Digitalstrategie ist für viele Schweizer KMU eine Herkules-­ Aufgabe. Umso wichtiger ist es, dass rea­listische Ziele definiert und konkrete

Kennzahlen entwickelt werden, die eine Mes­sung des erzielten digitalen Erfolges zulassen. Phasenpläne mit konkret mess­ baren ­(Zwischen-)Zielen ermöglichen es dem KMU, seinen individuell definierten Digital-Fahrplan regelmässig zu überprü­ fen und sicherzustellen, dass die definier­ ten Ziele mit den getroffenen Massnahmen erfüllt werden.

6. GEEIGNETE STRUKTUREN SCHAFFEN Damit Mitarbeitende die Digitalstrategie ­erfolgreich vorantreiben und die erwarteten Ergebnisse erzielen können, müssen die benötigten Ressourcen bereitgestellt wer­ den. Es gilt, neue Strukturen aufzubauen und sie mit den notwendigen finanziellen Mitteln und den benötigten Kompetenzen auszustatten. Durch gemeinsame Ziele werden (Denk-)Silos überwunden und Mit­ arbeitende unterschiedlicher Fachbereiche miteinander verbunden.

7. DER WEG IST DAS ZIEL Die digitale Transformation ist gekommen, um zu bleiben. Deshalb müssen Schweizer KMU alle ihre digitalen Elemente kontinu­ ierlich auf den Prüfstand stellen. Welche neuen Markt- und Technologietrends sind relevant für unsere eigene Leistungser­ bringung? Welchen Einfluss haben sie auf unsere operativen Prozesse? Wo steht ­unser Mitbewerb? Wie können wir mittels neuen digitalen Innovationen unsere Wert­ schöpfungskette optimieren, ein noch bes­ seres Kundenerlebnis generieren und damit weitere Wettbewerbsvorteile realisieren?

8. EXTERNE EXPERTISE EINHOLEN Welche Digitalstrategie für Ihr Unternehmen die Richtige ist, können letztendlich nur Sie entscheiden. Im anspruchsvollen ope­

rativen Tagesgeschäft eines KMU fällt es aber oftmals schwer, sich selber die benö­ tigten Freiräume zu schaffen, um fundierte Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten und die Strategieentwicklung konsequent voranzutreiben. Unternehmensunabhän­ gige Experten können Sie dabei unter­ stützen, die benötigte Expertise in den Diskurs miteinzubringen, neue Lösungen zu kreieren und Auswege aus strategi­ schen Sackgassen zu finden. Sie erhalten einen wertvollen Sparringspartner, der Sie aktiv in der Verfolgung und Realisie­ rung Ihrer Ziele begleitet.

9. STARTEN SIE JETZT IN IHRE DIGITALE ZUKUNFT Wer im digitalisierten Wettbewerb überle­ ben will, muss jetzt handeln. Gemäss einer Studie der HWZ wird die digitale Transfor­ mation bereits 2017 für über 50 Prozent der KMU erfolgskritisch. Es gilt für Unternehmen also, schnellstmöglich eine Auslegeord­ nung des eigenen digitalen Reifegrades und der relevanten digitalen Technologien zu machen und die gewonnenen Erkennt­ nisse zeitnah in einen realistischen, ziel­ orientierten Strategie- und Umsetzungsplan zu überführen.

TANJA REGLI ist Managing Partner bei der passion4IT GmbH. www.passion4it.ch


Kontrollsysteme brauchen eine Risikoanalyse.

ISO 27001 AUSWEIS FÜR IHRE INFORMATIONSSICHERHEIT von Andreas Wisler

Die Anforderungen an die Informationssicherheit steigen stetig. Täglich ist von neuen Schwachstellen zu lesen, Angriffe auf Firmen und Privatpersonen nehmen zu, und die gesetzlichen und regulativen Anforderungen sind immer aufwändiger zu erfüllen. ISO 27001 ist ein Informationssicherheits-Framework, welches den Umgang mit diesen Themen für das eigene Unternehmen vereinfacht.

I

nformationssicherheit ist ein aktuelles Thema. Viele Firmen möchten die eigenen und fremden Daten sicher aufbewahren und schützen. Um für Kundinnen und Kun­ den, Lieferanten und Partner auch einen Nachweis zu haben, wird eine Zertifizierung nach ISO 27001 immer wichtiger. ISO 27001 ist ein Framework, um ein Informations­ sicherheits-Managementsystem, kurz ISMS, aufzubauen, zu unterhalten und stetig ­weiterzuentwickeln. Das Framework besteht aus verschiedenen (Sub-)Standards. Laufend kommen weitere dazu, vor allem im Bereich der sektions­ spezifischen Standards in bestimmten Be­ reichen wie Telekommunikation, Gesund­ heitswesen und Energieversorgung. Für die eigene Unternehmung sind ISO 27001 und ISO 27002 die wichtigsten Dokumente.

DER RAHMEN DER NORMEN ISO 27001 beschreibt dabei den Aufbau des Frameworks. Die Kapitel umfassen

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den Kontext der Organisation (Aufbau, Prozesse, involvierte Stellen, Geltungsbe­ reich und das Managementsystem), An­ forderungen an die Führung (Verantwor­ tung und Zuständigkeiten, Leitlinie), der Planung (Risiko-Analyse, Umsetzungs­ pläne), die Unterstützung (Ressourcen, Kompetenzen, Schulungen, Kommunika­ tion), den Einsatz (Planung und Kontrolle), die Auswertung (Überwachung, Messung, Analyse und Auswertung) sowie die steti­ gen Verbesserungen. Im zweiten Teil, dem ISO 27002, geht es um konkrete Massnahmen. Total handelt es sich um 114 sogenannte Controls, auf­ geteilt in 14 Kapitel. Dabei werden Themen wie die Organisation, Sicherheit des ­Personals, Management von Werten, ­Zugriffskontrolle, physische Sicherheit, Betriebs­sicherheit, Unterhalt und Wartung, Beziehungen mit Lieferanten, Management von Sicherheitsvorfällen sowie BusinessContinuity-Management angesprochen.

MANAGEMENT-­ ANFORDERUNGEN Mit dem alleinigen Auftrag, ein ISMS auf­ zubauen, ist die Geschäftsleitung aber heute nicht aus dem Schneider. Mit der Überarbeitung im Jahr 2013 kamen weitere Anforderungen dazu, die die GL in die Pflicht nimmt. Die Norm definiert die folgen­ den Anforderungen, die es zu erfüllen gibt: >>Übernahme der Gesamtverantwortung für die Informationssicherheit >>Informationssicherheit in alle Prozesse und Projekte integrieren >>Informationssicherheit steuern und aufrechterhalten >>Erreichbare Ziele setzen >>Sicherheitskosten gegen Nutzen abwägen >>Vorbildfunktion In der Norm 100-1 des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Deutschland) steht dazu Folgendes: «Wenn Zielvorgaben aufgrund fehlender Ressour­


SOFTWARE & HARDWARE

cen nicht erreichbar sind, sind hierfür nicht die mit der Umsetzung betrauten Personen verantwortlich, sondern die Vorgesetzten, die unrealistische Ziele gesetzt bzw. die er­ forderlichen Ressourcen nicht bereitgestellt haben.» Dies zeigt, dass es nicht reicht, sich zur Informationssicherheit zu bekennen, sondern diese muss aktiv gesteuert und zum Erfolg gebracht werden. Oft stehen solche Systeme in der Kritik, dass viel Papier erstellt werden muss, dies aber für das Unternehmen nur wenig bringt. Dies ist sicherlich teilweise richtig. Auch für ISO 27001 müssen einige Dokumente er­ stellt werden. Aus Erfahrung von verschie­ denen Firmen, sind dies aber Dokumente, die ein Unternehmen auch ohne Zertifizie­ rung erstellen sollte. Gerade die Leitlinie zum Umgang mit der Informationssicherheit ist essenziell. Auch die Risikoanalyse ist wichtig und wird auch für das interne Kon­ trollsystem IKS nach OR 728a gefordert.

ERFOLGREICHER ABSCHLUSS Nach der Norm gilt ein Informations­ sicherheits-System dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn folgende Punkte ­erfüllt sind: >>Es gibt eine definierte Leitlinie, welche sich an den Zielen und Massnahmen der Geschäftsziele orientiert und an das Vorgehen zum Management der Informationssicherheit der Unternehmenskultur angepasst ist, >>ein Budget für InformationssicherheitsManagement zugeteilt wurde und die Aktivitäten zur Informationssicherheit von der Leitung (Topmanagement) unterstützt werden, >>in der Organisation das Verständnis für die Anforderungen an Informations­ sicherheit verbreitet ist, Risikoanalysen durchgeführt und Notfallvorsorge betrieben wird, >>die Benutzer hinreichend für Informati­ onssicherheit sensibilisiert und geschult sind und die geltenden Sicherheits­ vorgaben und Regelungen kennen, >>ein Sicherheitsprozess mit einer regelmässig wiederholten Beurteilung und Verbesserung des ISMS existiert.

ABLAUF ZUR ZERTIFIZIERUNG Wie kann ein Unternehmen nun den Weg in Richtung ISO 27001 einschlagen? ­Welche Dinge gilt es in welcher Reihen­ folge umzusetzen? Nachfolgende Schritte zeigen einen pragmatischen Weg zu einer erfolgreichen Zertifizierung auf:

1. Unterstützung der Geschäftsleitung einholen 2. Projekt-Plan erstellen 3. Anforderungen und Rahmenbedingun­ gen ermitteln (Interessenvertreter, vertragliche und rechtliche Anforderun­ gen). Dazu sollten unter anderem die folgenden Fragen beantwortet werden: a. Welche Geschäftsprozesse gibt es, und wie hängen diese mit den Geschäftszielen zusammen? b. Welche Geschäftsprozesse hängen von einer funktionierenden, also einer ordnungsgemäss und anforderungsgerecht arbeitenden IT ab? c. Welche Informationen werden für diese Geschäftsprozesse verarbeitet? d. Welche Informationen sind besonders wichtig und damit in Bezug auf Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit schützenswert und warum (zum Beispiel personen­ bezogene Daten, Kunden­daten, strategische Informationen, ­Geheimnisse wie Entwicklungs­ daten, Patente, Verfahrens­ beschreibungen)? e. Gibt es Partner, Kunden oder ­weitere Stellen, die Zugriff auf ­Firmenwerte benötigen? f. Welche vertraglichen Anfor­ derungen müssen erfüllt werden? g. Gibt es rechtliche Vorschriften, die es einzuhalten gilt? 4. Anwendungsbereich definieren (welcher Bereich soll zertifiziert werden?) 5. Informationssicherheitsrichtlinie erstellen 6. Prozess zur Risikoeinschätzung etablieren (Prozesse erfassen, Assets (Werte) definieren), Kritikalität definieren) 7. Risikoeinschätzung durchführen 8. Umsetzung der daraus entstehenden Massnahmen 9. Durchführung von Trainings und Awareness-Schulungen 10. Internes Audit durchführen ­(Überprüfung der 114 Controls aus ISO 27002) 11. Management-Bewertung durchführen 12. Anmeldung zur Zertifizierung 13. Durchführen des ISO-27001-Audits durch akkreditierte Stelle. Es lohnt sich dabei, auf einen erfahrenen Spezialisten zu setzen. Dieser kennt die

notwendigen Schritte, kann an den richti­ gen Stellen nachfragen und setzt auch ­etwas Druck auf, damit das Projekt in der Flut von anderen Tätigkeiten nicht untergeht. Doch nicht alle Schritte können durch eine externe Stelle schnell umgesetzt werden. Gerade die Beschreibung von Prozessen, das Erfassen von Assets (Firmenwerten) und der damit verbundenen Risikoanalyse kann das Unternehmen oft besser und schneller durchführen, sind diese doch schon bekannt. Die erforderlichen Doku­ mente, der Aufbau des ISMS, eine allenfalls notwendige Anpassung von Prozessen, die Schulung von Mitarbeitern (Schwerpunkt Sensibilisierung) und die Begleitung durch die notwendigen Kontrollen (Internal Audit, Management Review und der zwei- bis dreistufigen Zertifizierung) können abgege­ ben werden. Das Resultat dieser Schritte ist ein effekti­ ves Informationssicherheitsmodell, durch­ gängige Prozesse und eine Sensibilisie­ rung aller Mitarbeiter. Gegenüber Kunden, Partnern und weiteren Stellen existiert ein akzeptierter Nachweis über die eige­ nen Tätigkeiten rund um die Informations­ sicherheit.

ANDREAS WISLER ist CEO und Senior Security Consultant von goSecurity. www.gosecurity.ch

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SOFTWARE & HARDWARE

DAS BESTE AUS DEN WELTEN MULTI-CLOUD-STRATEGIEN von Stefan Troxler

Egal, ob Unternehmen über Public oder Private Clouds in das Cloud Computing einsteigen – am Ende werden die meisten bei hybriden Infrastrukturen landen, denn mit ihnen lassen sich die jeweiligen Vorteile der beiden Technologien optimal nutzen. Die grösste Flexibilität für Mitarbeiter verspricht dabei eine Multi-Cloud-Strategie.

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em Cloud Computing gehört die Zukunft der Unternehmens-IT – denn es bietet die Möglichkeit, Infra­ strukturen schnell und einfach an geän­ derte Markt- und Business-Bedingungen anzupassen und so flexibel auf den konti­ nuierlichen Wandel der Märkte zu reagieren. Der Begriff Cloud wird heute oftmals noch

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unterschiedlich interpretiert. Die wichtigsten Merkmale eines Cloud-Dienstes sind: ­Service auf Abruf, überall und jederzeit Zugang, Ressourcen-Pooling, rasche Elas­ tizität sowie messbarer Service. Um die Vorteile einer hybriden Infrastruktur zu nutzen, sollten die privaten und öffent­

lichen Plattformen und Services angegli­ chen werden und standardisiert sein, was heute oftmals noch nicht der Fall ist. Ein gutes Beispiel ist Microsoft. Die Publicund Private-Cloud-Architekturen werden über kurz oder lang verschmelzen. Dies wird für Microsoft eine massive Reduzie­ rung der Entwicklungskosten bedeuten,


und für die Kunden wird die standardi­ sierte und universelle Plattform die Flexi­ bilität ­e rhöhen und das Management der Plattform vereinfachen.

LEISTUNGSFÄHIGER SERVICE IM VORDERGRUND Zahlreiche Unternehmen sind auch schon in der einen oder anderen Form in das Cloud Computing eingestiegen. Viele von ihnen nutzen bereits die Public Cloud – etwa, um Anwendungen wie das E-MailSystem kostengünstig zu beziehen oder eine Entwicklungs- und Testumgebung für ihre Anwendungen schneller und einfacher einzurichten, als dies mit einer Inhouse-­ Infrastruktur möglich wäre. Kleinunterneh­ men und Start-ups können ohne eigenes IT-Personal die Services einer leistungsfä­ higen Infrastruktur in der öffentlichen Cloud nutzen. Es ist aber auch so, dass viele ­Software-Anbieter vermehrt ihre Applika­ tionen exklusiv als Software-as-a-Service (SaaS) anbieten und somit der Kunde gar keine Auswahlmöglichkeiten mehr hat, ­sofern er diese Applikation nutzen will. Inte­ ressant ist in diesem Zusammenhang auch die Finanzierung dieser Plattformen. Ein ­klarer Trend geht Richtung ConsumptionBased-Pricing-Modelle, wo beispielsweise analog zur privaten Stromrechnung monat­ lich abgerechnet wird. Immer mehr Unternehmen wählen mittler­ weile aber auch einen Einstieg über den Aufbau von Private-Cloud-Architekturen, denn Public Cloud Services müssen nicht zwingendermassen kostengünstiger sein als Private-Cloud-Infrastrukturen. Unter einer Private Cloud versteht man den Einsatz gleicher Technologien und Methoden wie bei der Public Cloud: Konsolidierung der Ressourcen, Standardisierung (zum Beispiel Software-defined Datacenter basierend auf einer universellen x86-Server-Plattform für Networking, Storage und Computing), Virtualisierung, Automation und Manage­ ment bis hin zu Self-Provisioning-Portalen für interne Kunden. Dies führt im Endsta­ dium dazu, dass der Benutzer Services beziehen wird, aber für ihn gar nicht ersicht­ lich ist, aus welcher Cloud der Service kommt. Private-Cloud-Architekturen können mittlerweile deutlich leichter aufgesetzt werden als in der Vergangenheit, geben den Unternehmen mehr Flexibilität und Kontrolle über ihre IT als Public-CloudLösungen und lassen weniger Sicherheits­ bedenken aufkommen, sofern der Sicher­ heit genügend Aufmerksamkeit geschenkt

wird. Aber ganz egal, welchen Einstieg Unternehmen in das Cloud Computing wählen – am Ende werden die meisten von ihnen bei hybriden Infrastrukturen landen. Diese verbinden Private und Public Clouds so miteinander, dass die unterschiedlichen Vorteile der beiden Ansätze kombiniert werden.

PRIVATE UND PUBLIC VERSCHMELZEN Durch eine geschickte Aufteilung der ­Daten auf diese beiden Welten können Unternehmen ihre Infrastruktur in zahlrei­ chen Punkten optimieren und ihrem Per­ sonal die Arbeit erleichtern: >>Die Beschleunigung von Innovationen ermöglicht ihnen, ihren Kunden schneller neue Mehrwerte zu bieten. >>Sie können agiler auf sich ändernde Marktanforderungen reagieren. >>Bereits vorhandene, nicht-proprietäre und standardisierte Technologien lassen sich optimal nutzen, wodurch langfristig die Gesamtbetriebskosten sinken. >>Compliance- und Sicherheitsanfor­ derungen kritischer Daten und Systeme können einfacher erfüllt werden. >>Die IT-Umgebung wird vereinfacht und lässt sich leichter verwalten. Eine entscheidende Stärke ist ausserdem die grosse Auswahl bei der Ausführung von Workloads. Hybride Cloud-Strukturen ermöglichen es Unternehmen, ihre unter­ schiedlichen Workloads über verschiedene Clouds hinweg laufen zu lassen. Das gibt ihnen die Möglichkeit, für jeden einzelnen davon zu jedem Zeitpunkt die kosten­ effektivste und verlässlichste Plattform oder Plattform-Kombination einzusetzen. Verursacht beispielsweise ein bestimmtes Ereignis oder eine aktuelle Geschäfts­ chance Lastspitzen in Web- oder IT-Syste­ men, die normalerweise auf Private-CloudPlattformen laufen, können diese durch zusätzliche Ressourcen aus der Public Cloud schnell und einfach abgefangen wer­ den. Deren Server- und Storage-Kapazitäten lassen sich innerhalb kürzester Zeit erweitern und bei Bedarf anschliessend auch wieder reduzieren.

Die Verschmelzung von Public- und PrivateCloud-Architekturen: Wer hat den Überblick?

eine Multi-Cloud-Strategie verfolgen. Das heisst, sie kombinieren künftig ihre Private Clouds nicht nur mit Services aus einer einzigen, sondern mehreren öffentlichen Clouds wie Amazon Web Services, Microsoft Azure oder der Google Cloud. Allerspä­ testens dann benötigen sie allerdings eine zentrale Managementkonsole, mit der sich die Private und Public Clouds inklusive IaaS-Services und Anwendungen einheit­ lich verwalten lassen. Nur dann ist gewähr­ leistet, dass die Unternehmen schnell und effizient immer die ideale Konstellation ­realisieren können. Nicht zu vergessen: Die Optimierung der Infrastruktur durch Nutzung einer MultiCloud-Strategie und anderer innovativer Ansätze wie Hyper-Converged-Lösungen vereinfachen auch das Arbeitsleben des IT-Personals. Die gesparten zeitlichen Ressourcen können IT-Administratoren gewinnbringend dazu nutzen, sich um die wachsenden Business-Anforderungen und zukunftsfähige Trends zu kümmern wie zum Beispiel Digitalisierung, Industrie 4.0 oder Internet of Things – und somit das Unternehmen beim Erreichen der Ge­ schäftsziele zu unterstützen.

ZIEL IST DIE MULTI-CLOUD Damit in Fällen wie diesen die Unternehmen eine möglichst grosse Auswahl haben und sich damit für die optimale Variante ent­ scheiden können, werden sie bei ihren ­Hybrid-Cloud-Infrastrukturen langfristig

STEFAN TROXLER ist Enterprise Solutions Director, Dell Schweiz. www.dell.ch

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KOLUMNE

WARUM HABEN KMU NOCH IMMER ANGST VOR DER CLOUD? von Helmar Steinmann

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chon lange träumt man in der Arbeitswelt vom sogenannten «papierlosen Büro». Während die Datenflut ­immer grösser wird, hält sich das Papier trotz Computer, Tablets und Smartphones ganz wacker. Immerhin: Im Bereich der Archivierung von Dokumenten setzen immer mehr Unternehmen auf die Möglichkeit, sämtliche geschäftsrelevanten Unterlagen komfortabel zu digitalisieren. Der Vorteil liegt auf der Hand: Wer ganz auf die Digitalisierung seines Archivs setzt, braucht sich nicht mehr durch Papierberge zu wühlen, um an bestimmte Unterlagen heranzukommen, deren Ursprung möglicherweise tief in der Vergangenheit liegt. Und zudem: Ist das ehemalige Papierarchiv leergefegt und einer neuen Bestimmung zugeführt, hat sich der physische Raum in den digitalen Space der Bits und Bytes verlagert. Doch je mehr Daten darin enthalten sind, desto mehr Speicherplatz ist notwendig. Festplatten und Firmenserver können da schon mal an ihre Grenzen stossen. Clouds ermöglichen es, Unmengen von Daten kostengünstig ausserhalb der Firmenserver zu speichern, via Zugriffsberech­ tigungen den Mitarbeitenden online zur Verfügung zu stellen und zur Bearbeitung freizugeben. Und mit der entsprechenden App können die Nutzer auch via Smartphone und Tablet von überall her auf die Cloud zugreifen und produktiv mitarbeiten. Die Auslagerung von Daten an einen externen Speicherdienst entwickelte sich deshalb im Angebot als auch in der Nachfrage schnell zu einem Trend, auf dessen Nährboden Cloud-Anbieter wie Pilze aus dem Boden schossen. Von Anfang an gab es auch Skeptiker, die den Nutzen von Clouds anzweifelten und die Datensicherheit beziehungsweise den -schutz infrage stellten. Als dann noch die zügellose Sammelwut des US-Geheimdienstes NSA in ihrem ganzen Ausmass bekannt wurde, bestärkte dies die Kritiker der virtuellen Wolken. Andererseits können Nachrichtendienste und Hacker auch E-Mails samt

Anhänge lesen, sollen sie es darauf anlegen. Hand aufs Herz: Wer macht sich darüber noch gross Gedanken? Dennoch müssen die Sorgen ernst genommen werden. Das ­A ngebot von Cloud-Anbietern ist gross und unübersichtlich. Ebenso die Unterschiede bei den Leistungen und der Sicherheitsstandards. Ich empfehle Ihnen, bei der Auslagerung an eine Cloud nicht zu sparen. Nicht nur können Billiganbieter oft nicht die technischen Voraussetzungen erfüllen, um Ihre Daten sicher zu lagern. Häufig sind sie auch in einem anderen Rechtsgebiet angesiedelt. Dabei begibt man sich rechtlich schnell auf unbekanntes Territorium. Bei Datenverlust oder unerlaubten Datenzugriffen können Sie im schlimmsten Fall nichts unternehmen. Mein wichtigster Rat lautet deshalb: Wählen Sie einen Cloud-­ Anbieter aus demselben Rechtsgebiet. Er ist jederzeit greifbar und wird deshalb alles dafür tun, um Ihre Daten in der Wolke ­sicher und verfügbar zu halten. Es empfiehlt sich zudem, die ­Daten in einer sogenannte Private Cloud zu speichern. Diese ist mit einer besonderen Verschlüsselung und einem eingeschränkten Zugriffsradius abgesichert. Diese Services kosten sicher ein paar Franken mehr als bei ­Billiganbietern, was in der Kalkulation entsprechend berück­sichtigt werden muss. Für geschäftsrelevante Daten lohnt sich die Investition in die Sicherheit aber auf jeden Fall. Denn mit der Implementierung eines Dokumenten-Management-Systems (DMS) beziehungsweise eines Enterprise-Content-Managements (ECM), bei dem die Daten zentral, übersichtlich und klar strukturiert ­abgelegt sind, sparen Sie bereits viel Zeit und Geld. Unabhängig davon, ob sich das digitale Archiv nun auf dem Firmenserver, ­einer Festplatte oder in einer Cloud befindet. Als international ­tätiger Entwickler und Hersteller für Software rund um das ECM, haben wir bei ELO Digital Office auch das Wissen und die Erfahrung, Ihnen Lösungsansätze aufzuzeigen, mit denen Sie Ihre ­Daten bei maximaler Sicherheit auslagern können.

Helmar Steinmann ist Niederlassungsleiter der ELO Digital Office CH AG. www.elo.ch

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Entlastung vom administrativen Aufwand steht auf der Agenda.

REVOLUTION IN DER BUCHHALTUNG VERKNÜPFUNG VON SOFTWARE UND BUCHHALTUNG von Jeremias Meier

Erstmals in der Schweiz können E-Banking und Buchhaltungs-Software einfach miteinander verknüpft werden. Der Vorteil für KMU: Sie sparen Zeit und haben stets den Überblick über die finanzielle Situation ihres Unternehmens.

ÜBER BEXIO bexio ist die führende Anbieterin webbasierter Business-Software für Kleinunternehmen. Das Programm ist online verfügbar und muss damit nicht auf den Computern der Unternehmen installiert werden. Sämtliche Daten werden ausschliesslich in Schweizer Rechenzentren gelagert. Mit bexio können Firmen Offerten und Rechnungen schreiben, Kundendaten verwalten, die Buchhaltung abwickeln, Zahlungen ausführen und abgleichen sowie online mit dem Treuhänder zusammenarbeiten.

IN DER PRAXIS Die Schnittstelle zwischen bexio und dem E-Banking steht Kunden von Postfinance, UBS und der Zürcher Kantonalbank zur Verfügung (Stand Anfang Juni 2016). Dank der Zusammenarbeit mit UBS bietet die automatische Verbindung zwischen dem UBS e-banking und bexio den Nutzern den grössten Komfort. bexio wird das E-Banking laufend für weitere Finanz­ institute ermöglichen, unter anderen für Credit Suisse und Raiffeisen. Mehr Informationen: www.bexio.com/banking

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elche Aufgaben verschlingen in der Administration von KMU viel Zeit? Eine Kundenumfrage von bexio, der grössten Anbieterin webbasierter Business-Software in der Schweiz, zeigt auf: Der manuelle Abgleich von Zahlungs­ eingängen auf dem Bankkonto mit offenen Kundenrechnungen steht bei vielen Klein­ unternehmern ganz oben auf der Liste.

Deshalb revolutioniert das Online-Startup bexio seit Ende 2015 die Buchhaltung für Kleinunternehmen: Die Business-Software kann neu mit dem E-Banking verknüpft werden. bexio hat die Schnittstelle in Zusam­ menarbeit mit UBS entwickelt.

Der Gewinn für KMU: jederzeit den Über­ blick über den finanziellen Stand des ­Unternehmens. Und damit Zeitersparnis: Viele Kleinunternehmer, Selbstständige und Startups vergeuden zu viel Zeit mit administrativen Büroarbeiten. Zeit, die sie für andere Aufgaben einsetzen können, die ihr Unternehmen vorwärtsbringen. «Mit dem vereinfachten Banking revolu­ tionieren wir die Buchhaltung für KMU und erleichtern so Kleinunternehmern das Leben.»

SCHWEIZER PREMIERE FÜR KMU Diese schweizweite Premiere entlastet die über 500’000 Kleinunternehmen in der Schweiz radikal von administrativem Auf­ wand: Sie können Gutschriften und Belas­ tungen aus dem E-Banking automatisch mit den erfassten Debitoren und Kreditoren in der Buchhaltungs-Software abgleichen. Der mühsame Abgleich von Hand entfällt. Zu­ dem können Zahlungsaufträge an Lieferan­ ten und Kreditoren neu mit einem Klick aus der Buchhaltungs-Software ans E-Banking übermittelt werden. Eine weitere Vereinfa­ chung. Die Schnittstelle wird rege genutzt: In den ersten drei Monaten haben sich ­bereits rund 1 000 Nutzer registriert.

JEREMIAS MEIER ist Mitgründer und Geschäftsführer von bexio. www.bexio.com

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© GIA Informatik AG

Die zwei Datacenter der GIA Informatik AG stehen in Oftringen und Zofingen – im Bild die Stadtkirche von Zofingen.

SWISSNESS MIT LEBEN FÜLLEN EIGENE DATACENTER IN DER SCHWEIZ Interview mit Peter Merz von Christian Wild

Swissness ist bei der GIA Informatik AG in Oftringen seit Jahren hoch im Kurs. Welche Werte dem Unternehmen wichtig sind und welche Technologien auf uns zukommen, sagt Geschäftsführer Peter Merz im Interview.

P

eter Merz, was bedeutet Swissness für die GIA Informatik AG? Primär einmal Sicherheit für unsere Kunden. Wir halten ihre Daten in unseren eigenen beiden Datacentern in der Schweiz, wo unsere bekannten Gesetze gelten. ­D aneben sind wir eine Firma, die zu ei­ nem Schweizer Familienunternehmen gehört – und wir haben unsere Standorte in der Schweiz.

dauerhafte Zusammenarbeit ist es wichtig, dass Unternehmen ähnliche Wertvorstel­ lungen haben. Ja, bisher geht der Plan auf, und wir agieren erfolgreich am Markt. Dazu gehört aber sicher mehr als Swissness: Die Kompetenz unserer Mitarbeitenden, die übrigens aus zahlreichen Nationen stam­ men und sehr gut miteinander kooperieren, ist die wesentliche Erfolgskomponente.

Inwiefern sind Ihre Werte und Ihre ­Unternehmenskultur schweizerisch? Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Fairness sind Werte, die uns wichtig sind und an denen wir festhalten. Mit unseren Kunden, Mitarbeitenden und Lieferanten pflegen wir langfristige und partnerschaftliche Zusam­ menarbeiten. In diesem Netzwerk vertrauen wir einander. Ob diese Eigenschaften ­typisch schweizerisch sind, kann ich jedoch nicht beurteilen.

«Wir sind schweizweit das einzige Systemhaus, das alle Prozesse für unsere Kunden in IT-Systemen abbilden kann.»

Geht Ihr Plan auf, wenn Sie als Unternehmen voll auf Swissness setzen? Unsere Kunden schätzen die damit ver­ bundenen Werte, denn sie machen uns zu einem verlässlichen Partner. Für eine

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Sie tragen auch das «Swiss Label». Was bedeutet dieses konkret? Das «Swiss Label» symbolisiert unser ­Bekenntnis zum Standort Schweiz, an dem wir alle unsere Leistungen erbringen und übrigens auch Lernende ausbilden. Durch die wirtschaftlichen Rahmenbe­ dingungen, das hohe Ausbildungsniveau, die erstklassige Infrastruktur und die klare Gesetzgebung können wir nur in unserem Lande für höchste Qualität – Schweizer Qualität – garantieren. Ihre Kernkompetenzen liegen im Erarbeiten von Lösungen aus einer Hand – in den Bereichen betriebswirtschaftliche Standardsoftware von SAP, IT-Services und Produktentwicklung von PTC. Was heisst das konkret? In diesem Punkt findet sich unser Allein­ stellungsmerkmal: Wir sind das schweiz­ weit einzige Systemhaus, das alle Prozesse (physisch und finanziell) – von der Produkt­ entwicklung über die Vermarktung, den Verkauf, die Fertigung und Montage von Produkten bis zur Buchhaltung – für unsere Kunden in IT-Systemen abbilden kann. Mit unseren IT-Services bieten wir auch


© GIA Informatik AG

SOFTWARE & HARDWARE

Webshops schmerzlich auf. Jedes Unter­ nehmen ist gehalten, eine auf seine Bedürf­ nisse zugeschnittene Desasterpolitik zu entwickeln. Die Arbeitgeberbewertungs-Plattform «Kununu» zeigt auf, dass GIA als überdurchschnittlich gute Arbeitgeberin benotet wird. Wie beurteilen Sie dieses Ergebnis? Es freut mich natürlich sehr, dass wir seit Jahren ein so positives Feedback von Mit­ arbeitenden und Stellenbewerbern erhalten. Gleichzeitig ist es aber auch eine Verpflich­ tung, nicht stehenzubleiben, sondern unsere Werte zu pflegen und auszubauen.

Verlässlichkeit, geringe Fluktuation und hohe Zufriedenheit prägen die Mitarbeiterpolitik der GIA Informatik AG.

die notwendige Infrastruktur an, also Netzwerke, Computer- und Speicher­ lösungen. Wie schafft es GIA, ihre Performance laufend hochzuhalten? Wir beschäftigen uns konsequent mit den einfachen Dingen: Die Bedürfnisse der ­b estehenden und potenziellen Kunden verstehen, einen Mehrwert generieren, die Sorgen der Kunden und Mitarbeitenden adressieren und so rasch wie möglich ­b eheben. Dazu braucht es ein solides technisches Fundament, vor allem aber Menschen, die mit anderen Menschen tagtäglich zusammenarbeiten wollen. Wie sollen sich Unternehmer auf die Technologien der Zukunft vorbereiten? Zum Beispiel auf Cloud Computing. Das ist in der Tat ein grosser Trend. Von Cloud Computing können Unternehmen bereits heute profitieren, indem sie keine eigene IT-Infrastruktur aufbauen und betrei­ ben müssen, sondern diese bedarfs­ gerecht aus der Cloud beziehen können. Wir bei GIA, mit unseren eigenen Data­ centern in der Schweiz, garantieren unse­ ren Kunden jederzeit die volle Transparenz über ihre Daten. Können Sie zum Stichwort «Internet der Dinge» die zentralen Trends skizzieren? Beim «Internet der Dinge» (IoT) sind wir heute so weit, dass wir unzählige Sensor­ daten in eine Datenbank bringen und diese mit geeigneten Tools analysieren können.

Die grosse Schwierigkeit liegt darin, aus diesen Informationen die richtigen Schlüsse zu ziehen und daraus neue Business­ modelle abzuleiten. Dies ist eine primäre Aufgabe der Linie, in Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung. Entwicklungs- und Service-­ Ingenieure legen gemeinsam fest, welche Key-Performance-Indikatoren den «Gesund­ heitszustand» einer Maschine kennzeichnen. Wie sieht es bei «Big Data» aus? Diese Daten generieren eine grosse Infor­ mationsmenge. Dazu kommen die Daten­ fluten aus sozialen Medien und anderen Quellen. Alles zusammen ergibt «Big Data». Was kann ich nun mit diesen Daten ma­ chen? Und welchen Mehrwert kann ich dank dieser Informationen erzielen? «Big Data» ist nur zum Teil ein IT-Thema; wie bei IoT ist die Linie zusammen mit den ­IT-Spezialisten gefordert, diesen Nutzen sicherzustellen. Die Unternehmen sollen sich vergegenwärtigen, dass die IT kein reiner Kostenfaktor ist, sondern diesen Mehrwert erst ermöglicht. Welche Bedeutung nimmt in Unternehmen eine Strategie für Katastrophenwiederherstellung ein? Eine Auseinandersetzung mit DesasterSzenarien ist unumgänglich, da wir heute auf Daten und IT-Systeme nicht mehr ver­ zichten können. Die Daten sind dabei ein Aspekt; das Organisieren der Arbeiten mit diesen Informationen ein weiterer. Das zeigten beispielsweise die DDoS-Attacken im März 2016 auf einige grosse Schweizer

Hilft Ihnen «Kununu» auch bei der Mitarbeiter- und Neukundenakquisition? Ja. Gemessen an unserer Grösse wird ­u nsere Firmenseite auf «Kununu» sehr ­intensiv angeschaut. Ebenso informieren sich interessierte Stellenbewerber und ­potenzielle Neukunden heute auf dieser Plattform über GIA. Welche nächsten Schritte unternimmt GIA, um in Zukunft fit zu bleiben? Zwei Bereiche sind mir besonders wichtig: Zum einen erarbeiteten wir ein Leitbild, wie wir unsere Kunden sehen und sie behan­ deln wollen. Derzeit beschäftigen wir uns intensiv mit der Umsetzung. Zum anderen schufen wir vor etwas mehr als einem ­halben Jahr die Stelle eines «Innovations­ managers». Zusammen mit einem neuen Innovationsprozess wollen wir die zentralen Technologiethemen so früh wie möglich erkennen. Daraus leiten wir entsprechende Massnahmen ab, um unsere Kunden ­weiterhin optimal zu unterstützen.

PETER MERZ ist seit bald 18 Jahren nun Geschäftsführer der GIA Informatik AG in Oftringen. Fairness gegenüber Kunden und Mitarbeitenden, Toleranz und ein Bekenntnis zu Leistung sind für ihn seit jeher prägende Werte. www.gia.ch

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Der prozessuale Aspekt sowie der Nutzungszweck von Software sind nicht zu unterschätzen.

GELD SPAREN UND RISIKEN MINIMIEREN DER SINN VON LIZENZMANAGEMENT von Torsten Boch

In zahlreichen Unternehmen wird das Management von Software-Lizenzen als lästiges Übel angesehen. Dabei kann ein fahrlässiger Umgang mit Lizenzen durchaus folgenreich für die Verantwortlichen sein und beispielsweise bei Herstelleraudits schnell zu unerwarteten Geldforderungen führen. Nach Einschätzung von Gartner-Analysten werden jährlich immerhin mindestens zwei Drittel aller Unternehmen einer solchen Lizenz-Plausibilisierung unterzogen. Das richtige Compliance-Konzept schützt Unternehmen vor bösen Überraschungen.

N

och immer betreiben viele Unter­ nehmen, vor allem kleine und mittel­ ständische Betriebe, ihr Lizenz­ management mit Tabellenübersichten. Dass dies nicht den Dokumentationsan­ forderungen der Hersteller entspricht, liegt auf der Hand. So wundert es kaum, dass die Mehrheit der IT-Manager in Studien ­angibt, sie fühle sich für Software-Audits nur unzureichend vorbereitet. Die Sorgen sind berechtigt; denn ist das Unternehmen unterlizenziert, drohen hohe Nachzahlun­ gen, ein Imageverlust und im schlimmsten Fall sogar strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen. Aber auch eine ­Überlizensierung sollte vermieden werden, denn hier wird unnötig Geld ausgegeben, das an anderen Stellen besser verwendet werden könnte. Deshalb müssen sich die

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Verantwortlichen – ob sie wollen oder nicht – damit auseinandersetzen, wie sie ihr Lizenzmanagement transparent und revisionssicher zugleich gestalten können.

RISIKO NR. 1 : SOFTWARE-AUDITS Sobald ein Software-Hersteller auf Lizenz­ verletzungen aufmerksam wird und sich bei einem Unternehmen meldet, ist es zu spät, denn die Deinstallation oder das Nach­kaufen von Lizenzen wird in diesem Fall nicht mehr anerkannt. Unabhängig von diesem Szenario nimmt auch gene­ rell die A ­ nzahl der Software-Audits zu. Waren es 2007 laut Gartner noch 35 Prozent der U ­ nternehmen, die ein Software-­Audit durchliefen, so sind es heute bereits mehr als 70 Prozent. Bei diesen Kontrol­

len wird geprüft, ob eine Software kor­ rekt lizenziert wurde. Wer für ein transparentes Lizenzmanage­ ment sorgt, das sowohl Clients als auch Server und mobile Geräte einschliesst, ist für diese Situationen gewappnet. Eine ­solche Komplexität lässt sich aber keines­ wegs in Textdokumenten oder Tabellen ­abbilden. Die vielschichtigen Vertragsinfor­ mationen, lokalen Installationen und virtuellen Zugriffe auf moderne Software-Lösungen lassen sich nur mit professionellen Lizenz­ management-Tools in den Griff bekommen. Sie beinhalten nicht nur die verschiedenen Lizenzmodelle und -metriken der Hersteller, sondern vergleichen diese zudem mit den vorhandenen Nutzungs- und Gerätedaten – egal, ob physisch, virtuell oder mobil.


SOFTWARE & HARDWARE

PROZESS-ANALYSE IST DAS «A & O» Doch damit allein ist es nicht getan. Nach Expertenmeinung beruht eine erfolgrei­ che Software-Compliance zu Dreivierteln auf effektiven Prozessen. Deshalb emp­ fiehlt sich, bei Einführung eines Tools un­ bedingt darauf zu achten, dass es der Querschnittsfunktion des Lizenzmanage­ ments gerecht wird. Sicherlich gibt es sehr gute Nischenlösungen, doch man­ gelt es diesen fast immer an Funktionali­ täten, um das Tool in alle relevanten ITProzesse zu ­integrieren. So werden diese Werkzeuge quasi im «Hinterzimmer» be­ trieben und sind auf das rückwärtsgerich­ tete Berichten fokussiert. Dabei kommt es bei einem effektiven SAM-(Software Asset Mana­gement)-Tool darauf an, die Prozesse vom Endbenutzer bis zur Li­ zenzverwaltung zu automatisieren. Die Abläufe beinhalten neben der eigentli­ chen Lizenzbilanzierung beispielsweise auch die Genehmigung der verursachten Kosten durch den Abteilungsleiter, die technische Bereitstellung und Nutzungs­ vermessung, die Integration des Serviceund Change-Managements.

Es zeigt sich also, dass der prozessuale Aspekt sowie der Nutzungszweck von Software nicht zu unterschätzen sind. Deshalb ist es wichtig, die Tool-Auswahl entsprechend auszurichten. Denn eines ist sicher: Scheitern können Sie mit jedem Tool – aber erfolgreich werden Sie nur dann sein, wenn Sie ein Tool einsetzen, das ihre Prozesse ganzheitlich unterstützt. Lassen Sie sich dabei nicht von vermeint­ lichen «Schnäppchen» in die Irre führen. Gutes hat seinen Preis, und das Invest­ ment eines Unternehmens in professio­ nelles Lizenzmanagement wird sich immer auszahlen.

KOSTEN EINSPAREN Die Experton Group hat im Rahmen einer aktuellen Untersuchung festgestellt, dass sich durch die Einführung eines konsequen­ ten und nachhaltigen Lizenzmanagements jährlich bis zu 30 Prozent der Software-­ Kosten einsparen lassen. Das hat verschie­ dene Gründe: So lassen sich nicht nur ­ungenutzte Lizenzen ermitteln und besten­ falls zurückgeben oder verkaufen, sondern vor allem auch bei Investitionen enorme Einsparungen erzielen. Denn durch die mit

einem erfolgreichen Lizenzmanagement gewonnene Transparenz über aktuelle ­Bestände und tatsächlichen Bedarf können Neubeschaffungen optimal gestaltet wer­ den. Verhandlungen mit den Herstellern sind dadurch viel effektiver. Wenn man ­zudem berücksichtigt, dass die Kosten für Software die Hardware-Investitionen um ein Vielfaches übersteigen und mittlerweile zu den bedeutendsten Kostenfaktoren in der IT zählen, ist die Relevanz der Thematik schnell klar.

SOFTWARE-COMPLIANCE Unternehmen, die sich um ihre Compli­ ance sorgen, sollten sich also aus der De­ ckung wagen und ihr Lizenzmanagement auf den nächsten Level heben. IT-Lösun­ gen, die darauf ausgerichtet sind, gibt es zuhauf. Allerdings empfiehlt es sich, bei der Auswahl auf die Ganzheitlichkeit der Lösung zu achten. Sie sollte Compliance in allen physischen, virtuellen, mobilen und Cloud-Umgebungen gewährleisten, Pro­ zesse ­automatisieren und sicherstellen, dass die Kosten für Software- oder ServiceLizenzen sowie die dazugehörigen Ver­ träge transparent sind. Vor allem durch

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SOFTWARE & HARDWARE

einen hohen Automatisierungsgrad lassen sich positive Nebeneffekte erzielen: Jeder­ zeit stehen präzise Informationen über die technische Software-Bereitstellung zur Ver­ fügung, der daraus resultierende Lizenzbe­ darf lässt sich per Knopfdruck ermitteln, und die neu g ­ ewonnene Transparenz ist die optimale Grundlage für reibungslose Audits und Kaufentscheidungen.

ZWEI FRAGEN AN DEN AUTOR TORSTEN BOCH Wie groß ist beim Lizenzmanagement die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis? Software-Compliance steht bei den Unter­ nehmen leider nur selten auf der Agenda des Risiko- und Finanzmanagements – und das unabhängig von der Unternehmens­ grösse. Dabei zeigen zahlreiche unabhän­ gige Analysen, dass sich mit einem konse­ quenten Lizenzmanagement nachhaltig sparen lässt. Wenn man bedenkt, dass kein Unternehmen um den Einsatz von Software herumkommt, sollte das Lizenzmanage­ ment eigentlich «Chefsache» sein. Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist also durchaus gross. Sind die Compliance-Anforderungen denn so hoch und wenn ja, wie können sie umgesetzt werden? Ja, die Aufgabenstellung ist komplex. Aber gerade deshalb müssen Unternehmen umdenken und sich mit dem Thema Com­ pliance-Management proaktiv auseinan­ dersetzen. Wer eine konsequente Software-

Klare Rollen und Zuständigkeiten vereinbaren.

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Compliance anstrebt, der benötigt eine kontinuierliche lizenzrechtliche Bewertung der genutzten Software sowie den Abgleich mit erworbenen Lizenzbeständen. Dafür gibt es heute schon zahlreiche Lösun­ gen, mit denen bestehende Lizenzen verwaltet oder Installationen automatisch bewertet werden – einzige Vorausset­ zung ist eine fundierte Datenqualität. Um diese zu erhalten, müssen Unternehmen ein individuelles Konzept inklusive Anfor­ derungsprofil definieren und festlegen, wie Software bereitgestellt, Lizenzen be­ schafft und die Vertragsbedingungen eingehalten werden. Warum braucht es Hilfestellungen bei der Umsetzung? International gibt es mehr als 80 Normen und Richtlinien im Bereich des Risiko­ managements. Sie helfen Unternehmen ­dabei zu verstehen, dass Lizenzmanage­ ment eine Querschnittsfunktion ist, die zahlreiche Schnittstellen zu Planungs-, Steuerungs-, Verwaltungs- und Betriebs­ prozessen hat. Diese organisatorische Vernetzung des Lizenzmanagements ist eine der Ursachen für die Komplexität der Aufgabenstellung. Allerdings können ­L izenzmanagement-Lösungen helfen, diese in den Griff zu bekommen – allerdings nur, wenn es sich nicht um eine Silo-­Lösung handelt. Das Lizenzmanagement muss ­u nbedingt mit allen anderen Unterneh­ mens­prozessen verknüpft sein. Es sollte integraler Bestandteil des IT-Managements sein und darf nicht isoliert stehen.

SO LASSEN SICH RISIKEN MINIMIEREN 1. Definieren Sie den Rahmen für Ihr Lizenzmanagement-Projekt. 2. Legen Sie klare Rollen und ­Verantwortlichkeiten fest. 3. Wählen Sie ein gesamtheitliches SAM-Tool aus. 4. Etablieren Sie eine geeignete Aufbau- und Ablauforganisation. 5. Setzen Sie Prioritäten für den Hersteller- und Produktfokus. 6. Erarbeiten Sie die EröffnungslizenzBilanz in iterativen Schritten. 7. Identifizieren Sie finanzielle Risiken und Einsparungspotenziale. 8. Sorgen Sie für Kontinuität und Stringenz in Ihren Abläufen. 9. Führen Sie regelmässig interne Audits durch. 10. Suchen Sie kontinuierlich nach Verbesserungspotenzialen.

TORSTEN BOCH ist Senior Product Manager bei Matrix42. www.matrix42.com


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Ausgabe 2/2016 // Seite 35


Das Suchen und Warten sind lästige Zeitfresser.

ZEIT SPAREN OPTIMALES KOMMUNIZIEREN von Daryl Reva

Kommunikation ist trotz vielfältigster Möglichkeiten oft eine mühsame Angelegenheit. Aber es geht auch anders. Der folgende Beitrag bietet vier Tipps, um die Effizienz Ihres Unternehmens durch Cloud-Kommunikation zu steigern.

U

nzählige Male steht Tag für Tag eine ineffiziente Kommunikation produk­ tiver Arbeit im Weg. Einfache Aufga­ ben, in die mehrere Parteien involviert sind, können zu einem zeit- und nervenraubenden Unterfangen ausarten. Angefangen bei einer E-Mail, die in der täglichen Mail-Flut unter­ geht, über einen Anruf, der zur Voicemail weitergeleitet wird, bis hin zum vergeblichen Versuch, eine Telefonkonferenz mit ver­ schiedenen Parteien zu organisieren und einen passenden Termin zu finden. Schätzungen zufolge verbringt ein durch­ schnittlicher Mitarbeiter mehr als eine Stunde täglich mit dem Versuch, mit ande­ ren Parteien zu kommunizieren: E-Mails zu checken, Meetings zu organisieren, Voice­

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mails zu hinterlassen oder auf Social-Media-­ Kanälen zu agieren. Der Zeitverlust, der sich durch das Warten auf die Antworten ergibt, ist dabei noch nicht berücksichtigt.

Die folgenden vier einfachen Prozesse ­helfen, unproduktive Zeit auf ein kleines Volumen zu verringern und Ordnung in die Kommunikationswege zu bringen.

Glücklicherweise gibt es Möglichkeiten, den Zeitverlust im Arbeitsalltag zu redu­ zieren, ohne dabei die Kommunikation zu vernachlässigen.

1. KOMMUNIKATIONSKANÄLE BÜNDELN

Wie das möglich ist? Ganz einfach, die ­Kommunikation wird in der Cloud gebündelt. Dadurch, dass alle Kommunikations- und Kollaborations-Tools in einer Anwendung ­zusammengefügt und in der Cloud verwal­ tet werden, können pro Person täglich zirka 70 Minuten eingespart und zur Erledigung anderer Aufgaben genutzt werden.

Mindestens 40 Minuten pro Tag verbringt ein Mitarbeiter durchschnittlich damit, ­verschiedene Kommunikationskanäle auf Nachrichten zu prüfen. Das schliesst ­E-Mail, Voicemail, Instant-Messaging und weitere Anwendungen ein, die dank CloudKommunikation an einem einzigen Ort ­zusammengeführt und von überall abge­ rufen werden können. Mit weiteren Ser­ vices wie Voicemail-zu-E-Mail oder Voice­ mail-zu-Text kann durch die Konvertierung


2. PRÄSENZBASIERTE KOMMUNIKATION Wenn Anrufer beim ersten Mal direkt die richtige Person mit den richtigen Informa­ tionen erreichen, spart dies Zeit und Ner­ ven. In der Tat kann es acht Stunden oder länger dauern, bevor eine Person ihre Voicemail-Nachrichten abhört, was zu inef­ fizienten Geschäftsentscheidungen und schlechten Produktivitätsraten führt. Um dies zu verhindern, können präsenzba­ sierte Kommunikationsinstrumente im ­gesamten Unternehmen implementiert wer­ den, die aufzeigen, in welchem Zeitraum die gewünschten Parteien zur Verfügung stehen. Dies kann die tägliche Telefonzeit um bis zu einer halben Stunde reduzieren. Um noch mehr Zeit zu sparen, kann diese Funktion auch im Kalender integriert wer­ den und relevante Anrufe, wenn man sich beispielsweise ausser Haus befindet, auf das Mobiltelefon weiterleiten.

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der Audio-Nachrichten in einen lesbaren Text zusätzliche Zeit eingespart werden. Über 40 Minuten pro Tag können durch diese Bündelung eingespart werden.

4. ECHTZEIT-ANTWORTEN FÖR-­ DERN KUNDENBEZIEHUNGEN Einige Mitarbeiter müssen jederzeit Zugriff auf kritische und oft sensible Geschäfts­ informationen haben, egal, von wo aus sie gerade arbeiten: zu Hause, bei einem Kun­ den vor Ort, im Zug oder im Restaurant. Durch cloudbasierte Kommunikationslö­ sungen können Mitarbeiter Informationen von jedem Gerät aus schnell und in Echtzeit abrufen. Dies führt dazu, dass Antworten auf Kundenanliegen schneller verfügbar sind und der Kunde zufrieden ist. Selbstverständlich werden nicht alle CloudLösungen auf die gleiche Weise konzipiert. Kosten, Komplexität, Sicherheit, Zuverläs­ sigkeit und Kompatibilität mit den vorhanden Geräten und Programmen sind individuell zu prüfen. Aber es gibt keinen Zweifel, dass cloudbasierte Kommunikationslösungen die Effizienz sowie die Produktivität steigern und dabei helfen, kollaboratives Arbeiten aufzu­ bauen, was den Bedürfnissen des moder­ nen Arbeitnehmers entspricht. Bleibt ein­ zig eine Frage offen: Was tun mit der vielen ­g esparten Zeit?

version internet

3. ENDE DES JONGLIERENS Das hat wahrscheinlich jeder schon einmal erlebt: Der Versuch, eine Mehrparteienkon­ ferenz zu arrangieren, fühlt sich an wie eine Schafherde zu hüten; sobald man alle ein­ gefangen hat, entkommt doch noch eines. Es ist zeitaufwändig und frustrierend. Aber mit integrierten cloudbasierten Kommu­ nikationsinstrumenten kann die Echtzeit-­ Zusammenarbeit vereinfacht werden, indem Benutzer ganz einfach eine Chat-Sitzung zu einem Anruf, einen Anruf zu einem Video und ein Video zu einer Team-White-BoardingSitzung umwandeln können. Das Chaos mit Terminkalendern kann beendet werden.

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DARYL REVA ist bei Mitel Vice President – Cloud Marketing. www.mitel.ch

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Moderne Kommunikationslösungen im gesamten Businessumfeld anbieten. 30./31. August 2016


SOFTWARE & HARDWARE

TSCHÜSS FAXGERÄT! VON ANALOGER ZU DIGITALER KOMMUNIKATION von Roger A. Fischer

Die Swisscom plant, Ende 2017 alle Analog- und ISDN-Telefonanschlüsse abzuschalten. Dies betrifft auch herkömmliche Faxgeräte. In der Schweiz geraten dadurch rund drei von vier Firmen unter Zugzwang. Kein Grund, die Hände zu verwerfen. Mit einer durchdachten Vorbereitung lassen sich danach sogar Prozesse optimieren. Dolphin Systems AG ist einer der wenigen unabhängigen Faxservice-Spezialisten, welcher diesbezüglich eine umfassende Beratung anbietet.

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ISDN revolutionierte zwischen dem Ende der 80er- und dem Anfang der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts weitläufig die Welt der Telekommunikation. Zum ersten Mal stand ein moderner Standard zur Ver­ fügung, mit dem gleichzeitig Sprache und Daten transportiert werden konnten. Für die Mehrzahl der privaten Nutzer ist es bereits selbstverständlich, ein digitales Komplett­ angebot mit zusätzlichen Funktionen zu nutzen: Telefonie, Highspeed-Internet, zeitversetzte TV-Angebote, Streaming so­ wie Filme und Serien «on demand». Doch solche Datenmengen können nur moderne Netzwerke via IP bewältigen – mit weniger Bandbreite bei gleichzeitig höherer Kapa­ zität. Daher ist es nicht verwunderlich, dass nun bald die Geschäftswelt an der Reihe ist.

UMSTELLUNG ALS CHANCE Die Umstellung bietet die Möglichkeit, grundlegend über die Zukunftsfähigkeit der Telefonie-Infrastruktur in der eigenen Unternehmung nachzudenken. Neben klassischen inhouse gehosteten Telefon­ anlagen sind extern betriebene Cloud-­ Lösungen in aller Munde. Ist die Infrastruktur für eine voll digitalisierte Lösung einmal umgesetzt, können Unternehmen jeder Branche und Grössenordnung viel flexibler auf neue Anforderungen reagieren. Die wirtschaftlichen Vorteile lassen sich natür­ lich schlecht quantifizieren. Jedoch kann durch die Optimierung des administrativen Aufwands, der Grundgebühren und ande­ ren Telekommunikationskosten einiges eingespart werden.

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© animaflora / Fotolia

ie Swisscom folgt bei der Umstellung auf All-IP dem internationalen Trend. Die Deutsche Telekom schaltet das analoge Netz nur ein Jahr später ab. A ­ ndere Länder werden bald folgen.

Vor der Umstellung sind Tausende von Unternehmen unter Zugzwang.

STRATEGISCHES VORGEHEN Am Anfang sollte eine detaillierte Analyse durchgeführt werden. Diese ermöglicht die Entwicklung eines technisch und finanziell vernünftigen Lösungskonzepts. Von der Einholung der ersten Offerte bis zur voll­ endeten Umstellung sollten Firmen vier bis acht Wochen einplanen. Offerten verglei­ chen und interne Koordination benötigen am meisten Zeit. Die Umstellung kann man dann oft innerhalb eines Tages oder sogar im Laufe weniger Stunden realisieren. Viele Firmen sind mit diesen Aufgaben ­jedoch überfordert. Vor allem diejenigen, deren Unternehmensprozesse auf der Kommunikation per Fax basieren oder Teil davon sind. Sicher ist: Mittel- bis langfristig verschwinden analoge Faxdienste vom Markt. Webbasierende Cloud-Lösungen wie eCall ersetzen nach und nach diese Dienste. eCall, die Faxlösung von Dolphin Systems AG, ist komplett unabhängig von der firmeneigenen Telefonie und Infrastruk­ tur. Das Unternehmen aus Wollerau bringt mehr als 20 Jahre Erfahrung im Schweizer IT-Markt und Online-Faxbusiness mit.

Deshalb ist es ein idealer Partner, wenn es um die Beratung und Umsetzung bezüg­ lich einer solchen Lösung geht. Ein weiterer entscheidender Vorteil, den Dolphin gegenüber den grossen Telekom­ anbietern vorweist, ist die Unabhängig­ keit. Es besteht kein Druck, unbedingt eigene Produkte oder Services verkaufen zu müssen. Dadurch kann eine kostenlose Rundum-Beratung zum Thema angeboten werden – mit Fokus auf der für ein Unter­ nehmen besten Lösung.

ROGER A. FISCHER ist Leiter Marketing / Kommunikation bei Dolphin. www.ecall.ch/fax


Geschichte: Die swisspro, 1999 gegründet, mit Hauptstandorten in Zürich, Basel, Lausanne und Chur ist in den Bereichen Elektrotechnik, Kommunikation  ICT, Dienstleistungen, Gebäudeinformatik BCT, Integrierte Lösungen tätig.

Präsenz: Ein fortwährendes Anliegen der swisspro ist es, engagierte und qualifizierte Mitarbeitende einzustellen. ln den 17 Standorten in der Schweiz werden heute bereits beinahe 900 Mitarbeitende beschäftigt.

Entwicklung: Durch das kontinuierliche Wachstum ist die swisspro im Kundensegment B2B, in den Bereichen ICT, BCT und Installationen zum schweizweit führenden Anbieter avanciert.

Innovation: Von der Beratung über die Forschung in der innovativen Projektierung bis zur Realisierung und zum Betrieb ist die swisspro ein verlässlicher und engagierter Partner.

swisspro | Sihquai 306 | CH-8005 Zürich | Tel. +41 (0) 44 444 11 22 | info@swisspro.ch

www.swisspro.ch


Das Ziel ist einfacher und produktiver zu arbeiten.

FÜNF TIPPS DIE QUAL DER WAHL BEI DER AUSWAHL EINER TELEFONANLAGE von René Krähenbühl

Bevor der Inhaber eines KMU in ein neues Telefonsystem oder eine Unified-Collaboration-Lösung investiert, fragt er sich, ob diese Investition seine Rentabilität verbessert, die Produktivität steigert oder die Betriebskosten senkt. Denn die Investition muss eine positive Rendite liefern, und sie sollte es den Mitarbeitern ermöglichen, effizienter und produktiver zu arbeiten.

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ie folgenden fünf Tipps sagen Ihnen, worauf Sie bei der Auswahl einer IP-Telefonanlage achten müssen:

#1 EINFACHE ECHTZEIT-­ KOMMUNIKATION Laut dem aktuellen MobileSQUARED ­Advertising Report werden 90 Prozent der Nachrichten innerhalb von drei Minuten gelesen. Das zeigt, wie wichtig die Echtzeit-­ Kommunikation für Unternehmen heute ist. KMU können grossen Nutzen aus einfachen Tools ziehen, zum Beispiel aus einem E-Mail-Plugin, mit dem der Anwen­ der seine Kontakte mit einem Klick per Telefon, Instant Messaging oder SMS direkt aus der E-Mail-Anwendung heraus kontaktieren kann. Das ist ein sehr effek­ tiver Weg, um die Produktivität zu steigern

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und die Kosten zu senken, vor allem in Verbindung mit Third-Party-Anbietern von Internet-­Telefonie. Online-Konferenzen spielen auch eine wich­ tige Rolle bei der Echtzeit-Kommunikation. Es sollte möglich sein, die Lautsprecher und das Mikrofon des Tischtelefons zu testen, damit sich bei den Telefonkonfe­ renzen alle Teilnehmer verstehen. Das ist gerade bei häufigen Telefonkonferenzen äusserst wichtig, und es wird oft über­ sehen, dass dadurch die Produktivität beeinflusst wird. Umfragen haben gezeigt, dass viele KMUMitarbeiter noch ein Papier-Adressbuch haben, das sie jedes Mal nutzen, wenn sie einen Kollegen anrufen. Indem man das

Telefonverzeichnis im Telefonsystem spei­ chert und die Funktion «Call by Name» – gegebenenfalls in Verbindung mit einer externen Tastatur am Telefon – anbietet, verbessert man die Produktivität.

#2 INVESTITIONSSCHUTZ Überlegen Sie sich, wie sich Ihre Anforde­ rungen im Laufe der Zeit ändern können, und stellen Sie sicher, dass Sie ein System anschaffen, das sich an Ihren künftigen Bedarf anpasst. Das kann eine umfas­ sende Analyse erfordern. Es ist aber wichtig, dass Sie bei Ihrer Entscheidung auch künf­ tiges Wachstum einbeziehen – und dass Sie einen Anbieter wählen, der seit Jahren am Markt tätig ist und deshalb voraus­ sichtlich in der Lage sein wird, Ihr System langfristig zu unterstützen.


SOFTWARE & HARDWARE

Ersetzen Sie komplexe Systeme durch eine Anlage, die speziell für KMU entwi­ ckelt wurde und sich durch hohen prak­ tischen Nutzen, niedrige Komplexität und einen attraktiven Preis auszeichnet. Es ist beeindruckend, wie kostengünstig und funktionsreich KMU-Telefonanlagen geworden sind. Bei deutlich geringeren Betriebskosten bieten sie oft eine erheb­ liche Produktivitätssteigerung. Achten Sie darauf, eine Telefonanlage auszu­ wählen, die einfach zu bedienen und zu warten ist. Allein das wird langfristig Ihre Betriebskosten senken.

eines Anrufs (Session Shift) zwischen einem Tischtelefon und einem Smartphone mit NFC-Funktion ermöglichen.

Viele KMU betrachten sowohl die Anfangs­ investition (CAPEX) als auch die laufenden Kosten (OPEX), die beim Betrieb eines Netzwerks entstehen. Schauen Sie nicht zu sehr auf den Kaufpreis und die Instal­ lationskosten, sondern lieber auf die lang­ fristigen Betriebskosten und analysieren Sie die tatsächlichen «Cost of Owner­ ship». Ein wichtiger Faktor, auf den Sie achten sollten, ist der auf das Telefonnetz zurückzuführende Gewinn oder Verlust von Umsatz. «ROI» (Return on Investment) ergibt sich aus einem Anstieg an Trans­ aktionen, Produktivität und Kundenzufrie­ denheit einerseits und den eingesparten Kosten andererseits.

#4 NETZWERKANALYSE

#3 MOBILITÄT – BYOD – REMOTE-ZUGRIFF Seit 2014 sind mehr Mobilgeräte im Ein­ satz als PC und Laptops. Für KMU besteht die Herausforderung darin, die Risiken einer Öffnung für Mobilgeräte gegen die Vorteile und Nutzen abzuwägen, die BYOD (Bring your own Device) mit sich bringt. Viele ­Unternehmen entschliessen sich zu einem Mittelweg, indem sie den Funktionsumfang und den Zugang zu Unternehmensinfor­ mationen begrenzen.

Immer mehr Unternehmen wollen ihre Mitarbeiter dabei unterstützen, überall und jederzeit zu arbeiten. Dabei müssen sie sich oft entscheiden zwischen sehr sicheren, aber teuren und komplexen ­Lösungen und einfacheren Lösungen, die aber ein höheres Sicherheitsrisiko darstel­ len. Hier sollte sehr sorgfältig abgewogen werden, was für das jeweilige U ­ nternehmen richtig ist.

KMU brauchen produktivitätssteigernde ITServices, die kostengünstig installiert wer­ den können. Dabei haben sie es mit einer komplexen Kombination von Netzwerk­ sicherheit, Mobilität, Quality of Service und Benutzerklassen der lokalen Anwendungen und Cloud-Dienste zu tun, die auf ihrem Datennetzwerk laufen. Wenn Sie als KMUInhaber die Einführung von VoIP, BYOD oder Echtzeit-Kommunikation planen, soll­ ten Sie unbedingt den derzeitigen Stand Ihres Datennetzwerks überprüfen. KMU, die ihre Netzwerke öffnen wollen, müssen die richtige Balance zwischen ­Sicherheitsrisiken, Kosten und Vorteilen finden. Ein Upgrade des Netzwerks auf die neueste Technologie und die aktuelle ­Software-Version sind entscheidend, damit VoIP, UC und BYOD reibungslos auf der Infrastruktur laufen können.

den Markt, die bessere Zusammenarbeit versprechen. In der Praxis verbessern die meisten jedoch weder die Collaboration noch die Produktivität. Es geht nicht um die Technologie, die Sie installiert haben, sondern darum, wie Sie sie einsetzen. Wichtig ist es, die Systeme mit der Art und Weise abzustimmen, in der die Menschen arbeiten. Wir denken, dass die Zukunft der Zusammenarbeit von der Technologie abhängt, aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Techno­ logie bietet Vorteile, aber es ist wichtig, dass sie mit den sozialen Systemen Hand in Hand arbeitet. Um künftig gut zusam­ menzuarbeiten, müssen wir beides aktiv weiterentwickeln.

SPRECHEN SIE MIT UNS ODER UNSEREN PARTNERN Die Auswahl der Infrastruktur ist eine der wichtigsten unternehmerischen Entschei­ dungen überhaupt. Alcatel-Lucent Enter­ prise (ALE) und unsere Partner unterstüt­ zen Sie gerne und kompetent in diesem Entscheidungsprozess.

RENÉ KRÄHENBÜHL

#5 TECHNOLOGIE ALLEIN LÖST NICHTS

ist Business Developper SMB bei der ALE Switzerland GmbH.

Wie Mark Mortensen in der Harvard Busi­ ness Review schreibt, kommen jede Woche neue Geräte, Systeme oder Services auf

smb-enterprise.alcatel-lucent.com/de Tel. +41 (0) 22 518 27 57

Web-Applikationen geben den Anwendern die Möglichkeit, über den Web-Browser auf ihrem Smartphone, Tablet, Desktop-PC oder Laptop mit dem Unternehmen in Kon­ takt zu bleiben, sofern sie einen InternetZugang haben. Damit können sie auch von überall auf ihre Anruflisten zugreifen und ihre Durchwahl auf ein beliebiges Mobiloder Festnetztelefon umleiten. Anwendungen wie NFC (Near Field Com­ munication, der kontaktlose Austausch von Daten per Funktechnik) fördern die Mobilität auf dem Firmengelände, indem sie die unterbrechungsfreie Weiterleitung

Schauen Sie mehr auf die langfristigen Betriebskosten als auf den Kaufpreis des Systems.

Ausgabe 2/2016 // Seite 41


GLOBAL & LOKAL

Mona Vetsch als Moderatorin (SRF) und Daniel Küng (S-GE) bei seiner Key-Note.

INDUSTRIE 4.0 HERAUSFORDERUNG FÜR KMU-EXPORTEURE von Georg Lutz

Die vierte industrielle Revolution wird unser heutiges Verständnis von Export in der Zukunft umwerfen. KMU haben die besten Karten zu reüssieren – wenn sie rechtzeitig mitziehen. Welche Herausforderungen stellen sich? In Zeiten, in denen die Erfolgszahlen nachlassen, war dies die zentrale Frage beim diesjährigen Aussenwirtschaftsforum.

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as Schlagwort Industrie 4.0 erfor­ dert schnell eine Konkretisierung. Daniel Küng, CEO von Switzerland Global Enterprise (S-GE), sprang am Anfang seines Einleitungsvortrags, im Rahmen des Aussenwirtschaftsforums in Zürich, gleich in die Praxis. Es wird, so führte er aus, wie in jeder der vergangenen Indus­ triellen Revolutionen drastische Umwäl­ zungen geben. Er gab dafür gleich ein ­Beispiel. Noch heute würden die meisten Zahntechniker den Zahnersatz nach klas­ sischen Modellen anfertigen. In Zukunft könnten 3-D-Drucker, die digitale Files ­direkt vom Zahnarzt bekommen, diese

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Aufgaben übernehmen. In der Folge ver­ schwinden alte Geschäftsmodelle und neue entstehen. Kommen wir zum zweiten Beispiel. ABB, ein weltweit führender Schweizer Anbieter in der Energieversorgung und Automation, hat in den USA, China und Schweden die Fertigung von Robotern aufgenommen. In Roboterproduktionsstätten sieht man direkt in der Fertigung kaum noch Menschen. Das Gleiche gilt für die Fertigung von Stromunterbrechern. Küng war in China und schilderte eindrücklich die Verände­ rungen in den Arbeitswelten.

Im Zukunftsszenario der Industrie 4.0 wan­ deln sich heutige lineare Wertschöpfungs­ ketten zu Wertschöpfungsnetzwerken. Basis dafür sind der Austausch von Daten und die Automatisierung von Produktions­ prozessen. «Daten sind das Schmiermittel der neuen industriellen Revolution», so Küng. Dies führt dazu, dass Unternehmen gemeinsam innovieren und produzieren können, weitgehend ohne Reibungsver­ luste zwischen den Organisationen. Für jeden Prozess ist ein Spezialist zuständig, unabhängig von Branche, Grösse oder Entfernung von den anderen Teilnehmern des Wertschöpfungsnetzwerkes.


Diese Zusammenhänge zeigt eine Studie im Auftrag von Switzerland Global Enter­ prise, die am Aussenwirtschaftsforum vorgestellt wurde. «Die Flexibilität und Nischenkompetenz der Schweizer KMU prädestiniert sie für die Welt der vierten industriellen Revolution. Noch nie hat es so viele Ansatzpunkte für KMU gegeben, international Geschäfte zu machen», fasst Daniel Küng zusammen

GESCHÄFTSMODELLE UMBAUEN Bereits heute hat die schwierige Währungs­ situation zu einer hohen Agilität und Effi­ zienz der Schweizer KMU geführt. Ihre ­Innovationsfähigkeit, ihre hohe industrielle Wertschöpfung und der breite Technolo­ gieeinsatz rüsten sie ebenfalls gut für die vierte industrielle Revolution. Dieses Poten­ zial muss genutzt werden, um die Chancen des Zukunftsszenarios zu nutzen. «Wer nicht mit der vierten industriellen ­Revolution geht, der wird gegangen. Das gilt nicht nur für die Zulieferer aus MEM und ICT, sondern für alle Branchen», so Daniel Küng. «Doch KMU können schritt­ weise vorgehen. Schon morgen kann ein CEO eine Weiterbildung buchen für geeig­ nete Mitarbeiter und einen Verantwortlichen ernennen, der die Digitalisierung im Unter­ nehmen vorantreibt. Ein zweiter Schritt ­besteht darin, bereits existierende Tools zu nutzen, um das internationale Business zu digitalisieren, etwa über die von S-GE und Google gestartete Plattform Export Digital.» Längerfristig gelte es, den Kunden im In- und Ausland besser kennenzulernen, über Branchengrenzen hinaus neue Tech­ nologien und Geschäftsmodelle zu eruie­ ren und das eine oder andere Experiment zu wagen. Schliesslich müssten KMU auch die Beziehungen zu ihren internationalen Geschäftspartnern und Konkurrenten über­ denken, um die Grundlage für mehr Aus­ tausch von Daten und Know-how zu schaffen. Je stärker sich eine Organisation digitalisiere, je dringlicher würden zudem Fragen der Sicherheit – Stichwort Cyber Security – und des geistigen Eigentums.

In der Kategorie «Step In» gewann die Sky Frame AG mit Beat Guhl.

ihr Geschäftsmodell und ihre Produkte rechtzeitig umbauen. Insbesondere Technologieunternehmen aus dem MEM- oder ICT-Sektor eröffnen sich in den kommenden Jahren konkrete Chancen, von Industrie 4.0 zu profitieren. Im Traditionsmarkt Deutschland werden in den kommenden Jahren 40 Mrd. Euro in Industrie-4.0-Anwendungen investiert werden, gemäss einer Studie von PwC. Die technologische Vorreiternation USA sowie die Hightech-orientierten Märkte ­Japan, Südkorea und Singapur setzen ebenfalls auf die Digitalisierung ihrer Indus­ trie. Schweizer KMU mit ihrer Reputation für qualitative, präzise Nischenlösungen können hier reüssieren. «Ein Pfad entsteht dadurch, dass man ihn begeht», betonte Küng am Schluss seiner Key Note. Anschliessend auf der Medien­ konferenz wurden auch die Herausfor­ derungen und der Druck, gerade auf die

produzierenden Branchen in der Schweiz durch den hohen Franken, thematisiert. Noch halten die Schleusen, und die Inno­ vationsfähigkeit Schweizer Unternehmer, um diesen Druck abzumildern, ist beein­ druckend. Allerdings könnten die Grenzen der Zumutbarkeit bald erreicht sein. «Noch so ein Ereignis, wie die Aktion der Schwei­ zer Nationalbank im Januar letzten Jahres, hält die Schweizer Wirtschaft nicht aus», so Küng» Dieses Ereignis könnte mit einer Annahme des Brexit in Grossbritannien sehr bald eintreten. Der Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken würde inner­ halb kurzer Zeit nochmals zunehmen.

WIEDER IN DER ERFOLGSSPUR Am Beispiel von Logitech kann man den Aufstieg, Niedergang und die gerade noch rechtzeitig eingeleitete Wende gut beob­ achten. Logitech war vor 15 Jahren ein Vorzeigeunternehmen der Schweiz in der Hardware-Produktion. Computer brauchten Mäuse und Tastaturen. Allerdings ruhte

KONKRETE ABSATZCHANCEN Die vierte industrielle Revolution schrei­ tet bereits heute schnell voran in vielen wichtigen Exportmärkten der Schweiz. Unabhängig von Produkt oder Service, Branche und Zielmarkt, B2B oder B2C, ergeben sich daraus neue Geschäfts­ möglichkeiten für Schweizer KMU, die

Bracken Darrell (CEO Logitech) erklärt die erfolgreiche Wende von Logitech.

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GLOBAL & LOKAL

Frau Ruth Metzler-Arnold, Präsidentin des Verwaltungsrats Switzerland Global Enterprise (S-GE), die Preisträger Christof Züger (CEO Züger Frischkäse), Beat Guhl (CEO Sky Frame), und Daniel Küng (CEO von Switzerland Global Enterprise (von rechts nach links).

man sich auf diesem Erfolg aus und ver­ schlief die Veränderungen der letzten Jahre. Mit dem neuen CEO Bracken Darrell, der auch am Aussenwirtschaftsforum war, g­elang die Wende der umfassenden Sor­ timentsstraffung. Jetzt stehen aktuelle Produkte wie kabellose Lautsprecher, Computerspielezubehör und Produkte für Videokonferenzen im Mittelpunkt. Das ­stagnierende Geschäft mit PC-Zubehör gibt es weiter, Darell stellte das Geschäft aber auf mehrere Säulen auf, die auch schneller auf neue Entwicklungen reagie­ ren. Wie entwickelt man hier als Unter­ nehmensverantwortlicher eine Sensibilität? Am Aussenwirtschaftsforum gab Darrell seinen Zuhörerinnen und Zuhörern fol­ gende Stichworte mit auf den Weg. Er will zurück zu einer Start-up-Mentalität. Daher lautete sein erster Ratschlag folgerichtig: «Bleibt hungrig.» Die aktuelle industrielle Revolution fordere unsre ganze Aufmerk­ samkeit: «Be Excited.» Auf jeden Fall sollte das Unternehmen auf der Höhe der Zeit agieren. Dazu braucht es Energie und ­finanzielle Mittel: «ReinventYourself». Dabei sollte immer in Szenarien gedacht und eine Auswahl getroffen werden: «Be Selective» Klassische Unternehmenstan­ ker sind für Darrell uninteressant: «Small is great.»

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DIE GEWINNER SIND … Eine Preisverleihung an Unternehmen, die sich erfolgreich auf ausländischen Märk­ ten bewähren und im Zeichen der neuen industriellen Revolution agieren, gab es last but not least am Aussenwirtschafts­ forum ebenfalls. Die Züger Frischkäse AG und die Sky-Frame AG gewinnen den Ex­ port Award 2016 von Switzerland Global Enterprise (S-GE) für ihre exzellenten Export­ projekte in Deutschland und den USA. Die Sky-Frame AG aus Frauenfeld ist Spe­ zialist für rahmenlose Schiebefenster, die unsere heutigen Neubauten zunehmend prägen und eine beeindruckende Architek­ tursprache ermöglichen. Das Motto des Unternehmens aus Frauenfeld lautet «A View not a Window». Das Schweizer Unterneh­ men eröffnete 2014 seine US-Filiale mit ­eigenem Showroom. Für diesen Marktein­ tritt vergab die unabhängige Jury aus ­Wirtschafts-, Wissenschafts- und Medien­ vertretern den Export Award in der Kate­ gorie «Step In». Amerikas Bauherren mit hohen Ansprüchen an Design und Qualität lieben die rahmenlosen Schiebefenster «made in Switzerland». Bis fünf Meter hohe Fensterfronten sind möglich. Für den USMarkt musste Sky-Frame diverse neue aufwändige Zertifizierungen erlangen.

Für seinen langfristigen Exporterfolg wurde in der Kategorie «Success» die Züger Frischkäse AG ausgezeichnet. Seit 2008 beliefert die Firma aus Oberbüren SG den deutschen Bio-Fachhandel mit laktose­ freien Biomilch-Produkten: Mozzarella, Frischkäse, Quark, Mascarpone, Hirten­ käse und Butter. Der markante grüne ­Balken mit der Aufschrift «laktosefrei» auf den Züger-Produkten hat sich als Marken­ zeichen für den beschwerdefreien Kon­ sum von Milchprodukten etabliert. Etwa 60 Millionen Franken oder 40 Prozent des Umsatzes erzielt der fünftgrösste Milch­ verarbeiter der Schweiz heute im Aus­ land. Die jährlichen Wachstumsraten sind zweistellig.

GEORG LUTZ ist Chefredaktor von kmuRUNDSCHAU. www.s-ge.com


KOMMENTAR

TTIP – EIN RÜCKSCHRITT von Martina Römmelt-Fella

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egenwärtig werden verschiedene grosse Freihandels­ abkommen ausgehandelt, die auch für die Schweiz ­unterschiedliche Auswirkungen haben können. Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) ist dabei in Europa ein umstrittenes Projekt. Im Eindruck der öffentlichen Wahrnehmung steht «die Wirtschaft» geschlossen hinter den Verhandlungen – immerhin bringe Freihandel Wachstum. Dieser Eindruck wurde von grossen Industrieverbänden mit teuren Werbekampagnen gefördert. Tatsächlich stehen aber gerade viele kleine Unternehmen TTIP kritisch oder sogar ablehnend gegenüber. Zum einen weil sie das geplante Abkommen mit Amerika als nicht vereinbar mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als Unternehmer ansehen: In Zukunft müssten Gesetzesvorhaben auf Vereinbarkeit mit dem Handelsabkommen überprüft werden, durch Gremien, die sich der demokratischen Kontrolle entziehen. Notwendige Entwicklungen, etwa beim Umwelt- oder Verbraucherschutz, würden massiv erschwert. Zum anderen aber auch aus handfesten wirtschaftlichen Gründen. Denn dass TTIP europäischen KMU Vorteile bringt, ist ein Märchen und Teil einer geschickten TTIP-Marketingstrategie der Kommission. Dazu einige Beispiele: Regulatorische Kooperation: Befürworter argumentieren, dass Doppelzertifizierungen für technische Produkte wegfallen und damit Exporte erleichtert werden. Aber: Der US-Markt ist bis heute höchst fragmentiert, mit regulativen und normativen Unterschieden in den 50 Bundesstaaten. Daran wird auch TTIP nichts ändern. Im schlimmsten Fall wird US-Unternehmen der europäische Marktzugang erleichtert, europäische Unternehmen müssen aber weiterhin unüberschaubare regionale Besonderheiten erfüllen. TTIP würde zur Einbahnstrasse mit Vorteilen für amerikanische Firmen. Öffentliches Beschaffungswesen: Mit TTIP sollen Unternehmen beiderseits des Atlantiks einen leichteren Zugang zum jeweiligen

öffentlichen Beschaffungswesen des Partnerlandes bekommen. «Buy local»-Regelungen sollen abgebaut werden. Das ist nicht nur ökologisch fragwürdig. Allein aus Logistik- und Kapazitätsgründen wird es für mittelständische Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks schwer, sich mit international operierenden Unternehmen zu messen. TTIP führt zu unfairem Wettbewerb. Internationale Schiedsgerichte: Sie werden den KMU-Verantwortlichen als notwendiges Instrument angepriesen, um ihre Investitionen zu verteidigen. Das ist bei durchschnittlichen Verfahrenskosten von acht Millionen Euro mehr als zynisch. Welcher mittelständische Betrieb kann sich das leisten? Ein völkerrechtlicher Vertrag wie TTIP ist das falsche Instrument für die zweifelsohne bestehenden Herausforderungen: Normen werden am besten global in den einschlägigen Institutionen (ISO) festgelegt. Gesetzliche Vorgaben sollten von den jeweiligen Ländern selbst im Rahmen ihrer sozialen und ökologischen Präferenzen festgelegt werden. Gegenseitige Anerkennung von Richtlinien ist, wenn es in der Sache sinnvoll ist, auch ohne TTIP möglich. Das zeigen Beispiele wie das Äquivalenzabkommen für Bioprodukte zwischen den USA und Europa. Die geleakten Verhandlungsdokumente vom 2. Mai 2016 decken ein zentrales Problem auf: Bei einer branchenübergreifenden Verhandlung drohen weniger starke Lobbygruppen zu Bauernopfern der Platzhirsche zu werden. Wenn am Verhandlungstisch die Interessen der Automobilindustrie gegen die der Agrarwirtschaft aufgewogen werden, dann besteht die Gefahr, dass ganze Branchen zur Verhandlungsmasse werden. Die USA verfolgen dabei eine «End-GAME-Strategy»: Strittige Fragen werden zunächst zurückgestellt, und beim TTIP-Verhandlungsfinale wird auf Zugeständnisse gehofft. Das Risiko ist gross, dass dabei unter politischem Druck Lösungen durchgeboxt werden, die fachlich nicht sinnvoll sind. Zum Nachteil der europäischen KMU.

Martina Römmelt-Fella ist seit 1995 Geschäftsführerin der Fella Maschinenbau GmbH im unterfränkischen Amorbach (D). Sie ist Mitglied im Bundes­ verband Mittelständische Wirtschaft und hat 2015 die Initiative KMU gegen TTIP mit ins Leben gerufen. www.kmu-gegen-ttip.de

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GLOBAL & LOKAL

Impulse von Kunden und Märkten in neuer Qualität umsetzen.

DREI TRENDS ZUM EINSTEIGEN WIRTSCHAFT 4.0 von Dr. Markus Nini

Digitale Transformation, Big Data, Internet of Things oder Cyberphysical Systems – wer heute die Nachrichten liest, kann sich schnell im Buzzword-Dschungel verlieren. Doch hinter der vielbeschworenen Wirtschaft 4.0 steckt deutlich mehr als nur die Digitalisierung oder Weiterführung der Industrie 4.0.

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ie Digitalisierung von Arbeitspro­ zessen spielt in den Welten von Industrie 4.0 und Wirtschaft 4.0 eine wichtige Rolle. Allerdings sind Tools und Modelle, wie unternehmensübergrei­ fende Kollaboration, Flexibilität und Agilität, sowie teambasierte Wissensproduktion, im Sinne der Knowledge Sharing Eco­ nomy, für moderne Unternehmen mindes­ tens ebenso unverzichtbar. Im folgenden Beitrag fächere ich die drei wichtigsten Potenziale der Wirtschaft 4.0 auf, von denen besonders kleine und mittelständige Unter­ nehmen profitieren können.

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AGILITÄT STATT GRÖSSE Die Weiterführung des stationären Han­ dels im Netz ist nur eine der Neuerungen, auf die sich Mittelständler einstellen müs­ sen. So zeigt zum Beispiel das rasante Wachstum von Soundcloud, Wimbdu oder Airbnb gegenüber etablierten Unterneh­ men, dass bewährte Geschäftsmodelle nicht länger Garant für zukünftigen Erfolg sind. Waren bisher Umsatz, Mitarbeiter­ anzahl und verfügbares Kapital verlässliche Merkmale, um im Wettbewerb die Nase vorn zu haben, kann sich das mit der Wirt­ schaft 4.0 ändern. Neue Technologien und

kundenorientierte Produktion nach dem Pull-Prinzip bieten die Möglichkeit, in kür­ zester Zeit Impulse von einzelnen Kunden oder sogar ganzen Märkten zu bekommen. Mehr denn je wird Zeit zum alles entschei­ denden Faktor. Wettbewerbsfähiger sind nun Unternehmen, die schneller, agiler und spezifischer auf Trends, Dynamiken und Konsumenten reagieren als ihre Mitbewer­ ber. Die Werkzeuge bilden hierfür Soziale Medien, Online-Communities, Data Mining aus Kundeninteraktionen oder direktes Kundenfeedback. Flexible, teambasierte KMU oder Startups mit flachen Hierarchien


GLOBAL & LOKAL

und kurzen Entscheidungswegen sind hier gegenüber den behäbigeren und kom­ plexen Elefantenunternehmen im Vorteil. Erfahrung und Tradition können sogar zur Last werden, wenn es darum geht, neue Ansätze umzusetzen.

WISSEN DURCH VERNETZUNG 85 Prozent aller beruflichen Tätigkeiten in den USA und Europa werden in den nächsten Jahren ein umfangreiches Neu­ denken erfordern. Für Mitarbeiter reicht es nicht mehr aus, ein Produkt nur zu verste­ hen. Sie müssen auch untereinander koope­ rieren und ihr Wissen kreativ einsetzen. Das hat der bekannte Human-ResourcesVisionär Raymond Andrew Noe bereits vor einigen Jahren vorausgesehen und Recht behalten: Wissen und Wissensproduktion werden zu entscheidenden Wettbewerbs­ faktoren. Alte Konzepte der passiven Wis­ sensvermittlung durch gebuchte Workshops oder frontale Expertenvorträge weichen offeneren und aktiven Methoden wie Net­ working und Kollaboration. Denn Wissen wird hier nicht vermittelt, sondern gemein­ sam durch Interaktion erarbeitet und pro­ duziert. Interne und branchenübergreifende

Vernetzung durch Kollaborationsplatt­ formen ermöglicht es, gemeinsam Wissen schneller und nachhaltiger zu produzieren. Die organisationsübergreifende Vernet­ zung ermöglicht es zudem, neue Impulse von aussen aufzunehmen und Unterneh­ men so innovativer und leistungsfähiger zu machen. Im Gegensatz zu Einzelunter­ nehmen, die am Markt nur alleine als Spezialist agieren, können KMU im Netz­ werkverband durch ein wesentlich brei­ teres Leistungsspektrum an Marktmacht gewinnen. So kombinieren sie die Stärke der grossen «Elefanten» wie Marktzu­ gang und Finanzkraft mit der Flexibilität von kleineren Unternehmen.

DEN DIGITALEN SPRUNG WAGEN Laut einer Umfrage der Deutschen Indus­ trie und Handelskammer (DIHK) von 2015 glauben 94 Prozent der Unternehmen, dass die Digitalisierung ihre Geschäfts- und ­Arbeitsprozesse immer stärker beeinflusst. Ob ein Unternehmen durch die Vorteile der Digitalisierung seinen Umsatz steigern kann, hängt in Deutschland immer noch von der Unternehmensgrösse ab. In der Schweiz sieht die Situation ähnlich aus.

Während 50 Prozent der Big Player ein ­dickes Plus verzeichnen, erzielen lediglich 27 Prozent der kleineren Unternehmen in der Industrie höhere Erlöse. Best-PracticeBeispiele sind unter anderem die beiden Schokoladenmanufakturen Rausch und Hallinger, die mit ihrem Multi-Channel-­ Ansatz den Sprung ins digitale Zeitalter erfolgreich gemeistert haben. Bei den meisten Klein- und Mittelbetrieben besteht allerdings noch erheblicher Aufholbedarf. Selbst 2015 hatten nur rund 61 Prozent der mittelständigen Handelsunternehmen eine eigene Homepage; nicht einmal die Hälfte einen mobilen Auftritt und gerade mal ein Viertel nutzte Social-Media-Kanäle. Wie schnell der digitale Dornröschenschlaf ­U nternehmen in Gefahr bringen kann, ­davor warnt das Forschungs- und Bera­ tungsunternehmen Gartner: Laut seiner Prognose wird bis 2017 jedes vierte Unter­ nehmen wegen «digitaler Inkompetenz» seine derzeitige Marktposition verlieren.

ERSTES FAZIT Die Digitalisierung ist eine der Hauptkom­ ponenten der Wirtschaft 4.0. Aber einfach nur einen Onlineshop zu eröffnen, um in der virtuellen Welt mitzumischen, greift zu kurz, um dem Wandel nachhaltig und ­u mfassend Rechnung zu tragen. Denn Wirtschaft 4.0 bedeutet mehr als die Wei­ terführung der digitalisierten Industrie 4.0. Agilität und Kooperation sind ebenfalls Kernwerte, die den Paradigmenwechsel und das Umdenken in der Wirtschaft aus­ machen. Insbesondere unternehmens­ übergreifende Kollaborationsplattformen, die Nutzung Sozialer Medien, Projekt­ management-Frameworks oder die direkte Kundenkommunikation bieten Möglich­ keiten, von denen kleinere Unternehmen schnell und einfach profitieren können.

DR. MARKUS NINI ist Gründer und CEO der moderierten Beratungs- und Weiterbildungs­ plattform ckju.net. Flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege sind im Vorteil.

www.ckju.net/de

Ausgabe 2/2016 // Seite 47


DIE WELT DER FINANZEN

NEUSTART WAGEN VERMÖGENSVERWALTUNG VOR HERAUSFORDERUNGEN UND IM UMBRUCH von Ray Soudah

Die Vermögensverwaltungsbranche muss sich neu erfinden: Anstatt sich nur auf Volumen zu konzentrieren und Finanzanlagen von Dritten zu verwalten, muss sie echte Mehrwerte bieten. Wie sehen hier strategische Ansätze aus, die an sichere Ufer führen?

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DIE WELT DER FINANZEN

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ie Vermögensverwaltungsbranche befindet sich im Krisenmodus. Lokale, regionale und globale Anbieter von «Vermögensverwaltungsdienstleistungen» (private unabhängige Vermögensverwalter, Privatbanken, nationale Banken und ähn­ liche Institute) bemühen sich verzweifelt darum, das von ihnen verwaltete Vermögen zu erhöhen. Gleichzeitig versuchen sie, ihre Betriebskosten auszugliedern sowie ihre Effizienzquote und ihre Rentabilität zu verbessern. Unterdessen haben sich die Kunden scheinbar damit abgefunden, dass sie den Unsicherheiten und Risiken der Finanzmärkte schutzlos ausgesetzt sind. Und das, obwohl sie ihr hart verdientes Geld Dienstleistungsanbietern anvertrauen, die ursprünglich den täglichen Kampf ­gegen ebendiese Gefahren aufnehmen wollten. Es hat sich herausgestellt, dass dieses Versprechen nicht eingehalten wer­ den kann. Die Krise lässt sich daran able­ sen, dass die meisten Firmen durch Akqui­ sitionen wachsen, Kosten senken oder sogar ganz aus dem Markt aussteigen möchten. Dieser Trend basiert auf den Fol­ gen und den negativen Auswirkungen sin­ kender Umsätze und Margen. Zurzeit liegt der Fokus scheinbar überwiegend auf ­Bemühungen, die Rentabilität dieser Ins­ titute zu verbessern oder zumindest zu erhalten. Dabei sollten doch die Verbes­ serung der angebotenen Dienstleistungen und ein besserer Schutz der Kundenver­ mögen als wesentliche Aufgabe unserer Branche an erster Stelle stehen. Das Kosten-­ Ertrags-Verhältnis der Branche liegt zwi­ schen 75 und 95 Prozent, was nur einen

geringen Puffer für sinkende Umsätze bie­ tet. Ironischerweise ist eine der Ursachen für die erhöhte Volatilität an den Märkten der anhaltende Rückzug der grösseren Dienstleistungsanbieter aus dem Market Making und dem Investmentbanking. Die Anbieter konzentrieren sich lieber auf das (theoretisch) stabilere Vermögensverwal­ tungsgeschäft. In der Realität hat diese Abkehr vom Market Making indirekt die Volatilität erhöht. Gleichzeitig sank die ­Ertragskraft in genau den Segmenten, welche die Verkleinerung des Investment­ bankings schützen sollte. Es ist ein Null­ summenspiel. Worin liegt also die Zukunft der Vermö­ gensverwaltung? Wird sich das Wachstum durch Akquisitionen und die Kostensen­ kungen fortsetzen und der Erhalt des ­Kundenvermögens dem Schicksal der Märkte überlassen? Wird die Branche das Vermögen künftig nur noch verwahren statt verwalten? Oder gibt es einen Königs­ weg, bei dem der Hauptfokus auf dem Kunden liegt?

VERGANGENHEIT IST KEINE OPTION Die meisten Dienstleistungsanbieter ver­ suchen, ihre Rentabilität um jeden Preis zu steigern. Erkennbar ist dies an ihrer ­S uche nach Übernahmen sowie dem Wunsch, Kosten auszulagern und sich aus unrentablen Divisionen oder Regionen ­zurückzuziehen. Die Anbieter räumen – unabhängig von den Folgen – Gewinnerhal­ tung und Wachstum die höchste Priorität

ein. Dieser mangelhafte und kurzsichtige Ansatz konzentriert sich nicht auf die ­zugrunde liegenden Kunden, die letztlich immer noch das Überleben der Branche finanzieren, sondern auf die eigene Ren­ tabilität der Dienstleistungsanbieter. An erster Stelle müssen aber die Kunden ­stehen, falls sich die Anbieter deren Loya­ lität sichern möchten und längerfristig überleben wollen. Wie aber soll das funk­ tionieren?

KÜNFTIGE HERAUSFORDERUNGEN Die Branche steht vor zahlreichen Heraus­ forderungen. Eine besteht darin, dass die eigenen Aktionäre glauben, dass es sich um eine sichere und rentable Branche mit einem geringen Kapitalbedarf handelt. Denn genau das Gegenteil ist wahr: Die Kosten steigen ungeachtet der anhalten­ den Sparmassnahmen, und die Rentabi­ lität dürfte in den kommenden Jahren wei­ ter zurückgehen, sofern keine drastischen ­Änderungen vorgenommen werden und der Kunde nicht wieder in den Mittelpunkt rückt. Im Allgemeinen zahlen die Kunden ihre Gebühren unabhängig vom Erfolg. Das ist ein gutes, aber kurzsichtiges ­Modell. Es ist unausgewogen und führt letztlich dazu, dass unzufriedene Kunden nach Alternativen suchen. Viele Kunden, deren Vermögen kaum erhalten wird (ganz zu schweigen von einem angemessenen Vermögensaufbau), erleben, dass sich ­Investitionen ihres Vermögens in konkrete Geschäfte wesentlich mehr rentieren, als zuzuschauen, wie ihr Vermögen schmilzt – und dafür auch noch zu bezahlen. Diese Herausforderungen lassen sich kaum quantifizieren, weil sie im Laufe der Zeit und in kleinen Schritten auftreten. Aber: Sie sammeln sich an und sind ebenso ­u nausweichlich wie überzeugend. Die ­traditionelle Vermögensverwaltung erkennt dieses Problem nicht und ergreift daher auch keine Gegenmassnahmen. Die grösste Schwierigkeit besteht darin zu erkennen, dass der Kundenfokus (anstelle eines auf das Unternehmen ausgerichteten Ansatzes) ein fundamentales Ziel ist und auf dieses langfristige Ziel hingearbeitet werden muss.

MÖGLICHE LÖSUNGEN UND STRATEGIEN Nur auf die Rentabilität zu schauen ist eine einseitige Zuspitzung.

Vielleicht können die Unternehmen ebenso wie Billigfluggesellschaften und bestimmte Segmente der Finanzbranche abermals

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DIE WELT DER FINANZEN

Nicht das Produkt oder die Dienstleistung, sondern der Kunde steht im Mittelpunkt.

ihre Vergangenheit hinter sich lassen und einen Neuanfang wagen. Eines der grössten Probleme der Vermö­ gensverwaltungsbranche ist die fehlerhafte Überzeugung, dass dauerhaft hohe Gehäl­ ter und Boni gerechtfertigt und notwendig sind, um Vermögen zu erhalten und zu mehren. Dafür gibt es überhaupt keine ­aktuellen Belege, und die Performance der Kunden ist nicht an laufende Kosten (beson­ ders die Personalkosten) gebunden. Die Branche befindet sich in einem inhärenten Widerspruch. Eine Möglichkeit wäre ein ganz neues ­Geschäftsmodell mit einem Anbieter, der geringe Kosten bietet und gleichzeitig ­sicher ist. Die überlegene oder unterlegene Wertentwicklung von Fonds war selten an höhere Gebühren geknüpft. Man könnte über eine Parallelorganisation nachden­ ken, die Neugelder und bereits verwaltete Vermögen anziehen soll. Der Erhalt des Vermögens müsste wissenschaftlich abge­ sichert ein, während nominale Gebühren in Rechnung gestellt würden. Das Vermögen der Kunden wäre geschützt, und die ­Kunden würden ihre Anbieter mit einer ­a ngemessenen Marge für das positive Wachstum entlohnen. Der für einen sol­ chen Ansatz erforderliche Mut müsste aus dem Engagement für den Kunden sowie

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dem Wunsch nach einer langfristigen Bin­ dung von Kunden (und dem Überleben des Anbieters) geschöpft werden. Andere Möglichkeiten umfassen einen voll­ ständigen Rückzug aus der Vermögens­ verwaltung und der Anlageberatung. Ein solcher Anbieter könnte sich als reiner Ver­ wahrer positionieren. In dem Fall behielten Kunden die vollständige Entscheidungs­ gewalt und hätten Zugang zu allen Instru­ menten und Anlageklassen. Dann wären sie jedoch auch alleine für die Ergebnisse verantwortlich. Ein derartiger Makleran­ satz würde die Anbieter vor hohen Kosten schützen, und bei einer dürftigen Perfor­ mance wären sie gegen Kritik gefeit.

f­ airen Preisen. Für die Mutigen und Kühnen gibt es Lösungen. Der Rest wird weiter mit den Launen der Märkte kämpfen und ­entweder langsam zugrunde gehen oder verkauft werden. Vermögen wird immer verwaltet werden müssen. Wenn die Dienst­ leistungsanbieter oder ihre neu gegrün­ deten Nachfolger jedoch nicht zu einer guten Verwaltung und Handhabung fähig sind, werden die Kunden alternative Wege finden, um diese Intermediäre der Branche auszuschalten. Es lebe die neue Vermögensverwaltungs­ branche. Es lebe die Macht der Kunden.

All diesen Optionen ist ein Punkt gemein­ sam: Der Kunde – und nicht der Dienst­ leistungsanbieter – steht im Zentrum des Geschäfts.

FAZIT Die Branche befindet sich in einer Krise. Kunden sind verzweifelt auf der Suche nach Möglichkeiten zum Erhalt und Aufbau ihres Vermögens. Die Branche muss sich mit neuen und effizienten Modellen neu erfinden, damit Kunden wahrlich wieder im Zentrum der Aktivitäten stehen. Kunden sind vernünftig und wünschen sich erfolg­ reiche Ergebnisse in einem Modell mit

RAY SOUDAH ist Gründer, Chairman und CEO von MilleniumAssociates AG, einer in der Schweiz angesiedelten, internationalen Beratungsfirma für Mergers & Acquisitions und Corporate Finance. www.milleniumassociates.com/de/


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Mit welchen Modellen reagieren die Verantwortlichen der Branche auf die Veränderungen?

BRANCHE IM UMBRUCH NEUE MARKTTEILNEHMER INSURTECH UND FINTECH Interview mit Michael John von Georg Lutz

Die Finanzbranche ist im Umbruch. Jahrzehntelange Gewissheiten zerbröseln unter den neuen technologischen Möglichkeiten, in erster Linie aber wegen des neuen Selbstbewusstseins von Kunden.

D

ie Finanzbranche steht aus unterschiedlichen Gründen unter Druck. Skandale sind fast schon Alltag, Regulierung nimmt zu, klassische Geschäftsmodelle sind am Wanken, und jüngere Kunden haben andere Bedürfnisse. Wie würden Sie das Bild der Finanzbranche grob skizzieren? Wir haben viele alte und grosse Konzerne im Markt, die sich in den letzten Jahren zu Tankern entwickelt haben und oft Mühe haben, mit den sich schnell wan­ delnden Bedürfnissen, gerade von jün­ geren Kunden, klarzukommen. Sie haben nicht die Flexibilität, sich schnell anzupas­ sen. Demgegenüber gibt es jetzt neue, junge und agile Unternehmen auf dem Markt, die diese Situation ausnutzen, um den Bedürfnissen der Kunden besser ­gerecht zu werden. Selbst in diesen für die Branche turbulenten Zeiten haben ­solche Start-ups gute Chancen.

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Ich als Kunde will es bei meinen Versicherungs- und Bankgeschäften einfach und transparent haben. Hier sehen ­InsurTech und FinTech die Möglichkeit, wie sie Banken und Versicherungen in den Hintergrund drängen könnten. Ist das ein Trend, und können Sie das ­Geschäftsmodell dieser InsurTechs in eine andere Richtung lenken? Unser zentrales Ziel heisst, dem Kunden das Leben zu vereinfachen. Wir wollen das leidige Thema Versicherung von sei­ ner Komplexität herunterholen, damit es der Kunde einfach und transparent bear­ beiten kann. Was bedeutet dies in der Praxis? Das heisst konkret, es gibt nur eine App und nur eine beratende Ansprechperson, die alle Versicherungen im Blick hat. Der Kunde hat zudem die wichtigsten Informa­ tionen zu seinen Versicherungen immer

dabei und kann entsprechend handeln oder Fragen stellen direkt via App. Darüber hinaus liegt unsere Aufgabe darin, zusammen mit den Versicherungsgesell­ schaften die Produkte zu vereinfachen. Der Kunde muss verstehen, für was er wie viel bezahlt. Der Versicherungsmarkt ist zerklüftet, in Teilen nicht transparent und oft noch provisionsgetrieben. Und da haben Sie jetzt mit einer App ein Angebot und ­lösen das Problem auf eine technische Art und Weise. Da muss ich nochmals nachfragen. Eine App ist vergleichsweise schnell programmiert. Vorherrschende Geschäftskulturen lassen sich demgegenüber doch nur sehr langsam auf- oder ablösen? Sie bringen das Wesentliche doch selbst auf den Punkt. Es geht nicht in erster ­Linie


DIE WELT DER FINANZEN

um den Einsatz einer App. Die Strategie einer Digitalisierung umfasst viel mehr als eine App. In der Versicherungsbranche hat man seit über hundert Jahren mit ­immer ähn­lichen Geschäftsmodellen gute Gewinne einfahren können. Daher ist der Leidensdruck relativ klein, Veränderungen einzuleiten. Wenn Sie ein Businessmodell fahren, welches mit Intransparenz viel Geld realisiert, spricht nicht viel dafür, es zu verändern.

«Die Strategie einer Digitalisierung umfasst viel mehr als eine App.» Wir haben daher auch die Aufgabe, Licht in das Dunkel zu bringen. Es geht darum, Transparenz auf einem Niveau herzustellen, welches der Kunde versteht. Die Provision ist selbst nicht das Problem. Wenn der Kunde auf einer intransparenten Grundlage seine Entscheidungen fällen muss, ist dies das zentrale Manko. Er weiss dann nicht, ob diese Lösung überhaupt zu ihm passt. Wenn er umgekehrt das für ihn richtige ­Produkt gewählt hat, ist ihm ziemlich egal, wie der Berater bezahlt wird. Der Kunde muss die Gewissheit haben, das passende Produkt zum bestmöglichen Preis für seine Bedürfnisse gewählt zu haben. Können Sie das noch konkreter ausformulieren? Wir haben im Markt konkret zwei prob­ lematische Vorgehensweisen. Es gibt

zwei Szenarien, an denen wir arbeiten müssen. Im ersten Fall bin ich als Kunde mit einem Versicherungsagenten einer Versicherung konfrontiert. Er verkauft mir logischerweise die Produkte seines Hau­ ses, egal ob es im Markt bessere und / oder billigere Lösungen gibt. Das kann im ­p ositiven Fall passen, oft passt es aber nicht. Wir können das als neutrale Bro­ ker korrigieren. Zweitens hat die einzelne Versicherungsgesellschaft aufgrund ihrer «erfolgreichen Geschichte» kein Interesse daran, ein einfaches Produkt zu entwickeln, welches der Kunde versteht. Solchen Situationen verweigern sich immer mehr Kunden. Der Kunde ist heute mündig. Genau hier liegt unsere Chance, denn immer mehr Versicherungsgesellschaften haben eingesehen, dass die herkömm­ lichen Wege in Sackgassen führen. Die Verantwortlichen kommen daher mit uns ins Gespräch, und wir bieten ihnen Lösun­ gen in der digitalen Welt an. So ist der Kunde nicht mehr mit einer «Blackbox»Versicherung konfrontiert. Heute bezeichnet sich aber jeder CallCenter-Mitarbeiter eines Unternehmens als unabhängig und kundenfreundlich. Wie werden diese schwammigen Begrifflichkeiten untermauert? Sonst bleiben Sie ja eine Marketingblase. Unabhängigkeit sollte nicht durch uns, sondern durch den Kunden realisiert wer­ den. Mit FinanceFox kann der durch­ schnittliche Kunde die Neutralität über­ prüfen. Wie gesagt, es geht nicht nur um eine App. Diese ist eigentlich nur die Platt­ form. Es geht um die Transparenz der Prozesse, die hinter den Produkten stehen. Das ist der Knackpunkt, an dem wir auch Versicherer, die mit uns zusammenarbeiten, messen wollen.

Zentral ist für uns, dass sich unsere Kun­ den sicher fühlen. Sicher fühlen kann ich mich erst dann, wenn die Kompetenz erkennbar ist und ich weiss, für was ich bezahle. Es geht nicht mehr an, dass eine Versicherung vorne am Verkaufstre­ sen tolle Versiche­rungen verkauft und hinten mit den allgemeinen Geschäfts­ bedingungen alle auf­g eführten Leistun­ gen wieder ausschliesst oder mindes­ tens relativiert. Ich brauche als Kunde einen Regenschirm, der im Fall der Fälle auch dichthält. Wir sind die digitale Heimat für Versiche­ rer, Broker und Kunden. Wir entwickeln den Markt weiter. Das kostet Geld? Ja, wir haben Investoren, die uns bei der Datenverarbeitung weiterhelfen. Es ist wichtig, dass die Berater eine umfas­ sende Datengrundlage in der Hinterhand haben. Nur so können sie glaubwürdig agieren.

MICHAEL JOHN ist der Schweizer CEO von FinanceFox. Das Insurtech bietet den Nutzern sowie Brokern und Versicherungen digitale L ­ ösungen zur Verwaltung von Versicherungspolicen an. www.financefox.ch

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Die Gewinner des Treasury Award 2016 - das Valora Treasury Team unter der Leitung von Remo Gazzi (Mitte) - bei der Preisübergabe durch die Geschäftsleitung der Commerzbank AG Zürich, Marc S ­ teinkat (rechts) und Roberto Bortolotti (links).

RASCHES HANDELN COMMERZBANK VERLEIHT «SWISS TREASURY OF THE YEAR AWARD» 2016 Innovatives Treasury ist ein Fundament für rasches Handeln, gerade in heute herausfordernden und volatilen Märkten. Mit einem Preis für Valora setzt die Commerzbank hier Zeichen.

I

m Rahmen des jährlich stattfindenden «Swiss Corporate Finance Summit» hat die Commerzbank Schweiz zum zweiten Mal den «Swiss Treasury of the Year Award» ­verliehen. Mit dieser Auszeichnung würdigt die Bank in diesem Jahr ein starkes, kleines und effizientes Treasury Team, welches durch seine Schweizer Finanztransaktio­ nen, -projekte und -strategien für eine aus­ gewählte Fachjury als herausragend erach­ tet wurde. Unter zahlreichen Unternehmen, die sich auch in diesem Jahr um den Preis ­beworben haben, konnte sich Valora – mit seinen Marken wie unter anderem Kiosk und Bretzelkönig – als interna­tional agierender Retailer im Convenience- und Food-Bereich durchsetzen. Die Valora-Gruppe mit Sitz in Muttenz ist ein europaweit tätiges Schweizer Handelsunternehmen und konnte im ver­ gangenen Jahr ein erfreuliches Ergebnis­ wachstum in einem anspruchsvollen Markt­ umfeld verbuchen. «Valoras Treasury-Team ist es gelungen, in kurzer Zeit verschiedene Finanzierungs­ projekte im Einklang mit der zukunfts­ orientierten Konzernstrategie umzusetzen», so Marc Steinkat, CEO Switzerland der Commerzbank, zum Juryentscheid. Darü­ ber hinaus habe das Unternehmen die ­Diversifizierung sowohl in Bezug auf Finanz­ instrumente, Währungen, Investoren als auch Fälligkeitsstrukturen in beeindrucken­ der Weise vorangetrieben. Dies sei auch vom Kapital- und Bankenmarkt sehr posi­ tiv wahrgenommen worden. Zuletzt hatte

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Valora die derzeit attraktiven Opportunitä­ ten auf dem Finanzmarkt genutzt, um die variable Tranche des bestehenden Schuld­ scheindarlehens vorzeitig zu erneuern und damit gleichzeitig die Fälligkeitsstruktur zu verlängern. «Valoras Treasury-Team hat ­g ezeigt, dass es mit einer intelligenten ­Treasury-Strategie möglich ist, sich dem herausfordernden Marktumfeld anzupas­ sen», erklärte Steinkat. «Wir freuen uns ausserordentlich über die­ sen Preis der Commerzbank Schweiz. Es ist eine schöne Anerkennung für unsere Treasury-Strategie zur Sicherung der finan­ ziellen Flexibilität und Unabhängigkeit der Valora-Gruppe», so Remo Gazzi, Head of Corporate Treasury Valora. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld in Höhe von CHF 5 000 für das TreasuryTeam verbunden. Von der Jury wurden ausschliesslich Konzerne mit Sitz in der Schweiz berücksichtigt. Entscheidungs­ kriterien waren unter anderem hohe Flexi­ bilität, die Komplexität und die Innovation einer Transaktion beziehungsweise eines Projekts. Ausserdem zählte der hinter der Transaktion stehende unternehmerische Ansatz. Keynote Speaker beim Finance Summit war in diesem Jahr Profisegler Dominik Neidhart, im Jahr 2003 Crewmitglied im ­legendären Team der Alinghi. Im Business und beim Segeln gibt es einige interessante

Überschneidungen, schnelle Reaktionen, Handgriffe und klare Kommunikations­ strukturen sind nur zwei Beispiele. Neidhart sprach folgerichtig auch über gemeinsa­ men Erfolg und gelebte Werte, Führungs­ persönlichkeit, Wissensmanagement und Kommunikationskultur.

UNTERNEHMENSPORTRÄT Die Commerzbank ist in der Schweiz an sechs Standorten vertreten und auf das Corporate Banking sowie das kundenbezogene Investmentbanking fokussiert. Sie bietet sämtliche Leistungen des Firmenkunden- und institutionellen Bankgeschäfts. Hierzu gehören insbesondere Corporate Finance, strategische Unternehmens­ finanzierung, Absicherung von Währungs-, Zins- und Rohstoffrisiken, Auslandsgeschäft sowie Cash-­ Management-Lösungen. In Deutschland ist die Commerzbank im Geschäft mit Firmenkunden führend und ein besonders starker Partner im Aussenhandel. Mit Standorten in mehr als 50 Ländern sowie einem weltweiten Netzwerk von Korrespondenzbank­ beziehungen begleitet die Commerzbank ihre Kunden aus der Schweiz in nahezu jedes Land der Welt. www.commerzbank.ch


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Auf den ersten Blick steht der Erdölmarkt schlecht da, ein zweiter Blick bietet Differenzierungen.

RUHE BEWAHREN VIEL TRUBEL UM DAS SCHWARZE GOLD von John James Bayer und Christian Meier

Am Erdölmarkt herrscht eine nervöse Stimmung. Öl sprudelt in rauen Mengen, obschon die Nachfrage seit der globalen Finanzkrise und der anschliessend schwächelnden Konjunktur massiv gesunken ist. Die Folge: Ein markanter Einbruch der Ölpreise. Ist jetzt die Zeit, in Öl zu investieren?

I

n den 70er-Jahren machte die Denkfabrik «Club of Rome» auf sich aufmerksam, eine gemeinnützige Organisation, die sich für eine nachhaltige Zukunft der Mensch­ heit einsetzt. Sie warnte davor, dass in 30 bis 40 Jahren die Erdöl- und Erdgasvorräte erschöpft sein werden. Denn Öl und Gas als n ­ atürliche Ressourcen sind endlich. Heute wissen wir, dass die weltweiten Erdgas­vorkommen so gross sind, dass sie bei ­gleichbleibendem Konsum für weitere rund 300 Jahre reichen. Die Aussagen, wel­ che vor 40 Jahren gemacht worden sind, sind nicht gänzlich falsch; man muss sie jedoch relativieren. Die Energiebranche hat in den vergangenen Dekaden Fortschritte gemacht, die man sich damals nie zu erträu­ men gewagt hätte, sei dies im Bereich der Fördertechnologien wie auch der finan­ ziellen Möglichkeiten. In der Tat ist die Gewinnung und die Verar­ beitung von Erdöl ein Riesengeschäft. In der Regel geht es um Milliardenprojekte, denn das Fördern von Erdöl ist sehr kapital­ intensiv. Vielfach müssen grosse Investitio­ nen getätigt werden, damit sich ein Projekt überhaupt lohnt. Zu den wichtigsten Erdöl­ produzenten gehören Saudi-Arabien, der Iran und der Irak, welche im Zusammen­ schluss mit Ländern wie Venezuela oder Nigeria die dominierende OPEC bilden.

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Wichtige Fördergebiete sind aber auch Russland, Nordamerika und die Nordsee. Die Stimmung am Markt hat sich in den ­vergangenen zwei Jahren grundlegend ver­ ändert. Aufgrund der stark gesunkenen Energiepreise seit Mitte 2014 und der derzeit hohen Volatilität haben Öl- und Gasmultis ihre Investitionen drastisch gesenkt. Die Folge sind Massenentlassungen vor allem bei den sogenannten Ölfelddienstleistern, OFS (Oil Field Services), welche vorne an der Wertschöpfungskette stehen. Die er­ schwerten Bedingungen am Erdölmarkt belasten allerdings alle Unternehmen ent­ lang der Produktionskette, von der RohölFörderung bis hin zur Verteilung der End­ produkte. Deshalb kämpfen Ölmultis wie auch Zulieferer mit Umsatzeinbussen.

VOM ÖLVORKOMMEN IM ERDBODEN BIS HIN ZUM KEROSIN In der Erdölindustrie wird zwischen drei Aktivitäten unterschieden: Rohöl fördern (upstream), Rohöl transportieren mittels Zügen, Tankern oder Pipelines (midstream), und Rohöl weiterverarbeiten sowie weiter­ verkaufen (downstream). Letzteres wird von Raffinerien vorgenom­ men, die sogenannten Cracker, bei denen die Kunst der Chemie beigezogen wird,

um das Rohöl zu destillieren und in seine verschiedenen Verwendungsformen auf­ zuteilen. Unternehmen, die alle drei Be­ reiche abdecken, nennt man integrierte ­Gesellschaften (Oil Integrated). Dazu gehö­ ren die Erdölgiganten, deren Namen einem von den Tankstellen entgegenleuchten. Der Upstream-Bereich wurde unlängst durch Fracking und Horizontal-Drilling revolutioniert, berühmt geworden durch die enorme Ausweitung der Schiefergasund Ölproduktion in den USA. Doch auch Erdölbohrungen in ultratiefen Gewässern an der Küste Brasiliens haben Aufsehen ­erregt. Normalerweise ist die Ausbeutung einer Ölquelle auf dem Festland (on-shore) kostengünstiger als das Bohren nach Rohöl in grossen Gewässern (off-shore) wie zum Beispiel im Golf von Mexiko. Ent­ scheidend ist jedoch die Qualität des aus dem Bohrloch tretenden Rohöls. Daher haben sich kleinere und mittel­ grosse Unternehmen auf die Exploration und Prospektion spezialisiert. Sie unter­ stützen Ölfelddienstleister darin, Expertisen zur geologischen Beschaffenheit eines mutmasslichen Ölfeldes zu erstellen. Für Raffineriebetriebe im Downstream-­ Bereich ist die Konsistenz des Rohöls ein


DIE WELT DER FINANZEN

Kostenfaktor. Je höher die Güte des Aus­ gangsstoffs, desto kostengünstiger und margenträchtiger die Herstellung der End­ produkte, vom Schmiermittel bis hin zum teuren Kerosin. Zu den hochwertigsten Erdölkategorien zählen der amerikanische WTI (West Texas Intermediate), dessen Umschlagplatz die Stadt Cushing ist, und die Nordsee-Ölsorte Brent, welche vor nicht allzu langer Zeit als weltweite Referenzgrösse für den Erdöl­ preis festgelegt wurde. Da der Schwefel­ gehalt dieser beiden Sorten sehr niedrig ist, was vorteilhaft ist, wird ihnen die Bezeich­ nung süss (sweet crude) vergeben. Ihr ­gehandeltes Volumen an den Warenter­ minbörsen ist mit Abstand am grössten. Hingegen ist das saudische Erdöl eher schwefelhaltig und wird deshalb sauer (sour crude) genannt. Venezolanisches Rohöl ist teilweise eine Stufe minderwertiger, da sehr zähflüssig und bitumenartig, was eine auf­ wendigere, sprich teurere, Verarbeitung nach sich zieht. Anspruchsvoller ist auch die Verarbeitung von Tiefsee-Öl aus der Küstenregion Brasiliens, das vorab von Ver­ unreinigungen (salz- und kalkhaltige Sub­ stanzen) ­befreit werden muss.

DIE ROLLE DER SCHWEIZ Obwohl in der Schweiz Öl- und Gasboh­ rungen durchgeführt wurden, konnten keine wirtschaftlich nutzbaren Vorkommnisse ­entdeckt werden. Das einzig kommerziell verwertbare Erdgasvorkommen in Finster­ wald im Entlebuch versiegte vor mehr als 20 Jahren. Die Schweiz ist somit komplett auf Importe, vornehmlich via EU, angewie­ sen. Insgesamt sind es zwölf Millionen Ton­ nen pro Jahr, was einer Deckung des Ener­ giebedarfs von 60 Prozent entspricht. Gleichwohl: Die Schweiz mischt ebenfalls im globalen Öl- und Gasgeschäft mit – ein Markt mit einem jährlichen Gesamtinvesti­ tionsvolumen von rund USD 800 Milliarden. Neben den vor allem in Genf und Zug an­ sässigen Rohstoffhandelsfirmen wie Vitol SA und Cargill International SA zählen einige alteingesessene, börsenkotierte ­Industrieunternehmen zu den bedeuten­ den Zulieferern des Energiesektors. An erster Stelle steht ohne Zweifel der Schweizer Industriepionier Sulzer AG. Das 1834 gegründete Unternehmen begann schon früh mit der Produktion von Pumpen, welche nach unzähligen Umstrukturierun­ gen und Firmenverkäufen die heutige

Kernkompetenz der Gruppe bilden. Hoch­ leistungspumpen werden in praktisch allen Segmenten der Öl- & Gas-Branche ein­ gesetzt: unter anderem bei der Förde­ rung, beim Transport (Pipelines) und in der ­Petrochemie. Die Burckhardt Compression Holding AG – ein 1844 in Basel gegründetes Unternehmen und eine ehemalige Tochtergesellschaft der Sulzer Gruppe – ist weltweit einer der Markt- und Technologieführer im Bereich Kolbenkompressoren. Die kundenspezifisch ausgelegten Kompressorsysteme werden vor allem in der Gasverdichtung eingesetzt und durch ein vollumfängliches Service­ angebot instand gehalten. Trotz des heraus­ fordernden Umfeldes bleibt das Unter­ nehmen seiner Philosophie treu: «Wir sind entschlossen, zum KolbenkompressorenSystemhersteller und Service-Dienstleister erster Wahl zu werden.» Das Unternehmen ist solide fi­ nanziert, und das Management strebt keine teuren Akquisitionen an. Mit ruhiger Hand und Geduld wurde das Ser­ vice­geschäft ausgebaut und die globale Präsenz gestärkt. Interessant ist auch die Unternehmensge­ schichte von einem bedeutenden Anbieter von Getriebe- und Antriebslösungen für die Öl- & Gas-Exploration beziehungs­ weise Bohrinseln. Die 1906 g ­ egründete Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon hat sich in den letzten 110 Jahren als «IndustrieChamäleon» zur OC Oerlikon Corporation AG gewandelt. Das Unternehmen wird wie die Sulzer Gruppe durch den russi­ schen Milliardär Viktor Vekselberg über die Renova Group kontrolliert. Schliesslich ist auch die aus dem Zusam­ menschluss der Schweizer Brown Boveri Gruppe mit der schwedischen ASEA her­ vorgegangene ABB Ltd im Energiebereich tätig. Der Unternehmensbereich «Prozess­ automation» stellt Produkte für die Instru­ mentierung, Automatisierung und Optimie­ rung industrieller Prozesse her. Zu den Abnehmerbranchen zählen auch die Ölund Gasindustrie. Der aktuell sich erholende Erdölpreis ist willkommen und trägt zur Belebung in der Erdöl-Zuliefersparte der oben erwähnten Gesellschaften bei. Auch ABB, welche ein starkes Standbein in der Maschinenin­ dustrie und Automation hat, profitiert vom Aufwind der Erdölnotizen, da vermehrt Aufträge zu erwarten sind.

TIPP FÜR DEN ANLEGER Mit Blick auf eine allfällig bevorstehende längere Erholung der Erdölpreise profi­ tieren Ölfelddienstleister besonders stark. Hier zählen der Branchenprimus Schlum­ berger Ltd und Baker Hughes Inc, beides amerikanische Unternehmen, zu den Fa­ voriten. Investoren, die breiter am Erdölmarkt partizipieren wollen, müssen definitiv Aus­ schau nach anderen Firmen halten. Am besten beraten ist man mit einer Investi­ tion in grosse integrierte Ölmultis wie ­Royal Dutch Shell Plc oder Total SA in Europa sowie Chevron Corp in den USA. Denn dank ihrer Downstream-Aktivitäten können sie die Verluste im Upstream-­ Geschäft wettmachen oder gar überkom­ pensieren. In der Schweiz erscheinen Dividenden­ renditen von um die drei Prozent und mehr im gegenwärtigen Tiefzinsumfeld äus­ serst attraktiv. Dies trifft zurzeit auf alle Schweizer Unternehmen zu, welche im Beitrag erwähnt wurden. Allerdings sind bei diesen Unternehmen die Hebel bei einer Erholung der Ölpreise kleiner als bei den oben genannten Favoriten. Selbstredend ist dies auch der Fall, sollten die Ölpreise wieder nach unten tendieren.

CHRISTIAN MEIER ist stellvertretender Anlagechef der Banque CIC (Suisse). christian.meier@cic.ch

JOHN JAMES BAYER ist Portfoliomanager, Analyst und Roh­ stoffspezialist der Banque CIC (Suisse). johnjames.bayer@cic.ch www.cic.ch

Ausgabe 2/2016 // Seite 57


DIE WELT DER FINANZEN

EUROPA AN SCHEIDEWEGEN DAS 30. INTERNATIONALE EUROPA FORUM LUZERN von Georg Lutz

© Europa Forum Luzern

Wenn liberale Politiker und Unternehmen zusammenkommen, erwarten Aussenstehende nicht gerade prickelnde und kontroverse Auseinandersetzungen. Am letzten Europa Forum Luzern war dies am Anfang auch so, dann aber trafen die Positionen aufeinander.

Diskussionen innerhalb des politisch liberalen Spektrums können spannend sein.

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© Europa Forum Luzern

S

eit über 20 Jahren trifft sich das Europa Forum in Luzern und ist ein Treffpunkt für die liberale Wirtschafts­ welt der Schweiz. Das Thema Europa hat das Wirtschaftsforum immer begleitet. Es ging und geht um das Verhältnis von der Schweiz zu Europa. Will man sich aktiv einmischen oder eher an der Seitenlinie stehen, und welche Positionen beziehen liberale Politiker und Unternehmensver­ antwortliche?

Bundespräsident Johann Schneider-Ammann setzt auf den bilateralen Weg.

DER NÜCHTERNE BLICK Christa Markwalder, die auch Präsidentin der Neuen europäischen Bewegung Schweiz (Nebs) war. Sie plädierte vehement für eine weitere Annäherung. Um diese Positionen ist es relativ still geworden, obwohl es sie heute auch noch gibt. Die Konfliktlinien ­laufen heute etwas anders, wie die Tagung verdeutlichte.

Denn auf Europa können wir nicht ver­ zichten. Aber wir müssen auch unsere ­D iversifizierung mit den Freihandelsab­ kommen weiterverfolgen. Auf dem Spiel steht ein gutes Kuchenstück unseres Wohlstands!»

«Was sind unsere Zukunftsrezepte, ange­ sichts der Turbulenzen rund um unser Land?» fragte Bundespräsident Johann Schneider-Ammann das Publikum anläss­ lich des öffentlichen Abends am 2. Mai am Europa Forum Luzern.

Nur, was heisst dies nun, wenn man in eine ehrliche Bestandsaufnahme beim Thema Europa geht? Bereits am nachmittäglichen Symposium sprachen verschiedene Refe­ renten von Herausforderungen der Euro­ päischen Union und der gemeinsamen Währung. Dabei schälten sich zwei Posi­ tionen heraus. Das ehemalige Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentral­ bank, Jürgen Stark, sprach dabei von einem Europa in einem «desolaten Zu­ stand». Die Flüchtlingskrise, der drohende Ausstieg von Grossbritannien aus der EU sowie die wirtschaftlichen Probleme von

Einige Ratschläge gab der Bundesrat und Vorsteher des Departments für Wirt­ schaft, Bildung und Forschung an der 30. Ausgabe des Europa Forum Luzern den über 1 000 Vertretern aus Politik, Wirt­ schaft und Gesellschaft: «Wir müssen ­u nseren bilateralen Weg weitergehen.

EUROPA IM DESOLATEN ZUSTAND

© Europa Forum Luzern

Werfen wir zunächst einen kleinen Blick in die Geschichte. 1992 war das Jahr des ­abgelehnten EU-Beitritts. Liberale Politiker kämpften auf beiden Seiten, entweder für oder gegen den EU-Beitritt. Diese Ausein­ andersetzung und die Entwicklung seither wurden aber nicht reflektiert. Das wurde schon an der ersten Rede deutlich. Reto Wyss ist ein CVP-Politiker. Seit dem 1. Juli 2011 ist er Regierungsrat des Kantons Luzern und leitet das Bildungs- und Kultur­ departement. Am letzten Europaforum hielt er die Einleitungsrede, die den Bogen von 1992, als auch das Kongresszentrum KKL, das als Tagungsort geplant wurde, zur heu­ tigen Situation schlug. Die Notwendigkeit des Europaforums Luzern fasst Wyss wie folgt zusammen: «Es braucht Plattformen, die das Thema nüchtern und entpolitisiert diskutieren.» Auch Philipp Gmür, CEO ­H elvetia Versicherungen, forderte, sich ­«politisch neutral» zu verhalten. Diese Auf­ forderung ist aus der liberalen Binnensicht verständlich, da man ja schon immer seine Sachkenntnis und Neutralität gegenüber rechten und linken Ideologien festgestellt hat. Allerdings gehen solche Positionie­ rungen an der Realität vorbei, wie die ­Geschichte, aber auch die Tagung selbst verdeutlichte. Liberale Politik mischt sich ein, hat starke Lobbygruppen und muss selbst heftige Kritik einstecken. Die politi­ sche Arena ist kein neutraler Ponyhof.

KONTROVERSE POSITIONEN Seit dem Ende der Blockkonfrontation 1990 stellte sich auch für liberale Positionen die Frage, wie sich die Schweiz in einer ­globalisierten Welt verortet. Ist der bilate­ rale Weg, der die Eigenständigkeit in den Mittelpunkt stellt, die beste Lösung, oder geht es um eine Annäherung an die EU, die die SVP so vehement bekämpft. Noch vor wenigen Jahren war das innerhalb der Liberalen noch ein Rahmen für kontro­ verse Diskussionen. Erinnert sei an dieser Stelle nur an die freisinnige Nationalrätin

Das ehemalige Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, sieht Europa in einer desolaten Verfassung.

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© Europa Forum Luzern

DIE WELT DER FINANZEN

Griechenland seien eine Zerreissprobe für die Staatengemeinschaft, die die Politik zu überfordern drohe. Er sprach von einer «echten Zerreissprobe». Wie eine Bugwelle würden die Politiker die Probleme vor sich herschieben und sich bestenfalls Zeit kau­ fen. Im Konkreten sprach Stark die Trag­ fähigkeit der öffentlichen Schulden an, die nicht nur in Griechenland, sondern auch in Italien einen gefährlichen Stand erreicht hätten. Die Schaffung des Binnenmarktes mit einer Währung und keinen Grenzen sei ein historischer Fortschritt gewesen, aller­ dings stellt sich der Binnenmarkt heute als «Schönwetterveranstaltung» dar, der mit Krisen nicht umgehen könne und in nati­ onale Egoismen zu zerfallen drohe. Die Ordnung drohe zu zerfallen. Rhetorisch frage Stark nach der Hüterin der Verträge der Kommission. Der Europäischen Zentral­ bank widmete er seinem Vortrag verständ­ licherweise einen eigenen Part. Die aktuelle EZB ist für ihn in eine Rolle der «Selbst­ ermächtigung» geschlüpft. Er brachte die aktuelle Strategie der Niedrigzinspolitik wie folgt auf den Punkt: «Wir holen Papier aus dem Keller und erklären es für Geld.» Für Stark sind niedrige Zinsen ein wichtiges Mittel. Die Grenzen seien aber klar erreicht.

EUROPA KENNT KRISEN

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Luc Frieden war Finanzminister in Luxemburg und ist heute Vice Chairman bei der Deutschen Bank. Er plädiert für eine gezielte Vertiefung der Europäischen Union.

Josef Ackermann gibt sich souverän optimistisch. Die Unternehmensphilosophie seines Hauses, die er mit zu verantworten hatte, erlebt aber ein Waterloo nach dem anderen.

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Die Gegenposition nahm unter anderem Luc Frieden ein. Er war Finanzminister in Luxemburg und ist heute Vice Chairman bei der Deutschen Bank. Für Luc Frieden ist die Geschichte der EU, früher EWG, eine Aneinanderreihung von Krisen, aus der sich die Verantwortlichen immer wieder heraus­ geschält hätten. Das historische Beispiel war für ihn die französische Politik des lee­ ren Stuhls in den Sechzigerjahren des letz­ ten Jahrhunderts. Das aktuelle Beispiel war für Frieden der Euro. Zunächst wurde der Euro aus seiner Sicht euphorisch abge­ feiert, wenige Jahre nach seiner Einführung war er für viele Experten ein Auslaufmodell. «Der Euro hat aber überlebt!» Neben der Alltagspolitik plädierte er für eine Union, die sich auch grundsätzlich definiert. Immer wieder zitierte er dabei einen der Gründer­ väter Europas, Jean Monnet. Es stellt sich an dieser Stelle nur die Frage, wo es aktuell in Europa solche Visionäre gibt, die Europa neben der Alltagspolitik Sinn geben kön­ nen und neben dem notwendigen Kri­ senreaktionsmodus auch in die Zukunft schauen? Für Frieden ist die Politische Union kein «Superstaat», wie ihn viele sehen. Es bräuchte an einigen Stellen aber Vertiefungen.


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DIE WELT DER FINANZEN

Panel wurde deutlich, wie stark die KMU der Schweiz unter der aktuellen Wäh­ rungssituation Franken/Euro leiden. Hier braucht es praktische Konzepte und poli­ tische Visionen, die der Renaissance von nationalistischen und chauvinistischen Ideen, die man überall in Europa beob­ achten kann, entgegengestellt werden können. Dazu können Liberale wichtige Impulse geben.

Katharina Lehmann von Blumer-Lehmann kennt die Nöte von Unternehmensverantwortlichen in einem Hochwährungsland wie der Schweiz.

DAS LIBERALE WATERLOO DER DEUTSCHEN BANK

HANDLUNGSBEDARF MIT LUFT NACH OBEN

Ebenfalls optimistisch schätzte der ehema­ lige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann, die Lage ein: «So­ lange der politische Wille da ist, und die Wirtschaft daran glaubt, wird es nicht zum Auseinanderbrechen des Euro kommen.» Dabei gilt es aus meiner Sicht aber seine Rolle selbst zu hinterfragen. Die Finanzkrise von 2007 war und ist das praktische und theoretische Waterloo der liberalen Welt­ bilder. Eigentlich dürfte es solche Krisen nach dem Lehrbuch nicht geben. Eine Krise hat Josef Ackermann unternehmenspoli­ tisch mit zu verantworten. Und das ist die Krise seines ehemaligen Hauses, die der Deutschen Bank. Weltweit gibt es aktuell um die 6 000 Prozesse und 180 aufsichts­ rechtliche Verfahren gegen die Deutsche Bank. Von Einzelfällen mag hier niemand mehr sprechen. Es geht um Geldwäsche, Steuerkriminalität und Zinsmanipulatio­ nen. Inzwischen ist das Vertrauen der Aufsichtsbehörden geschrumpft, und es muss i­mmer mehr Geld für Rechtsstreitig­ keiten aufgewendet werden. Wie passt das in das liberale Weltbild von Josef Ackermann, wie es in der Schweiz immer noch gerne gepflegt wird?

Jacques de Watteville, Schweizer EU-Chef­ unterhändler, ordnete die aktuelle Lage Schweiz/Europa ein: Wegen der «BrexitGefahr» wolle die EU erst einmal das Re­ sultat der Abstimmung in Grossbritannien abwarten, darum habe die Schweiz derzeit nicht oberste Priorität bei der EU. Das kann sich aber ändern, wenn die BrexitAbstimmung durchgehen sollte. Dann droht eine neue Aufwertungswelle.

KMU UND DER ANPASSUNGSDRUCK Die schwierige Währungssituation und wie die Unternehmen damit umgehen können war auch ein Thema auf einem kontro­ versen Panel. Jan Mischke, Senior Fellow McKinsey Global Institute, sah nach wie vor viel Potenzial bei der europäischen Wirtschaft, und mit Blick auf die Schweiz betonte er, Produktivitätswachstum sei die beste Antwort auf eine starke Währung. Wie sich die Schweizer Wirtschaft in die­ sem schwierigen Umfeld behaupten soll, diskutierten führende KMU-Vertreter wie Adrian Pfenniger von Trisa, Katharina Leh­ mann von Blumer-Lehmann und Franziska A. Tschudi Sauber von Wicor. Auf diesem

KURZPORTRÄT EUROPA FORUM LUZERN Das Europa Forum Luzern ist die führende nationale Veranstaltung zu Fragen über Europa und die Schweiz. Namhafte Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland tauschen im KKL Luzern ihre Meinungen und Standpunkte aus. Das Europa Forum Luzern informiert unabhängig und neutral über die neusten Entwicklungen in Europa und deren Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft und Politik. Die Veranstaltungen stehen unter dem Motto Wirt-schaft, Wissenschaft und Politik im Dialog und finden jährlich zweimal im Frühjahr und Herbst statt. Dem Europa Forum Luzern unter dem Vorsitz des Stadtpräsidenten von Luzern gehören Kanton und Stadt Luzern sowie private Körperschaften an.

GEORG LUTZ ist Chefredaktor von kmuRUNDSCHAU. www.europaforum.ch


Das Auto selbst zum Teil des Internets zu machen, ist eine Herausforderung.

CONNECTED CAR AUSWEITUNG DER MOBILEN STRATEGIE von Fabian Kehle

Wie eng die Welt der Fahrzeuge und die Welt der IT mittlerweile miteinander verwoben sind, macht ein Blick in die Messehallen rund um den Globus deutlich. Nur, was wird sich wann und wie in den Businesswelten durchsetzen?

A

uf den Auto-Shows ist die Vernet­ zung heute eines der dominierenden Themen. Im vergangenen Jahr wid­ mete sich beispielsweise die IAA in einer ganzen Halle dem Thema «New Mobility», erstmals waren Google und die Deutsche Telekom als Aussteller zu Gast. Und die Fahrzeughersteller zieht es immer häufiger zu den grossen Technologietreffen – zum Beispiel zur Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, wo sie mittlerweile viele Produktneuheiten vorstellen. Auf all den Messen geht es also nicht mehr nur um Zukunftsvisionen und Konzeptfahr­ zeuge. Die Vernetzung des Autos mit ­seiner Umwelt ist längst Realität, nahezu alle Anbieter haben etwas im Portfolio.

wagenfahrer gaben an, dass für sie beim Kauf des nächsten Autos Connected-CarServices ein entscheidender Faktor sind. Bei den privaten Fahrern waren es nur 30 Prozent.

Diese Entwicklung wird sich auch auf die KMU auswirken, die in der einen oder ande­ ren Form Fahrzeuge unterhalten – sei es in einem Fuhrpark oder als Dienstwagen einzelner Mitarbeiter. Dass die Dynamik im gewerblichen Kontext noch grösser sein dürfte als im privaten Umfeld, lässt eine aktuelle Untersuchung aus Deutschland erahnen: 59 Prozent der befragten Dienst­

INTERNET INS AUTO VERSUS AUTO INS INTERNET

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Aus unserer Sicht tun KMU daher gut ­daran, sich schon heute mit der vernetzten Mobilität auseinanderzusetzen und zu prü­ fen, wo für sie die Chancen liegen und welche Risiken gegebenenfalls bestehen. Um hier einen ersten Überblick über das fragmentierte und komplexe Feld zu bekom­ men, lohnt es sich, einige Unterscheidungen vorzunehmen. So fällt es später leichter, die richtigen Schlüsse für die eigene Stra­ tegie zu ziehen.

Wenn es darum geht, das Internet ins Auto zu bringen, sind die Hersteller heute schon sehr weit. Im Grunde ist das Fahrzeug dabei nichts anderes als ein Smartphone, über das bestimmte Dienste ausgespielt werden: Über das Infotainmentsystem lässt sich im Internet surfen, oder es können

­E-Mails abgerufen werden, aus den Laut­ sprechern kommt über Spotify gestreamte Musik, und im Navi erscheinen auch die persönlichen Points of Interest. Selbstver­ ständlich lassen sich ebenso Business-­ Anwendungen ins Auto bringen. Nachdem viele Unternehmen in den vergangenen Jahren ihre Mitarbeiter mit mobilen End­ geräten ausgestattet haben – idealerweise basierend auf einer mobilen Strategie –, ist die Integration des Fahrzeugs nur der nächste logische Schritt. Das Beispiel Ser­ vicemitarbeiter verdeutlicht den Trend. Er erhält heute alle Informationen zu den ­anstehenden Wartungsaufträgen auf sein Tablet. Ist das zentrale CRM-System auch mit seinem Auto verbunden, können ihm die Termine, Adressen und Routen auto­ matisch im Cockpit angezeigt werden. Achtgeben sollten die Unternehmen vor ­allem darauf, dass sie bei der Entwicklung solcher Apps nicht über das Ziel hinaus­ schiessen: Denn während die Adressdaten im Auto genau richtig sind, werden Ser­ vicemitarbeiter dort mit den technischen Spezifikationen einer zu reparierenden ­Maschine kaum etwas anfangen können.


UNTERNEHMEN UNTERWEGS

Das Auto selbst zum Teil des Internets zu machen, ist deutlich anspruchsvoller. Gemeint ist damit, die Zustandsdaten, die ein Fahrzeug heute schon für die Diag­ nose erzeugt (der Standard für die Fahr­ zeugdiagnose OBD-2 gliedert sich in fünf Gruppen: elektrische Diagnosen, Sensor­ diagnosen, Aktordiagnosen, Systemdia­ gnosen und Komponentendiagnosen), in Echtzeit zu übermitteln und dann weiter zu nutzen. Zunächst werden diese Mög­ lichkeiten die Hersteller nutzen – etwa um den Verschleiss eines Fahrzeugs zu ana­ lysieren und den Fahrern rechtzeitig einen Termin beim Autohaus vorzuschlagen. Solche und weitere fahrzeugbezogene Informationen sind auch für die Car-to-xKommunikation erforderlich; sei es für den Austausch zwischen Fahrzeug und Infrastruktur (etwa Verkehrsleitsysteme oder das Garagentor daheim) oder zwi­ schen Fahrzeug und Fahrzeug. Für Unter­ nehmen werden mit dem Auto im Internet zahlreiche interessante Szenarien reali­ sierbar. Echtzeitdaten zum Zustand von Nutzfahrzeugen können etwa dazu die­ nen, eine vorausschauende Wartung (Pre­ dictive Maintenance) umzusetzen – und ungeplante Ausfälle zu vermeiden. Wenn die Fahrzeuge auf einem Betriebsgelände mit Schranken, Toren oder Aufzügen kommunizieren, lassen sich viele Pro­ zesse weiter automatisieren. Zudem ­werden ausgefeilte Sicherheitskonzepte möglich.

EVOLUTIONSSTUFEN GEHEN Es ist also vieles schon in der Praxis um­ gesetzt und wird in Zukunft Realität sein. Die Flotten, die KMU heute unterhalten, ermöglichen das aber noch nicht. Und kaum ein Unternehmen wird von heute auf morgen alle Fahrzeuge austauschen. ­Daher ist die Vernetzung der gewerblichen Mobilität eher ein evolutionärer Prozess, der mehrere Stufen durchläuft. Der beginnt mit zunächst vollkommen unvernetzten Autos, für die es Nachrüstlösungen gibt. Das sind zum Beispiel Boxen, die über ­einen Mobilfunkstandard eine Verbindung zum Internet herstellen können. Gleich­ zeitig ist diese Hardware mit Technologien ausgestattet, die die Fahrzeugumwelt ­erfassen – den Standort, Bewegungen, Schall oder Licht – und die mit der OBD2-Einheit via Bluetooth verbunden sind. So wird es möglich, Daten aus dem Auto via Web an ein zentrales System zu übermit­ teln, wo sie weiterverarbeitet werden – je nach Zweck.

Vernetzungsstrategien sind ein evolutionärer Prozess.

In den kommenden Jahren werden Fahr­ zeuge zur Regel werden, die schon von Werk aus mit allen Connectivity-Technolo­ gien ausgestattet sind. Allerdings werden die Automobilhersteller noch einige Zeit lang versuchen, das Ökosystem zu kon­ trollieren: Anwendungen, die auf dem ­Betriebssystem des Autos laufen, werden vom Hersteller selbst oder von wenigen ­externen Partnern kommen. Auf die Daten aus dem Auto werden Aussenstehende kaum zugreifen können. Das hat für die KMU zum einen zur Folge, dass ihre Aus­ wahl an Anwendungen eingeschränkt ist und speziell für sie realisierte Lösungen – wie bei Smartphones und Tablets üblich – die Ausnahme bleiben. Auch der limitierte Zugriff auf die Fahrzeugdaten wird zunächst einige Szenarien verhindern. Zum anderen wird es eine Herausforderung sein, eine Flotte zu managen, die aus Fahrzeugen ­unterschiedlicher Hersteller besteht – und damit auch eine Vielzahl von Systemen ­b edeutet. Bei den mobilen Endgeräten müssen nur drei Welten – Android, iOS und Windows Phone – integriert werden. Und schon das bereitet häufig Schwierigkeiten. Deshalb wird es – wann auch immer – ­zuletzt einen offenen Standard und eine ge­ meinsame Datenplattform der Hersteller geben, über den alle Fahrzeuge und Anwen­ dungen integriert werden können. Bevor das so weit ist, müssen die OEM aber er­ kennen, dass ihnen eine solche Offenheit mehr nutzt als schadet.

CUI BONO? Für die KMU sollte der Nutzen einer ver­ netzten Mobilität dagegen schon heute klar erkennbar sein. Sie profitieren prinzipiell auf zwei Ebenen. Erstens kommen sie einem Wunsch vieler Mitarbeiter nach, wenn sie auf Connected Cars setzen. Damit fördern

die Unternehmen die Zufriedenheit ihrer ­Angestellten und stärken so die Bindung. Wichtiger aber noch ist der Einfluss, den die Vernetzung auf zahlreiche Geschäfts­ prozesse haben kann. Das betrifft nicht nur die Bereiche, in denen die Mitarbeiter durch die Connected-Car-Dienste unterstützt werden; etwa durch die Integration der Kundenadressen in die Navigation. Auch nachgelagerte Aufgaben können erleichtert werden, im besten Fall wird beides kombi­ niert. So wie beim automatisierten Tankvor­ gang: Wenn das Fahrzeug an die Zapfsäule fährt, verbindet es sich mit dem System der Tankstelle. Die Abrechnung erfolgt dann online – ohne dass der Fahrer zur Kasse muss. Alle Daten werden auch an das ERPSystem des KMU gesendet. Belege nach­ träglich manuell zu erfassen, ist so nicht mehr notwendig. Auf ähnliche Weise kann auch eine Fahrtkostenabrechnung erfolgen, wenn ein Mitarbeiter mit seinem privaten Auto geschäftlich unterwegs war – voraus­ gesetzt, er fährt ein Connected Car.

FABIAN KEHLE arbeitet bei der Management- und IT-Beratung MHP – A Porsche Company. Als Senior Professional beschäftigt er sich dort intensiv mit dem Innovationsmanagement – besonders auf dem Gebiet der Mobilität von morgen. www.mhp.com

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KOLUMNE

SPEICHERFÖRDERUNG STATT KAUFPRÄMIE von Fabian Kehle

W

er an die Mobilität der Zukunft denkt, der hat meist nicht nur vernetzte Fahrzeuge im Sinn, sondern auch elek­ trisch angetriebene. Logisch, denn die fossilen Kraftstoffe sind endlich, und Emissionen belasten Klima und Umwelt. In den meisten Ländern steigt die Anzahl der E-Autos momentan aber noch sehr langsam. Weltweiter Spitzenreiter ist aktuell Norwegen. Hier liegt die E-Fahrzeugquote bei 1.7 Prozent – das allerdings bei einem vergleichsweise kleinen Pkw-Gesamtmarkt. Angesichts dieser recht überschaubaren Dynamik überlegen die politisch Verantwortlichen vielerorts, wie sie für Beschleunigung sorgen können. Eine Idee ist häufig eine Kaufprämie. Diese haben beispielsweise Frankreich, Grossbritannien, Spanien und Portugal bereits realisiert und damit auch einen gewissen Erfolg erzielt. In Deutschland wurde der Ansatz zuletzt heftig diskutiert und ist von der Regierung inzwischen beschlossen worden. Auch aus Sicht von MHP führt an einer erheblichen Zunahme von batteriebetriebenen Fahrzeugen kein Weg vorbei. Und merklich anziehen wird der Verkauf von Elektroautos tatsächlich nicht ohne eine staatliche Förderung. Aber: Eine Kaufprämie halten wir explizit nicht für den bestmöglichen Weg. Zwar könnte eine finanzielle Entlastung bei einigen Autokäufern ein E-Modell zu einer attraktiven Alternative machen, wenn sie über einen Neuwagen nachdenken – auch wenn das gleiche Modell mit herkömmlichem Motor trotz Prämie immer noch günstiger wäre. Die Gefahr von Fehlanreizen ist aber gross. Und: Am grössten ­Defizit der Elektromobilität – der Speichertechnologie samt der Lade­ infrastruktur – ändert eine solche Subvention kaum etwas. Beides sorgt aktuell für die hohen Preise und limitiert die Reichweite. Eine sinnvolle staatliche Förderung sollte daher bei den Speichern und der Infrastruktur ansetzen. Die Schweiz beispielsweise

v­ erfügt über zahlreiche Pumpspeicherkraftwerke und hat damit den meisten Ländern etwas Entscheidendes voraus: Sie kann Energie für längere Zeit und in grossen Mengen vorhalten. Die kommt bislang meist aus Wasserkraft- oder Kernkraftwerken, Wind- oder Solarstrom wird noch sehr wenig erzeugt. Einiges deutet aber darauf hin, dass sich das ändern wird. Und damit die Energie aus regenerativen Quellen nicht über neue Leitungen durch das ganze Land transportiert werden muss, könnten vor allem dezentrale Grossbatterien zum Einsatz kommen. Die ­speichern die in einer Wohnsiedlung entstandene, momentan überschüssige Energie vor Ort, um sie später wieder an die ­lokalen Verbraucher abgeben zu können – und das können sehr gut E-Autos sein. Insofern bietet sich in der Schweiz eine Doppelstrategie an. ­Erstens kann der Ausbau von dezentralen Grossspeichern in Wohnquartieren gefördert werden. Das müsste dann auch den Aufbau einer Ladeinfrastruktur umfassen, die von den Bewohnern bequem zu nutzen ist (idealerweise mit einer Leistung von 250 bis 300 kW, weil damit ein Ladevorgang in zehn bis 15 Minuten erledigt ist). Denn gerade die Schwierigkeit, E-Fahrzeuge zu ­laden, hält häufig vom Kauf ab. Hinzu kommt ein Kosten-Argument: Je nach Höhe der Förderung, Umlage innerhalb einer Siedlung und Entwicklung der Preise für fossile Kraftstoffe kann der mit einem E-Fahrzeug zurückgelegte Kilometer bald günstiger sein als der mit einem Benziner oder Diesel. Und zweitens könnten einige wenige Starkstromtrassen die überschüssige regene­ rative Energie aus anderen europäischen Ländern in die bestehenden Pumpspeicherkraftwerke leiten – die Schweiz würde zum Energiespeicher Europas. Das forciert zwar nicht direkt die E-Mobilität. Die durch diese Energiedienstleistung erlösten ­fi nanziellen Mittel könnten aber in den Ausbau der lokalen ­Speicher fliessen.

Fabian Kehle ist Senior Professional bei MHP. www.mhp.com

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KOLUMNE

WIE PRÜFEN KMU DIE SICHERHEIT IHRER CLOUD? von Dr. Tobias Christen

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loud-Speicher sind in der Geschäftswelt nicht mehr wegzudenken. Sie vereinfachen die Zusammenarbeit, ermöglichen mobiles Arbeiten und senken Kosten. Diese Vorteile zahlen sich aber nur aus, wenn die Sicherheit nicht darunter leidet. Prüfen Sie deshalb vor einem Umstieg, wie und wo Ihre Firmendaten in die Cloud gelangen. Cloud-Anbieter spezialisieren sich auf Skalierung, Verfügbarkeit und einige auch auf Sicherheit. Die Systeme sind immer auf dem neuesten Stand, weshalb die Firmendaten der KMU in den Online-­ Speichern meist sicherer aufbewahrt werden als im eigenen ­Unternehmen. Da sich die Sicherheitsstandards jedoch stark unterscheiden, empfehlen wir einen gründlichen Sicherheits-Check potenzieller Anbieter. Suchen Sie dazu Antworten zu den folgenden drei Fragen, um das Thema Cloud-Sicherheit zu überprüfen: 1. Wohin gelangen Ihre Daten? Wählen Sie nur Dienstleister, die transparent über ihre Server-Standorte und den Gerichtsstand informieren. Die gesetzlichen Bestimmungen unterscheiden sich stark, weshalb der Datenschutz nicht überall gleich gut gewährleistet wird. Aus diesem Grund raten wir auch explizit von amerikanischen Cloud-Dienstleistern ab. 2. Wie werden die Daten verschlüsselt? Wenn ein Mitarbeiter Daten in der Cloud speichert, findet ein Datentransport zwischen dem Computer des Mitarbeiters und dem Rechenzentrum des Cloud-Dienstleisters statt. Eine Transport-Verschlüsselung schützt die Daten vor missbräuchlichen Zugriffen im Internet. Eine einfache SSL-Verschlüsselung ist entgegen der weitläu­ figen Meinung aber nicht mehr sicher genug. Eine zusätzliche Transport-Verschlüsselung wird stark empfohlen. Auf der Cloud-

Anbieter-Seite müssen die Daten so verschlüsselt sein, dass auch Mitarbeiter des Cloud-Anbieters Ihre Daten nicht einsehen können. 3. Wie werden die Daten abgesichert? Wenn die Daten die Server im Rechenzentrum des Anbieters erreichen, entscheidet die ­redundante Speicherung darüber, wie sicher die Firmendaten vor Verlust geschützt sind. Die sichersten Cloud-Systeme sind mehrfach redundant. Die Daten gelangen also immer an geografisch getrennte Serversysteme, wo sie auf mehreren Servern gespeichert werden. Die redundanten Serversysteme befinden sich in Rechenzentren, die in ganz unterschiedlichen geografischen Risikozonen liegen. Datenausfälle sind damit praktisch ausgeschlossen. Selbst wenn ein Rechenzentrum durch höhere Gewalt ausfällt, übernehmen andere Server die entsprechende Aufgabe und s­ tellen den uneingeschränkten Zugriff auf die Daten sicher. In Unternehmen oder bei Cloud-Anbietern, ohne redundante Rechenzentren, sind Datenverluste deutlich wahrscheinlicher. Hinzukommen die temporären Systemausfälle, die bei einfachen Systemen zu einem vorübergehenden Blackout führen können. Auf jeden Fall gilt es, interne und externe Schwachstellen zu prüfen. Das Thema Cloud-Sicherheit betrifft natürlich nicht nur die technischen Aspekte der Cloud-Anbieter. Die Arbeitsbedingungen und die Risiken von eigenen Mitarbeitenden gehören ebenfalls zur Sicherheitsanalyse. Schliesslich ändern sich die Arbeits­ weisen, was neue Risiken schafft. Der richtige Umgang mit CloudLösungen hat einen wesentlichen Einfluss auf die Sicherheit der eigenen Daten. Ein guter Support durch den Cloud-Anbieter und interne Schulungen im eigenen Unternehmen sind deshalb ­genauso wichtig für die Sicherheit.

Dr. Tobias Christen CEO der DSwiss AG, verfügt über 20 Jahre Expertise in der siche­ ren Software-Entwicklung. Vor der Mitbegründung des Schweizer Online-Speichers SecureSafe war der Schweizer für die Entwicklung der Sicherheitsarchitektur einer grossen internationalen Versiche­ rungsgesellschaft verantwortlich sowie als technologischer Leiter eines Unternehmens für IT-Sicherheitsprodukte tätig. www.securesafe.com

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IT-SICHERHEIT

Die Funktionsweise des «SWISS FORT KNOX I & II» in den Schweizer Bergen.

IN STEIN GEMEISSELT NEUE BEDROHUNGEN UND DIE DAZUGEHÖRENDEN SICHERHEITSSTRATEGIEN von Thomas Liechti

Cryptomalware ist wohl das Stichwort mit der aktuell negativsten Ausstrahlung. Medien bringen immer schrillere Geschichten in Umlauf. Es geht nicht nur um eine neue Form von Bedrohung, sondern auch um Erpressungsstrategien. Beides sind inzwischen lukrative Geschäftsmodelle. Und es stellt sich die Frage, wie man in Ruhe Gegenstrategien aufbauen und Lösungen implementieren kann.

A

m Anfang stellt sich die Frage nach der Definition. Cryptomalware ist fast schon der Überbegriff für eine spe­ zielle Art von Computerviren, die man sich via E-Mail-Anhängen, USB-Sticks oder auch bei Besuchen auf unsicheren Webpages einfangen kann. Diese Viren lassen sich aber nicht einfach von einer klassischen AntivirenSoftware erkennen und entfernen. Es geht um eine neue Qualität, die von innen agiert und die alten Wälle unbemerkt umgeht. Die neue Malware verschlüsselt im Hintergrund

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unbemerkt alle Daten und macht sie kom­ plett unbrauchbar und unlesbar, bevor man den Virus überhaupt erkennt. Wenn man den Virus erkennt, ist es meist zu spät. Zudem, und das ist eine weitere neue Qualität, ist man mit einer Erpressung konfrontiert. Die Firmenverantwortlichen werden genötigt, innerhalb kurzer Zeit dem Erpresser Bitcoins zu bezahlen, ansonsten bekomme er keinen Zugang zu einer Ent­ schlüsselungsmöglichkeit.

Es stellt sich die Frage, warum gerade Bit­ coins verlangt werden. Die smarten Ver­ brecher agieren auf der Höhe der Zeit mit modernsten Mitteln und Methoden. Bit­ coins sind eine virtuelle Geldwährung, bei der die Nachverfolgung der Zahlungs­ ströme zum Empfänger quasi unmöglich ist. Es stellt sich dann nur noch die Frage, wo bekomme ich als Schweizer KMU-­ Verantwortlicher innerhalb der üblichen gewährten Zahlungsfrist von 72 Stunden die Bitcoins her? Das ist kein Problem.


IT-SICHERHEIT

Auch dafür gibt es eine Dienstleistung. Die Erpresser stellen einen Helpdesk zur Ver­ fügung, um bei der Beschaffung behilflich zu sein. Das ist ein sehr bemerkenswertes Businessmodell.

Was im Finanzwesen mit den Revisions­ stellen, unter anderem schon durch ge­ setzliche Vorschriften, seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, ist in der IT noch in den Kinderschuhen.

Bevor wir uns hier weiter mit den Szenarien und der Fantasie von Bösewichten beschäf­ tigen, gehen wir im Folgenden lieber zu den Gegenstrategien über.

Niemand kann sich heute noch erlauben, ohne einen externen Treuhänder die Buch­ haltung zu führen, und die unabhängige Revisionsstelle ist verpflichtend. In der ­Datenhaltung ist der Gesetzgeber noch nicht so weit fortgeschritten. Erste Anfänge reichen da nicht aus.

AUF BACKUP UND SPEICHER KOMMT ES AN Bekanntlich gibt es keinen hundertprozen­ tigen Schutz. Der erste wichtigste Schritt, um ein Desaster zu verhindern, ist ein gutes Daten-Backup-Konzept. Darauf verweisen sowohl die Melde- und Analysestelle Infor­ mationssicherung MELANI in der Schweiz wie auch namhafte Hersteller von Antiviren­ programmen. Was heisst dies nun für die betriebliche Praxis? Zunächst gilt es, den Unterschied zwischen Cloud-Speicher und Backup zu verdeutlichen. Die meisten Cloud-Speicher wie Dropbox oder Skydrive sind eine Art Austauschplattform für Daten, bei der grosse Datenmengen auch günstig hinter­ legt werden können. Diese Cloud-Speicher sind wie ein weiteres Laufwerk auf dem PC, auf das andere Leute ebenfalls zugrei­ fen können oder man dies zumindest ­ermöglichen kann. Genau diese Funktionen machen solche Lösungen unbrauchbar, um als Backup nutzbar zu sein. Das ist schlicht zu gefährlich. Backup heisst, eine oder mehrere Versio­ nen der Daten schreibgeschützt und wenn möglich an einem anderen Standort zu hinterlegen. Diese Schutzfunktionen sind es, die es keinem Verschlüsselungsvirus (Cryptolocker) ermöglichen, alle Daten ­unbrauchbar zu machen. Nebenbei schüt­ zen Unternehmensverantwortliche ihr Haus auch vor anderen Ursachen von Datenver­ lusten wie Feuer / Löschen, Hardware-­ Ausfällen oder Software-Problemen. Solche Backups kann man mit viel Auf­ wand und teurer Software selber betreiben oder auch bei einem Anbieter als Service beziehen. Bei einer solchen Servicedienst­ leistung entfällt viel der Verantwortung und der Arbeit auf den Lieferanten, der auch im Ernstfall rund um die Uhr zur Verfügung stehen muss. Sonst kann das Unterneh­ men nur noch eingeschränkt funktionieren, und die Geschäftsgrundlage ist in Gefahr.

MANAGED SERVICE Keine Frage, die Vorteile eines gemanagten Service zur redundanten Datenhaltung ­liegen auf der Hand. Und doch geht erst die Minderheit der Schweizer Unterneh­ men diesen Weg. Es scheint noch immer die Meinung zu herrschen, dass der Besitz und das Verwalten der Daten untrennbar zusammenhängen. Hier liegt noch viel Auf­ klärungsarbeit vor uns. Folgende Frage hilft uns dabei: Könnte man nicht die Verantwortung abgeben und doch die Kontrolle behalten? Bei modernen Backup-Services ist genau dies der Grund­ satz. Die Daten werden voll automatisiert und natürlich verschlüsselt an einen zwei­ ten Standort – der ebenfalls nochmal re­ dundant aufgebaut sein muss – übermittelt. Dieser automatisierte Prozess wird proaktiv überwacht, und es ist in der Verantwortung des Leistungserbringers zu agieren, wenn der Prozess stockt. Nur der Servicenutzer darf Zugriff auf die Informationen haben und muss alle Daten jederzeit auch online zurückholen können, und dies bis zu zehn Jahre zurück. Es geht folglich um einen ­g emanagten Service und nicht einfach «nur» um eine Cloud-Lösung.

Kriterium bei der Auswahl des BackupPartners. Langjährige, zahlreiche Referen­ zen bringen eine zusätzliche Gewissheit, dass der Leistungserbringer vertrauens­ würdig und zuverlässig ist. Im Bereich der öffentlichen Hand ist die Datenhaltung in der Schweiz ebenfalls notwendig und zwin­ gend. Das ist eine gute Grundlage, auf der man aufbauen kann.

FRAGEN, DIE SIE SICH ALS ENTSCHEIDUNGSGRUNDLAGE BEI DER DATENHALTUNG STELLEN SOLLTEN: >> Welche Risiken muss ich ­abdecken? >> Welche gesetzlichen Vorschriften gilt es zu beachten? >> Wo dürfen meine Daten liegen? >> Wie komme ich im Notfall an sie ran und in welcher Zeit? >> Wer hat Zugriff darauf und wer noch? >> Welche Daten sind kritisch oder gar überlebenswichtig? >> Wie lange muss ich sie ­aufbewahren? >> Wie sicher ist der physische Zugriff auf die Server-Infrastruktur? >> Brauche ich ein Zertifikat als Beilage zum Geschäftsbericht? >> Wie zuverlässig ist der mögliche Leistungserbringer des Managed Service? >> Welche Referenzen kann der Serviceprovider aufzeigen? >> Wie lange erbringt er den Service schon?

DATENHALTUNG IN DER SCHWEIZ Die Rechtssicherheit und der Datenschutz sind in der Schweiz im Grundsatz gegeben und auch kaum veränderbar. Da bei pro­ fessionellen Backup-Services kein «MasterKey» zur Entschlüsselung bestehen darf, führt auch bei Rechtsfällen der Zugriff nur via den Servicenutzer, das heisst den ­Eigentümer der Daten. Diese Gründe und die Tatsache, dass der Kunde auch im Notfall auf eine sehr effi­ ziente physische Rückführung der Daten zählen kann, macht die garantierte Daten­ haltung in der Schweiz zum zwingenden

THOMAS LIECHTI ist CEO der MOUNT10 AG, dem Markt­ führer und Innovator im Bereich OnlineBackup und Desaster Recovery Services. Die MOUNT10 AG bietet vollautomati­ siertes, proaktive überwachtes, verschlüsseltes Online-Backup in die sichersten Rechenzentren «SWISS FORT KNOX I & II» an. www.mount10.ch

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Wer in diesem Business-Team hat welche Entscheidungskompetenzen?

B2B-KUNDEN GEWINNEN KOMPLEXE PROZESSE UND STRUKTUREN ERKENNEN UND NUTZEN von Uwe Reusche

In Unternehmen werden die meisten Kaufentscheidungen von einem Team, oft im Rahmen eines Buying Center, getroffen – also von mehreren Personen aus meist unterschiedlichen Bereichen. Diese haben oft unterschiedliche Erwartungen an die Problemlösung. Entsprechend strategisch und taktisch klug müssen potenzielle Lieferanten agieren, um einen Auftrag zu erlangen. Gerade KMU-Verantwortliche, die hier erfolgreich sein wollen, müssen sich in die Strukturen von grösseren Unternehmen hineindenken.

F

ür die meisten Unternehmen gilt: An ihren zentralen Kaufentscheidungen sind mehrere Personen beteiligt. Diese Personen, die direkt oder indirekt an der Kaufentscheidung mitwirken, bilden oft das sogenannte Buying Center. Manchmal gibt es dazu auch synonym verwendete Begriffe. Die zentrale Herausforderung an potenzielle Lieferanten lautet, die Entscheidungspro­ zesse in diesem Personenkreis so zu beein­ flussen, dass ihr Unternehmen den Auftrag erhält – zu attraktiven Konditionen.

DAS BUYING CENTER ANALYSIEREN In einem Buying Center gilt es folgende Personen- und Funktionsgruppen zu un­ terscheiden:

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>>die Anwender (User), die mit der gekauften Lösung arbeiten – häufig sind dies die Mitarbeiter einer oder mehrerer Fachabteilungen, >>die Einkäufer (Buyer), die den Auftrag unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten verhandeln (und gegebenenfalls erteilen), >>die (wirtschaftlichen) Entscheider (Decider), die aufgrund ihrer Position die finale Entscheidung über die Problemlösung und deren Lieferanten treffen, >>die Experten/Techniker in der Organi­ sation (Experts), die darauf achten, dass die Lösung technisch und organisatorisch den Anforderungen entspricht.

Diese Personen und Personengruppen ­haben an die Problemlösung meist unter­ schiedliche Erwartungen. Während zum Beispiel die Anwender primär darauf achten, dass die Lösung unkompliziert zu hand­ haben ist, achten die Einkäufer darauf, dass diese «preis-wert» ist. Und während zum Beispiel die Geschäftsleitung vor allem ­darauf schaut, dass das Unternehmen mit der Lösung seine strategischen Ziele ­erreicht, achten die Experten / Techniker primär darauf, dass diese mit den beste­ henden Prozessen und der vorhandenen technischen Infrastruktur harmoniert. Wie die Kaufentscheidungsprozesse in den Unternehmen ablaufen, hängt stark vom Produkt beziehungsweise der Problem­


MARCOM

lösung ab. In die Beschaffung von Produk­ ten und Problemlösungen, die eine geringe strategische Relevanz haben – wie zum Beispiel das Büromaterial – sind in grösse­ ren Unternehmen die Top-Entscheider meist nicht involviert. Anders ist es bei ­Problemlösungen, >>die für das Erreichen der Ziele des Unternehmens eine hohe Bedeutung haben, >>die (wie zum Beispiel eine Computer­ anlage) auf die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens abgestimmt werden müssen, >>bei deren Kauf das Unternehmen mit dem Lieferanten sozusagen eine Partnerschaft über die Lebensdauer des Systems eingeht. In ihren Kauf sind die Top-Entscheider in der Regel involviert. Zumindest behalten sie sich das finale Entscheidungsrecht vor.

DIE NÖTIGEN KUNDENINFOS ERLANGEN Die wichtigsten Fragenkomplexe, die poten­ zielle Lieferanten bezüglich des Buying Center zu klären haben, sind: >>Wer sind seine Mitglieder? >>Welche Entscheidungskriterien sind für die einzelnen Mitglieder / Funktions­ gruppen die wichtigsten? >>Welchen Einfluss haben die einzelnen Mitglieder / Funktionsgruppen auf die finale Kaufentscheidung?

Verkäuferebene), sofern sie noch nicht existieren, aufzubauen.

EIN SELLING TEAM FORMIEREN Wichtig ist es zudem, ein sogenanntes Sel­ ling Team zu bilden, das gemeinsam daran arbeitet, vom Zielkunden den gewünschten Auftrag zu erlangen. Der Aufbau solcher Selling Teams – als Pendant zum Buying Center – ist im B2B-Vertrieb, bei dem oft kundenspezifische Lösungen entwickelt werden müssen, gang und gäbe, denn hie­ ran wirken neben den eigentlichen Verkäu­ fern häufig auch Techniker, Mitarbeiter des (Verkaufs-)Innendiensts sowie nicht selten Teile der Geschäftsleitung mit. Eine zentrale Aufgabe des Selling Team ist es, den Neukundengewinnungs-Prozess – also die Strategie, wie der Kunde gewon­ nen werden soll – zu definieren. Hierfür ist es wichtig, zunächst die Ist-Situation und Bedürfnislage des Zielkunden zu erkun­ den. Hierbei hat sich das sogenannte TAPA-Modell bewährt.

>>T = Trendanalyse: Welche Trends, Entwicklungen, kommen auf das Zielunternehmen zu? >>A = Auswirkungen: Welche Auswirkun­ gen haben diese auf das Unternehmen? >>P = Probleme: Welche Herausfor­ derungen ergeben sich hieraus für die Mitglieder des Buying Center bezie­ hungsweise ihre Funktionsbereiche? >>A = Auswirkungen: Welche negativen Auswirkungen hat es mittel- und langfristig für das Unternehmen und die Funktionsbereiche der Buying CenterMitglieder, wenn das Problem nicht gelöst wird? Welche positiven Auswir­ kungen hat es, wenn das Unternehmen die Herausforderungen meistert? Die TAPA-Analyse ist für die Hypothesen­ bildung wichtig, wie der Zielkunde zur ­gewünschten Kaufentscheidung geführt werden kann. Und die Ergebnisse der ­A nalyse? Sie können unmittelbar in das letztlich erstellte Angebot oder die firmen­ interne Präsentation einfliessen.

Um die Kaufentscheidung zu seinen Guns­ ten zu beeinflussen, benötigt der potenzielle Lieferant also eine Vielzahl von Informati­ onen. Zum Beispiel über die Marktposition des Unternehmens und die Herausforde­ rungen, vor denen es steht – betriebswirt­ schaftlich, technisch und marktbezogen. Zudem darüber, wie das Unternehmen ­aktuell die relevanten Probleme / Aufgaben löst; des Weiteren darüber, wie Entschei­ dungsprozesse in dem Unternehmen ab­ laufen. Manch relevante Erst-Information lässt sich durch eine Online-Recherche erlangen. Für viele andere gilt es jedoch, das firmen­ eigene Netzwerk zu aktivieren – zum Bei­ spiel zu Mitbewerbern, Lieferanten oder Kunden des Unternehmens, zu denen die eigene Organisation bereits eine Bezie­ hung hat. Zahlreiche wichtige Infos lassen sich aber nur im Kontakt mit Mitgliedern der Kundenorganisation ermitteln. Also gilt es, diese auf den unterschiedlichsten Ebe­ nen (zum Beispiel auf der Techniker- oder

Das firmeneigene Netzwerk aktivieren, um zu konkreten Informationen zu kommen.

Ausgabe 2/2016 // Seite 69


MARCOM

DEN ZIELKUNDEN ERKENNBAR EINEN MEHRWERT BIETEN Beim Erstellen des Angebots gilt es, die Kundenanforderungen und -wünsche mit den Leistungen des eigenen Unterneh­ mens in Verbindung zu bringen – das heisst, Letztere so zu präsentieren, dass für die Mitglieder des Buying Center der Mehrwert des Angebots gegenüber ­Konkurrenz-Angeboten erkennbar wird. Zudem gilt es, das Angebot – zum Beispiel durch eine entsprechende Storyline – so zu gestalten, dass für die Mitglieder des Buying Center auch emotional erfahrbar wird: Das ist kein 08 / 15-Angebot, son­ dern eine massgeschneiderte Problem­ lösung für uns. Steht das Angebot oder die Präsentation, gilt es zu entschieden, welche Mitglieder des Selling Team in die firmeninterne Prä­ sentation oder den Pitch gehen. Diese Entscheidung sollte davon abhängig ge­ macht werden, >>wie sicher die Mitglieder des Selling Team im Präsentieren sind, >>wer die Hauptentscheider im Buying Team sind, >>welchen Eindruck das Unternehmen primär hinterlassen möchte (zum Beispiel: «Wir sind ein innovatives Unternehmen» oder «Wir sind ein etabliertes Unternehmen, dem Sie vertrauen können»).

DEN AUFTRITT BEIM KUNDEN TRAINIEREN Wichtig ist vor dem Auftritt in der Kun­ denorganisation zudem ein Pitch- oder Präsentationstraining, bei dem die Team­ mitglieder in den verschiedenen Rollen

im Buying Center schlüpfen – zum Bei­ spiel in die Rolle der Einkäufer und der Geschäftsleitung. Trainiert werden sollten mit Rollenspielen unter anderem folgende Phasen sowie Herausforderungen im Pitch oder in der Präsentation: Die Begrüssungsphase

>>Start – Wie gewinnen wir schnell die Aufmerksamkeit?

>>Gestalten der Kennenlernrunde – Wie schaffen wir ein perfektes Match mit dem Gegenüber schon in der Vorstellungsrunde? >>Wer sagt was für welches Buying-­Center-Mitglied? Die Präsentationsphase

>>Festgelegt werden sollte, wer welchen Part präsentiert. Erörtert werden sollte auch, welchen Typ auf der Kundenseite die jeweilige Person abholen soll – damit Rollenklarheit besteht.

Wichtig ist es vor dem Pitch oder der Präsentation auch, genau zu definieren: >>Welches (Etappen-)Ziel können wir erreichen? Und: >>Welches (Etappen-)Ziel wollen wir erreichen? Denn gerade für den Verkauf komplexer Produkte / Dienstleistungen im B2B-Bereich gilt: Die Problemlösungen haben für den Kunden in der Regel nicht nur eine hohe strategische Relevanz, sondern sie sind auch «costumized». Deshalb fällt die Kauf­ entscheidung selten beim oder nach dem ersten Treffen. Vielmehr treffen sich, nach­ dem die Kundenorganisation eine Vorent­ scheidung für einen Lieferanten traf, zum Beispiel die Experten auf der Anbieterund der Kundenseite und erarbeiten ­g emeinsam die Detailanforderungen an die Lösung oder diese selbst. Diese Vor­ schläge werden dann erneut dem Buying Center präsentiert, bevor schliesslich der Auftrag erteilt wird.

Die Argumentationsphase

>>In der Rolle des Kunden fallen den Teammitgliedern meist viele Einwände, Bedenken und Rückfragen ein. Diese gilt es zu sammeln, um dann zu überlegen, wie man sie abfedern kann. Abrunden Geklärt werden sollte auch, wie das Team für das «We want you»-Gefühl beim Kun­ den sorgt, sodass er das Gefühl hat: «Wir sind begehrt! Der Anbieter bemüht sich um uns.»

Angebot mit entsprechender Storyline anreichern, auch um Emotionen zu wecken.

Seite 70 // kmuRUNDSCHAU

REALISTISCHE (ETAPPEN-) ZIELE FORMULIEREN

UWE REUSCHE ist einer der beiden Geschäftsführer des ifsm Institut für Sales & Management­ beratung, Urbar bei Koblenz (D), das ­unter anderem zertifizierte Sales Coachs ausbildet. www.ifsm-online.com



MARCOM

Kernaussage Wer? Was? Wann? Wo? Warum? Wie?

Quelle

Einzelheiten

Hintergrund

Wichtiges zuerst - Das Prinzip der umgekehrten Pyramide macht es dem Leser einfacher.

AUFMERKSAMKEIT ERZEUGEN MERKPUNKTE FÜR DAS SCHREIBEN FÜR DIGITALE MEDIEN von Dr. Susan Göldi und Martin Waldau

Grundsätzlich unterscheidet sich das Schreiben für digitale Medien kaum vom Schreiben für traditionelle Medien. Es gibt allerdings einige zentrale Unterschiede, die im folgenden Beitrag aufgefächert werden.

Z

unächst gibt es zwischen klassi­ schen Printmedien und digitalen Medien viele Schnittmengen. Es gelten dieselben Regeln für das Beschaf­ fen von Informationen, deren Ordnung und Gestaltung, wie sie seit der Antike im Rahmen der Rhetorik geprägt, elabo­ riert und an unseren Schulen trainiert werden. Texte sollen sachlich, prägnant, einfach, strukturiert und anregend sein. Dennoch sind einige Besonderheiten zu beachten. Online schreiben bedeutet: Hypertexten, Anreichern von Text mit Bild, Ton und / oder Film und Effizientes Suchen ermöglichen.

Seite 72 // kmuRUNDSCHAU

HYPERTEXT UND DIE UMGEKEHRTE PYRAMIDE Ein Online-Text entsteht durch das Aufbe­ reiten von Information als Hypertext. Das bedeutet konkret: Hypertext ist eine Samm­ lung von textuellen Elementen und / oder multimedialen Objekten, die über Quer­ verweise (Links) miteinander verbunden sind. Lesende können den Text auf unter­ schiedliche Art und Weise zusammen­ setzen und lesen. Anstatt lineares findet progressives Lesen statt. Lesende folgen Schlüsselwörtern, Titeln, Bildern, Audio oder Video. So

«bauen» sie sich mit den angebotenen Textbausteinen ihren eigenen Text zusam­ men, folgen ihrem individuellen Lesepfad und sind damit indirekt an der Textproduk­ tion beteiligt. Satz- und Absatzzusammen­ hänge ergeben sich wie üblich durch ­Bindewörter und Wortwiederholungen auf der Textoberfläche. Textliche Zusammen­ hänge ergeben sich über nachvollziehbare Raum-, Zeit- und Sach- / Personenstruk­ turen. Wie auch im klassischen Journalis­ mus kommt das Prinzip der umgekehrten Pyramide zum Einsatz – die wichtigsten Informationen nach vorn, gefolgt von zuneh­ mend detaillierenden Angaben.


MARCOM

DER TEASER ALS AUSHÄNGESCHILD Auf Webseiten werden Inhalte häufig «an­ geteasert». Teaser-Texte sind das Salz in der Suppe im Textbereich und bestehen aus folgenden vier Elementen. Die Überschrift ist die Visitenkarte des ­Artikels und entscheidet darüber, ob der Beitrag gelesen wird oder nicht. In ihr soll­ ten das Wer und das Was abgedeckt sein. Zahlen, die direkte Ansprache der Lesen­ den, Tipps und Tutorials sowie Keywords begünstigen ebenfalls das Klickverhalten auf den Beitrag. Der Lead-Text ist der «Anreger» zum eigent­ lichen Beitrag und beantwortet meist in zwei bis vier Zeilen die Fragen nach dem Wer, Was, Wo und Wann. Er hat zur Aufgabe, den Lesenden auf kleinstem Raum neugierig zu machen, Image-tragende ­Botschaften zu vermitteln und die Aufmerksamkeit des Le­ senden aufrechtzuerhalten. Ein «Cliffhanger» am Ende des Teasers soll Neugier wecken und zum Klick auf weiter­ führende Informationen animieren. Ein ­beliebtes Vorgehen ist das Abbrechen des Teasers mitten im Satz auf der zweiten oder dritten Zeile, wodurch Spannung ­erzeugt wird. Wie endet der Satz?

medialen Inhalten (zum Beispiel Filmbei­ träge, Podcasts) und das Anbieten einer druckbaren Version, wodurch neben dem progressiven auch das lineare Lesen bedient werden kann. Sätze von 20 bis 30 Wörtern erstrecken sich in digitalen Medien schnell über viele Zeilen. Das bedeutet: je mehr Zeilen, desto unübersichtlicher der Inhalt des jeweiligen Satzes für den Lesenden und desto schwe­ rer ist es, den Inhalt zu lesen beziehungs­ weise zu scannen und zu verstehen. Des­ halb sollten sich Sätze in digitalen Medien nicht über mehr als zwei bis drei Zeilen ­erstrecken und jeweils nur einen Gedanken ausführen. Gleiches gilt für Absätze. Zehn Zeilen pro Absatz und nicht mehr. Ganze Texte werden üblicherweise nicht über mehr als zwei bis drei Bildschirmseiten geführt, da mit dem «digitalen Lebensstil» die Aufmerksamkeit beeinträchtigt wird. Der überwiegende Teil der Webnutzenden ­betrachtet in der Regel nur die Informationen oberhalb der Bildschirmkante und scrollt dann noch zwei- bis dreimal. Idealerweise wird der Volltext von einer Druckversion

­ egleitet – sei es in Form von druckbaren b Webseiten oder als PDF-Dokument.

DAS AUGE SCANNT MIT Generell empfiehlt es sich, Online-Texte in Absätze zu gliedern. An passenden Stellen Zwischenüberschriften einzufügen oder auch wichtige Keywords in Fettschrift her­ vorzuheben. Diese fungieren in der Fülle an Informationen als Anker für das menschli­ che Auge, an denen sich die Lesenden beim Scannen der Inhalte «entlanghangeln» können. Besondere Beachtung finden ­neben Bildern im Text auch auflockernde Aufzählungen (Bullet-Points). Diese werden beim Scannen bevorzugt, aber auch in der vertiefenden Lektüre stark wahrgenom­ men. Sie eignen sich deshalb gut für Kern­ aussagen, strukturierende Links oder für Zwischentitel. Vertrautheit der Lesenden mit Wörtern ist wichtig, um das Scannen eines Textes zu ermöglichen. Scannen muss schnell ge­ hen und gelingt nur mit Wörtern, die sofort eine Resonanz im Hirn erzeugen und die den Lesenden vertraut sind. Zu Wörtern, von denen angenommen werden muss,

Das Teaserbild – auch Key-Visual – reprä­ sentiert das Thema / den Inhalt des jeweiligen Beitrages. Es soll den Lesenden in den Bei­ trag «hineinziehen». Darüber hinaus wirkt es sich positiv auf die Google-Bildersuche aus.

CONTENT-AUFBEREITUNG Während Titel und Teaser durch grösste Textdichte geprägt sind (umgekehrte Pyra­ mide), ist der ausführliche Text weniger dicht, hat eine grössere Tiefe und enthält mehr Zusatzinformationen sowie weiter­ führende Links (beispielsweise zu Quellen und weiterführender Literatur). Ein weiterer Pluspunkt sind das Verknüpfen mit multi­

Hypertext bietet die Möglichkeit, Text nicht nur linear von vorn nach hinten zu lesen, sondern über Querverweise von Textstelle zu Textstelle zu springen.

z. B. Schlüsselanhänger TOOLBERT Mini Tool, 6 Funktionen: Schlüsselanhänger, Flaschenöffner, Messer, Schraubendreher, Nagelfeile, Karabinerhaken, Aluminium / Edelstahl, blau / schwarz

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dass sie nicht oder wenig vertraut sind, braucht es Erklärung. Diese kann im Text oder über einen Link auf eine Worterklä­ rung erfolgen. Vergessen wir das Wichtigste nicht: Mit dem Schreiben wird immer ein Ziel verfolgt. Eine bestimmte Aktivität oder Einstellung soll bei den Lesenden erzeugt werden. Das erreichen Schreibende mit guten ­Texten – wobei sich die Güte nach der Textsorte richtet.

Titel Aufzählung

5%

DAS VERWENDEN VON LINKS Texte für digitale Medien werden portioniert und in Häppchen über Links miteinander verknüpft. Daraus resultieren unterschied­ liche Lesepfade für unterschiedliche Nut­ zende. Grundsätzlich gilt, wo immer möglich und sinnvoll, Inhalte mithilfe von Links mit­ einander zu verknüpfen – dies auch mehr­ fach, wobei aber Masshalten nicht falsch ist. Auf ein und denselben Textbaustein ­s ollen Lesende auf unterschiedlichen ­Wegen gelangen können. Grundsätzlich lassen sich drei verschiedene Arten von Links unterscheiden: >>Textinterne Links: führen zu einem Sprungziel (Anker) im Text. Beispiels­ weise bei Aufzählungspunkten, die zu weiterführenden Abschnitten führen. >>Seiteninterne Links: führen zu einem anderen Text, der sich auf derselben Webseite befindet. Beispielsweise bei Verlinkungen auf verwandte Texte, Dokumente oder Medien. >>Externe Links: führen von der Seite weg und bringen den jeweiligen Text in einen weiterführenden Zusammenhang. Wenn die Funktionalität von Links im Vorder­ grund steht, lassen sich unterscheiden: >>strukturierende Links (seitenintern oder Site-intern) >>definierende und assoziierende Links zu gleichgestellten Beiträgen mit thematischem Zusammenhang (Site-intern oder -extern) >>Links mit kommunikativer Funktion (zum Beispiel E-Mail öffnet sich)

OPTIMIERUNG FÜR SUCHMASCHINEN Im Internet gefunden wird grundsätzlich nur, was auf einer Webseite auch geschrie­ ben steht. Das A und O für Suchmaschinenoptimierte Texte sind die Keywords, die die Suchmaschinennutzer bei Google und Co. eingeben, um an Inhalte zu gelangen. Webtextende sollten das gebräuchliche

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Markierung Visualisierung Tags

Keywords machen idealerweise fünf Prozent am Gesamttext aus und sind prominent platziert.

Wort, unterschiedliche Schreibweisen und gleichrangige Synonyme – auch anders­ sprachig – verwenden. Suchmaschinen durchsuchen Titel, Zwi­ schenüberschriften, Text, markierte Stellen, Links und Tags (Verschlagwortung des ­jeweiligen Beitrages) nach Keywords. Tools wie Google Trends, Google Insights for Search oder der Google-Keyword-­ Planner geben Aufschluss über das Such­ verhalten der Internetnutzenden. In erster Linie sollten die Texte jedoch für die ­N utzenden und nicht für die Suchma­ schinen erstellt werden. Als Daumenregel gilt: Keywords sollten etwa zwei bis fünf Prozent am Gesamttext ausmachen. Redaktoren, die für das Web texten, denken multimedial und interaktiv. Und hierin zeigt sich auch die Stärke des Internets. Videos, Audio, Bilder, Slideshows oder ­Dokumente werten den Beitrag auf, stören den Lesefluss nicht und können die Glaubwürdigkeit ver­ bessern. Kommentarfunktionen (beispiels­ weise in einem Blog) können Lesende zu Feedback animieren und machen aus der Ein- eine Zweibahnstrasse mit einem im ­Idealfall regen Dialog zwischen Autor und Lesenden. Werden Bilder in den Text ein­ gefügt, darf nicht vergessen werden, eine Bildunterschrift einzufügen sowie den ALTTag auszu­füllen – im Idealfall mit bild- oder situationsbeschreibenden Keywords. Die Suchmaschine wird es danken.

Mithilfe von Webanalyse-Tools kann das Nutzungsverhalten der Lesenden nachvoll­ zogen, ausgewertet und interpretiert wer­ den. Content-Produzierende können auf dieser Grundlage ihre Inhalte immer besser auf das Leseverhalten und auf die Lesebe­ dürfnisse der Nutzenden zuschneiden.

DR. SUSAN GÖLDI ist Dozentin für Kommunikation an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW).

MARTIN WALDAU ist Projektmanager Online-Kommunikation und Digitale Medien an der Fachhoch­ schule Nordwestschweiz (FHNW). www.fhnw.ch


KOLUMNE

BEDEUTENDES SPARPOTENZIAL LIEGT BRACH von Priska Schoch

S

trategische Kosten, die sich auf die Kernaktivitäten des Unternehmens beziehen, werden von den Finanzchefs nicht nur mit Argusaugen überprüft und zahlreichen Kostenanalysen unterzogen. Sie sorgen auch dafür, dass Methoden entwickelt werden, um den Einkauf möglichst kosteneffizient und ökonomisch abzuwickeln. Das macht auch Sinn. Schliesslich kann ein Unternehmen erst mit dem Einkauf von Gütern, Waren und Informationen die Handelsware produzieren, die es auf den Markt bringt. Der strategische Einkauf umfasst den Löwenanteil der Unternehmenskosten. Der starke Fokus auf die strategischen Kosten führt dazu, dass den sogenannten nicht strategischen Kostenkategorien wie ­Büroinfrastruktur, IT-Services oder Versicherungen keine grosse Beachtung geschenkt wird. Typischerweise werden sie in der Erfolgsrechnung unter Sammelposten wie «Allgemeiner Verwaltungsaufwand» gebucht. In vielen KMU fehlen in diesem Bereich klare Einkaufsprozesse und Vorgaben. Einzelne Abteilungen kaufen unabhängig ein und haben kaum ein Kostenbewusstsein entwickelt. Dabei wäre es gerade für kleinere Unternehmen relativ einfach, das Sparpotenzial intern zu prüfen. Die grösste Herausforderung besteht darin, die lang­jährige Routine zu brechen, die Unternehmen davon abhält, ihr Sparpotenzial zu identifizieren und voll auszuschöpfen. Unsere Erfahrung zeigt, dass dieses im Schnitt bei 15 Prozent liegt. Ein mittelgrosses KMU kann beispielsweise über eine Zeitspanne von fünf Jahren bei Kosten von 700’000 Franken für nicht strategische Einkäufe bei umsichtigem Einkauf 105’000 Franken einsparen. Das ist kein unbedeutender Betrag, und deshalb lohnt es sich, auch beim «allgemeinen Verwaltungsaufwand» genau hinzuschauen.

Eine klare Definition der wichtigsten nicht strategischen Kostenkategorien im Unternehmen ist der erste Schritt zu Kosteneinsparungen. Dazu gehören zum Beispiel Bürobedarf, Lohn- und Gehaltsabwicklung, Revision, Software, IT-Infrastruktur und ­Versicherungen. Eine Checkliste, welche die Bedürfnisse auf Leistungen, Funktionalität, Qualität und Garantie definiert, hilft Synergievorteile und bessere Wertschöpfung zu erzielen. Weiter macht es Sinn, Einkaufsrichtlinien und Prozesse auch für nicht strategische Einkäufe zu definieren wie zum Beispiel eine zentrale Autorisierung eines Einkaufs und das Einholen mehrerer Offerten. Eine Checkliste, welche die Bedürfnisse auf Leistungen, Funktionalität, Qualität und Garantie definiert, hilft, ­Synergievorteile und bessere Wertschöpfung zu erzielen. Auch bestehende Lieferantenverträge sollten auf Leistungen und Konditionen genau geprüft werden. Ein Unternehmen, das nicht viel Erfahrung in der Entwicklung einer Einkaufsstrategie hat, kann auf externe Procurement Services zurückgreifen. Diese können professionelle Analysen und Healthchecks durchführen, Risikokalkulationen vornehmen sowie bei Verhandlungen mit Lieferanten und Geschäftspartnern unterstützend tätig werden. Eine erste kurze Überprüfung erfolgt zum Teil sogar kostenlos. Ein gutes Management nicht strategischer Kosten strebt aufgrund klarer Kriterien ein nachhaltiges und optimales Preis-LeistungsVerhältnis an. Bei der Suche nach passenden Anbietern ist es wichtig, darauf zu achten, dass alle Offerten die gleichen Kriterien beinhalten. Erst dann kann man richtig vergleichen. Hat man den passenden Lieferanten gefunden, sollten Abmachungen und Konditionen vereinbart werden, die für beide Seiten stimmen. Eine gute Lieferantenbeziehung ist die Grundlage für ein nachhaltig optimales Preis-Leistungs-Verhältnis.

Priska Schoch ist Co-CEO der Beschaffungsplattform «Gryps Offertenportal». www.gryps.ch

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BUSINESS PORTRAIT

Den Stil für die Zielgruppen verdeutlichen.

NORMAL IST DAS NICHT 07 14 STATT 08 /15 Interview mit Barbara Tschanen von Georg Lutz

Lederwaren aus der Schweiz sind üblicherweise seit Jahrzehnten Geschichte. Bei Lady Lederwaren und der Linie 07 14 ist das anders. Mit heissem Herzen und kühlem Verstand designen die Verantwortlichen in Frauenfeld ihre in Italien produzierten Taschen und Accessoires. Wie funktioniert dieses Modell? Wir führten ein Interview mit der Geschäftsführerin Barbara Tschanen. Seite 76 // kmuRUNDSCHAU


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Produzenten aus Italien, der unsere Gürtel produziert. Zudem gibt es drei kleine ­Familienunternehmen auch aus Italien, die unsere Taschen produzieren. Hier besteht wie gesagt eine langfristige Zusammen­ arbeit, und wir besuchen sie auch drei, vier Mal im Jahr. Und sonst ist Kommunikation ja auch einfacher geworden? Ja, wir haben mit den Verantwortlichen in Italien jeden Tag eine Videokonferenz oder eine Skype-Schaltung.

Mit der Serie «Bodyguard» Zeichen setzen.

Barbara Tschanen agiert auf gleicher Augenhöhe mit ihren Kunden.

E

ine Lederwarenfabrik in der Schweiz klingt in der heutigen globalisierten Welt und in einem Hochwährungsland wie der Schweiz wie ein exotisches Wesen aus vergangenen Zeiten. Das ist aber nicht Ihr aktueller Gefühlszustand, oder? Der Name Lederwarenfabrik stammt aus der Geschichte. Die Lady Lederwaren­ fabrik AG wurde im Jahre 1932 durch ­meinen Grossvater, Gustav Carl Meyer, gegründet. Im Jahre 1997 trat ich dann die Nachfolge meines Vaters an. In diesem Zeitrahmen gab und gibt es einige techno­ logische Entwicklungen, die mit Geschick bewältigt werden müssen. Ende der Neun­ zigerjahre haben wir die Produktion nach Italien ausgelagert. Solch eine Auslage­ rung war ein fast alternativloses Szenario, da uns sonst die Kosten aus dem Ruder gelaufen wären. Den Namen Lederwarenfabrik haben wir behalten, da wir weiter Produktionsauf­ träge für Drittfirmen realisieren dürfen. For­ schung & Entwicklung und Design werden

weiter hier realisiert. Die Produktion läuft dann in verschiedenen europäischen Län­ dern. So sind wir in erster Linie ein Han­ delsunternehmen, haben über die Dritt­ aufträge aber weitere Standbeine. Können wir die Wertschöpfungskette nochmals an einem Beispiel verdeutlichen? Die Ideen unserer Linie 07 14 kommen von uns. Auch die Designlinien und der Einkauf der Rohmaterialien realisieren wir von hier, aber die gesamte Produktion ist ausgelagert. Jetzt haben Sie ja einen hohen Qualitätsanspruch. Wie setzen Sie diesen in anderen Ländern um? Wir sind mit Partnern seit 20 Jahren zu­ sammen. Wir haben sie ausgewählt, und sie durchlaufen ein Monitoring-Programm. Da waren aber auch Kandidaten dabei, die nicht unseren Qualitätsansprüchen genü­ gen. Mit denen haben wir unsere Zusam­ menarbeit auch wieder beendet. Aktuell besteht eine Zusammenarbeit mit einem

Unter dem Stichwort Industrie 4.0 wachsen Produktion und IT immer mehr zusammen. Kann man dies auch in Ihrem Hause beobachten? Die kleinen Familienunternehmen, mit de­ nen wir zusammenarbeiten, sind klassisch handwerklich ausgerichtet. Natürlich gibt es Stanzmaschinen, und man verwendet neue Software- und Hardware-Lösungen im Büro. Im Produktionskern sind es aber Manufakturen, bei denen sehr viel mit der Hand gearbeitet wird. Da wird zugeschnitten oder geleimt. Handwerkliche Kunst vom Feinsten ist bei uns weiter die Grundlage der Produktion. Das liegt auch daran, dass wir im Vergleich zu grossen Mitbewerbern kleine Serien und Sonderfertigungen auf den Markt bringen. Wir können uns so auch wieder von der Masse abheben und unseren Unikat­ charakter herausstellen. Massenunter­ nehmen müssen ihre Produktivität laufend steigern, sonst können sie irgendwann nicht mehr am Markt überleben. Bei uns ist das auch ein Punkt, aber sicher einer, der dem Qualitätsaspekt untergeordnet ist. Seit Januar letzten Jahres steht die Schweizer Wirtschaft aus den bekannten Währungsgründen wieder vermehrt unter Druck. Wenn der Brexit kommt, rollt die nächste Aufwertungswelle auf die Schweiz zu. Irgendwann erhöht man nicht mehr seine Wettbewerbs­ fähigkeit durch Anpassungsdruck, sondern die Situation kippt. Massive Auslagerungen und Arbeitslosigkeiten könnten ein Szenario sein. Wie sehen Sie die Situation? Die aktuelle Situation ist sehr herausfor­ dernd. Wir erleben selbst Umsatzeinbrüche bei unseren Fachhändlern, die sich direkt auch bei uns niederschlagen. Es wird da keine Entspannung geben. Das wird pickel­ hart. Vor allem, wenn dann noch solch

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MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

ein Ereignis eintritt, welches Sie mit dem Brexit angedeutet haben. Wir sind immer konzentriert dabei, uns weiter zu optimieren. Personell haben wir da aber keine weitere Luft für Ausdünnungen. Das ist hier ausge­ reizt. Wir sind ein KMU mit 330 Stellenpro­ zenten, und die brauchen wir auch, wenn wir die Qualität halten wollen.

«Wir wollen unsere Produkte erlebbarer für unsere Kunden machen.» Wo setzen Sie den Handlungsbedarf, der ja da ist, ein? Wir wollen unsere Produkte erlebbarer für unsere Kunden machen. Wir wollen auf­ zeigen, wer hinter der Marke steht. Das sind Schweizer Frauen, die kreativ in der Schweiz agieren und das auch weiter­ machen wollen. Das heisst, wir sind auch direkt in Augenhöhe bei unseren Kundinnen und Kunden. Es gibt nicht einen ausgela­ gerten Verkauf. Das ist eindeutig unser Erfolgskonzept.

Sie sitzen nicht in einer Teppichetage? Nein, da sind wir viel zu bodenständig. 07 14 ist das zentrale Label aus Ihrem Hause. Wie verlief die Geburt? Der Ausgangspunkt war wohl 08 / 15, ein Synonym für langweilige Alltagserfahrungen. Da wollen Sie wohl das Gegenteil kommunizieren. Marketingtechnisch gefragt: Was für eine Story wird hier erzählt? Ich habe das Glück, am 14. 07. Geburtstag zu haben. Das spielt da auch rein. Zentral ist aber der Punkt, dass wir über die Asso­ ziation von 08 / 15 zu 07 14 uns vom Stan­ dard abheben wollen. Wir sind mehr als normal. Das setzen wir auch in unseren Kommunikationsstrategien um. Können Sie uns da ein Beispiel verraten? Wir haben eine neue Serie mit dem Titel «Bodyguard» am Start. Zentrales Element dabei ist der Einsatz von reflektierendem Stoff. «Mach Dich sichtbar» lautet die Bot­ schaft. Die Kunden bekommen so einen echten Mehrwert. Ein Stilelement, unsere Öffentlichkeits­ arbeit, ist eine weisse Schaufensterpuppe. Sie begleitet uns auf Messen und Events und ist meist nur mit einer Tasche und einem Gürtel bestückt.

Über welche Verkaufskanäle agiert Ihr Haus? Wir verkaufen 70 Prozent über den Fachhan­ del. Dann haben wir einen eigenen Store in Frauenfeld und einen Online-Shop. Über Online verkaufen wir eher Schnäppchen und Geschenkartikel aus Leder. Wir haben aber weiter sehr viele Kunden, die das Produkt direkt sehen und auch anfassen wollen. Sie haben sehr viele Mitbewerber auf dem Markt. Können wir am Schluss des Interviews die Kernbotschaft, die die Frage beantwortet, wie Sie sich im Markt positionieren wollen, nochmals zusammenfassen? Uns ist es ein Anliegen, qualitativ hochwer­ tige Produkte mit vielen Funktionen zur Ver­ fügung zu stellen. In der Kommunikation steht das Swiss-Design und Made in Italy im Vordergrund. Das ist ein Bedürfnis beim Kunden, und wir merken das auch beim Kaufentscheid. Unsere Kunden wollen nicht mit dem üblichen Markenstrom im mittleren und höheren Preissegment schwimmen und setzen Zeichen, ihre Individualität auch zu leben. Wir machen in erster Linie Taschen von Frauen für Frauen, da wir die Bedürf­ nisse kennen. Eine Kundin oder ein Kunde von uns schätzt die Funktionalität und ­Verarbeitung unserer Taschen. Das beginnt schon bei Kleinigkeiten. Dürfen auch wir hier noch ein Beispiel erfahren? Eine Tasche soll unterstützen. Beispiels­ weise haben wir an jeder Tasche unsere Anhänger mit unserem Logo platziert. Das ist ein Adressanhänger, wo vorne eine ­Metallplakette mit unserem Label ist und auf der Rückseite sich ein Steckfach befin­ det. Wir empfehlen, da das Parkticket aus der Tiefgarage zu platzieren, da dies doch gerne verlegt wird.

BARBARA TSCHANEN ist Geschäftsführerin der Lady Lederwarenfabrik AG. www.0714.ch

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BUSINESS PORTRAIT


HR-Fachkräfte gezielt entwickeln.

Sachbearbeiter/-in Personalwesen edupool.ch Sie möchten Mitarbeitende im Bereich Personalwesen gezielt fördern und für weitergehende Aufgaben vorbereiten. Dieser Bildungsgang mit hohem Praxisbezug und anerkanntem Diplomabschluss vermittelt fundiertes Grundlagenwissen und befähigt zu qualifizierten Tätigkeiten im anspruchsvollen Wirkungsfeld der Human Resources. Zudem ist das Diplom für die Zulassung zur Berufsprüfung HR-Fachfrau/-mann mit eidg. Fachausweis anerkannt. Ein weiterer erfolgsversprechender Bildungsgang mit ähnlicher Ausrichtung: Sachbearbeiter/-in Sozialversicherungen edupool.ch

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GUT VORBEREITET RAUSGEHEN DAS MOBIL-BÜRO ZUM MITNEHMEN von Professor Willi Bernhard

Im Büro der Zukunft dominiert das Zusammenspiel von Flexibilität und Mobilität. Fix zugeteilte Zellenbüros gelten als ein Relikt der alten Zeit, wo Computer noch als sogenannte Desktop-Maschinen unter dem Bürotisch platziert wurden und der Internetzugang zu Hause nur spärlich möglich war. Mittlerweile ist die Technik dermassen geschrumpft, dass sie bequem mitgenommen werden kann. Was benötigt es, um abseits des eigenen Büros und trauten Heimes ohne Probleme arbeiten zu können?

I

nzwischen hören wir immer mehr solche Zitate: «Bei uns muss niemand mehr im Büro arbeiten. Die Anwesenheit im Büro ist irrelevant. Jeder kann selbst bestim­ men, wann und wo er arbeitet. Und weil wir es auch vorleben, sitzen sowohl Ge­ schäftsleitung als auch Abteilungsleiter im offenen Büro (Open Space) ohne festen Arbeitsplatz – direkt bei ihren Mitarbei­ tern.» Was Elke Frank, Personalchefin ­Microsoft Deutschland, beschreibt, wird auch in anderen Firmen immer mehr zum Normalfall. Die Mitarbeiter arbeiten zu Hause, beim Kunden, im Hotel, Flugzeug, Internet-Café oder in der Bahn. Was man zum Arbeiten benötigt, packt man ein, nimmt es mit und arbeitet damit von ­irgendwo. Im einfachsten Fall genügt ein Laptop oder Tablet-Computer, aber wenn die Ansprüche steigen, lohnt es sich, über die notwendigen Rahmenbedingungen ein paar Gedanken zu verlieren.

DAS OPTIMALE ARBEITSGERÄT Am besten eignet sich ein Laptop oder Ta­ blet-Computer, mit einem vollwertigen PC-

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Windows oder Mac-OSX-Betriebssystem inkl. Maus und Tastatur, welche drahtlos via Bluetooth-Technologie angeschlossen wer­ den, um keinen USB-Steckplatz zu beset­ zen. Wer sowohl Windows als auch Mac Performance in einem Gerät benötigt, legt sich einen Mac-Laptop zu und installiert mittels des Programms «Parallels» ein Win­ dows-System dazu. Wer mit Schnellstart und ruckelfrei arbeiten will, wählt einen i7Intel-Prozessor (oder äquivalent) mit einem SSD-Speicher (anstelle einer Harddisk). Moderne Geräte (wie zum Beispiel das MSSurface 3 / 4 Pro) sind leicht, dünn, preiswert und so gross wie eine A4-Seite, damit lässt sich neun Stunden ohne zusätzliche Strom­ quelle arbeiten.

DIE PERSÖNLICHEN ARBEITSDATEN Seine Arbeitsdaten direkt auf dem Laptop zu belassen, ist nicht unproblematisch. Im Zug kann während des Toilettengangs der Laptop gestohlen werden, im Flugzeug kann man dazu gezwungen werden, sein Handgepäck zu verladen – was eventuell

nie wieder auftaucht – und wer im Hotel in der Meetingpause seinen Laptop gutgläu­ big im Raum belässt, kann bei der Rück­ kehr böse überrascht werden. Dabei nützt es wenig, wenn die Daten verschlüsselt wa­ ren, denn diese sind zwar für Fremde nicht zu entziffern, aber dennoch verloren. Eine Alternative dazu stellen Cloud Services dar, welche die persönlichen Daten auf dem Internet zugänglich abspeichern. Dies kön­ nen firmeninterne Ablagen sein oder be­ kannte Anbieter wie Dropbox und all ihre Verwandten mit dem gleichen Ablageprin­ zip. Bei der mobilen Arbeit gibt es hier aber Engpässe im Zugang. Wer im Zug oder Flugzeug arbeitet, hat keine konstante Ver­ bindung, wer im Ausland im Hotel Zugang sucht, muss diesen unter Umständen teuer bezahlen, und wer sich im Internetcafé ein­ loggt, kann sich Viren einfangen. An einer Konferenz mit Hunderten von Personen ist das Netz oft hoffnungslos überlastet. Zum Glück gibt es eine gute Alternative: der ei­ gene, externe Datenspeicher. Damit ist nicht etwa ein USB-Stick gemeint, der


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

­ twas von meinen Daten zur Verfügung e stellt, sondern ein Datenspeicher, der die gesamten Arbeitsdaten der letzten zehn oder 20 Jahre aufnehmen kann, inklusive E-Mails, Fotos und dergleichen. Solche externen Speicher existieren heutzutage in der Grösse einer Streichholzschachtel und werden via USB-Schnittstelle an das Gerät angeschlossen. Als Beispiel sei hier ein 1-Terabyte SSD- Speicher erwähnt.

DINGE, AN DIE MAN BESSER VORHER DENKT Wer mobil arbeitet, stösst regelmässig auf dieselben Probleme. Aber nur wer diese kennt, kann sich auch darauf vorbereiten. Hier die wichtigsten Tipps dazu: >>Stromprobleme: Stromzugang ist essenziell, wer Zugang zur Steckdose hat, ist auf der sicheren Seite. Im Zug, im Restaurant oder anderswo gibt es oft Steckdosen, auf die man zugreifen kann. Dumm nur, wenn die Dose zu weit weg ist, bereits belegt oder eine andere Norm aufweist. Für alle diese Probleme gibt es glücklicherweise eine Lösung, welche gleich im Mobil-Gepäck verstaut wird. Als Erstes packen Sie sich ein möglichst platzsparendes zirka drei Meter langes Verlängerungskabel ein und einen Dreifach-Verteilerstecker, der auch Zugang für andere ermöglicht (wenn die Dose besetzt ist), sowie entsprechende Übergangsstecker fürs Ausland. >>Internetzugang: Abseits des eigenen Büros ist auch das Internet eine gefragte Grösse. Innerhalb der Schweiz können Sie sich über das

eigene Smartphone via Tethering den Zugang zum Internet beschaffen (das eigene Handy wird auf WLANHotspot geschaltet). Alternativ kann man sich für zirka 120 CHF einen akkubetriebenen WLAN-InternetRouter besorgen und diesen mit einer SIM-Karte nach Wahl bestücken, um Internetzugang zu erhalten. >>Präsentationen mit Beamer: Sie sind eingeladen, Ihre Präsentation vor Ort zu halten. Leider nützt Ihnen der zur Verfügung gestellte Computer nichts, da Sie eigene Software zeigen möchten. Beim Anschliessen Ihres Computers ergeben sich dann Anschlussprobleme. Deshalb: Nehmen Sie gleich einen Adapter mit, der mehrere Anschlussnormen unterstützt. >>Speicher-Sticks, CDs und Kartenleser: Nehmen Sie immer einen oder mehrere USB-SpeicherSticks mit, damit Ihre Gesprächs­ partner bei Interesse Ihre Dateien kopieren oder direkt mitnehmen können. Viele Laptops besitzen heute kein CD / DVD-Laufwerk mehr. Falls Sie Software installieren müssen, welche auf CD/DVD gespeichert ist, kann ein externes CD / DVD-Laufwerk mit CD / DVDBrenner ganz praktisch sein. >>Fotokopie: Benötigen Sie Kopien von Skizzen, Flipchart-Aufzeichnungen und dergleichen? Machen Sie Fotos der Dokumente per Smartphone oder noch besser per Fotokamera. Mit Letzterer können Sie auch detailreiche elektronische Kopien von grösseren Plänen erstellen.

>>Online-Meetings/Skype: Wollen Sie an einem Online-Meeting zum Beispiel per Skype teilnehmen? Dann packen Sie am besten auch gleich ein Bluetooth-Headset (Kopfhörer mit Mikrofon) ein – damit sind Sie auch für Online-Meetings bestens gerüstet. Alternativ können Sie Skype auch auf dem Smart­ phone benutzen, mit Ohrhörer und Mikrofon. >>USB-Hub: Haben Sie trotz BluetoothGeräten zu wenig USB-Schnittstellen an Ihrem Laptop? Nehmen Sie ein USB-Hub mit, welcher Ihnen zwar einen USB-Steckplatz besetzt, dafür aber weitere USB-Steckplätze zur Verfügung stellt. Achten Sie darauf, dass es USB-Steckplätze vom Typ 3 sind (USB-3), damit Sie von der hohen Datenrate Ihres Laptops profitieren können. Denken Sie auch an das Ladegerät Ihres Smartphones und das dazugehörige Lade­ kabel. Sie können Ihr Smartphone zwar auch am USB-Anschluss Ihres Laptops aufladen, das ist aber nur dann zu emp­ fehlen, wenn dieser mit dem Netzgerät betrieben wird. Ansonsten entzieht das Laden Ihrem Laptop wertvolle Energie. ­Allenfalls kann auch ein portables Akku­ pack mit USB-Anschluss gute Dienste ­leisten. All diese Dinge lassen sich leicht in einer ­Tasche unterbringen, welche dann Ihr eige­ nes mobiles Büro zum Mitnehmen darstellt. Viel Spass beim mobilen Arbeiten!

PROF. WILLI BERNHARD ist Bereichsleiter für Dienstleistungen an der Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) und als Ingenieur, Dozent, Forscher und Berater in den Bereichen E-Collaboration, Serious Games, Computersimulation, Kreativitätsmethoden und Software­engineering tätig. Das mobile Büro zum Mitnehmen zeigt alle im Text erwähnten Geräte (ohne Kabel und Netzgeräte).

www.ffhs.ch

Ausgabe 2/2016 // Seite 81


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Wie präsentieren Sie Ihre Marke?

VERNACHLÄSSIGTER UMSATZBRINGER MULTISENSORIK IM B2B von Anne M. Schüller

In der Kommunikation gehört in den Vordergrund, was den Kunden im wahrsten Sinne des Wortes berührt – und damit zur Tat schreiten lässt. Hierbei sollte man so viele Sinneskanäle wie möglich ansprechen, um im informationsüberfluteten Hirn einen Logenplatz zu ergattern. Und in einer zunehmend digitalisierten Umgebung stechen sinnliche Eindrücke besonders heraus.

S

innlichkeit ist nur was für grosse Marken? Mitnichten! Jeder Anbieter kann sich zu einem Meister der Multi­ sensorik entwickeln. Und funktioniert das nur offline? Ganz im Gegenteil: Die Digital­ industrie beschäftigt sich längst mit der gezielten Integration multisensorischer ­Elemente. So werden zum Beispiel VirtualReality-Brillen, eben weil sie mit allen Sin­ nen spielen, als einer der nächsten ganz grossen Hypes angesehen. Doch im B2B ist das sensorische Branding noch immer ein Stiefkind. Dabei stimuliert die Verwendung von Düften, Klängen und haptischen Strukturen das Kundenerlebnis beträchtlich. Würden sich die Ingenieure, Konstrukteure und Produktentwickler nicht nur mit den Funktionalitäten, sondern viel mehr mit sinnlichen Aspekten und Erleb­ nisdimensionen beim Produktgebrauch

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­ efassen, käme so manches «Wow» der b Kunden zustande. Und Zusatzumsatz brächte das auch. Mehrsinnig statt einsinnig lautet also das Ziel. Hierbei geht es jedoch nicht um Insel­ lösungen, sondern um ein virtuos syn­ chronisiertes Konzept. Und egal, wozu Sie sich am Ende entschliessen: Alles muss wohldosiert, ausgewogen und so­ wohl für die Marke als auch für den Kun­ den passend sein. Viel hilft nicht immer viel – und eine Überfrachtung kann schnell zu Ablehnung führen.

SINNLICHE MARKENERLEBNISSE Oft werde ich gefragt, ob sich multisen­ sorische Konzepte zum Beispiel auch auf den Industriegüterbereich übertragen las­ sen. Na, und ob! Zunächst müssen wir

uns ansehen, wofür zum Beispiel eine Baumaschine, ein Montageroboter oder eine Getränkeabfüllanlage unter emotio­ nalen Gesichtspunkten stehen. Begriffe, die einem hier sofort in den Sinn kommen, sind diese: Präzision, Leistung, Kraftwerk, Effizienz, Fortschritt, Veredelung, Erfolg. Analysieren Sie daraufhin ihren werblichen Auftritt: Ist er plump, altmodisch, unkoordi­ niert, nüchtern, distanziert und beliebig? Oder strotzen die Bilder vor Power? Stehen die Farben für Effizienz? Zeigt sich das ­Layout perfekt? Und das Schriftbild zu­ kunftsnah? Wie bringen Sie Präzision zum Klingen? Wie Qualität? Und wie Sicherheit? Gibt es haptische Aspekte, die mit der ­Arbeit der Maschinen in Zusammenhang stehen? Gibt es vertraute, angenehme ­G erüche, die sich mit dem Fertigungs­ verfahren in Verbindung bringen lassen?


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Sind die obligatorischen Leistungswerte nur tabellarisch dargestellt oder auch ­s ensorisch untermalt? Wie lassen sich Statusmotive, die im B2B allgegenwärtig sind, subtil integrieren? Oder Risikoreduk­ tionsmotive? Lassen sich spielerische ­Momente einbauen? Gibt es Menschen auf Ihren Fotos, die die Maschinen beherr­ schen? Und gibt es zu all dem nachvoll­ ziehbare Geschichten – sozusagen als ­Beweismaterial?

HAPTISCHE ERLEBNISSE Das Anfassen- und Ausprobieren-Dürfen ist nicht nur auf dem Wochenmarkt sinn­ voll. Auch im B2B sollte das praktische Vorgehen einen viel grösseren Stellenwert haben. Ist doch bekannt: Was in die Hand genommen wird, wird in Besitz genom­ men, aus Sicht des Gehirns gehört es quasi schon mir. Das glauben Sie nicht? Dann versuchen Sie mal, jemandem etwas aus dem Einkaufswagen zu nehmen, wenn der in der Warteschlange vor der Kasse steht. Schon bei Kleinkindern ist das zu sehen: Dinge, die wir besitzen, wollen wir nicht wieder verlieren. Verlustaversion ist das Fachwort dafür. Verlustaversion führt auch dazu, dass wir uns schlecht von alten Gewohnheiten trennen können und gern Wege fortsetzen, die wir einmal einge­ schlagen haben. Was wir besitzen, ist uns auch teurer als das, was nicht unser Eigen ist. Und die Zahlungsbereitschaft für Dinge, die wir in Händen halten, steigt. Mehr Berührung bedeutet also mehr Umsatz.

EIN ABENTEUERLAND Jeder Mittelständler kann sich die Erfolgs­ faktoren der Haptik zunutze machen. Zum Beispiel kann er seinen Besucherbereich zu einem Abenteuerland umfunktionieren. Und in Wirklichkeit? Die öffentlichen Berei­ che produzierender Unternehmen sind nichts als ein Egoprogramm. Maschinen­ teile und Miniaturen von Fertigungsanlagen: anfassen verboten. Die Ahnengalerie, ­Urkunden und Pokale: verstauben hinter Glas. An der Wand eine vergilbte Welt­ karte voller Fähnchen: das territoriale ­Eroberungsprogramm. Der Gesamteindruck? Man feiert sich selbst. Von Sinnlichkeit, mit der man den Besucher umhüllt, keine Spur. Dabei gäbe es so viel zu erzählen! In jede Eingangshalle könnte man ein kleines Erlebnisland bauen, in dem

nicht nur die Sinne Nahrung finden, son­ dern auch die Hände spielerisch beschäf­ tigt werden. Mein Tipp: Lassen Sie hierzu mal Ihre jungen Leute ran, die gerne OnlineSpiele spielen. Denen fällt sicher eine Menge dazu ein.

>>Nutzt Ihre Marke an allen passenden

MEHRSINNIG STATT EINSINNIG

>>Was ist überflüssig, lästig oder störend

Aus Sicht des Gehirns schaffen gleichlau­ tende Informationen auf mehreren Kanälen zusätzliche Sicherheit. Wer ein wildes Tier hörte und es gleichzeitig roch und zudem verdächtige Bewegungen im Blätterwald sah, dessen Genmaterial hatte höhere Überlebenschancen. Oder: Wenn etwas gut aussieht und sich gut anfühlt und gut riecht und gut schmeckt, gibt dies eine viel grössere Gewissheit, nicht vergiftet zu werden. Aus solchen Gründen wird die mehrsin­ nige Botschaft der einsinnigen vorgezo­ gen. Erreicht also die gleiche Botschaft unser Gehirn parallel über mehrere Sinne, erzeugt dies eine zerebrale Wirkungsex­ plosion. «Kauf mich!», feuern die Neuronen wie wild. Und jedes Mal, wenn wir ein der­ artiges Produkt verwenden, verstärkt sich die Verankerung im Gehirn. Viele sensorische Stimuli werden vom Empfänger zwar nur beiläufig oder auch vollkommen unterbewusst aufgenommen, dennoch sind ihre Wechselwirkungen sehr hoch. Die Brand-Sense-Studie von Mill­ ward Brown hat gezeigt: Die durchschnitt­ liche Markenloyalität steigt von 28 Prozent bei nur einem positiv angesprochenen Sinn auf 43 Prozent, wenn die Marke über zwei bis drei Sinne inszeniert wird.

MULTISENSORIK SORGT FÜR UMSATZZUWACHS Anbieter, die sensorische Berührungspunkte vernachlässigen, verschleudern Geld. ­Anbieter hingegen, die ihren Kunden multi­ sensorische Erlebnisse schenken, sind für Wiederholungskäufe geradezu prädestiniert. Multiple sensorische Erlebnisse sorgen für mehr Aufmerksamkeit, für einen höheren Erinnerungswert und für ein schnelleres ­W iedererkennen. Sie signalisieren einen ­Zuwachs an Qualität. Zusätzlich kann man sich mit Multisensorik besser vom Wett­ bewerb differenzieren. Wie können Sie also ein Feuerwerk für die Sinne entfachen und Ihren Kunden die Welt der Sinne erschliessen? Dazu eine kleine Frageliste:

Touchpoints sensorische Reize?

>>Wie viele Sinne werden dabei integriert? >>Welche Sinne fehlen? Und wie könnten Sie diese zusätzlich integrieren?

>>Welcher Sinn könnte einen unkopier­ baren Wettbewerbsvorteil verschaffen? und muss weg?

>>Nehmen die Konsumenten Ihr Sinnes­ marketing überhaupt wahr?

>>Wie viel Umsatzzuwachs lässt sich durch getroffene Massnahmen erzielen? Welche Möglichkeiten es dazu im Einzel­ nen gibt, zeigt mein neues Buch Touch. Point.Sieg.

DAS BUCH ZUM THEMA Anne M. Schüller: Touch.Point.Sieg. Kommunikation in ­Zeiten der digitalen Transformation Gabal Verlag 2016 380 Seiten, gebunden ISBN: 978-3-86936-694-4 Zur Bestellung: www.touchpoint-management.de/ bestellung-touchpointsieg.html

ANNE M. SCHÜLLER ist Keynote-Speaker, mehrfach preis­ gekrönte Bestsellerautorin und Business­ coach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kun­ denfokussierte Unternehmensführung. www.anneschueller.de www.touchpoint-management.de

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MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

DIGITALES PERSONALDOSSIER WAS SIE BEACHTEN MÜSSEN von Helmar Steinmann

Mit dem Computerzeitalter hat sich der Traum vom papierlosen Büro etabliert. Von Platz-, Papier- und Zeitersparnis ist die Rede. Vom Schonen natürlicher Ressourcen. Die Digitalisierung und elektronische Archivierung von Dokumenten ist in vielen Unternehmen bereits Realität. Häufig jedoch werden digitale und physische Archive noch parallel geführt. Insbesondere HR-Abteilungen zögern bei einer vollständigen Umstellung auf das digitale Personaldossier. Warum eigentlich?

D

as Angebot an Software-Lösungen für ein professionelles Dokumenten-­ Management-System (DMS) bezie­ hungsweise Enterprise-Content-Manage­ ment (ECM) ist gross. Trotzdem hält sich das gedruckte Papier hartnäckig im Büro. Insbesondere in Bereichen, in denen die rechtlichen Bestimmungen zur Aufbewah­ rung von Dokumenten und zum Daten­ schutz besondere Sorgfalt erfordern, ist das gedruckte Papier noch immer ein be­ liebtes Medium bei der Archivierung.

sprächsprotokolle, Anträge für Weiterbildun­ gen und Ferien, Spesenabrechnungen – sie alle fallen unter die Kategorie «hoch sen­ sible Daten» und gelangen teils in elekt­ ronischer, teils in physischer Form in die HR-Abteilung. Die konsequente Umstellung auf digitale Personalakten ist dort des­ halb oft in den unteren Rängen der Pri­ oritätenliste von HR-Administration und -Verwaltung angesiedelt.

Bewerbungsunterlagen, Arbeitsverträge, Lohn- und Versicherungsausweise, Arzt­ zeugnisse, Mitarbeiterbeurteilungen, Ge­

Bei der Bewirtschaftung eines doppelten Archivs werden jedoch die Argumente, die für das papierlose Büro sprechen, hinfällig

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VERWALTUNGSAUFWAND REDUZIEREN

oder gar ins Gegenteil verkehrt. Denn für die Suche nach wichtigen Dokumenten und den lückenlosen Nachvollzug einer Bear­ beitungshistorie kommen dabei zwei Orte infrage. Zudem ist eine physische Akte nicht immer auf dem neuesten Stand. Einerseits weil die Ablage den Eingängen der Doku­ mente hinterherhinkt. Andererseits weil die Dossiers in zwei Versionen mit unterschied­ lichen Inhalten vorhanden sind. Ein Durch­ einander ist vorprogrammiert. Hingegen wird ein digitales Personaldos­ sier, das sämtliche Anforderungen bezüg­ lich Arbeitseffizienz, Datenschutz und Rechtssicherheit sowie an eine einfache


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Bedienung erfüllt, zum effizienten und übersichtlichen Dreh- und Angelpunkt schlanker administrativer und organisa­ torischer HR-Prozesse.

ANFORDERUNGEN AN DAS DIGITALE PERSONALDOSSIER Eine ordnungsgemässe Archivierung per­ sonalrelevanter Unterlagen sollte auf einem umfassenden Archivierungskonzept basie­ ren. Darin wird festgehalten, welche Doku­ mente für welche Geschäftsprozesse ein­ zuordnen sind, in welcher Form und wie lange. Zudem müssen die Zugriffs- und Bearbeitungsberechtigungen definiert werden. Wichtig sind hierbei die Vorschriften des Datenschutzgesetzes, des Obligatio­ nenrechts oder des Sozialversicherungs­ rechts. Die meisten Vorschriften betreffen die Archivierung im Allgemeinen und bezie­ hen sich nicht explizit auf die elektronische Archivierung. Zentral ist allerdings der Grundsatz der Integrität. Das heisst: Es muss sichergestellt sein, dass die digitalen Dokumente nicht abgeändert werden kön­ nen, ohne dass sich dies feststellen lässt. Die Verschmelzung von Papier- und digi­ talem Archiv zu einer zentralen Schaltstelle

für die Bearbeitung und Auswertung von Mitarbeiterdossiers erfordert ein umfas­ sendes Initialscanning der vorhandenen Dokumente. Übersteigt dies die zeitliche Kapazität der dazu befugten internen Sachbearbeiter, kann das Einscannen auch an einen externen, zertifizierten Dienstleis­ ter ausgelagert werden, der sich dann um den regelkonformen Transport und hinterher um die sichere Vernichtung der physischen Dokumente kümmert.

EFFIZIENTE ABLÄUFE UND DATENSICHERHEIT Zu den weltweiten Marktführern im Be­ reich DMS / ECM gehört zum Beispiel der internationale Software-Hersteller ELO Digital Office. Auf Basis des DokumentenManagement-Systems ELOprofessional hat ELO ein leistungsstarkes Modul für die Personalverwaltung entwickelt, das den Anforderungen an einen korrekten Umgang mit sensiblen Daten und der Vielfalt der zu verwaltenden Dokumente gerecht wird. «Eine sogenannte digitale Personalakte sollte für jeden Mitarbeiter einen Ordner be­ inhalten, in welchem die unterschiedlichen

Dokumente und Formate wie Word, PDF, TIF, JPG etc. in einer zentralen Einheit archi­ viert werden», erklärt Helmar Steinmann, Niederlassungsleiter von ELO Digital Of­ fice CH AG, «wobei die Verschlagwortung der Inhalte frei definierbar sein sollte.» Das heisst auch, dass mittels ausgeklü­ gelter Workflows eingehende Dokumente aus E-Mails, aus der Textverarbeitung oder Scans automatisch dem richtigen Perso­ naldossier zugeordnet werden. Eine aus­ gefeilte Berechtigungssteuerung regelt den Zugriff, damit die Anwender immer auf der datenschutzrechtlich sicheren Seite sind. Entscheidend ist schliesslich auch eine professionelle Volltextsuche, welche den Rechercheaufwand beachtlich redu­ ziert und maximale Effizienz sowie schnelle Abläufe schafft. Weitere Vorteile einer ­modernen Personaldossier-Lösung sind Fälschungssicherheit, Konsistenz und Workflows, die sämtliche Geschäftspro­ zesse steuern. Dabei bleibt jeder Teilschritt transparent nachvollziehbar.

FAZIT Mit einem professionellen ECM-System, das ganz auf die Bedürfnisse von Personal­ verantwortlichen und die Anforderungen einer rechtskonformen Archivierung sen­ sibler Daten zugeschnitten ist, lohnt sich die vollständige Umstellung auf das digi­ tale Personaldossier. Einerseits weil dieses den Aufwand für die Suche nach einem Dokument auf das Minimum reduziert und Platz spart, da kein Papierarchiv mehr ­nötig ist. Andererseits weil die Bedienung ­intuitiv und damit einfacher geworden ist. Mit einer solchen Software-Lösung erhal­ ten Unternehmen einen effizienten und kontrollierten Zugriff auf elektronisch archi­ vierte Daten und stehen datenschutztech­ nisch auf sicherem Boden.

HELMAR STEINMANN ist Niederlassungsleiter der ELO Digital Office CH AG. Das papierlose Büro ist bisher Theorie.

www.elo.ch

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MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Schwächen und Stärken von KMU analysieren.

MEHR AUF DAS PERSONAL ACHTEN DIE STÄRKEN DER KMU BEWAHREN UND AUSBAUEN von Frank Linde und Michael Reichl

Eigentümergeführte Klein- und Mittelunternehmen (KMU) haben eine andere Kultur als Konzerne. Doch auch sie müssen ihre Führungskultur auf den Prüfstand stellen – unter anderem, weil sich ihre Mitarbeiter und deren Erwartung an Führung gewandelt haben.

E

igentümergeführte Klein- und Mit­ telunternehmen (KMU) mit bis zu 300 Mitarbeitern haben eine andere Struktur und Kultur als Grossunterneh­ men. Das belegen wissenschaftliche ­Untersuchungen. In ihnen arbeiten zum Beispiel weniger als ein Prozent der Mit­ arbeiter hauptamtlich im Personalbereich. In Grossunternehmen sind es vier Mal so viele. Und nur 25 Prozent der Betriebe mit bis zu 150 Mitarbeitern und nur 38 Prozent der Unternehmen mit 151 bis 500 Mitar­ beitern haben einen hauptamtlichen Per­ sonalleiter; bei den Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sind dies 72 Prozent. Das zeigt: Die Rahmenbedingungen für die Personalarbeit sind in mittleren und kleinen Familienbetrieben andere als in Grossunter­

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nehmen – selbst wenn sich diese wie zum Beispiel die Stihl-Unternehmensgruppe, Waiblingen (D), die weltweit 14’000 Mitarbei­ ter beschäftigt, selbst «als mittelständisch geprägte Familienunternehmen» verstehen. Deshalb bezeichnet die Europäische Union nur Familienunternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern als «mittelständisch». In der Schweiz sind KMU quantitativ noch wesent­ lich kleiner definiert. Ein durchschnittliches inhabergeführtes KMU in der Schweiz hat zwischen 30 und 150 Mitarbeiter. Bei allen quantitativen Unterscheidungen gibt es aber qualitative Gemeinsamkeiten. KMU haben in der Regel folgende Stärken: >>Sie sind seit jeher kundenorientiert. Als Nischenproduzenten / -anbieter sind sie es gewohnt, Service zu

erbringen und kleine «Serien» zu produzieren. >>Sie waren nie vollständig «taylorisiert». Die starre Arbeitsteilung der Fliess­ bandproduktion prägte grosse Industrieunternehmen bis in die Achtzigerjahre des letzten Jahrhun­ derts. Die Arbeitsteilung und ­Trennung von Hand- und Kopfarbeit waren in kleinen Unternehmen nie extrem ausgeprägt. Sie gleichen daher bis heute eher klassischen Manufakturen, allerdings mit sehr moderner Ausstattung. >>Die Mitarbeiter sind es gewohnt, mit Kollegen und Vorgesetzten unmittelbar zu kommunizieren und flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren.


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Sie betrachten das Beantworten der per­ sonalpolitischen Grundsatzfragen, wozu auch die Personalentwicklung und Ent­ lohnung zählen, häufig als ihre originäre Aufgabe. Folglich beschränkt sich die Kompetenz der Personaler oft auf opera­ tive Aufgaben. Es fällt zunehmend schwer, hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu finden. Der Handlungsdruck steigt.

Dem stehen oft folgende Schwächen ­gegenüber: >>In vielen KMU fehlt eine systematische Organisation. >>Sie haben eine geringe Kompetenz in den Bereichen Organisations- und Personalentwicklung. >>Ihre Entwicklungsplanung erfolgt meist kurzfristig. >>Die Personalentwicklung beschränkt sich häufig auf das Management. Nur zirka ein Drittel der KMU planen denn auch, wie Untersuchungen zeigen, ihre Weiterbildung. Und gar nur 15 Prozent von ihnen stufen ihre Weiterbildungs­ planung als «vorausschauend» ein.

STRATEGISCHES DENKEN IM PERSONALBEREICH Weil die Weiterbildung weitgehend ad hoc erfolgt, haben viele KMU Defizite in allen Bereichen, die mit einer systematischen Personal- und Organisationsentwicklung zusammenhängen. Eine Ursache liegt im Fehlen von Spezialisten; eine weitere darin, dass viele der Personalleiter, die auch für die Weiterbildung zuständig sind, ein sehr breites Aufgabenfeld haben. Deshalb ­haben sie für ein konzeptionelles, strate­ gisches Arbeiten kaum Zeit. Dieses behalten sich in vielen KMU ohne­ hin die «Eigentümer-Unternehmer» vor.

Deshalb zeigen viele Personalleiter in KMU ein scheinbar widersprüchliches Verhalten. Sie betonen zwar die Notwendigkeit einer strategischen Personalarbeit, im Alltag sind sie aber primär mit der Personalauswahl und dem Personalcontrolling beschäftigt. Und mit dem Thema Weiterbildung befas­ sen sie sich nur, wenn ein akutes Betriebs­ problem wie zum Beispiel zu hohe Kosten oder unzureichende Qualität besteht.

NEUE PERSONAL- UND FÜHRUNGSKONZEPTE Doch zunehmend findet in den KMU ein Umdenken statt. Das hat unterschiedliche Gründe. In den letzten ein, zwei Jahr­ zehnten haben sich zum Beispiel viele früher handwerklich geprägte Klein- und Mittelbetriebe zu hoch spezialisierten


DAS FÜHRUNGSVERHALTEN AUF DEN PRÜFSTAND

Viele KMU-Inhaber sind mit Leib und Seele Techniker oder Ingenieure – das reicht aber nicht mehr.

Nischenanbietern entwickelt, die ihren Kunden massgeschneiderte Problemlö­ sungen bieten. Das spiegelt sich in der Struktur ihrer Mitarbeiter wider. Sie ist heute viel heterogener als noch zur Jahr­ tausendwende. Zudem haben ihre Mit­ arbeiter häufiger einen akademischen Abschluss – zum Beispiel als Ingenieur oder Betriebswirt. Und diese Mitarbeiter stellen ausser an ihre Arbeit auch an ihre Führung andere Anforderungen als die Mitarbeiter in der Vergangenheit. Zudem spüren gerade die mittelständi­ schen Unternehmen, die häufig «Hidden Champions in der Provinz» sind, die Folgen des demografischen Wandels. Es fällt ihnen zunehmend schwer, hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu finden und lang­ fristig an sich zu binden. Auch deshalb ­stellen zurzeit viele KMU ihre Personalfüh­ rungs- und -entwicklungskonzepte auf den Prüfstand. Dabei lautet die zentrale Frage: Wie können wir unsere Personalarbeit ­sowie Unternehmens- und Führungskultur so modernisieren, dass sie einerseits den (Arbeits-)Marktanforderungen entspricht und wir andererseits nicht die spezifischen Stärken eines mittelständischen Unterneh­ mens verlieren? Denn klar ist: Ein Irrweg wäre es, die Personalentwicklungs- und Führungskonzepte der Konzerne – in abge­ speckter Form – auf die KMU zu übertragen. Denn dies entspräche nicht ihrem Bedarf. Zudem ginge hierdurch die Identität der KMU verloren. Also müssen KMU-Verant­ wortliche eigene, passgenaue Lösungen entwickeln. Hierzu können die KMU auch auf staatliche Unterstützung und Förder­ programme zurückgreifen.

NEUES SELBST- UND FÜHRUNGSVERSTÄNDNIS Doch Förder- und Entwicklungsprogramme nutzen wenig, solange nicht die EigentümerUnternehmer ihre Einstellung und ihr Ver­ halten ändern. Für viele KMU-Inhaber

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gilt: Sie sind von Haus aus zum Beispiel Techniker oder Ingenieure. Und in diesem Bereich liegt auch ihre Leidenschaft. Dass sie hingegen nun zudem «Chefs» einer grösseren Zahl von Mitarbeitern sind, ist eher ein Ausdruck ihrer Persön­ lichkeit – also ihres Strebens nach Unab­ hängigkeit und ihres Bedürfnisses, etwas zu bewegen – als das Resultat eines ge­ zielten Wollens. Deshalb hört man von ihnen oft Aussagen wie: «Ich bin Programmierer aus Leiden­ schaft, doch nun muss ich auch noch 30 Menschen führen.» Oder: «Die Arbeit würde mir viel mehr Spass machen, wenn ich mich nicht um diesen Personalkram kümmern müsste.» Entsprechend wenig Bedeutung messen sie der Führungsarbeit bei – auch weil es bei ihr so stark «men­ schelt». Denn eigentlich beschäftigen sie sich lieber mit Zahlen und Fakten sowie dem Entwickeln neuer Produkte und Pro­ blemlösungen. Zugleich fällt es ihnen jedoch schwer, zu­ mindest Teile der Führungsarbeit völlig loszulassen und zu delegieren – unter ­anderem, weil sie sich mit ihrem «Kind», dem Unternehmen, so stark identifizieren. Im Gegenteil! Häufig regieren sie im Be­ triebsalltag nicht nur in die Kompetenz­ bereiche ihrer Mitarbeiter, sondern auch ihrer Führungskräfte hinein. Zum Beispiel indem sie Mitarbeitern Anweisungen ertei­ len, ohne dies zuvor mit deren unmittel­ baren Vorgesetzten abzustimmen. Oder indem sie Entscheidungen und Planungen ihrer Führungskräfte und Mitarbeiter – en passant – über den Haufen werfen und diesen so signalisieren: Letztendlich habe ich hier das Sagen. Das frustriert gerade junge, hoch motivierte Mitarbeiter, die be­ ruflich nicht in der Kultur von KMU sozi­ alisiert wurden, oft sehr – weshalb sie häufig nach zwei, drei Jahren den Arbeit­ geber wechseln.

Daran wird sich so lange nichts ändern, wie die Eigentümer-Unternehmer nicht ­a kzeptieren, dass sie – aufgrund des Wachstums ihrer Unternehmen und der veränderten Erwartungshaltung der Mit­ arbeiter – nicht nur mehr Zeit in das Führen ihrer Mitarbeiter investieren, sondern auch ihr Führungsverhalten verändern müssen. Entsprechend wichtig ist es, dass sie ­regelmässig ein Feedback über ihr Füh­ rungsverhalten und dessen (unbeabsich­ tigte) Wirkungen erhalten. Theoretisch können dieses Feedback ­ihnen ihre Mitarbeiter geben. Doch prak­ tisch ist dies nur bedingt möglich. Denn aufgrund der übermächtigen Stellung der Eigentümer-Unternehmer in ihren Unter­ nehmen sowie ihrer existenziellen Abhän­ gigkeit von ihnen sind die Mitarbeiter – zu Recht – meist sehr vorsichtig mit dem Feedback-Geben. Was sie stört, sagen sie dem «Chef» maximal durch die Blume. Deshalb empfiehlt es sich, wenn sich die Führungskultur real ändern soll, zum Bei­ spiel einen erfahrenen Führungskräfte­ coach mit ins Boot zu holen, der den ­Eigentümer-Unternehmer unter anderem auf seine blinden Flecken im Bereich Führung hinweist und diese mit ihm bearbeitet.

FRANK LINDE &

MICHAEL REICHL sind die Geschäftsführer der im-prove coaching und training GmbH, Lingen (Ems D) und Heldenstein (Bayern D), die KMU beim Weiterentwickeln und Umsetzen ihrer Führungs- und Perso­ nalentwicklungskonzepte unterstützt. www.im-prove.de


KOLUMNE

VERGRAULEN SIE IHRE BEWERBER NICHT! von Pia Tischer

M

eine Kernbotschaft lautet auf den Punkt gebracht: «Mehr Mut bei Stellenanzeigen». Ganz wichtig, im Rahmen des Bewerbungsprozesses, ist es, die Bewerber besser zu behandeln. Seit über 15 Jahren beschäftige ich, Bloggerin und Inhaberin eines Software-Hauses, mich mit dem Bewerbungsprozess und beleuchte ihn von allen Seiten. Es sind nicht immer die Bewerber, die die Fehler machen. Nur werden diese Fehler gern an die Öffentlichkeit gezerrt. Das beruht auch darauf, dass unvorteilhafte Bewerbungsfotos und fehlerhafte ­Anschreiben leichter verständlich und dadurch auch leichter zu beurteilen sind als der komplexe Bewerbungsprozess in Unternehmen. Ich mache häufig die Erfahrung, dass es die Unternehmen sind, die durch ihren Bewerbungsprozess potenzielle neue Mitarbeiter von vornherein abschrecken. Oder sie verlieren Bewerber an besser aufgestellte Unternehmen, bevor sie selber zu einer Entscheidung gelangt sind. Ist das Angebot an qualifizierten Bewerbern knapp, dann kehrt sich das Verhältnis um: Die Unternehmen bewerben sich beim zukünftigen Mitarbeiter. Das ist nur vielen nicht bewusst. Sonst gäbe es nicht so viele 08 / 15-Stellenanzeigen und unmoderne, komplizierte, langwierige Bewerbungsprozesse. Tatsächlich beginnen viele Bewerbungsverfahren mit einer nichtssagenden Stellenanzeige. Gespickt mit Floskeln, sagt der Inhalt oft wenig über die Anforderungen, den Teamspirit oder das Unternehmen als Ganzes aus. Woran soll sich ein Bewerber dann orien­ tieren? Aus seiner Sicht ist die Gefahr gross, dass er seine knappen Ressourcen – Geld und Zeit – hier aufs falsche Pferd setzt.

Darum empfehle ich, bereits bei der Stellenausschreibung Mut und Persönlichkeit zu zeigen. Jede Personalabteilung sollte einen kreativen Kopf haben, der inspirierende Stellenangebote entwirft. Fehlt diese Person im Team, dann kann man sich mithilfe von externen Profis vom Start weg bessere Chancen verschaffen. Sehr originelle Stellenanzeigen gehen manchmal sogar viral. Einen ungewöhnlichen Weg geht zum Beispiel das Unternehmen Ströher aus dem hessischen Dillenburg (D). Auf einem Banner an einer Strasse, auf der von Montag bis Freitag eine lange Blechlawine nach Frankfurt rollt, las ich folgenden Text: «Frankfurt: 104 km – Karriere bei Ströher 0.2 km. Wir agieren weltweit und sind doch vor Ort.» Hier ist mit wenigen Worten viel gesagt. Und es bleibt dem ­Interessenten überlassen, wie er reagiert. Vom Anruf über den spontanen Besuch bis zur schriftlichen Bewerbung ist alles möglich. Voraussetzung ist natürlich, dass das Unternehmen den eingeschlagenen Kurs durchhält und einen kurz entschlossenen Besucher nicht am Empfang abweist. Folgende Tipps möchte ich Ihnen noch mit auf den Weg geben. Machen Sie es den Bewerbern so einfach wie möglich. Das heisst auch: Finger weg von umständlichen Online-Bewerbungsformularen. Nutzen Sie One Click, denn damit kann der Bewerber mit einem Klick seine Daten aus XING oder LinkedIn übertragen. Die Stellenbörse auf der eigenen Karriereseite sollte für Smartphones und Tablets optimiert sein. Setzen Sie auf soziale Netzwerke und generell: Verkürzen Sie den Prozess und halten Sie den Kontakt zum Bewerber.

Pia Tischer ist Inhaberin des Software-Unternehmens Coveto. Sie beob­ achtet die Entwicklungen im Stellenmarkt und schreibt regel­ mässig Blogbeiträge und Newsletter dazu. www.coveto.de

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Es gilt, soziale Räume zu schaffen, die optimales Arbeiten im Team ermöglichen.

DIE BEDÜRFNISSE KENNEN EINRICHTUNG EINES MODERNEN BÜROS Interview mit Daniel Weber von Georg Lutz

Das moderne Büro ist viel mehr als zusammengewürfelte Tische und Sitzgelegenheiten. Heutige Arbeitswelten strahlen Ästhetik aus, sind für unterschiedliche Bedürfnisse flexibel aufgestellt und erfreuen den Benutzer. Um hier zu einer stimmigen Kombination zu kommen, braucht es kompetente Planung und Beratung.

S

ehen unsere Büros in wenigen Jahren so aus wie die von Google in Zürich oder Microsoft in Wallisellen? Ich kann da in Hängematten oder einer alten Skigondel arbeiten. Was bleibt hier eher Nische, und was wird in kleineren Unternehmen Mainstream – sprich Alltag? Unterschiedliche Tätigkeiten werden an ­unterschiedlichen Arbeitsplätzen realisiert. Es geht dabei um die Beantwortung der Frage, wo sich die Arbeitsherausforderun­ gen am praktischsten lösen lassen. Man verrichtet seine Arbeit nicht mehr fix gebun­ den an einen Arbeitstisch. Das Lesen von Mails erledigen wir schon auf der Anfahrt zum Arbeitsplatz. Gespräche in kleiner Runde können wir angenehm in Sesseln realisieren. Zu einem wichtigen Telefonat oder konzentrierten Arbeiten an einem Ver­ tragstext ziehen wir uns in Ruhezonen ­zurück. Innenarchitektonisch können solche Arbeitslandschaften durch Raum-in-RaumKonzepte realisiert werden. Es ist aber auch eine Vielzahl von Einzellösungen vorstellbar. Da kann eine Skigondel durchaus zum Zug kommen.

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Die klassischen Grossraumbüros und die kleinen Einzelbüros gehören somit endgültig der Vergangenheit an? In dieser Deutlichkeit würde ich das nicht unterschreiben. Es wird weiter Grossraum­ büros geben. In diese integriert werden aber völlig neue und auch innovativere ­Arbeitslandschaften entstehen, die sehr viel passgenauer und flexibler auf die Arbeits­ bedürfnisse und Tätigkeiten der Mitarbei­ tenden eingehen können. Das ist auch eine Frage der Generationen. Die sogenannte «Generation Z» arbeitet jetzt schon an der Universität sehr orts­ unabhängig. Mit der Struktur klassischer Büros und Arbeitswelten können Sie als möglicher Arbeitgeber nicht mehr punk­ ten. Ein attraktiver Arbeitgeber überzeugt heute mit modernen Arbeitszeitmodellen. Passende Arbeitswelten helfen bei der ­Suche und dem Halten von neuen Talen­ ten. Sie bleiben dann länger im Team. Wie sehen die Büromöbel in solchen neuen Rahmen aus? Das muss doch eine enorme Herausforderung für Sie

als Anbieter sein, wenn es heisst: Standard war gestern! Ja, das ist eine Herausforderung. Unsere modularen Systeme für Arbeitsplätze und Stauraummobiliar sind jedoch flexibel und lassen sich problemlos an neue Gegeben­ heiten anpassen. Das gewählte System kann so mit dem Unternehmen mitwachsen und alle Veränderungen mitmachen - über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg. Bedingung dafür sind langlebige Produkte mit einem zeitgenössischen und gleich­ zeitig zeitlosen Design, sowie die Ver­ wendung von hochwertigen und wieder verwertbaren Materialien. Der Gesundheitsaspekt ist in Büros oft immer noch eine offene Baustelle. Wie kommt er in den smarten Büros zum Zug? Heutige Bürolandschaften fördern die ­Gestaltung der unterschied­lichen Arbeits­ zonen und damit auch unsere Bewegung und reduzieren einseitige Haltungen. Sie sind nicht an einen fixen Arbeitsplatz ge­ bunden, sind öfters in unterschiedlichen ­Zonen unterwegs und in unterschiedlichen


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

kommunikativen Handlungen tätig. Ohne Frage, die Bewegung wird im modernen Büro gefördert. Was den Arbeitsplatz selbst betrifft, geht der Trend in Richtung von ­Tischen, an denen sie sitzend oder auch stehend arbeiten können. Selbst in Kon­ ferenzräumen befinden sich heute Steh­ tische. Diese Vielfalt dient der Gesundheit.

«Diese Vielfalt dient der Gesundheit.» Wie sieht der Beratungs- und Umsetzungsprozess aus, wenn ein Kunde sich für eine Zusammenarbeit mit Ihnen interessiert? Gibt es hier strategische Meilensteine, die sich verallgemeinern lassen? Wir versuchen immer, einen Beratungspro­ zess zu integrieren und auch vorzuschalten. Einzelne Möbel stehen zunächst nicht im Vordergrund. Es gilt die Bedürfnisse des Kunden in Erfahrung zu bringen. Zudem analysieren wir die internen Abläufe und Pro­ zesse. Die Kommunikationswege zwischen den unterschiedlichen Abteilungen sollten transparent sein. Dann geht es um eine Raumanalyse. Natürlich steht die Vernet­ zung im Vordergrund, sprich, wer wann mit wem an welchem Thema und in welcher Form zusammenarbeitet. Im nächsten Schritt realisieren wir eine Grobplanung mit einem Zonenkonzept. Dann ist ein Feinkon­ zept an der Reihe, bei dem die Einzelarbeits­ plätze, Teamarbeitsplätze oder technischen Zonen integriert werden. Erst dann kommen wir zu einer konkreten Möbelplanung. Da werden strategische Meilensteine abgearbeitet? Genau. Warum ist bei Ihnen das Thema Swissness mehr als ein Marketingspruch? Wir fertigen als Bigla seit 1925 selbst Büro­ möbel. Unsere Spezialität ist die Herstel­ lung von Büromöbeln aus Stahlblech. Wir haben eine sehr hohe Fertigungstiefe. Bei uns finden Sie langlebige und hochwertige Produkte im zeitlosen Design. Das Team ist gleichzeitig flexibel und motiviert. Das funktioniert auch in einem Hochpreisland Schweiz? Wir sind nur im Schweizer Markt tätig. Natürlich sind wir durch verschiedene

Von der Grobplanung mit einem Zonenkonzept bis hin zu den konkreten Möbeln reicht der Planungs- und Beratungsprozess.

Ein flexibler Arbeitsplatz muss sich schnell verändern können.

ausländische Mitbewerber einem starken Preisdruck ausgesetzt. Die Preissensibilität ist ausgeprägt. Trotzdem sind wir mit Inno­ vationen und Optimierungen bisher gut gefahren. Wie sehen Sie die Position Ihres Hauses im Markt? Und wohin wollen Sie sich entwickeln? Die preiswerten Anbieter sind eine grosse Herausforderung. Gerade bei grossen Projekten oder Bundesausschreibungen zählt oftmals nur der Preis. Hier haben einige Wettbewerber einen Vorsprung. Mit unserem Sortiment punkten wir mit der Langlebigkeit, der am Markt oft ge­ rühmten Qualität und dadurch auch mit Dauerhaftigkeit sowie den ökologischen Aspekten in der Herstellung, aber auch in der hochgradigen Wiederverwertbar­ keit der Stahlblechprodukte. Zudem bie­ ten die Produkte ein ausgezeichnetes

Preis-Leistungs-Verhältnis. Kunden, die wir umfangreich beraten dürfen oder die sogar unser Werk im Emmental besichti­ gen, sind meist beeindruckt und erkennen den Mehrwert unserer Produkte.

DANIEL WEBER ist CEO der Bigla AG und seit sieben Jahren im Unternehmen. Er ist Elektro­ ingenieur und hat einen EMBA in International Management. www.bigla.ch

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Im KMU-Forum sind Unternehmerinnen und Unternehmer aus verschiedenen Branchen vertreten.

ENTLASTUNG DER KMU DER KAMPF GEGEN DIE BÜROKRATIE MUSS INTENSIVIERT WERDEN von Botschafter Eric Jakob, Co-Präsident KMU-Forum

Zur Reduktion der Regulierungskosten von Unternehmen hat der Bundesrat mehrere Institutionen und Instrumente geschaffen. Das KMU-Forum leistet dabei einen wichtigen Beitrag. Obwohl die getroffenen Massnahmen erfolgreich sind, erhöht sich die gesamte administrative Belastung der Unternehmen stetig, da andauernd neue Gesetze und Verordnungen erlassen werden. Neue Mechanismen sind nötig.

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ie Schweiz lebt von ihren vielen ­flexiblen und innovativen KMU. Sie bilden mit zirka 99 Prozent die über­ wältigende Mehrheit der hiesigen Unter­ nehmen und stellen zwei Drittel aller ­Arbeitsplätze. Somit sind die KMU eine wichtige Basis für unsere leistungsfähige Volkswirtschaft, und ihre Anliegen geniessen beim Bundesrat einen hohen Stellenwert. Mit einer auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmten Politik setzt er alles daran, deren Rahmenbedingungen langfristig zu optimieren. Dabei stehen wichtige Ziele im Vordergrund wie zum Beispiel die Verbes­ serung des Marktzugangs, die Erleich­ terung der Unternehmensfinan­z ierung und die administrative Entlastung ein­ schliesslich E-Government für Unterneh­ men. Dreh- und Angelpunkt der Schweizer KMU-Politik ist das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Es arbeitet mit ver­ schiedenen Partnern zusammen wie der Organisation Switzerland Global Enter­ prise (S-GE, vormals Osec), der Schwei­ zerischen Exportrisikoversicherung (SERV) und den Bürgschaftsgenossenschaften. Im Zentrum stehen dabei immer die Inte­ ressen der KMU.

MASSNAHMEN DES BUNDESRATES Die administrative Entlastung ist eine an­ spruchsvolle Aufgabe. Sie stellt eine wahre

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Sisyphusarbeit dar, die immer wieder auf­ genommen werden muss. Der Bundesrat versteht sie als wichtige Daueraufgabe, da eine möglichst geringe Belastung von ­U nternehmen zur Attraktivität unseres Wirtschaftsstandortes und zum langfris­ tigen Wachstum beiträgt. In den letzten zehn Jahren sind mehr als 200 Massnahmen zur administrativen Ent­ lastung der Unternehmen vom Bundesrat verabschiedet worden. 154 davon sind be­ reits realisiert oder teilweise realisiert wor­ den. Einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Bürokratie leisten vereinfachte elektro­ nische Bewilligungs-, Antrags- und Melde­ verfahren (siehe Kasten E-Government).

BEITRAG DES KMU-FORUMS Die Arbeiten des KMU-Forums, das von Herrn Nationalrat Jean-François Rime und mir co-präsidiert wird, haben in den letzten 15 Jahren dazu beigetragen, in mehreren Bereichen die administrative Belastung zu reduzieren beziehungsweise die Regulie­ rungsflut etwas einzudämmen. Das KMUForum ist eine ausserparlamentarische ­E xpertenkommission des Bundesrates. Sie setzt sich früh im gesetzgeberischen Prozess für die Interessen der KMU ein wie zum Beispiel bei der Vernehmlassung zu einem Bundesgesetz oder einer Verord­ nung. Sind Regulierungen geplant, welche

KMU unnötig belasten könnten, schlägt die Kommission den Bundesämtern Ver­ einfachungen vor. Dank der intensiven und engen Zusammen­ arbeit mit den Bundesämtern und mit Wirt­ schaftsverbänden lag die Erfolgsquote des KMU-Forums in den letzten vier Jahren – bei den abgegebenen Entlastungsempfeh­ lungen – bei knapp 70 Prozent. Verschie­ dene Studien und Schätzungen haben ­zudem aufgezeigt, dass die auf Initiative der Kommission erreichten administrativen ­Entlastungen jährlich mehrere Millionen Schweizer Franken und je nach Fall sogar mehrere hundert Millionen pro Jahr betragen können. Die Arbeiten des KMU-Forums ­tragen somit wesentlich zur administrativen Entlastung der Schweizer Unternehmen bei.

ZUSÄTZLICHER HANDLUNGSBEDARF NÖTIG Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen und der administrativen Belastung im All­ gemeinen steht die Schweiz heute im inter­ nationalen Vergleich relativ gut da. Die ­R esultate einer im Auftrag des SECO durchgeführten repräsentativen Befragung von Unternehmen in der Schweiz haben jedoch gezeigt, dass die wahrgenommene Belastung über alle Unternehmen hinweg in den letzten Jahren zugenommen hat. Dies ist nicht zuletzt der immer schnelleren


Verabschiedung von Gesetzen und Ver­ ordnungen zuzuschreiben. Der Kampf gegen die Bürokratie muss also noch intensiviert werden. Der Bundesrat hat deshalb, anlässlich der Verabschiedung des letzten Berichts zur administrativen Entlastung der Unternehmen, weitere Massnahmen zur Entschlackung der Regu­ lierung und zur Verbesserung der Instru­ mente verabschiedet. Diese Massnahmen sollen in den nächsten Monaten bzw. J­ahren umgesetzt werden.

© marekusz / Shutterstock.com

MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

NEUE MÖGLICHE MECHANISMEN UND INSTITUTIONEN Gemäss dem KMU-Forum sollte die Schaf­ fung von zusätzlichen Mechanismen zur Verringerung der Regulierungskosten geprüft werden. Das internationale wirt­ schaftspolitische Umfeld ist geprägt von zunehmendem Wettbewerb bezüglich den Rahmenbedingungen. Die Schweizer Wirtschaft steht ausserdem anderthalb Jahre nach der Aufhebung des FrankenMindestkurses immer noch vor grossen Herausforderungen. Die vom Bundesrat verabschiedeten Mass­ nahmen führen zwar zur Senkung der ­administrativen Belastung. Gleichzeitig werden aber, wie bereits erwähnt, laufend neue Gesetze und Verordnungen verab­ schiedet, die die positiven Auswirkungen der eingeführten Entlastungen oft wieder zunichtemachen. Deshalb ist das KMUForum der Meinung, dass die Schaffung von neuen Mechanismen zur Verringerung der Regulierungskosten in der Schweiz geprüft werden sollte. So etwa die Ein­ führung einer Regulierungsbremse oder die Einsetzung eines Kontrollorgans, wie es in mehreren anderen Ländern bereits existiert. Einige OECD-Mitglieder haben eine unabhängige Prüfstelle eingerichtet. So analysiert beispielsweise in Deutsch­ land eine Expertengruppe, der Nationale Normenkontrollrat, die volkswirtschaftli­ chen Auswirkungen der Gesetzesvor­ schriften. Eine unabhängige Prüfstelle und die Ein­ führung einer Regulierungsbremse werden in der Schweiz im Rahmen von hängigen parlamentarischen Vorstössen gefordert. Diese werden in den nächsten Monaten in den ­jeweiligen Räten beraten. Im Fall ihrer ­A nnahme wird die Bekämpfung der Bürokratie einfacher und noch wirksa­ mer sein.

Im gesetzgeberischen Prozess sich für die Interessen der KMU einsetzen.

E-GOVERNMENT

KMU-PORTAL

Mit dem Ziel, Unternehmen administrativ zu entlasten, betreibt das Staatssekre­ tariat für Wirtschaft (SECO) Online-­ Angebote wie das KMU-Portal oder die Gründerplattform StartBiz. Während das KMU-Portal umfassende Informationen von der Gründung bis zur Nachfolge­ regelung eines Unternehmens liefert, dient StartBiz der Anmeldung eines Unternehmens bei den verschiedenen Ämtern.

Die Webseite www.kmu.admin.ch ist eines der ersten E-Government-­ Produkte der Schweiz. Das Portal ist als zentrale Anlaufstelle für KMU konzipiert. Ziel dieses Portals ist es, praxisrelevante Informationen und Werkzeuge für kleine und mittlere Unternehmen zur Verfügung zu stellen – von der Gründung bis zur Nachfolge­regelung. Zusätzlich verweist das Portal auf OnlineBehördendienst­leistungen.

GRÜNDERPLATTFORM STARTBIZ.CH Seit 2004 betreibt das SECO die Gründerplattform www.StartBiz.ch mit dem Ziel, die Neugründung von Unternehmen in der Schweiz zu unterstützen und zu vereinfachen. Mehr als 37’000 ­Unternehmerinnen und Unter­ nehmer haben seither ihre Firma über die Plattform gegründet. StartBiz bietet Firmengründern für die Anmeldung beim Handelsregister, bei der AHV, Mehrwertsteuer und Unfallversicherung den Zugriff auf denselben Datenbestand. Weiter werden sie mit Hilfestellungen durch den Ausfüllprozess geführt. Gemäss einer Studie der Zürcher Hochschule Winterthur sparen die Nutzer damit die Hälfte der üblicherweise dafür benötigten Zeit.

Das KMU-Portal verzeichnete 2015 über 1.7 Mio. Besucherinnen und Besucher.

HERR BOTSCHAFTER DR. ERIC JAKOB ist Mitglied der Geschäftsleitung SECO, Leiter der Direktion für Standortförderung und Co-Präsident des KMU-Forums. www.seco.admin.ch www.kmu.admin.ch

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MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Kultur der Offenheit und Feedbacks pflegen.

ANFORDERUNGEN MEISTERN VIRTUELLE TEAMS FÜHREN von Katrin Koch

Wenn Experten standortübergreifend gemeinsam an der bestmöglichen Lösung eines Problems arbeiten – sei es für die eigene Organisation oder Kunden – dann ist Vertrauen ein zentraler Erfolgsfaktor. Das gilt es bei der Auswahl der Personen, die solche virtuellen Teams leiten, und bei der alltäglichen Zusammenarbeit zu beachten.

A

ufgrund der Globalisierung der Wirt­ schaft und der flexiblen Arbeits­ welten werden in den Unternehmen immer häufiger Problemlösungen in virtu­ ellen Teams erarbeitet – also Teams, bei denen die Mitglieder an unterschiedlichen Orten und teils sogar in verschiedenen Ländern und Kulturen arbeiten. Erleichtert und teils sogar erst ermöglicht wird diese Form der Zusammenarbeit durch den Fortschritt der modernen Informationsund Kommunikationstechnologie. Virtuelle Teams haben gegenüber konventio­ nellen, wenn es um das Lösen bestimmter Aufgaben geht, eine Reihe von Vorzügen

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Sie ermöglichen zum Beispiel eine grössere Kundennähe. Zudem können «die besten Köpfe» an den unterschiedlichen Stand­ orten in die Suche nach einer Problemlösung eingebunden werden, was oft zu besseren Lösungen und zu einer höheren Akzeptanz von ihnen führt. Und: Sie tragen zu einer standortübergreifenden Netzwerkbildung bei, was die Identifikation mit dem Gesamt­ unternehmen erhöht. Diesen Vorteilen stehen Nachteile gegen­ über So ist zum Beispiel die Kommunikation in virtuellen Teams schwieriger als in Teams, deren Mitglieder am selben Ort ihren ­Arbeitsplatz haben. Ausserdem ist auf­

grund der räumlichen Distanz und weil man sich nicht spontan mal kurz als Team besprechen kann, eine stringentere Planung nötig. Deshalb stellt das Führen von vir­ tuellen Teams an Führungskräfte höhere Anforderungen als das Führen konventio­ neller Teams.

ANFORDERUNGEN AN DIE VERANTWORTLICHEN Die Leiter virtueller Teams müssen selbst­ verständlich auch die klassischen Auf­ gaben einer Führungskraft erfüllen – wie Ziele vereinbaren und (im Team) erreichen sowie Mitarbeiter motivieren, fördern und entwickeln. All diese Aufgaben nehmen


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

DIE VIER PHASEN EINER TEAMENTWICKLUNG Jedes Team durchläuft, bevor es voll leistungsfähig ist, einen längeren Prozess der Selbstfindung. Er gliedert sich in die vier Phasen «Forming» (Orientierungsphase), «Storming» (Konfliktphase), «Norming» (Organisationsphase) und «Performing» (Integrationsphase). Forming: In der «Forming-Phase» beschnuppern sich die Teammit­ glieder wechselseitig. Sie versuchen zu ermitteln: Was können die «neuen Kollegen»? Welche Interessen verfolgen sie, und ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihnen möglich? In dieser Phase empfindet sich das Team noch nicht als Team. Storming: Die «Storming-Phase» ist von Auseinandersetzungen geprägt. In ihr werden sozusagen die Rangkämpfe ausgefochten. Nun geht es unter anderem darum: Wer hat welche Aufgabe und Rolle im Team? Wie stark werden die unterschiedli-

chen Interessen berücksichtigt? In dieser Phase kochen oft unter­ schwellige Konflikte zwischen den Bereichen und Funktions­gruppen im Unternehmen hoch, und die Team­ mitglieder sind stärker mit Status-­ Kämpfen als mit ihrer Aufgabe beschäftigt. Norming: In der «Norming-Phase» glätten sich die Wogen allmählich. Nun entwickeln die Teammitglieder zum Beispiel Spielregeln für den Umgang miteinander; ausserdem vereinbaren sie erste Maximen, an die sich alle beim Lösen der Aufgabe halten. Erst wenn ein Team diesen Punkt erreicht hat, entfaltet es allmählich seine Vorzüge. Performing: In der «PerformingPhase» ist aus den einzelnen Teammitgliedern (beziehungsweise der Arbeitsgruppe) ein Team geworden, das sich gemeinsamen Werten und Zielen verpflichtet fühlt. Nun werden im Team bessere Ergebnisse erzielt, als wenn seine Mitglieder alleine arbeiten würden.

Alle diese Aufgaben gestalten sich bei vir­ tuellen Teams anders als bei konventionel­ len Teams, da die Rahmenbedingungen andere sind.

DIE AUSWAHL DER TEAMMITGLIEDER Das Arbeiten in virtuellen Teams stellt nicht nur höhere Anforderungen an die Füh­ rungskräfte, sondern auch an die Team­ mitglieder. Daraus, dass die Teamleitung mehr Verantwortung abgeben muss, folgt: Die Teammitglieder müssen diese Verant­ wortung professionell wahrnehmen können. Sie müssen >>unabhängig arbeiten >>ihre Handlungs- und Entscheidungs­ spielräume effektiv nutzen >>sich selbstständig vernetzen können. Deshalb sind Mitarbeiter, die einer engen Führung bedürfen, in virtuellen Teams schlecht aufgehoben. Die Team­ mitglieder sollten zudem – wie die Team­ leitung – eine hohe Affinität zur modernen Informations- und Kommunikationstech­ nologie sowie eine gewisse Kompetenz im Umgang mit ihr haben. Bei Teams, deren Mitglieder in verschiedenen Kulturen zu Hause sind, ist zudem eine interkulturelle Kompetenz nötig.

VERTRAUEN AUFBAUEN sie jedoch unter anderen Rahmenbedin­ gungen als die klassische Führungskraft wahr. Und hieraus resultieren auch andere (Kompetenz-)Anforderungen. Ein zentraler Erfolgsfaktor beim Führen vir­ tueller Teams ist Vertrauen. Denn bedingt durch die Distanz erhält die Führungskraft weniger Detailinformationen und informelle Informationen, als wenn man sich regel­ mässig auf dem Flur begegnet und ein paar Worte miteinander spricht. Also ist auch weniger Kontrolle möglich, was wirk­ lich passiert. Führung muss sich folglich lockerer gestalten. Das heisst in der Kon­ sequenz: Die Teammitglieder müssen mehr Verantwortung übernehmen. Also muss auch die Vertrauensbereitschaft der Führungskraft grösser sein. Hieraus resultieren unter anderem fol­ gende Anforderungen an die Kompetenz und Persönlichkeit der Frauen und Männer, die virtuelle Teams führen. Sie müssen unter anderem ein positives Menschen­ bild und deshalb ein niedriges Kontroll­ bedürfnis haben. Sie müssen zudem eine klare und die Mitarbeiter motivierende

­ ision davon haben, wie sie die Zusam­ V menarbeit gestalten und von welchen Werten das Miteinander geprägt sein soll. Ausserdem müssen sie sehr sensibel für die Wertesysteme und Bedürfnisse an­ derer Menschen sein – insbesondere dann, wenn diese eventuell aus anderen Kul­ turen stammen. Darüber hinaus müssen sie über die Fähig­ keit verfügen, mit ihren Mitarbeitern realis­ tische Ziele zu vereinbaren und ihnen ein konstruktives, ihre Entwicklung förderndes Feedback zu geben. Zudem müssen sie gute Kommunikatoren sein und eine hohe Affinität zu den modernen Kommunika­ tionstechnologien haben. Zusammenfassend kann man sagen, die wichtigen Führungsaufgaben der Leiter virtueller Teams sind: >>geeignete Teammitglieder aussuchen beziehungsweise qualifizieren, >>Vertrauen aufbauen >>die Kommunikation sicherstellen >>Arbeitsroutinen etablieren >>das Team entwickeln

Die wichtigste Komponente für das Funk­ tionieren virtueller Teams ist das Vorhanden­ sein von Vertrauen. Dieses gilt auch für ­konventionelle Teams. In virtuellen Teams ist es jedoch deutlich schwieriger, Vertrauen aufzubauen. Zugleich ist jedoch aufgrund der Entfernung zwischen den Mitgliedern ein höheres Mass an Vertrauen nötig. Beim Vertrauen gilt es, zwischen

>>dem Vertrauen in die fachliche und persönliche Kompetenz der anderen Teammitglieder >>dem persönlichen Vertrauen zwischen den Teammitgliedern zu unterscheiden. Das Vertrauen in die Kompetenz lässt sich durch eine entspre­ chende Auswahl der Teammitglieder reali­ sieren. Sollte bei einzelnen Teammitgliedern noch ein Defizit bei der Kompetenz beste­ hen, dann muss diese entwickelt werden. Persönliches Vertrauen lässt sich nur auf­ bauen, indem man den Teammitgliedern eine Gelegenheit gibt, sich persönlich ken­ nenzulernen und ein Gespür dafür zu ent­ wickeln, wie der jeweils andere «tickt». Wie verhält er sich? Was ist ihm wichtig?

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Kompetenzen durch neue Kommunikationstechnologie ausspielen können.

­ eshalb sollte, bevor virtuelle Teams ihre D Arbeit aufnehmen, ein Kick-off stattfinden, bei dem die Mitglieder sich «beschnup­ pern» und Auge in Auge miteinander ­kommunizieren können, sodass sie den jeweils anderen auch als Individuum ­wahrnehmen. Zudem sollten regelmässige Treffen – zum Beispiel halbjährlich – statt­ finden, bei denen die Teammitglieder nicht nur über die gemeinsame Arbeit sprechen, sondern auch ihre persönliche Beziehung vertiefen. Je besser sich die Teammitglieder bereits kennen, umso seltener sind solche Treffen nötig. Vertrauen entwickelt sich stets mit der Zeit und durch eine regelmässige Kommuni­ kation. Sich gut informiert zu fühlen, ist eine wichtige Voraussetzung für Vertrauen. Hilfreich ist es auch, wenn dem Team eine Plattform für die informelle Kommunikation zur Verfügung steht. Diese Funktion können soziale Netzwerke, Chat-Tools und ähnliche Instrumente erfüllen.

DIE KOMMUNIKATION SICHERSTELLEN Eine Kernaufgabe der Teamleitung ist es, für eine regelmässige, offene und umfas­ sende Kommunikation zu sorgen. Hierfür

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ist es nötig, Kommunikations- und Informa­ tionsroutinen zu etablieren, die vom Team angenommen und unterstützt werden. ­R egelmässige virtuelle Team-Meetings ­gehören ebenso dazu wie Vier- und MehrAugen-Gespräche. Wie offen und von Vertrauen geprägt die Kommunikation ist, hängt stark von der Teamführung ab. Für eine effektive, das heisst regelmässige sowie zielorientierte Kommunikation ist das Vorhandensein der erforderlichen ­Informations- und Kommunikationstechnik eine wesentliche Voraussetzung. Sie sollte unter anderem folgende Funktionen ermög­ lichen oder erfüllen: >>gemeinsame Datenhaltung, die eine Konsistenz der Daten ermöglicht >>unkomplizierte Terminabstimmung >>verteilte Besprechungen >>informelle Kommunikation Es gibt immer mehr Tools, die eine oder mehrere dieser Funktionen abdecken. Die gemeinsame Datenhaltung wird zuneh­ mend über Cloud-Systeme realisiert. Die Daten der verschiedenen Teammitglieder werden mit der Cloud synchronisiert, so­ dass diese immer Zugriff auf die jeweils aktuellsten Daten haben.

Ein Synchronisieren der Terminpläne und -kalender ermöglicht zahlreiche Kollabo­ rations-Software-Programme. Microsoft Exchange, Lotus Notes sind Beispiele hierfür. Für verteilte Besprechungen gibt es eine wachsende Anzahl an Lösungen, die unterschiedliche Funktionen anbieten. Webex, Netviewer, Vitero, Lync sind einige Beispiele hierfür. Sie ermöglichen etwa folgende Funktionen: >>Audiokonferenz >>Videokonferenz >>Moderationstools >>File Sharing >>simulierte Kartenabfragen >>Brainstorming-Tools >>Umfragen Viele Funktionen einer traditionellen Bespre­ chung können also mit ihnen abgedeckt werden. Am schwierigsten gestaltet sich die infor­ melle Kommunikation. Für den privaten ­Bereich gibt es viele Apps, die eine infor­ melle Kommunikation über Distanz ermög­ lichen. Als Beispiele seien Skype, Facebook, Twitter, WhatsApp und WeChat genannt. Auch im Businessbereich finden solche und ähnliche Lösungen zunehmend Verbreitung,


denn die Unternehmen erkennen immer stärker, wie wichtig die informelle Kommu­ nikation für eine gute Zusammenarbeit in verteilten Arbeitsumgebungen ist.

ENTWICKLUNG VON VIRTUELLEN TEAMS Wie traditionelle Teams durchlaufen auch virtuelle Teams teamdynamische Prozesse. Die vier Entwicklungsphasen nach Tuckman (forming, storming, norming, performing) werden auch hier durchlebt (siehe Kasten). Bei virtuellen Teams ist die Gefahr jedoch grösser, dass das Team in der StormingPhase stecken bleibt – insbesondere dann, wenn die nun auftretenden Konflikte nicht nachhaltig bearbeitet werden. Das Bearbeiten der in jedem Team auftre­ tenden Konflikte ist der Dreh- und Angel­ punkt für die Effektivität von Teams. In virtuellen Teams werden vorhandene oder sich anbahnende Konflikte jedoch oft erst spät von der Teamleitung wahrgenommen. Deshalb ist es wichtig, dass in ihnen eine Kultur der Offenheit, des konstruktiven Feedbacks sowie des Respekts besteht. Denn wenn eine gesunde Vertrauensbasis existiert, können >>bereits vorhandene Konflikte >>Interessengegensätze sowie unter­ schiedliche Wahrnehmungen und Einschätzungen, aus denen Konflikte erwachsen könnten leichter angesprochen und bearbeitet wer­ den. Dessen ungeachtet muss die Team­ leitung für eventuelle Unstimmigkeiten im Team sehr sensibel sein, denn diese arti­ kulieren sich in virtuellen Team oft versteck­ ter (zum Beispiel in Mails und Memos) als bei konventionellen Teams, bei denen die Teammitglieder sich Tag für Tag begegnen

und einander schwieriger aus dem Weg gehen können.

FAZIT Virtuelle Teams stellen höhere und teils ­a ndere Anforderungen an die Teammit­ glieder und die Teamleitung als traditionelle Teams. Da in ihnen die Teammitglieder aufgrund ihrer räumlichen Entfernung eigen­ ständiger arbeiten, ist Vertrauen ein wichti­ ger Erfolgsfaktor. Werden diese Besonder­ heiten beim Zusammensetzen der Teams und bei der Teamführung ­bedacht, dann können virtuelle Teams eine zentrale Rolle bei der Zielerreichung von Unternehmen spielen – unter anderem, weil in ihnen standortübergreifend die besten Experten mitarbeiten. Deshalb können in ihnen nicht nur die für die einzelnen Standorte oder ver­ schiedenen Märkte, sondern auch die für das Gesamtunternehmen besten Lösungen erarbeitet werden.

Einfach. Besser. Organisiert.

KATRIN KOCH ist Diplom-Ingenieurin und arbeitete fast zwei Jahrzehnte in virtuellen Teams für multinationale Unternehmen. Heute arbeitet sie als Senior International Consultant für das Machwürth Team International, Visselhövede (D). www.mticonsultancy.com

Einfach ECM Dokumenten-Management Archivierung Gelebtes Vertrauen ist der Erfolgsfaktor beim Führen virtueller Teams.

Workflow

www.elo.ch


Konflikte können Produktivität schmälern.

ARBEITSBEZIEHUNG ERMÖGLICHEN KONFLIKTLOTSEN IM BETRIEB von Sabine Prohaska

Im Betriebsalltag entstehen immer wieder Konflikte zwischen Mitarbeitern oder Bereichen. Diese führen meist zu einer Leistungsminderung. Deshalb sollten in den Unternehmen Personen existieren, die den Mitarbeitern und ihren Führungskräften ein wirksames Instrumentarium zum Umgang mit Konflikten an die Hand geben und mit den Konfliktparteien eine Konfliktlösung erarbeiten können.

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enn Menschen zusammenar­ beiten, entstehen immer wieder Konflikte, denn dann prallen auch unterschiedliche Meinungen, Einschätzun­ gen, Interessen und Bedürfnisse aufeinan­ der. Doch Konflikte sind nicht per se negativ. Für Führungskräfte kann das längerfristige Fehlen von Konflikten sogar ein Alarmsignal sein. Denn dann sind ihre Mitarbeiter oft nicht mehr mit Herzblut bei der Sache. Also reiben sie sich auch nicht aneinander.

soll ich Rücksicht nehmen. Was ich will, ist dieser Egoistin egal.» Denn nun behin­ dern sich Herr Wrede und Frau Hille wechselseitig beim Erreichen ihrer Ziele. Sie sind zudem voneinander abhängig. Wenn Frau Hille früh geht, muss Herr Wrede bleiben – und umgekehrt. Und weil Frau Hille sich weigert, länger zu bleiben, fühlt Herr Wrede sich mit seinen Interessen nicht ernst genommen: Er ist verletzt.

INTERESSENGEGENSATZ ODER KONFLIKT?

DIE DREI MERKMALE EINES KONFLIKTS

Doch was ist überhaupt ein Konflikt? Hierfür ein Beispiel. Angenommen zwei Mitarbeiter arbeiten in einer Abteilung. Herr Wrede macht oft Überstunden, Frau Hille geht stets Punkt 16 Uhr nach Hause. Das ist so lange kein Konflikt, wie beide dies okay finden. Angenommen nun, Herr Wrede möchte ebenfalls früh nach Hause. Er kann dies aber nur, wenn Frau Hille länger bleibt. Darauf angesprochen sagt sie: «Geht nicht. Ich muss um 16.15 Uhr meine Kinder aus dem Hort holen.» Auch jetzt besteht noch kein Konflikt, sofern Herr Wrede diese Begründung akzeptiert und seine Interessen zurückstellt.

Einen Konflikt kennzeichnen folglich drei Elemente: >>eine gegenseitige Zielbehinderung, >>eine wechselseitige Abhängigkeit der Beteiligten >>eine Verletzung auf der Beziehungs­ ebene.

Zum Konflikt wird der Interessengegen­ satz erst, wenn Herr Wrede denkt: «Immer

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Dies gilt sowohl für Konflikte zwischen >>einzelnen Mitarbeitern oder Mitarbeiter­ gruppen; >>Bereichen oder Unternehmen, die zum Beispiel in einer Kunden-LieferantenBeziehung zueinander stehen. Und hier liegt auch der Ansatzpunkt, um Konflikte früh zu erkennen – zum Beispiel indem man analysiert:

>>Wer ist von wem wie abhängig? >>Welche Mitarbeiter, Arbeitsgruppen, Teams oder Bereiche sind folglich potenzielle Konfliktpartner? Dann ist auch eine Konfliktlösung oder -moderation möglich. Sie ist oft nötig. Denn Konflikte schmälern, sofern sie nicht bearbeitet werden, schnell die Leistung. Also bedarf es in den Unternehmen Per­ sonen, die über die Kompetenz verfügen, >>Konflikte früh zu erkennen und aufzugreifen, >>den Mitarbeitern ein wirksames Instrumentarium zu deren Bearbeitung an die Hand zu geben. Zuweilen können diese sogenannten Kon­ fliktlotsen Führungskräfte sein. Häufig kön­ nen sie vorhandene Konflikte jedoch nicht moderieren. So zum Beispiel wenn sie selbst in den Konflikt (emotional) involviert sind. Dann sollte eine neutrale Person >>die Konfliktparteien bezüglich geeigneter Lösungsstrategien beraten und / oder >>mit ihnen eine Lösung aushandeln – sofern gewünscht. Diese Konfliktlotsen müssen über gewisse Fähigkeiten und Eigenschaften verfügen. Sie sollten zum Beispiel (Konflikt-)Gespräche ­lösungsorientiert führen und aktiv zuhören


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

können. Sie müssen zudem mit den Metho­ den zur Deeskalation von Konflikten sowie zur Konfliktintervention vertraut sein. Daneben sind folgende Grundhaltungen wichtig: 1. Allparteilichkeit. Denn eine Konflikt­ moderation kann nur erfolgreich sein, wenn der Konfliktlotse (emotional) nicht Partei für eine Konfliktpartei und eine mögliche Lösung ergreift. 2. Vertraulichkeit. Denn die Konflikt­ parteien sprechen nur offen über ihre Gefühle, Verletzungen und Bedürfnisse, wenn sie sicher sind, dass die ­Gesprächsinhalte, wie vereinbart, im Raum bleiben. Zudem haben Konfliktlotsen eine Vorbild­ funktion. Das heisst, sie müssen auch selbst einen konstruktiven Umgang mit Konflikten pflegen.

EIN REALITÄTSNAHES BEISPIEL Wie kann nun die praktische Arbeit eines Konfliktlotsen im betrieblichen Kontext aus­ sehen? Dies sei an einem realitätsnahen Beispiel illustriert. Angenommen eine Füh­ rungskraft registriert, dass es zwischen zwei Mitarbeitern ihres Bereichs regelmäs­ sig zu Reibereien kommt. Sie ist jedoch ­unsicher, ob ein Interessengegensatz oder Konflikt vorliegt; des Weiteren, ob sie, und, wenn ja, wie sie hierauf reagieren soll. Dann kann sie sich mit einem Konfliktlotsen tref­ fen und mit ihm hierüber sprechen. Angenommen die Führungskraft und der Konfliktlotse kommen überein: Es existiert ein leistungsmindernder Konflikt, also sollte man intervenieren. Dann können sie fol­ gendes Vorgehen vereinbaren. Schritt 1: Die Führungskraft klärt mit den Konfliktparteien das Problem­ bewusstsein. Das ist wichtig. Denn ­zuweilen reagieren Mitarbeiter verwundert, wenn man sie auf Konflikte anspricht: Wie kommen Sie darauf? Sie negieren also den Konflikt. Deshalb sollte die Führungs­ kraft zunächst klären, ob den Beteiligten der Konflikt bewusst ist und sie bereit sind, Zeit und Energie in seine Lösung zu investieren. Schritt 2: Die Führungskraft holt sich die Zustimmung zu einer Konfliktmoderation ein. Angenommen die Konflikt­ parteien bejahen die Existenz eines Kon­ flikts, dann kann die Führungskraft diese

fragen, ob die aktuelle Situation für sie zu­ friedenstellend ist. Antworten sie «Natürlich nicht», kann die Führungskraft eine Konflikt­ moderation durch einen «neutralen Kon­ fliktlotsen» vorschlagen – zum Beispiel mit der Begründung, dass sie möchte, dass die beiden «Kontrahenten» wieder in einer positiveren Atmosphäre und somit effek­ tiver arbeiten. Angenommen die Konfliktbeteiligten ent­ scheiden sich für eine Konfliktmoderation durch einen neutralen Konfliktlotsen. Dann sollte sich dieser in einem ersten Treffen den Konfliktverlauf schildern lassen – ohne ihn zu bewerten. Anschliessend sollte er den Konfliktparteien den möglichen Ablauf der Moderation erläutern. Danach kann er die «Streithähne» zum Beispiel bitten, sich bis zum nächsten Treffen zu überlegen, wel­ che Verhaltensweisen sie sich vom jeweils anderen wünschen, um besser arbeiten zu können – jedoch keine Charakter-, sondern nur Verhaltensänderungen.

DIE ACHT SCHRITTE DER KONFLIKTMODERATION Die eigentliche Konfliktmoderation kann bei einem Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern wie folgt ablaufen. 1. Schritt: Einsteigen. Meist kommen die Mitarbeiter voller Emotionen zur Konflikt­ moderation. Deshalb sollte der Konfliktlotse zu Beginn einige Worte zum Thema Kon­ flikte sagen. Zum Beispiel, Konflikte gibt es überall – nicht nur im Betrieb. Ausserdem entstehen Konflikte stets aufs Neue. Zum Beispiel weil sich die Anforderungen ändern. Also müssen auch immer wieder neue ­Lösungen gefunden werden. Danach sollte er den «Streithähnen» noch­ mals erklären, worum es bei der Kon­ fliktmoderation geht: um ein Lösen des Konflikts. Jedoch nicht in der Form, dass alle Emotionen und Erfahrungen der Ver­ gangenheit bearbeitet werden; auch nicht in der Form, dass der Konflikt durch for­ male Regelungen zugedeckt wird. Vielmehr soll die Arbeitsbeziehung neu ausgehan­ delt und das Verhalten an den Schnitt­ stellen der Tätigkeitsfelder der beiden Mitarbeiter so geregelt werden, dass beide damit leben und ihren Job besser machen können. 2. Schritt: Regeln definieren. Danach sollte der Konfliktlotse mit den Konfliktpart­ nern Regeln für die Moderation definieren.

Zum Beispiel:

>>Beide stellen Forderungen an das Verhalten des jeweils anderen.

>>Diese werden nach dem Prinzip «Geben und Nehmen» ausgehandelt.

>>Die Absprachen werden schriftlich fixiert. Vereinbart werden sollte auch, was im Raum bleibt und worüber mit Dritten gesprochen werden darf. 3. Schritt: Die Aufgaben des Konfliktlotsen klären. Der Konfliktlotse sollte mit den Konfliktpartnern auch seine Aufgaben und seine Rolle klären – zum Beispiel: >>Ich verhalte mich als Konfliktlotse neutral und achte auf das Einhalten der Regeln. >>Ich verhindere, dass über Undiskutier­ bares, also zum Beispiel die Ziele des Unternehmens, verhandelt wird. >>Ich achte darauf, dass keine Verein­ barungen zulasten Dritter getroffen werden. 4. Schritt: Themen / Forderungen sammeln. Nachdem die Formalien geklärt sind, kann der Konfliktlotse die Beteiligten zum Beispiel bitten, auf einem Formblatt folgende Aussagen zu ergänzen: >>«Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie Folgendes mehr / anders tun würden: …» >>«Es würde mir helfen, effektiver zu arbeiten, wenn Sie Folgendes ­weniger / nicht mehr tun würden: …» >>«Bitte behalten Sie folgende Aktivi­ täten bei, die mir helfen, effektiv zu arbeiten: …» 5. Schritt: Verständnis klären. Die aus­ gefüllten Formblätter können kopiert oder so aufhängt werden, dass jeder sie lesen kann. Danach bittet der Konfliktlotse die Konfliktpartner, die Forderungen / Wünsche des jeweils anderen mit eigenen Worten laut zu formulieren. «Sie wollen, dass ich …» Der andere soll die Aussage entweder ­bestätigen oder korrigieren. Sofern nötig, bittet der Konfliktlotse um Beispiele für das gewünschte Verhalten, um das Verständ­ nis sicherzustellen. 6. Schritt: Forderungen priorisieren und aushandeln. Danach können beide Konfliktparteien die Forderungen markie­ ren, die ihnen besonders wichtig sind; aus­ serdem die Forderungen, die verhandelbar sind. Anschliessend unterbreiten sie sich wechselseitig Angebote. Zum Beispiel: «Wenn Sie mich zeitnah informieren,

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MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

Konfliktlotsen brauchen Kompetenzen.

würde ich dafür …». Der Konfliktlotse ach­ tet ­dabei darauf, dass das Aushandeln ein wirkliches Geben und Nehmen ist. 7. Schritt: Absprachen treffen und protokollieren. Der Konfliktlotse notiert die getroffenen Absprachen. Dass beim Aushandeln der künftigen Arbeitsbezie­ hung auch mal die Emotionen hochkochen und Erlebnisse aus der Vergangenheit ­geschildert werden, ist normal. Das sollte der Konfliktlotse zulassen, damit der Druck aus dem Kessel weicht. Dabei muss er jedoch Fingerspitzengefühl zeigen, um zu verhindern, dass sich beim Gegenüber Druck aufbaut. Nach einiger Zeit kann er dann zum Beispiel ruhig sagen, dass der Gefühlsausbruch zeigt, wie viel Emotionen im Spiel sind und dass solche Verletzun­ gen sicher auf beiden Seiten existieren. Und danach sollte er vorschlagen: «Lassen Sie uns wieder zu den Verhaltensweisen zurückkehren, die Sie sich wünschen.» 8. Schritt: Abschliessen und Folgetermin vereinbaren. Die bei Konfliktmo­ derationen getroffenen Vereinbarungen ­erscheinen Aussenstehenden oft als Klei­ nigkeiten oder Selbstverständlichkeiten. Für die Beteiligten sind sie aber wichtig, weil daran Emotionen hängen. Also sollten diese Punkte auch nachhaltig organisiert werden,

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damit zu einem späteren Zeitpunkt nicht alte Wunden wieder aufgerissen werden. Vereinbart werden sollte auch, was ge­ schieht, wenn Absprachen nicht eingehal­ ten werden. Das müssen keine Sanktionen sein. Die Vereinbarung kann auch lauten: «Dann sprechen wir uns künftig darauf an.» Vereinbaren sollte der Konfliktlotse mit den Konfliktparteien auch einen Folgetermin, um zu überprüfen, ob die Absprachen ein­ gehalten wurden und ob eventuell neue Konfliktpunkte entstanden sind.

Bei Konfliktmoderationen im Betriebsalltag lautet das übergeordnete Ziel: Die Arbeits­ beziehung zwischen den Konfliktparteien soll wieder hergestellt werden. Es lautet nicht: Aus den beiden «Streithähnen» sollen «Sich-Liebende» oder «beste Freunde» werden. Deshalb benötigen Konfliktlotsen, die im betrieblichen Umfeld agieren, ein teils anderes Interventionsrepertoire als zum Beispiel Coaches, deren Klienten ­Privatpersonen sind. Dieses sollten sie sich in einer Ausbildung aneignen und ­d anach professionell handhaben.

FÜR KONFLIKTE IN BETRIEBEN GELTEN BESONDERE REGELN Das geschilderte Verfahren mag manchem Leser recht formalistisch erscheinen – auch weil viele (Hobby-)Psychologen be­ haupten: «Wenn die Betroffenen über ihre Gefühle reden, wird alles besser.» Das mag für Liebesbeziehungen gelten, doch nicht für die meisten Konflikte in Betrieben. Denn wenn Herr Wrede im eingangs zitierten Beispiel zu Frau Hille sagen würde «Sie Egoistin. Sie denken wohl …», dann wäre das Tischtuch zwischen ihnen zerschnitten. Und eine Lösung des Konflikts zum Bei­ spiel in der Form, dass Frau Hille zwar um 16 Uhr geht, aber dafür morgens früher kommt oder zu Hause weiterarbeitet, wäre nicht mehr möglich.

SABINE PROHASKA ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmens seminar consult prohaska, Wien, das unter anderem Konfliktlotsen ausbildet. Im Oktober 2013 erschien ihr neustes Buch «Coaching in der Praxis: Tipps, Übungen und Methoden für unterschiedliche Coaching-Anlässe». www.seminarconsult.at



Beispiel einer Zusammenarbeit in Ruanda.

UNTERNEHMERTUM AUFBAUEN DIE ARBEIT DES BUSINESS PROFESSIONALS NETWORK (BPN) Interview mit Willi Helbling von Georg Lutz

In Zeiten der Renaissance von Denken im nationalen Rahmen, ist es wichtig zu wissen, wo es Möglichkeiten gibt, privates Unternehmertum auch in ganz anderen Gesellschaften zu fördern

D

as ökonomische Erfolgsmodell der Schweiz basiert unter anderem auf erfolgreichen KMU. Wie sieht dieses Erfolgsmodell aus ­I hrer Sicht aus, was macht es so erfolgreich? Der duale Bildungsweg ist sicher ein erster wichtiger Baustein dieses Modells. Viele Länder um uns herum beneiden uns, da wir Fachkräfte ausbilden, die auch eine praktische und aktuelle Grundlage haben. Gesellschaften, die nur auf Akademisierung setzen, fehlt dieser praktische Pfeiler. Zwei­ tens sind Schweizer KMU, die zwischen drei und bis zu 200 Mitarbeitende haben, meistens traditionelle Familienbetriebe, die aber sehr modern aufgestellt sind. Ihr Haus, die Stiftung Business Professionals Network (BPN), versteht sich als Brückenbauer. Das finde ich in Zeiten, in denen wir oft nicht mehr über den nationalen Tellerrand hinausschauen, positiv. Die Unternehmen sind aber in sehr unterschiedlichen Gesellschaften wie der Mongolei, Ruan­da oder Nicaragua. Wie kommen

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Sie mit den Unternehmen zusammen? Können Sie diesen Prozess skizzieren? Das ist zunächst ein klassischer Rekrutie­ rungsprozess. Wenn Sie als Unternehmer einen Produktionsleiter suchen, erstellen Sie ein Positions- und Anforderungsprofil. Ähnlich machen wir das. Wir sind in diesen Ländern mit eigenen Büros vor Ort und er­ stellen ein Profil für ein meist bestehendes Unternehmen. Wir sind in diesen Ländern keine Start up-Förderer oder Business-­ Angels. Die Verantwortlichen der Unterneh­ men kommen mit ihren Businessplänen zu uns, müssen gewisse Standards erfüllen, kommen dann in einen Rekrutierungspro­ zess und werden dann in unser Programm ­aufgenommen. Es handelt sich um ein vierjähriges Programm, in dem wir an Pro­ grammteilnehmende Wissen zu univer­ seller Betriebswirtschaftslehre vermitteln und ihnen zu bestimmten Themen Coaching anbieten. Das hört sich nach einem langen Zeithorizont an? Ja, aber es geht um Programme, die auf Weiterbildungsmodulen über zirka viermal

fünf Tagen aufgebaut sind. Wir sind be­ strebt, über einen langen Zeithorizont mit diesen Unternehmen zusammen arbeiten zu können. Nur so kann man nachhaltige Erfolge generieren. Wie können Schweizer Modelle in einen völlig anderen gesellschaftlichen Kontext implementiert werden? Nehmen wir nur das Beispiel Nicaragua. Dort ist die korrupte Elite, einer ehemaligen ­nationalrevolutionären Befreiungsbewegung, an der Macht und die Gesellschaft leidet unter einer ineffizienten Wirtschaft und Gewalterfahrungen. Wie gehen Sie mit diesen völlig anderen Stakeholdern um? Sind nicht schon diese Hürden zu hoch? Da liegen Sie richtig, solche Situationen sind eine grosse Herausforderung. Es braucht ohne Frage eine gewisse Rechts­ sicherheit und die Möglichkeit der Entfal­ tung von Unternehmertum muss da sein, sonst können wir gar nicht starten. Es geht um universelle betriebswirtschaftli­ che Ansätze, die wir als Grundlage brau­ chen. Das betrifft eine Gewinnorientie­


MENSCHEN IN UNTERNEHMEN

rung, die eine korrekte Buchhaltung und die Förderung von Mitarbeitern braucht. Hier kann es in Teilen immer wieder zu ­Situationen kommen, die für unsere Pro­ jektpartner neu sind. Business-Ethik und Wertvorstellungen sind hier die zentralen Stichworte. Oftmals prallen kulturelle Unter­ schiede aufeinander. Auch daher gibt es einen vierjährigen Prozess, der viele Coa­ ching-Momente enthält. Das will ein Unter­ nehmer, oder er will es nicht. Solche ­Kommunikationsprozesse sind aber keine Einbahnstrasse. Wir treten nicht als Besser­ wisser auf. Im Gegenteil, auch wir können von anderen kulturhistorischen Situationen lernen. Mit diesem Ansatz haben wir in den vergangenen Jahren mehr positive als ­negative Erfahrungen gemacht. In der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit fasst man die negativen und positiven Erfahrungen oft in zwei konträren Bildern zusammen. Auf der einen Seite geht es um «Leuchttürme», die positiv in die Gesellschaft hinein strahlen, auf der anderen Seite spricht man von «Kathedralen in der Wüste» die nur so lange funktionieren wie die Zusammenarbeit von aussen unterstützt wird und dann im Sande verlaufen. Leider ist das so. Viele Ansätze in der ent­ wicklungspolitischen Zusammenarbeit ­bewirken eher das Gegenteil, von dem was sie vorgeben zu bewirken. Da gibt es auch bei uns immer wieder Gesprächs­ bedarf mit Unterstützern und Spendern, die uns hier «auf Herz und Nieren» abklop­ fen. Mit folgender Frage sind wir fast täglich

konfrontiert: «Wie könnt Ihr sicherstellen, dass der Partner auch das macht, was ihr ihm beigebracht habt». Kirgisien war das erste Land in dem wir tätig waren. Damals war das Land gerade aus der Sowjetunion entlassen worden. Das waren nicht gerade beste Einstiegsvoraussetzungen. Wir ma­ chen von Anfang an deutlich, dass es bei uns nicht um einen Projektanfang und ein Projektende geht. Das ist in der entwick­ lungspolitischen Zusammenarbeit oft der Fall. Es gibt bei uns kein Projektende. Wir bleiben da, wenn andere schon lange wie­ der gegangen sind. Das sagt man uns teil­ weise bis auf die jeweiligen Regierungs­ ebenen nach.

«Es gibt bei uns kein Projektende.» Kommen wir auf die Schweizer Seite. Wie können hier Unternehmen unterstützend tätig werden? In erster Linie geht es um Geldspenden. Es ist aber auch möglich, dass ein Un­ ternehmer selbst tätig wird und seine Kompetenzen, beispielsweise aus dem HR-Bereich, in einen Seminarblock ein­ fliessen lässt. Bei Spenden geht es ent­ weder um Aufbauspenden, wenn wir uns wie jetzt gerade in Georgien neu aufstel­ len, oder andere unterschiedliche Inves­ titionen bei BPN.

Auf Ihrer Webseite bieten Sie auch ­Patenschaften an. Führt das nicht in die falsche Richtung? Wir kennen den Begriff in der Entwicklungspolitischen Community von den Kinderpatenschaften her, die heftig umstritten sind, da im Mittelpunkt nicht die kleinen Kuller­ augen von Kindern, sondern gesellschaftliche Verhältnisse stehen sollten Bei uns haben die Patenschaften folgen­ den Hintergrund. Oftmals wollen Schweizer Unternehmen direkt ein anderes Unter­ nehmen im Zielland unterstützen, von der Branche die zu ihrem Hause passen. Der Begriff Patenschaft ist aber bei uns nicht in Stein gemeisselt. Wir kennen die Aus­ einandersetzungen. Für uns ist es wichtig eine Plattform anbieten zu können, wo ein Garagist in der Schweiz sagen kann, ich will aus meiner Branche etwas Anver­ wandtes unterstützen. Damit kann er auch seine Mitarbeitenden motivieren «mit im Boot zu sein».

ÜBER BPN Das Business Professionals Network (BPN) fördert Kleinunternehmer und schafft damit Arbeitsplätze für Menschen in Entwicklungsländern. Seit seiner Gründung 1999 konnte BPN weltweit über 970 Unternehmer­Innen unterstützen und schuf so über 18’000 Arbeitsplätze. Das BPN-Förderprogramm basiert auf Vier-Säulen: Coaching, Ausbildung, Kredite und lokale Vernetzung. Ein Projekt dauert typischerweise vier Jahre und wird von einem Schweizer KMU oder einer Privatperson durch eine Patenschaft finanziell gedeckt. Aktuell ist BPN in Kirgisien, Ruanda, Nicaragua, Mon­golei und Georgien tätig.

WILLI HELBLING ist CEO des Business Professionals Network (BPN). Die Rahmenbedingungen in Nicaragua sind nicht immer ganz einfach. Trotzdem klappt die unternehmerische Kommunikation.

www.bpn.ch

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IMPRESSUM Herausgeber Rundschau Medien AG St. Jakob-Strasse 110 CH-4132 Muttenz / Basel info@rundschaumedien.ch Verleger Francesco J. Ciringione Verlagsleiter Boris Jaeggi Chefredaktion Georg Lutz lutz@rundschaumedien.ch Projektleitung Hasan Dursun dursun@rundschaumedien.ch Vermarktung On- & Offline Prestige Online GmbH Matthias Zeitz m.zeitz@prestigeonline.ch Produktion & Grafik Jochen Schächtele Korrektorat / Lektorat Brigitte Battaglia Aboservice info@prestigemedia.ch Verlag & Produktion Prestige Media International AG St. Jakob-Strasse 110 CH-4132 Muttenz/ Basel Telefon +41 (0) 61 335 60 80 Telefax +41 (0) 61 335 60 88 www.prestigemedia.ch

AUSGABE 02/2016

PARTNER:

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DIGITALE REVOLUTION

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WIRTSCHAFT 4.0

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FIT IM EXPORT

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DEBATTE UM EUROPA

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Autoren John James Bayer Prof. Willi Bernhard Torsten Boch Christian Bühlmann Herr Botschafter Dr. Tobias Christen Roger A. Fischer Dr. Susan Göldi Dr. Eric Jakob Fabian Kehle Thomas Köberl Katrin Koch René Krähenbühl Katharina Lehmann Thomas Liechti Frank Linde Christian Meier Jeremias Meier Jan Mischke Stefan Muggli Dr. Markus Nini Sabine Prohaska Tanja Regli Michael Reichl Uwe Reusche Martina Römmelt-Fella Priska Schoch Anne M. Schüller Ray Soudah Helmar Steinmann Pia Tischer Stefan Troxler Martin Waldau Christian Wild Andreas Wisler

VORSCHAU Interviews Torsten Boch Willi Helbling Markus Hümbeli Michael John Peter Merz Daryl Reva Barbara Tschanen Daniel Weber

Anfang September 2016 erscheint die nächste Ausgabe von kmuRUNDSCHAU. Folgende Schwerpunkte stehen auf unserer Agenda: Leadership und Kundenbeziehungen CRM im Praxistest Immer der Wertschöpfungskette entlang Klare Logistikketten aufstellen

Bilder ABACUS Research AG © animaflora / Fotolia Bigla AG Commerzbank AG Europa Forum Luzern Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) GIA Informatik AG Lady Lederwaren­ fabrik AG © marekusz / Shutter­ stock.com MOUNT10 AG Oracle Schweiz Staatssekretariat für Wirtschaft Stiftung BPN SWITZERLAND ­GLOBAL ENTERPRISE topsoft

Titelbild Boule

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