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MITTEILUNGEN UND NACHRICHTEN AUS MOOS, ST. LEONHARD UND ST. MARTIN Nr.1 MITIEILUNGEN UND NACHRICHTEN AUS 15. Jahrgang – Nr. 35 MOOS, ST. LEONHARD UND ST. MARTIN

Mai 1993

September 2002 7. Jahrgang

Das Rotkehlchen - ein Frühlingsbote

Unverkennbar beginnt in den Monaten März und April die Natur aus ihrem Winterschlaf zu erwachen. Überall sprießen und schwellen die Knospen. Haseln, Weiden, Erlen und Seidelbast blühen. Am Boden können Krokus, Huflattich und Frühlingskuhschelle kaum das Schwinden des letzten Schnees abwarten. In diesen beiden Monaten kehren auch zahlreiche Vogelarten aus den Winterquartieren in ihre Brutgebiete zurück. Zu den zuverlässigsten Boten des kommenden Frühlings gehört neben Bachstelze, Singdrossel, Zilpzalp und Felsenschwalbe das Rotkehlchen. Als Kurzzieher hat der Großteil der »Rotkröpfler« die drei bis vier kalten und schneereichen Monate in den milderen Regionen, vorwiegend im westlichen Mittelmeerraum, verbracht. Schon ab März beginnen sie wieder die vertrauten Brutreviere zu besetzen, wo die Rotkehlchenmännchen durch ihren perlenden, verträumten Gesang in den Morgen- und Abendstunden wieder auf sich aufmerksam machen. Kurze Schneeschauer und Temperaturrückgänge machen diesem Vogel nichts aus, solange der Boden zumindest stellenweise nicht zufriert. Brutplätze finden wir von den feuchten Laub- und Mischwäldern der Tallagen bis hinauf zur Waldgrenze. Entscheidend für den Lebensraum dieses Sängers ist die Beschaffenheit und Struktur

des Waldbodens. Dichtes Unterholz und Gestrüpp, naturnahe Hecken und Büsche sind für Tarnung und damit den Bruterfolg dieses Vogels unerläßlich. Zweimal im Jahr legt das Rotkehlchen

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Eier in eine Bodenmulde. Ein Großteil der Gelege und Jungvögel fällt Mäusen, Ratten, Wiesel, Eichhörnchen, Eichelhäher, Kuckuck und vor allem dem Sperber zum Opfer. Aber auch Abgase, Ozonloch und das saure Regenwasser (Rotkehlchen baden täglich) setzen diesem Vogel zu. Der Gesang des Rotkehlchen ist sehr vielseitig. Bis zu 275 Motive haben Forscher bei einem Rotkehlchen nachgewiesen. Es mag daher

nicht verwundern, daß dieser Vogel auch als »Flötist mit orangefarbener Brust«, als »kleiner Sänger mit der großen Stirnrne«, oder als »Europas Singvogel mit dem wehmütigsten Gesanq- bezeichnet wird (in: Naturschutz heute 1/92). Der Gesang dient den Rotkehlchen in erster Linie zur Abgrenzung ihrer Reviere. Er ist aber auch die Hauptwaffe, mit der um diesen Besitz gekämpft wird. Vernimmt ein Rotkehlchen an seiner Reviergrenze nicht die vertraute und geduldete Stimme des Nachbarn, sondern von einem fremden Rotkehlchen, reagiert der Revierinhaber mit heftigem Gegengesang. Dieser Sängerkrieg, bei dem die beiden Kontrahenten mitunter beachtliche Lautstärken erreichen, endet meistens damit, daß eines der beiden erzürnten Männchen vorzeitig das Weite sucht. Erst wenn keines von beiden nachgeben will, artet der Sängerkrieg in eine tätliche Auseinandersetzung aus. Die Gegner verkrallen sich ineinander, versuchen den Gegner am Boden festzuhalten und ihm die Augen auszuhacken. Neben dem Gesang löst vor allem auch der Anblick des orangeroten Gefieders Aggressionen bei Revierinhabern aus. (Fortsetzung

auf Seite 2)


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