IPA Aktuell 01 2011

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Polizistentochter

Wie der Vater, so die Tochter!

Ich bin auf dem Land groß geworden. Da wo das schlimmste Verbrechen, das ich jemals mitbekommen habe, ein gekidnappter Gartenzwerg bei der ewig unfreundlichen Frau Müller war. Entführt wurde der Gartenzwerg, wir nannten in Willi, von meiner damals 14-jährigen Jugendbande. Geplant wurde der Coup nur in meiner Abwesenheit, durchgeführt als ich im Urlaub war. Dass Willi nicht, wie mir damals erzählt wurde, auf dem Speermüll gefunden wurde, habe ich an meinem 31. Geburtstag erfahren. Nein, es lag nicht daran, dass man nicht mit mir spielen wollte oder mir nicht vertraute, sondern daran, dass mein Vater Polizist ist. Wächst man als Tochter eines Polizisten auf, geht die allgemeine Dorfjungend davon aus, dass man besonders gesetzestreu ist. Mofa frisieren, den ständig alkoholisierten Kioskbesitzer um Gummibärchen betuppen – nirgends durfte ich dabei sein. Als ich älter wurde, habe ich mich immer gewundert, warum ich in unserer Stammkneipe von einer Truppe Rüpel immer mit größter Freundlichkeit bedacht wurde. Immerhin war ich die einzige die jederzeit Kickern durfte und dann und wann sogar mal eine Cola vom Schrecken aller Freunde ausgegeben bekam. Nach dem bereits erwähnten Offenbarungsgespräch an meinem Geburtstag ist mir nun klar, dass es keinesfalls an mir und meinem selbstbewussten Auftreten lag. Die Randalebrüder gingen wohl davon aus, dass wenn sie einer Polizistentochter etwas tun, sie direkt in Guantanamo landen. Ganz ehrlich, ich wäre auch gerne dabei gewesen, als die schimpfende Frau Müller hinter meinen Freunden und ihrem Gartenzwerg her lief. Hätte ich damals gewusst, warum man zu mir freundlich war, wäre es mir ein Fest gewesen den Dorfrüpeln die Meinung zu pfeifen. Aber es gibt schlimmeres als in einer Polizistenfamilie aufzuwachsen. Was war ich stolz, wenn mein Vater mal mit einem Streifenwagen vorfuhr. Wie cool war es, als mein Dad die Eltern einer Freundin beruhigte, die damals beim Schlecker beim Labello klauen erwischt wurde. Wie schön waren unsere Zeiten mit dem Polizeipfarrer auf dem Bauernhof, auf Schloß Gimborn oder der Eberburg. Nicht zuletzt hat mir die Polizei eine tolle Kindheit und die IPA einen Oldtimer-Streifenwagen als Hochzeitskutsche ermöglicht – Willi hin oder her.

Wenn mein Vater früher vom Dienst nach Hause kam, hatte er immer „was zu erzählen“. Mal waren es spannende Sachen und manchmal wollte er auch einfach mal Frust ablassen. Für uns Kinder war das irgendwie toll, quasi der Tatort für zu Hause. Irgendwann kannten wir natürlich die meisten Geschichten, schließlich wurden wir ja auch älter, aber die Polizei war damals schon so lebhaft, dass auch immer genügend neue Dinge zum Gesprächsstoff wurden. Da zwei meiner Onkel auch noch Polizeibeamte waren, blieb es natürlich auch nicht aus, dass die Gespräche auf Familienfesten immer wieder auf das Thema Polizei zurück kamen. So war das nun mal in einer Polizistenfamilie. Als ich mein Abitur in der Tasche hatte, stand für mich die schwierige Frage nach der Berufswahl an. Schließlich sollte diese Wahl ja im besten Fall eine Wahl auf Lebenszeit sein. Eigentlich wollte ich Lehrerin werden oder Bankkauffrau oder… eben Polizistin. Mein Vater hat mir die Bewerbungsunterlagen natürlich nur zu gerne vorgelegt. Der Rest geschah wie im Zeitraffer: Kurze Zeit später fand ich mich im Auswahlverfahren und danach in der Ausbildung zum Polizeivollzugsdienst an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Duisburg wieder. Nach der Ausbildung hat es mich zum PP Krefeld verschlagen, mein Vater war in Borken. Wir wollten nicht unbedingt in derselben Behörde Dienst versehen. Nicht weil wir uns nicht mögen, im Gegenteil. Aber wir wollten unser Familienleben nicht noch mehr mit dem Dienst vermischen. So haben wir zwar immer in der Nähe zueinander gearbeitet, aber immer in verschiedenen Aufgabenbereichen und Behörden. 2006 habe ich mich im Rahmen des Zulassungsverfahrens für den Höheren Polizeivollzugsdienst in NRW um den Aufstieg beworben und durfte das zweijährige Studium beim LAFP NRW und der DHPOL absolvieren. Ich glaube, mein Vater war am Tag meiner Ernennung zur Polizeirätin unheimlich stolz auf seine Tochter. Vor allem, da er mich seit Beginn meiner „polizeilichen Karriere“ damit geneckt hat, ich würde bestimmt irgendwann mal seine Chefin. Das habe ich nicht mehr geschafft, denn mein Vater ist mittlerweile Pensionär. Was nicht heißt, dass er viel Zeit hätte, denn er ist mit Leib und Seele aktiv für die IPA unterwegs. Manchmal, wenn ich auf meine noch gar nicht so lange Zeit bei der Polizei zurückblicke, stelle ich fest, dass ich auch schon Geschichten erzählen kann. Es sind andere Geschichten als die meines Vaters, denn meine berufliche Hauptaufgabe beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW ist die IT-Verfahrensverantwortung für eine umfängliche Software zur Ermittlungsunterstützung. Eins weiß ich heute ganz genau: Dass mein Vater damals den richtigen Riecher gehabt hat, als er mir empfahl, mich bei der Polizei zu bewerben. Ich kann mir keinen anderen Beruf vorstellen, der so lebhaft und abwechslungsreich ist, wie der Polizeiberuf. Auch wenn auf den runden Geburtstagen auch heute noch viel über meinen aktiven und seinen ehemaligen Dienst philosophiert wird.

Stephanie Beivers, 31, ist die Tochter von Vizepräsident Hubert Vitt. Sie betreibt die Kinder-Event-Agentur „Leo-Kinderevents“ und die Werbeagentur „Projekt Goldkind“.

Nina Lambrecht, 34 , ist die Tochter von Schatzmeister Günter Lambrecht. Sie ist Mitglied der Verbindungsstelle Krefeld undPolizeirätin beim LZPD NRW in Duisburg.

www.ipa-deutschland.de


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