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Fahrradleasing: Nachhaltig mobil und steuerlich vergünstigt

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Immer mehr Mitgliedsunternehmen nutzen den „Tarifvertrag Fahrradleasing“ und immer mehr Mitarbeiter machen mit.

Die Freude ist groß bei Kristin Sudeck, als sie Anfang März ihr nagelneues Rennrad in Empfang nimmt. Die Assistentin der Geschäftsführung von BAADER , dem Lübecker Weltmarktführer von Hochleistungsmaschinen für die Nahrungsmittelindustrie, gehört zu den ersten Nutzerinnen der Betriebsvereinbarung zum Fahrradleasing. Diese wurde von der Geschäftsführung und dem Betriebsrat Ende 2022 unterschrieben.

Instrument der Entgeltumwandlung

Die dahinter stehende Idee ist so einfach wie bestechend: Arbeitgeber bieten ihren Beschäftigten an, ein Fahrrad oder E-Bike zu attraktiven Konditionen zu nutzen. Das Unternehmen least das Rad bei einem Drittanbieter. Die Fahrrad- Rate wird vom Bruttogehalt im Rahmen der sogenannten Entgeltumwandlung eingezogen. Vorteil für die Beschäftigten: Das steuer- und sozialversicherungspflichtige Entgelt verringert sich, nur der geldwerte Vorteil in Höhe von 0,25 Prozent des Listenpreises muss versteuert werden. „Seit Abschluss der Betriebsvereinbarung habe ich immer wieder mal nachgefragt, wann es losgeht“, berichtet Kristin Sudeck. Mit ihrer Vorfreude war sie nicht allein, auch viele andere BAADER-Beschäftigte fieberten dem Start des Programms entgegen. „Erste Impulse zu dieser Aktion kamen aus der Belegschaft“, sagt Betriebsratsmitglied Dennis Suelflohn. Das Mitarbeiter-Gremium startete eine Unterschriftenaktion, die die Gewerkschaft aufforderte, mit den Arbeitgebern eine entsprechende tarifliche Vereinbarung zu schließen. Die folgte dann Mitte 2022 mit dem Abschluss des von NORDMETALL und IG Metall Küste geschlossenen „Tarifvertrags zur Entgeltumwandlung zum Zweck des Fahrradleasings“.

Bereits am ersten Tag wollten mehr als 60 Beschäftigte der 600-köpfigen BAADER-Belegschaft am Standort Lübeck das Fahrradleasing über ihren Betrieb nutzen. Geschäftsführungsassistentin Kristin Sudeck ist eine von ihnen.

Foto: Christian Augustin

BAADER legt 20 Euro drauf

„Der Tarifvertrag setzt den Rahmen für den Abschluss unserer Betriebsvereinbarung“, sagt BAADER Vice President Human Resources Marc Hamer. „Auf der Grundlage konnten wir als Arbeitgeber einen Fahrradleasing-Dienstleister suchen und den gesamten Antrags- und Entgeltumwandlungsprozess gestalten.“ Dabei achteten die Personaler darauf, den Prozess so schlank wie möglich zu halten. „Die Mitarbeiter können sich mit einem QR-Code auf einer Onlineplattform registrieren und erhalten einen Portalzugang, mit dem sie einen Partnerhändler frei auswählen und aufsuchen können. Bei ihm konfigurieren sie ihr Rad“, sagt Hamer. Der Händler erfasst die Daten und übermittelt die Leasingrate an den Arbeitgeber. „Nur der Vertrag zur Entgeltumwandlung muss noch in Papierform bei uns eingereicht werden“, erklärt der Personalverantwortliche. Die Verträge laufen drei Jahre lang. Die monatliche Netto-Leasingrate darf 250 Euro nicht überschreiten. BAADER hat die Vereinbarung freiwillig erweitert und bezuschusst die monatliche Brutto-Leasingrate mit 20 Euro pro Beschäftigtem. „Wir wollen die Gesundheit unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fördern und zugleich unsere Attraktivität als Arbeitgeber steigern“, betont Hamer. Der Erfolg der Aktion hat sogar die Initiatoren überrascht. Bereits am Tag nach Inkrafttreten des Programms hatten sich 61 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemeldet. Betriebsratsmitglied Suelflohn schätzt, dass bis zu 30 Prozent der 600-köpfigen Belegschaft am Standort Lübeck das Angebot nutzen werden.

Marc Hamer, Vice President Human Resources, Nordischer Maschinenbau Rud. Baader

Zeppelin AIS zahlt Versicherung

Die Gesundheit der Beschäftigten liegt auch der Geschäftsführung der Zeppelin Aviation & Industrial Service (AIS) am Herzen. Die Firma gehört zum weltweit tätigen Zeppelin Konzern aus Friedrichshafen und ist in der Herstellung, Instandhaltung und Werkstoffprüfung für die Luft- und Raumfahrtindustrie aktiv. Zeppelin AIS beschäftigt an den Standorten Hamburg, Friedrichshafen und St. Augustin rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Das Fahrradleasing passt ausgezeichnet in unser Gesundheits- und Fitnessangebot“, sagt Zeppelin AIS-Geschäftsführerin Kerstin Kleemann. Sie begrüßt es sehr, dass ihr Unternehmen inzwischen eine Betriebsvereinbarung zum Fahrradleasing abgeschlossen hat. Noch sei das Programm zwar nicht gestartet, aber „wir stehen kurz davor“, erklärt sie. Sie schätzt, dass mehr als zehn Prozent der Belegschaft das Angebot wahrnehmen werden. „Ich denke selbst darüber nach, mir ein E-Bike zu leasen“, verrät sie. Die Beschäftigten können aus einem großen Pool an Fahrrädern zwischen 499 und 4.999 Euro auswählen. Eine Rundumschutzversicherung, die zum Beispiel bei Diebstahl oder einem Unfall greift, ist mit enthalten. Sie wird vom Konzern mit fünf Euro pro Monat pauschal bezuschusst, sodass die Versicherung in vielen Fällen bereits ohne Mehrkosten abgedeckt ist.

Kerstin Kleemann, Geschäftsführerin, Zeppelin Aviation & Industrial Service

KS Gleitlager mit Rundum-Sorglos-Paket

Die Papenburger Rheinmetall-Tochter KS Gleitlager bietet ihren rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit Beginn des Jahres ähnliche Konditionen an wie die anderen Unternehmen. „Wir haben mit einem bundesweit aktiven Dienstrad-Leasinganbieter einen Vertrag abgeschlossen, der mit einem großen Händlernetz in ganz Deutschland zusammenarbeitet“, sagt Personalreferent Jürgen Bösing. Über die Website des Dienstleisters können sich die Beschäftigten einloggen, einen Händler aussuchen und dann ihr künftiges Rad konfigurieren. Die Preisspanne für ein Fahrrad oder E-Bike liegt bei KS Gleitlager zwischen 1.000 und 8.000 Euro, der Leasingvertrag wird für eine Dauer von drei Jahren geschlossen. „Die Nettomonatsrate darf 250 Euro nicht übersteigen“, sagt Bösing. Dafür dürfen im Einzelfall auch zwei Räder geleast werden. „Für die Partnerin oder den Partner etwa“, fügt er an. Die gesparten Sozialversicherungsbeiträge investiert das Unternehmen in eine Komplettversicherung der Räder. „Wir bieten das Rundum-sorglos-Paket“, sagt der Personaler. Dazu gehören zum Beispiel die Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung und die einmal pro Jahr anfallende Wartung des Fahrrads. Das Angebot kommt gut an. Inzwischen haben mehr als zehn Prozent der Belegschaft ein Leasingrad geordert. „Wir gehen davon aus, dass es im Laufe des Jahres noch wesentlich mehr Interessierte geben wird“, so Bösing.

tkMS erwartet hohe Beteiligung

Mit einer ähnlich hohen Beteiligung rechnet auch Oliver Setzer, Head of HR Projects & Stakeholdermanagement bei thyssenkrupp Marine Systems (tkMS) in Kiel. Der Werftenverbund hat die Konzernbetriebsvereinbarung des Mutterunternehmens übernommen und ist seit Kurzem mit seinem Fahrradleasing-Programm am Start. „Im Mai werden die ersten Fahrräder ausgeliefert“, hofft der Personalexperte. „Die Leasingrate darf 150 Euro im Monat nicht übersteigen und der Vertrag wird auf drei Jahre abgeschlossen“, sagt Setzer. Er erwartet, dass allein in Kiel bis zu 50 Prozent der 3.600 Mitarbeiter starken Belegschaft ein Rad im Rahmen eines Überlassungsvertrags nutzen werden. Ein wesentlicher Faktor bei der Ausgestaltung der Betriebsvereinbarung ist die sogenannte Störfallproblematik, also Zeiten, in denen kein Entgelt bezogen wird oder der Arbeitnehmer das Unternehmen frühzeitig verlässt. „tkMS sieht dann zwei Möglichkeiten vor: Entweder übernimmt der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin das Rad zum Restwert oder unser Dienstleistungsunternehmen nimmt das Bike ohne zusätzliches Entgelt zurück“, sagt Setzer. „Wir möchten jedoch diese Fälle möglichst vermeiden“, fügt er hinzu. Auch BAADER im benachbarten Lübeck will solche Umstände ausschließen und hat diese Fälle in der Betriebsvereinbarung geregelt.

Lothar Steckel

Oliver Setzer, Head of HR Projects & Stakeholdermanagement, thyssenkrupp Marine Systems

Foto: tkMS

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