Standpunkte 03/2021

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Standpunkte Das Magazin von

Nr. 3 / Oktober 2021 / 38. Jahrgang

www.meinarbeitgeberverband.de

Kieler Spitzen Wirtschaft trifft Politik bei EDUR

als

r a ste n ro boo o : C ions s u Pl vat no In


Foto: Rolf Dunkel

Hier kommt das Gegenstück

Braut oder Bräutigam? Hier ist die eine Hälfte der neuen Korvette „Karlsruhe“ auf dem Weg zu ihrer Heirat. Das Vorderschiff wurde bei German Naval Yards in Kiel gebaut, das Achterschiff auf der Peene-Werft in Wolgast. Beide Teile werden nun bei Blohm & Voss in Hamburg zusammengefügt, im Fachjargon heißt das „verheiratet“. Danach beginnt die Bewaffnung, unter anderem mit Raketenwerfern und Torpedoabschuss-Einrichtungen. Auf der „Karlsruhe“ werden 61 Soldatinnen und Soldaten Dienst tun. Der geringe Tiefgang von 3,4 Metern, die Geschwindigkeit von mehr als 26 Knoten und die gute Manövrierbarkeit machen die Korvetten der Braunschweig-Klasse zu beliebten Marineschiffen. DJ


STANDPUNKT NR. EINS

Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer NORDMETALL

Wahlkämpfe und Tarifrunden haben so manches gemeinsam: In der Öffentlichkeit wird zäh und oft lautstark um Positionen und gesellschaftliche Mehrheiten gerungen. Man versucht, in den Medien zu punkten und die Glaubwürdigkeit der gegnerischen Argumente zu erschüttern. Doch spätestens wenn sich die Türen hinter den Verhandlungsparteien schließen, ist nicht mehr Polemik gefragt, sondern Pragmatismus, Vertrauen und Kreativität. Es gilt, eine gemeinsame Sicht auf die Dinge zu finden und Lösungsansätze zu entwickeln:

Ökologie und Ökonomie versöhnen

Wie könnte eine auch auf andere Staaten übertragbare Blaupause für Prosperität im Klimawandel aussehen? Wie lassen sich Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit auch in den Sozialversicherungen verankern? Kann der Staat die Transformation beschleunigen und unterstützen, ohne selbst zum Akteur und Bürokratieverursacher zu werden? Mit welchem Narrativ ließe sich Lust auf eine Zukunft machen, in der nachhaltige Wirtschaftspolitik made in Germany zum neuen Exportschlager wird?

Die Tatsache, dass gerade die Jung- und Erstwähler auf Gelb und Grün setzten, zeigt, von wem sie sich die stärksten Erneuerungsimpulse erhoffen. Wenn es Grünen und Liberalen gelingt, Ökologie und Ökonomie zu versöhnen, staatlichen Anschub und unternehmerische Freiheit in eine faire Balance zu bringen sowie Ideen dahingehend zu entwickeln, wie die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und des Sozialstaats gestärkt werden können, dann wäre das nicht der schlechteste Auftakt für die anstehende Regierungsbildung. Die neue Koalition sollte sich auf wesentliche Zukunftsaufgaben konzentrieren und den Rest mutig dem Tagesgeschäft überlassen. Es kommt in der Politik sowieso oft anders, als man denkt. Wenn genug Vertrauen und Verbindlichkeit vorhanden sind, lassen sich auch unerwartete Herausforderungen meistern – ganz wie im Tarifgeschäft. Ohne eine gemeinsame Grundüberzeugung bringt jedoch auch der dickste Koalitionsvertrag unser Land nicht nach vorn. Das hat die GroKo leider hinlänglich bewiesen.

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Bundestagswahl 2021

Plus

Innovationsschub

Pandemie setzt Potenziale frei Papierlose Büros, virtuelle Wartungen, Onlinetrainings – die Coronapande­mie hat in der norddeutschen M+EIndustrie eine Modernisierungswelle ausgelöst. Drei Unternehmen gewähren einen Einblick. S. 18

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Fotos: RATOCA/Shutterstock, Christian Augustin

Die norddeutschen M+E-Arbeitgeber haben den 77 frisch gewählten Abgeordneten aus dem Norden ihre Wünsche ins politische Lastenheft für den 20. Deutschen Bundestag geschrieben – im Rahmen der Debattenreihe „NORDMETALL vor Ort“ in Kiel und Bremen sowie klassisch in Briefform. S. 6


Termin beim Chef

NORDMETALL-Stiftung

Emissionsarme weycor-Radlader

Klassikfestivals und die Jugend

Klaus Brunkhorst führt den Baumaschinenhersteller Atlas Weyhausen aus Wildeshausen seit 2008. S. 48

Wer junges Publikum anlocken will, muss sich etwas einfallen lassen. 15 Musikfestivals auf dem Weg. S. 28

Verband Mehrwert Verband Folge 65: Aus- und Fortbildungszentrum Rostock

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Wir für Sie Folge 34: Unsere Fachleute für KI – Marco Swyter und Laura Tönnsen

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Tarif Update Verfall übergesetzlichen Urlaubs

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Thema Lieferkettenmanagement Was KMU von Konzernen lernen können 14 Reportage Hitzler Werft unter neuer Flagge

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Fachgespräch Andrea Martin, Leiterin des IBM Watson Center 44

Rubriken Fotos: Christian Augustin, Jakob Stolz, Holger Martens

Made in Northern Germany – Gusseisen-Reparaturen 32 INSM – Aus der Hauptstadt 34 Menschen und Meldungen

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Grafik des Monats

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Termine 41 Panorama – Von der Nordsee ins All 43 Cartoon / Wirtschaftszitat

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Treffpunkt Nord

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Kontakt zu NORDMETALL

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Mein Standpunkt – Bildmächtig 60 Personenregister / Impressum

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Kurz vor Schluss / Standpunkte-Podcast

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„Ich lese Standpunkte“ – Dr. Stefan Rudolph 63

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Titelstory

Hier die Highlights anschauen

NORDMETALL vor Ort in Kiel Hausherrin Frederike Holdhof begrüßte die Bundestags­ abgeordneten Wolfgang Kubicki (FDP; zugeschaltet aus Berlin) und Johann Wadephul (CDU), den grünen Parteivorsitzenden Robert Habeck und den SPD-Politiker Ralf Stegner mit einer klaren Botschaft: „Ich glaube, dass wir die Komfortzone, in der wir uns in Deutschland und Europa eingerichtet haben, besser schnell als langsam verlassen müssen“, mahnte die Familienunternehmerin in vierter Generation mit Blick auf Klima- und Strukturwandel. EDUR leiste seinen Beitrag dazu, etwa durch die Anwendung von Kreiselpumpen in Elektrolyseanlagen zur Wasserstofferzeugung. Sorgen bereite ihr aber die Frage, wie sich deutsche Unternehmen auf dem wichtigen chinesischen Markt behaupten können, der von Peking immer mehr abgeschottet werde. Ebenso bedenklich sei die politische Tendenz, mit neuen oder höheren

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Steuern und immer mehr Bürokratie Unternehmen in Deutschland stärker belasten zu wollen. NORDMETALL-Vizepräsident Robert Focke griff den Ball in seinem Impulsstatement vor den – Coronabedingt – wenigen Unternehmerinnen und Unternehmern in der Halle und den bis zu 9400 Zuschauern auf Youtube auf: „Unflexible Arbeitszeitregeln und steigende Arbeitskosten, wachsende Steuer- und Abgabenlasten, immer höhere Umweltstandards und ein sich beschleunigender Strukturwandel, löchrige Lieferketten oder ein engmaschiges Lieferkettengesetz, und dann noch die Bewältigung der Coronapandemie“ – dieser Strauß an Herausforderungen lasse manche Unternehmerinnen und Unternehmer darüber nachdenken, ob sich eine Produktion in Deutschland auch künftig halten lasse. Statt weiterer Belastungen brauche es Entlastungen und

Fotos: Christian Augustin

Die säuberlich aufgeräumte, in grau gehaltene Werkshalle der EDUR-Pumpenfabrik in Kiel-Wellsee lieferte den passenden Rahmen: Sachlich-nüchtern debattierten vier schleswig-holsteinische Spitzenpolitiker Mitte September untereinander und mit Unternehmerinnen und Unternehmern in der vierten und letzten Runde der Reihe „NORDMETALL vor ORT – Wirtschaft trifft Politik“.


Frederike Holdhof, Geschäftsführerin der EDUR-Pumpenfabrik, sorgt sich um die Stellung deutscher Unternehmen auf dem zunehmend abgeschotteten chinesischen Markt.

mehr Respekt der Politik vor der grundgesetzlich geschützten unternehmerischen Freiheit, so der Geschäftsführer des Lübecker Maschinenbauers Baader. Grünen-Chef Robert Habeck, der im Wahlkreis Schleswig-Flensburg als Direktkandidat antrat und das Mandat am Wahlsonntag auch holte, warb für die Chancen, die im Strukturwandel der Industrie stecken: „Deutschland hat eine Innovations-, Investitions- und Wachstumsschwäche. Die entscheidende Frage derzeit ist also, wie schaffen wir Wachstum, das die Produkte der Zukunft in Deutschland und Europa herstellt? Direkte Investitionszuschüsse und Klimaschutzverträge werden uns in den kommenden zehn Jahren ein Wirtschaftswunder Klimaneutralität bescheren.“ Dafür müsse der Staat entsprechend finanziell gerüstet sein. FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki widersprach seinem Duzfreund Robert sofort: Nicht der Staat sei der Zu-

kunftstreiber, sondern der Markt, die Wirtschaft und besonders die Industrie: „Wir müssen auf Technologie­ offenheit und unternehmerische Kreativität setzen. In der Pandemie haben wir gelernt: Ohne eine starke Wirtschaft könnten wir all das nicht leisten, was wir auf den Weg gebracht haben. Es kommt darauf an, dirigistischen Aufwand von den Unternehmen fernzuhalten, um sie im wirtschaftlichen Miteinander nicht zu behindern.“ Es brauche nicht mehr Staat, sondern einen besseren Staat, so der Bundestagsvizepräsident, der an der Spitze der liberalen Landesliste auch in den 20. Deutschen Bundestag einzog. Ralf Stegner, am Debattentag noch SPD-Landtagsabgeordneter, am Wahlsonntag dann erfolgreicher Direktkandidat im Wahlkreis Pinneberg, teilte die Sichtweise des Liberalen gar nicht: „Der Markt funktioniert nicht überall. Wenn wir eine 200 Jahre alte Industrie mit fossilen Energieträgern zu einer funktionierenden Indus­ trie­ gesellschaft umbauen wollen, die auch noch die Klima­ziele einhält, dann können wir nicht zugucken, ob die Wirtschaft das alleine hinbekommt. Wir müssen aktiv etwas für die Forschung, für die Verkehrswende und für die erneuerbaren Energien tun.“ Das sei im Grundsatz nicht falsch, erwiderte Johann David Wadephul, stellvertretender Vorsitzender der

NORDMETALLL-Vizepräsident Robert Focke (Nordischer Maschinenbau Rud. Baader) fordert mehr Respekt der Politik vor der vom Grundgesetz geschützten unternehmerischen Freiheit.

Missbrauch bei Werkverträgen oder Zeitarbeit bekämpft man nicht, indem man die Instrumente verbietet, mahnt Dr. Nico Fickinger, NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer.

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Erwartet ein „Wirtschaftswunder Klimaneutralität“: Dr. Robert Habeck MdB (Bündnis 90/Die Grünen).

Plädiert für Technologieoffenheit und unternehmerische Kreativität: Wolfgang Kubicki MdB (FDP).

CDU/CSU-Bundestagsfraktion aus Kiel-Molfsee, der sein Direktmandat in Rendsburg-Eckernförde am Wahlsonntag verlor, aber über die Landesliste in den neuen Bundestag einzog. Gleichwohl gelte: „Wenn wir die Wirtschaft wieder in Schwung bringen wollen, müssen wir Unternehmerinnen und Unternehmer entlasten: Wir werden keine Vermögenssteuer einführen und für eine gleichbleibende Erbschaftssteuer sorgen. Was wir aber vor allem schaffen müssen, ist ein einfacheres

Steuersystem, das bessere Kontrollen ermöglicht“, so Wadephul. Auf notwendige Entlastungen und bessere Rahmenbedingungen pochten in der anschließenden Diskussion zwischen Wirtschaftsvertretern und Politikern unter anderem Cathrin Kohnke, NORDMETALL-Vorstandsmitglied und Director HR bei Stryker Trauma in Kiel, sowie NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger: „Den Unternehmen Kettenbefristungen zu

„Der Markt funktioniert nicht überall“, ist Dr. Ralf Stegner MdB (SPD) überzeugt und setzt auf staatliche Regulierung statt auf unternehmerische Freiheit.

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Fotos: Xxxxxxxxxxxx Xxxxxxxxxxx

Stellt sich gegen Steuererhöhungen und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer: Dr. Johann Wadephul MdB (CDU).


NORDMETALL-Vorständin Cathrin Kohnke (Stryker Trauma) will von den Politikern wissen, was die Parteien für die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität deutscher Unternehmen tun werden.

EDUR-Geschäftsführer Thomas Naß (r.) stellt seine Werkshalle in Kiel-Wellsee für „NORDMETALL vor Ort“ zur Verfügung. Hier im Gespräch mit Dr. Jörg Mutschler (VDMA).

Die Schleswig-Holsteinische Landeszeitung vom 14.9.2021 berichtet ausführlich.

verbieten und als Staat gleichzeitig aus Kostengründen im Juli die Lehrkräfte rauszuschmeißen, die man im September wieder einstellt – da frage ich mich: Wie passt das zusammen?“, so der Arbeitgebervertreter. Eine schlüssige Antwort blieb ihm trotz der sachlichengagierten Beiträge in der eineinhalbstündigen Debatte verwehrt. Alexander Luckow

Fotos: Christian Augustin

Gut besuchtes Hybridformat: In der Coronakonform besetzten EDUR-Werkshalle verfolgen rund 20 Gäste „NORDMETALL vor Ort“. Im Netz kamen noch weitere 9400 Politikinteressierte hinzu.

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NORDMETALL vor Ort in Bremen

Hier die Highlights anschauen

Es heißt, die Menschen aus Bremen seien hanseatisch unterkühlt. Doch davon war in der emotional-engagierten Debatte der Bremer Bundestagsabgeordneten und -kandidaten mit Unternehmern wenig zu spüren. Lutz Oelsner, Präsident der Unternehmensverbände im Land Bremen und langjähriger NORDMETALL-Vizepräsident, stimmte Politiker und YouTube-Publikum im Haus der Industrie auf die Wünsche der Wirtschaft ein: Bürokratieabbau, Kostenmoratorium und ein flexibleres Arbeitsrecht seien in den nächsten vier Jahren

vorrangig, so der Gestra-Aufsichtsrat. Uwe Schmidt, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Bremerhaven, zeichnete ein positives Bild der Industrieproduktion „made in Bremen“: Mit den Seehäfen, der Auto- oder Raumfahrtindustrie und neuen Wasserstoffprojekten sei die Weser-Metropole bestens aufgestellt. Das wollte

Kennt politische Hemmnisse aus eigener Erfahrung: NORDMETALLPräsident und Familienunternehmer Folkmar Ukena.

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Fotos: Christian Augustin

Stellt sich in Bremen gegen die Produktion von Rüstungsgütern: Nachwuchspolitiker Christian Gerlin (Die Linke).


Dringend nötig: Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer von NORDMETALL, fordert eine Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts.

Erwartet große Vorteile von einem vom Markt festgesetzten CO2-Preis: Dr. Volker Redder MdB (FDP).

Setzt sich gegen linke Ideologien zur Wehr und hält nichts von einer Rückkehr der Vermögenssteuer: Thomas Röwekamp MdB (CDU).

CDU-Spitzenkandidat Thomas Röwekamp so nicht stehen lassen: Gerade die durch Corona besonders getroffene bremische Wirtschaft dürfe nicht durch „linke Ideologie“ geschädigt werden, neue und höhere Steuern seien „Gift“. Michael Labetzke, grüner Bundestagskandidat in Bremerhaven, sah die wirtschaftliche Zukunft vor allem in der Aufstellung eines „klimaneutralen Hafens“, der linke Nachwuchspolitiker Christian Gerlin gar im „Einschreiten“ gegen Rüstungsproduktion in der Stadt. FDP-Spitzenkandidat Volker Redder kritisierte

Für staatliche Leitplanken statt starrer Regeln plädiert NORDMETALLGeschäftsführer Cornelius Neumann-Redlin.

das „linke Denken von Unternehmern als Ausbeuter“, stattdessen müssten liberalere Gesetze flexiblere Arbeitsbeziehungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ermöglichen. NORDMETALL-Präsident Folkmar Ukena und NORDMETALL-Vorstand Michael Winkler unterstützten diese Position später in die Debatte, die Cornelius Neumann-Redlin, Geschäftsführer der NORDMETALL-Bezirksgruppe Unterweser, so zusammenfasste: „Der Staat soll die Leitplanken der sozialen Marktwirtschaft regeln, nicht mehr.“ Luc

Beschwört einen Industriepakt für Transformation und Klimaschutz: Michael Labetzke (Bündnis 90/Die Grünen).

Macht sich im Bund stark für Bremen als Industriestandort: der langjährige Bundestagsabgeordnete Uwe Schmidt MdB (SPD) aus Bremerhaven.

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Nach der Wahl: Post für viele neue Köpfe NORDMETALL macht Politik: Die norddeutschen M+E-Arbeitgeber wenden sich gemeinsam mit ihrem Schwesterverband AGV NORD im Zuge ihrer politischen Interessenvertretung jetzt verstärkt und regelmäßig an ihre norddeutschen Bundestagsabgeordneten. Der AGV NORD-Vorsitzende Julian Bonato (MHG Heiztechnik) machte im Frühjahr den Auftakt mit einem Schreiben zur Stärkung der Tarifautonomie. NORDMETALLHauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger thematisierte im Jahresverlauf gegenüber den Volksvertretern unter anderem die neuen Lasten, die der Unternehmerschaft durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die Novellierung des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes drohen. Vor und direkt nach der Bundestagswahl schrieb er den Parlamentsangehörigen die Wünsche der norddeutschen M+E-Arbeitgeber ins politische Lastenheft des 20. Deutschen Bundestages. „Eine neue Bundesregierung muss die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen stärken. Nur dann können wir den Strukturwandel bewältigen und möglichst viele Arbeitsplätze im Norden zukunftsfest machen“, heißt es in dem Schreiben an 77 neu oder wiedergewählte Abgeordnete. Dazu sei eine langfristige Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge auf maximal 40 Prozent nötig. Steigende Sozialabgaben ließen

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Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weniger Netto vom Brutto, machten Arbeit noch teurer und Investition­ en in Deutschland unattraktiver. Langfristig engten sie den finanziellen Spielraum kommender Generationen und Regierungen ein, so die Mahnung der norddeutschen M+E-Arbeitgeber. „Außerdem brauchen wir eine gerechte Steuerpolitik, die auf Eingriffe in die Substanz und höhere Lasten für all jene verzichtet, die schon jetzt den größten finanziell­ en Beitrag zum Gemeinwesen leisten“, so Fickinger weiter. Neue Belastungen würden Investitionen und Innovationen in Deutschland lähmen und wären Gift für die wirtschaftliche Erholung nach Corona – ganz abgesehen von der Bürokratie, die neue Steuern und Abgaben mit sich brächten. Schließlich sei ein an die EU-Arbeitszeitrichtlinie angepasstes Arbeitszeitrecht überfällig. Mit einer zulässigen Höchstarbeitszeit, die sich nicht mehr auf den Tag, sondern auf die Woche bezieht, könnten Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Arbeitszeit im Wochenverlauf variabel nach individuellen Bedürfnissen gestalten. „Familien und Betriebe werden es ihnen danken“, so die Botschaft von NORDMETALL und AGV NORD. Gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“ betonte Fickinger, dass „ein Blick in die Wahlprogramme der Par-


„Die Unternehmerinnen und Unternehmer im Norden vertrauen auf Ihre Unterstützung!“ – mit diesen Worten richteten sich NORDMETALL und AGV NORD Ende Septem­ ber an die frisch gewählten norddeutschen Abgeordneten des 20. Deutschen Bundestages.

teien der Mitte lehrt, dass diese Ziele wohl eher in einer Jamaikakoalition erreichbar scheinen, vielleicht aber auch in einer Ampelkonstellation umsetzbar sind“. Nach der Wahlschlappe der CDU und den Erfolgen von SPD, Grünen und FDP bei der Bundestagswahl hat sich die Adressatenliste der NORDMETALL-Briefe im ganzen Norden kräftig verändert: Die Union verlor sieben Bundestagsmandate in den fünf norddeutschen Ländern, davon drei in den Flächenländern, darüber hinaus 21 ihrer vormals 31 Direktmandate. Prominente Neuzugänge unter den direkt im Wahlkreis gewählten Abgeordneten sind zum Beispiel der Grünen-Co-Vorsitzende Robert Habeck, der in Flensburg-Schleswig zum ersten Mal einen schleswig-holsteinischen Bundestagswahlkreis für die Grünen holte, der ehemalige SPD-Vize Ralf Stegner, der der CDU den Wahlkreis Pinneberg abnahm, und der ehemalige Hamburger Justizsenator Till Steffen, der für die Grünen Hamburg-Eimsbüttel gewann. Über bremische Landeslisten neu in das Parlament kamen unter anderem Thomas Röwekamp (CDU) und Volker Redder (FDP), über die Hamburger CDU-Liste vertreten erstmals Franziska Hoppermann, über die FDP-Liste Michael Kruse und Ria Schröder die norddeutschen Interessen in Berlin. Ihre Direktmandate verteidigten die stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Gitta Connemann im Wahlkreis Unterems und die verteidigungspolitische Sprecherin der SPD, Siemtje Möller, in Friesland-Wilhelmshaven. Ebenso direkt wiedergewählt wurde die frühere Staatsministerin Aydan Özoğuz in Hamburg-Wandsbek für die SPD. Über ihre Landeslisten erneut nach Berlin geschickt wurden der Hamburger CDU-Landesvorsitzen-

de Christoph Ploß und sein Parteifreund Christoph de Vries sowie der Staatsminister im Auswärtigen Amt Niels Annen für die SPD. In Schleswig-Holstein lösten unter anderem Wolfgang Kubicki (FDP) und Johann Wadephul (CDU) per Listenmandat das Ticket in die Bundeshauptstadt, in Mecklenburg-Vorpommern Philipp Amthor (CDU), Hagen Reinhold (FDP), Claudia Müller (Grüne) und Dietmar Bartsch (Linke), in Niedersachsen für die Liberalen Christian Dürr. „Wir werden den Dialog mit den norddeutschen Bundestagsabgeordneten fortsetzen und intensivieren, besonders mit denen, die sich mit Arbeit und Soziales, Wirtschaft und Energie beschäftigen“, kündigt Fickinger an. „Wer auch immer Deutschland in den nächsten vier Jahren regiert: Die Industrie, besonders unsere Metall- und Elektroindustrie, wird im Mittelpunkt der Veränderungen durch Dekarbonisierung, Digitalisierung und demografischen Wandel stehen. Unsere Unternehmerinnen und Unternehmer wollen all dies gemeinsam mit der Politik und dem Sozialpartner erfolgreich gestalten, damit der Norden ein industrieller Schwerpunkt in Deutschland bleibt.“ Alexander Luckow

Kontinuität in Schwerin Lars Schwarz, Präsident der Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern (VU), hat der alten und voraussichtlich neuen Ministerpräsidentin im Nordosten zum Wahlerfolg gratuliert: „Glückwunsch an die SPD und vorneweg der Spitzenkandidatin Manuela Schwesig. Mit diesem Erfolg nimmt die Verantwortung der Ministerpräsidentin für unser Land zu. Er ist Auftrag und Verpflichtung zugleich. Die amtierende und künftige Regierungschefin hat als Landesvorsitzende der stärksten Partei den klaren Auftrag der Wählerschaft erhalten, eine stabile Koalitionsregierung der Mitte zu bilden. Experimente verträgt unser Land nicht. Wir brauchen jedoch einen echten Aufbruch, der Perspektiven und verlässliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in MV garantiert. Die künftige Landesregierung wird nur mit der Wirtschaft und nicht gegen sie erfolgreich für unser Land arbeiten können." Schwesig hat die Wahl zwischen einer Neuauflage der rot-schwarzen Koalition in Schwerin, einem für Mecklenburg-Vorpommern neuen Bündnis zwischen SPD, FDP und Grünen oder einer Rückkehr zur rot-roten Regierung früherer Jahre. Luc

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Lieferkettenmanagement

Drum prüfe, wer sich … Informieren, lautet das Gebot der Stunde. Bis 2023/2024 haben Unternehmen Zeit, den Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) gerecht zu werden. Wie sich betroffene Unternehmen darauf vorbereiten und was KMU von ihnen lernen können.

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Unternehmen innerhalb eines börsennotierten Konzerns sind wir unter Compliance-Gesichtspunkten seit Langem dazu verpflichtet, nachzuweisen, dass wir unsere Lieferanten nach bestimmten Standards auswählen“, sagt Schichold. So gebe es bereits seit Langem einen Supplier Code of Conduct, es würden regelmäßig Audits durchgeführt und vor allem setze Nexperia auf langfristige, vertrauensvolle Lieferantenbeziehungen, so Schichold. Das ist es auch, was der Risikomanager anderen Unternehmen rät: sich frühzeitig bei Verbänden, Wirtschaftsprüfern und Rechtsberatern darüber zu informieren, was bis 2023 alles getan werden muss, und daraufhin den gesamten Lieferantenstamm genau unter die Lupe zu nehmen (Unternehmenspflichten aus dem LkSG siehe Kasten auf Seite 16).

Audit-Anbieter werden profitieren

Holger Petersen, Professor für Nachhaltigkeitsmanagement an der NORDAKADEMIE, erwartet, dass Unternehmen ihre Zulieferer – auch kleine Betriebe – künftig noch häufiger auf einen Code of Conduct verpflichten und Selbstauskünfte verlangen werden. „Je nach Kundenanzahl kann das jede Menge Papierkram bedeuten“, sagt Petersen. Er vermutet deshalb, dass von dieser Entwicklung in erster Linie Plattformen wie EcoVadis oder

Illustration: Red monkey/Shutterstock

„Man sollte immer alle Seiten betrachten und gemeinsam überlegen, wie man ein solches Gesetz realistisch umsetzen kann“, sagt Bernd Schichold. Er ist oberster Risikomanager des Halbleiterherstellers Nexperia Germany und spricht vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, tritt das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten am 1. Januar 2023 in Kraft. Eine Zusammenarbeit mit Unternehmen, die die in Deutschland geltenden Standards nicht einhalten, verbietet sich dadurch. Allein die Kenntnis davon, dass beispielsweise Menschenrechte oder Umweltstandards missachtet werden, und das eigene, deutsche Unternehmen nichts dagegen tut, kann vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit einer Geldstrafe von bis zu zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes bestraft werden. „Kein Pappenstiel“, findet Schichold. Seine Aufgabe ist es, das vom Gesetz geforderte Risikomanagement bei Nexperia Germany zu implementieren. Ein Kick-offMeeting mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Einkauf, dem Lieferketten- und Umweltmanagement und der Rechtsabteilung hat der Betriebswirt bereits organisiert. Jetzt gilt es zu prüfen, welche LkSG-Vorgaben Nexperia bereits durch globale Maßnahmen umsetzt. „Als


Fotos: Nexperia, Jungheinrich

Integrity Next profitieren werden. Diese Anbieter erstellen Nachhaltigkeitsrankings für Unternehmen, indem sie Selbstauskünfte von Lieferanten sammeln und die entsprechenden Nachweise anfordern. Einmal auf diese Weise geprüft, können die Lieferanten ihre Bewertung auch anderen Kunden zugänglich machen. Für diesen Weg hat sich der Intralogistikhersteller Jungheinrich entschieden. Ein elementarer Baustein seiner Unternehmensstrategie 2025+: das Sustainable Supply Chain Management, also die Nachhaltigkeit in der Lieferkette. „Von jeher ist der Nachhaltigkeitsgedanke für Jungheinrich charakteristisch“, sagt Nachhaltigkeitsmanager Fabian Henkel. Seit 60 Jahren produziert das Unternehmen Elektrofahrzeuge. Seit fünf Jahren geht der Konzern Nachhaltigkeit strategisch an. Sämtliche Lieferanten werden hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und sozialer Kriterien risikoklas-

sifiziert – und zwar schon seit 2018, also bereits vor dem Ringen um das LkSG. „Anbieter wie Integrity Next unterstützen uns mit ihrem ausgefeilten Online-SelfAssessment“, sagt Henkel. So konnte Jungheinrich im vergangenen Jahr mehr als 500 Lieferanten hinsichtlich ihrer Ansprüche an Arbeitssicherheit, ihres Energiemanagements, ihrer Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutzstandards auch entlang ihrer eigenen Lieferketten analysieren. Zusammen machen diese zertifizierten Lieferanten mehr als 50 Prozent des weltweiten Einkaufsvolumens von Jungheinrich aus. „Jetzt geht es darum, unseren Risikoanalyseprozess an die Anforderungen des LkSG anzupassen“, sagt Henkel. Dafür wurden interdisziplinäre Projektteams gebildet, die den bestehenden Beschwerdemechanismus, den Lieferantenkodex und das Lieferantenhandbuch unter die Lupe nehmen, ebenso wie die Self-Assessments und

Bernd Schichold

Fabian Henkel

Leiter Interne Kontrolle Nexperia Germany

Nachhaltigkeitsmanager Jungheinrich

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Unternehmenspflichten aus dem LkSG

Tipps für KMU: • Informations- und Unterstützungsangebote auf dem zentralen Online-Portal der Bundesregierung www.wirtschaft-menschenrechte.de • Informationsportal www.business-humanrights.org/ • Kostenlose Erstberatung durch das Helpdesk für Wirtschaft & Menschenrechte der Bundesregierung www.wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte • Online-Tools des Helpdesk für Wirtschaft & Menschenrechte: „CSR Risiko-Check“ www.wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte/csr-risiko-check und „KMU-Kompass“ www.wirtschaft-entwicklung.de/wirtschaft-menschenrechte/kmu-kompass • Branchendialoge des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zur Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten. Für weitere Informationen E-Mail an: branchendialoge@bmas.bund.de. • Unternehmensforum Nachhaltigkeit an der NORDAKADEMIE für Partnerunternehmen der privaten Hochschule. Kontakt: Prof. Dr. Michael Lühn michael.luehn@nordakademie.de, Tel.: 04121 4090-411

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Maximilian Schnippering Team Lead Supply Chain Sustainability and Competence Management Siemens Gamesa Renewable Energy

die in- und extern durchgeführten Audits. Auch das Kapitel Menschenrechte im jährlich erscheinenden Nachhaltigkeitsbericht soll deutlich erweitert werden. Das alles geschieht mit der ausdrücklichen Fürsprache des Vorstands, dem das Nachhaltigkeitsteam seit wenigen Monaten direkt unterstellt ist.

Auf strategische Partnerschaften setzen

Kleineren Firmen empfiehlt Henkel zunächst „in die Organisation hineinzuhorchen“ und sich zudem die Maßstäbe der Kunden an Sorgfalt und Nachhaltigkeit vor Augen zu führen. In einem zweiten Schritt sollte dann ein interdisziplinäres Team aus Einkaufs-, Complianceund Rechtsabteilung sowie Umwelt- und Arbeitsschutzbeauftragten einen Lieferantenkodex aufsetzen. Einen solchen Supplier Code of Conduct gibt es bei Siemens Gamesa Renewable Energy bereits seit mehreren Jahren – auch wenn der Windkraftanlagenhersteller in seiner jetzigen Form, nach Ausgründung aus dem Siemens-Konzern und Fusion mit dem spanischen Unternehmen Gamesa Corporación Tecnológica, erst seit 2017 besteht. Wie nachhaltig Siemens Gamesa aufgestellt ist – und wie erfolgreich die Arbeit von Maximilian Schnippering ist, Team Lead Supply Chain Sustainability and Competence Management –, verfolgen Kunden und Finanzmärkte genau. Das Unternehmen ist an der spanischen Börse gelistet. Ein Grund, warum eine verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) samt Einhaltung von Sorgfaltspflichten (Due Dilligence) und Umwelt- und Sozialstandards für Siemens Gamesa das Rückgrat sämtlicher Einkaufsaktivitäten bildet. Schnippering empfiehlt KMU, sich eine Lieferantenbasis aufzubauen, von der sie wissen, wie nachhaltig und sorgfältig sie arbeitet. Siemens Gamesa selbst hat rund 19.000 Lieferanten weltweit, die ein Einkaufsvolumen von mehr als sieben Milliarden Euro ausmachen. Zusammenarbeit ist für Schnippering das entscheidende Stichwort: „Ohne Kollaboration kann Nachhaltig-

Fotos: Siemens Gamesa, thyssenkrupp Marine Systems

Geltungsbereich: Von 2023 an unterliegen alle Unternehmen mit Sitz in Deutschland, die mehr als 3.000 Mitarbeiter beschäftigen, dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Ein Jahr später sind auch hiesige Unternehmen betroffen, die 1.000 Mitarbeiter und mehr beschäftigen. Um ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, müssen Unternehmen ein Risikomanagement betreiben, das die Beschäftigung eines Menschenrechtsbeauftragten, die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens und die Veröffentlichung einer Grundsatzerklärung über die eigene Menschenrechtsstrategie (inkl. Präventionsmaßnahmen) vorsieht. Zudem muss das Unternehmen einmal pro Jahr die Risiken von Verstößen gegen Menschenrechte und Umweltschutzstandards analysieren und bei Hinweisen auf Verstöße unverzüglich Abhilfemaßnahmen einleiten. Die einmal im Jahr anzufertigende Dokumentation müssen die Unternehmen sieben Jahre lang für mögliche Kontrollen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) vorhalten.


Katrin Möller Fremdpersonaleinsatz-Beauftragte thyssenkrupp Marine System

keit nicht funktionieren“, ist der Einkäufer überzeugt. „Wir sind es, die gemeinsam mit unseren Geschäftspartnern eine Veränderung erreichen können.“ NORDAKADEMIE-Professor Holger Petersen geht davon aus, dass solche strategischen Partnerschaften dazu führen werden, dass sich die Anzahl der Lieferanten, mit denen Unternehmen zusammenarbeiten, künftig reduziert. „Mittelständische Unternehmen werden sich vor diesem Hintergrund fragen müssen, ob Global Sourcing für sie noch attraktiv ist“, sagt Petersen. Einen Rückzug deutscher Unternehmen aus risikobehafteten Regionen wie Afrika, China oder Indien sei künftig auch aus finanziellen Gründen nicht ausgeschlossen. Erik Wessels erwartet, dass – unter anderem ausgelöst durch das LkSG – Lieferanten künftig höhere Anforderungen erfüllen müssen, unabhängig von ihrer Größe. Wessels ist Leiter des Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte, das die Bundesregierung 2017 im Zuge des „Nationalen Aktionsplans“ (NAP) ins Leben gerufen hat. Seitdem hat das zehnköpfige Team mehr als 1.200 kosten lose Erstberatungen durchgeführt und eine Vielzahl an Informationsveranstaltungen für Unternehmen organisiert. „Wir sehen auch einen deutlichen Anstieg der Anfragen von KMU“, sagt Wessels. „Viele haben bereits ein solides Umwelt- und Sozialmanagementsystem. Es fehlt ihnen dann aber etwa an einer systematischen Risikoanalyse, die alle Menschenrechtsaspekte abdeckt – hier kann man priorisieren und das Verfahren Schritt für Schritt weiter ausbauen.“ Auf diese Weise würde menschenrechtliche Sorgfalt systematisch in das Kerngeschäft der Unternehmen integriert, hofft Wessels (weitere Tipps siehe Kasten links). Während Wessels davon überzeugt ist, dass das LkSG durch „klare und umsetzbare Anforderungen für Sorgfaltspflichten von Unternehmen Rechtssicherheit für Betriebe und Betroffene“ schaffe, enthält das Gesetz für Katrin Möller von thyssenkrupp Marine Systems in Kiel zu viele unbestimmte Rechtsbegriffe. Allein das Wort „angemessen“ taucht 19-mal im elf Seiten umfassenden LkSG auf. „Diese unbestimmten Rechtsbegriffe bedürfen einer Auslegung. Noch sorgen die Anforderungen an Sorgfaltspflichten von Unternehmen eher für Rechts-

unsicherheit“, sagt die Fremdpersonaleinsatz-Beauftragte der thyssenkrupp Marine Systems. Die Kieler orientieren sich unter anderem am Nachhaltigkeitsmanagement ihres Essener Mutterkonzerns – etwa an dessen Supplier Code of Conduct (SCoC). Die Zeit bis zum Inkrafttreten des LkSG Anfang 2023 wollen Möller und ihre Kollegen vom Procurement Performance Management nutzen, „um sich hinsichtlich der Überprüfung der Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards in der Lieferkette gut aufzustellen. Darüber hinaus muss festgelegt werden, wie mit Verstößen gegen Menschenrechte und Umweltschutz umzugehen ist.“ thyssenkrupp Marine Systems hat bereits – ähnlich wie die Kollegen von Jungheinrich – einen Teil der Risikoanalyse an externe Anbieter wie Integrity Next vergeben. Sustainability-Audits auf Basis des SCoC würden von einer Fremdfirma im Auftrag der thyssenkrupp Marine Systems durchgeführt, so Möller. Essenzielle Schritte für die überprüfbare Einhaltung der Sorgfaltspflichten seien getan. Darauf möchte Möller nun systematisch aufbauen. Birte Bühnen

NORDMETALL engagiert sich • Veranstaltungen: Am 20.04. und 22.09.2021 diskutierten zahlreiche Mitgliedsunternehmen untereinander und mit dem NORDMETALL-Experten Anton Bauch zum Thema. • Abgeordnetenbriefe: Mit Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU und FDP entsponn sich ein Briefwechsel über Haftungsfragen und bürokratische Lasten. • Anhörungen: Hauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger brachte die Position der norddeutschen M+E-Arbeitgeber im April 2021 in eine Anhörung in den Schleswig-Holsteinischen Landtag ein. • Standpunkte-Podcast: Im Juli 2021 warnte der Hauptgeschäftsführer in seinem Politik-Podcast vor den Folgen des LkSG. • Medienecho: Präsident Folkmar Ukena warnte im „Weser-Kurier“ und im Radiosender SWR2 vor zusätzlichen Belastungen der Wirtschaft, ebenso Vizepräsident Robert Focke in den „Kieler Nachrichten“. Weitere Informationen bei: Anton Bauch, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) Telefon: 040 6378-4227 E-Mail: bauch@nordmetall.de

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Thema

InnovationsInnovationsbooster booster Corona Corona Vom papierlosen Büro über virtuelle Wartungs­ arbeiten bis hin zu Online-Trainings für Servicekräfte – die innovationsfreudige M+E-Industrie hat durch die Pandemie einen weiteren Modernisierungsschub erhalten. Wir haben uns in drei norddeutschen Unternehmen umgesehen. Corona habe einen „brutalen Modernisierungsschub“ eingeleitet, sagt Axel Weidner, Geschäftsführer des Ventil- und Industriearmaturenherstellers Mankenberg in Lübeck (siehe „Standpunkte“ 2/2017). Das 200-Mitarbeiter-Unternehmen besteht seit 1885 und Weidner führt als Urenkel des Firmengründers Gustav Mankenberg den Betrieb in vierter Generation. Tradition gehört beim Mittelständler gewissermaßen zur Firmen-DNA. Was aber keinesfalls bedeutet, dass das Unternehmen verstaubt ist. Ganz im Gegenteil. Mankenberg geht ständig neue Wege, sei es in der Fertigung, im Vertrieb oder der Azubiakquise. Schon 2010 wurde die Firma für ihre Modernisierungs- und Innovationsaktivitäten mit dem Großen Preis des Mittelstands ausgezeichnet und 2019 erneut dafür nominiert. Immer

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wieder nehmen Beschäftigte an Qualifizierungen teil, wie beispielsweise an der Reihe „Digitaler Strukturwandel“ des Arbeitgeberverbands NORDMETALL (siehe „Standpunkte“ 1/2021). Doch die umwälzenden Veränderungen in jüngster Vergangenheit führt der Firmenchef auf Corona zurück.

Brutaler Modernisierungsschub

„Zunächst einmal ist es unsere Verpflichtung, die Belegschaft zu schützen und dabei zugleich den Betrieb aufrechtzuerhalten“, sagt Weidner. „Deshalb haben wir sehr schnell reagiert, als es darum ging, Abstands-, Hygiene- und Maskenregeln einzuführen und unsere Arbeitsprozesse den erschwerten Pandemiebedingungen anzupassen.“ So wurde die gesamte Belegschaft in vier


Kohorten aufgeteilt, damit sich möglichst wenige Menschen möglichst selten begegnen. Dort, wo sinnvoll und durchführbar, etablierte Mankenberg mobiles Arbeiten. „Alle kaufmännischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und einige Fertigungsplaner und -steuerer haben im Homeoffice gearbeitet“, sagt Personalleiterin Britta Hennings, „das hat gut geklappt und bewährt sich bis heute.“ Voraussetzung dafür, dass die Beschäftigten ihren Arbeitsplatz zumindest temporär in die eigenen vier Wände verlegen konnten, war die Realisierung des papierlosen Büros. „Das haben wir konsequent und flächendeckend durchgezogen“, berichtet Weidner und fügt an: „Vorher hatten wir aber bereits eine intensive Digitalisierungsoffensive mit rund 50 Einzelprojekten im gesamten Unternehmen gestartet, sodass uns dieser Schritt am Ende nicht allzu schwerfiel.“

Fotos: RATOCA/Shutterstock, Mankenberg

Papierloses Büro realisiert

Containerweise entsorgten die Mankenberg-Mitarbeiter Hängeregister, Hauspost, Aktenordner und Papierberge. Durch die „analoge Entrümpelung“ veränderte sich auch zwangsläufig die Zusammenarbeit. Fast alles läuft nun über Videokonferenz-Tools. Auch die Kommunikation mit den Kunden wurde digitalisiert, im Webshop gibt es einen Produkt-Konfigurator, und ein neues digitales Kundenportal bietet jederzeit und überall Informationen und Dokumentationen über die Produkte des Unternehmens. Weidner nennt die Veränderungen revolutionär, erklärt freimütig, dass Corona sein Unternehmen „zeitweise vor sich hergetrieben“ habe. Rückblickend bewertet er die Entwicklung als gleichermaßen positiv für das Unternehmen und die Belegschaft. „Unsere Effektivität hat sich verbessert und der Zusammenhalt ist stärker geworden“, berichtet er. Dennoch werde auch Mankenberg, sobald es die Pandemielage erlaubt, zumindest in der Fertigung wieder zu alten Präsenzarbeitsbedingun-

gen zurückkehren. „Wir wollen die Produktion wieder in eine neue Normalität zurückführen“, sagt der Chef. Mobiles Arbeiten ist für zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hanseatic Power Solutions (HPS) aus Norderstedt inzwischen zur neuen Normalität geworden. Das Unternehmen vor den Toren Hamburgs ist einer der führenden deutschen Anbieter für Steuerungstechnik in der Energieerzeugung und -verteilung sowie in der Notstromversorgung. Es fertigt mit rund 80 Beschäftigten komplexe Schalt- und Steuerungsanlagen für Kunden in aller Welt. Für die kaufmännische Belegschaft hatte HPS gleich zu Beginn der Pandemie die Möglichkeit zur Arbeit von zu Hause aus angeboten. Michael Grenz, kaufmännischer Leiter, sagt: „Wir haben unsere Leute mit der nötigen Hardware ausgerüstet und es ihnen überlassen, ob sie Homeoffice nutzen oder nicht.“ Nicht alle hätten die neue Art des Arbeitens als positiv empfunden. „Vor allem der Kontakt zu den Kollegen fehlt doch einigen“, erklärt er. Einige Mitarbeiter Arbeitsplätze beim Lübecker Ventilhersteller Mankenberg: Sie funktionieren jetzt überwiegend papierlos und sind den Infektionsschutzbedingungen entsprechend eingerichtet.

Britta Hennings Personalleiterin Mankenberg in Lübeck

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wollen Wohnen und Arbeiten trennen, aber: „Mobiles Arbeiten ist jetzt auch bei uns ein Thema und das ist der wichtigste Schub, den Corona ausgelöst hat“, sagt Grenz.

Smart Glasses optimieren Service

Eine weitere technologische Innovation haben die Norderstedter ebenfalls pandemiebedingt eingeführt. Sie nutzen zur Fernwartung und zum Einsatz ihrer Servicetechniker auf der ganzen Welt eine sogenannte Viewpoint-System-Brille. Die Smart Glasses sind über eine

Firmenzirkel startet neu durch NORDMETALL und das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) nehmen von nun an verstärkt Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsprojekte unter die Lupe. Er unterstützt Betriebe mit wissenschaftlichen Methoden bei der Verbesserung der betrieblichen Abläufe: der Firmenzirkel des Arbeitgeberverbands NORDMETALL und des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa). „Während der Pandemie waren unsere Aktivitäten auf Eis gelegt, weil wir eine Kernaktivität, nämlich den Besuch in den einzelnen Unternehmen, nicht realisieren konnten“, sagt Alexander Matthes, der als Fachmann für Arbeitsorganisa­ tion bei NORDMETALL die Firmenzirkel-Reihe betreut. Nach einer Auftaktveranstaltung folgen jeweils vier Module, verteilt über einen Zeitraum von rund einem

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halben Jahr. Sie finden in der Regel in den teilnehmenden Unternehmen statt. Seit Herbst dieses Jahres ist der Firmenzirkel wieder aktiv. Die teilnehmenden Unternehmen widmen sich Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsthemen. „Es handelt sich dabei überwiegend um typische Corona-Projekte, die mobiles Arbeiten und Digitalisierung zum Thema haben“, sagt Matthes. Er hofft, dass die Pandemielage künftig eine problemlose Durchführung der Veranstaltungen erlaubt und ruft Verbandsunternehmen bereits jetzt dazu auf, sich für die im zweiten Halbjahr 2022 startende Firmenzirkel-Runde anzumelden. Weitere Informationen bei: Alexander Matthes Tel.: 040 6378-4265 E-Mail: matthes@nordmetall.de

Foto: Hanseatic Power Solutions

Ferndiagnose per Viewpoint-System-Brille: Servicetechniker von HPS nutzen die Smart Glasses zur Unterstützung von Wartungsarbeiten auf der gesamten Welt – ganz ohne Reiserisiko.

Datenleitung mit der HPS-Zentrale verbunden. Der Experte in Norderstedt sieht über die Kamera der Smart Glasses dasselbe wie der Servicemitarbeiter vor Ort und kann ihm beispielsweise im Bild genau die Schaltstellen markieren, an denen er ansetzen soll. HPS-Geschäftsführer Bernd Mähnss erklärt: „Die Pandemie hat bei uns den entscheidenden Impuls ausgelöst, verstärkt in den Remote Support zu investieren. So bieten wir unseren Kunden auch auf Distanz und ohne das Risiko einer Reise den bestmöglichen Service.“ Die Technik kann zum Wettbewerbsvorteil werden, denn die smarte Brille spart Zeit, Reisekosten und personelle Ressourcen. Mähnss: „Während sich unsere Experten früher häufig schon bei Kleinigkeiten auf die Reise gemacht haben, sind mit der Viewpoint-Brille nun schnelle Ferndiagnosen möglich und wir können unsere Einsätze effizienter planen.“ Für die Zukunft beabsichtigt das Unternehmen, auch Schulungen mit Smart Glasses anzubieten. So können Videos von bestimmten Prozessen oder komplizierteren Wartungsarbeiten aufgenommen und den Kunden zur Verfügung gestellt werden. Reisen während der Pandemie will auch das Trainingsteam des Windkraftanlagenbauers Nordex Energy vermeiden. Deshalb wurden zahlreiche Trainingseinheiten digitalisiert und auf Online-Trainings umgestellt. Der internationale Windanlagenhersteller mit Hauptsitz in Hamburg beschäftigt weltweit rund 8.500 Mitarbeiter, davon allein 2.500 Servicetechniker. Die riesigen Nordex-Anlagen produzieren in Europa, den USA, Südamerika, Indien und Australien Strom. Sie haben teilweise einen Rotordurchmesser von 150 Metern und die


Der Windkraftanlagenbauer Nordex schult sein Servicepersonal seit Beginn der Pandemie online: Trainer werden etwa von Kameras begleitet, während sie an Umrichtern arbeiten.

Gondeln mit Generatoren für mehrere Megawatt Leistung befinden sich in 160 Metern Höhe. Klar, dass das Unternehmen für den Aufbau, die Montage, die Wartung und Instandhaltung dieser technisch anspruchsvollen Großanlagen speziell geschultes und trainiertes Personal benötigt. Für Schulungen hat das Unternehmen in Hamburg seine Global Technical Academy aufgebaut. Hier arbeiten rund zwei Dutzend Expertinnen und Experten gemeinsam mit externen Trainern daran, kontinuierlich mehrere tausend Nordex-Kräfte auf der ganzen Welt zu schulen. Allein im Jahr 2020 haben 30 Trainer rund 4.000 interne Teilnehmer fortgebildet. Dabei ist die Palette der Schulungen sehr weit gefasst. Typische Trainings beziehen sich auf alle Komponenten der Windkraftanlagen: vom Brandmeldesystem über Steuerungs-Hard- und -Software bis hin zu Frequenzumrichtern. Außer Grundlagen- und Auffrischungsschulungen für NordexBeschäftigte und Subunternehmer werden spezifische Trainingsmodule für Nordex-Kunden angeboten.

Fotos: Nordex

80 Prozent der Trainings digitalisiert

Manuela Thede, Trainingskoordinatorin der Global Technical Academy, erklärt, dass einige grundlegende Trainings für das sichere Arbeiten an Windturbinen, wie etwa Arbeiten in der Höhe, natürlich nicht online absolviert werden können. „Aber zahlreiche Komponententrainings haben wir komplett digitalisiert. So haben wir beispielsweise Umrichter-Schulungen so eingerichtet, dass unsere Trainer in der Akademie an den Umrichtern arbeiten und dabei von Kameras begleitet werden. Derart können die Teilnehmer in aller Welt sehen, was im Einzelnen gemacht werden muss.“ Umgekehrt gibt es für kleinere, versandfähige Komponenten

Manuela Thede Trainingskoordinatorin Nordex in Hamburg

wie die Brandmeldeanlage aber auch kleine Teilnehmergruppen am Trainingsobjekt vor Ort und die Trainer sind aus Hamburg online zugeschaltet. Fast 80 Prozent der von der Academy angebotenen Trainings wurden vollständig oder teilweise digitalisiert. „Wir setzen auch verstärkt auf neue Trainingsmethoden wie Blended Learning, das heißt, es werden verschiedene Schulungsarten wie Webinare, E-Learning, Präsenztraining, Lernen in der Praxis und Selbstlernen innerhalb eines Trainings kombiniert", berichtet Thede. Die Pandemie sei zwar nicht die Initialzündung für die zunehmende Verlagerung der Trainings in die Online-Welt gewesen, aber sicher ein Beschleunigungsfaktor, meint die Trainingskoordinatorin. Inzwischen überprüfe die Global Technical Academy, welche Trainings auch nach der Pandemie weiter online stattfinden sollen und welche Schulungen mit anderen Methoden besser durchgeführt werden könnten. Die Vorteile von Webinaren und E-Learnings seien jedoch nicht von der Hand zu weisen: Lange und zeitintensive Reisen entfallen, die Mitarbeiter könnten flexibler und schneller an die Trainings herangeführt werden und der Ressourcenaufwand werde minimiert. „Wir legen Wert auf kundenorientierte und kosteneffiziente Trainings. Dabei hilft die Digitalisierung enorm und insofern hat die Pandemie uns einen signifikanten Schub gegeben“, resümiert Thede. Lothar Steckel

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Als sich im März 2021 der Containerriese „Ever Given“ im Suezkanal verkeilte, war die Not groß. Die Passage zwischen Rotem Meer und Mittelmeer zählt zu den wichtigsten Wasserstraßen der Erde, rund zehn Prozent des Welthandels laufen durch den Kanal. Und plötzlich war alles tagelang blockiert. Umso größer war die Freude, als es schließlich gelang, den Havaristen freizuschleppen. Mehrere Schlepper kamen dabei zum Einsatz, und einer davon war die „ALP

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Guard“, ein 24.500 PS starkes Spezialschiff, das in Cuxhaven gebaut und von der Hitzler Werft in Lauenburg konstruiert worden war. „Natürlich haben wir die Bilder gespannt im Fernsehen verfolgt“, erzählt Marek Klimenko, unter dessen Leitung die Konstruktion in Lauenburg stattgefunden hatte. „Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht. Wenn man elf Monate lang intensiv an so einem Projekt arbeitet, erkennt man so ein Schiff auf den ersten Blick.“

Foto: Christian Augustin

Doppelspitze: Marek Klimenko (r.), der seit 31 Jahren für Hitzler tätig war, übernahm die Werft gemeinsam mit seinem Sohn Kai.


r e Unt r e neu e g g a Fl Eigentümerwechsel bei der Hitzler Werft – der Lauenburger Betrieb wurde vom Chefkonstrukteur und seinem Sohn übernommen. Heute, 13 Jahre nach dem Stapellauf der „ALP Guard“, arbeitet Klimenko immer noch auf der Hitzler Werft, aber mittlerweile unter anderen Vorzeichen: als Chef. Denn Anfang März 2021 übernahm der 58-Jährige den kompletten Betrieb, gemeinsam mit seinem Sohn Kai (26). Die Betriebsversammlung, auf der die Neuigkeit verkündet wurde, werde er nie vergessen, erzählt Marek Klimenko. Der bisherige Besitzer Franz C. Hitzler hatte früh mit der Suche nach einer passenden Nachfolge-

lösung begonnen, aber es war schwieriger als gedacht. Insgesamt dauerte die Suche mehr als acht Jahre.

Zahlreiche Investoren waren interessiert

„Die Investoren gaben sich die Klinke in die Hand“, sagt ­K limenko. „Im Gespräch waren ganz unterschiedliche Ideen, doch viele passten einfach nicht.“ Die einen Interessenten wollten lediglich bestimmte Teile der Werft erhalten, die anderen schielten auf die Immobilie und

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hatten vor, auf dem Gelände nahe der Lauenburger Kanalbrücke Wohnungen zu errichten. Irgendwann begannen auch die Klimenkos, sich mit dem Thema zu befassen. „Wir hörten, dass der Betrieb verkauft werden soll“, erzählen sie bei einem Gang über das Werftgelände. „Gleichzeitig wuchs damit allerdings auch bei uns und den anderen Kollegen die Sorge, dass das Neubaugeschäft früher oder später eingestellt würde.“ Also nahmen sie 2019 erste Gespräche mit den Banken auf und sondierten die Lage. Und offenbar sprang der Funke über, jedenfalls reagierten die Ansprechpartner in der Kreditabteilung positiv. Klimenko: „Im Herbst 2020 gab die Bank dann ihr Okay, und Ende Februar war alles in trockenen Tüchern. Seit Anfang März leiten wir die Werft nun als Doppelspitze.“

Maritime Weltneuheit in der Pipeline

Eine gute Nachricht, auch für die rund 50 Beschäftigten des Unternehmens. Sie haben aktuell richtig gut zu tun und müssen keinen Kahlschlag befürchten. Ein Auftrag, der bereits in der Pipeline ist, dürfte international

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für große Aufmerksamkeit sorgen, handelt es sich doch um eine echte Weltneuheit. Die Werft soll für die Firma Wallaby Boats aus Kappeln das weltweit erste Arbeitsschiff mit Federung bauen. Klingt komisch, ist aber so. Das Prinzip der Konstruktion ist ebenso einfach wie effektiv: Mithilfe eines Federungssystems soll die Fahrt für die Passagiere sicherer und angenehmer werden, Seekrankheit soll demnach der Vergangenheit angehören. Den Kooperationsvertrag unterschrieben die beiden Unternehmen im Beisein von Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). „Das Start-up Wallaby Boats zeigt einmal mehr, wie innovativ und wettbewerbsfähig unser Mittelstand im echten Norden ist. Es freut mich sehr, dass hier das weltweit erste Boot seiner Art gebaut wird“, so der Minister. Das Prinzip „gefederte Katamarane“ ist nicht neu und stammt aus Australien: Nauti-Craft baut bereits Boote solcher Art, Wallaby Boats überträgt das System jetzt erstmals auf die kommerzielle Schifffahrt. Bei Wallaby sind die Rümpfe des Katamarans vom Brü-

Fotos: Christian Augustin

Komponentenbau in der Werfthalle: Das Deckshaus der „Chicago“ wurde separat gebaut (Foto rechts) und per Kran auf das emissionsarme Planierschiff aufgesetzt (Foto unten).


Maßarbeit von Hand: Deckshaus und Schiffsrumpf wurden von der Hitzler Werft in Lauenburg getrennt voneinander gebaut. Deshalb konnte der Neubau viel schneller fertiggestellt werden als üblich.

ckendeck, dem „Chassis“, getrennt und über vier Federbeinkonstruktionen mit diesem verbunden. Genutzt werden sollen die Boote hauptsächlich für den Crew-Transport in der Offshore-Industrie und für Lotsen. Dank der ausgefeilten Technik ist es möglich, den Einfluss des Seegangs auf die Personen an Bord um mindestens 40 Prozent zu reduzieren. Das macht den Überstieg der Techniker auf Offshore-Windkraftanlagen oder der Lotsen auf Frachtern erheblich komfortabler und sicherer. Der Prototyp soll bereits Anfang des zweiten Quartals 2022 in Lauenburg vom Stapel laufen.

Danach wird sich zeigen, ob das Konzept funktioniert, denn das Schiff soll künftig Servicepersonal und Techniker zu den EnBW-Windparks „Baltic 1“ und „Baltic 2“ auf der Ostsee bringen. Anschließend soll der innovative Zubringer in den rauen Gewässern der Nordsee und des Ärmelkanals getestet werden. Ähnlich ungewöhnlich ist ein anderer aktueller Auftrag: der rund 25 Meter lange Neubau, der im Auftrag der Flotte Hamburg entsteht und schon weitgehend fertig ist. Es handelt sich um ein sogenanntes Planierschiff mit „Schlickpflug“, das bei ablaufendem Wasser liegen

Schwerer Brocken: Das fertige Deckshaus des Planierschiffs hat ein Gesamtgewicht von 25 Tonnen. Um diesen schweren Decksaufbau mit dem Kran auf den Schiffsrumpf heben zu können, wurden vorher extra Laschen angeschweißt.

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gebliebenen Schlick aus den flacheren Bereichen des Hafens dorthin ziehen soll, wo die Baggerschiffe ihn ohne großen Aufwand beseitigen können.

Alternative Antriebe immer wichtiger

Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass das Sediment im Gegensatz zur ansonsten üblichen Wasserinjektion nicht übermäßig aufgewirbelt wird. Davon profitieren nicht nur die Fische, sondern auch alle anderen Lebewesen, die sich mittlerweile wieder in der Elbe tummeln. Auch mit anderen Merkmalen kann die „Chicago“ ökologisch punkten. Sie ist mit einem Hybridmotor und einem leistungsstarken Batteriepack ausgestattet und kann damit im Hafengebiet weitgehend emissionsfrei arbeiten. Die Akkus können sowohl in den Pausen an der Ladestation als auch während des Einsatzes mithilfe des bordeigenen Stroms geladen werden. Kai Klimenko: „Die Nutzung alternativer Antriebstechniken wird perspektivisch immer wichtiger, auch in der maritimen Welt. Insofern freut es uns sehr, dass wir mit unserem Hybridantrieb zeigen können, was technisch und wirtschaftlich möglich ist.“

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Der 26-Jährige hat Betriebswirtschaft studiert und ist damit eine perfekte Ergänzung zu seinem technisch begabten Vater, der vor 31 Jahren aus Polen nach Deutschland kam und Schiffbauer mit Leib und Seele ist. Gelernt hat er sein Handwerk auf einer Werft in Gdansk, dem früheren Danzig. Der polnische Betrieb wurde Anfang der 1980er-Jahre weltweit bekannt, weil der Elek­ triker Lech Walesa dort die Gewerkschaft Solidarność gründete. Sie hatte entscheidenden Einfluss auf die politische Wende in Polen und auf das Ende des Kommunismus in den Ländern Osteuropas. Als die Grenzen schließlich offen waren, ging Marek Klimenko 1990 nach Deutschland und landete in Lauenburg. „Dort habe ich in der Hitzler Werft sofort eine Arbeit als Schleifer bekommen“, erzählt er. „Dafür bin ich noch heute dankbar.“ Doch Marek Klimenko war ehrgeizig und machte schnell Karriere. Nach Stationen im Modellbau, als Konstrukteur und Projektleiter wurde er schließlich Leiter des Konstruktionsbüros. Dass er nun nach 31 Jahren zum Geschäftsführer und Inhaber geworden ist, sieht Marek Klimenko als „Krönung meines Lebenswerks“. Die Übernahme der Werft war für ihn kein Investment, sondern eine Herzensangelegenheit.

Fotos: Christian Augustin

Funkenflug im Maschinenraum: Flexarbeiten vor der Installation des Hybridantriebs der „Chicago“ (Foto oben). Das Schiff eignet sich auch für Messfahrten. Daher hat sie einen runden Schacht, durch den das Echolot und andere Instrumente heruntergelassen werden (Foto links).


Gefederter Katamaran: Die Ferderbeinkon­ struktion des Start-ups Wallaby Boats aus Kappeln im Modell.

Präsentation mit Minister: Bernd Buchholz (FDP, 2. von links) mit Marek und Kai Klimenko und WallabyVertretern bei der Vorstellung des Schiffmodells.

Ähnlich sieht es Sohn Kai. „Wir haben von Franz C. Hitzler nicht nur ein spannendes Unternehmen übernommen, sondern vor allem Verantwortung für die 50 Kollegen, die hier arbeiten und meinen Vater alle persönlich kennen. Wir fühlen uns den Traditionen der Werft verpflichtet und der Stadt Lauenburg eng verbunden.“

Die beiden Klimenkos sind übrigens nicht das einzige Vater-Sohn-Gespann bei Hitzler. Da die Fluktuation in der Belegschaft vergleichsweise gering ist, sind viele Mitarbeiter schon seit Jahrzehnten dabei. Und gleich drei Kollegen haben inzwischen auch einen Sohn, der auf der Werft mitanpackt. Clemens von Frentz

Geschützt vor Wind und Wetter: Die große Halle der Hitzler Werft liegt direkt am südlichen Ufer der Elbe in Lauenburg.

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Stiftung

k i s u M Mit t f n u k u in die Z

Der Termin Ende Oktober im Schloss Hasenwinkel in Mecklenburg-Vorpommern steht bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgewählter norddeutscher Musikfestivals fest im Kalender. Keiner hätte beim ersten Treffen vor zwei Jahren in Schwerin gedacht, dass sie sich einmal so entschlossen gemeinsam auf den Weg machen würden. So heterogen die Institutionen im „Netzwerk Norddeutsche Musikfestivals“ auch sind, so sehr eint sie die gemeinsame Herausforderung: Jugendliche und junge Erwachsene mit ausgefeilten Angeboten für klassische Musik zu begeistern. Das Netzwerk zum Wissenstransfer für Strategien, mit denen neue Konzertbesucher angelockt werden können, wurde von der NORDMETALL-Stiftung initiiert. Es bewährt sich auch in einer Zeit, in der die gesamte Konzertlandschaft nie zuvor erlebte Einschnitte erfährt.

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Hannah Bregler, zuständig für die Konzertplanung beim „Schleswig-Holstein Musik Festival“ (SHMF) und „JazzBaltica“, blickt auf die vergangenen achtzehn Monate zurück: „Die schnelle und kompetente Unterstützung der NORDMETALL-Stiftung gleich zu Beginn der Pandemie war ein wichtiger Impuls in diesen un­ sicheren Zeiten. Da noch niemand wusste, wie sich die Situation entwickelt, unter welchen Umständen und wann überhaupt wieder Veranstaltungen möglich waren, war der Austausch zwischen den Festivals auf Initiative der NORDMETALL-Stiftung eine wichtige Säule.“ Mit dem Festivalteam konzentrierte sich Bregler auf die Chancen in der Krise, agierte flexibel und probierte Neues aus: Aufführungen open air auf mobilen und festen Bühnen oder im Virtuellen. Auch für das junge Publikum machte sich die Kulturmanagerin weiterhin stark, verschaffte Jugendlichen

Foto: Jakob Stolz

RDMETALLO N r e d i e b t h e sik st klassischer Mu g n ru e ladung arbeiten rd in ö E F n ie re D e d f u A . nda land ben auf der Age o z n a g g nz Norddeutsch a n g u ft in ti S ls a iv st fe usik Jahr bis zu 15 M s e d je rentwicklung 19 e 0 it 2 e it W se r e d n a n sche ran, junge Men a d m sa in e m e g en. iebes zu beteilig tr e b ik ss la K s e d


Im Hamburger Gängeviertel mit Musik, Workshops und künstlerischem Rahmenprogramm gestartet, dann wegen des wachsenden Erfolgs auf den Club „Hafenklang“ ausgewichen, führte das „feel.jazz“-Festival in diesem Jahr eine verkleinerte Open-Air-Version im Oberhafen durch. Die Band „Skilbeck“ in Aktion (v. l. n. r.): Leon Saleh, Max Boehm, Max Rademacher.

Hannah Bregler vom Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) probierte viel Neues aus, organisierte Open-Air-Aufführungen auf mobilen und festen Bühnen und hat das junge Publikum dabei im Blick.

bei der „JazzBaltica“ trotz Corona-Beschränkungen Zugang zum Set eines ZDF-Konzertmitschnitts. So konnten die jugendlichen „Schreibmatrosen“ Musikerinnen und Musiker auf Abstand befragen, journalistische Erfahrungen sammeln und professionell angeleitet in den „Lübecker Nachrichten“ berichten. Beim SHMF streamten wiederum andere Jugendliche Videoanleitungen für den Instrumentenbau für Kinder.

Fotos: SHMF

Social Media im Kulturbetrieb

„Im Netzwerk konnten wir unkompliziert Erfahrungen austauschen, beispielsweise zu Hygienekonzepten oder Sitzplänen. Und wir gaben uns hilfreiche Anregungen zu digitalen Arbeitstools und der Verwendung von So­ cial Media im Kulturbereich“, sagt Bregler. Junge Menschen erleben die aus der Pandemie erwachsene Unsicherheit als besonders belastend. Deshalb haben Kulturinstitutionen gerade jetzt den wichtigen Auftrag, diese Zielgruppe anzusprechen und einzubinden. Nichts ist ermutigender und befreiender als zu spüren, dass man selbst mit seinen Ideen und Fähigkeiten etwas bewirken und gestalten kann. Klassische Musikbetriebe brauchen verstärkt diesen jungen, unverstellten Blick auf ihre Arbeit, um auch diese Zielgruppe adäquat einladen zu können.

Den Podcast „Was läuft?“ erstellte Schülerin Mette Helbig (Foto u.) zusammen mit Moritz Lücke und Louis Bertram für das SHMF zum diesjährigen Schwerpunkt-Komponisten Franz Schubert.

Drei Spezialistinnen reichern den internen Erfahrungsaustausch des Netzwerks an. So ist Katharina von Radowitz vom „Netzwerk Junge Ohren“ aus Berlin mit ihrer langjährigen Expertise für Musikvermittlung von Anfang an als Moderatorin und Impulsgeberin mit dabei. Die britische Beraterin Julie Aldridge brachte spannende Beispiele aus dem internationalen Musiksektor mit: Wie verhalten sich einzelne Zielgruppen? Wer kommt unter welchen Umständen zuerst zurück, wer zuletzt, wer gar nicht mehr? Dabei wurde auch besprochen, welchen Einfluss das Ticketkaufverhalten einzelner Zielgruppen auf den Festivalbetrieb hat und welche Modelle besonders wirksam sind, um den Bedarf junger Menschen zu berücksichtigen. Elena Kountidou vom Konzerthaus Berlin tauschte mit dem Netzwerk erfolgreiche Strategien für das Social-Media-Marketing aus. Mit ihrem Team erprobt sie Vermittlungskonzepte für klassische Musik im digitalen Raum, darunter auch einige Projekte in Augmented und Virtual Reality. Über die Festivalsaison hinaus geht der „Schönberger Musiksommer“ und arbeitet mit Jugendlichen an einem neuen Konzept, das tief in Schule hineinwirkt. Gemeinsam mit dem Ernst-Barlach-Gymnasium startet das

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Coronakonformer Check-in bei den „Gezeitenkonzerten“: Trotz wenigen Plätzen und eines Stammpublikums mit Vorkaufsrechten besuchte vermehrt junges Publikum das Festival.

Junges Kulturmanagement

Auch die Körperschaft Ostfriesische Landschaft spricht seit Jahren mit ihren „Gezeitenkonzerten“ junges Publikum an. Ähnlich wie der „Schönberger Musiksommer“ in Mecklenburg-Vorpommern regt das Team aus Aurich Schülerinnen und Schüler dazu an, das Künstler­ management, die Werbung sowie die Vorbereitung ei-

Jung, musikalisch und engagiert: Das Organisationsteam des „feel. jazz“-Festivals (v. l. n. r.): Carolin Eberle, Nadine Schwalbe, Julia Meggle und Jennifer Schmid.

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Jazzmusik für die eigene Generation

Das Hamburger „feel.jazz“-Festival ist eine der jüngsten Organisationen im „Netzwerk Norddeutsche Musikfestivals“. Dabei ist nicht nur die Gründung vor fünf Jahren gemeint, sondern vor allem das Team junger Kultur­ managerinnen und -manager, das sich bereits während des Studiums für den Jazz stark machte. Gemeinsam wollen sie Jazzmusik über alle Sinne erfahrbar machen und auf die Bedürfnisse ihrer Generation eingehen. Dabei erreichen sie mit großem Erfolg Jazz-unerfahrenes Publikum. Gerade in diesem Jahr ist der Druck auf die ehrenamtlichen Organisatoren durch ein verkleinertes Team, Planungsunsicherheiten und den unbeeinflussbaren „Faktor Wetter“ groß. Die wachsende „feel.jazz“-Community erreicht die Initiative vor allem über Facebook und Instagram. Auf diesen Kanälen spiegelt sich Begeisterung darüber wider, dass das zweitägige Format überhaupt stattfindet, wenn auch nicht als rauschendes Nachterlebnis, sondern nach

Fotos: Jakob Stolz, Gezeiten Festival

Team einen Piloten, der das Wahlplichtfach „Musikbusiness“ auf den Stundenplan setzt. Im Rahmen des Schulunterrichts werden Jugendliche gezielt ausgebildet, beim „Schönberger Musiksommer“ Konzerte für junges Publikum zu organisieren. Seit 35 Jahren fest verwurzelt in der Konzertlandschaft, ist das Festival in der Zusammenarbeit mit Schulen in Nordwestmecklenburg routiniert. Doch das ist neu: „Musikbusiness“ umfasst alle Aspekte, die bei einem Konzertvorhaben von Bedeutung sind. Begleitet und angeleitet werden die Schülerinnen und Schüler von Profis aus den Bereichen Grafik und Design, Fotografie und Video, Konzertmanagement und Organisation. Sie lernen Berufsfelder kennen, entwickeln unternehmerisches, projekt- und zielgruppenorientiertes Verständnis und kommen in direkten Kontakt mit klassischer Musik. Am Schuljahresende wird ein Abschlusskonzert die Handschrift der jungen Menschen tragen.

gener Konzertformate zu übernehmen – hier allerdings nicht im Rahmen des Schulunterrichts, sondern mithilfe von Projekten wie „TONALi“. Darüber hinaus sollen alle Plätze und Preiskategorien in den etwa dreißig Konzerten für junge Menschen bis 27 Jahre erschwinglich und erreichbar sein. Dem Veranstalter gelingt es, auch durch die Unterstützung der NORDMETALL-Stiftung, von Jahr zu Jahr mehr der vergünstigten Plätze für 5,50 Euro an die jungen Besucherinnen und Besucher zu vergeben. Das ist ein enormer Erfolg – insbesondere, da zeitweilig auch mit besten Hygienekonzepten die Konzertsäle nur zu dreißig bis vierzig Prozent ausgelastet werden durften.


den Hygienebestimmungen mit kleinem Publikum, am Nachmittag beginnend.

Partnerschaftliche Struktur mit Weitblick

Fotos: Oliver Röckle, Pablo Castagnola, Julie Aldridge, Karte: Mirja Tschakarov

Seit 2020 fordert die NORDMETALL-Stiftung verstärkt ein, Vermittlung und Besucherfokussierung als Querschnittsthemen in den Kulturinstitutionen zu etablieren, Beziehungen mit dem Publikum neu zu gestalten und mehr Diversität zu ermöglichen. Gleichzeitig bietet die Stiftung eine Allianz im Transformationsprozess an. Damit verfolgt sie nicht nur das definierte Ziel, sondern lernt im gemeinsamen Handeln den Bedarf der Förderpartner besser kennen, stärkt die Entwicklung neuer Arbeitsformen und wandelt sich selbst als lernende Organisation. „Nahbar, wertebasiert und verlässlich möchten wir das ,Netzwerk Norddeutsche Musikfesti-

vals‘ gestalten, das wiederum innovationsbereite Personen in ihrem jeweiligen Vorhaben stärkt“, sagt Kirsten Wagner, Geschäftsführerin der NORDMETALL-Stiftung. „In Kooperation mit anderen Institutionen, aber auch in engem Austausch mit der Kulturpolitik, sucht die Stiftung nach Synergien und Hebelwirkungen, um so bestmöglich zukunftsweisend und nachhaltig wirken zu können.“ Katja Gondert

Als Spezialistin für Business Models, Marketing und Audience Development sowie Organisationsentwicklung hilft Julie Aldridge Organisationen dabei, ihr Publikum besser zu erreichen. Gemeinsam diskutierte das Netzwerk, welche innovativen Piloten übertragbar sind und welche Details angepasst oder weiterentwickelt werden müssen.

Katharina von Radowitz, Geschäftsführerin beim „Netzwerk Junge Ohren“, vernetzt mit ihrem Team Musikvermittlerinnen und -vermittlern in der D-A-CH-Region. Das Netzwerk steht für Musik am Puls der Gesellschaft und setzt sich mit Beratungsangeboten und Projekten wie dem „Junge Ohren Preis“ für mehr Diversität, Inklusion und Interdisziplinarität im Musikleben ein.

Für „#konzertZUhaus“ wurde Elena Kountidous Kommunikationsabteilung des Konzerthauses Berlin 2020 mit dem Deutschen Preis für Onlinekommunikation ausgezeichnet. Auf Einladung gibt sie im Netzwerk ihre Erfahrungen mit erfolgreichem SocialMedia-Marketing weiter.

Kammermusikfest Sylt S CH L E S W IG H OL S T E IN

JazzBaltica Schleswig-Holstein Musikfestival Raritäten der Klaviermusik Musikfreunde Kiel

MECKL ENBURG-V O RPO MMERN Festspiele Mecklenburg-Vorpommern Orgelspiele Mecklenburg-Vorpommern

HA MBURG Gezeitenkonzerte

International Music Festival Buxtehude

feel.jazz Festival

Usedomer Musiksommer Schönberger Musiksommer

Ensemble Resonanz

NIEDERSA C HS E N U N D BR E ME N Musikfest Bremen

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No r th e rn

Made in Germany

Gusseisen-Reparaturen 1952

Metalock Engineering Germany – Norderstedt

Fotos: Metalock

Der Hidden Champion aus Norderstedt beherrscht eine einzigartige Reparaturmethode für beschädigte Gusseisenteile, die selbst große Löcher in Motorblöcken verschließt – und das ganz ohne Schweißen. Autoliebhaber wissen: ein Mercedes-Benz 540K ist ein ganz besonderer Schatz. Schade nur, wenn der Achtzylindermotor dieses Oldtimers streikt. Frostschaden. Mit vorgeschraubtem Blech nicht zu reparieren. Für die Spezialisten von Metalock ist so ein Loch jedoch gar kein Problem. Mithilfe ihres zertifizierten Kaltverfahrens konnten sie das schmucke Gefährt aus den 1930er-Jahren wieder in Gang bringen. Metalock ist auf mobile mechanische Bearbeitung, Schweißen, Kaltriegelverfahren und Überholung von Produktionsmaschinen spezialisiert – und entwickelt Tools und Techniken für Kunden auf der ganzen Welt. Im Jahr 1952 als „Deutsche Metalock“ in Hamburg gegründet, ist sie heute mit rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Gesellschaft der Metalock Engineering Gruppe. Die Firmenzentrale befindet sich schon seit Jahrzenten in Norderstedt. Weitere Standorte gibt es in Oberhausen, Bochum, Mannheim und München. Im Bereich der sogenannten Metalock-Reparaturen spielt das Unternehmen seine Erfahrung aus vielen hundert Projekten der vergangenen Dekaden aus. Bereichsleiter der Metalock-Reparaturen, Bernd Thiele, erklärt das Wesentliche: „Für Risse oder Brüche, etwa in Schiffsmotorblöcken oder Karosseriepressen, verwenden wir ein Kaltriegelverfahren, das die schadhaften Stellen in mehreren Arbeitsschritten komplett verschließt. So kann die ursprüngliche Belastung wieder in vollem Umfang auf die Bauteile wirken.“ Mithilfe einer Bohrschablone werden Löcher quer zum Bruch- und Rissverlauf gebohrt und anschließend mittels Druckluftmeißeln miteinander verbunden. Dann werden in die dafür eingebrachten Kettenbohrungen die soge-

nannten Metalock-Riegel eingesetzt und verstemmt, also kraft- und formschlüssig verbunden. Zusätzlich werden entlang der Bruchlinie Gewindelöcher gebohrt, welche dann mit Gewindestiften verschraubt werden. „Für besonders große Schäden fertigen wir auch neue Einsatzstücke, die mit demselben Verfahren eingearbeitet werden“, fügt Thiele hinzu. Zu den Kunden von Metalock zählen Konzerne, aber auch mittelständische und kleine Unternehmen aus der Automobil-, Stahl-, Zement-, Papier- und der chemischen Industrie, aus dem Maschinenbau, der Energieversorgung und der Schifffahrt. Zu den umsatzstärksten Dienstleistungen des Unternehmens gehört inzwischen die mobile mechanische Bearbeitung. Metalock ist einer der wenigen Anbieter weltweit. Vor Ort werden große Anlagen modernisiert und gewartet. Dafür fliegt das Team oft auch mit einem Hubschrauber an. So sind Reparaturen an schwer erreichbaren Einsatzorten problemlos möglich. „Unsere Kunden schätzen außer unserem fachlichen Wissen und Können unsere Schnelligkeit und das Engagement unserer Spezialisten – insbesondere deren Einsatzbereitschaft rund um die Uhr, auch an Feiertagen!“, betont Geschäftsführer Thomas Großgarten. Coronabedingt verzeichnet Metalock derzeit vermehrt Anfragen und Aufträge für Vor-Ort-Reparaturen im Energiesektor. „Während der Coronakrise wurden Instandsetzungen an systemrelevanten Energieanlagen auf der ganzen Welt aufgeschoben“, erklärt Großgarten. „Nun müssen diese unter hohem Zeitdruck bis Ende des Jahres nachgeholt werden. Wir sind also gerade sehr gut ausgelastet.“ Albina Stelle

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AUS DER HAUPTSTADT Die im Einsatz für die Unternehmen Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) setzt sich seit mehr als 20 Jahren für ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ein, das auf Freiheit und Verantwortung fußt. Getragen wird das Engagement von den Arbeitgeber­ verbänden der Metall- und Elektroindustrie, darunter auch NORDMETALL. Hier berichten wir über die aktuelle Arbeit.

INSM-Bildungsmonitor 2021: Licht und Schatten im Norden – Hamburg auf Platz 3 Die norddeutschen Bundesländer haben sich im INSM-Bildungsmonitor 2021 recht unterschiedlich geschlagen. Während Hamburg sich nunmehr auf den dritten Platz vorgearbeitet hat dank deutlicher Verbesserungen und Stärken etwa bei der Förderinfrastruktur, ist Bremen Schlusslicht. Niedersachsen schafft es auf den achten Platz, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern direkt dahinter und Schleswig-Holstein auf Rang 11. Erstmals gab es im Rahmen des INSM-Bildungsmonitors eine Befragung von Lehrkräften und Eltern, um die Folgen der Coronapandemie auf das Lernen zu untersu-

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chen. Die norddeutschen Bundesländer waren wegen relativ niedriger Coronainzidenzen im Frühjahr nicht von Schulschließungen ab Mitte April 2021 aufgrund der Bundesnotbremse betroffen. Das dürfte zum Teil erklären, warum die Eltern in der Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut Civey vergleichsweise zufriedener mit den Lernangeboten der Schulen ihrer Kinder waren als der Bundesdurchschnitt. Ausreißer war hier allerdings Mecklenburg-Vorpommern: Dort zeigten sich fast 70 Prozent der befragten Eltern eher unzufrieden oder sehr unzufrieden – gegenüber nur rund 40 Prozent in Hamburg. Die Befragung von Lehrkräften zeigte, dass diese – bundesweit – fast zur Hälfte gravierende Lernrückstände bei über der Hälfte der Schülerinnen und Schüler feststellten. Wegen der Folgen der Coronapandemie auf den Bildungsbereich sind daher für die nächsten Jahre wohl Rückschläge zu erwarten.


Fotos: Holger Martens

MEHRWERT VERBAND Das AFZ Rostock im alten Fischereihafen ist Anziehungspunkt für Aus- und Weiterbildungswillige (kl. Foto) aus ganz Deutschland.

Folge 65: Aus- und Fortbildungszentrum Rostock

Vom Fischkombinat zur Fachkräfteschmiede Auf dem Campus am Kai im alten Rostocker Fische­rei­ hafen erinnert kaum noch etwas an das Fischkombinat, den größten Hochseefischereibetrieb der DDR. Vor 30 Jahren, als NORDMETALL, das Aus- und Fortbildungszentrum (AFZ) mit aus der Taufe hob, mag das anders gewesen sein. Damals als Verein gestartet, hat sich das AFZ innerhalb von nur drei Jahrzehnten zu einem modernen, staatlich anerkannten Bildungszentrum mit überregionaler Anziehungskraft entwickelt. Wer heute den langen Gebäudekomplex an der Kaikante besucht, taucht sofort ein in einen Kosmos aus mehr als 14 Bildungswelten – umfassende Angebote zur Fachkräftequalifizierung für die maritime Wirtschaft, die Offshore-Industrie, aber auch Handel und Logistik, Gastronomie und Tourismus oder Gesundheit und Pflege. In speziellen Werkstätten für Metall- und Elektrotechnik, Pneumatik, Hydraulik oder Automatisierungstechnik können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihr theoretisches Wissen unmittelbar in der betrieblichen Praxis erproben: Es wird programmiert, berechnet, gelötet, gebohrt und gefräst – ganz gleich, ob in Kursen zur Vorbereitung einer Berufsausbildung, zur Einstiegsqualifizierung oder in einer Aus- und Fortbildung bis hin zum Bachelor- und Master-Niveau. Mittlerweile betreibt das AFZ Rostock auf seinem Campus am Kai sogar ein eigenes Restaurant samt Hotelbetrieb. Die Prioritäten von Geschäftsführerin Irmhild Düwel sind während der Coronapandemie jedoch anders gelagert: „Jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu bieten, liegt uns sehr am Herzen. Das gilt insbesondere

in diesen außergewöhnlichen Zeiten. Daher haben wir innerhalb kurzer Zeit digitale Unterstützungsangebote für junge Auszubildende geschaffen, in neue Technik investiert und, wo es möglich war, auch den persönlichen Austausch gefördert.“ Unermüdlich ermutigt Düwel Unternehmen, Ausbildung als „Investition in die Zukunft“ zu begreifen. Das AFZ Rostock und seine rund 100 Angestellten seien für viele Firmen ein bewährter Navigationspunkt, um eigene Fachkräfte weiterzuentwickeln und neue heranzubilden. Nach wie vor ist NORDMETALL dem AFZ Rostock als Gesellschafter verbunden und auch im Vorstand des AFZ-Fördervereins aktiv. Von 2012 bis 2020 prägte der frühere NORDMETALL-Präsident Thomas Lambusch die Geschicke des Fördervereins als dessen Vorsitzender. „Die Digitalisierung lässt neue Geschäftsmodelle und Berufsbilder entstehen, alte verändern sich. Doch eines bleibt: Die Ressource Bildung ist der entscheidende Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft“, begründet er dieses langjährige Engagement. BiB

Kontakt: Weitere Informationen bei Irmhild Düwel (Geschäftsführerin) Tel.: 0381 8017-0 E-Mail: afz@afz-rostock.de Internet: www.afz-rostock.de

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Menschen und Meldungen

Blei und Zink wieder vereint

Grüner Stahl

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Hoher Energieaufwand, hoher CO2-Ausstoß – dieses Grundmuster der Stahlerzeugung soll sich ändern. Dazu gibt es jetzt staatliche Förderung für einen emissionsfreien Erzeugungsprozess: Der Hamburger Standort von ArcelorMittal erhält für den Bau der ersten wasserstoffbasierten Produktionsanlage für „grünen“ Eisenschwamm, einem Vorprodukt von Stahl, 55 Mil­ lion­en Euro von der Bundesregierung. „Seit die Menschheit Stahl produziert, braucht sie dafür Kohle. Wir helfen dabei, dass das künftig mit Wasserstoff aus Windund Sonnenstrom gelingt. Die Bundesregierung wird die Stahlindustrie bei der Transformation nicht alleine lassen“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) bei ArcelorMittal. Die Herstellung von Stahl ohne CO2-Emissionen erfolgt mithilfe von Elektrolichtbogenöfen, die mit erneuerbarem Strom betrieben werden. Anstelle von Erdgas wird Wasserstoff für die Reduktion von Eisenerz verwendet. „Mit der geplanten Anlage werden wir erstmals in der Lage sein, 100.000 Tonnen direktreduziertes Eisen für die Stahlerzeugung unter Verwendung von Wasserstoff zu produzieren – und das bereits im Jahr 2025“, erklärte Dr. Uwe Braun, Geschäftsführer von ArcelorMittal Hamburg. AS

Fotos: Clemens von Frentz, Martina Buchholz

Monatelang rang die Weser Metall GmbH um ihre Zukunft, nun ist die Bleihütte unter Führung des Schweizer Rohstoffkonzerns Glencore auf die neu gegründete Firma Nordenham Metall übergegangen und soll nach und nach mit dem bestehenden Glencore-Unternehmen Nordenhamer Zinkhütte zusammenwachsen. Bevor sich die beiden Schwermetallproduzenten im Jahr 2003 trennten, verband sie bereits eine 100-jährige gemeinsame Geschichte, die nun nach 18 Jahren fortgesetzt wird. In Nordenham entsteht jetzt ein großer Standort für die Blei-, Zink- und Edelmetallverarbeitung mit rund 780 Beschäftigten. „Wir werden unsere bisherigen Standards in allen Bereichen deutlich steigern: im Umweltschutz, in der Arbeitssicherheit und auch in strukturellen wie technologischen Fragen. Wir starten einen echten Neuanfang“, sagt Koen Demesmaeker, Geschäftsführer der Nordenham Metall. AS


Gute Stimmung in Rastede

Es war eine ganz knappe Entscheidung beim traditions­ reichen Reitturnier in Rastede. Das Stechen um den NORDMETALL-Preis entschied Mario Stevens vom RUFV Lastrup e. V. mit seinem Pferd Marlou für sich. NORDMETALL-Präsident Folkmar Ukena gratulierte dem Sieger und überreichte den Preis. Das Publikum des 72. Oldenburger Landesturniers erwartete nach der coronabedingten Absage im letzten Jahr nun wieder ein hochklassiges und abwechslungsreiches Programm. Auch Corona­auflagen wie die begrenzte Zuschauerzahl sowie Abstands- und Hygieneregeln taten der guten Stimmung keinen Abbruch. DJ

Seltene Ehrung

Fotos: Katja Weritz, M. Jürgensen, Dirk Heitkötter

Jubiläum in Schenefeld

Seit 50 Jahren arbeitet Dieter Kubitschke bei M. Jürgensen im schleswig-holsteinischen Sörup. Am 1. August 1971 begann er bei dem Schleudergussspezialisten, jetzt konnte die „goldene“ Betriebszugehörigkeit gefeiert werden. Lächelnd erzählt Kubitschke von der Empfehlung seiner Lehrer, er solle doch besser arbeiten gehen, statt weiter die Schulbank zu drücken. Das tat er und startete nach einer Betriebsbesichtigung bei M. Jürgensen als Dreher-Lehrling. In seiner Freizeit baut er an ferngesteuerten LKW im Maßstab 1:14 mit echtem Getriebe. 50 Jahre im Betrieb, heute eher eine Seltenheit und deshalb auch Anlass für Stolz und Freude bei M. Jürgensen. DJ

Um als reiner Lohnfertiger 75-jähriges Jubiläum feiern zu können, muss man hervorragende Qualität liefern. Groth Feinwerktechnik aus Schenefeld gelingt das. Der Zerspanungsbetrieb mit mehr als 100 Beschäftigten wird in dritter Generation von Familie Runde geführt. Die Geschäftsführerin Meike Runde leitet das Unternehmen seit 20 Jahren und betont die enorme Wichtigkeit der Ausbildung für den Unternehmenserfolg. „In der Fertigung haben wir die Hälfte aller Mitarbeiter selbst ausgebildet, das ist bei unserem hohen Anspruch auch enorm wichtig“, so Runde, die viel Wert darauf legt, Potenziale bei ihren Beschäftigten zu erkennen und zu fördern. Der Erfolg gibt ihr Recht: Groth plant einen Erweiterungsbau auf dem Firmengelände. DJ

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Menschen und Meldungen

Größter Auftrag So ein Projekt gab es für thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) noch nie: In Kooperation mit dem norwegischen Industriepartner Kongsberg hat TKMS einen Auftrag für den Bau von sechs U-Booten vom Typ 212 CD erhalten. Die Auftragsübergabe fand am Werftstandort in Kiel mit dem deutschen Verteidigungsstaatssekretär Benedikt Zimmer und der norwegischen Staatssekretärin Tone Skogen statt. Dr. Alexander Orellano (r.), TKMS-Geschäftsführer, hob die gute Zusammenarbeit hervor: „Die deutsch-norwegischen 212CD-Verträge sind ein Meilenstein in der langen Geschichte unseres Unternehmens und ein enormer Schritt in die Zukunft. Wir schlagen ein neues Kapitel modernster U-Boot-Technologie mit erhöhter Einsatzverfügbarkeit und gleichzeitig reduzierten Kosten über den gesamten Lebenszyklus auf.“ Der 5,5 Milliarden Euro schwere Großauftrag umfasst die Auslieferung von vier je 73 Meter langen, 10 Meter breiten und 13 Meter hohen U-Booten an die norwegische Marine und zwei an die deutsche Marine. Der Bau des ersten Unterseebootes wird im Jahr 2023 starten, die deutsche Marine soll ihre Exemplare 2032 und 2034 in Dienst stellen. AS

Die Meyer Werft plant in Rostock ein neues Kompetenzzentrum für Spezialschiffe. An der Warnow sollen besonders innovative Lösungen für zeitgemäßen Schiffbau entwickelt werden, etwa klimafreund­ liche Antriebe und nachhaltige Lösungen zur Schiffsnachrüstung. „Im ersten Schritt möchten wir rund 50 Ingenieure gewinnen“, so Malte Poelmann, Mitglied der Geschäftsleitung Meyer Werft. „Es ist eine Investition in die Zukunft des gesamten Schiffbaustandortes Deutschland. Unsere Wahl für Rostock ergibt sich aus dem maritimen Know-how der Region mit einem starken Netzwerk.“ Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) freute sich bei einem Besuch auf der Neptun Werft über die Gründung: „Diese Entscheidung stärkt den maritimen Standort Rostock und damit Mecklenburg-Vorpommern insgesamt. Das macht Hoffnung für die Zukunft.“ DJ

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NORDMETALL Standpunkte

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Fotos: Meyer Werft, thyssenkrupp Marine Systems

Aufbau in Rostock


Tarifbindung in Deutschland

GRAFIK DES MONATS

M+E-Industrie: Starke Tarifbindung in den alten Bundesländern Anteil tarifgebundener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

25 %

Herst. v. Metallerzeugnissen

8% 35 %

Herst. v. EDV-Geräten, el. Erzeugnissen

k.A. 35 %

Reparatur v. Maschinen u. Ausrüstungen

22 % 49 %

Maschinenbau

21 % 56 %

Herst. von elektrischen Ausrüstungen

18 % 62 %

Metallerzeugung und -bearbeitung

52 % 69 %

Straßenfahrzeugbau

53 % 71 %

Sonstiger Fahrzeugbau

38 %

0

10

20

alte Bundesländer

30

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50

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neue Bundesländer

Hoher Organisationsgrad in Großbetrieben* 80 %

Anteil tarifgebundener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

52 %

Illustration: Mirja Tschakarov

11 %

17 %

29 %

43 %

Betriebsgröße (Beschäftigte): 1-9

10-49

50-249

250-499

500-999

1000+

Quelle: DESTATIS 2021, Datenstand 2018 * über alle Branchen Deutschlands

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WIR FÜR SIE

Unsere Fachleute für Künstliche Intelligenz Für NORDBILDUNG bringen Marco Swyter und Laura Tönnsen ihre Exper­ tise in das neue Regionale Zukunftszentrum Nord ein.

Kontakt: Marco Swyter Tel.: 040 6378-4209 E-Mail: swyter@ nordbildung.de Laura Tönnsen Tel.: 040 6378-4217 E-Mail: toennsen@ nordbildung.de

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W

er sich kurz nach der Finanzkrise von 2008 für ein Studium der Soziologie und Volkswirtschaft entschieden hat, muss vom Positiven in Umbrüchen und Veränderungen überzeugt gewesen sein. Marco Swyter ist so ein Optimist mit dem Willen zum Wandel. Seit April 2021 ist er beim Bildungsverbund NORDBILDUNG Ansprechpartner für das neue, vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Konsortialpartnerprojekt Regionales Zukunftszentrum Nord (RZZ). Das Beratungsnetzwerk will gezielt kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in Norddeutschland für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) fit machen (ausführlicher Report in „Standpunkte“ 4/2021). „Mir war schon immer der Blick auf das Gesamtgefüge wichtig – wie Gesellschaft und Wirtschaft zusammen funktionieren“, sagt der gebürtige Emder. Deshalb hat sich der 31-Jährige nach zwei Jahren im Konzernkosmos von Airbus 2019 für den Wechsel zu NORDBILDUNG entschieden – damals als Projektkoordinator für das Digitalisierungsnetzwerk DigiNet.Air. Sein Interesse an Technologien wie menschenzentrierter KI, die den Menschen nicht ersetzt, sondern unterstützt, leitet der Scrum Master (agiler Projektmanager) unter anderem von seinen quantitativen VWL-Studien an Unis in Göttingen, Aarhus (Dänemark) und Hamburg ab: „Auch KI basiert letztlich auf Zahlen und Modellen.“

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Foto: Christian Augustin / iStock NanoStockk

Folge 34: Marco Swyter Laura Tönnsen

Interessen auszugleichen und alle Beteiligten bei der Projektentwicklung mitzunehmen, sei für ihn als Diversity-Trainer selbstverständlich. Den Überblick behält der passionierte Parkour-Läufer ohnehin. Seit Mai 2021 an Swyters Seite: RZZ-Projektassistentin Laura Tönnsen. Wie der Projektleiter ist auch die studierte Betriebswirtin ein Digital Native. Aufgewachsen in Neumünster, mit Studienstationen in Marburg, München, Bordeaux (Frankreich) und Tartu (Estland) geht die 30-Jährige offen und beherzt an neue Herausforderungen heran – privat, wenn es um ihr „nachhaltiges Badezimmer“ geht, und beruflich, wenn sie sich mittels Podcasts, Zeitschriften, Bücher und Netzrecherchen immer tiefer in Anwendungsmöglichkeiten von KI hineingräbt (KI-Fachgespräch siehe Seite 46). „Während das rund 30-köpfige RZZ-Beraterteam den KMU Fragen rund um KI inhaltlich beantwortet, tritt NORDBILDUNG vor allem als Moderator und Vernetzer an – zwischen den Mitgliedsunternehmen von NORDMETALL und AGV NORD, den involvierten KI-Forschungseinrichtungen und Bildungspartnern sowie den regionalen Wirtschafts- und Sozialbehörden in Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein“, beschreibt Tönnsen ihre und Swyters Rolle. Jederzeit ansprechbar sind beide für alle KI-interessierten Mitgliedsunternehmen – immer auf der Suche nach Anwendungsbeispielen für KI in der unternehmerischen Praxis. BiB


TERMINE

Termine von NORDMETALL, NORDMETALL-Stiftung und AGV NORD

Mitgliederversammlung, Treffen zum Netzwerken, Informationsveranstaltungen zu Arbeitsrecht, Bildungsfragen oder der Stiftungsarbeit — die norddeutschen Industrieverbände NORDMETALL und AGV NORD sowie die NORDMETALL-Stiftung bieten ein reichhaltiges Angebot. Nähere Informationen zu Anmeldung, Ablauf, Referenten, kurzfristigen Änderungen sowie weitere Termine finden Sie auf unserer Homepage unter www.meinarbeitgeberverband.de/veranstaltungen. Derzeit finden wöchentlich Corona-Telefonkonferenzen statt. Die Termine finden Sie ebenfalls auf unserer Website.

Oktober 01.10.21

Infoveranstaltung ZUKUNFTSPOOL.me: Der Personalpool

digital

NM / AGV

01.10.21

Kurzsession ZUKUNFTSPOOL.me: Online-Bewerberplattform für Azubis

digital

NM / AGV

05.10.21

Infoveranstaltung Manteltarifvertrag Modul III (HH/SH/MV) – Vergütung, Ausschlussfristen

digital

NM

07.10.21

Infoveranstaltung Manteltarifvertrag Modul IV (gesamt) – Urlaub, Freistellung

digital

NM

14.10.21

Netzwerk Ausbildung Bremen

digital

NM / AGV

14.10.21

Informationsveranstaltung Weiterbildung in der ME-Industrie: eine arbeitsrechtliche und arbeitsmarktpolitische Betrachtung

digital

NM / AGV

18.10.21

Politiktour „Ausbildung rockt!“ Metall- und Elektro­ industrie in Hamburg erleben bei Philips

hybrid Hamburg

NM / AGV

20.10.21

Infoveranstaltung: Unterstützungsinstrument AsA flex der Bundesagentur für Arbeit für Ausbildungsbetriebe zur Stärkung der Ausbildung

digital

NM / AGV

28.10.21

Firmenzirkel Modul I

digital

NM / AGV

28.10.21

Symposium „QplusAlter“ – Neue Ansätze für passgenaue Unterstützungsstrukturen

digital

NM-Stiftung

08.11.21

Politiktour „Ausbildung rockt!“ Metall- und Elektro­ industrie in Bremen erleben bei Gestra

hybrid Bremen

NM / AGV

10.11.21

44. Martinsgans Arbeitgebergipfel – digital und in Präsenz

hybrid Grand Hotel Elysée Hamburg

NM

11.11.21

Informationsveranstaltung Entgeltrahmentarifvertrag – Grundlagen §§ 2-5 ERA

digital

NM / AGV

16.11.21

Informationsveranstaltung Abschlussprüfungen in KuG

digital

NM / AGV

18. + 19.11.21

Ausbildungskonferenz abgesagt

neuer Termin im 1. Quartal 2022

NM / AGV

25.11.21

Firmenzirkel Modul II

digital

NM / AGV

25.11.21

Science Café Exzellenz-Netzwerk MINT-Schule Hamburg und Maritimes Zentrum Elbinsel Thema: Mobilität der Zukunft?

Maritimes Zentrum Elbinsel der Stadtteilschule Wilhelmsburg Hamburg

NM-Stiftung

November

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Foto: Harren & Partner (Gosa)

Video abspielen

Von der Nordsee ins All Anfang September fiel der Startschuss für den Bau einer mobilen Raketenplattform in der Nordsee. Vier europäische Raketenhersteller vereinbarten eine Zusammenarbeit mit der German Offshore Spaceport Alliance (GOSA). Die Unternehmen – Skyrora (Großbritannien), T-Minus (Niederlande) sowie HyImpulse und Rocket Factory aus Deutschland – planen eine schwimmende Plattform, um Kleinsatelliten ins All zu schießen. Angedacht ist ein Spezialschiff mit Startrampe, Heimathafen soll Bremerhaven sein. Die erste Rakete soll bereits 2023 abheben. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier unterstützt das Projekt. „Kleinsatelliten gehört die Zukunft“, so Altmaier. „Deshalb wollen wir im Bundeswirtschaftsministerium eine New-Space-Kleinsatelliten-Initiative auf den Weg bringen.“ Nach einer vom Wirtschaftsministerium initiierten Erhebung sollen in dieser Dekade über 15.000 Satelliten ins All gebracht werden, 90 Prozent davon werden Kleinsatelliten sein. CvF

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NORDMETALL Standpunkte

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Fachgespräch:

Andrea Martin … leitet das IBM Watson Center in München und die IBM Kunden­ center in der EMEA-Region. Sie war Mitglied der Enquete­ kommission für Künstliche Intelligenz (KI) beim Deutschen Bundestag, aktuell arbeitet sie im Bayerischen KI-Rat mit. Als IBM Distinguished Engineer beschäftigt sie sich schon lange mit KI. Langjährige Erfahrung und ein globales Netzwerk liefern ihr immer wieder wichtige Impulse für die Arbeit, die vielfältigen Aufgaben in Verbänden und Gremien sowie für ihre Keynotes. Martins Engagement ist auch extern anerkannt: So war sie z. B. Managerin des Jahres (Markt & Technik 2020) und Woman of the Year für technische Innovation bzw. Leadership (WIN-Awards 2017/2020). Andrea Martin ist diplomierte Wirtschaftsmathematikerin von der Universität Karlsruhe.

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NORDMETALL Standpunkte

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Standpunkte: Die Chancen und Risiken der KI sind längst nicht mehr nur ein großes Thema in den Konzernen, sondern auch im deutschen Mittelstand. Sie waren Beraterin in der Enquetekommission des Bundestages zu diesem Thema und beschäftigen sich seit Jahren mit Künstlicher Intelligenz. Wie offen ist die deutsche Wirtschaft für KI und wie weit ist ihre Nutzung vorgedrungen? Martin: Das Interesse ist ungebrochen, daran hat auch Corona nichts geändert. Es gibt ganz unterschiedliche Themenkomplexe, mit denen die Firmen zu uns kommen: Da ist etwa die Optimierung der Interaktion mit Kunden oder mit Beschäftigten ein typi-

Foto: IBM

Ein Experte mit vielen verschiedenen Themen im Spezialbereich, den er oder sie vertreten – das ist das Szenario des StandpunkteFachgesprächs. Wir drucken es im unregelmäßigen Wechsel mit dem Debattenformat „Face to Face“. Unsere Expertin diesmal: Andrea Martin (53), seit Juli 2019 Leiterin des IBM Watson Center in München und international renommierte Fachfrau für Künst­ liche Intelligenz (KI).


„Das zeigt: KI ist angekommen, auch im deutschen Mittelstand.“ scher Einstieg ins Thema. Das Zusammenspiel Mensch-Maschine, virtuelle Assistenten, auch Chatbots sind von großem Interesse. Die KI-Funktionalitäten können bei der Optimierung von Entscheidungsprozessen sehr helfen, bei der Verarbeitung großer Datenmengen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Das kommt natürlich besonders in den Unternehmen oder Wirtschaftszweigen zum Tragen, die forschungsintensiv arbeiten. Wir wissen aus Untersuchungen, dass mittlerweile 79 Prozent der deutschen Unternehmen KI-Technologie einsetzen, 15 Prozent sich das vorstellen können. Und von den Nutzerinnen und Nutzern sind 36 Prozent der Ansicht, dass es großen Spielraum gibt, KI noch weiter einzusetzen. Das zeigt: KI ist angekommen, auch im deutschen Mittelstand. Standpunkte: Wenn Sie das im internationalen Maßstab vergleichen, wie steht die deutsche Wirtschaft dann da? Ist Amerika oder China uns nicht weit voraus? Martin: Zum Teil ja. In manchen Ländern ist die Kultur explorativer geprägt als bei uns, man will Neues schneller ausprobieren, um zu sehen, was es für Nutzen bringt. Aber auch hierzulande sind viele Branchen ganz vorn dabei, etwa die Finanzwirtschaft im Bankenumfeld. Gleichwohl gibt es Länder, die sind branchenweit schon deutlich über den Experimentierstatus hinaus. Standpunkte: Die Enquetekommission, für die Sie ja als Sachverständige unterwegs waren, hat empfohlen, KI-Förderprogramme

aufzulegen. Ist das schon geschehen oder noch in der Planung? Martin: Die Enquetekommission an sich hat die Aufgabe gehabt, eine Bestandsaufnahme zu machen und Empfehlungen an Bundestag und Regierung zu geben. Es liegt jetzt an der nächsten Regierung, diese Empfehlungen auch umzusetzen. Wir brauchen Impulse, um gerade kleineren Unternehmen die Chancen von KI näherzubringen. Standpunkte: Welche Beispiele können Sie nennen, in denen KI erfolgreich implementiert wurde? Martin: Wir haben mit Siemens gemeinsam einen Chatbot entwickelt, der die Kolleginnen und Kollegen im Personalwesen unterstützt, indem viele Abfragen automatisiert beantwortet werden. Wo finde ich einen Urlaubsantrag oder wie beantrage ich Erziehungszeit? Solche Standardfragen werden jetzt durch den virtuellen Assistenten abgearbeitet. Die Nutzerinnen und Nutzer dieses Chatbots sind mit den Auskünften zufrieden, die HR-Mitarbeiter fühlen sich entlastet, weil ihnen Routineaufgaben nicht mehr Zeit wegnehmen. Sie empfinden diesen Chatbot sogar eher als Kollegen, nicht als Bedrohung, wie wir in einer Studie festgestellt haben. Standpunkte: Erleben Sie denn auch Fälle, in denen Menschen Bedenken gegen den KI-Einsatz haben, weil sie befürchten, überflüssig zu werden? Martin: Persönlich habe ich diese Erfahrung noch nicht gemacht. Aber natürlich

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NORDMETALL Standpunkte

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„Wir sind so weit gegangen, eine konkrete Vereinbarung zum Thema Einführung von KI-Anwendungen zu schließen und einen sogenannten KI-Ethikrat zu etablieren.“ gibt es in Unternehmen Debatten darüber, wie ein KI-Einsatz auf die Belegschaft wirkt. Da muss man ganz genau hinsehen und Fragen beantworten: Wie werden Prozesse durch KI verändert? Was hat das für Auswirkungen auf die Menschen, die eine Rolle in dem Prozess hatten und in Zukunft haben? Was haben die für Skills? Was ist die Auswirkung der neuen Lösung auf ihre tägliche Arbeit? Wir haben dazu ein Framework zum Thema „Human Friendly Automation“ entwickelt. Hier geht es darum, den Mensch in den Mittelpunkt zu stellen und ihn dort auch bei der Einführung von KI zu lassen. Standpunkte: Wie funktioniert das in der betrieblichen Praxis? Martin: Das geht nur im Miteinander. Jede große Transformation muss auch die organisatorischen Auswirkungen betrachten und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Zu Beginn steht die Frage: Wie verändert die Technologie die Prozesse? Wie wirkt sie sich auf die Menschen aus? Sie brauchen konkrete Bewertungen, etwa zu den Zahlen der Be-

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troffenen, zur Veränderung in der Arbeitszeit. Und dann gilt in Schulungen, in Workshops die Mitarbeiter mitzunehmen, damit die neue KI-Lösung auch akzeptiert wird. Standpunkte: Wie sieht die Einbindung des Betriebsrates aus? Martin: Der Betriebsrat bei IBM ist in dieser Beziehung sehr konstruktiv. Wir haben viele Punkte gemeinsam diskutiert, etwa dass es keine Diskriminierung geben darf, dass die Datensicherheit gewährleistet ist. Wir sind so weit gegangen, eine konkrete Vereinbarung zum Thema Einführung von KI-Anwendungen zu schließen und einen sogenannten KI-Ethikrat zu etablieren. Da bin ich auch Mitglied. Wir schauen uns jede KI-Anwendung an, insbesondere die, die Mitarbeiterdaten verwenden. Wir bewerten dann und analysieren: Was macht die Anwendung, liegt sie im Rahmen der gültigen Gesetze oder muss sie gegebenenfalls gestoppt werden? Standpunkte: Wo greifen Arbeitnehmerrechte oder Datenschutz so stark ein, dass ein KI-Projekt nicht geht?


Fotos: IBM

Als Leiterin des IBM Watson Center ist Andrea Martin eine gefragte KeynoteSpeakerin. Ihre langjährige Erfahrung stellt sie auch gern für die Arbeit in Verbänden und Gremien zur Verfügung.

Martin: Ich will ein Beispiel nennen: Wenn es darum geht, auf Basis von vergangenen Leistungsbewertungen oder dokumentierten Feedbackgesprächen eine Gehaltserhöhung vorzuschlagen, dann ist das ein Fall, wo wir sagen: Das sollte nicht automatisiert geschehen, sondern da muss die Führungskraft das letzte Wort haben. Standpunkte: Die EU-Kommission hat eine Verordnung zu KI angekündigt. Besteht hier europaweiter Regelungsbedarf? Martin: Es ist für mich in Ordnung, wenn man auf Anwendungsfälle bezogen abwägt, was KI im Rahmen unseres Wertesystems soll und was nicht. Denken Sie an die Gesichtserkennung: Sie lieferte zum Beispiel im Rahmen der Strafverfolgung in den USA oft unzuverlässige Ergebnisse zulasten ethnischer Minderheiten. Da haben wir als IBM entschieden, uns zurückzuziehen. Aber natürlich macht Gesichtserkennung am Flughafen bei der Passkontrolle Sinn. Das heißt, wir sollten nicht die Technologie regulieren, sondern die generellen Anwen-

dungsgebiete. Allerdings nicht zu rigoros, denn das ist aus meiner Sicht nicht förderlich für Innovationen. Standpunkte: Kommen wir noch mal zurück zur deutschen Wirtschaft: Wie weit werden die Unternehmen in zehn Jahren mit KI unterwegs sein? Martin: KI wird dann auch nur eine weitere Technologie im Digitalisierungsumfeld sein. Wir werden neue Erkenntnisse aus den Daten gewinnen können, die uns zum Beispiel in der Materialforschung voranbringen. Und das Verständnis wird gewachsen sein, dass die Daten sach- und fachgerecht gesammelt und aufbereitet werden müssen. Das ist nämlich ein Punkt, an dem bisher manche KI-Projekte scheitern. Ich bin sicher, die deutsche Wirtschaft wird mehr Mut und Risikobereitschaft aufbringen, um diese Technologie einzusetzen, um Wettbewerbsvorteile nicht zu verspielen. Standpunkte: Wir danken Ihnen für das Gespräch. Alexander Luckow

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Chef der Radlader: Klaus Brunkhorst, Geschäftsführer der Atlas Weyhausen GmbH, vor einem weycor-Produkt.

TERMIN BEIM CHEF

Klaus Brunkhorst

Foto: Christian Augustin

ATLAS WEYHAUSEN GMBH „Ich bin kein Stadtmensch“, sagt Klaus Brunkhorst und lässt die graublauen Augen durchs Fenster auf den grünen Außenbezirk von Wildeshausen nahe Bremen schweifen. Warum? „Ich brauche die Weite, ich muss weit gucken können“, antwortet der 61-jährige Geschäftsführer von weycor prompt, „Sie wissen doch, der Norddeutsche sagt: Ich möchte freitags schon sehen, wer sonntags zu Besuch kommt.“ Sturmfest und erdverwachsen wie in der Hymne Niedersachsens, erleben wir das Landeskind Brunkhorst in seiner Firmenzentrale von Atlas Weyhausen, so der traditionelle Unternehmensname. Und so sind auch die Baumaschinen, die sie hier seit 50 Jahren herstellen: In den Anfangsjahren wurden fünf unterschiedliche Radlader-Typen gebaut. Zwischenzeitlich umfasst die Palette 16 Typen mit einem Dienstgewicht von bis zu 16 Tonnen, mit maximal 218 Pferdestärken aus Deutz-Motoren und um die 12.000 Dekanewton Reiß- oder Schubkraft. 2004 kamen Tandemwalzen und Walzenzüge dazu, die mit bis zu 14 Tonnen Betriebsgewicht und 50 Prozent Steigfähigkeit im wahrsten Sinne des Wortes alles plattmachen. Mit Stolz zeigt Brunkhorst auf ein großes Foto im Hin-

tergrund. „Das ist unsere neueste Errungenschaft. 2016 haben wir erstmalig Radlader im Segment der 12 bis 15 Tonnen auf der BAUMA in München vorgestellt. Zwischenzeitlich werden auch diese Radlader weltweit erfolgreich vermarktet.“ „Wir können als Mittelständler auch mit den Weltkonzernen mithalten, die über den Radlader und die Verdichtungstechnik hinaus eine noch wesentlich breitere Produktpalette anbieten“, betont der Chef über 210 Mitarbeiter am Standort und noch mal 310 im ungarischen Kaposvár: „Weil wir flexibler und schneller auf die Kundenwünsche eingehen können als die ganz Großen.“ Das hat den Stahlbauern in der Puszta nahe dem Balaton genauso durch die Coronakrise geholfen wie den Konstrukteuren und Endfertigern in Wildeshausen. „Im Frühjahr 2020 haben wir hier vier Wochen den kompletten Lockdown gefahren, nicht nur weil die Aufträge wegbrachen, sondern auch, weil unter anderem unser italienischer Zulieferer keine Achsen mehr produzierte“, erinnert sich Brunkhorst. Mit Kurzarbeit bis in den August des letzten Jahres fraß die Pandemie fast 30 Prozent des Umsatzes. Und auch 2021 bleibt die Lage schwierig: „Vor

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Fotos: Christian Augustin

„Innovation war immer unsere Stärke.“

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allem die von Chips abhängigen Zulieferer kommen nicht schnell genug hinterher, daher stockt unsere Produktion und zwischenzeitlich schieben wir einen halben Monat Rückstand vor uns her“, betont der Chef. Besserung sei aber in Sicht und die Belegschaft ziehe in Sachen größerer Flexibilität hervorragend mit – wenn die Lieferketten es zulassen, wird man die Delle gemeinsam mit Mehrarbeit ausbügeln. Eine Vielzahl an Chips steckt heute auch in jeder Weycor-Baumaschine, Hightech für Motoren, Hydraulik- und Ventilsteuerung. „Innovation war immer unsere Stärke“, betont der langjährige Chef. Die ständige Erneuerung der Produktpalette entspricht der Grundhaltung des Firmengründers: Dr. Friedrich Weyhausen, Ingenieur und Unternehmer aus Delmenhorst bei Bremen, eröffnete schon 1965 eine moderne Maschinenfabrik in Westerstede, in der Container-Wechselsysteme gefertigt wurden. Am 15. Oktober 1970 begann im neu gebauten Wildeshausener Werk die Produktion von kompakten Radladern, nach der Wende kam die ungarische Dependance dazu.

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„Dr. Weyhausen holte mich 1991 vom Controlling der Bremer Straßenbahn als seinen persönlichen Assistenten ins Haus“, erinnert sich der Kaufmann Klaus Brunkhorst, der sich als gebürtiger Twistringer in „Bremen und umzu“ bestens auskennt. „Ich war so etwas wie das Ziehkind dieses genialen Unternehmers, wurde bald kaufmännischer Leiter.“ Nach einem Branchenwechsel mit Sta­ tionen in Aurich und Bremen kehrte Brunkhorst nach sieben Jahren 2008 als Geschäftsführer nach Wildeshausen zurück. Ende 2009 verstarb Dr. Friedrich Weyhausen im Alter von 90 Jahren, seitdem hält eine Familienstiftung die Anteile des Unternehmens. „Ich bin als neuer Chef 2008 und 2009 gleich mit den harten Folgen der Finanzkrise konfrontiert worden. Wir hatten Produktionseinbrüche von bis zu 50 Prozent und mussten unseren Mitarbeiterstamm um 30 Prozent reduzieren“, erinnert sich Brunkhorst nicht ohne leichten Schauder im sonst norddeutsch-klaren Tonfall. Transparenz, gepaart mit einer gewissen Strenge, diese „Kernpunkte meiner Art zu führen“, wie er sagt, hät-


„In der Entwicklung von alternativen Antrieben und emissionsreduzierten Techniken sind wir schon weit vorangekommen.“ ten ihm schon damals durch die Krise geholfen. Dass die aktuelle Krise überwunden wird und bald vorbei ist, da ist er sich sicher, nicht nur wegen des Übereinkommens mit der Belegschaft. „In den letzten 50 Jahren haben wir gemeinsam viel geschafft. Damit das auch in der Zukunft so bleibt, haben wir unsere Ziele immer fest im Blick. Wir bauen hier nebenan aktuell ein neues Innovationszentrum, der Bürgermeister hat uns bei den Genehmigungen sehr geholfen, obwohl wir schon einen sehr hohen Flächenversiegelungsanteil haben“, berichtet Brunkhorst mit Freude. Seit Jahren beschäftigt sich Atlas Weyhausen mit der nachhaltigen Mobilität, besonders in Sachen Entwicklung von emissionsreduzierten und emissionsfreien Antrieben. Die Weycor-Ingenieure tüfteln schon länger an Elektroantrieben für kleinere Radlader. Auf der Fachmesse Bauma in München soll voraussichtlich im Herbst 2022 der erste elektrisch betriebene Typ vorgestellt werden. Bis 2025 wollen die Wildeshausener in Kooperation mit der TU Darmstadt ihren ganz großen Radladern beibringen, auch mit synthetischen Kraftstoffen zu fahren – viel Stoff zum Forschen in den neuen vier Wänden. „In der Entwicklung von alternativen Antrieben und emissionsreduzierten Techniken sind wir schon weit vorangekommen“, betont Brunkhorst. Ihm ist es wichtig, dass die nachhaltige Mobilität in Deutschland entwickelt und produziert wird. Weitere tiefgreifende Herausforderungen für den Mittelstand liegen vor allem im Bereich der autonomen Steuerungssysteme. Auch soll der Ausbau der Fertigungstiefe zur Stärkung der Unternehmensgruppe beitragen. Aktuell werden erste Hydraulik-Komponen-

ten für das Segment der kompakten Radlader entwickelt, die Anfang nächsten Jahres in die eigene Serienproduktion einfließen sollen und auch Drittkunden angeboten werden. Klaus Brunkhorst sucht den Ausgleich zum stressigen Geschäftsführer-Dasein gern beim Singen. Oder in den niedersächsischen Weiten, beim Joggen und auf dem Fahrrad, gemeinsam mit seiner Gattin, die eine Physiotherapiepraxis betreibt. Dort arbeitet auch der längst erwachsene Sohn, die Tochter arbeitet als Hebamme. Die gesamte Familie ist in der Region verwurzelt, keine Stadtmenschen, sturmfest und erdverwachsen. „Ich würde nicht anders leben wollen“, sagt Klaus Brunkhorst zum Abschied. Alexander Luckow

1971 startete die Produktion mit dem ersten hydrostatischen Radlader, 1998 folgten frische Konzepte für Ergonomie und Fahrerkabine, 2013 neue Abgassysteme für die Baufahrzeuge. 2020 machte das Unternehmen coronabedingt nur 70 Millionen Euro Umsatz, 2022 wird der Wert vor Corona von 100 Millionen angestrebt.

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TREFFPUNKT NORD

UVHB-Präsident Lutz Oelsner zeigte sich froh darüber, dass das Musikfest 2021 wieder stattfinden konnte.

Freuen sich auf einen musikalischen Leckerbissen: Detlef Pauls (Dehoga Bremen) mit seiner Gattin.

Erstklassiger Musikgenuss mit Klönschnack Mit Musik im Herzen gelingt vieles leichter. Das mögen sich auch die Gäste des Musikfestes Bremen (MFB) gesagt haben. Am 17. September 2021 kamen rund 60 Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Verbandsvertreter aus der Weserstadt und dem nordwestlichen Niedersachsen in ausgelassen-beschwingter Stimmung zum Empfang von NORDMETALL und den Unternehmensverbänden im Lande Bremen (UVHB) im Garten der Glocke zusammen. Nach einleitenden Worten von UVHB-Präsident Lutz Oelsner und Musikfest-Intendant Thomas Albert erfreuten sich die Gäste am persönlichen Austausch – selbstverständlich coronakonform – und einem erstklassigen Konzertabend mit Werken des russischen Komponisten Sergej Prokofjew (1891-1953), interpretiert vom SWR Symphonieorchester unter der Leitung des griechischen Stardirigenten Teodor Currentzis. Im vergangenen Jahr musste das Musikfest Bremen wegen der Coronapandemie abgesagt werden. Umso größer war nun die Freude, Musik endlich wieder live erleben zu dürfen. BiB Fotos: Michael Bahlo

Ausgelassenes Wiedersehen (v. l.): Dr. Michael Winkler (Hella Fahrzeugkomponenten) nebst Gattin, Wolfgang Würst (Ehrenmitglied des NORDMETALL-Vorstandes).

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Liebhaberin der Schönen Künste: Kunsthistorikerin und Kuratorin Dr. Dorothee Hansen (Kunsthalle Bremen).


Glückliche Gesichter (v. l.): Prof. Thomas Albert (MFB), Wolfgang Würst (NORDMETALL-Ehrenvorstand), Lutz Bauermeister (ehem. NORDMETALL), Dr.-Ing. Uwe Boeke (ehem. NORDMETALL), Susanne Bauermeister, Johann Doden (AGV Ostfreisland) nebst Gattin. Mitgastgeber Cornelius Neumann-Redlin (l., UVHB) im Gespräch mit Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) und dessen Tochter.

Intendant Prof. Thomas Albert erläutert das Programm des Abschlusskonzertes „Currentzis & Prokofjew“.

Gelöste Stimmung (v. l.): Verena Nölle, Birgit van Aken (Verband dt. Unternehmerinnen) nebst Gatte John van Aken, Dr. Jens-Uwe Nölle (Kanzlei Nölle & Stoevesandt).

In Sektlaune (v. l.): Die erwartungsfrohen Konzertbesucher Marcel Christmann (nordwindaktiv) mit Gattin, Dr. Joachim Betker (Airbus Werk Bremen) ebenfalls nebst Gattin.

Applaudierten den Rednern im Garten der Glocke: Claudia Hörbst, Ralf Stapp (Bremer Aufbau-Bank).

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Julia Funk (.) und Cindy Hardt stellen die Netzwerkarbeit und die Qualität in den Fokus der BWMV-Vorstellungsrunde.

Wie moderne Bildungsarbeit heute funktioniert, erläutern Dr. Anton Parlow (l.) und Dr. Luise Wolff vom BWMV.

Die Gäste genießen den persönlichen Austausch und die entspannte Atmosphäre im Schlossgarten von Hasenwinkel.

Brückenbauer in den Beruf (v. l.): Thomas Besse (Agentur für Arbeit), Dieter Gelzer (Cargill).

Von „Action Learning“ bis Virtual Reality: Bildungsangebote des BWMV setzen auf moderne Methoden und starke Partner. Thomas Radke (r., BdW) stellt das Zukunftszentrum MV vor.

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Mögen es klischeefrei: Lisanne Straka (DGB, l.) und Dr. Cathleen KiefertDemuth (Leitstelle Gleichstellung).

Den Arbeitsmarkt im Blick: Dr. Sylvia Neu (BdW) und Thomas Besse (Agentur für Arbeit).

Brücken bauen: BWMV-Projektleiterin Anika Barchfeld (l.) erläutert Dr. Nico Fickinger (NORDMETALL) das Prinzip.


Gemeinsamer Blick auf 30 Jahre BWMV: Geschäftsführerin Susan Bach (l.) und Vorstandsvorsitzender Thomas Lambusch (r.).

Stolz auf die Leistungen ihres Teams: Susan Bach, BWMVGeschäftsführerin.

30 Jahre Bildungswerk der Wirtschaft in MV Zum Aperitif ein Bildungshäppchen, bitte: Rund 65 Gäste aus der norddeutschen Bildungs-, Politik- und Wirtschaftsszene feierten am 22. September 2021 im Tagungshotel Schloss Hasenwinkel nahe Schwerin den 30. Geburtstag des Bildungswerks der Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommern (BWMV). Berufliche Orientierung, MINT-Bildung, Fortbildungen, die Förderung Benachteiligter, Ausbildung 4.0 und vieles mehr umspannen mittlerweile das Angebotsspektrum der wirtschaftsnahen Institution. Livedemonstrationen und Kurzvorträge etwa zu „Robotik in der Schule“, dem frühkindlichen Bildungsprojekt „Versuch macht klug“ oder dem Ansatz „Agil Probleme lösen“ illustrierten eindrucksvoll die facettenreiche Arbeit des BWMV. BiB Fotos: Margit Wild

Mitmachen und diskutieren: Die Gäste der Geburtstagsfeier tauschten sich rege zu den Bildungschancen im Norden aus.

Der Vorstandsvorsitzende des BWMV, Thomas Lambusch, begrüßt die Gäste.

Projektleiterin Melanie Dettmann gab den Gästen einen anschaulichen Einblick in ihre Arbeit beim BWMV.

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„Versuch macht klug“: Experiment mit Wasserflaschen fasziniert nicht nur Kinder.

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Hier geht’s zum Mittschnitt der Veran­stal­tung

Mara Lindhorn vom Forschungs- und Entwicklungszentrum der Fachhochschule Kiel zeigte mittels Bilderkennung, was KI leistet.

Digitale Woche Kiel

Tobias Gürtler von IDALABS führte in die Digitalisierung von Geschäftsprozessen ein.

Mit einem Disskussionspanel unter dem Titel „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) im Mittelstand – Herausforderungen und Chancen“ hat sich das Regionale Zukunftszentrum Nord (RZZ) am 17. September 2021 auf der Digitalen Woche Kiel präsentiert. Das RZZ Nord begleitet kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei Fragen der Digitalisierung und KI. Es berät kostenlos, sammelt Best Practices und entwickelt Bildungsangebote. NORDMETALL und AGV NORD sind über ihren Bildungsverbund NORDBILDUNG am RZZ Nord beteiligt. Mehr dazu in der Dezemberausgabe von „Standpunkte“. BiB

Nils Passau von Meteolytix sprach über KI-gestützte Verkaufsplanung.

Fotos: Thorsten Mischke

Moderierten das Panel und stellten das RZZ Nord vor (v. l.): Dipl.-Ing. Victor Rochow und Prof. Dr. Dirk Semmann von der Technischen Akademie Nord.

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Marco Swyter ist bei NORDBILDUNG Projektleiter für das RZZ Nord.

Das RZZ Nord ist ein sozialpartnerschaftliches Projekt: Andreas Hartkamp von Arbeit und Leben im Dialog mit Laura Tönnsen.


Foto: imago stock&people GmbH

WIRTSCHAFTSZITAT

Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832), Deutscher Dichterfürst

„Der Hypochonder ist bald kuriert, wenn euch das Leben recht kujoniert.“ 3 / 2021

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TARIF UPDATE

Foto: ImYanis/Shutterstock

Ob es um Tarifverträge, die geplante Einführung eines Schichtsystems oder die Eingruppierung von Beschäftigten geht – die NORDMETALLAbteilung „Tarifrecht und Arbeitsorganisation“ unterstützt kompetent und schnell. An dieser Stelle antworten die erfahrenen Juristen und Arbeitswissenschaftler auf aktuelle Fragen, die aus dem Kreis der NORDMETALL-Mitgliedschaft gestellt werden.

Verfall übergesetzlichen Urlaubs Urlaub – für viele die schönste Zeit im Jahr, doch in juristischer Hinsicht ein überaus komplexes Thema. Insbesondere durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wurden den Arbeitgebern in den vergangenen Jahren immer wieder neue Vorgaben gemacht. Ein Dauerbrenner der juristischen Fragestellungen wurde nun durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) für unser Tarifgebiet in einem für Arbeitgeber positiven Urteil entschieden: Bereits im Jahr 2009 stellte der EuGH klar, dass der gesetzliche Urlaub (20 Tage bei einer Fünftagewoche) bei einer Langzeiterkrankung nicht zum Jahresende oder spätestens bis zum 31. März des Folgejahres verfallen darf. Das BAG konkretisierte dies nun und entschied, dass ein Verfall frühestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres eintritt. Urlaubsansprüche aus diesem Jahr würden bei einer entsprechend lang andauernden Langzeiterkrankung damit erst zu Ende März 2023 verfallen. Doch gilt das auch für den übergesetzlichen Urlaub (10 Tage bei einer Fünftagewoche)? Das BAG akzeptiert den früheren Verfall übergesetz­ licher Urlaubsansprüche nur dann, wenn in der tariflichen Regelung entweder bei der Befristung und Übertragung oder beim Verfall des Urlaubs zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und tariflichem Mehrurlaub unterschieden oder sich vom gesetzlichen Fristenre­ gime gelöst und eigenständige, vom Bundesurlaubsgesetz (BurlG) abweichende Vereinbarungen getroffen worden sind. Mit aktuellem Urteil (v. 29.09.2020, 9 AZR 364/19) hat das BAG nun eine ausreichende Differenzierung in den Manteltarifverträgen (MTV) für die Tarifgebiete Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, Unterweser sowie nord-

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westliches Niedersachsen bejaht. Es bezieht sich dabei darauf, dass § 10 Ziff. 6.7 S. 1 MTV für die Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr regelt, dass diese unter anderem nur bei Vorliegen „betrieblicher Gründe“ statthaft ist, während § 7 Abs. 3 S. 2 BurlG eine Übertragung bei Vorliegen „dringender betrieblicher Gründe“ vorsieht. Damit werden in der tariflichen Regelung die Anforderungen für eine Übertragung gesenkt. Allerdings ist auch hier die neueste Rechtsprechung des BAG (v. 07.07.2020, 9 AZR 245/19 und 9 AZR 401/19) zu beachten. Danach ist das Hinweisschreiben für den Urlaubsverfall grundsätzlich auch bei Langzeiterkrankten zu erstellen. Die bisher einzig anerkannte Ausnahme liegt dann vor, wenn es dem Beschäftigten bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres allein aufgrund durchgehend bestehender krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht möglich war, den Urlaub zu nehmen. Dies betrifft aber nur den Urlaub für Jahre, in denen der Arbeitnehmer durchgehend arbeitsunfähig krank war und deshalb – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten erfüllt hat – überhaupt keinen Urlaub nehmen konnte. So positiv das Urteil war – das BAG entschied im September 2020 auch, dass das Hinweisschreiben ebenso den übertariflichen Urlaub umfassen muss. Und das bedeutet, dass die unterschiedlichen Verfallfristen bei einer Langzeiterkrankung in diesem Hinweisschreiben entsprechend beachtet werden müssen. Bei Fragen zum Urlaubsrecht stehen Ihnen die Abteilungen „Tarifrecht und Arbeitsorganisation“ sowie „Arbeits-, Betriebsverfassungs- und Sozialrecht“ gern zur Verfügung. kj


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MEIN STANDPUNKT

Bildmächtig Politik lebt von Bildern. Besonders, wenn neue Zeiten heraufdämmern. So war das schon zu Bismarcks Zeiten: Ein berühmtes Foto vom Herbst 1888 dokumentiert den Antrittsbesuch des jungen Kaisers Wilhelm II. beim greisen Reichskanzler auf seinem Alterssitz in Friedrichsruh nahe Hamburg. Lässig hält der Monarch seinen Gehstock, das Knie angewinkelt, und schaut mit leicht affektiertem Gestus und forderndem Blick direkt in die Kamera. Bismarck ist von der Seite eingefangen, stocksteif stützt er sich auf seine Gehhilfe und blickt offenbar Wilhelm an – oder auch an ihm vorbei, man kann es nicht genau erkennen. Ein ikonisches Bild, das mit seiner kalten Distanz vorausnimmt, was eineinhalb Jahre später passiert: die Vertreibung des „Lotsen von Bord“. So betitelte damals das britische Satiremagazin „Punch“ den Rausschmiss Bismarcks durch Wilhelm nach fast 28 Jahren an der Spitze Preußens und des Deutschen Reiches. Vor gerade vier Jahren präsentierten sich auf dem Balkon des ehrwürdigen Reichstagspräsidentenpalais in Berlin die Verhandlungsparteien des ersten Jamaika-Koalitionsversuchs in ihren Gesprächspausen. Die Kanzlerin schon mal winkend, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier Zigarillo rauchend, der damalige Grünen-Chef Cem Özdemir mit breitem Lächeln, FDP-Chef Christian Lindner am Bildrand mit angespannter Miene. Politiker-Gewusel in höchst unterschiedlichen Stimmungslagen gleich hinterm Reichstag, kein gutes Omen für das, was folgte. Wie anders mutet da der bildmächtige Auftakt zum ersten Gespräch für ein grün-gelbes Bundesbündnis im Selfiezeitalter an: Locker streckt FDP-Generalsekretär Volker Wissing das Handyobjektiv in die Luft, verhaltenes Lächeln bei ihm und Christian Lindner sowie den grünen Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck. Dicht stehen sie beieinander, mit offenen Hemdkragen in Weiß oder Schwarz die Herren, im kleinen Schwarzen die Dame, umgeben von einem schlicht-weißen Flur. Ein Teamtreffen in entspannter Atmosphäre, offenbar unter Vertrauten, das könnte ein gutes Projekt werden, suggeriert das Bild. Fragt sich nur, ob zu dem adretten Quartett eher ein freundlich lächelnder Rheinländer oder ein nüchtern blickender Norddeutscher passt. Wir warten auf ein bildmächtiges Quintett-Selfie, ganz dringend!

Alexander Luckow, „Standpunkte“Chefredakteur

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PERSONENREGISTER Prof. Thomas Albert, S. 53, Musikfest Bremen GmbH Julie Aldridge, S. 29, 31, Spezialistin für Business, Marketing und Audience Development Peter Altmaier MdB, S. 43, Bundeswirtschafts­ minister, CDU Philipp Amthor MdB, S. 13, 62, CDU Niels Annen MdB, S. 13, Staatsminister im auswärtigen Amt, SPD Susan Bach, S. 55, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V. Anika Barchfeld, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V. Dr. Dietmar Bartsch MdB, S. 13, 62, Fraktionsvorsitzender Die Linke Lutz Bauermeister, S. 53, ehem. NORDMETALL e. V. Thomas Besse, S. 54, Agentur für Arbeit Neubrandenburg Dr. Joachim Betker, S. 53 Airbus Operations GmbH Dr.-Ing. Uwe Boeke, S. 53, ehem. NORDMETALL e. V. Julian Bonato, S. 12, MHG Heiztechnik GmbH Volker Bouffier MdL, S. 60, Ministerpräsident Hessen, CDU Dr. Uwe Braun, S. 36, ArcelorMittal Hamburg GmbH Hannah Bregler, S. 28 f., Schleswig-Holstein Musik Festival Klaus Brunkhorst, S. 5, 49 ff., Atlas Weyhausen GmbH Dr. Bernd Buchholz, S. 24, 26, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus SH, FDP Marcel Christmann, S. 53, nordwindaktiv e. V. Gitta Connemann MdB, S. 13, CDU Teodor Currentzis, S. 52, SWR Symphonieorchester Christoph de Vries MdB, S. 13, CDU Koen Demesmaeker, S. 36, Nordenham Metall GmbH Melanie Dettmann, S. 55, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V. Johann Doden, S. 53, Arbeitgeberverband für Ostfriesland und Papenburg e. V. Christian Dürr MdB, S. 13, FDP Irmhild Düwel, S. 35, AFZ Aus- und Fortbildungszen­ trum Rostock GmbH Dr. Nico Fickinger, S. 3, 7 f., 11 ff., 54, NORDMETALL e. V. Robert Focke, S. 6 f., Vizepräsident NORDMETALL e. V., Nordischer Maschinenbau Rud. Baader GmbH & Co. KG Julia Funk, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V. Dieter Gelzer, S. 54, Cargill Deutschland GmbH Christian Gerlin, S. 10 f., Die Linke Thomas Großgarten, S. 33, Metalock Engineering Germany GmbH Tobias Gürtler, S. 56, IDALABS GmbH & Co. KG Dr. Robert Habeck MdB, Titel, S. 6 ff., Co-Vorsitzender Bündnis 90/Die Grünen Dr. Dorothee Hansen, S. 52, Kunsthalle Bremen Cindy Hardt, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V. Andreas Hartkamp, S. 56, Arbeit und Leben SH Fabian Henkel, S. 15 f., Jungheinrich AG Britta Hennings, S. 19, Mankenberg GmbH Franz C. Hitzler, S. 23, ehem. Hitzler Werft GmbH Frederike Holdhof, S. 6 f., EDUR-Pumpenfabrik Eduard Redlien GmbH & Co. KG Franziska Hoppermann MdB, S. 13, CDU Dr. Cathleen Kiefert-Demuth, S. 54, Leitstelle Gleichstellung MV Marek Klimenko, S. 22 ff., Hitzler Werft GmbH Kai Pascal Klimenko, S. 22, 26, Hitzler Werft GmbH Cathrin Kohnke, S. 8 f., Stryker Trauma GmbH Elena Kountidou, S. 29, 31, Konzerthaus Berlin Michael Kruse MdB, S. 13, FDP Wolfgang Kubicki MdB, Titel, S. 6 ff., FDP, Bundestagsvizepräsident Dieter Kubitschke, S. 37, M. Jürgensen GmbH & Co. KG Michael Labetzke, S. 11, Bündnis 90/Die Grünen Dipl.-Kfm. Thomas Lambusch, S. 35, 55, ehemaliger NORDMETALL-Präsident Mara Lindhorn, S. 56, Fachhochschule Kiel Christian Lindner MdB, S. 60, FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzender Bernd Mähnss, S. 20, Hanseatic Power Solutions GmbH Andrea Martin, S. 5, 44 f., IBM Watson Center Dipl.-Ing. Alexander Matthes, S. 20, NORDMETALL e. V.

Ulrich Mäurer, S. 53, Innensenator Freie Hansestadt Bremen Michael Grenz, S. 19, Hanseatic Power Solutions GmbH Katrin Möller, S. 17, thyssenkrupp Marine Systems GmbH Siemtje Möller MdB, S. 13, 62, SPD Claudia Müller MdB, S. 13, Bündnis 90/Die Grünen Dr. Jörg Mutschler, S. 9, VDMA e. V. Thomas Naß, S. 9, EDUR-Pumpenfabrik Eduard Redlien GmbH & Co. KG Dr. Sylvia Neu, S. 54, BdW gGmbH Cornelius Neumann-Redlin, S. 11, 53, Die Unternehmensverbände im Lande Bremen e. V., NORDMETALL e. V. Dr. Jens-Uwe Nölle, S. 53, Nölle & Stoevesandt Lutz Oelsner, S. 10, 52 f., Präsident Unternehmensverbände im Lande Bremen e. V. Dr.-Ing. Alexander Orellano, S. 38, thyssenkrupp Marine Systems GmbH Cem Özdemir MdB, S. 60, Bündnis 90/Die Grünen Aydan Özoğuz MdB, S. 13, SPD Dr. Anton Parlow, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V. Nils Passau, S. 56, Meteolytix GmbH Detlef Pauls, S. 52, Dehoga Bremen Landesverband Bremen e. V. Prof. Dr. Holger Petersen, S. 14 ff., NORDAKADEMIE gemeinnützige AG Dr. Christoph Ploß MdB, S. 13, CDU Malte Poelmann, S. 38, MEYER WERFT GmbH & Co. KG Thomas Radke, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V. Dr. Volker Redder MdB, S. 11, 13, FDP Hagen Reinhold MdB, S. 13, FDP Dipl.-Ing. Viktor Rochow, S. 56, Technische Akademie Nord e. V. Thomas Röwekamp MdB, S. 11, 13, CDU Dr. Stefan Rudolph, S. 5, 63, Staatssekretär Wirtschaftsministerium MV, CDU Dipl.-Kffr. Meike Runde, S. 37, Groth Feinwerktechnik GmbH & Co. KG Bernd Schichold, S. 14 f., Nexperia Germany GmbH Uwe Schmidt MdB, S. 10 f., SPD Dr. Maximilian Schnippering, S. 16, Siemens Gamesa Renewable Energy GmbH & Co. KG Ria Schröder MdB, S. 13, FDP Svenja Schulze MdB, S. 36, Bundesumweltministerin, SPD Lars Schwarz, S. 13, Präsident Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern e. V. Manuela Schwesig, S. 13, 38, Ministerpräsidentin MV, SPD Prof. Dr. Dirk Semmann, S. 56, Technische Akademie Nord e. V. Tone Skogen, S. 38, Norwegische Staatssekretärin Ralf Stapp, S. 53, Bremer Aufbau-Bank Dr. Till Steffen MdB, S. 13, Bündnis 90/Die Grünen Dr. Ralf Stegner MdB, Titel, S. 6 ff., SPD Mario Stevens, S. 37, RUFV Lastrup e. V. Lisanne Straka, S. 54, DGB Bezirk Nord Marco Swyter, S. 5, 40, 56, NORDBILDUNG gGmbH Manuela Thede, S. 21, Nordex Engergy GmbH Bernd Thiele, S. 33, Metalock Engineering Germany GmbH Laura Tönnsen, S. 5, 40, 56, NORDBILDUNG gGmbH Dipl.-Ing. Folkmar Ukena, S. 10 f., 37, Präsident NORDMETALL e. V., LEDA Werk GmbH & Co. KG Birgit van Aken, S. 53, Verband dt. Unternehmerinnen Katharina von Radowitz, S. 29, 31, Netzwerk Junge Ohren Dr. Johann David Wadephul MdB, S. 6 ff., 13, CDU Dipl.-Ing. Axel Weidner, S. 18 f., Mankenberg GmbH Erik Wessels, S. 17, Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte Dr. Michael Winkler, S. 11, 52, Hella Fahrzeugkomponenten GmbH Dr. Volker Wissing MdB, S. 60, FDP Dr. Luise Wolff, S. 54, Bildungswerk der Wirtschaft MV e. V. Wolfgang Würst, S. 52 f., ehem. NORDMETALLStiftungsvorstand Benedikt Zimmer, S. 38, Bundesministerium der Verteidigung

IMPRESSUM

Standpunkte Das Magazin von NORDMETALL e. V., dem M+E-Arbeitgeberverband für Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, das nordwestliche Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Herausgeber:

Haus der Wirtschaft Kapstadtring 10 22297 Hamburg www.meinarbeitgeberverband.de E-Mail: standpunkte@nordmetall.de Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer Chefredakteur: Alexander Luckow (Luc) Tel.: 040 6378-4231 E-Mail: luckow@nordmetall.de Redaktion: Birte Bühnen (BiB) Tel.: 040 6378-5947 E-Mail: buehnen@nordmetall.de Daniel Jakubowski (DJ) Tel.: 040 6378-4258 E-Mail: jakubowski@nordmetall.de Autoren: Katja Gondert (KG), Clemens von Frentz (CvF), Dr. Nico Fickinger (nf), Kristin Jordanow (kj) Lothar Steckel (LS), Albina Stelle (AS) Art-Direktorin: Birthe Meyer Tel.: 040 6378-4822 E-Mail: meyer@nordwirtschaftsmedien.de Produktion:

Druck: CaHo Druckereibetriebsges. mbH 39. Jahrgang Erscheinungsweise: zweimonatlich Bezug: Kostenfrei für Mitgliedsunternehmen von NORDMETALL und Sonderempfänger in Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Medien. Das Magazin und alle in ihm veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Haftung übernommen. Nachdruck und Verbreitung des Inhalts nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Chefredaktion, mit Quellenangabe und Zusendung eines Beleges an die Redaktion. Vervielfältigungen von Teilen dieses Magazins sind für den innerbetrieblichen Gebrauch der Mitgliedsunternehmen gestattet. Die mit dem Namen oder den Initialen des Verfassers gekennzeichneten Beiträge geben die Meinung des Verfassers, aber nicht unbedingt die Ansicht des Herausgebers oder der gesamten Redaktion wieder. Titelfoto: Christian Augustin

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KURZ VOR SCHLUSS

Willkommen im Club! Die Krise am Ausbildungsmarkt hat gezeigt, wie wichtig eine gute Berufsorientierung gerade in Pandemiezeiten ist. Mit dem Relaunch seiner Website kommt nordbord, der Club für alle Kinder und Jugendlichen, die das Tüfteln und Forschen lieben, gerade recht. Denn nun sind Angebote zur Berufsorientierung unter einem eigenen Menüpunkt gebündelt – etwa Bewerbungstrainings und Eignungstests oder Beschreibungen von rund 40 Berufsbildern der Metall- und Elektroindustrie. In den neuen Specials stellt das Club-Team künftig aktuelle, besondere brennende Themen ausführlich vor. Den Anfang macht „MINT für Mädchen“, gleich mit passender nordbord-Veranstaltung. Spannende Experimente zum Anschauen und Ausprobieren sowie Repor-

Aufgemöbelt: Die nordbord-Webseite in frischer Optik und mit neuen Menüpunkten.

tagen zum Lernen und Kennenlernen von Unternehmen verbergen sich hinter Info2Go. Ein Video erklärt allen Interessierten, warum sich eine nordbord-Mitgliedschaft lohnt. An besonders gekennzeichneten Veranstaltungen sollen künftig ganze Schulklassen teilnehmen können. Entdecken auch Sie nordbord als Plattform, um Ihr Unternehmen und Ihre Angebote zur Berufsorientierung mehr als 1.500 Kindern und Jugendlichen zu präsentieren. BiB

Standpunkte-Podcast Der Politik-Podcast des Hauptgeschäftsführers der norddeutschen Metall- und Elektro­industrie Dr. Nico Fickinger. t Thema: Bundestagswahl 2021

Bitte keine neuen Belastungen Die Metall- und Elektroindustrie müsste allein in diesem Jahr um 16 Prozent wachsen, damit das Vor-Corona-Niveau von 2018 erreicht wird. Was die norddeutschen Kandidatinnen und Kandidaten für den Deutschen Bundestag tun wollen, um wieder Schwung in die norddeutsche Wirtschaft zu bringen, darüber hat NORMETALL vor der Bundestagswahl unter anderem mit Siemtje Möller (SPD), Wolfgang Kubicki (FDP), Philipp Amthor (CDU), Dietmar Bartsch (Linke) und auch mit Robert Habeck (Grüne) gesprochen. „Die Grünen haben sich stets offen für den Weg gezeigt, wenn man das Ziel teilt“, resümiert

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NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger. Doch Klimaschutz wird es nicht zum Nulltarif geben. „Wenn wir diese eine Belastung kennen, die den Unternehmen bevorsteht, dann darf es keine weiteren Belastungen für die Wirtschaft geben – also keine höheren Steuern auf Einkommen, Erbschaften und Vermögen und auch keine weiteren Einschränkungen der unternehmerischen Handlungsfähigkeit“, fordert der Arbeitgebervertreter von der neuen Koalition. Beide Folgen zur Bundestagswahl 2021 können Sie nachhören unter www. meinarbeitgeberverband.de/politik-podcast. BiB


Foto: Christian Augustin

Ich lese „Standpunkte“, weil ... „... wir alle klug beraten sind, unsere Metall- und Elektroindustrie als Wohlstandstreiber stets aktuell im Blick zu haben.“ Dr. Stefan Rudolph (CDU), Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern


Schutzraum, weiß

Adress-Etikett

Talente schmieden oder Stärken fördern? Beides! Zweigleisig gegen die ewige Fachkräftesuche: Mit neuen und alten Mitarbeitenden bilden Sie die Zukunft Ihres Unternehmens selbst aus! Ob duales Bachelorstudium für Ihren Nachwuchs, Personalentwicklung mit einem Masterstudium oder dem Master-Angebot als Recruiting-Hebel: Zusammen mit der NORDAKADEMIE gewinnen Sie die Fach- und Führungskräfte, die Sie brauchen! Die NORDAKADEMIE ist die Hochschule der Wirtschaft: getragen von Unternehmen und gemacht für Unternehmen wie Ihrem. Erfahren Sie mehr von Anette Rostock, Ihrer Ansprechpartnerin aus unserer Firmenbetreuung: anette.rostock@nordakademie.de Telefon: 04121 4090-154 www.nordakademie.de/partnerunternehmen


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