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Das Thema: Hotel

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Einkaufen, nur wo?

Einkaufen, nur wo?

Aufstehen und Krone richten

Das umschreibt zaghaft die aktuellen Herausforderungen, mit denen die Hotellerie konfrontiert ist. Der Markt konsolidiert sich, während die Nachfrage wieder anzieht und Hotelakteure Konzepte und Bedingungen anpassen.

Hotelunternehmer wie Andreas Striebel hätten nicht gedacht, dass sie einmal so von den Entscheidungen und Fehlentscheidungen der Politik abhängig sind. Der Frust ist groß. Seit der Eröffnung seines Infinity Hotel & Conference Resort Munich in Unterschleißheim nahe des Münchner Flughafens 2010 fuhr Andreas Striebel jedes Jahr Gewinne ein und entwickelte das Haus zu einer der größten Tagungs- und Eventlocations Süddeutschlands mit aktuell 439 Zimmern und etwa 7.500 Quadratmetern Eventfläche.

Nach dem ersten, fast zweimonatigen Lockdown setzte er schnell auf eine umfassende Hygiene und hybride Tagungserfahrungen. Doch dann kam der zweite Lockdown, und der Branche wurde für mehr als sieben Monate der Stecker gezogen. „Bereits Ende 2020 zeichnete sich die größte Krise der Branche ab“, sagt er. Und nicht die kleinen Betriebe fielen durch das Raster der Hilfen, sondern die größeren zwischen KMU und Konzern, die als Verbundunternehmen wie Einzelunternehmen behandelt wurden. Erst im März 2021 erreichten etliche größere Hotelunternehmen Finanzhilfen, mit denen zumindest einzelne Fixkosten abgefedert werden konnten. Doch die fehlenden Öffnungsperspektiven bei weiter hohen Ausgaben, null Umsätzen und teilweise zähen Pachtnachlass-Verhandlungen blieben. Und manches Großstadtgeschehen glich zusammen mit geschlossenen Gastronomien und Geschäften einem Totentanz.

Ambivalente Reaktionen

Seit Mai 2021 versucht die Hotellerie im Flickenteppich der Öffnungsregelungen, wieder Boden gut zu machen. Wie erwartet, gelang dies der Ferienhotellerie schnell. Etliche Häuser blickten über den Sommer auf nahezu Vollbelegung, vor allem wegen des hohen Inlandsreiseverkehrs. Ähnlich gut und schnell erholten sich auch Serviced Apartment-Betriebe, die schon während der Lockdowns weniger Federn ließen als die klassische Hotellerie. Doch Stadthoteliers und MICE-Anbieter warten weiter auf die große Rückkehr von internationalen Gästen und Veranstaltungen. Hinzu kommt der akute neue Mitarbeitermangel, der nach dem Re-Start vielerorts bei rund 30 Prozent lag.

Wie hat der Hotelmarkt in Deutschland bisher reagiert? Ambivalent bis moderat. Notverkäufe wie die von Maritim oder den Centro Hotels sorgten 2020 für Beben in der Hotellerie, auch prominente Schließungen wie die des Grandhotels Hessischer Hof in Frankfurt am Main oder des Anna Hotels aus dem Portfolio der Geisel Privathotels in München. Im August und September 2021 schlossen zudem das Ellington Hotel in Berlin sowie in Frankfurt drei und in Zürich ein Flemings Hotel der deutschen Hotelbetriebsgesellschaft HMG. Viel Aderlass im Markt, der sich auch an den Zahlen der bisherigen Erfolgsketten wie Motel One ablesen lässt: Bei einer Belegung von nur 16 Prozent und einem Umsatz von nur 29 Millionen Euro im zweiten Quartal 2021 verzeichnete Motel One im fünften Quartal in Folge ein negatives EBIT von 41 Millionen Euro. 2019 lag dieses noch bei einem Plus von 37 Millionen Euro.

Das Infinity Hotel & Conference Resort Munich in Unterschleißheim ist eine der größten Tagungs- und Eventlocations Süddeutschlands.

Dennoch: Die große Insolvenzwelle wie auch viele kleine sind bisher ausgeblieben. Experten sind sich weitgehend einig, dass die bisherigen Schließungen normaler, durch Corona beschleunigter Marktbereinigung folgten. Dies, weil der Mitbewerberdruck in bestimmten Märkten schon vor der Pandemie groß war oder weil Eigentümer schon länger eine Umnutzung forcierten, vor allem aber weil in die Jahre gekommene Betriebe den Wettbewerb mit etlichen Neueröffnungen kaum mehr bestehen würden. Verkäufe, Übernahmen und Konversionen bescheren damit anderen Gruppen neues Wachstum, allen voran Premier Inn, B&B Hotels und einzelnen Ferienhotelgruppen. Auch die vom Staat gerettete Novum Hospitality eröffnet weiter in großem Stil. Die Deutsche Hospitality (zum Beispiel Steigenberger) ruft mit der chinesischen Mutter horrende Wachstumspläne auf und tüftelt mit Porsche Design an einer neuen Hotelmarke. Motel One gelingt der Coup, sein erstes Hotel in den USA in New York zu eröffnen. Und dann sind da noch die lauten Digital-Start-ups wie Numa (ehemals Cosi) oder Limehome, die viel Kapital einsammeln und mit flexiblen, schlanken Konzepten Hotel neu denken wollen. Viel Wechsel, Wachstum und neue Perspektiven also.

Es geht wieder was

Union Investment hat im Frühjahr den Turm am Mailänder Platz in Stuttgart gekauft.

Der Investmentmarkt gewinnt allmählich Vertrauen zurück, zumindest unter den hotelerfahrenen und -affinen Finanzierern. „Institutionelle Investoren sind aufgrund ihrer strukturellen Vorgaben und Sicherheitsnotwendigkeiten eher zurückhaltend“, schreibt mrp hotels im Juli-Report 2021. Die hotelerfahrene Union Investment hat unter anderem mit dem Erwerb des projektierten Hotelturmes am Mailänder Platz in Stuttgart (Adina Hotels / Premier Inn) von der STRABAG für viel Re-Start-Stimmung gesorgt. Auch hinter der Verpflichtung von Motel One für das Hotel in New York steht Union Investment. Die Commerz Real hat im August 2021 den Kauf des IntercityHotel Lübeck von der GBI bekanntgegeben.

Insgesamt bleibt auch der Franchise-Markt stark. Zugleich könnten sich Pächterwechsel mehren, weil viele Partnerschaften hinterfragt und neu gedacht werden. Für Investoren und Eigentümer sind Qualität, Bonität, Konzept und Lage noch relevanter geworden, für Betreiber hybride Verträge, die das Risiko verteilen. mrp hotels prognostiziert eine Investorenrückkehr für das erste Halbjahr 2022, dann würden auch die ESG-Themen wichtiger werden. Bleibt vor allem der Stadt-, Business- und Tagungshotellerie die Hoffnung auf ein wachsendes, internationales Geschäft ohne weitere Lockdowns. Für Hoteliers wie Andreas Striebel sind hier stattfindende Messen wie die IAA Mobility oder die EXPO REAL allein in München wichtige Signale – ob als Veranstaltungslocation, Zimmeranbieter oder indem die Hotellerie hier teilweise selbst Aussteller ist.

Sylvie Konzack

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