3 minute read

Kreative Köpfe gefragt

Foto: Shutterstock

BÜRO & HANDEL

Kreative Köpfe gefragt

Niedersachsen will für seine Innenstädte Lichtblicke schaffen.

Es war ein dramatischer Appell: Wenn die Landesregierung verhindern wolle, dass in Niedersachsens Innenstädten „die Lichter ausgehen“, müsse man sofort helfen. Der Landesverband des Städte- und Gemeindetages forderte im Frühjahr angesichts eines „Niederganges“ in Fußgängerzonen und Ortskernen ein Sofortprogramm von 70 Millionen Euro. „Wer im Moment durch die Innenstädte geht, der kann nur heulen", beschrieb Ulrich Mädge, Präsident des Niedersächsischen Städtetages (NST) und Oberbürgermeister von Lüneburg, die Situation im Frühjahr. Diesen Hilferuf haben die Politiker in Hannover offenbar gehört und reagiert: Das Ministerium für Bund- und Europaangelegenheiten hat federführend Fördermittel in Höhe von 117 Millionen Euro aus EU-Mitteln auf den Weg gebracht. „Wir sind zunächst zufrieden“, sagt Dirk-Ulrich Mende vom niedersächsischen Städte- und Gemeindetag und verweist neben der Höhe der Mittel auf die Breite des Programmes. Die Richtlinien seien so angelegt, dass „jede Kommune in kommunaler Selbstverantwortung die für sie zutreffenden Maßnahmen ergreifen kann“.

Pflichtaufgaben

In der Tat scheinen nun die kreativen Köpfe in den Rathäusern gefragt: Gefördert werden kann so ziemlich alles, so lange es nicht zu den Pflichtaufgaben gehört oder ohnehin schon über EU-Töpfe abgefedert wird. Mit den Mitteln sollen Projekte in Städten verschiedener Größe von Grund- bis Oberzentren angeschoben werden; Bedingung ist, dass das Geld bis zum 31. März 2023, also in weniger als zwei Jahren, ausgegeben wird. Kommunen können beispielsweise Innenstadt- und Zentrenkonzepte erstellen lassen, die Bürger dazu befragen und solche Dialoge moderieren lassen. Machbarkeitsstudien und Gutachten etwa zu Mobilitätsfragen werden genauso gefördert wie eventuell höhere Personalkosten, wenn Städte Mitarbeiter speziell für die Innenstadtentwicklung einstellen.

Neben touristischen Aktivitäten und Digital-Initiativen ruht ein Schwerpunkt auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit, etwa wenn es um Kreislaufwirtschaft geht oder Ideen, Brachflächen zu entsiegeln und neu zu nutzen. Speziell um Immobilienfragen drehen sich Förderaspekte zu Mietfragen: So kann die Differenz zwischen Markt- und subventionierter Miete finanziert werden, um einen Laden über die Zeit zu retten oder zwischendurch einen Pop-up-Store einziehen zu lassen. Kommunen können Mittel erhalten, um ungenutzte oder baufällige Gebäude in der Innenstadt zu sanieren und um sich neue Nutzungen zu überlegen. Leerstehende Einzelhandelsriesen sollen sie zwar nicht kaufen dürfen, aber sich mit Hilfe von Beratern und Gutachtern Gedanken machen zur Nachnutzung und solche Fragen mit Eigentümern diskutieren – was mit Blick auf manchen Galeria Kaufhof Karstadt Kaufhof-Fall interessant werden dürfte.

Bei den Städten und Gemeinden scheint das Programm Anklang zu finden: 207 Kommunen haben bis zum Stichtag am 15. Juli Anträge für eine Perspektive Innenstadt eingereicht, wie das zuständige Ministerium für Regionale Entwicklung mitteilte. Regionalministerin Birgit Honé zeigte sich zufrieden. „Mit den eingereichten Anträgen werden wir voraussichtlich die 117 Millionen Euro vollumfänglich ausschöpfen“, teilte sie mit. Die Anträge wurden bis zum Ende der Sommerferien geprüft, ab Oktober fließen dann die ersten Gelder. Neben dem Sofortprogramm Perspektive Innenstadt legt das Land für einen Zeitraum bis 2027 das Vorhaben Resiliente Innenstädte auf, mit dem längerfristige Ursachen für den Wandel in Städten adressiert werden sollen – Digitalisierung, Klimaschutz und neue kulturelle Aufgaben genauso wie Verkehrskonzepte, die auf weniger Autoverkehr setzen.

Kristina Pezzei

This article is from: