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Prestigebau oder Schandfleck?

Quelle: Eran Menashri /unsplash

Das Image von Hochhäusern schwankt stark. Eine Betrachtung.

An Hochhäusern reiben sich die Gemüter: Die einen sehen sie als klimaschonende Wohnraumergänzung im Stadtgebiet, die anderen verbinden mit ihnen soziale Brennpunkte und Störfaktoren in der städtischen Silhouette. Angesichts dieses Spannungsfeldes verwundert es kaum, dass entsprechende Ideen vielerorts auf der Stelle treten. So hat der Berliner Senat zwar nach langem Ringen im vergangenen Jahr ein Hochhausleitbild verabschiedet, das in zehn Punkten Anforderungen und damit eine Richtschnur für neue Projekte formuliert. Der hehre Anspruch, Bürger mitreden zu lassen und Qualität zu sichern, führt allerdings nach Ansicht der Wohnungswirtschaft zu dermaßen umfangreichen Vorgaben, dass es Entwickler und Investoren abschreckt.

Außerdem kritisiert der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), dass keine genauen Standorte für Hochhäuser definiert werden: „Jeder in Betracht gezogene Hochhausstandort muss nach festgelegten Kriterien einer detaillierten gesamtstädtischen Betrachtung unterzogen werden“, erklärt der Senat in dem Leitbild lediglich. Eine Sprecherin der Stadtentwicklungsbehörde sagt dazu, diese Formulierungen seien bewusst gewählt worden. „Sonst wären an diesen Stellen unter anderem der Grundstücksspekulation Tür und Tor geöffnet.“

Grob geschätzt stehen in der Bundeshauptstadt etwa 120 Hochhäuser, die mehr als 60 Meter hoch sind. Eine genaue Statistik gibt es dem Senat zufolge nicht. Zu den meist diskutierten Plänen zählen derzeit vier Projekte am Alexanderplatz, eines davon will der Investor Hines bauen – auf 150 Meter Höhe. Die ehemalige Senatsbaudirektorin Regula Lüscher indes erklärte, sie möchte die Höhe auf 130 Meter begrenzen, weil dann der Fernsehturm besser zur Geltung komme. Teile der Landesregierung weiß Fachfrau dabei hinter sich, entschieden ist noch nichts, derzeit wird gestritten. Das B-Planverfahren, das die zulässige Höhe festsetzt, liegt bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Auch in Dresden will man sich über ein Leitbild mit neuen Hochhäusern im Stadtgebiet anfreunden. Ähnlich wie bei der Berliner Diskussion oder ähnlichen Stimmungslagen in München kreist an der Elbe viel um die Frage, ob und wie neue Projekte die historische Stadtsilhouette stören beziehungsweise sie weiterentwickeln dürfen. Drei konkrete Gebiete für Neubauvorhaben haben sich herauskristallisiert: um den Hauptbahnhof herum, zwischen Nossener Brücke und Freiberger Straße sowie in Dobritz und Niedersedlitz. Und auch hier heißt es von den verantwortlichen Behörden: Entschieden sei noch nichts. Zuletzt wurde der Entwurf nochmals dem Landesamt für Denkmalpflege vorgestellt. Nun könne ein Exzerpt zur Beschlussfassung erstellt und dem Stadtrat vorgelegt werden, erklärt eine Sprecherin der Stadtverwaltung.

Fakten geschaffen hat man derzeit einzig in Frankfurt am Main: Hier entstehen mehrere Hochhäuser oder sind geplant; zu den größten Projekten zählen vier Türme im Bankenviertel. Der Projektentwickler Groß & Partner will das Quartier Four bis zu 233 Meter in die Höhe wachsen lassen. Neben Büros und hochpreisigen Eigentumswohnungen sehen die Pläne den von der Stadt geforderten Anteil von 30 Prozent geförderten Wohnungen vor – ein Novum: Erstmals entstünden solche Wohnungen nicht am Stadtrand, sondern mitten im Bankenviertel, erklärt der Sprecher des Planungsdezernates, Mark Gellert. „Das fördert die Durchmischung.“ Geplant sei, in weiteren Hochhausprojekten um die 500 geförderte Wohnungen entstehen zu lassen. Die Lösung für die Wohnungsfrage in Ballungsräumen sei das gleichwohl nicht, gibt sich der Sprecher realistisch: Der Markt an Wohnhochhäusern sei gesättigt. „Der Beitrag für den allgemeinen Wohnungsmarkt ist überschaubar; sie dienen nicht der Versorgung der breiten Bevölkerung mit Wohnraum.“

Kristina Pezzei

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