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EINMAL MICHELANER, IMMER MICHELANER!
Was zeichnete früher den Arbeitsalltag bei Michel Bau aus? Welche Baustellen sind unvergessen? Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums erinnern sich drei ehemalige Mitarbeiter an ihre Zeit bei Michel Bau.
G Nter Wriedt
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Günter Wriedt arbeitete von 1967 bis 2007 bei Michel Bau. Er kam als LKWSchlosser zum Unternehmen und lernte das Baugeschäft von der Pike auf. „Ich war zunächst acht Jahre Baggerfahrer und habe mich dann bis zum Polier hochgearbeitet.“
HEINZ-OTTO NISSEN
Heinz-Otto Nissen war von 1964 bis 2009 bei Michel Bau tätig, zuletzt als Polier. „Ich bin mit 19 Jahren aus der Landwirtschaft hierhergekommen und habe hier alles gelernt“. Er arbeitete noch in früheren Geschäftsfeldern von Michel Bau, zum Beispiel der Entwässerung von Mooren und der Begradigung von Flüssen.
Schön, dass Sie als langjährige „Michelaner“ mit uns auf Ihr vergangenes Berufsleben zurückblicken. Was macht einen Michelaner oder eine Michelanerin eigentlich aus?
Günter Wriedt: Ein Michelaner ist jemand, der sich freut, bei Michel Bau zu arbeiten oder stolz auf seine Zeit bei Michel Bau ist. Wir drei sind ja richtige „Urgesteine“ der Firma. Gemeinsam mit unseren anderen früheren Kolleginnen und Kollegen werden wir regelmäßig zum Seniorenkaffee eingeladen. Sie glauben nicht, wie viele Leute stolz darauf sind, hier gearbeitet zu haben! Heutzutage wechseln die Leute beruflich mal hierhin, mal dorthin, das konnten wir uns gar nicht vorstellen. Unser Geschäftsführer Reinhard Michel hat immer gesagt: Wenn du erstmal Michelaner bist, dann bleibst du Michelaner, auch in schlechten Zeiten.
Helmut Vollstedt
Helmut Vollstedt war von 1971 bis 2009 bei Michel Bau beschäftigt. „Angefangen habe ich als einfacher Bauingenieur, wurde dann Bauleiter, dann Oberbauleiter, dann Abteilungsleiter und schließlich Technischer Leiter. Immer wenn ich Wechselgedanken bekam, wurde ich befördert!“
Können Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag bei Michel Bau erinnern?
Günter Wriedt Ja, sehr gut. Michel Bau hatte einen Schlosser für LKW gesucht. Ich kam frisch aus dem Militärdienst. Als ich zum ersten Mal die Werkstatt betrat, habe ich mich gewundert. Es gab nur eine Baracke und eine einfache runde Blechhütte. Ich musste einen langen Gang entlang gehen und hinten saß der Meister in der Werkstatt. Mein erster Gedanke war: „Wo bist du hier gelandet? Mach, dass du wegkommst!“ Aber ich bekam gleich zwei Mark mehr als beim Militär, fünf Mark dreißig waren das damals. Dann bin ich 40 Jahre geblieben! Etwas später wurden dann die heutigen Gebäude gebaut. Ich habe damals die Keller mit ausgehoben.
Welche Momente bei Michel Bau sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?
Heinz-Otto Nissen: Ich erinnere mich noch an meine erste Baustelle im Jahr 1967. Wir haben den Fluss Treene in Hude begradigt. Der Fluss war dort 50 Meter breit und 9 Meter tief. Die großen Steine haben wir mit dem Bagger in eine Schute verladen. Eines Tages geriet diese plötzlich aus dem Gleichgewicht. Vier Arbeiter standen auf der Schute, einer davon mit einer Pfeife im Mund. Plötzlich kippte die Schute um. Ich schrie noch: „Alle runter!“ aber es war zu spät, alle fielen ins Wasser. Ich konnte drei Männer herausziehen, aber einer war bereits unter der Wasseroberfläche verschwunden. Zum Glück war einer unserer Kollegen Seemann und konnte ihn noch rechtzeitig greifen und nach oben bringen. Als erstes tauchte die Pfeife auf, er hatte sie immer noch im Mund! Ich rief: „Hans, hol Luft, Pfeife weg!“ Danach mussten wir alle erstmal durchatmen.
Gibt es Baustellen, die für Sie aus technischer Sicht unvergesslich sind?
Helmut Vollstedt: Da gibt es viele, zum Beispiel die Sanierung des Kieler Schmutzwassersammlers am Klärwerk Bülk im Jahr 1990, in dem alle Abwässer der Stadt zusammenfließen. Das war mit einem Auftragsvolumen von 48 Millionen DM eines unserer größten Projekte überhaupt; allein die aufwendige Wasserhaltung kostete eine Million DM. Einen ähnlich großen Sammler haben wir in Hetlingen gebaut, mit Rohren von bis zu drei Metern Durchmesser. Damals haben wir erstmals neue Kunststoffrohre in marode Betonrohre eingezogen und den Ringraum mit Beton verpresst. Damit waren wir damals führend.
Ein besonderer Meilenstein in der Geschichte von Michel Bau war der Großauftrag in Indien. Wie kam es dazu?
Helmut Vollstedt: Ende der 1980er Jahre hatten wir unsere erste größere Baustelle in Hamburg. Mitten in der Innenstadt. In der Straße Große Bleichen haben wir in Arbeitsgemeinschaft mit einem Partnerunternehmen einen 640 Meter langen Kanal erneuert. Diese Arbeiten waren spektakulär und wurden von Fernsehteams gefilmt. Kurze Zeit später bauten wir in Kühlungsborn eine Pipeline, die weit in die Ostsee hinausführte. Das Projekt wurde von einem Hubschrauber aus gefilmt. Auch mehrere Rohrhersteller haben auf unseren Baustellen Imagefilme für ihre Messen gedreht. Egal, wo man hinkam, plötzlich liefen überall Filme über Michel Bau! Wir wurden überregional bekannt und hatten plötzlich mehrere Anfragen aus dem Ausland, sogar aus Zypern und dem Jemen. Das Motto unseres Geschäftsführers Reinhard Michel lautete damals: Michel kann alles, Michel macht alles!
Günter Wriedt: So haben wir auch unseren ersten Großauftrag in Mumbai, Indien, erhalten: die Sanierung von 4,3 Kilometern begehbaren Abwasserkanälen, finanziert von der Weltbank. Was uns dort wirklich fasziniert hat: Die indischen Arbeiterinnen und Arbeiter haben alles von Hand gemacht. Sie haben in einem unglaublichen Tempo mit Schaufeln die Baugruben ausgehoben. Und das nachts, weil es tagsüber viel zu heiß war.
Hohe Qualität und Zuverlässigkeit - dafür steht Michel Bau heute. War das früher schon so?
Heinz-Otto Nissen: Auf jeden Fall. Wir hatten immer das modernste Gerät. Michel Bau hatte schon einen Kanallaser, als andere noch mit Joch und Schnur gemessen haben. Auch unsere Fahrzeuge waren immer auf dem neuesten Stand. Wir waren die Ersten, die in den 60er Jahren vom Seilbagger auf Hydraulik umgestiegen sind. Wenn wir als Poliere und Bauleiter neue Geräte anschaffen wollten, hat man uns immer zugehört und es meistens möglich gemacht.
Helmut Vollstedt: Michel Bau war auch unglaublich gründlich in der Vorbereitung und Kontrolle der geleisteten Arbeit, da haben sich andere schon mal darüber lustig gemacht. Zur ersten Begehung kamen damals mindestens sieben Leute von Michel Bau, inklusive unserer Kalkulationsabteilung. Und der Bauherr war nur mit zwei Leuten dabei! Und wenn jeden Donnerstag der Bauleiter kam, um zu kontrollieren, wie die Kolonne gearbeitet hat, haben wir schon manchmal gedacht: „Big brother is watching you!“
Was hat Ihnen persönlich an der Arbeit hier am besten gefallen?
Heinz-Otto Nissen: Bei Michel Bau wurde gute Leistung immer honoriert. Wir haben immer pünktlich unsere Löhne und Tariferhöhungen bekommen. Und wenn die Baustellen gut liefen, gab es immer eine Prämie, auch in schlechten Zeiten.
Günter Wriedt: Es gab keine starken Hierarchien, das Verhältnis zwischen den verschiedenen Ebenen war immer sehr gut. Wenn Helmut uns als Technischer Leiter auf der Baustelle besuchte, hatte er stets eine Wathose im Koffer, damit er mit uns in den Kanal kriechen konnte. Andere Besucher kamen mit Schlips und Kragen, Helmut duzte einfach alle und brachte immer Kekse mit.
Helmut Vollstedt: Einmal hatten wir auf einer Baustelle in Hamburg ein Problem mit der Wasserhaltung und ein neuer Bauingenieur bei Michel Bau, der gerade von der Uni kam, hatte seine besten Sonntagsschuhe an. Er hat auch nicht jeden Mann auf der Baustelle begrüßt. Ich sach zu ihm: „Wir müssen runter, da warten vier Mann und viel Schlamm!“ Er wollte nicht. Da hab ich zu ihm gesagt: „Deine Schuhe mögen viel wert sein, aber du musst höher stehen als deine Schuhe. Wenn du nicht runterkommst, bist du nicht mehr bei Michel.“ Das war seine Kolonne, und wenn man bei Michel arbeitet, muss man jeden in der Kolonne einzeln begrüßen. Das erwarten die Leute hier, und dann sind sie zuverlässig an deiner Seite, auch wenn’s mal schwierig wird.
Wir bedanken uns für diesen spannenden Einblick!