Neurologie

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NEUROLOGIE

Für mehr Lebensqualität von Betroffenen und Angehörigen

NICHT

VERPASSEN:

Multiple Sklerose Sportmoderatorin

Anna Kraft im Interview

Seite 07

Migräne

Neues aus der Akuttherapie und Prophylaxe

Seite 08–09

Schlaganfall

Risikofaktor

Vorhofflimmern

Seite 10

Mit Parkinson mitten im Leben

Arne Peters ist einer von 400.000 Betroffenen in Deutschland. Im Interview erzählt er uns, wie er durch die Erkrankung zum Schreiben gekommen ist und warum für ihn eine gesunde Portion Humor wichtig ist.

Frühzeitig

an die subkutane Parkinson-Therapie denken!

Experten-Interview:

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1. Vorsitzender Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN) VERANTWORTLICH

Was hält unser Gehirn und Nervensystem gesund?

Das Gehirn ist nicht nur die Schnittstelle zwischen Körper, Geist und Seele, es stellt auch die Verbindung zu anderen Menschen her und verschafft uns Zugang zu der Welt außerhalb von uns.

Dr. Uwe Meier

Jeder Mensch hat nur ein Gehirn und jedes Gehirn ist einzigartig. Erkrankungen des Gehirns treffen uns daher immer auch im Wesenskern. Wir sollten also gut auf unser Gehirn und unser Nervensystem aufpassen.

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Please recycle

Präventiv können wir einiges tun: eine gesunde, pflanzen- und ballaststoffreiche Ernährung, wenig Fertiggerichte und Industriezucker sowie viel Bewegung. Auch soziale Kontakte sind wichtig und Strategien, wie wir mit Stressbelastungen umgehen. Das klingt so banal wie einfach. Es ist aber enorm schwer, weil wir teilweise Gewohnheiten ändern müssen. Und das mag das Gehirn eigentlich gar nicht, weil es Energie kostet und anstrengend ist. Das Gehirn wiegt zwar nur zwei Prozent des Körpergewichts –ohne Bauchfett selbstverständlich. Das Gehirn verbraucht aber bereits so schon 20 Prozent der Energie des Organismus, in Spitzenzeiten noch viel mehr. Verständlich, dass das Gehirn bei weiteren Anforderungen schon mal meckert.

Aber es lohnt sich: Das Gehirn bleibt biologisch messbar im wahrsten Sinne des Wortes jünger. Nervenzellen nehmen mehr Verbindungen untereinander auf, das Gehirn ist anpassungsfähiger und flexibler. Also: nicht nur in die Muckibude, sondern auch neugierig bleiben, neue Sachen lernen wollen und interessiert sein.

Das hilft nicht nur, biologisch jung zu bleiben, es schützt uns auch vor neuro-

UNSER BEITRAG ZUR VERBESSERUNG

DER GESUND HEIT.

Zambon – Partner in der Parkinson-Therapie.

Zambon GmbH | Lietzenburger Str. 99 | 10707 Berlin www.zambon.de

Präventiv können wir einiges tun: eine gesunde, pflanzenund ballaststoffreiche Ernährung, wenig Fertig gerichte und Industriezucker sowie viel Bewegung.

logischen Krankheiten. So haben wir mit einem gesunden Lebensstil ein bis zu zwei Drittel geringeres Schlaganfallrisiko. Immer mehr Studien zeigen eindrucksvoll, dass wir damit auch dem Krankheitsrisiko von Demenzen vorbeugen können. Und bei entzündlichen Erkrankungen wie Multipler Sklerose verbessert sich die Prognose deutlich. Auch wenn wir für immer mehr neurologische Erkrankungen heutzutage hochwirksame Therapien zur Verfügung haben, ist es daher wichtig, dass wir auch selbst aktiv sind und mit einem gesunden Lebensstil unser Gehirn schützen.

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Carolin Babel
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Innovationen
Wichtig bei einer neurologischen Erkrankung ist, dass sich die ganze Familie der Erkrankung stellt.
Service Entwicklung Forschung
FÜR DEN INHALT IN DIESER AUSGABE
Senior Project Manager: Carolin Babel Geschäftsführung: Richard Båge (CEO) Philipp Colaço (Managing Director), Alexandra Lassas (Head of Editorial & Production), Henriette Schröder (Sales Director) Designer:
Ute Knuppe

Solche Kliniken kannte ich durch meinen Beruf, aber mit einer Kamera zwischen mir und dem Geschehen. Jetzt gab es keine Kamera, kein Drehbuch und keinen Drehschluss; man denkt sich dann: „Hier gehöre ich doch eigentlich gar nicht hin.“

AM 11. APRIL

IST WELTPARKINSON-TAG!

Das Datum geht auf den Geburtstag von James Parkinson zurück, der 1817 erstmals die Krankheit beschrieb. Aber nicht nur an diesem Tag, sondern das ganze Jahr stehen zahlreiche Verbände beratend zur Seite. Unterstützung und Austausch finden Betroffene und Angehörige unter anderem bei diesen Verbänden:

Mit Parkinson mitten im Leben

Der Kameramann Arne Peters war erst 44 Jahre alt und stand mitten im Leben, als er die Diagnose Parkinson erhielt. Seine Erlebnisse mit der Erkrankung hat er in mittlerweile vier Büchern verarbeitet, die mit viel Charme und einem Augenzwinkern vom Alltag mit Parkinson erzählen. Text Miriam Rauh

Herr Peters, Sie erhielten 2009 die Diagnose Parkinson. Wie sind Sie damit umgegangen?

Ich lief erst mal stundenlang rastlos durch Hamburg. Dann rief ich meine engsten Freunde an und meine Familie. Erst später habe ich mich überwunden, mehr Menschen einzuweihen. Zu sehen, wie toll meine Freunde, Familie und Kollegen damit umgegangen sind, war eine sehr schöne Erfahrung.

Die Anfangszeit von Parkinson wird oft als „Honeymoon“ bezeichnet. Was bedeutet das? Wie haben Sie diese Phase erlebt?

Durch die Medikamente verschwinden die Symptome zunächst ganz, ich hatte sogar kurz die Hoffnung, die Diagnose könnte vielleicht ein Irrtum gewesen sein. Dem ist natürlich nicht so, aber ich habe meinen Alltag zunächst fast normal weitergelebt und auch weitergearbeitet.

Sie waren jung, als Sie Ihre Diagnose bekamen. Welche Rolle spielt das Alter? Ein Krankengymnast begrüßte mich mal mit den Worten: „In Ihrem Alter schon Parkinson ist auch nicht so schön, oder?“ Das fand ich auf den Punkt gebracht. Nee, das ist nicht so schön. Mit meinen 44 Jahren gehörte ich in der Selbsthilfegruppe und am Parkinson-Stammtisch zu den ganz Jungen; ich war aber nicht der Jüngste.

Gibt es bestimmte Symptome, an denen sich die Erkrankung schon früh zeigt? Schlafstörungen oder Riechstörungen können ein Hinweis auf Parkinson sein. Bei mir machte sich die Erkrankung allerdings anders bemerkbar, ich hatte z. B. plötzlich Schwierigkeiten, meine Spaghetti zu drehen, auch Zähneputzen

machte mir Probleme. Später wurde ich häufiger darauf hingewiesen, dass mein rechter Arm beim Gehen nicht mehr mitschwingt. Auf La Gomera sprach mich schließlich ein Passant auf meinen Gang an. Er hatte selbst Parkinson, das gab mir zu denken und ich ging zum Arzt.

Sie haben dann begonnen, zu schreiben. Wie kam es dazu?

Das war im Jahr 2014, als ich das erste Mal für einige Wochen in einer neurologischen Klinik war. Solche Kliniken kannte ich durch meinen Beruf, aber mit einer Kamera zwischen mir und dem Geschehen. Jetzt gab es keine Kamera, kein Drehbuch und keinen Drehschluss; man denkt sich dann: „Hier gehöre ich doch eigentlich gar nicht hin.“ Aber es gab auch schöne bzw. komische Momente. Irgendwann begann ich, meine Eindrücke, diesen Mix aus Gefühlen, aufzuschreiben. Eine Freundin ermutigte mich, sie zu veröffentlichen.

Ihr erstes Buch heißt: „Bloß nicht in Tüdel kommen“. Für alle, die nicht aus Norddeutschland sind – können Sie den Titel übersetzen?

Tüdel bedeutet „durcheinanderkommen“. Durch die Diagnose kam meine ganze Lebensplanung durcheinander. Aber „Tüdel“ meint auch kleine Dinge. Wenn man z. B. in der Reha Geschicklichkeitsspiele machen soll oder auf einem Wackelkissen steht, da kommt man auch in Tüdel.

Es blieb nicht bei einem Buch, Sie haben bereits Ihr viertes veröffentlicht. Was bedeutet Ihnen das Schreiben und worum geht es?

Die Reaktionen auf mein erstes Buch haben mich ermutigt, weiterzuschreiben. Humor ist dabei ganz wichtig, es soll keine Leidensgeschichte sein, auch wenn

die Dramatik der Diagnose zwischen den Zeilen mitschwingt. In meinem vierten Buch „Tisch 15. Als wäre Moritz dabei gewesen“ gibt es ebenfalls viele Momente, die einen zum Schmunzeln bringen. Es passieren unerwartete, schöne und rührende Dinge und es ist auch ein Buch über Freundschaft. Meine Geschichten sind fiktiv, es ist allerdings auch einiges dabei, was so oder so ähnlich passiert ist.

Wie geht es Ihnen heute mit der Krankheit? Ich habe gute und weniger gute Tage. An guten kann ich ein – zumindest fast – normales Leben führen. Das für Parkinson typische Zittern habe ich so gut wie gar nicht, bei mir sind die Bewegungen verlangsamt, was sich in schlechten Phasen vor allem beim Gehen bemerkbar macht. Aber dank der tollen Arbeit von Ärzten und Therapeuten und auch dank der Medikamente kann ich ein relativ gutes Leben führen.

Gibt es etwas, das Ihnen im Alltag besonders hilft?

Neben den Medikamenten ist Bewegung sehr wichtig, am besten regelmäßig. Deswegen sucht man sich am besten einen Sport, der einem Spaß macht. Ganz frisch für mich entdeckt habe ich Tischtennisspielen, ich habe vor einigen Wochen damit begonnen. Es macht mir wirklich großen Spaß und es hilft.

Haben Sie einen Rat für andere Betroffene, vielleicht etwas, das Sie selbst gerne früher gewusst hätten?

Ich kann nur empfehlen, dass man offen mit der Erkrankung umgeht. Der Versuch, sie zu verstecken, kostet nur unnötig Energie. Es gibt auch keinen Grund, so zu tun, als wäre alles in Ordnung, denn das ist es nicht. Man muss das Beste draus machen.

Hilde-Ulrichs-Stiftung

Die Hilde-Ulrichs-Stiftung für Parkinsonforschung (HUS) mit Sitz in Frankfurt am Main ist die erste private Stiftung in Deutschland, die die Erforschung nicht-medikamentöser Behandlungsmethoden sowie die Anpassung von Sportund Bewegungstherapien an die Erfordernisse der Erkrankung fördert. Die an Parkinson erkrankten Menschen sollen ermutigt werden, möglichst lange beweglich zu bleiben und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Alle zwei Jahre vergibt die HUS ihren mit 10.000 Euro dotierten Stiftungspreis. aktive-parkinsonstiftung.de

PARKINSonLINE e.V. ist ein im Internet tätiger Selbsthilfeverein für Parkinsonkranke. Die Nutzer begegnen sich im Forum, in Videochats und realen Treffen. Hier stehen Information und Austausch aus Betroffenenperspektive im Mittelpunkt, aber auch die Hilfe bei der Krankheitsbewältigung und das Aufzeigen von Lebensperspektiven für Neu- und für langjährig Erkrankte. Unsere Botschaft: Auch mit Parkinson kann das Leben schön sein! parkins-on-line.de

Jetzt mach doch mal einen Punkt! Seit unserem Start am 02.02.2020 machen wir genau das. Wir kooperieren mit Sportvereinen vor Ort, um Personen mit Parkinson aus der häuslichen Selbstisolation zum Tischtennisspielen in die Sporthallen zu holen. Über 170 (Stütz-) punkte sind mittlerweile bundesweit auf unserer interaktiven Karte zu finden. Vor kurzem konnten wir das 1000. Mitglied begrüßen. All das zeigt: Parkinson ist nicht ansteckend – PingPongParkinson schon! pingpongparkinson.de

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FOTOS: PRIVAT

Fortgeschrittenen Parkinson verstehen und behandeln

OFF-Phasen – ein Thema, das die meisten ParkinsonPatienten vor allem im späteren Krankheitsverlauf betrifft. Worum es sich dabei handelt und welche Therapien zur Verfügung stehen, erfahren wir von Prof. Dr. med. Georg Ebersbach im Interview.

Als neurodegenerative Erkrankung schreitet Parkinson immer weiter voran. Was passiert dabei im Körper?

Bei der Parkinson-Erkrankung kommt es zu einer Schädigung von Nervenzellen, wobei sowohl Störungen des Energiestoffwechsels als auch die Ablagerung schädlicher Eiweißpartikel in den Nervenzellen eine Rolle spielen. Man nimmt an, dass zuerst Nerven in Nase und Darm betroffen sind und es von dort zu einem über Jahre aufsteigenden Prozess kommt, bei dem auch die sogenannte schwarze Substanz im Mittelhirn in Mitleidenschaft gezogen wird. Diese Region ist eine wichtige Produktionsstätte für den Botenstoff Dopamin. Der bei Parkinson auftretende Dopaminmangel führt zu Bewegungsverarmung und Zittern, hat aber auch Auswirkungen auf das psychische Befinden und das vegetative Nervensystem.

Bei fortgeschrittenem Parkinson kommt es meist irgendwann zu sogenannten „OFF-Phasen“. Was versteht man darunter und wie äußern sich diese OFF-Phasen bei den Patienten? Durch Medikamente kann der Ausfall des körpereigenen Dopamins im Gehirn

teilweise kompensiert werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Wirkstoff Levodopa, der im Gehirn zu Dopamin umgewandelt wird. Während Levodopa in den ersten Krankheitsjahren oft sehr gleichmäßig wirkt, treten im späteren Verlauf meist Wirkungsschwankungen auf. Patienten geraten dadurch im Tagesverlauf immer wieder aus Zuständen mit guter Symptomkontrolle (ON-Phase) in Zustände mit deutlicher Zunahme der Symptome (OFF-Phasen). Dies kann dazu führen, dass mehrfach am Tag abrupte Wechsel zwischen normaler Beweglichkeit und schwerster Bewegungsstarre auftreten.

Gibt es typische Symptome, die eine OFF-Phase ankündigen?

Viele Betroffene entwickeln im Verlauf der Behandlung ein Gefühl für die Wirkungsschwankungen. OFF-Phasen werden dann schon bei den ersten Vorboten bemerkt, wie zum Beispiel Missempfindungen, Unwohlsein oder Stimmungstiefs.

Welche medikamentösen Therapien stehen dann zur Verfügung und worin unterscheiden sich diese?

Bei Wirkungsschwankungen kann die Wirkdauer von Levodopa durch Begleitmedikamente verlängert werden. Oft werden mehrere Substanzklassen kombiniert, um eine möglichst gleichmäßige Dopaminstimulation zu erreichen. In sehr schweren Fällen können auch die tiefe Hirnstimulation („Hirnschrittmacher“) oder Infusionspumpen eingesetzt werden, um Wirkungsschwankungen auszugleichen. Zusätzlich verwenden viele Patienten eine Bedarfsmedikation, mit der sie OFF-Zustände unterbrechen können. Hierzu zählen in Wasser gelöstes Levodopa oder die Injektion des Dopaminersatzstoffes Apomorphin. Seit letztem Jahr steht

Aktives Leben trotz

Morbus Parkinson

Morbus Parkinson, auch Parkinson-Krankheit genannt, ist eine chronische neurodegenerative Erkrankung, von der in Deutschland circa 400.000 Menschen betroffen sind.1 Auch wenn die Erkrankung bislang nicht heilbar ist, so ist sie in den meisten Fällen jedoch gut behandelbar. Mit individuell angepassten Therapieoptionen kann die Lebensqualität der Betroffenen oft über einen langen Zeitraum erhalten werden.

Meist wird Parkinson nach dem 50. Lebensjahr diagnostiziert, wobei die Häufigkeit mit zunehmendem Alter steigt. 2 Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Typisch für Morbus Parkinson sind Bewegungsstörungen wie verlangsamte Bewegungen, Zittern, Muskelsteifheit und Störungen des Gleichgewichts. Ursache der Symptome ist der Verlust von Nervenzellen im Hirnstamm – und ein damit

inhalierbares Levodopa als weitere Option zur Bedarfsmedikation bei OFFZuständen zur Verfügung. Da inhaliertes Levodopa direkt von der Lunge in den Blutkreislauf übertritt, lässt sich oft ein sehr rascher Eintritt der Wirkung erreichen.

Kann es bei der Anwendung von Bedarfsmedikation nicht zur Überdosierung/Fehlgebrauch kommen?

Ein suchtartiger Gebrauch von Bedarfsmedikation ist sehr selten und kann auftreten, wenn Patienten die Wirkung als euphorisierend erleben. Sehr viel häufiger passiert es, dass Patienten OFF-Zustände als extrem unangenehm erleben und sehr häufigen Gebrauch von Bedarfsmedikation machen, um das OFF zu vermeiden. Wenn Patienten sehr häufig Bedarfsmedikation benötigen, sollte die Basismedikation angepasst werden.

Sie sind ein starker Befürworter von Bewegungstherapie bei Parkinson. Warum sind Sport und Bewegung so wichtig und was geben Sie Patienten, insbesondere im fortgeschrittenen Krankheitsstadium, mit auf den Weg? Neben den Medikamenten sind die aktivierenden Therapien wie Physiotherapie, Logopädie und Sport eine gleichwertige Säule der Parkinson-Therapie. Verschiedene Symptome, die sich durch Medikamente nicht ausreichend bessern lassen, können durch gezieltes Training sehr wirkungsvoll angegangen werden. Nach heutigem Kenntnisstand lässt sich auch der Krankheitsverlauf bei der Parkinson-Erkrankung durch intensives und regelmäßiges Training beeinflussen. Außerdem verschaffen Sport und Bewegung den Betroffenen die Erfahrung, dass sie ihrer Erkrankung selbst wirksam entgegentreten können und ihr nicht hilflos ausgeliefert sind.

einhergehender Mangel des Botenstoffs Dopamin. Für die Betroffenen sind die zunehmenden Einschränkungen im alltäglichen Leben eine große Belastung, allerdings können Symptome und Krankheitsverlauf von Patient:in zu Patient:in stark variieren. Zwischen Honeymoon- und OFF-Phasen

In der ersten Phase der Erkrankung, der sogenannten „Honeymoon-Phase“, kann man mit geeigneten Medikamenten die Symptome oft gänzlich unter Kontrolle bringen. Im Verlauf der Erkrankung treten jedoch vermehrt sogenannte „OFF-Phasen“ auf, die oft mit einer plötzlichen kompletten Bewegungsunfähigkeit verbunden sind. Aus Angst vor den OFF-Phasen ziehen sich viele Parkinson-Patient:innen immer mehr zurück und meiden Aktivitäten. Mittlerweile stehen aber zur Überbrückung dieser OFF-Phasen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung, die On- Demand, also nach Bedarf, eingesetzt werden können. Darreichungsformen, die den MagenDarm-Trakt umgehen, wie z. B. Medikamente zum Inhalieren oder Spritzen,

MORBUS PARKINSON

Die Diagnose Morbus Parkinson stellt Betroffene, aber auch deren Angehörige vor große Herausforderungen. Patient:innen können aber aktiv mitwirken, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen. Sich über die Krankheit zu informieren oder sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, ist dabei ein wichtiger Schritt. Ausführliche Informationen, Tipps für Alltagshilfen und Anlaufstellen finden sich auf: www.aktiv-mit-parkinson.de

wirken dabei besonders schnell. Insgesamt gilt auch bei Parkinson: Bewegung und Aktivitäten sind wichtig und sollten nicht vernachlässigt werden. Daher werden inzwischen immer mehr unterstützende Begleittherapien wie Physio-, Ergooder Sprachtherapien angeboten.

Mit freundlicher Unterstützung der Esteve Pharmaceuticals GmbH.

1) https://dgkn.de/neurophysiologie/der-ueberblick/ morbus-parkinson

2) Heinzel S. et al Front Neurol 2018;9:500

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Prof. Dr. med. Georg Ebersbach Chefarzt des Neurologischen Fachkrankenhauses für Bewegungsstörungen/ Parkinson BeelitzHeilstätten
Verena van Elst
Text
2023-PARK-012 EVGENY ATAMANENKO/SHUTTERSTOCK

Parkinson-Netzwerke: Für die Verbesserung der Lebensqualität von Parkinson-Betroffenen und

Das Thema Integrierte Gesundheitsversorgung ist im gesundheitspolitischen Umfeld im Fokus vieler Gesetzgebungen. Doch funktioniert sie in der Realität? In der Indikation Parkinson wird seit einigen Jahren mit sogenannten ParkinsonNetzwerken ein neuer Ansatz verfolgt – aus der Versorgung kommend und den Patienten in den Mittelpunkt stellend.

Eine der größten Herausforderungen des deutschen Gesundheitswesens ist seit jeher der unzureichende Austausch zwischen verschiedenen Gesundheitssektoren und Fachdisziplinen. So besteht im normalen Versorgungsalltag beispielsweise kaum Interaktion zwischen Ärzten und Therapeuten. Gerade bei der Parkinson-Krankheit erfordert die komplexe Kombination aus motorischen und nicht-motorischen Symptomen eine regelhafte Mitbetreuung von Spezialisten und zahlreichen ambulanten und stationären Versorgenden. Für eine optimale Unterstützung ist ein interdisziplinärer Versorgungsansatz notwendig, der die individuellen Bedürfnisse sowie die Vielschichtigkeit der Erkrankung berücksichtigt.

Für die Parkinson-Krankheit haben sich in den letzten Jahren in Deutschland

vermehrt regionale Parkinson-Netzwerke gegründet. Inzwischen gibt es in Deutschland über 15 Netzwerke. Diese entstehen meist auf die Initiative von Ärzten oder Therapeuten in der jeweiligen Region.

Ziel der Netzwerke ist es, die Lebensqualität von Betroffenen und deren Angehörigen langfristig zu verbessern.

Dies setzen die Netzwerke um, indem sie alle an der Versorgung von Parkinson-Patienten beteiligten Akteure an einen gemeinsamen Tisch holen. Hierzu zählen Kliniken, Neurologen, Allgemeinmediziner, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychotherapeuten, Parkinson-Nurses, Patienten und Selbsthilfegruppen, Angehörige, Apotheken, Sanitätshäuser und Psychologen. Jeder dieser Versorgenden erlebt ein anderes Puzzleteil des Krankheitsbildes und der Symptomatik des Patienten.

Parkinson: Therapien für mehr Lebensqualität

Mit der optimalen Behandlung werden Begleiterscheinungen von Parkinson gemindert, die Lebensqualität wird erhöht. Frau PD Dr. med. Katja Odin, Parkinson-Expertin und Chefärztin an der Helios Albert-Schweitzer-Klinik Northeim, berichtet über mögliche Behandlungsergänzungen im Verlauf der Erkrankung.

Text Miriam Rauh

Frau Dr. Odin, viele Parkinson-Patienten bemerken auch unter oraler Medikation im Laufe der Zeit Veränderungen. Welche Symptome beschreiben die Betroffenen?

Wenn die Wirkung der Medikamente nicht mehr bis zum nächsten Einnahmezeitpunkt reicht, spüren Patienten, dass die Erkrankung fortschreitet. Sie haben dann weniger Dopamin zur Verfügung. Die Bewegungen verlangsamen sich, der Gang wird unsicherer, die Feinmotorik leidet und auch der Tremor, sofern vorhanden, nimmt zu.

Neben motorischen Symptomen zeigen viele Patienten auch nicht-motorische Symptome. Hierzu gehören Beschwerden wie Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Probleme beim Stuhlgang oder dass sie das Wasser nicht mehr so

gut halten können. All dies verstärkt sich, wenn die Erkrankung fortschreitet.

Wie helfen Fragebögen zur Erfassung von Symptomen und der Zeit ihres Auftretens bei der Optimierung der Medikation? Und welchen Mehrwert haben Bewegungssensoren? Ein Besuch beim Arzt ist immer eine Momentaufnahme. Vielleicht haben Patienten gerade ihre Medikamente genommen und zeigen deswegen keine oder weniger Symptome. Über den Tag verteilt ergibt sich jedoch gegebenenfalls ein anderes Bild, das man im Rahmen der Untersuchung nicht erfassen kann. Gute Fragebögen können bei der Einschätzung des Zustands sehr hilfreich sein. Man setzt sie ein, wenn Patienten eine Wirkfluktuation spüren, das heißt, wenn die Wirksamkeit ihrer Medikation abnimmt. Patienten können diese Fragebögen selbst ausfüllen oder jemanden bitten, das für sie zu tun. Fragebögen sind auch hilfreich, um einen Überblick

PD Dr. med. Katja Odin Chefärztin Neurologie der Helios AlbertSchweitzer-Klinik Northeim

deren Angehörigen

Nur indem diese Akteure miteinander kommunizieren und sich gegenseitig ihre täglichen Herausforderungen mitteilen, kann Versorgung nachhaltig verbessert werden. Ein wesentliches Kernelement ist hierbei die Kommunikation auf Augenhöhe. Gemeinsam entwickeln die Versorgenden dann Maßnahmen für ihre jeweilige Region, mit welchen den definierten Versorgungslücken entgegengewirkt werden kann.

Beispielsweise hat die Region Münsterland/Osnabrück die spezifische Verordnung aktivierender Therapien, also Ergo- und Physiotherapie und Logopädie, mit dem sogenannten Quickcard-Modell umgesetzt. Um über den zielgerichteten Einsatz dieser Therapien aufzuklären, wurden entsprechende Schulungsmodule entwickelt. Eine Quickcard ist eine physische Karte, die über den Patienten sowohl dem Arzt als auch dem Therapeuten bei jedem Termin vorgelegt wird.

und Osnabrück+

zu bekommen, welche nicht-motorischen Symptome vorhanden sind. Auch handliche, tragbare Sensoren, die die tägliche Bewegung des Patienten dokumentieren, können hier helfen. Man sollte darauf achten, dass sie zertifiziert sind, damit man valide Werte bekommt. Die Sensoren erlauben eine Gesamtbeurteilung des Patienten, da sie wichtige motorische Parameter objektiv erfassen. Die Informationen können Ärzte unterstützen, die Medikation zu optimieren und so die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Wann ist über die Medikation hinaus eine Behandlungsergänzung wie z. B. eine Therapie mit einem ApomorphinPen erforderlich? Welchen Nutzen sehen Sie in dieser Bedarfstherapie? Im Verlauf der Erkrankung lässt die Wirksamkeit der Medikamente häufig nach, sodass die Einnahmeintervalle verkürzt werden müssen. Das ist bei manchen Patienten später der Fall, bei anderen früher. Wir haben dann verschiedene Optionen. Zum einen gibt es bei Bedarf Levodopa in flüssiger oder inhalativer Form, der Apomorphin-Pen wiederum appliziert Apomorphin in die Haut. Alle Methoden haben ihre Vorteile. Bei der Applikation in die Haut wird die Magen-Darm-Passage umgangen; das bietet sich vor allem bei Patienten mit Beschwerden im Magen-Darm-Trakt an. Der Effekt ist auch schneller. Für andere Patienten kann die orale Form der Einnahme angenehmer sein, auch ist der Wirkstoff ein anderer.

Wann sollte die Therapieoption mit einer Medikamentenpumpe in Erwägung gezogen werden? Der Vorteil der Pumpentherapie ist die

Auf der Quickcard sind symptomorientierte Handlungsempfehlungen hinterlegt. Zudem könnten Arzt und Therapeut über die Quickcard kommunizieren. Durch das Innovationsfondsprojekt ParkinsonAKTIV wird es Versorgenden in Zukunft möglich sein, die Karten auch digital über eine elektronische Plattform auszutauschen.

Die Quickcards werden derzeit in vielen weiteren Netzwerken in Deutschland regionsspezifisch weiterentwickelt. Auch der Austausch zwischen den verschiedenen Netzwerken ist ein großer Mehrwert dieser Arbeit. Daher hat sich im letzten Jahr das Parkinson-Netzwerk Deutschland gegründet, das die lokalen Aktivitäten unterstützt und auch übergreifende Strukturen aufbaut. So soll die Netzwerkversorgung möglichst flächendeckend ausgerollt werden.

Parkinson-Netzwerke führen so durch den gesteigerten Austausch zwischen den Akteuren zu einem individualisierten und auf die spezifischen regionalen Versorgungsherausforderungen ausgerichteten Behandlungsansatz. Ein in Deutschland noch nicht fest verankertes, aber in den Netzwerken vorangetriebenes Thema ist das Patient Empowerment, das heißt, Patienten und Angehörige sollen in die Lage versetzt werden, ihre Therapieprozesse aktiv zu begleiten und, soweit möglich, auch zu steuern.

kontinuierliche Gabe des Medikaments. Wenn der Patient trotz fünf Gaben Levodopa täglich wiederholte Perioden mit schlechtem Medikamenteneffekt hat, zieht man eine Pumpe in Betracht. Ein früher Einsatz kann empfehlenswert sein, um Lebensqualität zu erhalten. Die Apomorphin-Pumpe appliziert den Wirkstoff unter die Haut und kann kurzzeitig abgenommen werden, z. B. wenn man schwimmen oder in die Sauna gehen möchte. Eine andere Variante ist die Levodopa-Pumpe, die oft für ältere Patienten gut geeignet ist. Hier wird der Wirkstoff direkt in den Darm abgegeben, wofür ein minimaler Eingriff in kurzer Narkose nötig ist.

Welche Vorteile sehen Sie durch eine kontinuierliche Gabe des Medikaments?

Parkinson trifft nicht nur ältere Menschen, sondern auch viele Jüngere, die mitten im Leben stehen. Mit der kontinuierlichen Medikamentengabe hat der Patient einen kontinuierlichen Effekt der Medikation und weniger Zeit pro Tag mit entweder zu wenig oder zu viel Medikamentenwirkung. Das ist bestenfalls auch förderlich gegen Begleiterscheinungen wie Fehlbelastung von Gelenken, Arthrose, Bluthochdruck oder Diabetes. Auch die anfangs beschriebenen nicht-motorischen Symptome wie Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Probleme beim Wasserlassen können eventuell verbessert werden. Die Patienten bleiben länger mobil, haben weniger Folgeerkrankungen und eine höhere Lebensqualität – was sehr wichtig ist.

Weitere Informationen unter d-minecare.de

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Text Carina Lummer, Tobias Warnecke, Carsten Eggers, Lars Tönges Prof. Dr. Tobias Warnecke Chefarzt der Neurologie, Klinikum Osnabrück Initiator und Sprecher der Parkinsonnetze Münsterland+ Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit EVER PHARMA GMBH entstanden.

Demenz trifft die ganze Familie

Dr. Sarah Straub ist Autorin, Liedermacherin und Psychologin. In ihrem beruflichen Alltag beschäftigt sie sich tagtäglich mit an Demenz erkrankten Personen. Warum sie sich für diesen Beruf entschied und warum sie insbesondere pflegende Angehörige stärken möchte, erzählt sie uns im Interview. Text Miriam Rauh

Frau Dr. Straub, Ihre Großmutter ist an Demenz erkrankt, als Sie 20 Jahre alt waren. Wie haben Sie diese Zeit erlebt? Ich habe meine Großmutter über alles geliebt und stand ihr sehr nah. So hat ihre schwere Demenz nicht nur ihr, sondern auch mein Leben grundlegend verändert. Ich wollte für sie da sein, ihr auch mit ihrer Demenz ein gutes Leben ermöglichen und sie selbst pflegen. Doch als pflegende Angehörige war ich, ohne Wissen über die Erkrankung, oft überfordert.

Heute sind Sie Psychologin, Liedermacherin und Autorin. Hat der private Umgang mit Demenz Sie in Ihrem beruflichen Werdegang beeinflusst? Ich wusste schon als Kind, dass ich Sängerin und Liedermacherin werden wollte und tat alles dafür. Die Demenzerkrankung meiner Großmutter führte allerdings dazu, dass parallel auch das Thema Demenz zu meinem Lebensmittelpunkt wurde. Nach meinen schmerzhaften Erfahrungen als pflegende Angehörige beschloss ich, mich

dafür einzusetzen, dass andere betroffene Familien nicht dasselbe erleben müssen wie ich zuvor. Ich ging neben meiner Arbeit als Musikerin in die Demenzforschung, promovierte über das Thema und begleite seitdem Demenzpatienten und ihre Angehörigen durch die Erkrankung.

In Ihrem Buch „Wie meine Großmutter ihr ICH verlor“, das 2021 erschien, erzählen Sie von Ihrer Erfahrung und geben Angehörigen Tipps. Was war ausschlaggebend für Sie, zu schreiben? Vielen von Demenz betroffenen Familien geht es leider genauso wie mir damals, als meine Großmutter erkrankt war. Die Menschen, die mich in meiner Gedächtnissprechstunde am Universitätsklinikum Ulm aufsuchen, mich auf meinen Konzerten ansprechen oder mir Mails schreiben, fühlen sich häufig alleingelassen und überfordert. So wurde es zu einer Herzensangelegenheit, all das aufzuschreiben, was ich für wichtig erachte, damit sich nahestehende Personen von Menschen mit Demenz gut informiert und vor allem gut vorbereitet fühlen für ein Leben mit dieser Erkrankung.

Welchen Rat haben Sie für Angehörige, die vermuten, dass ein Familienmitglied an Demenz erkrankt ist?

Gibt es eindeutige Hinweise?

Wir alle vergessen mal etwas, das ist noch kein Grund zur Panik. Dennoch verständlich, dass wir ab einem gewissen Alter hellhörig werden in solchen Situationen – weil die häufigste Demenzform, die AlzheimerDemenz, eben meist genau mit solchen Gedächtnisstörungen beginnt. Hinweise auf einen demenziellen Prozess ergeben sich, wenn die beobachteten Defizite mindestens sechs Monate bestehen, schleichend begonnen haben und in ihrem Ausmaß zunehmen. Außerdem beeinträchtigen diese Veränderungen mit der Zeit auch eigentlich routinierte Alltagsaktivitäten. Dann wird es Zeit, einen Arzt aufzusuchen. Ich möchte jedoch nicht unerwähnt lassen, dass eine Demenz auch mit ganz anderen Symptomen beginnen kann: mit Verhaltensauffälligkeiten, einer Wesensänderung oder Sprachstörungen beispielsweise. Demenz hat viele Gesichter und betrifft nicht nur hochbetagte Menschen. Es ist wichtig, dass wir auch für solche selteneren Demenzformen sensibilisiert werden, und da hilft es, wenn betroffene berühmte Persönlichkeiten damit an die Öffentlichkeit

gehen. Zurzeit erleben wir das am Beispiel des Schauspielers Bruce Willis, der an einer frontotemporalen Demenz leidet.

Wie und wo sollte eine Diagnose gestellt werden? Was sollten Angehörige dabei beachten?

Die Diagnose sollte unbedingt von einem Facharzt, einem Neurologen oder Psychiater, im Idealfall vielleicht sogar in einer spezialisierten Gedächtnissprechstunde gestellt werden. Angehörige sollten unbedingt auf eine differenzierte Einordnung bestehen, einschließlich MRT, einer ausführlichen neuropsychologischen Testung sowie verschiedenster Laboranalysen aus Blut und Nervenwasser.

Gibt es Therapiemöglichkeiten für Demenz? Was ist aus Ihrer Sicht für Betroffene besonders wichtig?

Es gibt noch keine Medikamente, welche die Erkrankung stoppen oder gar heilen könnten. Aber die Betroffenen können mithilfe verschiedenster nicht-medikamentöser Therapien den Abbauprozess nachweislich verlangsamen. Einer Demenz muss man aktiv und mutig entgegentreten, um Ressourcen zu stärken und Fähigkeiten zu stabilisieren. Dies gelingt beispielsweise mit Ergo- oder Logopädie, aber auch vielen weiteren Therapieformen. Außerdem ist es auch für einen gesunden Lebensstil nie zu spät.

Ihr neues Buch heißt „Wohlfühlküche bei Demenz“. Was war Ihre Intention beim Schreiben? Welche Rolle spielt das Essen bzw. die Ernährung für Demenzkranke?

Das Essverhalten von Menschen mit Demenz ändert sich auf vielfältige Weise. Beispielsweise essen manche Betroffene grundsätzlich zu wenig, andere wollen nur noch Süßes, bei so manchem erschweren Schluckstörungen das Essen, oder eine belastende innere Unruhe verhindert, überhaupt am Tisch zu sitzen. Mein Buch soll von Demenz betroffene Familien stärken, das gemeinsame Essen als Genussmomente zu erleben. Hierfür gehen die zusammengestellten Gerichte auf unterschiedliche Bedürfnisse der Patienten ein, sind aber für die ganze Familie lecker und fördern so die Teilhabe der Betroffenen am Familienleben.

Lesen Sie das ganze Interview unter gesunder-koerper.info

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FOTO: PETER NEHER
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Aufgeben ist keine Option

MS entmystifizieren

Anna Kraft ist erfolgreiche Sportmoderatorin, als sie wie aus heiterem Himmel die Diagnose trifft: Multiple Sklerose (MS). Doch sie lässt sich von der Krankheit nicht einschüchtern, lebt ihr Leben und blickt positiv in die Zukunft. Mittlerweile spricht Anna Kraft öffentlich über MS und macht damit auch vielen anderen Betroffenen Mut. Text Miriam Rauh

Frau Kraft, im Jahr 2015 wurde bei Ihnen eine Multiple Sklerose diagnostiziert. Wie kam es dazu?

Ich saß beim Friseur, als mein Bein einschlief und sehr unangenehm kribbelte; es wurde auch nicht besser, als ich zum Auto ging. Zu Hause nahm ich erst mal eine heiße Dusche. Ich dachte, ich hätte mir einen Nerv eingeklemmt, aber ich spürte auf einer Seite das warme Wasser nicht. Das fand ich seltsam. Weil ich am nächsten Tag für einen Dreh fit sein wollte und kein Orthopäde aufhatte, fuhr ich ins Krankenhaus. Zwölf Stunden später hatte ich die Diagnose: Multiple Sklerose. Ich blieb dann fast zwei Wochen in der Klinik.

Was wussten Sie bis zu diesem Zeitpunkt über die Erkrankung?

Von MS hatte ich vorher nie etwas gehört. Die Ärztin klärte mich auf, dass es eine Autoimmunerkrankung ist, die man heute gut behandeln kann, aber ich war zunächst völlig überfordert. Meine Ohren rauschten, ich hörte kaum, was sie sagte. Noch mehr schockierte mich allerdings das Bild auf der Broschüre, die ich in die Hand gedrückt bekam. Auf dem Cover war ein Rollstuhl, das hat mich richtig erschlagen. Ich war 30, hatte Leistungssport gemacht – das Bild vom Rollstuhl hat sich mir eingebrannt.

Haben Sie sich medizinisch aufgefangen gefühlt? Je länger ich mich mit Fachinformationen beschäftigte, desto besser wurde es; auch mein behandelnder Arzt hat mich gut aufgeklärt. Zum Glück gibt es seit zehn Jahren wirksame Medikamente, sodass man mit der Diagnose nicht automatisch im Rollstuhl landet. Sehr geholfen haben mir auch die Gespräche mit Prof. Dr. Hemmer vom Klinikum rechts der Isar. Er befasst sich jeden Tag mit dieser Krankheit und ist Experte – das gab mir das Vertrauen, mich sofort auf die Therapie einzulassen. Nach einem Jahr waren die Medikamente bei mir gut eingestellt und ich habe gelernt, mit der MS zu leben. Sie sind mit Ihrer Erkrankung an die Öffentlichkeit gegangen. Was war ausschlaggebend dafür? „Warum ich?“, diese Frage stellt man sich anfangs. Aber darauf gibt es keine Antwort. Und dann geht es darum, mit dem ungebetenen Gast, der jetzt im Wohnzimmer sitzt, umzugehen. Ich wollte einfach

mein Leben leben, weitermachen, auch in meinem Job. Erst 2021 habe ich meinem Arbeitgeber und meinen Kollegen von der MS erzählt. Es hat gedauert, bis ich alles verarbeitet hatte und selbst wusste, was die Diagnose für mich bedeutet.

In der MS-Forschung hat sich in den letzten Jahren viel getan. Haben Sie die MS mit Medikamenten unter Kontrolle? Anfangs war ich monatlich im Krankenhaus, jetzt nur noch zweimal im Jahr. Bei den Medikamenten hat sich tatsächlich in den letzten zehn Jahren sehr viel getan, es gibt große medizinische Fortschritte. Vielleicht auch deswegen, weil es zunehmend mehr Erkrankte gibt. Über die Ursachen weiß man bis heute wenig.

In den Jahren 2018 und 2020 kamen Ihre Töchter zur Welt. Wie haben sich die Schwangerschaften auf Ihre Krankheit ausgewirkt? Sehr positiv! Während meiner Schwangerschaft hatte ich auch keine Fatigue. Ich kämpfte mit Übelkeit wie andere Schwangere auch, nicht mit den Symptomen der MS. Es ging mir fantastisch. Ich konnte auch meine Medikamente absetzen, als der Körper seinen Eigenschutz durch die Schwangerschaft aufgebaut hatte. Nach der Geburt habe ich allerdings recht zügig wieder mit den Medikamenten angefangen, damit kein Schub kommt.

Sie sind sehr sportlich, beruflich erfolgreich und eine echte Powermama. Wie gehen Sie mit der Fatigue um?

Fatigue macht mir im Alltag schon zu schaffen und schränkt mich ein, sogar nach zwölf Stunden Schlaf. Leider lässt sich Fatigue weder mit Kaffee noch mit Vitamin D beseitigen. Damit ich keine Migräne bekomme, räume ich mir Pausen ein und gehe früh schlafen.

Sie leben Ihr Leben und blicken positiv in die Zukunft. Damit sind Sie ein Vorbild für viele. Haben

Sie einen Rat für andere Betroffene?

Ich finde es wichtig, Multiple Sklerose zu entmystifizieren und offen mit der Erkrankung umzugehen. Man kann sie nicht wegschieben, sie gehört zum Leben und es gibt heute gute Medikamente. Aufgeben ist keine Option!

Blutplasmareinigung eröffnet neue

Therapie-Optionen

Multiple Sklerose stellt die verbreitetste autoimmun bedingte, chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems dar. Die Ursachen sind bis heute noch nicht geklärt. Allerdings spielt das Abwehrsystem des Körpers, das Immunsystem, eine zentrale Rolle. Eine Fehlsteuerung innerhalb des Immunsystems löst die Bildung von relevanten Abwehrelementen die am Myelin, den Nervenzellen und ihren Nervenfasern, Schädigungen und Störungen verursachen können. Text Anna Derbsch

Im Interview sprechen wir mit Dr. Anton Ilin, Facharzt für Anästhesiologie und leitender Arzt im Ayus INUSpherese Zentrum Basel, über das Behandlungsverfahren der INUSpherese®, einer Doppel-Membran-Filtration und warum diese für MS Patienten eine echte Option sein kann.

Die INUSpherese®, umgangssprachlich auch „Blutwäsche“ genannt, ist ein auf der anerkannten AphereseTherapie basierendes und seit 2009 weiter entwickeltes Behandlungsverfahren, das bei verschiedenen chronischen Erkrankungen zum Einsatz

Dr. Anton Ilin Facharzt für Anästhesiologie und leitender Arzt im Ayus INUSpherese Zentrum Basel

kommt. Was kann man sich unter dieser Methode vorstellen?

Die Filtrationstherapie nutzt zwei Filter, um das Blut zu reinigen. Der erste Filter trennt feste Bestandteile vom Plasma. Im zweiten Filter wird das Plasma durch die spezielle Membran TKM 58 geleitet. Diese Membran erkennt pathogene Stoffe aufgrund von Gewichts-, Größen- und

Formunterschieden und filtert sie heraus. Die Wirksamkeit der Filtration ist abhängig von der Oberfläche der Membran sowie der Größe der Poren, die festlegen, welche Stoffe und in welchem Umfang sie herausgefiltert werden.

Warum ist sie für MS Patienten eine echte Option?

Die INUSpherese®-Therapie ist vielversprechend für MS-Patienten, da sie bekannte Faktoren wie Entzündungsmediatoren, Antikörper und proinflammatorische Zytokine effektiv herausfiltert. Sie reduziert auch zirkulierende Immunkomplexe, die degenerative Prozesse

auslösen können. Die Therapie reduziert auch toxische Substanzen, optimiert die Mikrozirkulation und verbessert die Sauerstoffversorgung, um degenerative Schäden zu verlangsamen. Optional können während der Therapie spezifische Medikamente in den Blutkreislauf von MS-Patienten eingebunden werden.

Wie läuft die Behandlung konkret ab und wann stellen sich Erfolge ein?

Die INUSpherese®-Therapie ist schonend und schmerzarm. Zwei Infusionsleitungen werden in die Armbeugen gelegt und das Blut durchläuft ein Einweg-Filtersystem, das es einmal komplett filtert. Es handelt sich nicht um einen Plasmaaustausch und es gehen keine Elektrolyte oder Immunkörper verloren. Es ist keine Zufuhr von Ersatzlösungen erforderlich. Die Dauer variiert je nach Volumen und Art der Behandlung, kann jedoch in der Regel nach 2 bis 2½ Stunden abgeschlossen sein. Die medikamentöse Nachsorge hängt von der individuellen Situation des Patienten ab.

Für zusätzliche Informationen, detaillierte Einblicke oder ein Beratungsgespräch besuchen Sie uns unter www.ayus.group

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FOTO: DIRK SPATH
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der AYUS MEDICAL GROUP AG entstanden.

Breite Auswahl an Akutmedikation bietet neue Chancen für Migräne-Betroffene

Im Dezember 2022 wurde die neue Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zur Akutbehandlung und Prophylaxe der Migräne vorgestellt.

Die Migräne ist die Kopfschmerzerkrankung, die am häufigsten zum Arztbesuch führt.

Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Meist kommt es zu halbseitigen, starken pochenden Kopfschmerzen begleitet von Licht- und Geräuschempfindlichkeit sowie Übelkeit. Die Attacken können bis zu drei Tage andauern. Immer noch gibt es Betroffene, die ihre starken Migräneattacken nicht gut in den Griff bekommen, dabei haben sich die Möglichkeiten der Akuttherapie deutlich verbessert und werden durch neu zugelassene Medikamente, von denen eines seit dem 1. März 2023 auch in Deutschland erhältlich ist, verbessert.

Viele Betroffene kommen mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen, ASS oder der Kombination aus ASS, Paracetamol und Coffein, wenn diese ausreichend hoch dosiert sind und frühzeitig bei einem Anfall eingenommen werden, gut zurecht. Reichen diese nicht aus, kann ein Triptan (Migränemittel) eingenommen werden. Frei verkäuflich stehen in der Apotheke mittlerweile drei Triptane (Sumatriptan in der 50-mg-Dosierung, Almotriptan 12,5 mg, Naratriptan 2,5 mg) zur Verfügung, sodass Migränebetroffene auch selbstständig Erfahrungen mit einem Migränemittel sammeln können. Alle sieben weltweit verfügbaren Triptane sind auch in Deutschland erhältlich. Vorteilhaft ist, dass diese als Tabletten und Schmelztablette (Zolmitriptan und Rizatriptan) sowie als Nasenspray (Sumatriptan

Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul Generalsekretär der Deutschen

Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) c/o Kopfschmerzzentrum Frankfurt

und Zolmitriptan) und zur Injektion unter die Haut (Sumatriptan 3 mg oder 6 mg) zur Verfügung stehen. Durch das Ausprobieren mehrerer Triptane auch in den unterschiedlichen Darreichungsformen kann die Mehrzahl der Betroffenen ihre Migräne gut behandeln.

Triptane können jedoch nicht eingesetzt werden, wenn HerzKreislauf-Erkrankungen (zum Beispiel ein Myokardinfarkt oder ein Schlaganfall) bestehen. Außerdem vertragen manche Menschen Triptane nicht gut. Seit 1. März 2023 ist nun Lasmiditan in der Apotheke verfügbar. Dieses Medikament kann in verschiedenen Dosierungen zur Akutbehandlung der Migräne eingesetzt werden. Da es keine Wirkung auf die Gefäßweite hat, kann es auch von Patienten mit Gefäßerkrankungen wie koronarer Herzerkrankung eingenommen werden. Darüber hinaus sprechen möglicherweise auch Betroffene auf das Medikament an, die von einem Triptan keine gute Wirkung erfahren haben. Bei der Mehrzahl der Betroffenen ist das Medikament gut verträglich, da es jedoch zu Benommenheit und Schwindel führen kann, darf in den acht Stunden nach der Einnahme kein Kraftfahrzeug geführt werden.

Zugelassen ist außerdem Rimegepant, welches ebenfalls Betroffenen helfen kann, die mit einem Triptan nicht zurechtkommen, dieses Medikament ist jedoch noch nicht in Deutschland in der Apotheke erhältlich.

Weitere Neuigkeiten sind im Bereich der Prophylaxe zu

Mehr vom Leben trotz Migräne

„Stell dich nicht so an!“ – für Menschen, die nicht an Migräne leiden, sind die starken Schmerzen und Beeinträchtigungen einer Migräne oft schwer vorstellbar, für Patient:innen ist der Leidensdruck häufig jedoch sehr hoch. Mittlerweile gibt es Hoffnung: Moderne Therapien können helfen, Lebensqualität zurückzugewinnen. 1

Text Maria Meyers

Migräne gilt nach wie vor als unterdiagnostiziert und untertherapiert.2 Deshalb ist es wichtig, dass Betroffene mit ihrem Arzt bzw. ihrer Ärztin sprechen, wenn sie den Verdacht haben, an

Migräne erkrankt zu sein. Mit einem Migränetagebuch können die Beschwerden detailliert festgehalten werden.3 Dies kann dem Arzt bzw. der Ärztin helfen, eine Diagnose zu stellen und einen geeigneten Therapieplan zu entwickeln.

Attacken lindern und vorbeugen

In der Behandlung der Migräne unterscheidet man zwischen Akuttherapie und Prophylaxe. Präparate zur Akuttherapie zielen darauf ab, Beschwerden schnell und effektiv zu lindern.1 Allerdings kann ein Übergebrauch die Migräne verschlimmern.4 Ziel einer Migräneprophylaxe ist es, die Häufigkeit, Schwere und Dauer der Attacken zu reduzieren.1 Sie ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Attacken häufig auftreten, ein hoher Leidensdruck besteht und die Lebensqualität stark eingeschränkt ist. Hierfür gibt es unterschiedliche

verzeichnen. So kann einer der monoklonalen Antikörper (Erenumab), der sich gegen den CGRPRezeptor richtet, nun frühzeitiger eingesetzt werden, und ein weiterer monoklonaler Antikörper, der sich direkt gegen CGRP richtet (Eptinezumab) ist seit Herbst 2022 auch in Deutschland verfügbar. Dieses Medikament wird alle drei Monate als Infusion verabreicht und ist durch einen raschen Eintritt der prophylaktischen Wirkung gekennzeichnet.

Die neue Migräneleitlinie stellt auch die etablierten Möglichkeiten nicht-medikamentöser Therapieverfahren vor. Entspannungsverfahren wie die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson und Methoden der Verhaltenstherapie wie der Umgang mit Alltagsstress, aber auch Psychotherapie können ebenso wie Biofeedback helfen, die Kopfschmerzhäufigkeit zu reduzieren. Auch Ausdauersport zeigt eine migräneprophylaktische Wirkung. Sinnvoll ist es hier, das Training zunächst mit niedriger Intensität, dafür aber regelmäßig (zum Beispiel dreimal pro Woche) zu beginnen, da für Untrainierte ungewohnte Überanstrengung auch mit dem Auslösen von Attacken einhergehen kann. Ein weiteres nicht-medikamentöses Verfahren ist die elektrische Stimulation von Nervenendästen des N. trigeminus (Gesichtsnerven) an der Stirn, ein Verfahren, für dessen Einsatz mittlerweile Studiendaten sowohl zur Akutbehandlung als auch zur vorbeugenden Therapie der Migräne vorliegen.

BUCHTIPP

In diesem Ratgeber geben Kopfschmerzexperten, die aus der täglichen Arbeit wissen, was wichtig ist, in verständlicher Sprache die Informationen zu Migräne, Kopfschmerz vom Spannungstyp, Clusterkopfschmerz und anderen Erkrankungen, die Ihnen weiterhelfen können. Ausführlich werden Medikamente zur Schmerzbehandlung und Vorbeugung erläutert. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den nicht-medikamentösen und psychologischen Verfahren, die langfristig entscheidend für den Therapieerfolg sind. Dieses Buch können Sie in jeder Buchhandlung bestellen. ISBN 978-3-940615-661-9

Therapieoptionen.1 In den letzten Jahren sind innovative, speziell für die Migräneprophylaxe entwickelte Medikamente neu auf den Markt gekommen, die sogenannten CGRP(Calcitonin Gene-Related Peptide)-Antikörper. Diese blockieren den Botenstoff CGRP, welcher bei Migräne eine zentrale Rolle spielt.1 Menschen, die unter Migräne leiden, müssen also nicht verzweifeln. Mit einer wirksamen Prophylaxe, der richtigen Akutmedikation und einem veränderten Lebensstil können Patient:innen einen Weg zurück ins Leben finden.

Für ein Migränetagebuch und weitere Informationen besuchen Sie migraene-prophylaxe.de oder scannen Sie den nebenstehenden QR-Code.

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Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der Lundbeck GmbH entstanden.
Diener HC et al., Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie, 2022, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: https://dgn.org/leitlinien (abgerufen am 30.01.2023).
Martin VT et al.; Annals of Medicine 2021; 53(1): 1969–1980.
Eigenbrodt AK et al. Diagnosis and management of migraine in ten steps. Nat Rev Neurol 2021. 4) Diener H.-C., Kropp P. et al., Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH), S1-Leitlinie, 2022; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 09.02.2023).
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Wieder am Leben teilnehmen kann dank Migräneprophylaxe möglich sein. FOTO: ANTONIO GUILLEM/SHUTTERSTOCK
Text Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul

Wie wir gemeinsam mit Migräne leben

Mein Mann hat Migräne. Und wir leben ein erfülltes, zufriedenes und abwechslungsreiches Leben. Dass ich das einmal schreiben kann, hätte ich vor ein paar Jahren nicht gedacht, wenn auch gehofft. Der Weg bis hierhin war steinig, gewunden, oftmals bergauf. Doch wir haben es geschafft. Ganz viel aus eigener Kraft, aber auch mit Hilfe.

Das bedeutet nicht, dass heute immer alles gut ist. Vielmehr bedeutet es zu verstehen: Es ist okay, dass nicht immer alles gut ist. Wir haben gelernt, die Migräne zu akzeptieren. Nicht gegen sie anzukämpfen, sondern mit ihr zu leben. Auf sie einzugehen und gleichzeitig nicht die Kontrolle an sie abzugeben.

Angefangen hat unser Weg so wie der vieler anderer sicherlich auch: Ohne eine eindeutige Diagnose, lange auf der Suche nach der einen Ursache – der verrenkte Nacken, der eine Nährstoffmangel, der eine Stressfaktor, den es nur ausfindig zu machen gilt, und dann wäre der Spuk endlich vorbei. Doch so kam es nicht. Migräne ist eine komplexe neurologische Erkrankung. Das eine Heilmittel gibt es nicht.

Das zu verstehen, in Kombination mit fachkundigen Ärzt:innen und einer (endlich!) korrekten Diagnose, war für uns damals der Startschuss für einen Umgang mit dieser Erkrankung. Einer, der zugegeben schmerzhaft in den Ohren hallte, der uns aber in die richtige Richtung lenkte. Wir wussten, dass es nicht länger Sinn machte, die Ursache im Außen zu suchen, sondern wir aus uns heraus Verantwortung übernehmen mussten.

Der erste Schritt bestand darin, sich Wissen anzueignen – über die Migräne und den Umgang mit ihr. Lernen, welche Therapiemöglichkeiten es gibt, und herausfinden, welche Maßnahmen für einen selbst geeignet sind. Allein, dass ich all diese Dinge auch gelernt habe, hat meinem Mann eine ganz große Last von den Schultern genommen. Denn so war er nicht mehr allein damit.

Ebenso wichtig war und ist für uns die Kommunikation miteinander. Mal ehrlich: Eine Partnerschaft ist immer auch harte Arbeit. Harmonie kommt selten ganz von allein. Und das ist normal und okay. Wenn dann noch eine Herausforderung wie eine chronische Krankheit hinzukommt, ist Beziehungsarbeit unerlässlich. Jeder empfindet und verarbeitet diese Situation individuell. Hat ganz eigene Bedürfnisse. Uns hat es bisher immer sehr geholfen, diese mitzuteilen, um aufeinander Rücksicht zu nehmen und sich gegenseitig zu verstehen.

Heute sind wir ein eingespieltes Team und haben die vorbeugenden Maßnahmen in unseren Alltag integriert. Neben regelmäßiger Bewegung an der frischen Luft und Entspannungstraining ist die Ernährung für meinen Mann

Kontrolle über die eigene Migräne durch individuelle Ernährung

Die Neurologin Dr. Astrid Gendolla erklärt am Beispiel Ernährung, wie Migränepatient:innen mehr Sicherheit im Alltag gewinnen können, und blickt auf die Migränemedizin der Zukunft.

Frau Dr. Gendolla, warum hat Ernährung überhaupt einen Einfluss auf Migräne?

Unser Gehirn kann Energie nicht speichern. Deshalb will es immer gleichmäßig mit Energie versorgt werden und greift auf einen Kraftstoff zurück, der in unserem Blutkreislauf verfügbar ist: den Blutzucker. Doch je nachdem, wie unser Stoffwechsel individuell mit einer Mahlzeit klarkommt, schwankt der Blutzuckerspiegel. Und genau solche Schwankungen in der Energieversorgung gelten als Ursache dafür, dass das Gehirn in einen Energiesparmodus wechselt, der Migräne auslösen kann.

Dr. med. Astrid Gendolla Fachärztin für Neurologie, Spezielle Schmerztherapie und Psychotherapie

Welche Lebensmittel sind das? Unser Blutzuckerspiegel reagiert ganz unterschiedlich, deshalb lässt sich das nicht pauschal beantworten. Wenn Betroffene aber wissen, dass es diesen Zusammenhang von Blutzucker und Migräne gibt, können sie nach individuellen Lösungen suchen. Hinzu kommt,

dass viele Migränepatient:innen oft auf geliebte Mahlzeiten verzichten, obwohl sie für den eigenen Organismus keine Migränetrigger darstellen. Die Reaktion unseres Stoffwechsels auf ein Lebensmittel ist häufig entscheidender als das Lebensmittel selbst.

Was raten Sie Migränepatient:innen? Betroffene hören oft, dass sie auf eine ausgewogene Ernährung mit möglichst regelmäßigen Mahlzeiten achten sollten. Die Forschung ist da aber schon weiter und kann Ernährungsempfehlungen sehr individuell gestalten. Innovative digitale Tools können Patient:innen

eine wichtige Säule in der Migränevorbeugung. Regelmäßige, ausgewogene Mahlzeiten sind für ihn unerlässlich und etwas, wo ich als Angehörige sehr gut unterstützen kann. Gemeinsam machen wir einen Wochenplan, ich übernehme das Einkaufen, und die Zubereitung teilen wir uns nach Kräften auf.

Mit Wissen, Akzeptanz sowie viel Arbeit miteinander und an uns selbst haben wir unseren Weg gefunden. Wir gehen ihn Hand in Hand und tragen uns gegenseitig.

Wenn du uns ein Stück auf unserem Weg begleiten möchtest, folge mir doch bei Instagram. Auf @migraene.begleiten teile ich unsere Erfahrungen und berichte aus unserem Leben mit Migräne.

dabei zur Seite stehen. Die App sinCephalea zum Beispiel ermittelt über Blutzuckerdaten, welche Mahlzeiten das Gehirn gleichmäßig mit Energie versorgen und ganz individuell Migräne vorbeugen. Weil es sich um eine sogenannte Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) handelt, werden die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Also Selbstbestimmtheit auf Rezept? Es hilft Migränepatient:innen ungemein, wenn sie Kontrolle über ihre Migräne bekommen. Wenn man bedenkt, wie wenig Zeit wir Ärzt:innen in der Sprechstunde haben, sind digitale Helfer ein unverzichtbares Tool für Empowerment in der Migränetherapie – ein Empowerment abseits von Tabletten, Tropfen und Spritzen.

Mehr Informationen finden Sie unter sincephalea.de

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Ulrike Voß
Text
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der PERFOOD GMBH entstanden. Text Svenja Platz
FOTO: CCPLATZ

Schlaganfall durch Vorhofflimmern

Beim Auftreten eines Schlaganfalls werden Teile des Gehirns nicht mehr richtig durchblutet. Ursache dafür ist eine Gefäßverstopfung durch ein Blutgerinnsel (sog. ischämischer Schlaganfall) oder eine Einblutung durch das Platzen eines Gefäßes (sog. hämorrhagischer Schlaganfall).

Durch das verstopfte Gefäß oder die Einblutung kommt es zum Ausfall der betroffenen Hirnareale, was zu Lähmungen, Sprach- oder Sehverlust, aber auch zum Tod führen kann. 2,5 Prozent der erwachsenen Menschen in Deutschland hatten bereits einen Schlaganfall und jährlich sind 117 Frauen und 127 Männer pro 100.000 Einwohner betroffen. Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehört neben Bluthochdruck, Rauchen, Diabetes mellitus, Übergewicht und Fettstoffwechselstörung die häufigste Rhythmusstörung, das Vorhofflimmern.

Der ischämische Schlaganfall ist mit 80 Prozent der Fälle die häufigste Schlaganfallursache.

Die Symptome eines Schlaganfalles sind oft akute starke Kopfschmerzen, Schwindel, Sprach- oder Sehstörungen sowie Taubheits- und Lähmungsgefühl in einer Körperhälfte. Oft kündigt sich der Schlaganfall mit ähnlichen Symptomen bereits Tage vorher an.

Risikofaktor Vorhofflimmern

Mit 20 bis 30 Prozent aller ischämischen Schlaganfälle stellt das Vorhofflimmern eine häufige Ursache für einen ischä-

Schlaganfall-Risiko-Analyse (SRA®)

mischen Schlaganfall dar. Bei dieser Herzrhythmusstörung breiten sich die Herzströme nicht mehr koordiniert in den Herzvorhöfen aus, sondern als Wellen. Dadurch schlägt das Herz unrhythmisch und schnell. Das Blut in den Herzvorhöfen wird nicht mehr komplett ausgeworfen und es bilden sich Wirbel, welche wiederum zum Verklumpen von Blutbestandteilen, sogenannten Gerinnseln, führen. Beim Wechsel in den normalen Rhythmus (Sinusrhythmus) oder bei körperlichen Anstrengungen werden diese in den Körperkreislauf geschwemmt und verstopfen Blutgefäße. Bestimmte Herzerkrankungen, wie Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz), Verengungen der Herzkranzgefäße, Herzklappenerkrankungen oder eine Herzmuskelentzündung, begünstigen das Auftreten von Vorhofflimmern. Auch der Genuss von Alkohol erhöht das Vorhofflimmerrisiko, so zeigten Daten einer Metaanalyse, dass bereits zwölf Gramm Alkohol pro Woche das Schlaganfallrisiko verdoppeln.

Vorhofflimmern kann anfallartig für mehrere Minuten bis Stunden oder dauerhaft auftreten. Die Betroffenen bemerken dabei plötzlich einsetzendes Herzholpern oder -rasen, Schwindel, Atemnot oder Schweißausbrüche.

Häufig unbemerkt

Oft wird das Vorhofflimmern bei kurzer Dauer gar nicht bemerkt und erst im

CHA2DS2-VASC-SCORE

RISIKOFAKTOREN

Dr. med. Jana Boer

Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie, Stv. Bundesvorsitzende BNK (Bundesverband Niedergelassener Kardiologen e. V.)

Rahmen der Ursachensuche für einen erlittenen Schlaganfall entdeckt. Die Herzrhythmusstörung fällt dann zufällig beim Pulsfühlen oder Schreiben eines EKG (Elektrokardiogramm) auf. Eine möglichst frühzeitige Diagnostik kann also Schlaganfälle durch frühzeitige Therapieeinleitung verhindern. Etabliert hat sich aufgrund neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse die Aufzeichnung eines kontinuierlichen EKG über drei bis sieben Tage. Aber auch moderne Wearables wie zum Beispiel Smartphones und Smartuhren mit EKG-Tracking können bisher unentdecktes Vorhofflimmern anzeigen. Bei sehr seltenen Vorhofflimmerepisoden kann ein sogenannter Loop-Recorder dauerhaft für ca. zwei bis drei Jahre unter der Haut implantiert werden.

Patienten mit entdecktem Vorhofflimmern müssen einer Risikobewertung für das Auftreten eines Schlaganfalles unterzogen werden. Dabei empfiehlt die Fachgesellschaft den sogenannten CHA2DS2-VASC-Score.

C Herzinsuffizienz oder objektive Hinweise auf eine mittelschwere bis schwere LVDysfunktion oder hypertrophe Kardiomyopathie

H Bluthochdruck oder unter antihypertensiver Therapie 1

1

A

Bei Frauen mit einem Score von 3 und Männern mit einem Score von 2 ist unabhängig von der Häufigkeit des Auftretens von Vorhofflimmern eine lebenslange blutverdünnende Medikation zur Schlaganfallprophylaxe notwendig.

Quelle: ESC Pocket Guidelines „Diagnose und

Erkennung von Vorhofflimmern als Primärund Sekundärprävention von Schlaganfällen

Wir, apoplex medical technologies, haben uns auf die Entwicklung von Software zur Unterstützung der Vorhofflimmer-Detektion spezialisiert. Unsere Schlaganfall-Risiko-Analyse SRA® wertet EKG-Daten aus und kann so sowohl manifestes Vorhofflimmern als auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit auf anfallartiges (paroxysmales) Vorhofflimmern feststellen.

Die innovative Erkennung erhöhter Wahrscheinlichkeit auf Vorhofflimmern unterstützt die Identifikation potenzieller Vorhofflimmer-Patienten, ermöglicht deren Nachverfolgung und somit eine möglichst zeitnahe Aufnahme von Präventionsmaßnahmen.

Vorgehensweise von SRA®

Mit Hilfe eines geeigneten Gerätes werden EKG-Daten des Patienten aufgenommen. Im Anschluss werden diese EKG-Daten von der Klinik oder dem niedergelassenen Arzt an den Analyseservice SRA® übermittelt. Die Analyseergebnisse stehen innerhalb nur weniger Minuten zur Verfügung:

> Kein Vorhofflimmern entdeckt. SRA® konnte in der gelieferten EKG-Aufnahme kein Vorhofflimmern entdecken.

> Erhöhte Wahrscheinlichkeit auf VHF entdeckt. SRA® konnte kein Vorhofflimmern feststellen, kann jedoch dank unseres einzigartigen Algorithmus eine Wahrscheinlichkeit auf Vorhofflimmern berechnen. In solchen Fällen erhöht eine längere Aufzeichungsdauer der EKG-Daten die Entdeckungsrate von Vorhofflimmern.

> Manifestes Vorhofflimmern entdeckt.

Unser kardiologisches Ärztenetzwerk übernimmt die zeitnahe Befundung der EKG-Daten. Mit Hilfe dieser kardiologischen Befundung kann Ihr Arzt nun bereits am Folgetag weitere Behandlungsentscheidungen mit Ihnen treffen.

Die Effizienz von SRA® wurde bereits vielfach in klinischen Studien unter Beweis gestellt. Es erleichtert und beschleunigt bestehende Standardvorgehen bei der Detektion von Vorhofflimmern und entlastet Ärzte, da jede Minute zählt!

Vertrauen Sie SRA® von apoplex medical technologies GmbH

Bereits über 200 Kliniken und 800 Arztpraxen schätzen SRA® in der Primär- und Sekundärprävention von Schlaganfällen! Leiden vielleicht auch Sie unter unerkanntem Vorhofflimmern und sind dadurch stark schlaganfallgefährdet? Wir raten die Rücksprache mit Ihrem Hausarzt – sprechen Sie ihn auf die bewährte Schlaganfall-Risiko-Analyse SRA® an!

Weitere Informationen finden Sie unter: apoplexmedical.com

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Dr. med.
FOTO: TANYAJOY/SHUTTERSTOCK
Text
Jana Boer
UND DEFINITIONEN PUNKTE
Alter 75 Jahre oder älter 2
Diabetes mellitus Behandlung mit oralen Antidiabetika und/oder Insulin oder Nüchtern-Blutzucker > 125 mg/dl (7 mmol/l) 1 S Schlaganfall Frühere Schlaganfälle, TIA oder
2
Gefäßerkrankung
1 A Alter 65–74 Jahre 1 Sc Geschlechtskategorie (weiblich) 1 MAXIMALE PUNKTZAHL 9
D
Thromboembolien
V
Angiographisch signifikante KHK, vorausgegangener MI, periphere arterielle Erkrankung oder Plaque in der Aorta
Behandlung von Vorhofflimmern“ Version 2020 ANZEIGE

Herausforderung ambulante Langzeitrehabilitation

PD Dr. med. Christian Dohle spricht über die Herausforderungen der ambulanten Langzeitrehabilitation und mögliche Lösungsansätze. Text

Was sind die größten Herausforderungen in der ambulanten Nachsorge und neurologischen Langzeitrehabilitation?

Gerade Patienten mit und nach neurologischen Erkrankungen haben häufig mit vielen unterschiedlichen Problemen und Gesundheitsstörungen zu kämpfen. Dabei ist die Neurorehabilitation ein wichtiger und qualitativ herausragender Bestandteil des deutschen Gesundheitssystems, der aber im Spannungsfeld von wissenschaftlichem Anspruch und politischer Umsetzbarkeit steht. Wissenschaftlich haben wir in den letzten Jahren ein hohes Niveau erreicht, sodass die Neuroreha inzwischen auf einer breiten Basis evidenzbasierter Studien arbeitet. Strukturell beruht die Neurorehabilitation in Deutschland auf dem „neurologischen Phasenmodell“. Dieses Modell, das die Rehabilitation von der Phase A bis F einteilt, ermöglicht eine hohe Behandlungsqualität. Kernelement ist die koordinierte Behandlung verschiedener Berufsgruppen, die sich gemeinsam auf Ziele und Prioritäten einigen und umsetzen. In meinem Berufsalltag habe ich jedoch

immer wieder feststellen müssen, dass es uns schwerfällt, die Rehabilitationserfolge in den Phasen A bis D in der ambulanten Versorgung weiterzuführen. Das liegt nicht an der Qualität oder Kompetenz der Kollegen im ambulanten Bereich. Einer der größten Problempunkte liegt darin, dass in der ambulanten Versorgungsstruktur keine Koordination der Leistungsanbieter mehr vorhanden ist. Die Patienten müssen sich deswegen in einer Vielzahl von Angeboten und gesetzlichen Vorgaben zurechtfinden.

Welche Lösungsmöglichkeiten für dieses Problem gibt es? Viele Akteure im Gesundheitswesen haben den Handlungsbedarf erkannt. Ein Lösungsansatz besteht in der Etablierung von Hilfsangeboten, um auf geeignete Maßnahmen und deren Zugangswege hinzuweisen. Ein tolles Projekt in diesem Kontext war der Servicepunkt Schlaganfall der Berliner Schlaganfall-Allianz. Dabei handelte es sich um ein niederschwelliges, sozialdienstliches Beratungsangebot für Schlaganfallpatienten und ihre Angehörigen, das sie über ihre Möglichkeiten zur

Fortführung der Rehabilitationsmaßnahmen informierte. Leider gelang es nicht, eine dauerhafte Finanzierung für das Angebot aufzubauen. Ein ähnliches Projekt sind die Schlaganfall-Lotsen der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.

Einen anderen Weg geht das P.A.N. Zentrum für Post-Akute Neurorehabilitation der Fürst Donnersmarck-Stiftung. In diesem Haus bringen wir in einem nachklinischen Setting alle wichtigen Bestandteile der neurologischen Langzeitrehabilitation – fachärztliche Betreuung, hochspezialisierte Therapien und pädagogische sowie pflegerische Unterstützung im Alltagskontext – unter einem Dach zusammen. Über einen Zeitraum von ca. 18 Monaten übernehmen wir damit die Koordinierungsfunktion, die im ambulanten Setting üblicherweise fehlt. Auf diese Weise lassen sich auch mit größerem zeitlichen Abstand, beispielsweise zu einem Schlaganfall, noch Verbesserungen in alltagsrelevanten Funktionen erzielen. Im Ergebnis gelingt es uns bei mehr als 70 Prozent der Rehabilitanden mit sehr schweren Einschränkungen, eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung zu vermeiden.

Das Leben neu leben lernen.

Ein Wasserglas halten, Briefe schreiben, selbstbestimmt leben: Menschen, die eine Schädigung des Nervensystems erworben haben, stehen vor großen Herausforderungen. Im P.A.N. Zentrum bieten wir ihnen nach Ende der medizinischen Reha Anschluss: Schrittweise individuell den Alltag zurückerobern.

Neue Wege in den Alltag

Neurologen, Neuro-Psychologen, Neuro-Pädagogen und Therapeuten arbeiten in unserem Therapiezentrum interdisziplinär und an einem Ort.

Das Ziel: Der Auszug der Rehabilitanden in ein möglichst selbstständiges Leben. Den meisten gelingt das nach 18 Monaten.

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Sebastian Weinert
für Neurorehabilitation (DGNR).
PD Dr. med. Christian Dohle Leitender Arzt des P.A.N. Zentrums für Post-Akute Neurorehabilitation und Bereichsleiter Forschung der Fürst DonnersmarckStiftung zu Berlin. Seit Dezember 2022 ist der zudem Präsident der Deutschen Gesellschaft
Wildkanzelweg 28, 13465 Berlin | Telefon: 030 4 06 06 – 0 | E-Mail: aufnahme@panzentrum.de | www.panzentrum.de ANZEIGE Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der FÜRST DONNERSMARCK- STIFTUNG ZU BERLIN entstanden.

Gib der Hoffnung einen Namen

„Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, um Holocaustüberlebenden Gutes zu tun. Gemeinsam können wir jetzt Zeichen der Hoffnung setzen und ihren letzten Lebensabschnitt erleichtern. Sind Sie dabei?“

Ilja musste in seinem Leben schon vor zwei Kriegen fliehen. Als Kind vor den Nazis, als alter Mann aus der Ukraine nach Israel. Er und seine Frau mussten mit nichts dort anfangen. Ihre Möbel sind aus dem Sperrmüll. Für Menschen wie sie vermitteln wir Patenschaften für Holocaustüberlebende in Israel.

WWW.GAIN-GERMANY.ORG GAiN-Germany.org/mitmachen/paten-gesucht/geschichten DOPPELTE FLUCHT
0641-97518-56 oder Patenschaften@GAiN-Germany.org
Tel.
ILJAS GESCHICHTE
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