MEDI-LEARN Zeitung 05/2005

Page 9

MLZ

Dezember 2005

Seite 9

www.medi-learn.de

I

m Wintersemester 2003 ist die neue Approbationsordnung (AO) für alle Studienanfänger der Medizin in Kraft getreten. Seitdem gibt es viele Neuerungen beim Studieren, was einiges erleichtert, aber auch einige Probleme aufwirft. Zu den grundlegendsten Veränderungen gehören sicherlich das verlängerte Pflegepraktikum, die klinischen Bezüge, die schon in den ersten zwei Jahren verpflichtend sind, und das vorklinische Wahlpflichtfach.

Das Pflegepraktikum

Das Pflegepraktikum dauert nun nicht mehr 60 Tage, wie nach alter AO, sondern 90 Tage. Auch kann es nicht mehr nach 14 Tagen unterbrochen werden, sondern sollte mindestens 30 Tage umfassen, darf also insgesamt nur in drei Abschnitte unterteilt werden. Daraus ergibt sich eine gewisse Unhandlichkeit in der „Ferienplanung“, denn das Praktikum muss nach wie vor innerhalb der vorlesungsfreien Zeit bzw. vor Studienbeginn absolviert werden.

MEHR ZEIT, SICH IN DER KLINIK ZU ORIENTIEREN Wer Nachprüfungen in den Semesterferien absolvieren muss, sollte zu Beginn des Praktikums im Krankenhaus vorsichtig anzufragen, ob man eventuell die Wochenenden freigestellt werden kann. In der Regel ist die Pflegedienstleitung dahingehend recht kooperativ, da nicht die Arbeitstage, sondern die Praktikumstage insgesamt zählen (also auch die freien Tage!). Erweist sich eine Klinik als äußerst unkooperativ, immer daran denken: Ihr arbeitet unentgeltlich! Die verlängerte Praktikumszeit hat meiner Meinung nach den Vorteil, dass man mehr Zeit hat, sich in der Klinik zu orientieren und ein besseres Vertrauensverhältnis zu den Kollegen aufzubauen. Wenn man die Pflege an sich im Griff hat, kann man häufiger Ausflüge in den OP oder einen Blick auf die Visite riskieren. Meist sind die Ärzte froh, wenn sie den Studenten erst einmal kennen gelernt haben und ihm ihr Fachgebiet „schmackhaft“ machen können. Am besten fragt ihr die Schwestern und Pfleger eurer Station, an wen ihr euch wenden könnt, wenn ihr etwas anderes als die Station sehen wollt. Es muss ja nicht gleich der OP sein: Auch ein Verbandswechsel, eine Ultraschalluntersuchung, eine Coloskopie oder eine Leber-PE können sehr interessant sein. All diese Untersuchungen dauern nicht so lange und ihr könnt das Zugucken idealer Weise mit dem Patiententransport verbinden. Auch die Patienten sind meist froh, wenn sie „Begleitschutz“ von der Station bekommen, vor allem, wenn sie sich zum ersten Mal einer solchen Untersuchung unterziehen müssen.

Seminare mit Klinikbezug

Begleitende klinische Seminare können für Studenten sehr hilfreich sein, um sich physiologische Strukturen und ihren Nutzen für den Körper besser einzuprägen. In Histologie beispielsweise gewinnt eine eher belanglose und oft nur schwer im Mikroskop erkennbare Basalmembran einen ganz anderen Stellenwert, wenn man weiß, dass ein Karzinom in situ wesentlich ungefährlicher ist als ein Karzinom, das die Basallamina bereits durchbrochen hat. Auf diese Weise wird man zum Lernen ermutigt und vieles erscheint leichter. Ein wesentlicher Nachteil des Ganzen ergibt sich daraus, dass klinische Themen häufig nur knapp in vorklinischen Büchern abgehandelt werden und so nur schwer zugänglich sind. Die Prüfungen

Kein Patient kommt mit einer MC-Frage Erste Erfahrungen mit der neuen Approbationsordnung

Rheuma früh erkennen

von Andrea Cronen, Ruhr-Uni Bochum

zu klinischen Fakten halten sich – bisher zumindest – in Bochum stark in Grenzen, sodass neue Bücher nicht unbedingt nötig sind. Bisher gab es immer Zusammenfassungen und Bilder, die weiteres Material ersetzten.

KLINIKBEZUG IST BEREITS IM PFLEGEPRAKTIKUM VORTEILHAFT

Insgesamt finde ich die klinischen Bezüge aber eher wichtig als lästig, da man so seinen Blick bereits früh für die Klinik schärfen kann, beispielsweise bei Röntgenbildern. Dies kann schon während des Krankenpflegepraktikums von Vorteil sein, da man den einen oder anderen Begriff schon gehört hat und mehr als nur Bahnhof versteht.

Wahlpflichtfach nach neuer AO

Eine weitere Voraussetzung für den „Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung“ (ehemaliges Physikum) ist ein benotetes Wahlpflichtfach. Dieses kann relativ frei (14 Stunden insgesamt sind Pflicht) aus dem Fächerkanon der Universität gewählt werden, theoretisch sind sogar Tanzkurse möglich! Man sollte jedoch etwas wählen, was auch wirklich sinnvoll ist, sei es für das Studium oder für das spätere Ärztedasein. Möglich ist vieles: Zum Beispiel Plastische Chirurgie, klinische Neuroanatomie, Sportmedizin oder Ethik. Die Art der Leistungsprüfung kann für die Endnote sehr wichtig sein, da Referate oder Hausarbeiten mit der richtigen Literatur und mit genügend Zeit meist leichter zu bewältigen sind als eine schriftliche Klausur. Je nach Veranstalter der Seminare, Vorlesungen oder Praktika sind die Anforderungen und damit auch der Ausfall der Endnote sehr unterschiedlich! Es lohnt sich daher, sich bei Altsemestern zu informieren, wie das Praktikum bisher abgelaufen ist. Die jeweils erhaltene Endnote erscheint später auf dem Zeugnis, geht allerdings nicht in die Gesamtbenotung des Studiums ein. Je nachdem, wie viel Sorgfalt bei der Suche nach einem geeignetem Wahlpflichtfach aufgewendet wird, kann dieses den Horizont wesentlich erweitern, Anreize für spätere Qualifikationsmöglichkeiten liefern und somit auch gewissermaßen richtungweisend für den Beruf sein. Gerade jetzt, wo es für viele Professoren noch neu ist, vorklinische Medizinstudenten zu unterweisen, kann es zu Problemen kommen.

HARMLOS UND OFT INTERESSANTER ALS VORLESUNGEN Manch einer unter- oder überfordert die Studenten, andere möchten sie eigentlich gar nicht in der Vorlesung sitzen haben, während dritte es ganz toll finden. Grundsätzlich sollte man sich immer im Klaren sein, dass es sich hier nur um ein Wahlpflichtfach handelt! Klappt der erste Versuch nicht so wie geplant, kann man immer noch ein anderes Fach versuchen. Auf keinen Fall solltet ihr euch der Panik hingeben, andere Pflichtfächer vernachlässigen oder gar Vorlesungen deswegen verpassen! Das ist die Sache eigentlich nicht wert. Zudem verlaufen die meisten Wahlfächer recht harmlos und sind interessanter als viele Vorlesungen.

Die mündliche Prüfung

Eine weitere Änderung der Approbationsordnung ist die mündliche Prüfung. Sie ist beim Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung verpflichtend in den Hauptfächern Anatomie, Biochemie und Physiologie. Früher war die Fächerwahl etwas weniger festgelegt. Psychologie war in der Vergangenheit auch mündlich möglich, jetzt gibt es dafür nur noch 60 MCFragen bei der schriftlichen Prüfung.

PRÜFUNGEN GEHEN ÜBER „KREUZWISSEN“ HINAUS Gut ist allerdings, dass jeder in den Hauptfächern mündlich geprüft wird, denn dieses Wissen sollte in der Klinik auf jeden Fall aktiv verfügbar sein und nicht nur

kurz notiert

aus passivem „Kreuzwissen“ bestehen. Kein Patient kommt schließlich mit einer Multiple-Choice-Frage zum Arzt!

Früh über Neuerungen informieren!

Die Neuerungen sind also schon recht umfangreich. Es empfiehlt sich daher, sich so früh wie möglich mit der neuen Approbationsordnung zu befassen. Wem noch Scheine für Prüfungen fehlen, der sollte sich beeilen, denn es ist nicht unbegrenzt möglich, die „alten“ Scheine anerkennen zu lassen. Notfalls müssen Kurse nachgeholt oder ergänzt werden, was zusätzliche Zeit kostet. Die Studienberater stehen dem verunsicherten Studierenden aber im Zweifelsfall gerne zur Seite und suchen gemeinsam mit ihm eine Lösung.

(idw) Eine frühzeitige Diagnose der rheumatoiden Arthritis wirkt sich positiv auf den Verlauf der Krankheit aus und kann auch frühzeitige Erwerbsunfähigkeit verhindern. Bei der praktischen Ausbildung angehender Ärzte bestehen jedoch große Defizite, bemängelt Prof. Dr. Elisabeth Märker-Hermann, Präsidentin der DGRh. Nur sieben der insgesamt 37 deutschen medizinischen Fakultäten verfügten über einen Lehrstuhl für internistische Rheumatologie. Kurze Praktikumszeiten und geringe Patientenzahlen führten zudem dazu, dass angehende Ärzte kaum Erfahrungen mit rheumatischen Erkrankungen sammeln können. Folge: Hausärzte erkennen das Leiden häufig nicht oder erst in fortgeschrittenem Stadium.

Blasenkontrolle für Querschnittsgelähmte

(idw) Querschnittgelähmte können oft ihre Blasenfunktion nicht mehr kontrollieren und sind auf Katheter, Windeln oder andere Hilfsmittel angewiesen. Am Universitätsklinikum Tübingen wird jetzt europaweit zum ersten Mal eine Operation angeboten, die diesen Patienten die Kontrolle über ihre Blasenfunktion zurückgibt. Möglich wird dieses durch die operative Umleitung: Nerven eines Rückenmark-Reflexbogens aus dem Oberschenkel werden auf den Reflexbogen der Harnblase umgeleitet. Durch die Auslösung eines Reizes am Oberschenkel kann die Blase über diese Umleitung dann wieder gesteuert werden.

Mordaufklärung durch Mitochondrien

(idw) Erstmals wurden in einem Massensuchtest nach Straftätern Mitochondrien-DNA-Muster untersucht. Im Ergebnis dieser Analyse konnte das Tötungsverbrechen an der siebenjährigen Maria J. aus Haldensleben aufgeklärt werden, das sich vor zehn Jahren ereignet hat. Damals standen Staatsanwaltschaft, Polizei und das Institut für Rechtsmedizin der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg bei ihren Untersuchungen vor dem Problem, dass es anhand der geringen verfügbaren DNA-Menge nicht möglich war, ein verlässliches Kern-DNA-Muster zu erstellen.

Der kleine Unterschied

(idw) Leipziger Forscher haben die Benutzung der Gene zwischen Mensch und Schimpansen verglichen. Ausgerechnet im Gehirn ist der Unterschied zwischen Mensch und Schimpanse am geringsten – zumindest was den Aufbau und die Aktivität der Gene betrifft. Und das, obwohl wir uns gerade durch Funktionen des Gehirns wie Sprache und Gedächtnis vom Schimpansen unterscheiden. Im Hoden variiert hingegen die Aktivität der Gene besonders stark zwischen den beiden Spezies: Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN). MEDI-LEARN Zeitung Online gibt es wöchentlich weitere interessante Artikel und Nachrichten rund ums Medizinstudium – mehr Infos unter: www.medi-learn.de e /zeitung


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.