marie 82/ Mai 2023

Page 1

3,20 Euro

davon 1,60 Euro für die Verkäuferin/ den Verkäufer

GROSSE MUTTER

Wir spannen einen weiten Bogen: vom bedenklichen Zustand der Mutter Erde bis hin zum kritisch-humorvollen Blick aufs Muttersein heute. Ungeschminkte Wahrheiten, Seiten 10-19

Illustration: Shutterstock

#82 / Mai 2023

Wir feiern

70 Jahre

Kaplan Bonetti

Sommerfest & Jubiläumsfeier

Sonntag, 25. Juni 2023

10 bis 16 Uhr

Wir laden Sie sehr herzlich zur Jubiläumsfeier „70 Jahre Kaplan Bonetti“ ein. Alle sind herzlich willkommen. Feiern Sie mit uns!

Haus Kaplan Bonetti

Kaplan-Bonetti-Straße 1, 6850 Dornbirn

www.kaplanbonetti.at

Glück gehabt?

70 Jahre Kaplan Bonetti

Stadtmuseum Dornbirn

6. Mai 2023 bis 28. April 2024

Ausstellung im Stadtmuseum Dornbirn in Kooperation mit dem Verein der Freunde Kaplan Bonetti und dem Stadtmuseum Dornbirn.

Ausstellungseröffnung Freitag, 5. Mai 2023, 18 Uhr Kulturhaus Dornbirn, Saal Bira

2 | Bezahlte Anzeige

Inhalt

4-5 Bild des Monats

6-9 Über Mut, der gut tut

Hohenemser Kulturfest emsiana will heuer zum Mutigsein anstiften

10-11 Wie man sich seiner Kinder entledigt

Barbara Schmiedehausen wirft einen kritischen Blick auf die Mutterrolle und Elternschaft

11 Impressum

12-13 Muttertag einmal anders

Interview mit der Schweizer Komikerin Lea Whitcher über ihr eigenes Mutter-Werden

14 Festival der Weiblichkeit

Verein lädt zu vielseitigem Programm und Markt-Tag

16-19 „Wir sind der Meteorit“

Interview mit Buchautor Fabian Scheidler über die Klimafrage, geänderte Arbeitswelten und Mutter Erde

19 Rätsellösungen

20 Repaircafés

21 Rechenrätsel, Schachecke

22-23 Mit dem Priester auf Mission

Große Sonderausstellung zum 70-Jahr-Jubläum des Wohn- und Arbeitsprojektes Bonetti im Stadtmuseum

25 Sudoku

26-27 Horst im Nehmen

Wie die Rappenlochschlucht für einen 13-Jährigen ein Jahr lang zu seinem Zuhause wurde

29 Begegnungsorte, Folge 1

Zu Besuch im Sozialtreff in Hohenems

30-31 Schreiben gegen die Sucht Gabriele Müller setzt sich in ihrem Text „Der Passant“ literarisch mit ihrer Sucht auseinander

32 Braucht's das oder kann das weg?

Nadine Dunst-Ender macht sich Gedanken zum Frühjahrsputz

34-35 Bühne frei Wanderpojekt „Kultursteg“ macht heuer im imposanten Steinbruch in Ludesch Station

37 Ganz in Weiß

Helle Sachertorte mit Erdbeeren aus Dans Probelokal

38-39 Veranstaltungskalender

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser!

Tja, der Muttertag. Was soll ich sagen. Irgendwie ist er aus der Zeit gefallen. Natürlich wollen wir ihn niemandem madig machen, nehmen ihn aber doch zum Anlass, einen kritischeren Blick auf das oftmals idealisierte Bild von Mutterschaft zu werfen. Sich für Kinder zu entscheiden und seine Kinder zu lieben, schließt nicht aus, der Mutterrolle – und den daran gebundenen Erwartungen – zwischendurch auch mal überdrüssig zu werden. Gerade, weil uns diese Lebensaufgabe eben keine Auszeiten bietet und die Pflichten von Elternschaft immer noch unverhältnismäßig an den Müttern festgemacht sind. Es ist vor allem auch das Streben nach dem perfekten Familienidyll, das den Müttern oft die Luft zum Atmen nimmt. Die Stilisierung zur Heldin und Superwoman ist keine Würdigung auf Augenhöhe, sie macht vor allem mächtig Druck. Nein, auch Mamas sind nur Menschen und das ist gut so.

Und sonst? Sonst fällt uns vor allem eines auf: Die pure Lust am Miteinander geht um. Das ganze Land ist in Fest(ival)-Laune. So viele lokale Veranstaltungs-Initiativen haben uns erreicht, die wir berichtenswert finden. Berichtenswert vor allem auch deshalb, weil sie der Begegnung die Tür öffnen und uns einladen, in Beziehung zu treten, mit Freunden wie mit Fremden. Mutig Seile zu spannen, von der einen Meinung da drüben zur anderen hierher. Und so neue tragfähige, elastische Netze zu knüpfen. Ein möglicherweise verwegener, aber mindestens so erfrischender Gedanke: Wenn ein Schmetterlingsflügelschlag in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen kann, kann dann nicht vielleicht auch ein buntes Miteinander in Hohenems, in Dornbirn oder im Walgau das Diskursklima anderswo positiv beeinflussen?

Wir wünschen Ihnen jedenfalls viele Begegnungen, die Sie mit Freude erfüllen. Kommen Sie gut durch den Mai und feiern Sie die Feste, wie sie fallen!

Herzlich, Ihre Simone Fürnschuß-Hofer, Redakteurin

Kontaktieren Sie uns

marie ist Mitglied im Weltverband der Straßenzeitungen. www.insp.ngo

Sie haben Anregungen, Wünsche oder Beschwerden? Dann schreiben Sie uns doch einfach. marie – Die Vorarlberger Straßenzeitung, Graf-Maximilian-Straße 18, 6845 Hohenems. E-Mail: redaktion@mariestrassenzeitung.at oder Sie rufen uns an unter 0677/61538640. Internet: www.marie-strassenzeitung.at. Wir freuen uns über Ihre Zuschriften!

#82 | Mai 2023 | 3
Die nächste marie erscheint am 31. Mai.
4 | Mittendrin in V

Hochbeete aus Lehrlingshand

Berufliche Praxis sammeln und dabei Gutes tun. Unter diesem Motto startete Stephan Moosbrugger (46), Ausbildner am Maurer-Ausbildungszentrum in Hohenems, im letzten Jahr ein ganz besonderes Projekt. Unter seiner Anleitung fertigen Lehrlinge seitdem Hochbeete aus Beton, die dann sozialen Einrichtungen gratis zur Verfügung gestellt werden. Kürzlich wurde eine ganze Hochbeet-Anlage am Sunnahof Tufers in Göfis (Foto) feierlich eingeweiht. Die Nachfrage nach neuen Hochbeeten ist übrigens groß. Neben dem Sunnahof gibt es die Werke aus Lehrlingshand inzwischen auch in der Lebenshilfe in Batschuns, bei pro mente in Dornbirn und im Kindergarten Hohenems-Schwefel. „Wenn andere soziale Einrichtungen, Schulen oder Kindergärten auch ein Hochbeet haben wollen, können sie sich gerne bei mir melden“, freut sich Stephan Moosbrugger über neue Anfragen. Kontakt: moosbrugger.stephan@wkv.at oder telefonisch unter 0664 825 24 99.

#82 | Mai 2023 | 5
Foto: Stephan Moosbrugger

Über Mut, der gut tut

Mit einem Sinn für das zu Bewahrende, mit großer Freude am Neugestalten und mit einem Feuerwerk an Programmpunkten will die emsiana heuer zum Mutigsein anstiften. Bei der marie hat‘s bereits gefunkt!

Seit 2009 feiert Hohenems mit der emsiana im Frühjahr ein großes Fest. „Wir nennen es bewusst ‚Fest‘ und nicht ‚Festival‘, denn es soll nicht nur ein bestimmtes Kulturpublikum ansprechen, sondern jede und jeden“, so Initiator Markus Schadenbauer. Die Vision des Stadtentwicklers war es von Beginn weg, ein niederschwelliges, breit gefächertes und mehrtägiges Miteinander auf die Beine zu stellen. Ein Fest des Austauschs, das einerseits Schauplätze der Innenstadt mit Themen aus der Emser Geschichte befüllt und gleichzeitig Neues inszeniert. Während man in den Anfängen die Ausstellungen und Konzerte noch vielfach in unsanierten Gebäuden realisierte, verlagert sich inzwischen die emsiana mehr und mehr in den öffentlichen Raum. In all die hübschen Ecken, Gassen und Plätze, die dem Fest als ideale Kulisse dienen, die Neugierde wecken und Offenheit ausstrahlen. Thematisch soll sich heuer der Mut – und vielleicht da und dort auch der Übermut –als roter Faden durch das Städtchen weben. Und weil wir überzeugt sind, dass Mut gut tut, nimmt die marie das emsiana-Motto zum Anlass, Hohenemser Gewerbe- und Kulturschaffende zu fragen, wen sie gerade mutig finden! Courage beweisen nämlich nicht nur viele kulturell engagierte Menschen mit dem Betreten ungesicherter Pfade, auch der Mut vieler Unternehmer:innen ist in Hohenems angesagt. Vor allem der Mut zur Nachhaltigkeit. Im Übrigen auch sichtbar gemacht im Rahmen von „Lädala go z'Ems" oder der FotoKampagne „Rebels of Change“ siehe Tipps der Redaktion.

Wir nennen es bewusst ‚Fest‘ und nicht ‚Festival‘, denn es soll nicht nur ein bestimmtes Kulturpublikum ansprechen, sondern jede und jeden.

6 | Mittendrin in V
Text: Simone Fürnschuß-Hofer; Fotos: Ursula Dünser (Stadtbilder)
„ “

Wen findest du gerade mutig und warum?

„Uneingeschränkte Bewunderung habe ich für Menschen, die ihr eigenes Leben für den Protest gegen eine Übermacht in Gefahr bringen, wie etwa die Frauen im Iran oder Regimekritiker in Russland. Aber Mut allein ist keine moralische Kategorie. Mutige Menschen können auch gefährlich sein. Auch ein Selbstmordattentäter braucht Mut, um einen Anschlag zu verüben.“

Johannes Inama, Mitglied Visionscafé Hohenems, Museumsleiter, Kulturarbeiter

„Wir haben derzeit große Achtung vor Menschen, die den Mut haben, sich immer wieder selbst zu reflektieren, um eigene „Schattenaspekte“ zu ergründen. Anzuerkennen, dass eigene Handlungen nicht immer perfekt, richtig und schön sind, schmerzt. Genau das ermöglicht es jedoch vielleicht, Polarisierungen zu relativieren und Zwischenstufen zuzulassen.“

Cäcilia König & Melanie Rüdisser-König, Buchhandlung Lesezeichen

„Sind wir nicht gerade alle ein bisschen mutiger angesichts der Welt, wie sie sich im Moment gestaltet? Der Mut, der mich inspiriert, ist ein simpler. Es ist der Mut, sich selbst wirklich kennenzulernen und zu versuchen, die beste Version dieser Person zu sein. ALLE werden irgendwann daran scheitern, aber es ist sowieso das Probieren, das gut ist, das ehrlich ist und mutig.“

David South, Inhaber Spuds – Die Grumprarei

„Spontan fallen mir dazu meine Zwillingssöhne ein, die sich aktuell gerade die Frage stellen, ob sie weiterhin die Schule besuchen oder sich ins Arbeitsleben stürzen sollen. In diesem Alter sich angesichts des allgegenwärtigen Leistungsdrucks entscheiden zu müssen, vielleicht auch gegen den Willen der Eltern einen anderen Weg einzuschlagen, da gehört eine ordentliche Portion Mut dazu.“

Ursula Dünser, Fotografin

„Mutig finde ich immer wieder Menschen, die es wagen, sich zwischen die Schützengräben der immer unerbittlicher polarisierten Lager zu begeben. So wie jene Menschen, die in Israel im Moment nicht nur auf die Straße gehen, um eine schon immer defekte Demokratie zu verteidigen. Menschen, die für eine wirkliche Demokratie kämpfen, die Israelis und Palästinenser einschließt. Die keine Fahnen schwingen, sondern Solidarität zeigen. Und von beiden Seiten belächelt und verhöhnt werden.“

Hanno Loewy, Direkter Jüdisches Museum Hohenems

#82 | Mai 2023 | 7
© Tatjana Schnalzger © Karin Nussbaumer © Dietmar Walser © Karin Nussbaumer © Samual Nußbaumer
>>

Wen findest du gerade mutig und warum?

„Ich finde, dass jeder Unternehmer und jede Unternehmerin täglich großen Mut beweist.

Warum? Weil mutige Menschen ihre Visionen und Träume verwirklichen. Weil sie ihren eigenen Idealen und Überzeugungen treu bleiben. Und weil sie sich nicht scheuen, Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie nicht immer wissen, ob sie richtig sind.“

Stefanie Brugger, Geschäftsführerin Moritz Bio-Restaurant

„Im Zusammenhang mit der emsiana habe ich zwei mutige Männer vor mir: Sie trauen sich, nach gefühlt ewiger Zeit, wieder öffentlich mit ihrer Musik aufzutreten. Beide waren sofort Feuer und Flamme, auch die (Profi)Sängerin, die zufällig dazu kam, sagte spontan zu. Mal sehen, ob sich dies kurz vor ihrem Auftritt (4. Mai um 21.15 Uhr am Emsbach), noch dreht und sie der Mut verlässt. Ich glaube nicht.“

Dieter Heidegger, Unternehmer

„Dazu fällt mir Jackie Monteiro mit ihrem Atelier und Geschäft in der Harrachgasse 5 ein. Mit der Illustration von Büchern, der Herstellung und dem Verkauf illustrierter Handwerksprodukte hat Jackie in ihrer Heimat Natal/ Brasilien begonnen. 2021 ist sie nach Hohenems gezogen und machte sich sogleich selbstständig. Jackie ist mutig, da sie ihre Leidenschaft zum Beruf macht und als Ergebnis auch ihre Kunst Mut und Leichtigkeit ausstrahlt. Schön, dass sie Hohenems bereichert!“

Markus Schadenbauer, emsiana-Initiator und Quartierentwickler

„Ich erlebe im Alltag das, was ich Gesellschaftsmut nennen möchte: Er wird spürbar in der humanitären Hilfe, im Pflegebereich oder auch im reformbedürftigen Bildungssystem. Ich bin froh über diesen Mut und ich vermisse den politischen Mut, der für Frieden, würdige Arbeitsund Lebensbedingungen und eine zukunftsorientierte Ausbildung sorgen kann.“

Frauke Kühn, Geschäftsführerin Literaturhaus Vorarlberg

8 | Mittendrin in V
© Benjamin Salizzoni © Lisa Mathis © privat © Ursula Dünser
>>
Fortsetzung

Fortsetzung

„Ich bin immer sehr von Frauen inspiriert, die sich mutig für ihre Rechte und soziale Gerechtigkeit einsetzen. Egal, ob im großen oder kleinen Rahmen. Vorwärts gehen, nicht stehen bleiben, sich nicht entmutigen oder klein kriegen lassen, an ihre Träume glauben. Trotz globaler Herausforderungen ist deren Impact auf die Welt spürbar und motiviert mich, mich ebenfalls aktiv für Veränderungen einzusetzen.“

Eva-Katharina Heerdegen, Geschäftsführerin HEERDEGEN Eco Concept Store

„Menschen, die an einem Punkt ihres Lebens in Formen des Widerstands, des Protests, der Verweigerung engagiert sind, haben den Luxus der Hoffnungslosigkeit überwunden.“ Dieses Zitat habe ich vor einigen Tagen gelesen, es stammt von Dorothee Sölle. Mich bewegen gerade sehr viele Menschen, die Mut über Angst stellen. Frauen im Iran und junge Menschen die sich für die Klimazukunft einsetzen.“

Elisa Rosegger, Leiterin Kulturreferat Stadt Hohenems

Ein Wochenende lang gemeinsam in die Beziehungen zwischen Geschichte und Gegenwart eintauchen. Nachdenklich, neugierig, mit Genuss und Vergnügen.

emsiana Kulturfest vom 4. – 7. Mai 2023 in der Hohenemser Innenstadt, Festplatz: Salomon-SulzerPlatz; mit vielen Konzerten, Führungen, Ausstellungen, Mut-Gesprächen, Familienprogramm und Kulturschmaus an öffentlichen Plätzen und in Museen. Die Eröffnungsrede hält Autorin Eva Menasse. Das umfassende Programm und Infos zum Kartenvorverkauf: www.emsiana.at

LÄDALA GO Z'EMS: Gemeinsamer Spaziergang zu resilienten Geschäftsmodellen in Hohenems, die mutig und engagiert klimafreundliche und wirtschaftlich erfolgreiche Wege verfolgen; Freitag, 5. Mai – 15 und 17 Uhr sowie Samstag, 6. Mai – 11:30 Uhr

FOTOKUNST-PROJEKT: Drei kolumbianische Künstler:innen dokumentieren Unternehmer:innen, die mit ihren nachhaltigen Ideen Mut beweisen - als Vorbilder und zur Inspiration sichtbar gemacht auf dem Weg von der Harrachgasse zum Collini-Areal. Eine Aktion des SDG-Forums, gefördert von der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (ADA) im Rahmen der Kampagne REBELS OF CHANGE.

EIN TISCH FÜR ZWEI: Eine Einladung für Menschen, die neugierig sind auf neue Begegnungen, Lebensgeschichten und Perspektiven; Information und Anmeldung: www.literatur.ist

#82 | Mai 2023 | 9
© PaulaOG © Christian Chizzola
! TIPP !

Bevor Steine fliegen: Ich will meine Kinder nicht loswerden. Nur mich selbst wieder zurückhaben. Und das ist gar nicht so einfach, wie ich mir das vorgestellt hatte.

WIE MAN SICH SEINER KINDER ENTLEDIGT

Zuerst ist da ein unbestimmter Wunsch, ein Sehnen nach Komplett-Sein. Dann sieht man nur noch Schwangere und Babys, und dann will man auch so eins. So ein duftendes, hübsch verpacktes, die Urinstinkte nach Bemuttern ansprechendes Bündelchen. Ein eigenes Menschlein, ein Wesen, das nur mir gehört, mir allein, zum Liebhaben. Eine Projektionsfläche für alle Liebe, die man hat, die sich im Laufe der Jahre und Beziehungen ziellos verstreut hat, und die nun einen Mittelpunkt braucht, einen unverrückbaren.

Meins allein spielt es allerdings nicht. Es muss ein Vater her für das Geschöpf. An jedem Vater hängt ein Mann, oder auch nicht. Aber im Idealfall gibt es einen Vater für das Kind, man will es selbst und es ist der Brauch und ein Kind will das irgendwann sicher auch. Da klappert sie schon, die Tür zur Biedermannsfalle. Man wird ein Paar, dann eine Familie, dann ein Kreditnehmer, dann wird man seine Eltern und dann fragt man sich, wo man denn selbst geblieben ist in diesen Jahren der Kinderaufzucht, des Systemerhalts und des Aufbaus einer Existenz, die sich plötzlich ausschließlich um das Geschöpf oder die Geschöpfe zu drehen scheint.

Da sind sie nun, die kleinen Schreier; sie sind wahnsinnig bedürftig, unendlich anstrengend, total abhängig und sie brauchen ein Betreuungsteam. Amme, Popoputzer, Leibdiener, Träger, Organisator, Versorger, Bezahler, Wohnraumbeschaffer, Bespieler, Lehrer für alle Fächer einschließlich Sport und Kunst. Die Liste der Aufgaben wird lang und länger, je später man die kleinen Sauger abzugeben bereit ist. Kinderbetreuung wird schon ein Thema, bevor die Würstchen noch einen Schritt tun können, dann sind sie mal in der Krippe, oft auch nicht, denn krank werden die trotz bester Pflege alle Augen-

© nickhedgesphotography.co.uk

10 | Mittendrin in V
Text: Barbara Schmiedehausen, Foto: Nick Hedges

blicke. Nächtelanges Tragen, morgens völlig kaputt ins Büro, abends das endlose Bettbringritual. Es schläft einfach nicht durch, das tun immer nur die Kinder anderer Mütter. Ich hingegen schlafe im Stehen, kein Problem.

Es wird groß, es geht in den Kindergarten. Ungern, man zwingt es dazu, überredet es, besticht es, begleitet es wochenlang. Da muss doch noch was anderes gewesen sein? Genau! Wir fahren in den Urlaub, mit dem Kind, das wird sicher schön. Aber nein: Im Urlaub schläft es gar nicht, es mag das Essen nicht, kriegt Durchfall, in die Sonne darf man nicht mit ihm, in ein Restaurant will man nicht: Die kleinen Flitzer sind nur tischhoch, die findet man nicht mehr, wenn sie mal abgehauen sind. Wann haben wir zuletzt gleichzeitig gegessen, lieber Mann? Und wer bist du überhaupt geworden? Papi. Ja, Papi und Mann, der irgendwie nicht da ist, mich nicht mehr versteht und ich ihn auch immer weniger. Alle strengen sich an, alle scheitern, dauernd. Ein zweites Kind kommt ins Haus, dann sind wir endlich eine richtige Familie, das macht den Deckel drauf. Ja, das Anstrengen kennt noch eine Steigerungsstufe, wer hätte das gedacht. Die zweite Karenz ist keine Pause, ich freue mich aufs Arbeiten. Da kann ich wenigstens auf Klo gehen, wann ich will, und telefonieren, ohne Menschenleben retten zu müssen zwischendurch.

Die Sache zieht sich hin, es wiederholt sich mit Kind 2, die Stresserei mit Kindergarten, das Große kommt in die Schule: noch schlimmer. Dreimal die Woche steht es um halb elf auf der Matte. Da geht

sich kein Job mehr aus, auch kein Halbtagsjob. Nur Einkaufenkochenputzenaufrämenvonvorne.

Ich kürze das jetzt ab: Es kommt der Tag, da haben dann beide Matura und sind weg. So hat man gedacht vor unendlich langen Jahren, man hat sich das ausgerechnet: 18 Jahre, dann stehen die auf eigenen Füßen, dann hat man sich selbst zurück.

Spoiler Alarm: So ist das nicht. Mitnichten.

Sie sind weggezogen und leben Teilzeit und auf unsere nicht unerheblichen Kosten in der Studienstadt. Sie sind noch lange nicht weg. Aber mehr weg, so viel mehr weg, dass man Zeit hat, sich Fragen zu stellen. Zum Beispiel: Wie hat man das überhaupt schaffen können bisher, ohne komplett aus der Rolle zu fallen? Ohne sich zu trennen? Ist man überhaupt noch ein richtiges Paar, oder sind nur die Eltern-Teile übriggeblieben? Wir sind, ich sag es gleich, Eltern-Teile geblieben und teilweise wieder „nur“ ein Paar. Aber ein ganz anderes, als wir uns je hätten vorstellen können.

Wer bin ich geworden und wie viele Ichs gibt es von mir? Eine Rollen-Versammlung: Mutter, Frau, Arbeits- und Versorgungskraft im Werkel der Familie, der Gesellschaft. Werde ich irgendwann wieder nur Ich werden? Ah, das Telefon läutet, ein Kind hat ein Problem, das ich sofort zu lösen habe. Ich bleibe Mutter, lebenslänglich; der Rest ist fraglich.

Impressum

Grundlegende Richtung

Die Straßenzeitung marie versteht sich als Sprachrohr für die Anliegen von Randgruppen unserer Gesellschaft. marie ist ein Angebot zur Selbsthilfe für Menschen an oder unter der Armutsgrenze, die ihren Lebensmittelpunkt in Vorarlberg haben. Ziel ist die Förderung des Miteinanders von Menschen am Rande der Gesellschaft und der Mehrheitsgesellschaft. Die Hälfte des Verkaufspreises von 3,20 Euro verbleibt den Verkäufer:innen. marie ist ein parteiunabhängiges, soziales und nicht auf Gewinn ausgerichtetes Projekt.

Redaktion

marie – Die Vorarlberger Straßenzeitung, Graf-Maximilian-Straße 18, 6845 Hohenems, Telefon: 0677 615 386 40 eMail: redaktion@marie-strassenzeitung.at Internet: www.marie-strassenzeitung.at

Redaktion: Frank Andres, Simone Fürnschuß-Hofer

Mitarbeiter:innen dieser Ausgabe: Nadine Dunst-Ender, Guntram Gärtner, Miriam Jaeneke, Christine Mennel, Daniel Mutschlechner, Barbara Schmiedehausen, Brigitta Soraperra

Zeitungsausgabestellen:

Dornbirn: Kaplan Bonetti Sozialwerke, Kaplan-Bonetti-Straße 1, Montag, Mittwoch und Freitag von 7.15 bis 9 Uhr

Bregenz: dowas, Sandgrubenweg 4, Montag bis Freitag: 8.30 bis 13 Uhr

Feldkirch: Caritas-Café, Wohlwendstraße 1, Montag bis Freitag 8.30 bis 14 Uhr

Bludenz: do it yourself, Kasernplatz 5-7/3b, Montag und Mittwoch 14 bis 16 Uhr

Anzeigen

Kontakt: anzeigen@marie-strassenzeitung.at Medieninhaber und Herausgeber Verein zur Förderung einer Straßenzeitung in Vorarlberg, ZVR-Zahl 359044778, 6833 Klaus eMail: redaktion@marie-strassenzeitung.at Vorstand

Frank Andres, Obmann

Christina den Hond-Vaccaro, Obmann-Stellvertreterin, Schriftführerin

Oliver Mössinger, Kassier

Druck: Russmedia Verlag GmbH, Schwarzach

Auflage: 13.000 Exemplare, Erscheinungsweise monatlich

Layout/DTP/Bildbearbeitung

:TAGWERK Grafik|Design Monika Dür Bankverbindung & Spendenkonto

Raiffeisenbank im Rheintal, IBAN: AT94 3742 0000 0648 3580, BIC: RVVGAT2B420

© 2023 marie. Alle Rechte vorbehalten.

#82 | Mai 2023 | 11
WO BIN ICH GEBLIEBEN UND WERDE ICH JETZT WIEDER ICH?

Muttertag –

einmal anders!

Alljährlich Mitte Mai feiern wir den „Muttertag“, der sich seit 1914, beginnend in den USA, in der westlichen Welt etabliert hat. Dabei ist Müttern oft nicht zum Feiern zumute, wenn wir die aktuellen Diskurse in Gesellschaft, Sozialwissenschaft und Medien verfolgen. Der sogenannte „Mental Load“, also die bis zur Erschöpfung führende Allzuständigkeit von Frauen in Familien, gerät zunehmend aus dem Deckmantel dessen, „über das frau nicht spricht“. Lea Whitcher, Komikerin und Performerin aus Zürich, hat ihr eigenes Mutter-Werden sogar zu einem Comedy-Abend gemacht, in dem Humor hilft, abgründige Situationen des mütterlichen Alltags sichtbar zu machen. Am 5. Mai ist „MAMA LOVE“ auf Einladung der IG Geburtskultur a-z im Spielboden zu Gast und damit erstmals in Österreich zu sehen, bevor das Stück im Juni auf dem Programm der Wiener Festwochen steht.

Interview: Brigitta Soraperra, Foto: Pia Grimbühler

Für „MAMA LOVE“ hat die amerikanisch-schweizer Komikerin die Kunstfigur „Lea Blair Whitcher“ kreiert, mit der sie eigene Erfahrungen mit aktuellen Diskursen zum Thema „Mutterschaft“ verknüpft.

marie: Wie kam es dazu, dass Sie einen Theater-Abend zum Thema „Mutterschaft" erarbeitet haben? Lea Whitcher: Schon als ich schwanger war, dachte ich, das hat viel komisches Potential. Ich habe so viele absurde Szenen erlebt, lustige und auch dramatische, da dachte ich, das gibt Stoff für die Bühne. Nach der Geburt stieg das Absurditätslevel massiv. Wir nennen bei uns in der Schweiz die Zeit nach der Geburt „Mutterschaftsurlaub“. Nichts lag mir ferner, als diese ersten Wochen „Urlaub“ zu nennen. Ich wollte erzählen, wie es wirklich war, ungeschminkt und ungeschönt.

Auch die relativ neue Errungenschaft über zwei Wochen „Vaterschaftsurlaub“ seit 2020 ist ein Auslöser, sagen Sie.

Ja, der Schweizer Staat kann mit über hundert Milliarden eine Bank retten, aber eine gute Karenzregelung für Eltern „kann er sich nicht leisten“. Wie kann sich eine Gesellschaft gleichberechtigt nennen und gleichzeitig von Müttern erwarten, dass sie ganz alleine ein Neugeborenes pflegen, ihre eigenen Körper heilen und den Haushalt machen?

Wussten Sie von Anfang an, dass es eine Comedy-Show werden muss?

Ich wusste, dass ich mit den Inszenierungsmitteln von Stand-Up-Comedy arbeiten möchte. StandUp lebt vom autobiografischen Erzählen und vom Humor. Es spielt mit den Wirkungsmitteln des Authentischen. Diese Mittel wollte ich nutzen. Ich wusste aber auch von Vornherein, dass ich da auch Brüche reinbringen möchte, theatrale Momente und solche, wo es plötzlich nicht mehr lustig ist.

12 | Mittendrin in V

Solange wir uns schämen, schweigen wir. Das ist natürlich praktisch für all diejenigen, die vom System profitieren.

Gab es durch diesen autobiografischen Zugang besondere Herausforderungen bei der Umsetzung?

Es half mir, das Stück auf Englisch zu erarbeiten. Ich bin durch meinen amerikanischen Vater zweisprachig aufgewachsen, und so konnte ich eine Bühnenfigur kreieren, die sehr nah an mir dran war und trotzdem eine Distanz zu meinem AlltagsIch hatte. So konnte ich mutiger sein und Tabus einfacher durchbrechen. Mittlerweile gibt es aber auch die Schweizerdeutsche Version, die ich in Dornbirn zeigen werde.

Ich muss zugeben, ich habe noch nie so eine berührende Geburtsszene auf der Bühne gesehen wie in Ihrem Stück. Sie scheuen sich nicht vor Nacktheit und Verletzlichkeit. Warum war es Ihnen wichtig, das so zu zeigen?

Im Fernsehen gehen Geburten meistens sehr schnell, die Frauen liegen auf dem Rücken und kreischen und stöhnen ein bisschen, dann ist der Spuk vorbei. Das ist das Bild, das viele Leute von Geburten haben. Das hat aber nichts mit der Realität zu tun, die Geburt wird verschleiert, beschönigt. Indem überall ein Filter drübergelegt wird, wird auch die Wertschätzung gegenüber der Leistung von Müttern verkleinert. Dem möchte ich entgegenwirken.

Die Verschleierung hängt wohl auch damit zusammen, dass eine Geburt – obwohl ein natürlicher Vorgang – mit sehr viel Scham behaftet ist.

Ich finde, eine Geburt ist ein unglaublicher Kraftakt, egal ob schnell oder langsam, schmerzhaft oder schmerzarm, Kaiserschnitt oder Saugglocke. Genau wie andere Bereiche, in der mehrheitlich Frauen* Unglaubliches leisten, wird es schöngeredet, weggewischt, kleingemacht. Wenn wir dieser Art von Arbeit genauso viel gesellschaftlichen Stellenwert einräumen würden wie jeder anderen Arbeit, zum Beispiel wie der eines Bankers oder einer Geschäftsführerin, dann müssten wir unsere gesamte wirtschaftliche Struktur komplett neu denken. Aber solange wir uns dafür schämen, schweigen wir, und das System bleibt wie es ist. Das ist natürlich praktisch für all diejenigen, die vom System profitieren.

Anlässlich des internationalen Hebammentags (5. Mai) und des Muttertags (14. Mai) zeigen die IG Geburtskultur a-z, das Frauenmuseum Hittisau und der Spielboden Dornbirn ein gemeinsames Programm im Spielboden: Freitag, 5. Mai 2023:

18 Uhr: Filmvorführung: „Hebammen – Auf die Welt kommen“ (CH-Dok, 2021, Regie: Leila Kühni) – Spielboden-Kino

20 Uhr: Comedy-Performance „MAMA LOVE“ von und mit Lea Whitcher – Spielboden-Saal Infos und Karten unter www.spielboden.at

So gesehen sind auch bestimmte Rollenbilder „praktisch“. Sie sprechen von „toxischen Mutterbildern“, in die Sie sich verstrickt fühlen und die Sie mit Ihrem Stück hinterfragen möchten.

Das Bild von Müttern, das in unser aller Köpfen herumschwirrt, ist eins von einer Person, die immer fürsorglich und liebevoll ist, die Geduld hat, die sich selbst und die eigenen Bedürfnisse stets zurückstellt. Und sie ist endlos stark, die Mutterliebe verleiht ihr quasi Superkräfte. Wenn wir uns in Realität mal schlecht oder schwach fühlen, dann vergleichen wir uns unbewusst mit diesem Bild und fühlen uns im Vergleich minderwertig oder machen uns selbst nieder. Also zumindest mir ging das so, als ich Mutter wurde. Vorher dachte ich immer: Ich bin eine selbstbewusste, starke Frau, ich bin gleichberechtigt. Doch dann kamen plötzlich diese Bilder in mir hoch, woher kamen sie?!

Was wären denn Ihre Wünsche an die Politik, an die Gesellschaft, an das persönliche Umfeld im Zusammenhang mit dem Elternwerden, sodass wir der Überforderung der Einzelnen entgegenwirken können?

Ich wünsche mir, dass Elternschaft, zusammen mit anderen Formen von „Care-Arbeit“ (Fürsorge-Arbeit), mehr Anerkennung bekommt. Dass Arbeitsplätze so gestaltet werden, dass sie wirklich vereinbar sind, für Männer und Frauen, und nicht nur dann, wenn man sich selbst komplett aufgibt und nur noch für die Familie und den Job da ist. Ich wünsche mir, dass ein Umdenken stattfindet, dass wir in allen Bereichen den Fokus mehr auf das Wohl aller lenken als auf den Profit einiger weniger. Ich wünsche mir auch, dass die Trennung zwischen Eltern und Nicht-Eltern nicht mehr so extrem ist, dass wir so leben können, dass Zeit ist für Gemeinschaft außerhalb der Kleinfamilie oder dem Feierabendbier. In meinem Stück erfinde ich die Stadt „Care City“, eine Stadt in der ein solches Umdenken passiert ist, in der die „Care Revolution“ vollzogen ist. Können wir uns gemeinsam eine solche Stadt erträumen?

#82 | Mai 2023 | 13 Mittendrin in V
„ “

Eintauchen ins Thema Weiblichkeit

Vor ein paar Jahren fand sich eine Gruppe Frauen zusammen, die davon träumten, sich und andere Frauen in ihrer Weiblichkeit zu stärken und auch Männer einzuladen, die „Weiblichkeit“ in sich zu entdecken und als kraftvolle Erfahrung zu erleben. Mittlerweile besteht das Kernteam des Vereins „Salon 13“ aus 13 Personen und veranstaltet zwischen dem 17. und 21. Mai bereits zum 5. Mal das „Festival der Weiblichkeit“ in Vorarlberg.

Ein „Salon“ ist das französische Wort für einen „großen, auch intimen Saal oder Raum“, in dem sich Menschen treffen und miteinander austauschen. Die 13 steht „für die göttliche, die heilige Zahl der weisen Frauen“. Beide zusammen bilden den Namen des im Jahr 2020 gegründeten Vereins „Salon 13“. „Für unsere Mitglieder sind wir eine Vernetzungsplattform“, sagt Birgit Häusle, eine der Gründungsfrauen und ausgebildete Frauenzentrierte Pädagogin, „eines unserer Hauptthemen ist die Bewusstseinsbildung und Enttabuisierung von Themen rund um die Weiblichkeit.“

Zu diesem Zweck organisiert der gemeinnützige Verein übers Jahr hindurch verschiedenste Veranstaltungen und als Höhepunkt – jeweils im Mai – das „Festival der Weiblichkeit“. Heuer sind erstmals über 30 Seminarleiter:innen aus der ganzen DACH-Region – Deutschland, Österreich, Schweiz – mit insgesamt drei Dutzend Workshops und Programmpunkten für Frauen*, Männer* und Kinder vertreten.

Dropina – das Rote Zelt (entworfen von Künstler tOmi Scheiderbauer) steht im Mittelpunkt des Festivals, als eine Art „Mondhütte“ (geschützter Frauenraum), die auf indigene Praktiken in Zusammenhang mit dem weiblichen Zyklus zurückzuführen ist. Beim Salon 13 wird das Rote Zelt zum Ritualaber auch zum Seminarraum für verschiedenste Veranstaltungen und Zusammenkünfte.

Festival-Markt-Tag als Neuerung

Eingebettet ist das reichhaltige Festival-Programm in eine Eröffnungs- und eine Abschlussfeier. Am Donnerstag, dem Christi HimmelfahrtFeiertag, findet zudem erstmals ein großer Markt-Tag statt, an dem über 25 Aussteller:innen Kunsthandwerk, Kleidung, Kulinarisches und einiges mehr anbieten. „Unser Ziel ist Wissensweitergabe und das Schaffen von Erfahrungsräumen“, sagen die engagierten Festivalorganisatorinnen, „es geht uns darum, altes und neues Frauen- und Kräuterwissen weiterzugeben, Selbstbestimmung zu fördern und an die ureigene, innere Weisheit und Kraft zu erinnern."

Festival der Weiblichkeit – mit Rotem Zelt

Mittwoch 17. bis Sonntag 21.05.

Ort: Freihof Sulz, Programm unter www.salon13.at

Kinderbetreuung vor Ort gegen Voranmeldung.

Für das Festival werden noch Helfer:innen gesucht! Kontakt über: info@salon13.at oder Tel. +43 677 637 798 13

14 | Mittendrin in V
Text: Brigitta Soraperra, Fotos: Salon 13

Einfach Hocker und Diener sind bei Vitaquelle Naturkost in Hohenems auf Besuch.

Tischlerei Paul Brotzge, Achstraße 39, 6971 Hard, AT M 0664 5833277, paul.brotzge@einfachmoebel.at www.einfachmoebel.at, einfachmoebel

15.10.2023

08.12.2022

#82 | Mai 2023 | 15
saegenvier.at
Einfach Küche in Ahorn und Stahl
inatura Sonderausstellung www.inatura.at –

WIR SIND DER METEORIT“

Wie kann eine zukunftsfähige Weltordnung aussehen? Zu diesem Thema referierte kürzlich Buchautor Fabian Scheidler an der FH Vorarlberg. Die marie nahm seinen Besuch zum Anlass, um mit ihm über die Klimafrage, geänderte Arbeitswelten und das liebe Geld zu sprechen.

marie: Welche Schulnote würden Sie dem aktuellen Zustand von „Mutter Erde“ geben?

Fabian Scheidler: Eine 3. Wir stehen laut Klimawissenschaft und Biodiversitätsforschung kurz vor mehreren Kipppunkten im Erdsystem. Wenn diese erreicht werden, werden wir in ein gänzlich anderes System katapultiert. Das ist dann auch nicht mehr rückgängig zu machen.

Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Wenn sich zum Beispiel der Amazonas-Regenwald durch Erhitzung und Abholzung in eine Savanne verwandelt, dann hat das immense Folgen. Es wird viel mehr CO₂ in die Atmosphäre ausgestoßen, das System kippt und verwandelt sich, wie das die Wissenschaft nennt, in ein „Hot House“. Das bedeutet bis zu fünf Grad plus. Das würde wiederum heißen, dass große Teile der Erde, die jetzt noch bewohnt sind, unbewohnbar wären. Etwa in Afrika und dem Mittleren Osten. Küstenregionen würden überflutet.

Von welchem Zeitraum reden wird da?

Das ist sehr komplex. Auch die Wissenschaft kann uns nicht sagen, wann genau diese Kipppunkte erreicht sind. Es kann sein, dass es genau jetzt passiert oder wir noch zehn, fünfzehn Jahre Zeit haben. Aber deswegen ist es so wichtig in diesem Jahrzehnt die Emissionen massiv runterzufahren, um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen. Das Problem ist aber nicht nur das Kli-

16 | Mittendrin in V
Interview und Portraitfoto: Frank Andres

ma. Wir haben durch die industrielle Zivilisation auf allen Ebenen das Erdsystem zu schwer belastet. Das betrifft auch vor allem die Artenvielfalt. Wir haben dadurch das inzwischen sechste große Artensterben in der Geschichte unseres Planeten ausgelöst. Zuletzt passierte so etwas vor 65 Millionen Jahren, als die Dinosaurier ausgestorben sind. Ursache war damals wahrscheinlich ein Meteorit. Jetzt sind wir der Meteorit.

Das klingt sehr dramatisch, wenn nicht sogar endzeitmäßig. Ist der Mensch die erste Spezies, die sich quasi selbst ausrottet?

Ich würde jetzt nicht die Spezies Mensch dafür verantwortlich machen. Den Homo sapiens gibt es ja inzwischen 300.000 Jahre auf der Erde. Und er hat es die größte Zeit geschafft, relativ im Einklang mit dem System Erde zu leben. Was uns in die jetzige Situation gebracht hat, ist das kapitalistische Gesellschaftssystem. Ich nenne es die Megamaschine. Diese ist vor 500 Jahren entstanden. Das System beruht darauf, aus Geld immer mehr Geld zu machen, in einem unendlichen Kreislauf von Profit und Reinvestition. Deshalb muss das System immer weiter wachsen. Es kann nicht stillstehen, denn sonst haben wir Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit usw. Wir haben falsche Institutionen wie Aktiengesellschaften oder Börsen geschaffen, die uns zwingen, weiter zu wachsen. Da müssen wir raus. Es ist also nicht der Mensch als solcher, sondern ein gewisses Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, das uns in die prekäre Lage gebracht hat.

Wenn ich mir die Aussagen von verschiedenen Politikern in letzter Zeit in Erinnerung rufe, habe ich wenig Hoffnung, dass sich zum Beispiel in Sachen Klimaschutz etwas ändert. Bundeskanzler Karl Nehammer will nach 2035 an fossilen Kraftstoffen, den E-Fuels, festhalten. Und er bringt das Argument, es würden 300.000 Jobs in Österreich von der Autoindustrie abhängen, ins Rennen.

Das Argument mit den 300.000 Arbeitsplätzen ist doch sehr merkwürdig. Denn wir haben in vielen Sektoren einen dramatischen Mangel an Arbeitskräften. Zum Beispiel in der Bildung. In Deutschland fehlen an den Schulen die Lehrer. Aber auch in Kliniken und im Handwerk. Es ist schon seltsam, dass

WAS UNS IN DIE JETZIGE SITUATION GEBRACHT HAT, IST DAS KAPITALISTISCHE GESELLSCHAFTSSYSTEM. ES KANN NICHT STILLSTEHEN, DENN SONST HABEN WIR KRIEG, ARBEITSLOSIGKEIT USW. DA MÜSSEN WIR RAUS.

stattdessen immer wieder nur von Arbeitskräften in der Autoindustrie oder im Braunkohle-Tagebau geredet wird. Gleichzeitig wurde die Solarindustrie in Deutschland kaputt gemacht. Dieses ArbeitsplatzArgument ist für mich absolut verlogen. Was es tatsächlich braucht, ist ein Programm, um die Reichen zu besteuern.

Wie soll diese Steuer konkret aussehen?

Laut Oxfam, eine der weltweit größten Nothilfe- und Entwicklungsorganisationen, hat sich das Vermögen der Milliardäre in den letzten zehn Jahren weltweit verdoppelt. Die reichsten ein Prozent der Weltbevölkerung haben 63 Prozent der gesamten zusätzlichen Wirtschaftsleistung in den letzten Jahren abgeschöpft. Das sind obszöne Verhältnisse. An Geld mangelt es also nicht. Im Gegenteil: Es ist viel Geld im System und das muss man von denen holen, die es haben. Also von Milliardären und Multimillionären. Es geht nicht darum, dass man den Menschen ihr Eigenheim wegnimmt. In den USA gab es in den 60er und 70er-Jahren noch einen Spitzensteuersatz von 80 Prozent. Daran sind die Reichen auch nicht gestorben.

Was soll mit dem zusätzlichen Steuergeld passieren? Das Geld soll in ein Investitionsprogramm für den sozial-ökologischen Umbau gelenkt werden. Dort sollen dann Jobs in den Bereichen geschaffen werden, die wir wirklich brauchen. Dazu gehört zum Beispiel der Bau von Wärmepumpen oder Solarpanels, aber auch Bereiche wie Bildung, Kultur oder Gesundheit. Es braucht gut bezahlte Teilzeit-Stellen, wo Menschen mit einer 25-Stunden-Woche ihr finanzielles Auskommen haben. Das ist machbar, wenn man sich das Geld an den richtigen Stellen, also den Superreichen, holt. Wir müssen aber auch runter von dieser Überproduktion. Es geht nicht nur darum, dass wir statt Diesel- und Benzin-Fahrzeugen jetzt einfach in gleichem Ausmaß Elektro-Autos produzieren. Damit lösen wir die ökologische Krise nicht. Es braucht weniger und kleinere Autos, mehr öffentliche Transportmittel. >>

#82 | Mai 2023 | 17

ICH HATTE TATSÄCHLICH AB DEM

16. LEBENSJAHR

DAS GEFÜHL, MIT

DIESER GESELLSCHAFT STIMMT

ETWAS NICHT.

Gibt es Indizien dafür, dass sich nachhaltig etwas ändern kann?

Ja, die gibt es vor allem auf kommunaler Ebene, in verschiedenen Städten und Gemeinden. In der Stadt Grenoble in Frankreich wurde zum Beispiel der gesamte Autoverkehr aus der Innenstadt verbannt. Das Problem ist bislang, dass wir es noch nicht schaffen, Änderungen im regionalen Bereich auf eine nationale Ebene zu bringen. Dafür gibt es Gründe. Die Nationalstaaten sind historisch gesehen sehr eng mit dem Großkapital verflochten. Diese Verflechtungen muss man durchbrechen. Da gab es immer wieder Ansätze. Ich denke da zum Beispiel an den US-Wahlkampf zwischen Bernie Sanders und Hillary Clinton. Bernie Sanders hatte ein Programm, in dem er einen progressiven Green-New-Deal gefordert hat. Er wollte das Geld von den Reichen holen und es in eine dezentrale, ökologische und soziale Wende investieren. Die Konzepte sind also da, es braucht nur den politischen Willen.

Vor allem die Klebeaktionen von Mitgliedern der „Letzten Generation“ sorgten in den letzten Monaten für großes Aufsehen und viel Medienecho. Ist diese Art von Klimaprotesten für Sie persönlich gerechtfertigt oder führen sie nicht zu einer weiteren Spaltung unserer Gesellschaft?

Im Prinzip unterstütze ich diese Proteste, auch wenn man über die Form im Einzelnen diskutieren kann. Ziviler Ungehorsam hat bei gesellschaftlicher Veränderung immer eine große Rolle gespielt. Bei der Anti-Atomkraftwerkbewegung wurden auch AKWs blockiert. Jetzt ist die Situation etwas schwieriger, weil ja nicht nur ein Kraftwerk blockiert wird, sondern der tägliche Verkehr. Ich verstehe auch die Wut von Menschen, die von diesen Blockaden betroffen sind. Ich finde die Proteste aber trotzdem wichtig, weil die Politik seit Jahrzehnten nicht richtig zuhört. Das zeigt sich exemplarisch beim Thema Verkehr. Dieses Verkehrssystem muss sich ändern. Eine tolle Protestform finde ich Konzerte auf Autobahnen. Es gibt da eine Musik-Aktionsgruppe in Berlin, die nennt sich „Lebenslaute“. Ich finde das schön. Denn damit wird gezeigt, wie es wäre, wenn wir diesen Autowahnsinn nicht hätten, stattdessen auf der Straße Kinder spielen würden und Musik gemacht würde.

IM PRINZIP UNTERSTÜTZE ICH

DIESE PROTESTE, AUCH WENN MAN

ÜBER DIE FORM DISKUTIEREN

KANN. ZIVILER UNGEHORSAM HAT

BEI GESELLSCHAFTLICHER VERÄNDERUNG IMMER EINE GROSSE

ROLLE GESPIELT.

Sie sind Jahrgang 1968. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Wunsch für eine gerechtere, ökologischere Welt bei Ihnen schon als Jugendlicher da war. Wann gab es diesen persönlichen Kipppunkt?

Ich hatte tatsächlich ab dem 16. Lebensjahr das Gefühl, mit dieser Gesellschaft stimmt etwas nicht. Aber eher auf einer kulturellen Ebene. Ich hatte damals viel Musik gemacht und später dann Theater studiert. Ich fand die Welt, in der man um 6 Uhr in der Früh aufsteht, um 8 Uhr in der Arbeit ist und irgendwann in Rente geht, nicht mein Ding. Ich wollte eine kreativere, lebendigere Welt. Ich habe dann Geschichte und Philosophie studiert, politisch war ich damals noch nicht richtig engagiert. Mit 18 war das Erste, was ich haben wollte, ein Auto. Einen alten Mercedes. Der hat irre viel Diesel verbraucht, kostete aber nur 500 Mark (250 Euro). Ich war geprägt von diesem amerikanischen Lebensmodell. Ich wollte unbedingt nach New York. Mit der Zeit kam dann aber mehr Wissen und mehr Erkenntnis darüber, wie alles zusammengehängt. Richtig politisiert worden bin ich dann Anfang der 2000er-Jahre. Damals gab es einen großen Kongress von *Attac in Berlin. Der Slogan damals lautete: „Eine andere Welt ist möglich.“ Ein Freund hat mich einfach mitgeschleppt. Ich war richtig begeistert, weil dort Menschen aus verschiedensten Bereichen zusammengekommen sind, die ganz unterschiedlich getickt haben. Alt-68er, junge Leute, Gewerkschafter, Ökos, Friedensbewegte. Es war eine tolle Mischung, die mich geprägt hat. Damals begannen meine politischen Lehrjahre.

18 | Mittendrin in V

Sie sind inzwischen oft als Vortragender unterwegs. Haben Sie das Gefühl, dass die Menschen langsam beginnen umzudenken oder leben die meisten einfach so weiter, als ob es eine Veränderung nur bei anderen und nicht bei einem selbst braucht?

Ich kann mich an einen wachstumskritischen Kongress an der Uni Leipzig erinnern, mitten in der Innenstadt. Da ging es darum, wie man mit weniger Produktion und Konsum besser leben kann. Danach kam ich raus in die Fußgängerzone und sah die Leute, die nur mit Shopping beschäftigt waren. Das sind Momente, wo man merkt, dass ein großer Teil der Welt vollkommen anders tickt.

Ich denke, wir müssen uns darüber klar werden, dass wir es wirklich mit einer Zivilisationskrise zu tun haben. Eine Gesellschaft, die 500 Jahre nur auf Expansion, Wachstum, Dominanz, Kolonisierung aufgebaut war, kommt an ihre Grenzen. Und das ist sehr schwer zu verarbeiten. Auch psychisch. Wir sind in einer chaotischen Übergangsphase zu etwas Neuem, und es ist noch nicht klar, wie es aussehen könnte. Manchmal scheint es in solchen Phasen so, als würde sich nichts positiv bewegen. Die Menschen, die zum Beispiel im 19. Jahrhundert für ein allgemeines Wahlrecht für Männer und Frauen kämpften, kamen lange Zeit kaum voran. Aber Ende des 19. Jahrhunderts wurden endlich die richtigen Methoden gefunden, um die Forderungen durchsetzen zu können. Das heißt: Man muss lernen in der längeren Frist zu denken. Beim Klima läuft uns die Zeit davon, das ist ein Riesenproblem. Aber ich glaube, dass wir trotzdem auch intergenerationell denken müssen. Die Veränderungen, die wir jetzt anstoßen, sind oft nicht sofort spürbar. Aber auch in Gesellschaften gibt es Kipppunkte. Und in welche Richtung es dann geht, hängt entscheidend davon ab, wie sich Menschen in der Zeit davor engagiert haben.

*Attac ist eine internationale Bewegung, die sich für eine demokratische und sozial gerechte Gestaltung der globalen Wirtschaft einsetzt.

WIR HABEN MEINES ERACHTENS WIRKLICH EINE ZIVILISATIONSKRISE. EINE GESELLSCHAFT, DIE 500 JAHRE NUR AUF EXPANSION, WACHSTUM, DOMINANZ UND KOLONISIERUNG AUFGEBAUT WAR, KOMMT AN IHRE GRENZEN. DAS IST SEHR SCHWER ZU VERARBEITEN.

Fabian Scheidler (54) studierte Geschichte, Philosophie und Theaterregie und arbeitet als freischaffender Autor für Printmedien, Fernsehen und Theater. 2015 erschien sein Buch „Das Ende der Megamaschine. Geschichte einer scheiternden Zivilisation“, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde, gefolgt von „Chaos. Das neue Zeitalter der Revolutionen“ (2017). 2021 erschien im Piper Verlag „Der Stoff, aus dem wir sind. Warum wir Natur und Gesellschaft neu denken müssen“. Fabian Scheidler ist Mitbegründer des unabhängigen Fernsehmagazins Kontext TV und erhielt 2009 den Otto-Brenner-Medienpreis für kritischen Journalismus. (www.fabian-scheidler.de)

1...Txg2+! Schwarz nützt den Umstand aus, dass der weiße Springer seine Dame decken muss. 2.Kf1 [Natürlich scheitert 2.Sxg2? an 2...Dxc2 und 2.Kh1? an 2… Dh2#.] 2...Tg3+! [Das einzige Abzugsschach, welches gewinnt. In der Partie geschah 2...Tg5+? 3.Ke1 und nach turbulentem Verlauf einigten sich die Spielerinnen auf ein Remis.] 3.Ke2 Txe3+! Mit diesem Zug erobert Schwarz die gegnerische Dame, da auf 4.Kd2 einfach 4...Te2+ folgt.

1.Df7+ Kh8 2.De7! [Auch nach 2.Sf4 Lxd3 3.Sxd3 steht Weiß natürlich auf Gewinn, allerdings ist die Partiefortsetzung überzeugender und es droht einfach 3.Txf8+ Txf8 4.Dxf8#.] 2...Kg8 3.Tf7! Nun gibt es keine Rettung mehr für Schwarz. 3...Lxd3 4.Tg7+ [Mit 4.Df6!? kann Weiß noch einen Zug schneller matt setzen.] 4...Kh8 5.Df7 Lxe2 6.Dg8#

1...Tf4+! [Dieser fantastische Zug gewinnt, wohingegen 1...Txe1? an 2.Dh7+ Kf8 3.Dxg7# oder 3.Dh8# scheitert.] 2.Dxf4 Dxe1+ 3.Kf3 Dd1+ 4.Kf2 De1+ 5.Kf3 Nach dieser unnötigen Zugwiederholung findet Schwarz nun die richtige Fortsetzung. 5...Te3+! Die Entscheidung. 6.Kg4 h5+ [6...Txg3+! 7.Dxg3 h5+ 8.Kh4 g5+! ist noch forcierter.] 7.Kh4 [7.Kxh5 Txg3 ist ebenfalls hoffnungslos für Weiß.] 7...Txd3 [Natürlich gewinnt auch das sofortige 7...Txg3.] 8.Dg5 Txg3 9.Dxg3 g5+! Danach ist Damenverlust unvermeidbar und Weiß gab deshalb auf.

Rechenrätsel

Für Anfänger = 21

Für Fortgeschrittene = 32

Für Genies = 441

Sudoku

#82 | Mai 2023 | 19 LÖSUNGEN Schachecke
2 3 6 3 7 4 1 2 3 7 4 1 8 6 2 4 5 8 5 8 9 9 1 5 6 9 7 8 7 4 9 8 6 6 5 9 5 9 2 3 1 5 7 2 1 1 6 3 2 4 7 4 3 8 1 9 5 5 1 2 8 7 4 3 8 6 7 4 9 9 6 3 4 2 7 6 3 8 2 5 1 2 3 1

AK Programm Mai und Juni 23

Mo 15.05. 19.30 Uhr AK Saal Feldkirch

Hoffnung & Keksteig - Fatima Talalini

Wissen fürs Leben, Vortrag

Di 16.05. 18.30 Uhr Schaffarei

Firobad Erzählcafe

Mi 17.05. 19 Uhr AK Bibliothek Feldkirch

Wollmaus Stricktreffen und Lesung

Do 25.06. 19.00 Uhr Schaffarei

Der Tischler Josef Köss Museum des Wandels, Vernissage

Mi 31.05. 19 Uhr AK Bibliothek Feldkirch

Sprachencafe

Di 13.06. 17 Uhr Schaffarei

Wirtschaft ist Care -(k)ein Spaziergang

Di 13.06. 19.30 Uhr AK Saal Feldkirch

Wenn gar nichts mehr geht – Elisabeth Ritter

Wissen fürs Leben, Vortrag

Do 15.06. 18.30 Uhr Schaffarei

Firobad Erzählcafe

Mi 21.06. 19 Uhr AK Bibliothek Feldkirch

Wollmaus Stricktreffen und Lesung

Fr 23.06. 19 Uhr AK Bibliothek Feldkirch

Sprachencafe

Do 29.06. 20 Uhr Schaffarei

ArbeitsLebensGeschichte: Gerold Reisinger

Vortrag

Weitere Informationen schaffarei.at/veranstaltungen ak-vorarlberg.at/events

Bezahlte Anzeige

REPARATURCAFÉS

CARLA REPARATURCAFÉ ELEKTRO ALTACH

Möslestraße 15, 6844 Altach (carla Einkaufspark Altach)

Jeden 2. Freitag im Monat von 13 bis 16.30 Uhr carla@caritas.at, T 05522 200 1520

REPAIRCAFÉ BLUDENZ

Klarenbrunnstraße 46, 6700 Bludenz (carla store)

Jeden letzten Freitag im Monat von 13 bis 16.30 Uhr christine.erath@caritas.at, T 05552 200 26 00

REPARATURCAFÉ BREGENZ

Vorklostergasse 51, 6900 Bregenz (Integra-Fahrradwerkstatt)

Jeden 1. Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr, T 0650 264 74 46, Roswitha Steger

REPARATURCAFÉ DORNBIRN

Hintere Achmühlerstraße 1b, 6850 Dornbirn (Digitale Initiativen)

Jeden 3. Mittwoch im Monat von 17.30 bis 20.30 Uhr hallo@reparaturcafedornbirn.at

REPARATURCAFÉ FELDKIRCH

Hirschgraben 8, 6800 Feldkirch (Polytechnische Schule)

Jeden 1. Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr info@reparaturcafe-feldkirch.at, T 0699 192 870 66

REPARATURCAFÉ GÖFIS

Büttels 6, 6811 Göfis

Jeden 3. Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr reparaturcafe-goefis@aon.at

REPARATURCAFÉ KLAUS

Treietstraße 17, Klaus im M2

Jeden 2. Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr corinna.schaechle@gmail.com

REPARATURCAFÉ KLOSTERTAL

Arlbergstraße 100, 6751 Innerbraz (Gemeindebauhof)

Jeden 2. Samstag im Monat von 14 bis 16 Uhr info@klostertal-arlberg.at, T 0664 843 71 33

REPARATURCAFÉ LAUTERACH

Alte Säge, (Lebenshilfe), Hofsteigstraße 4, 6923 Lauterach Jeden 2. Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr repcafe.lauterach@hotmail.com

REPARATURCAFÉ NENZING

Gaisstraße 5, 6710 Nenzing 06.05, 10.06 mit Kleidertauschbörse, 01.07, 19.08, 09.09 mit Kleidertauschbörse, 07.10 jeweils von 14 bis 17 Uhr

REPAIRCAFÉ RANKWEIL

Köhlerstraße 14, 6830 Rankweil (Werkstätte der Lebenshilfe)

Jeden 1. Freitag im Monat von 14 bis 16.30 Uhr

REPAIRCAFÉ RHEINDELTA

Dr-Schneider-Straße 40, 6973 Höchst

Jede gerade Kalenderwoche am Freitag von 14 bis 16 Uhr repaircafe.rheindelta@gmx.at

NÄHTREFF SATTEINS

Kirchstraße 8, 6822 Satteins (Untergeschoß Pfarrsaal)

Jeden ersten Freitag im Monat 8.30 bis 11.30, 19 bis 22 Uhr

REPAIRCAFÉ THÜRINGEN

Werkstraße 32, 6712 Thüringen

Jeden 1. Samstag im Monat von 8.30 bis 12 Uhr

MACHEREI WOLFURT

Mittelschule Wolfurt, Schulstraße 2, 6922 Wolfurt

Jeden 4. Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr info@macherei-wolfurt.at, T 0650 567 25 10

20 | Mittendrin in V
ArbeitsLebensGeschichte

Lösen Sie es in 60 Sekunden

Beginnen Sie die Kopfrechnung mit der Zahl im Feld ganz links. Rechnen Sie von links nach rechts – Kästchen für Kästchen. Die Lösung im leeren Feld rechts eintragen. Jede Rechnung unabhängig von der Schwierigkeit sollte in weniger als 60 Sekunden gelöst werden. Keinen Taschenrechner verwenden!

Die Österreichischen Meisterschaften der Altersklassen U16 und U18 fanden vom 2. bis 6. April 2023 in St. Veit an der Glan (Kärnten) statt. Im Kunsthotel Fuchspalast ließen sich die 92 TeilnehmerInnen (davon 10 aus Vorarlberg) durch die einzigartigen Formen und kreativen Farben des Kunsthotels inspirieren und brachten ihrerseits selber das eine oder andere Kunstwerk aufs Schachbrett.

In den vier unterschiedlichen Klassen (Kategorien U16 und U18 – jeweils Mädchen und Burschen) vergab der Österreichische Schachbund insgesamt zwölf Medaillen. Zusätzlich ging es für die Jugendlichen auch um die Möglichkeit, sich für die nächste Welt- bzw. Europameisterschaft zu qualifizieren. Dominiert wurden diese Meisterschaften von der Steiermark, welche drei Titel und die Hälfte der Medaillen holte. Der vierte Titel ging an das Burgenland.

Elena Wolf (Dornbirn)

Valentina Valtiner (Kötschach-Mauthen)

ÖM MU18, St. Veit an der Glan 2023

Wie erreicht Schwarz am Zug entscheidenden Materialvorteil?

Die Abordnung aus Vorarlberg musste diesmal leider ohne Medaille die Heimreise antreten. Die von Julia und Milan Novkovic bestens betreuten Jugendlichen ließen zwar immer wieder ihre Talente aufblitzen, allerdings fehlte manchmal das Quäntchen Glück und die Leistungskonstanz, um ganz vorne mitmischen zu können. Aus Vorarlberger Sicht hatte der Hohenemser Benjamin Kienböck nach sechs von sieben Partien die besten Aussichten auf eine Spitzenplatzierung, doch eine Niederlage in der Schlussrunde verhinderte dies. Ende Mai werden die Österreichischen Meisterschaften der Altersklassen U12 und U14 gespielt und Mitte Juni die Altersklassen U08 und U10. Alle Bewerbe gehen im Kunsthotel Fuchspalast über die Bühne und wir hoffen natürlich, dass es dann auch für Vorarlberg die eine oder andere Medaille gibt. Und nun laden wir Sie ein, die drei nachstehenden Schachaufgaben zu lösen und wünschen Ihnen dabei viel Spaß.

Benjamin Kienböck (Hohenems)

Thomas Leitner (Passail)

ÖM U18, St. Veit an der Glan 2023

Wie bringt Weiß am Zug den schwarzen König zur Strecke?

Luis Pedevilla (Lienz)

Edin Haralcic (Rankweil)

ÖM U16, St. Veit an der Glan 2023

Mit welcher spektakulären Fortsetzung entscheidet Schwarz am Zug die Partie?

#82 | Mai 2023 | 21 Lösungen
Seite 19
auf
Für Anfänger Lösung Für Fortgeschrittene Lösung Für Genies Lösung
19 ×3 -18 ÷3 +15 ÷4 +17 ×3 ÷8 +12 16 ×4 -36 +75% +35 ÷4 ×12 -83 ÷13 +19 15 ×13 ÷5 ×4 ÷12 +15 +75% ×6 ÷14 zum Quadrat SCHACHECKE 1 2 3 8 7 6 5 4 3 2 1 a b c d e f g h 8 7 6 5 4 3 2 1 a b c d e f g h 8 7 6 5 4 3 2 1 a b c d e f g h
Lösungen auf Seite 19

Mit dem Priester auf Mission

Kaplan Emil Bonetti und „seinem“ Wohn- und Arbeitsprojekt „Kaplan Bonetti“ ist zum 70-Jahr-Jubliäum eine Sonderausstellung des Dornbirner Stadtmuseums gewidmet.

Es gibt Menschen, die Außergewöhnliches erleben. Und es gibt Menschen, die Außergewöhnliches erleben und davon angetrieben später selbst Außergewöhnliches vollbringen: Das Leben und vor allem das Wirken des Kaplans Emil Bonetti und die damit verbundenen Themenfelder sind Inhalte einer Ausstellung im Dornbirner Stadtmuseum. Am 5. Mai wird die neue Sonderausstellung „Glück gehabt? 70 Jahre Kaplan Bonetti“ eröffnet. Die Leiterin Petra Zudrell und die Kuratorin Daniela Egger erzählen über die Ausstellung, die bis April 2024 zu sehen sein wird.

1957 hatte Bonetti die Leitung des „Hauses der jungen Arbeiter“ in Dornbirn übernommen. In den 60er- und 70er-Jahren führte er es zunächst als Unterkunft für junge Männer aus Kärnten und der Steiermark, die zum Arbeiten nach Vorarlberg kamen. Seit den 80er-Jahren bis heute dient es als Heim für sozial Schwache, Arme und Ausgegrenzte. Hier konnten und können nach wie vor Wohnungslose Obdach bekommen und Langzeitarbeitslose eine Perspektive. Bonetti selbst ist 2007 gestorben,

„Es kann jeden treffen. Verlierst du deine Arbeit? Gibt es eine unerwartete Trennung? Musst du Alimente zahlen? Dann musst du vielleicht plötzlich im Sozialmarkt einkaufen, statt wie üblich in den Bioladen zu gehen.“

steckte aber bis zuletzt alle Energie in sein Lebenswerk. „Dass in Vorarlberg Obdachlosigkeit nicht auf den Straßen zu sehen ist, ist unter anderem dem Projekt Kaplan Bonetti zu verdanken“, sagt beispielsweise Landesrätin Katharina Wiesflecker in einem der 16 Interviews, die Teil der Ausstellung sind.

Lebensglücksrad

Am Beginn der Schau steht ein Glücksrad, an dem die Besucher und Besucherinnen ein Gefühl für die Wechselfälle des Lebens bekommen können. Denn: „Es kann jeden treffen“, sagt Museumsleiterin Zudrell. „Verlierst du deine Arbeit? Gibt es eine unerwartete Trennung? Musst du Alimente zahlen? Dann musst du vielleicht plötzlich im Sozialmarkt einkaufen, statt wie üblich in den Bioladen zu gehen.“ In der Ausstellung sind wenige Gegenstände aus Emil Bonettis Besitz zu sehen. Hauptsächlich geht es aber darum, die Geschichte des Hauses Kaplan Bonetti und die Migrationsgeschichte der Stadt Dornbirn zu beleuchten sowie den Ausstellungsbesuchenden zu vermitteln, wie wenig es braucht, um aus dem erwartungsvollen Gang zum Briefkasten die bange Befürchtung vor unbezahlbaren Rechnungen und Mahnungen zu machen.

Eine ganze Wand ist Fotografien gewidmet, die Bewohner*innen des heutigen Wohnheims gemacht haben. Wie sehen sie ihren eigenen Alltag? Was davon möchten sie teilen? Manchmal kommt die Hoffnung ja aus einer unerwarteten Richtung. Ein Bewohner entdeckte im Zuge dieses Projekts die Kamera und den Spaß am Fotografieren für sich. Er fotografiert nun weiter.

Armutsgefährung gestiegen

Nach einer Studie sind seit Corona deutlich mehr Menschen in Österreich armutsgefährdet, in etwa 20 Prozent. Das ist ein sehr hoher Prozentsatz und heißt in anderen Worten, dass wir alle sicher jemanden kennen, der oder die armutsgefährdet ist, sagt Daniela Egger.

Dem Kaplan-Bonetti-Verein geht es im Zuge der Ausstellung darum, die unsichtbare Grenze zwischen Menschen mit Suchtproblematik und ohne Obdach und dem Rest der Bevölkerung aufzuweichen. So führt ein Leitsystem auf dem Boden vom Museum zum Kaplan-Bonetti-Haus hinterm Bahnhof in Dornbirn. Dort in der Kantine gibt es nämlich Mittagessen auch für Außenstehende und die Chance, mit Bewohner*innen ins Gespräch zu kommen. Der Kontakt zur Bevölkerung ist für den Verein der Freunde Kaplan Bonetti wichtig – er ist auch auf Spenden angewiesen. „Mit den Spenden können wir Menschen in Krisensituationen auch da effizient und unbürokratisch unterstützen, wo keine öffentlichen Mittel vorhanden sind“, erklärt Cornelia Matt, Geschäftsführerin von Kaplan Bonetti.

Krieg, Gefängnis, Studium

Die Ausstellung geht aber auch auf Emil Bonettis Leben ein. Als jüngster Sohn wurde er 1922 in eine Arbeiterfamilie hineingeboren. Die Bonettis waren Ende des 19. Jahrhunderts vom Trentino nach Hard gekommen. Wie andere aus ihrer Kolonie waren sie berüchtigt, weil sie auf den umliegenden Feldern Obst und Gemüse klauten, um nicht zu verhungern. Emil erfuhr also früh, was es heißt, arm zu sein. Im Zweiten Weltkrieg wurde er 18-jährig zum Wehrdienst eingezogen und am Ende auf Sizilien eingesetzt. Irgendwann hielt er die Brutalität des Krieges nicht mehr aus und desertierte. Nach einigen Stationen und Umwegen wurde er von einem ehemaligen Kameraden erkannt und verpfiffen – und zu einer fünfjährigen Zuchthausstrafe verurteilt.

Als der Krieg schließlich zu Ende war, machte er die Matura nach und studierte Theologie. Denn wenn er dieses Inferno überleben sollte, das hatte er sich geschworen, dann würde er sich in der Kirche für den Dienst am Menschen einsetzen. So hielt Emil Bonetti

22 | Mittendrin in V
Text: Miriam Jaeneke

es. Er wurde einer der unkonventionellsten katholischen Priester, die es damals gab – zu unkonventionell freilich für manchen Geschmack. Ab 1957 leitete er das „Haus der jungen Arbeiter“ in Dornbirn. Dabei zählte für ihn die Menschlichkeit: „Das Wichtigste auf dieser Welt ist und bleibt der Mensch“, zitiert ihn Kuratorin Daniela Egger.

Bis zum Ende seines Lebens widmete sich Bonetti den Menschen, die an der falschen Stelle des Lebensglücksrads gestanden hatten: Obdachlosen, Langzeitarbeitslosen, Alkoholikern, Drogenabhängigen. Glaubt man Augenzeugenberichten, hat er sich durchaus auch mit manchen Schützlingen geprügelt. Häufig war das Heim überbelegt, am Ende auch die bauliche Substanz in schlechtem Zustand. Und das Wort „Sozialarbeit“ hatte erst mit dem neuen Geschäftsführer und einer gründlichen Umstrukturierung Eingang in das Wohnheim gefunden. Im Zuge der Neuausrichtung bekamen auch die Bewohner*innen eine neue Perspektive. Das Haus ist bis heute das einzige, das suchtakzeptierend Wohnraum anbietet. Die Alkoholkranken haben nach einem längeren Beteiligungsprozess entschieden, dass sie vor der Tür des Wohnheims nicht mehr trinken wollen. Der Eindruck, den sie und das Wohnheim nach außen machten, war ihnen wichtiger, berichtet Pfarrer Erich Baldauf, bis 2022 der langjährige Obmann des Vereins, in seinem Interview.

A Stückle Himmel

Bonetti wird als fröhlicher, bodenständiger Mensch beschrieben. Als ein Mann der Tat. Er spielte Saxofon, gründete einen Fußballverein, und um „seine“ Schützlinge vermehrt in den Gottesdienst zu locken, versprach er Geld im Anschluss. Gefürchtet war er im Rathaus und beim Land, erzählt Museumsleiterin Zudrell, denn er konnte äußerst geschickt taktieren, um Geld für das

Wohnprojekt zu bekommen. Zu den zuständigen Landesräten soll er gesagt haben: „Ihr künnend öui widor a Stückle Himmel verdieona, wenn ihr mir 100.000 Schilling geobend.“ Der damalige Bürgermeister von Dornbirn Rudolf Sohm beschrieb es so: „Wenn der Kaplan ins Rathaus kommt, gilt für die Finanzabteilung die höchste Alarmstufe.“ Denn letztendlich rückten nicht nur die Landes-, sondern auch die Stadtoberen dann doch wieder mehr raus als geplant. Nach und nach konnte Bonetti verschiedene Grundstücke nebeneinander erwerben, auch das ein Husarenstück.

Was nach der Ausstellung bleibt, ist das Empfinden, dass man dankbar sein darf für das eigene Schicksal. Wobei es oft die unwahrscheinlichen Geschichten sind, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Ein Bewohner war starker Alkoholiker, und von den Mitarbeiter*innen hätte niemand darauf gewettet, dass er das selbstständige Wohnen schaffen würde. Doch er verliebte sich in seine Nachbarin. „Mit einem Alkoholiker fang ich nichts an“, soll sie gesagt haben, worauf er von einem Tag auf den anderen mit dem Trinken aufhörte. Die beiden sind bis heute ein Paar.

Glück gehabt? 70 Jahre Kaplan Bonetti

Eine Ausstellung des Stadtmuseums Dornbirn in Kooperation mit dem Verein der Freunde Kaplan Bonetti, Dauer der Ausstellung: 6. Mai 2023 bis 28. April 2024, Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr. Mehr Infos unter: stadtmuseum.dornbirn. at/besucherinfo, T 05572 306 49 11

#82 | Mai 2023 | 23
Die Leiterin Petra Zudrell (oben) und die Kuratorin Daniela Egger (rechts) © Günter König © Lucas Breuer
privat
©

Inseln des Glücks

Ein Seminartag für Frauen

In diesem Seminar erfahren Sie, wie es gelingen kann, auf den Inseln der Freude, des Glücks, der Zufriedenheit, der Lust… länger zu verweilen.

Samstag, 03.06.2023

9 - 17 Uhr

Jugend- und Bildungshaus St. Arbogast

Mit freundlicher Unterstützung: Anmeldung und Infos: www.efz.at 05522/74139 oder info@efz.at

Referentin: Marlene Lang

Literatur und Klasse

Die diesjährigen Literaturtage vom 11. bis 13. Mai im Theater am Saumarkt in Feldkirch beschäftigen sich mit dem Thema „Klassismus“, der Zugehörigkeit zu einer „Klasse“ und den damit verbundenen Diskriminierungen. „Dabei ist die Gruppe von weniger privilegierten Menschen nicht mehr mit der althergebrachten Arbeiterklasse gleichzusetzen, sondern ist vielfältiger und komplexer strukturiert“, merkt die Expertin und Autorin Sabine Scholl an. Es wird der Frage nachgespürt, wie der „Klassismus“ in der Literatur, ob thematisch, sprachlich oder als literarisches Erbe, repräsentiert und bearbeitet wird.

Programm:

Donnerstag, 11. Mai, 19.30 Uhr

Eva Schörkhuber und Sabine Scholl: Über bell hooks „Die Bedeutung von Klasse“

Freitag, 12. Mai, 19.30 Uhr

Lesung Barbi Marković und Karin Peschka, Gespräch mit Sabine Scholl

Samstag, 13. Mai, 19.30 Uhr

Lesung Dinçer Güçyeter

20.15 Uhr: Podiumsdiskussion: FEHL AM PLATZ? Über Herkunft, Anpassung und Widerstand

Moderatorin: Sabine Scholl

Teilnehmer:innen: Eva Schörkhuber, Barbi Markovic, Karin Peschka, Dinçer Güçyeter

Schwefelbadstr. 6

6845 Hohenems

T 0 55 76- 42 710

www.tectum.cc

24 | Mittendrin in V
Bezahlte Anzeige
In diesem Leben ist jeder mutig, der nicht aufgibt.
McCartney
Bezahlte Anzeige

So geht‘s: Füllen Sie die leeren Felder so aus, dass in jeder Reihe, in jeder Spalte und in jedem Block (= 3×3-Unterquadrate) die Ziffern 1 bis 9 genau einmal vorkommen. Viel Spaß!

Familientag Landhaus 13. Mai 10 – 14 Uhr

Stabile Familien sind eine grundlegende Voraussetzung für die positive Entwicklung der Gesellschaft. Das Land Vorarlberg bietet eine Reihe von Unterstützungsleistungen in den unterschiedlichsten Bereichen an. Bei einem Tag der offenen Tür können Sie sich vor Ort über die Familienleistungen in Vorarlberg informieren. www.vorarlberg.at/familie

#82 | Mai 2023 | 25
Entgeltliche Einschaltung des Landes Vorarlberg
Staudengärtnerei Elke und Thomas Kopf Kontrolliert biologischer Anbau Haltestelleweg 2 6 832 Sul z- Röthis T 0552 2 / 4 4 5 15
Bezahlte Anzeige Bezahlte Anzeige Lösung auf Seite 19 2 6 7 1 2 5 8 5 9 1 5 7 8 8 9 9 5 7 2 1 3 4 2 3 6 4 9 3 8 5
aktuelle Infos unter www.staude n- kopf.at
Sudoku

HORST im Nehmen

Die Dornbirner:innen sind stolz auf das Naturjuwel „Rappenloch“. Abenteuerliche Pfade führen durch die Schlucht und vorbei an außergewöhnlichen Felsformationen. Gut erschlossen durch sichere und beschilderte Wanderwege ist es ein beliebtes Ausflugsziel für Familien und Wanderer. Für den 13-jährigen Horst war es ein Jahr lang so etwas wie ein Zuhause – sein Fluchtort vor dem gewalttätigen Vater.

Text: Konstantia Url-Praher; Foto: Andreas Hauch

Horst kommt von „hurst“, steht für Gebüsch oder Unterholz und bedeutet „der Mann aus dem Wald". Auf die Frage, wie es denn war, als Kind, allein im Wald, in der Schlucht, meint er nüchtern: „Ich habe nie jemanden gehabt. (Lacht.) Mein Vater hat den Fehler gemacht, dass er oft mit uns Kindern dorthin gegangen ist. Da sind meine Fluchtpläne entstanden. Ich habe viel gelesen, was ich in der Natur essen darf und was nicht. Worauf ich achten muss, damit mich keiner findet.“ Schwer ist ihm allerdings gefallen, seine Schwester und Oma beim Vater zurückzulassen, dort, wo nur Gewalt und Geschrei herrschten.

Haltlos

Die Schläge ließ er über sich ergehen. Horst beschloss, sich nie mehr wehtun zu lassen, auch als ihn die Polizei erneut und in regelmäßigen Abständen immer wieder in das „Horrorhaus“ – zum Vater –zurückbrachte. Die Schläge hinterließen dennoch ihre Spuren. Horst betäubte sich mit Alkohol und Opiaten und geriet – wie er sagt, in die Enge getrieben – immer tiefer in einen Sog aus Hass und Gewalt sowie in zwielichtige Kreise. Die Krankenhausaufenthalte nach Unfällen und durch seine chronische Erkrankung wurden häufiger: „Es gibt dort ein Bett für mich, das ist immer reserviert.“ Geschlossener Strafvollzug, Gewaltexzesse, Abhängigkeit, 20 Jahre Obdachlosigkeit, Armut, Entzug, gescheiterte Beziehungen, Schmerz, und dennoch sagt er heute: „Gott hat mich durchs Leben getragen.“

26 | International

ICH HABE VIEL GELESEN, WAS ICH IN DER NATUR

ESSEN DARF UND WAS NICHT. WORAUF ICH ACHTEN

MUSS, DAMIT MICH KEINER FINDET.

Haltsuche

In der Einzelhaft im Gefängnis gab es nur ein Buch. Die Bibel. Horst hat immer wieder darin gelesen. Erst vor kurzem ist er aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten, um den Mormonen beizutreten. Warum ausgerechnet diese Glaubensgemeinschaft?

Weil sie immer für Horst da waren. „Selbst als es ganz schlecht um mich stand. Die haben gesehen, wie ich als Messie gehaust und viel zu viel getrunken habe. Sie sind trotzdem immer wieder zu mir gekommen.“

Horst plant gern. Er überlässt nichts dem Zufall. Selbst unseren Treffpunkt, die gemütliche Hotellobby in ruhiger Stadtlage in Salzburg, hat er schon vorab besichtigt. Heute ist er schon früher gekommen, er fühlt sich wohl hier. „Fast wie daheim im Wohnzimmer. (Lacht)“. Seine Freude rührt aber auch daher, dass er aufgeregt ist. Wie damals, als er bei Vera Russwurm in der Talkshow zu Gast war. Auch heute steht er wieder im Rampenlicht. Fast schon berühmt. Außerdem hat er ein wichtiges Anliegen. Er wünscht sich Unterstützung für die Umsetzung seines nächsten Planes: Mit seinem Luxusgefährt, einem elektrisch betriebenen Dreirad, nach Berlin fahren. Trainiert hat er schon. Er ist in zwei Jahren 7000 Kilometer gefahren, quer durch Österreich, 25 Kilometer die Stunde. Stehen lässt er sein Dreirad nur, wenn es eisig ist. Wie heute, dann nimmt er den Bus. Und weil er jetzt keine „Larifari-Sachen“ mehr machen will, soll es professionell sein: Horst will über seine Fahrt berichten, sein Abenteuer mit Helmkamera aufnehmen. Was ihm noch fehlt? Ein Zelt in Leichtbauweise, Schlafsack, Jacke. Er wünscht sich Kontakt zu einem Hersteller, der ihm das Material zum Testen zur Verfügung stellt. Horst möchte seine Reise bewerten, posten, darüber berichten. Starten will er an seinem Glückstag. Das war der 13. März. Seit diesem Tag ist er schon vier Jahre ganz ohne Alkohol und Drogen unterwegs.

Horst chattet für sein Leben gern, am liebsten mit seiner Familie. Mit seinen Schwestern, dem Schwager und seinem Halbbruder. Ständig hängt er am Handy, scrollt, sucht Bilder, Videos, erzählt, wo seine Lieben gerade sind und was sie umtreibt.

Der 61-Jährige ist stolz auf sein Leben. Seinen Wohnwagen würde er niemals eintauschen – nicht einmal gegen eine geschenkte Wohnung. „Mein Zuhause muss mindestens vier Räder haben“

– seine paar Quadratmeter Glück mit allem Drum und Dran: großes Bett, Küche, Dusche & WC, Vorraum, Sitzecke und eine schöne Aussicht hat er auch.

„Mei, i bin a Clown“

Horst findet Rot unwiderstehlich. Seine nietenbesetzte Handtasche ist signalrot, er kramt und sucht darin. Er will sein Buch „Unter der Brücke“ herzeigen. Er hat es leider nicht dabei und lächelt: „I bin so a Clown.“ Seine Armreifen klappern, einer funkelt purpurrot. Seine tätowierten Hände und Arme schimmern in unterschiedlichen Rottönen: feuerrote Flammen stehen für Wärme, Liebe, Geborgenheit. Die große rote Rose am linken Unterarm, die

hat er als Erstes stechen lassen, im Gefängnis damals. Die Dornen sieht er als Schutz, der scharlachrote Ara steht für Freiheit. Die ist ihm besonders wichtig. Damals wie heute. Als Kind hat er hart dafür gekämpft, endlich frei zu sein. Wegzukommen von seinem Vater, von den Erniedrigungen und Schlägen. Jetzt ist er dankbar, dass er sein Leben gestalten kann, wie er es möchte. Selbstbestimmt sein. So, wie es seinen Vorstellungen entspricht.

Ein mittelschönes Leben

Die schönste Arbeit, sagt er, war für ihn in der Landwirtschaft, mit der Natur und ohne „Chef zum Schikanieren“. Als Senner hat er Butter und Käse produziert. Mit Leidenschaft. Weniger gern erinnert er sich an Anstellungen in der Gastronomie, wo er viel gearbeitet und oft vom Arbeitgeber nicht einmal korrekt angemeldet und versichert worden war. Horst hat viel erlebt und ganz viel zu erzählen. Ungewöhnliches, Heiteres, Unglaubliches. In all seinen Geschichten schwingen Hoffnung, Dankbarkeit und Zuversicht mit.

Sein persönliches Rezept, immer wieder schwierige Situationen zu meistern, verrät er uns am Ende auch noch: „Ich frage mich immer: ist das was für mich? Oder nicht? Und dann entscheide ich. So einfach ist das.“

Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Apropos / International Network of Street Papers

#82 | Mai 2023 | 27
» «
© Shutterstock
Die Rappenlochschlucht in Dornbirn. Ein Jahr lang Zufluchtsort und Zuhause von Horst.

Schwungvoller Ü60-Treff

In einer kleinen Serie wollen wir besondere Begegnungsräume vorstellen. Offene Orte der Gemeinschaft, die nicht ganz eindeutig definierbar sind. Manch einer mag sie „Dritte Orte“* nennen, manch andere einfach „Treffpunkte“. Ihr kleinster gemeinsamer Nenner: Man kann und darf in diesen Räumen auch ohne Geld und Konsum verweilen. Es sind Orte, die neue Begegnungen entstehen lassen, an denen man sich gegenseitig ein offenes Ohr leiht und Gemeinschaftsgefühl tankt.

Unsere Reise beginnt bei jenen Menschen, die viel zu erzählen haben und dabei mitunter kaum mehr jemanden, der ihnen zuhört: Den Älteren und Ältesten unter uns. Seit bald zwei Jahrzehnten finden im Hohenemser Pfarrheim St. Karl monatliche Seniorentreffen statt. Die letzten acht Jahre zeichnet Resi Strohmajer, 66, für die beliebten Zusammenkünfte verantwortlich. Und sie tut es mit Herzblut. Jedes Treffen beginnt mit einem kurzen Impulsvortrag oder einer Andacht, es wird Kaffee und Kuchen kredenzt, später noch ein Abendessen. Die Tische sind hübsch, der Jahreszeit entsprechend, dekoriert. Für alle, die im Rollstuhl unterwegs oder nicht mehr gut zu Fuß sind, steht ein Abhol-Service bereit. Wer den Unkostenbeitrag von 6 Euro nicht bezahlen kann, ist dennoch willkommen. Ja, es sei schon viel Arbeit, sie sei eigentlich das ganze Jahr mit der Organisation der Treffen beschäftigt, sagt Resi Strohmajer. Aber diese Aufgabe würde ihr guttun, sie habe ihr über eine krankheitsbedingt schwere Zeit regelrecht drüber geholfen, so die rüstige Jung-Pensionistin. Jung ist man hier mit 66 allemal, die älteste Besucherin – zumindest am Tag des Lokalaugenscheins der marie – zählt stolze 97 Jahre. Resi Strohmajer: „Es kommen regelmäßig zwischen 50 und 70 Menschen im Alter von 60 bis 100 Jahren. Das Religionsbekenntnis ist nicht relevant. Im Advent gestalten wir immer eine Weihnachtsfeier und im Fasching ein Fest, für das wir dieses Jahr 250 Tombolapreise organisiert haben. Tolle Preise, keine Ladenhüter.“ Wir, das ist ein engagiertes Team an Helfer:innen rund um Resi, darunter auch ihr Mann, der fürs Abendessen sorgt. Der Saal sei groß genug, dass man guten Gewissens eine Einladung an alle jene aussprechen könne, die das Angebot noch nicht kennen und gerne auch einmal vorbeischauen würden.

*Dritte Orte: Orte der Gemeinschaft; nach Ray Oldenburg, US-amerikanische Soziologe, „The Great Good Place“, dient der Erste Ort dem Familien-, der Zweite Ort dem Arbeitsleben. Der Dritte Ort bietet zu beidem einen Ausgleich und ist ein Treffpunkt für die nachbarschaftliche Gemeinschaft.

Die Treffen finden jeden dritten Mittwoch im Monat statt, das nächste somit am 17. Mai um 14:30 Uhr mit dem Tanzhaus Hohenems und mit Musik von Erika, Bernadette und Michael. Unkostenbeitrag EUR 6,– (Resi: „Wer’s hat“); Ort: Pfarrheim St. Karl in Hohenems, Anmeldungen und weitere Infos direkt bei Resi Strohmajer, T 0680 247 58 47

28 | Mittendrin in V
Begegnungsorte | Folge 1
Resi Strohmajer, die unermüdliche gute Seele des Seniorentreffs Text: Simone Fürnschuß-Hofer; Fotos: Frank Andres
#82 | Mai 2023 | 29 Bezahlte Anzeige ÖFFNUNGSZEITEN: Montag bis Freitag 07.30 - 12.00, 13.00 - 17.30 Uhr www.tiro.at WILLKOMMEN IN DER GRÖSSTEN HOLZAUSSTELLUNG IM LAND … AUCH FÜR PRIVATPERSONEN! HEREIN SPAZIERT NEUE TERRASSEN-AUSSTELLUNG MIT TOLLEN FRÜHJAHRS-ANGEBOTEN!

Schreiben gegen die Sucht

Der Verein „Fit for Life“ hat sich zur Aufgabe gemacht, Menschen, die sich literarisch mit ihrer Suchtproblematik beschäftigt haben, zu fördern. 21 prämierte Texte werden jetzt in der soeben im Bucher-Verlag Hohenems erschienenen Anthologie „SUCHT-AUS-WEG“ vorgestellt. Darunter auch der Beitrag von Gabriele Müller „Der Passant“.

Gabriele Müller Der Passant

Die blaue Reisetasche war so schwer, dass sie kaum zu tragen war. In ihr transportierte ich das Tier, ich hatte es Emil genannt. Es fraß vorwiegend Luft. Einmal überfraß es sich, sodass es mehr als ich wog. Ich stellte die Tasche auf dem Gehsteig ab und schaute unauffällig um mich. Auffallen, das mochte ich nicht.

„Gehört das Ihnen?“, fragte mich ein Passant.

Wir bückten uns beide zugleich.

Es tickte. In einer der Seitentaschen war nun auch ein Wecker, noch in der Verpackung, mit Batterien, wohl firmenseitig bereits eingesetzt.

„Diese Uhr klingt sehr engagiert“, sagte der Passant. Er wirkte recht klug. Emil knurrte, doch der Mann tat, als hörte er nichts.

„Ich brauche die Tasche eigentlich nicht“, sagte ich und meinte damit das Tier in ihr. Denn Emil ängstigte mich oft sehr. Ich streichelte ihn dann tagelang, nur damit er mich nicht biss.

„Ja, dann“, sagte der Mann. „Aber Sie wissen, einfach stehenlassen, ist nicht so leicht.“

Er trug ein offenes Gesicht und einen schwarzen Anzug dazu. Seine Augen leuchteten haselnussbraun.

„Haben Sie ein bisschen Zeit?“, fragte ich ihn, ohne zu wissen warum.

„Zwei Jahre, vielleicht auch drei“, sagte er.

Gerne hätte ich sofort kehrtgemacht. Doch platzte gerade die Tasche an einer Naht, eine Kralle von Emils Tatze schaute hervor. Ich verdeckte die Stel-

le mit meinem Fuß und sagte: „Aha.“ Der Passant nutzte mein Zögern und zog rasch Notizblock und Füllfeder aus einem Halfter hervor.

„Der moderne Held stirbt seit Langem durch eigene Hand“, sagte ich. Pitigrilli selbst hatte ich nicht gelesen, aber das Zitat an der Wand im Gruppenraum der Anstalt, wo ich bis vor Kurzem gewesen war. „Ich habe das Mitleid mit mir zu ertränken versucht, so lange, bis ich vor mir selbst verschwand“, gab ich, nun wo eines da war, zu Protokoll. Zu beeindrucken schien ihn das alles nicht. Er entschuldigte sich. „Berufskrankheit“, sagte er, „Feder und Block.“ Er steckte beides wieder ein und packte die Tasche an einem der Henkel. „Kommen Sie, zu zweit ist das Ding gar nicht so schwer.“

Er öffnete ein Tor hinter mir. Schweigend trugen wir die Tasche zum Lift, Emil bemerkte er nicht. Auch während der Fahrt nach oben sagte er nichts, sodass ich fragte: „Hallo, ist hier Sprechverbot?“

„Nein“, sagte er und schwieg.

Das Dachgeschoss bestand aus einem einzigen Raum, einem kleinen Tisch mit zwei Stühlen und einem lebensgroßen Bild an der Wand. Auf dem Bild war nichts, es war schwarz. Der Mann setzte sich mir gegenüber, schwarzer Anzug vor schwarzem Hintergrund. Manchmal schaute nur das Weiß seiner Augen hervor. Durch ein Fenster drang helles Licht. Ein Bündel davon fiel in der Höhe seines Halses auf das Bild, sein Hemdkragen sah aus wie ein Kollar. „Huch“, sagte ich, „ich bin’s nicht gewesen, wirklich nicht“, ehe ich selbst wusste, was ich nicht begangen haben wollte. Er lächelte. Das Licht bildete eine Art Heiligenschein.

Wir trafen uns nun jede Woche zur selben Zeit am selben Ort, stets trug der Mann dasselbe Gesicht und den gleichen Anzug, was nicht dasselbe

30 | Mittendrin in V

Der „Fit for life-Literaturpreis“, der vom Wiener Psychiater Dr. Harald David im Jahr 2017 initiiert wurde, richtet sich an schriftstellerisch tätige Menschen, die professionelle Hilfe für die Bewältigung bzw. Bearbeitung ihres Sucht-/Alkoholproblems in Anspruch genommen haben.

Der Preis möchte die literarischen Ambitionen und Fähigkeiten von Menschen fördern, für die das literarische Schreiben einem tiefen Ausdrucksbedürfnis entspringt und das darüber hinaus eine bewusste Auseinandersetzung mit ihrer Alkohol- oder Suchterkrankung fördert.

Fit for life-Literaturpreis (Hg.), Stiftung Anton Proksch-Institut Wien (Mithg.), 264 Seiten, 19 Euro, Bucher Verlag

ISBN 978-3-99018-650-3

ist. Die Tasche mit Emil stellte ich für gewöhnlich neben das linke Tischbein vor mir, so bemerkte er ihn nicht. Schließlich hatte ich die Naht gut zusammengenäht. Er betrachtete ausschließlich mich, das gefiel mir sehr. Emil verhielt sich so ruhig, als existiere er nicht.

„So ein Glück“, sagte ich, „dass gerade Sie der Passant gewesen sind.“

„Manchmal meint es der Zufall gut“, sagte er, „aber nicht jederzeit.“

Da der Mann ansonsten vorrangig schwieg, nickte oder schrieb, gab ich zahlreiche Details meines Alltags preis, auch Anekdoten fielen mir ein. Einmal hatte ich mir eine Geschichte über Rasenmähen im Spätherbst, samt Pointe, bereits im Vorfeld ausgedacht und brachte sie erzählfertig zu unserem Treffen mit. Er sagte nichts, aber schaute gar nicht belustigt drein. Vor Schreck purzelten die Wörter in mir durcheinander. Ich dachte an Wäschestücke im jäh unterbrochenen Schleudergang.

„Es geht hier weder um Botanik noch um Zoologie“, sagte er dann. „Hier geht es ausschließlich um Sie.“

Leere dehnte sich aus. „Warum?“, fragte ich. „Bin ich eigentlich hier?“

„Man könnte sagen, wegen X, Y oder E“, sagte der Mann. „Die WHO verwendet Zahlen dafür. Das schafft weltweit Übersicht. Ich ziehe regionale Namen vor. Sagen wir Emma dazu.“

Erschrocken zog ich die Tasche etwas näher an mich. Hatte er etwa Emil bemerkt? Ahnungslos fragte er: „Wovor haben Sie eigentlich Angst?“ Und so erzählte ich ihm die Geschichte vom durstigen Löwen, der trinken wollte, und erschrak vor dem

durstigen Löwen in der Wasserlache, der in der Lache trinken wollte und den durstigen Löwen sah, der trinken wollte und den durstigen Löwen sah und erschrak.

„Wasser oder Wein?“, fragte er.

„Kaffee“, sagte ich, „um diese Zeit.“

Da schaute der Mann erstmals zum Tischbein, hinten links. „Wo kommt das eigentlich her?“, fragte er und zeigte auf das Stückchen Fell, das aus der Lücke zwischen Verschluss und kratzfestem Stoff hervorschaute. Es bewegte sich unregelmäßig auf und ab.

„Es kriegt keine Luft“, sagte der Mann. „Lassen Sie es doch raus.“ Die Stunde war jedoch um.

Ich schloss das Tor hinter mir. Die blaue Reisetasche war ungewohnt leicht. Ich stellte sie auf dem Gehsteig ab, um nach Emil zu sehen.

„Wissen Sie vielleicht, wie spät es ist?“, fragte mich ein Passant. Er trug eine bunte Kappe und einen blauen Trainingsanzug.

„Haben Sie kein Telefon?“, fragte ich ihn.

„Telefon schon, aber keine Uhr“, sagte er.

„Das ist merkwürdig“, meinte ich, „in der heutigen Zeit.“

Ich tastete nach meinem Handy, fand es aber nicht. Der Mann mit der bunten Mütze lief neben mir am Stand, seine Arme schwangen gegengleich mit.

Ich bückte mich nach dem Wecker. Doch die Reisetasche war weg. Und Emil auch.

#82 | Mai 2023 | 31
Die marie verlost drei Exemplare des Buches “SUCHT-AUS-WEG“. Schicken Sie uns eine E-Mail mit dem Stichwort “Sucht“ an redaktion@marie-strassenzeitung

FRÜHJAHRSPUTZ UND DIE FRAGE:

„BRAUCHT’S DAS ODER KANN DAS WEG?“

Draußen tätscht’s und tscheppert’s und die Hochdruckreiniger sind auch längst aus ihrem Winterschlaf erwacht. Es wird gewerkelt, was das Zeug hält. In Vorarlbergs Gärten und Wohnungen ist Frühjahrsputz angesagt. Voll motiviert wird dem Alten, Verstaubten oder „Abgeranzten“, wie der Teenie im Haus sagen würde, zu Leibe gerückt, denn schließlich haben wir mit dem April auch die kaltnasse Jahreszeit hinter uns gelassen. Also hoff' ich jedenfalls, weil Sonne, Vitamin D und so: ja, bitte gerne und dringend.

Einziges Problem bei dieser Frühlingsputz-Sache: Nun hab’ ich zwar wie jeder Mensch einen ganzen Haufen an Interessen und Talenten, aber ratet mal, was nicht dazu gehört. Richtig, alles, was irgendwie mit Aufräumen zu tun hat. Als Mensch mit einem Ordnungssinn so verschwindend klein, dass man ihn höchstens bei einem Mann tolerieren würde, bin ich nicht die, die hier hilfreiche Putztipps von sich geben könnte. Jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne. Mein Senf zum Frühjahrsputz ist eher mentaler und digitaler Natur – entsprechend der vorhandenen Fähigkeiten, Interessen und angeeignetem Wissen eben.

Mentaler Frühjahrsputz

Der mentale Frühjahrsputz startet mit der Überlegung: Was gibt und was nimmt dir Kraft? Wo sind Kraftquellen und wo Krafträuber:innen? Das weitere Vorgehen, eh easy. Mehr von dem einen gibt mehr Kraft auch für das andere. Nach welchen Themen, Unterhaltungen oder Tätigkeiten ist der Energielevel samt Laune voll im Keller? Ist es wichtig, dass ich das mach’, oder ist jemand anders eh geeigneter? Und bei all den Themen, die Frage: Braucht’s das oder kann das weg? Braucht’s das hundertste Problemgespräch, in dem es nie um Lösungen geht? Braucht’s die ewigen Selbstzweifel? Den unerreichbaren Perfektionsanspruch. Oder, hey, kann das weg?

Digitaler Frühjahrsputz und die Abo-Falle

Den digitalen Medienkonsum einzuschränken, ist die eine Sache, aber wie sieht’s denn aus mit Online-Käufen und Abos? Ist die Kreditkarte, das Konto oder sonstwas für Online-Käufe erstmal überall bequem hinterlegt, kauft es sich nicht nur einfach, sondern vor allem eins: schnell und unüberlegt. Was sich im echten Leben vielleicht auf ein ungenutztes Fitness-Abo beschränkt, lässt sich in der digitalen Welt auf 1000-fache Weise vervielfachen: Eine verpasste Frist für das Abmelden der „Gratis“-Testversion hier, die 10. Profi-App da, noch ein Anti-Virenprogramm dort, eine Software hier, eine GamingApp da. Letzteres kommt Eltern von jugendlichen Gamer:innen bestimmt bekannt vor.

Abos in allen Varianten: Wöchentlich, monatlich oder jährlich wird abgebucht, jede Form mit ihren eigenen Tücken. Besonders grausam, wenn unverhofft ein großer Betrag abgebucht wird. Heißt, die Kündigungsfrist wurde wieder mal verpasst. Die gute Nachricht: Wer den Überblick im Abo und Vertrag-Dschungel verloren hat, kommt auch wieder raus. Die schlechte: Mühsam isses halt. Also ran an die Investigativ-Arbeit: Konto, Kreditkarte, Zahlungsdienste und Handy nach Abos durchforsten und zuordnen. Wem, wie mir, alleine bei dem Gedanken daran schon dezent schwummrig wird, hole sich Verstärkung. An dieser Stelle, Danke, Nici-Sis. Die Abo-Ausmistaktion bedeutet die Rettung einer beachtlich hohen Anzahl an Euros.

Und der eigentliche Frühjahrsputz?

Jaja, einen Garten/Balkon zum Feinha und dieses Frische-Gefühl im eigenen Zuhause –irgendwie machen wir das schon. Am besten jede und jeder einen Teil. Hat ja angeblich etwas Befreiendes an sich. Gilt auch in Bezug auf Belastungen körperlicher oder mentaler Natur, in der echten genauso wie in der digitalen Welt. Ein Zuviel an Belastendem, das macht auf Dauer etwas mit uns. In der Regel nix Gutes und deshalb, sich lieber einmal zu viel fragen: Braucht’s das oder kann das weg?

Nadine Dunst-Ender (42)

Brotberuf: Selbstständige Social Media Beraterin und Betreuerin

Ausgebildete Lebens- und Sozialberaterin, Mentalcoachin

Früher mal: Print- und TV-Redakteurin und Moderatorin

32 | Mittendrin in V
Text: Nadine Dunst-Ender
© privat

Lehrperson gesucht!

Wo bist du?

Wir brauchen Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, die neue Perspektiven, eine neue Herausforderung und einen neuen Arbeitsalltag suchen. Wir brauchen neue Kolleginnen und Kollegen, die gute Berufsaussichten wollen. Bist du interessiert?

Dann haben wir einen Job für dich!

www.vorarlberg.at/lehrperson

#82 | Mai 2023 | 33 Bezahlte Anzeige
Entgeltliche Einschaltung des Landes Vorarlberg Fotografie: © Christoph Pallinger

Eine mobile Freiluftbühne, die sich immer wieder neu erfindet und als regionaler Kulturtreffpunkt zum kreativen Miteinander einlädt: Das ist die Ursprungsidee hinter dem Wanderprojekt „Kultursteg“, das heuer im imposanten Steinbruch Ludesch Station macht. Von Mai bis September darf man sich auf einzigartige Sinneserlebnisse gefasst machen.

BÜHNE FREI für den Kultursteg im Steinbruch

So ist das mit Inspirationen, die jahrelang in einem gären. Irgendwann drängen sie auf Verwirklichung, müssen raus. So auch Daniela Jochums Idee einer Freiluftbühne, die „durch den Walgau wandert“, sich immer wieder neu in kraftvolle Naturkulissen einfindet und so das Spiel mit den Elementen eröffnet. Um ein solches Herzensprojekt stemmen zu können, brauche es beides, so die Initiatorin: „Die Träumerin in dir und den Sinn fürs Realistische“. Und wohl auch den langen Atem. Bereits 2017 berichtete die marie über die Anfänge des Kultursteg-Projekts: damals noch im Modellstatus und, was die Finanzierung anging, in den Seilen hängend. Erst 2020 sollte es so weit sein: Die schlichte, aus rohem Holz gefertigte Bühnenkonstruktion feiert auf der Galätscha oberhalb von Nenzing mit einem bunten Sommerfestival ihre Premiere. Genauso, wie es sich Daniela Jochum immer gewünscht hatte: „Open air, open minded. Dussa, zsämma. Einfach cool.“

Fortsetzung gelingt

Ein Jahr später zieht der Kultursteg dank Unterstützung des Frastanzer Bürgermeisters im Naturbad Untere Au ein. Der Standort-Wechsel funktioniert: Wie ein Chamäleon schmiegt sich der Holzbau auch hier in die Kulisse rund um das malerische Seebad ein. Das interdisziplinäre Festi-

34 | Mittendrin in V
Text: Simone Fürnschuß-Hofer Fotos: Christina Baumgartner Die zwei LEADER-Projekt-Fachfrauen Gerda SchnetzerSutterlüty (links, Projekt Stein.um.bruch Ludesch) und Daniela Jochum vom Kultursteg Walgau

val-Programm stößt auf hohe Resonanz. Dass man aktuell im Steinbruch Ludesch eine Heimat auf Zeit gefunden hat, ist für die Organisatorin ein besonderes Highlight: „Weil der Steinbruch genau wie der Kultursteg zu den LEADER*-Projekten gehört und sich somit zwei schöne lokale Initiativen gegenseitig befruchten und gemeinsam weiterentwickeln dürfen.“ Außerdem: Von Strom über Wasser bis hin zu den Toiletten ist alles bereits vorhanden und bei Schlechtwetter bietet das charmante Feldhotel – ein weiterer, seit einem Jahrzehnt auf steter Durchreise befindlicher Begegnungsraum – Unterschlupf. Daniela Jochum: „Hier entstehen Synergien, wie man es sich nur wünschen kann.“ Dass sich die Dinge einmal mehr gut fügten, beweist auch das im Mai startende Programm „DUSSA 2023“. Bis September stehen vier Wochenenden unter jeweils einem Schwerpunkt. In lockeren Formaten dreht sich dabei alles um Nachhaltigkeit, Tanz, Musik und Literatur. Ab- und Austanzen, Slammen und Schlemmen inklusive. Mit etwas Glück unter sattem Himmelblau. Oder unterm Sternzelt, je nach Tageszeit.

Bühne für alle

Daniela Jochum, selbst gebürtige Nenzingerin, Architektin und vierfache Mutter, ist nach wie vor die treibende Kraft hinter dem Projekt. Ein Verein steht ihr mittlerweile unterstützend zur Seite. Außerdem würden sich darüber hinaus immer wieder „helfende Hände einfinden, ohne die es nicht ginge und die das Projekt mit neuen Inputs und Sichtweisen bereichern“. Natürlich laufe das meiste auf Ehrenamt hinaus, so Jochum, die selbst am Projekt nichts verdient und glücklich ist, wenn sie jedes Jahr aufs Neue die Finanzierung hinbekommt. Und noch glücklicher macht es sie, wenn ihr gelingt, was sie von Beginn weg an dieser Idee eines wandelnden Kulturtreffpunkts im Walgau beseelte: Die Stärkung der Region durch gelebtes Miteinander, das nicht nur Kulturschaffende vernetzt, sondern genauso unterschiedliche Altersstufen, Einrichtungen, Vereine, Schulen etc. ins Boot zu holen weiß. Jochum ist es ein Anliegen, auch internationale Expertise und Kulturprojekte auf den Kultursteg zu bringen und gleichzeitig die Walgau-Gemeinden zu bestärken, sich am Projekt zu beteiligen: „Es geht nicht darum, dass ich jedes Jahr aufs Neue den Kultursteg bespiele, Ziel wäre, dass er von allen genutzt wird.“

Dass es sich bei diesem Festival nicht um Großveranstaltungen handle und der Erfolg nicht allein an der Anzahl der Teilnehmenden gemessen werde, mache es umso sympathischer und ermutige auch, mit neuen Spielräumen und Formaten zu experimentieren. Denn eines könne der Kultursteg ganz besonders gut: Brücken bauen, verbinden, zugänglich sein für alle. Daniela Jochum: „Das drückt sich ja bereits in der Architektur aus. Abgesehen von der leichten, durchlässigen Konstruktion öffnet sich der Kultursteg wie ein Trichter nach außen. Nimmt auf und gibt, ist Sprachrohr und aufmerksamer Zuhörer zugleich.“

*LEADER nennt sich ein EU-Förderprogramm, das gemeindeund sektorübergreifende Entwicklungsansätze unterstützt. Das Team rund um das Projekt „Stein.um.bruch Ludesch“ experimentiert dabei unter der Leitung von Gerda Schnetzer-Sutterlüty mit Ideen zur Nachnutzung und Wiederbelebung. Das Projekt Kultursteg wurde anfänglich ebenso aus dem LEADER-Fonds mitfinanziert, inzwischen werden die Kosten hauptsächlich von Land, Gemeinde und Sponsoren gedeckt.

DUSSA 2023

KULTURSTEG-FESTIVAL IM STEINBRUCH LUDESCH

12./13. Mai: ERÖFFNUNGSTAGE Thema Nachhaltigkeit

Eröffnung, Vorträge, Exkursionen, Musik u.a. JAZZ AM STEG mit dem STOABRUCH-JAZZQUINTETT / SCIENCE BUSTER

FLORIAN FREISTETTER / Astronom ROBERT SEEBERGER / Bewirtung & Apéro von KOCHI REGIONAL

3. Juni: TANZTAG

Tango und Hip-Hop-Workshops / Tanzperformance CreaRedes / Luftakrobatik /Austanzen

14./15. Juli: KLANGTAGE

SONGWRITER’S NIGHT / GITALINE UND DER REGENBOGEN – ein Konzert für Kinder ab 4 Jahren / DUO ESTRELAChanson, Gipsy, Swing / BRAINFISCH AND GUESTS ON 432

15./16. September: LITERATURTAGE

SLAM AM STEG / BLUMENEGGER MUNDARTFRAUEN / Vintage-Markt / Literaturabend mit Vorarlberger AutorInnen / Musik von JODLHIASI Matthias Härtel

Eintritt zw. EUR 5,– und 10,–; alle Programmdetails siehe www.kultursteg-walgau.at; Adresse: Ziegelhütte 1, Ludesch

#82 | Mai 2023 | 35
© privat
„OPEN AIR, OPEN MINDED. DUSSA, ZSÄMMA. EINFACH COOL.“

Initiative Bürger:innenrat fordert: Schulen endlich der Zeit anpassen!

Was brauchen Kinder von heute von einer Schule von heute? Wie können wir alle gemeinsam positive Veränderungen unterstützen? Eine Debatte darüber möchte die Initiativgruppe einer aktuellen Petition mit der Einberufung eines Bürger:innenrats anstoßen. Es geht dabei um nichts weniger als um die Bildung unserer Kinder.

„Es ist höchste Zeit, Schule heute neu zu gestalten. Die Welt hat sich rasant entwickelt. Kinder wachsen heute ganz anders auf als noch vor wenigen Jahren. Sie stehen jetzt und auch zukünftig vor völlig neuen Herausforderungen, denke man nur an die Digitalisierung oder die Klimakrise. Das Schulsystem hat sich in seinen Grundzügen aber nur wenig verändert und weist seit längerem Entwicklungsbedarf auf.“

Mit-Initiatorin Jasmin Dreher

Der Landeselternverband Vorarlberg, der Vorarlberger Familienverband und die Landesschüler:innenvertretung hoffen auf viele Unterschriften. Bei 1000 Unterstützungserklärungen muss laut Vorarlberger Landesverfassung ein Bürger:innenrat einberufen werden. Um dann eineinhalb Tage lang aus unterschiedlichsten Perspektiven heraus gemeinsamen neue Lösungen auf die Spur zu kommen. Unterschreiben kann, wer mindestens 16 Jahre alt ist und den Hauptwohnsitz in Vorarlberg hat. Petition unter: www.levv.at.

36 | Mittendrin in V
Bezahlte Anzeige
230 ProgrammPunkte 55 Kirchen in ganz Vorarlberg eintritt Frei
Ein Projekt der christlichen Kirchen in Österreich –in Vorarlberg unterstützt von
©
© privat
shutterstock

Ganz in Weiß

Helle Sachertorte mit Erdbeeren

Zutaten für eine Torte (Durchmesser ca. 24-26 cm):

Torte:

• 180 g weiche Butter

• 160 g Mehl

• 50 g Staubzucker

• 130 g Zucker

• 200 g weiße Schokolade

• 7 Eier

• ½ Vanilleschote

• abgeriebene Schale einer halben Zitrone

• 150 g Erdbeermarmelade

Zubereitung:

Topping:

• 300 g weiße Schokolade (z.B. vom übrigen SchokoOsterhasen)

• 100 ml Milch

• 2 Blatt Gelatine

• 150 Gramm Erdbeeren

Von Daniel Mutschlechner, probelokal.com

Wenn mein Jüngster Freundebücher aus dem Kindergarten mit nach Hause bringt, geht der wündrige Blick des Hobbykochs zuerst auf das Feld mit der Lieblingsspeise. Fast immer lese ich dort Spaghetti, Kaiserschmarren oder Fischstäble. Kinder, Kinder! Als ich vor Jahrzehnten noch selbst Freundebücher ausfüllen durfte, beantwortete ich die Frage nach der Lieblingsspeise meist mit „Sachertorte“.

Noch heute meine ich, dass ein schlichtes, pures Stück Sachertorte zum Besten gehört, was ein Sonntagnachmittag hergibt. Bei uns zuhause ist stets meine Frau für die Sachertorte zuständig. Ich weiß noch immer nicht genau, wie sie es anstellt, aber ihre Version schmeckt um ein Vielfaches saftiger und schokoladiger als das Wiener Original.

Im Zuge der nachösterlichen Schokohasen-Verwertung habe ich kürzlich an einer Frühlings-Sachertorte gebastelt. Franz und Eduard Sacher werden sich im Grab umgedreht haben, denn ich habe mit allen gängigen Sachertorten-Konventionen gebrochen. Anstatt dunkler verwendete ich weiße Schokolade, und statt Marillen- gab es frische Erdbeermarmelade. Alles neu macht der Mai!

Eier trennen. Weiche Butter und Staubzucker, ausgekratztes Mark der Vanilleschote und Zitronenschale mit dem Mixer schaumig schlagen, Eigelb nach und nach einrühren. Schokolade im Wasserbad schmelzen, unter die Butter-Eigelb-Mischung rühren. Eiweiß steif schlagen, dabei Zucker einrieseln lassen. Mehl sieben und mit Eiweiß abwechselnd unter die Schokoladen-Mischung heben. Teig in eine mit Backpapier ausgelegte Springform füllen und zunächst 20 Minuten bei 170 Grad Umluft und danach 40 Minuten bei 150 Grad Umluft backen. Abkühlen lassen, aus der Form lösen, später einmal quer durchschneiden. Marmelade leicht erwärmen und beide Tortenböden damit bestreichen, Deckel wieder daraufsetzen. Für die Glasur Gelatine in kaltem Wasser einweichen, Milch erwärmen, Gelatine ausdrücken und einrühren. Schokolade in kleine Stücke brechen und in die Milch geben, vom Herd nehmen und nach ein paar Minuten Wartezeit gut durchrühren. Auf Zimmertemperatur abkühlen lassen und Torte damit überziehen. Fest werden lassen und mit Erdbeeren dekorieren.

Musiktipp:

In den letzten Jahren habe ich einen Bogen um ihn gemacht. Doch jetzt hat Herbert Grönemeyer einen Nerv getroffen, als er das Album „Das ist los“ veröffentlicht hat. Das Lied „Angstfrei“ ist nicht nur mitreißend, es enthält auch eine kluge Botschaft: „In der Unruhe liegt die Kraft.“ Wenn vieles aus den Fugen gerät, kann verlässlicher Mainstream zwischendurch eine Wohltat sein. Weitere Rezeptgeschichten und Musiktipps finden Sie auf www.probelokal.com

#82 | Mai 2023 | 37

VERANSTALTER AKZEPTIEREN DEN KULTURPASS FÜR FREIEN/ERMÄSSIGTEN EINTRITT

Infos über den Kulturpass unter www.hungeraufkunstundkultur.at

Di., 02.05.

19.30 Uhr, Salomon Sulzer Saal, Hohenems

ÜBER DIE GRENZE. 52 FLUCHTGESCHICHTEN ZWISCHEN

BODENSEE UND GEBIRGE 1938

BIS 1945 Buchvorstellung —

Do., 04.05.

18 bis 20 Uhr, Kunsthaus, Bregenz

KUB NIGHT

Im Opernatelier der Bregenzer Festspiele und des Kunsthaus Bregenz. Afterwork im KUB bei freiem Eintritt, jeden ersten Donnerstag im Monat —

Do., 04.05.

19.30 Uhr, Markus-Sittikus-Saal, Hohenems

ERÖFFNUNG DER EMSIANA mit: Eröffnungsrednerin Eva Menasse, Rheingold Quartett, tonart Sinfonietta und Gesangsverein Hohenems —

Do., 04.05. (Premiere), 06.05./ 07.05./12.05./13.05./18.05./19.05./20.05.

20 Uhr, Theater Kosmos, Bregenz

DAS WEISSE DORF Theater —

Fr., 05.05. + Sa., 06.05.

Conrad Sohm, Dornbirn

30 JAHRE CONRAD SOHM

Musik, Gratis Eintritt —

Fr., 05.05.

18 Uhr, Spielboden, Dornbirn

HEBAMMEN – AUF DIE WELT KOMMEN

(CH-Dok, 2021) Filmvorführung anlässl. Internationaler Hebammentag von IG Geburtskultur a-z, Frauenmuseum Hittisau und Spielboden Dornbirn

Fr., 05.05.

20 Uhr, Spielboden, Dornbirn MAMA LOVE

Comedy-Show mit Lea Blair Whitcher

Sa., 06.05.

9 Uhr, Kammgarn, Hard SINGEN MIT MIKROPHON

Workshop —

Sa., 06.05.

14 Uhr, inatura, Dornbirn

ARTENSCHUTZ AN DER RHEINMÜNDUNG

Exkursion

Sa., 06.05.

14.30 Uhr, inatura, Dornbirn

KULTURVERMITTLUNG FÜR

MENSCHEN MIT DEMENZ

Die inatura lädt Menschen mit Demenz und deren Angehörige zum Besuch der Ausstellungen und anschließender kreativer Arbeit ein.

Sa., 06.05.

19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch

M.U.T. – MÄNNER UND TENÖRE Musik

Sa., 06.05.

20.30 Uhr, Salomon-Sulzer-Saal, Hohenems

DANIEL KAHN & JAKE SHULMAN-MENT

Konzert im Rahmen der emsiana

Di., 09.05.

9 Uhr, Domino's Hus, Frastanz LITERATURCAFE MIT MARLENE FREI

Literatur

Di., 09.05.

18 Uhr, inatura, Dornbirn KRÄUTERWORKSHOP

„Tinkturen, Auszüge und Getränke aus frischen Kräutern“

Wohltuende Kräuterauszüge und -tinkturen selbst zubereiten kann ganz einfach sein. —

Mi., 10.05.

20.30 Uhr, Spielboden, Dornbirn

PUSSY RIOT

Konzert —

Do., 11.05.

14.30 Uhr, Domino's Hus, Frastanz

NADEL & FADEN

Patchwork und mehr —

Do., 11.05.

19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch

EVA SCHÖRKHUBER UND SABINE SCHOLL: ÜBER BELL HOOKS

„DIE BEDEUTUNG VON KLASSE“

Die afro-amerikanische Feministin bell hooks verknüpft in diesem Buch einen sehr persönlichen und autobiografischen Zugang mit einer grundlegenden Gesellschaftsanalyse und Kulturkritik.

Fr., 12.05.

17 Uhr, Vorarlbergmuseum, Bregenz DER ATLANTISCHE TRAUM

FRANZ PLUNDER UND DIE „SOWITASGOHT V“

freitags um 5 – Landesgeschichte im Gespräch —

Fr., 12.05.

19.30 Uhr, Remise, Bludenz EINMAL RUND UM DIE WELT

Benefizkonzert des Akkordeonclubs Altach —

Fr., 12.05.

20.30 Uhr, Spielboden, Dornbirn

5/8ERL IN EHR’N & JAZZORCHESTER VORARLBERG – IM AUGE DES SCHMETTERLINGS Konzert —

Sa., 13.05.

15 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch

FIGURENTHEATER „IL SEGRETO DI PULCINELLA“: MORGENSTERN UND MONDEND

Für Kinder ab 4 Jahren

Sa., 13.05.

20.30 Uhr, Kammgarn, Hard

GORAN KOVACEVIC COLLECTIVE

No Limits! Musik —

38 |
Veranstaltungskalender

So., 14.05.

14.30 Uhr, Vorarlbergmuseum Bregenz

WÄNDE, FENSTER DACH UND MEHR – DIE ARCHITEKTUR DES VORARLBERG MUSEUMS

Generationentour – Ausstellungsbesuch und Kreativatelier —

Mo., 15.05.

20 Uhr, Spielboden, Dornbirn AKKORDEONALE 2023 INTERNATIONALES AKKORDEON FESTIVAL Konzert —

Di., 16.05.

19 Uhr, Würbel-Areal, Bludenz KUBANISCHE KROKODILE Konzertlesung mit Franz Kabelka & „Steps to Heaven“

Di., 16.05.

19 Uhr, inatura, Dornbirn ALLEIN ODER EINSAM?

Vortrag. Rainer Gross beleuchtet das Thema aus soziologischer, psychologischer und kulturwissenschaftlicher

Perspektive und beantwortet die Frage, wie es im Zeitalter von Lockdowns, sozialen Netzwerken und zunehmender Entfremdung um unser soziales Gefüge bestellt ist. —

Mi., 17.05.

20 Uhr, Kammgarn, Hard BANDS NIGHT

Die Bands der Musikschule Hard lassen die Bühne beben —

Fr., 19.05.

19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch

„ER ZÄHLET UNSER‘ TRÄNEN IN DER ZEIT DER NOT“

Benefizkonzert. Eine Reise durch Hoffnung, Glaube und Liebe

Fr., 19.05.

20 Uhr, Conrad Sohm, Dornbirn LIDO SOUNDS 2023 WARM UP TOUR Musik

Sa., 20.05.

15 Uhr, Spielboden, Dornbirn MLLE PRRRR...: MISTSTÜCK

Kinder —

Sa., 20.05.

19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch

KERSTEN KNIPP: DIE ETHIK DER ELEGANZ - PLÄDOYER FÜR EINE NEUES MITEINANDER Vortrag

Sa., 20.05.

20 Uhr, Remise, Bludenz GARISH

Konzert

Di., 23.05.

15 Uhr, Würbel-Areal, Bludenz DER GRÜFFELO

Kamishibai Kinderlesung

Do., 25.05.

12.15 Uhr, Vorarlbergmuseum, Bregenz

TENORALE GRENZEN

Konzert am Mittag

Do., 25.05.

20.30 Uhr, Spielboden, Dornbirn

JAZZ&: GINA SCHWARZ –PANNONICA

Konzert

Fr., 26.05.

19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch

TERRACOTTA PROJECT

CD-Präsentation „Daphne“

Musik

Fr., 26.05.

20.30 Uhr, Spielboden, Dornbirn

BIKINI BEACH

Konzert

Sa., 27.05.

15 Uhr, Spielboden, Dornbirn

CLOWN POMPO: KONTROLLIERTES CHAOS, BLENDWERK & VERGNÜGEN

Kinder

Sa., 27.05.

20 Uhr, Conrad Sohm, Dornbirn

JACK BOTTS

Musik

Sa., 27.05./28.05./

29.05.

jeweils 20 Uhr, Kammgarn, Hard

DIE SIEBEN FETTEN JAHRE

Theaterjugendclub

Mo., 29.05.

20 Uhr, Conrad Sohm, Dornbirn

ELDERBROOK

Little love tour 2023

Musik —

Di., 30.05.

8.30 Uhr, Domino's Hus, Frastanz

LETZTE HILFE KURS

Das kleine 1x1 der Sterbebegleitung „Letzte Hilfe Österreich“ wird in Vorarlberg von Hospiz Vorarlberg durchgeführt. Dieses Angebot wird erstmals im Ländle vorgestellt.

Di., 30.05.

19.30. Uhr, Theater Kosmos, Bregenz

LUKAS BÄRFUSS

Buchpräsentation

Mi., 31.05.

19 Uhr, inatura, Dornbirn

(KEINE) ANGST VOR DEM

BLACKOUT

Schützt uns eine autonome Versorgung vor Energiekrisen?

Vortrag —

Mi., 31.05.

19.30 Uhr, Jüdisches Museum, Hohenems

„ZWISCHEN ERLEICHTERUNG

UND VERZWEIFLUNG – DAS

ALLTAGSLEBEN JÜDISCHER

FLÜCHTLINGE IM GASTHAUS

KRONE IN WALD-SCHÖNENGRUND“

Vortrag und Gespräch mit Sabine August M.A., St. Gallen

— Die

#82 | Mai 2023 | 39
Firma blum unterstützt die Berichterstattung über privat initiierte, gemeinnützige Projekte in Vorarlberg.

EINE ZUKUNFT FÜR UNSERE ZUKUNFT.

WIR MACHT’S MÖGLICH.

Bezahlte Anzeige
raiba.at

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.