#78 / Jänner
2023
Unser Wunsch fürs neue Jahr: Möge 2023 zu einem Jahr der Friedensstifter:innen und des Wirgefühls werden!
Geben wir dem Frieden eine Chance!
Illustration: Shutterstock 2,80 Euro davon 1,40 Euro für die Verkäuferin/ den Verkäufer
Liebe LeserInnen
und MitarbeiterInnen der marie, w ir wünschen alles Gute für 2023 und laden Sie ein, mit uns gemeinsam zuversichtlich in dieses neue Jahr zu gehen.
Sudoku
So geht‘s: Füllen Sie die leeren Felder so aus, dass in jeder Reihe, in jeder Spalte und in jedem Block (= 3×3-Unterquadrate) die Ziffern 1 bis 9 genau einmal vorkommen. Viel Spaß!
Offene Kühlschränke
Zu viel eingekauft? Kurzurlaub und ein voller Kühlschrank? Kulinarische Geschenke, die nicht passen bzw. nicht gegessen werden? Abgelaufene Lebensmittel, die aber noch zum Verzehr geeignet sind? Zu viel geerntet? Für all das gibt es jetzt eine Lösung: Nicht wegschmeißen oder vergammeln lassen, sondern alles einpacken und in einen der offenen Kühlschränke bringen. Zu lange gearbeitet? Keine Zeit oder Lust zum Einkaufen gehabt? Überraschende Gäste und nichts zu Hause zum Essen? Keine Jause dabei? Die Lösung: Bei einem der Standorte vorbei gehen und schauen, was es im Offenen Kühlschrank gibt.
Bludenz: Franziskanerkloster, Kapuzinerstraße 2, Mo bis Sa von 7 bis 18 h
Bregenz: Miles Diner Bregenz, Inselstraße 5, Mo & Di 12 bis 14 h und 17.30 bis 21 h, Fr & Sa 12 bis 21 h, So 12 bis 15 h, Mi & Do geschlossen!
Dornbirn: Stadtbibliothek Dornbirn, Schulgasse 44 a, Di bis Fr 10 bis 18 h, Sa 10 bis 16 h
Familienzentrum Treffpunkt an der Ach, Höchsterstraße 30, Mo bis Fr 7 bis 19 h, Sa, 8 bis 12 h
Kolpinghaus, Jahngasse 20, täglich geöffnet von 7 bis 20 h
Rohrbach 37 (beim Pfarrheim), täglich von 8 bis 20 h
Egg: Ärztehaus „Praxis in der Gerbe“, Gerbe 841, täglich zu den Ordinationszeiten
Götzis: KAB Götzis, Am Bach 3, Mo bis Do 8.30 bis 12 h
Hard: Uferstraße 18, Di und Do von 18.30 bis 19.30 h bei der Ausgabe des Projekts Harder Körble
Hohenems: iQ solution Elektrotechnik und fairplace Vorarlberg, Fischerweg 1, Mo bis Do 9 bis 12 h und 13 bis 15 h
Lochau: Brockenhaus, Landstraße 24, Di bis Fr 9 bis 12 h und 14 bis 18 h, Sa 9 bis 12 h
Mäder: Betreubares Wohnen, Brühl 3, Mo bis So von 7.30 bis 20 h
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Manahl Metallbau GmbH 6700 Bludenz-Bings
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Inhalt
2 Sudoku, Offener Kühlschrank
4-7 Auf ins neue Jahr!
So beurteilen Jugendliche das vergangene Jahr und das erhoffen sie sich für die Zukunft
7 Impressum
8-10 Unsexy, aber demokratisch
Millionenerbin Marlene Engelhorn (30) fordert einen öffentlichen Diskurs zum Thema Verteilungsgerechtigkeit
11-13 Auch das ist Leben
Achtsamkeitstrainer Steve Heitzer erklärt, warum Störungen der Stoff unseres Lebens sind
14-15 Schwer zu finden
Über die Suche nach der Stille
16-17 „Jetzt weiß ich, wofür ich kämpfe“ marie-Verkäufer Godgift hofft nach sieben Jahren endlich auf ein Bleiberecht in Österreich
17 Repaircafés
18-20 Kleines König:innenreich
Zu Besuch in der Tagesbetreuung „Kinderkönig“ in Feldkirch
21 Rezept aus Dans Probelokal
Tomatensuppe, die auch einen tristen Jänner erhellt
22-24 Ein Stück Westafrika im Alpenland
Wie Musiker Prince Moussa Cissokho Grenzen überquert
25 Rechenrätsel, Schachecke
26-29 Die vergessenen Sklaven der Geschichte
Über das dunkle Kapitel der Roma-Sklaverei
30-31 Veranstaltungskalender
31 Rätsellösungen
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser!
Wie viel hätte ich sein können und war es nicht? Wie viel könnte ich noch sein und bin es nicht? Die Worte der wunderbaren nicaraguanischen Schriftstellerin Gioconda Belli regen an, über Rollen und Aufgaben, Wünsche und Sehnsüchte nachzudenken. Ganz besonders zum Jahreswechsel, wenn sich Momente der Innenschau auftun. Vielleicht weniger im Sinne von Selbstoptimierung und leistungsgetriebener Vorsätze, sondern als Spurensuche im Innen. All dem Aufmerksamkeit zu schenken, was man noch sein könnte, muss nicht zwingend eine Hundertachtzig-Grad-Wendung mit sich bringen. Man könnte sich auch einfach auf das „Noch“ konzentrieren. Und möglicherweise bedingt das „Noch“ ja auch ein „Weniger“. Ein bisschen weniger von dem, was sich schon lange als Bürde anfühlt. Hin zu dem, woraus man noch schöpfen kann. Was versteckt sich schlummernd oder gar verängstigt in meinen Seelentiefen? Wie viel Ungelebtes will endlich hinaus in die Welt, was haftet an mir und blockiert, welchem Ruf möchte ich Gehör schenken? Diese erste Ausgabe des neuen Jahres erzählt von Menschen, die sich diesen Fragen gestellt haben. Marlene beispielsweise möchte sich der Rückverteilung ihres Millionenerbes widmen, Moussa musikalisch Kontinente verbinden und Steve den Schmerz mit guten Momenten. Solvor und Maria haben sich vorgenommen, Licht in die Geschichte der Roma-Sklaverei zu bringen, Godgift wird mehr denn je für seine Existenz in Österreich kämpfen und der Kinderkönig für Orte der Geborgenheit. Während ich zwischendurch die Stille suche.
Wie gesagt, nicht immer geht es um die großen Würfe. Wie viel man noch sein könnte lässt sich manchmal in leisen Stimmungen und ersten kleinen Schritten erahnen: in einer Kindheitserinnerung, die uns an einen heilsamen Ort zurückkehren lässt. In einer Stunde Ehrenamt, die uns zufrieden macht. Oder in einer Entscheidung, die mit Gewohnheiten bricht. Ein überraschendes Ja hier, ein mutiges Nein dort. Man bringt das Leben damit zu, das Sein zu wagen. So wahr, so schön, so Gioconda Belli. Sich ausprobieren also und dabei offen und sich selbst gegenüber milde bleiben. Hat vielleicht doch das Zeug für einen Vorsatz? Ob mit oder ohne, starten Sie gut ins neue Jahr, behalten Sie trotz allem, was gerade schwierig ist, die Auswege und Lösungen im Blick und vor allem auch sich selbst.
Kontaktieren Sie uns
Sie haben Anregungen, Wünsche oder Beschwerden? Dann schreiben Sie uns doch einfach. marie – Die Vorarlberger Straßenzeitung, Graf-Maximilian-Straße 18, 6845 Hohenems. E-Mail: redaktion@mariestrassenzeitung.at oder Sie rufen uns an unter 0677/61538640. Internet: www.marie-strassenzeitung.at. Wir freuen uns über Ihre Zuschriften!
marie ist Mitglied im Weltverband der Straßenzeitungen. www.insp.ngo
#78 | Jänner 2023 | 3
Ihre Simone Fürnschuß-Hofer, Redakteurin
Die nächste marie erscheint am 30. Jänner.
Auf ins neue Jahr!
An der Schwelle zu einem neuen Jahr blickt man nach vorne – aber auch zurück. Die marie hat sich unter den Schülerinnen und Schülern der Klasse P6 der Polytechnischen Schule in Bludenz umgehört. Wie beurteilten die Mädchen und Buben ihr Befinden im vergangenen Jahr? Was wünschen und erhoffen sie sich in der Zukunft?
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend)
Ich persönlich würde dem vergangenen Jahr eine 3 geben. Es gab viele Höhen und Tiefen, aber wenn ich daran zurückdenke, war das alles nicht so schlimm.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Ist schwer zu sagen, aber die Familie gehört dazu.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Mein Vorbild ist Cristiano Ronaldo. Er hat seine Karriere als armer portugiesischer Bub angefangen und als Legende beendet. Ich finde es einfach krass, was er alles erreicht hat.
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Dass sie uns Jugendliche mehr respektieren.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Dass ich alles im Leben erreiche, was ich mir vorgenommen habe.
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend)
2. Es war gut, aber auch schlecht.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Menschen in meinem Umfeld zu haben, die mir gut tun. Zum Glücklichsein kann auch Geld nützlich sein.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Neymar Jr.. Er musste viel erleben und hat trotzdem alles gemeistert.
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen? Eigentlich nichts. Meistens tun Erwachsene das, was uns in der Zukunft weiter helfen soll.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Einen guten Job in der Zukunft zu haben.
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend)
Ich würde meinem vergangenen Jahr eine 2 geben, da es ein sehr lustiges Jahr war.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Glück bedeutet für mich Frieden, Gesundheit und Familie.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Mein Vorbild ist meine Oma, weil sie genau so ist, wie ich später einmal werden will.
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Dass man uns mehr Rücksicht und Unterstützung gibt.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Dass ich in meine Traumschule aufgenommen werde oder in einer guten Firma arbeite – und in der Schule gute Noten bekomme.
4 | Mittendrin in V
Umfrage von: Gerhard Thoma Fotos: SchülerInnen der P6
Andjelina Annalena Berra
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend)
2 bis 3. Im vergangenen Jahr ist viel passiert, die Zeit ist sehr schnell vergangen. Ich vermisse die Menschen, die ich verloren habe, aber ich bin dankbar für jeden Moment mit ihnen.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Freunde und Familie zu haben, die mich glücklich machen. „Glück“ bedeutet für mich auch, alles, was ich brauche, zu haben und dankbar zu sein für alles.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Ich habe kein richtiges Vorbild.
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Dass sie ihren Kindern nicht zu viel verbieten. Und ich wünsche mir, dass sie für uns da sind.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Dass meine Familie und meine Freunde gesund bleiben und dass ich noch ein tolles und erfolgreiches Leben haben werde.
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend)
Mit einer 3 bis 4.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Für mich sind meine Familie, meine Gesundheit und dass wir ein Haus haben, in dem wir leben können, das größte Glück.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Mein größtes Vorbild ist meine Mama. Sie ist immer für mich da, hat alles gegeben, damit es mir gut geht und hat oft selbst zurückgesteckt. Egal, wenn ich etwas brauche, ist sie für mich da!
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen? Mehr Verständnis für die Jugendlichen.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Ich wünsche mir sehr, eine Lehrstelle in einem Beruf zu finden, der mir Spaß macht und mir gefällt.
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend) 2
Was bedeutet für dich „Glück“? Meine Freunde.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Mein Opa, weil er ein toller Mensch war!
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen? Mehr Vertrauen in Jugendliche.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Ich wünsche mir, dass ich in meinem Traumberuf arbeiten kann sowie viel Gesundheit für meine Familie.
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend)
Ich würde eine 3 geben. Es ging mal bergauf, mal bergab. Schlussendlich war es aber ein relativ gutes Jahr.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Familie und Freunde.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Mein Vorbild ist Elif Demirezer, eine deutsche Musikerin mit türkischen Wurzeln. Sie hatte viele negative Erlebnisse zu verkraften, hat jedoch immer weiter gemacht und nie aufgegeben.
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Ich wünsche mir von den Erwachsenen, dass sie uns Jugendlichen mehr Respekt zeigen. Ja, die heutige Jugend ist ein wenig „anders“, aber man muss sie nicht gleich schlechtreden.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Dass ich meine Ziele erreiche und meine Träume in Erfüllung gehen – und dass ich mit Musik anfangen kann.
#78 | Jänner 2023 | 5
>>
Kim Enya Laura Leon
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend) 3.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Wenn ich Zeit für mich und keine Verpflichtungen habe.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Meine Schwester, weil sie ihr Leben ziemlich im Griff hat!
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Dass sie nicht immer zu viel von uns erwarten und uns dadurch stressen.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Einen guten Job zu haben.
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend)
Ich würde sagen 2 bis 3. Ich hatte 2022 viele Hochs und Tiefs, habe liebe Menschen verloren, aber auch neue kennen gelernt.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Zeit mit Familie und Freunden verbringen.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Meine Eltern!
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Dass sie uns mehr ernst nehmen und uns mehr zuhören.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Ich wünsche mir, dass ich eine gute Zukunft habe und dass es meiner Familie gut geht.
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend) 3
Was bedeutet für dich „Glück“?
Meine Freunde und meine Familie.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Meine Klassenkameradin
Laura, weil sie eine positive Lebenseinstellung hat.
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass sie mehr Vertrauen in Jugendliche haben.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Ich wünsche mir S. M. zurück.
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend)
Eine 2, weil mir nicht wirklich etwas passiert ist.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Meine Ziele im Leben zu erreichen.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Basically homeless – Nicholas Nik Zetta
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Dass sie in allem etwas ehrlicher mit uns sind.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Mein Wunsch ist, in meinem Leben etwas zu erreichen.
6 |
Mittendrin in V
Früh übt sich, was ein Meister werden will.
Schwefelbadstr. 6 6845 Hohenems T 0 55 76- 42 710 www.tectum.cc
F.
Schiller
Sozial wird der Mensch, weil er sich selbst im anderen sucht.
K. Kraus
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Madeleine
Leonie Maja Michael
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend) Sehr gut
Was bedeutet für dich „Glück“?
Wenn etwas passiert, das positiv für mich ist.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Ich mag Luciano, weil mir seine Musik sehr gut gefällt.
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Dass sie uns Jugendliche besser verstehen.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Ich wünsche mir, dass ich im Leben erfolgreich bin.
Wie würdest du das vergangene Jahr beurteilen?
(von 1 = sehr gut bis 5 = nicht genügend) 3.
Was bedeutet für dich „Glück“?
Ein Glückstreffer wäre, auf der Straße einen 10-Euro-Schein zu finden.
Hast du ein Vorbild? Wenn ja, wen? Nein.
Was würdest du dir von Erwachsenen (mehr) wünschen?
Sagen wir mal so: Mit etwas mehr Taschengeld wäre mir sehr geholfen.
Welcher Wunsch soll für dich in Erfüllung gehen?
Einen Beruf zu haben, der mir gefällt und in dem ich gut verdienen kann.
Impressum
Grundlegende Richtung
Die Straßenzeitung marie versteht sich als Sprachrohr für die Anliegen von Randgruppen unserer Gesellschaft. marie ist ein Angebot zur Selbsthilfe für Menschen an oder unter der Armutsgrenze, die ihren Lebensmittelpunkt in Vorarlberg haben. Ziel ist die Förderung des Miteinanders von Menschen am Rande der Gesellschaft und der Mehrheitsgesellschaft. Die Hälfte des Verkaufspreises von 2,80 Euro verbleibt den Verkäufern. marie ist ein parteiunabhängiges, soziales und nicht auf Gewinn ausgerichtetes Projekt.
Redaktion
marie – Die Vorarlberger Straßenzeitung, Graf-Maximilian-Straße 18, 6845 Hohenems, Telefon: 0677 61538640, eMail: redaktion@marie-strassenzeitung.at, Internet: www.marie-strassenzeitung.at
Redaktion: Frank Andres, Simone Fürnschuß-Hofer
MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Florian Gucher, Guntram Gärtner, Christine Mennel, Daniel Mutschlechner, Petra Rainer, Brigitta Soraperra, Gerhard
Thoma
Zeitungsausgabestellen:
Dornbirn: Kaplan Bonetti Sozialwerke, Kaplan-Bonetti-Straße 1, Montag, Mittwoch und Freitag von 8 bis 9 Uhr
Bregenz: dowas, Sandgrubenweg 4, Montag und Donnerstag 8.30 bis 10.30 h
Feldkirch: Caritas-Café, Wohlwendstraße 1, Montag bis Freitag 8.30 bis 14 h
Bludenz: do it yourself, Kasernplatz 5-7/3b, Montag und Mittwoch 14 bis 16 h
Anzeigen
Kontakt: anzeigen@marie-strassenzeitung.at
Medieninhaber und He rausgeber
Verein zur Förderung einer Straßenzeitung in Vorarlberg, ZVR-Zahl 359044778, 6833 Klaus
eMail: redaktion@marie-strassenzeitung.at Vorstand
Frank Andres, Obmann
Christina Vaccaro, Obmann-Stellvertreterin, Schriftführerin
Oliver Mössinger, Kassier
Druck: Russmedia Verlag GmbH, Schwarzach
Auflage: 15.000 Exemplare, Erscheinungsweise monatlich Layout/DTP/Bildbearbeitung
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#78 | Jänner 2023 | 7
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Nawin Sadettin
STEUERN SIND UNSEXY – ABER DEMOKRATISCH“
Entgegen der von Vermögenden gern gepflegten Angewohnheit, nicht über Geld zu sprechen, macht die zukünftige Multimillionärin Marlene Engelhorn genau das. Sie setzt sich für ein gerechteres Besteuerungssystem ein, das Menschen wie sie wieder in die Finanzierung des Sozialstaates einbinden würde. Seit sie weiß, dass sie einmal einen zweistelligen Millionenbetrag erben wird, beschäftigt die junge Wienerin das Thema Geld und mittlerweile hat sie auch ein Buch dazu geschrieben –„ein lautes Nachdenken darüber, was mein persönliches Erbe für mich und für unser gesellschaftliches Miteinander bedeutet“. Hineingeboren in eine überreiche Familie habe sie ihr Vermögen, das sie einmal erben wird, nicht durch Arbeit aufgebaut. Auf diese Ungerechtigkeit hinzuweisen, wird sie nicht müde: „Es ist aber nicht nur ein privates Problem, sondern ein öffentliches. Man würde ja auch nicht einfach irgendeiner Person soviel Geld auf gut Glück zusprechen. Aber genau das passiert bei Erbschaften. Ich habe weder eine besondere Finanzkompetenz noch eine politische Kompetenz, aber beides wird Überreichen in unserer Gesellschaft ganz selbstverständlich zugesprochen“, sagt sie im Interview von „Vorarlberg live“ bei ihrem Besuch in Vorarlberg vergangenen Herbst. Wer mehr Geld habe, bekomme automatisch mehr Macht, mehr gesellschaftliche Mitsprache und einen leichteren Zugang zu Bildung und Privilegien. Und weil das in den Augen von Engelhorn zutiefst undemokratisch ist, möchte sie mit ihren Auftritten „ihre private Betroffenheit zu dem öffentlichen Problem machen, das uns alle
Die Millionenerbin Marlene Engelhorn (30) fordert einen öffentlichen Diskurs zum Thema Verteilungsgerechtigkeit und hat gemeinsam mit Gleichgesinnten die Initiative „taxmenow“ gegründet. Sie ist überzeugt: So lange ein Geldvermögen wie das ihre nicht besteuert wird, schadet dies dem gesellschaftlichen Miteinander und unserer Demokratie.
8 | Mittendrin in V
Text: Brigitta Soraperra
Foto: Lorena Sendic Silvera
„
„ES IST NICHT NUR EIN PRIVATES PROBLEM, SONDERN EIN ÖFFENTLICHES. MAN WÜRDE
JA AUCH NICHT EINFACH IRGENDEINER PERSON SOVIEL GELD AUF GUT GLÜCK ZUSPRECHEN. ABER GENAU DAS PASSIERT BEI ERBSCHAFTEN. ICH HABE WEDER EINE BESONDERE FINANZKOMPETENZ NOCH
EINE POLITISCHE KOMPETENZ, ABER BEIDES WIRD ÜBERREICHEN IN UNSERER GESELLSCHAFT GANZ SELBSTVERSTÄNDLICH ZUGESPROCHEN.“
betrifft“. Das Gewicht einer Stimme dürfe in einer Demokratie nicht ans Konto geknüpft sein, schreibt sie auch in ihrem Buch und führt weiter aus: „Eigentlich sollte ein Mensch in einer Demokratie weder arm noch überreich sein, weil beides unverdient ist“.
Mythos Selfmade Millionär
Wir würden alle von falschen Selbstverständlichkeiten ausgehen, klärt Marlene Engelhorn auf. Eine davon laute, dass „Geld arbeite“ und sich deshalb wundersamerweise selbst vermehren könne. „Zu meiner Geldgeschichte gehört, dass Anteile an einen Fonds übertragen werden und auf ein Depot statt auf ein Girokonto wandern, weil angelegtes Geld eine eigene Sorte Konto hat“, schreibt sie, deshalb sehe sie auch nicht, „wer in welchem Unternehmen zu welchen Bedingungen dafür arbeitet, dass ich Geld habe, das einfach mehr wird“. Die zweite Fehlannahme ist der Mythos vom „Selfmade Millionär“, dass also eine Person oder ein:e Unternehmer:in alles „alleine“ erschaffen habe. Dazu brauche es vielmehr immer auch Angestellte, die das Vermögen erarbeiten. Diese wiederum müssten zu ihrem Arbeitsplatz kommen, es brauche also eine Verkehrsinfrastruktur, die öffentlich finanziert ist. „Auch die Ausbildung dieser Menschen ist öffentlich finanziert, und wenn sie krank sind, gehen sie in öffentliche Spitäler. Oder nehmen wir die Grundlagenforschung, die Innovationen ermöglicht, auch sie wird öffentlich finanziert.“ Ganz viele Dinge tragen also dazu bei, dass manche Menschen einen besonderen Gewinn machen können, gibt Engelhorn in ihren Wortmeldungen immer wieder zu bedenken. Fakt sei aber, dass diese Menschen, die am meisten von unserem Sozial- und Wirtschaftssystem profitieren, am wenigsten in dieses einzahlen, denn Österreich ist eines der wenigen Industrieländer, die Vermögen nicht besteuern.
Neu- bzw. Rückverteilung
„In meinen Augen muss man zwingend wieder zurückverteilen in die Gesellschaft, aus der das Ganze kommt“, so Engelhorn. „Wir leben in einer Demokratie und das muss sich auch im Vermögen niederschlagen respektive in dessen Verteilung.“ Es könne nicht sein, dass in Österreich ein Prozent der Bevölkerung über 50 Prozent des Vermögens verfüge, während über 1,2 Millionen Menschen an der Armutsgrenze leben – oder auch darunter. In ihrem Buch heißt es dazu: „Finanzielle Ungleichheit ist systemisch“, denn „privater Überreichtum ist strukturell an kollektives Prekariat und Armut gebunden“, sprich, es gibt Armut, weil es Überreichtum gibt – und umgekehrt. Diese finanzielle Ungleichheit ist unter den europäischen Ländern in Österreich mit am Größten. Dabei wäre genug Geld vorhanden, um allen Menschen Wohlstand und ein gutes Leben zu ermöglichen, ist Engelhorn überzeugt, und ihre Aussagen decken sich mit den Berechnungen des österreichischen Wirtschaftsexperten Markus Marterbauer (siehe Buchtipp).
Weil aber reiche Menschen freiwillig nur bedingt bereit seien zu teilen, brauche es staatliche Regulatorien, erklärt die junge Buchautorin. Und zwar nicht solche, die zur „Steueroptimierung“ Geld aus dem System hinausbefördern, um es über staatliche Grenzen hinweg auf Offshore-Konten zu deponieren, sondern solche, die es in den gesellschaftlichen Kreislauf zurückbringen.
„In der Demokratie ist das Modell in Wahrheit ja schon da: Die Steuerpolitik ist das demokratische Umverteilungsmittel. Auch wenn es nicht perfekt ist, kann es verhindern, dass soziale Ungerechtigkeit weiterbesteht und vorhandene Machtstrukturen gefestigt werden. Steuern sind zwar wahnsinnig unsexy, aber demokratisch“, bringt es Engelhorn auf den Punkt. Steuern bildeten die einzige Möglichkeit, Geld so rückzuverteilen, dass es respektvoll in die Gesellschaft gelange, ohne dass wiederum ein unsichtbarer Geldadel über die Verteilung des Geldes entscheide, denn: „Dann tun sie das durch ihre Scheuklappen. Ganz viel wird dann nicht beachtet und nicht gefördert.“ Auch wenn Steuern ein unattraktives Thema seien und „für die Menschen, die sie eh schon zahlen, eine Last“, so sei das für Vermögende nicht so, weil „die zah-
„FAKT IST, DASS MENSCHEN, DIE AM MEISTEN VON UNSEREM SOZIAL- UND WIRTSCHAFTSSYSTEM PROFITIEREN, AM WENIGSTEN IN DIESES EINZAHLEN, DENN ÖSTERREICH IST EINES DER WENIGEN INDUSTRIELÄNDER, DIE VERMÖGEN NICHT BESTEUERN.“
#78 | Jänner 2023 | 9
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len sie ja nicht oder nur ganz wenig.“ Man müsse sich deshalb immer bewusst machen, was Steuern in einem Sozialstaat alles ermöglichen, dass sie beispielsweise den örtlichen Kindergarten, die Schule, die Gerichte, den Rechtsstaat etc. finanzierten.
„Wir müssen dort ansetzen, wie wir über Geld sprechen“, geht Engelhorn der Verteilungsthematik auf den Grund, es brauche ein völlig anderes Verständnis von Geld: „Es ist kein privates Gut, sondern eine öffentliche Ressource, die man teilen kann!“ Denn ohne Öffentlichkeit gäbe es ja gar kein Geld. Wenn wir uns als Gesellschaft vor einigen hundert Jahren nicht darauf geeinigt hätten, dass Metallstücke und bedruckte Papiere als Mittel zur Versorgung über Kauf und Verkauf von Arbeit und Waren Gültigkeit haben, würde unser heutiges Wirtschaftsmodell zusammenbrechen. Es braucht also ein staatliches Gefüge, das Geld zum Tausch ausgibt, und es braucht den beinahe religiösen Glauben an den Wert dieses Geldes, denn reiche Industrieländer produzieren heutzutage Geld, das schon längst nicht mehr durch einen realen Gegenwert gedeckt ist.
Weltmeister werden
„Wir kommen um das Verteilungsthema nicht herum“, ist die junge Millionenerbin überzeugt, „und es auf die lange Bank zu schieben macht die Sache nicht besser.“ In Zeiten von großen globalen Herausforderungen seien wir mehr denn je gezwungen, die Dinge in ihrer komplexen Vielschichtigkeit zu betrachten. „Die aktuellen Krisen zeigen in aller Deutlichkeit, dass wir ein Verteilungsproblem haben, das sich beispielsweise auch auf das Klima negativ auswirkt.“ Deshalb fordert sie: „Wir haben das System gebastelt, wir können es auch verändern.“ Der Sozialstaat helfe tatsächlich und funktioniere auch gut, „wenn man ihn denn unterfüttert mit den Mitteln von allen und nicht nur von 90 Prozent der Bevölkerung.“ Wir könnten beispielhaft voranschreiten, sagt die selbstbewusste Stimme einer neuen Generation, die sich lautstark für Chancengleichheit einsetzt: „Hier könnte Österreich mal wirklich Weltmeister werden.“ Es brauche einzig den politischen Willen für Steuergerechtigkeit: „Das ist das Ziel, dass der gezeigt wird.“
Marlene Engelhorn: Geld
In ihrem 2022 erschienenen Buch „Geld“ hinterfragt Marlene Engelhorn erfrischend unverblümt unser Verhältnis zu Geld und zeigt auf, dass Verteilungsgerechtigkeit unabdingbare Notwendigkeit für Demokratie, Chancengleichheit und ein gutes Leben für alle ist.
Wien: Kremayr & Scheriau, 2022.
ISBN 978-3-218-01327-7
„taxmenow“ ist eine Vereinigung von Reichen und Superreichen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, die sich seit 2021 öffentlich für Steuer- und Verteilungsgerechtigkeit einsetzt. Die Gruppe hofft, dass sich mehr Menschen ihren Forderungen anschließen.
www.taxmenow.eu
Markus Marterbauer und Martin Schürz: Angst und Angstmacherei. Für eine Wirtschaftspolitik, die Hoffnung macht.
In einer Gesellschaft, in der Wenige Milliarden besitzen, darf es keine Armut geben, sagen Wirtschaftsökonom Markus Marterbauer und Psychotherapeut Martin Schürz, und es darf nicht mit Angstmacherei Politik betrieben werden. Ihr gemeinsames Buch ist ein Plädoyer für hohe Mindeststandards in einem besseren Sozialstaat, Löhne, von denen man gut leben kann, und eine Begrenzung des Reichtums. Wien. Paul Zsolnay Verlag, 2022.
ISBN 978-3-552-07311-1
10 | Mittendrin in V
INFOBOX
„DAS GEWICHT EINER STIMME DARF IN EINER DEMOKRATIE NICHT ANS KONTO GEKNÜPFT SEIN.“
Auch das ist Leben
Störungen sind der Stoff unseres Lebens. Im Alltag folgen wir dem Getriebe unserer Erledigungen und Termine, und lassen uns gern von schönen Momenten unterbrechen. Aber auch schmerzhafte Erfahrungen unterbrechen uns. Und sie prüfen unsere Bereitschaft uns einzulassen, wo es weh tut, und loszulassen, wo Widerstand und Kampf zwecklos sind.
Die Geschichte beginnt mit einer Vollbremsung, als ich so richtig Schwung aufgenommen hatte und meine beruflichen Aktivitäten nach diesen schwierigen Jahren endlich wieder Fahrt aufnehmen können. Ich folge der Einladung einer Bekannten in „ihre“ Berghütte, die sie mir gerne als Retreat-Ort anbieten möchte. Die Hütte liegt auf knapp 1900 Meter im Dachsteingebirge, es ist Anfang November, Beginn der Pause zwischen Sommer/Herbst und Wintersaison. Der Ort ist fantastisch, das Berg-Panorama, die Landschaft, die Stille und die Abgeschiedenheit des Hochgebirges sowie die gut ausgestattete Schutzhütte in einer Zeit ohne Tagesgäste lassen die Idee eines mehrtägigen Seminares dort lebendig werden. Doch aus heiterem Himmel sehe ich mich plötzlich der Eskalation einer langjährigen Enddarmerkrankung gegenüber. Zu der schmerzhaften Symptomatik gesellt sich ein Tabuthema, das viele Menschen betrifft, über das man aber nicht gerne spricht.
Ich brauche eigentlich rasch medizinischen Beistand, muss aber zwei Stunden durch den ersten Schnee hinunter ins Tal stapfen – für einen Hubschrauber ist die Situation nicht lebensbedrohlich genug. Im Tal steige ich noch für fünf Stunden in den Zug, bis ich endlich zuhause bin, aber keine Energie mehr habe, einen Arzt bzw. die Ambulanz unseres Krankenhauses aufzusuchen. Erst am nächsten Tag lande ich endlich dort, wo mir geholfen werden kann, und es beginnt eine Zeit von äußerst schmerzhaften Eingriffen und Ausnahmesituationen, die mich für drei Wochen jäh aus Alltag, Plänen und Ideen und aus der schönen Energie des Aufschwungs herausreißen. Gleichzeitig geht diese Zeit neben mühsamen auch mit wertvollen Momenten einher.
Widerstand zwecklos
„Störungen haben Vorrang“ – so ein berühmter Satz von Ruth Cohn. Störungen nehmen sich Vorrang. Und unsere automatische Reaktion ist meist innerer Widerstand oder gar Kampf. Doch bei gesundheitlichen Schwierigkeiten ist
das ungefähr so sinnvoll, wie in der Schlange vor einer roten Ampel auf die Hupe zu drücken. Ich wusste noch nicht, wie das alles ausgehen würde, und es bereitete mir buchstäblich Kopfzerbrechen. Als ich schließlich wie ein Häufchen Elend auf der Pritsche der chirurgischen Ambulanz und unter den Augen einer ganzen Versammlung des medizinischen Personals landete und buchstäblich die Hose runterlassen musste, war das Leiden schon so groß, dass ich nur noch dankbar war, hier endlich Aussicht auf Hilfe zu haben. Ich wusste noch nicht, wie schmerzhaft der Eingriff sein würde und dass auf dem Weg zur endgültigen Therapie noch Wochen vergehen und mehrere solche Eingriffe folgen würden – auf die man noch dazu vielleicht hätte verzichten können, wenn ich gleich einen Termin bei einer Spezialistin bekommen hätte. Zum Glück wusste ich nicht, was folgen würde! Gleichzeitig machte ich immer wieder die erstaunliche Erfahrung, mich einlassen zu können – auf die Situation, den heftigen Schmerz und im Laufe der Tage und Wochen mehr und mehr auf dieses Mantra der Achtsamkeitspraxis, das Jon Kabat Zinn „Moment für Moment für Moment“ nennt. Die massive Störung hatte mich ins Hier und Jetzt gezwungen – mehr als es die Übung der Meditation je geschafft hätte. Ankommen war meine Übung, und sie gelang mir, gerade durch die erzwungene Vollbremsung.
Bei mehrtägigen Meditations-Retreats haben wir es oft auch mit Schmerzen zu tun – sei es aufgrund des längeren Sitzens oder auch weil schmerzhafte Erfahrungen aus der Tiefe auftauchen, die sich mitunter auch in körperlichen Beschwerden ausdrücken. Im Umgang mit körperlichen Schmerzen oder Unwohlsein finden wir sowohl in der christlichen Kontemplation wie in der buddhistisch inspirierten Meditationspraxis den Hinweis, dem Schmerz innerlich nicht zu widerstehen, sondern ihn anzunehmen, ja seine Energie sogar zu nützen, um aus der Beschäftigung mit Gedanken heraus und in den gegenwärtigen Moment zu finden. Schmerz ist auch hier keine Störung, sondern einer der Wege, sich dem, was sich zeigt, zu öffnen und das, was geschieht, wahrzunehmen, >>
#78 | Jänner 2023 | 11
Text: Steve Heitzer, Foto: Sebastian Schieder
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„Wenn die Dinge im Wanken sind und nicht mehr funktionieren, erkennen wir vielleicht, dass wir an etwas nah dran sind. Wir erkennen vielleicht, dass das ein sehr verletzlicher und zärtlicher Ort ist, und dass diese Zartheit und Verletzlichkeit in zwei Richtungen gehen kann. Wir können zumachen, uns verschließen und grollen oder diese pochende Qualität berühren und mit ihr in Kontakt treten.“
aus: „When Things Fall Apart“ [Wenn alles zusammenbricht], Pema Chödrön (eigene Übersetzung).
anzunehmen und loszulassen, immer wieder neu. Innerer Widerstand oder Kampf führen nur zu noch mehr Leid. Eine geschlagene Stunde mit vielen anderen Patient:innen auf eine Anästhesie-Aufklärung warten, ist kein Problem, wenn ich ohnehin völlig aus allen Plänen und dem Getriebe des Alltags geworfen bin. Wo es um die eigene Gesundheit und die körperliche Integrität geht, wird alles andere nebensächlich und ich kann mich über die kleinen Dinge ganz anders freuen: Essen, die Natur (die mächtigen Berge aus den Fenstern des Krankenhauses in meiner Tiroler Heimat), ein paar Schritte gehen, ja eine schlichte Gehmeditation im langen Flur, anstatt ungeduldig darauf zu warten, endlich aufgerufen zu werden. Bei aller Reduktion machte sich Dankbarkeit für das breit, was gerade möglich war und für das, was uns sonst zu selbstverständlich scheint.
Leiden verbindet
Schmerz und Leid können uns verhärten, und sie können uns weich machen. Wenn „das Schicksal zuschlägt“ führt es dazu, dass Menschen verzweifeln, verbittern, verhärmen. Andere Menschen finden Wege, sich darauf einzulassen, ihr „Schicksal“ anzunehmen, ihr Kreuz zu tragen. Wir kennen alle Menschen, deren Leben aus welchen Gründen auch immer in die eine oder in die andere Richtung gehen. Die kleinen und großen Held:innen in der Geschichte der Menschheit sind heute neben den vielen unbekannten Menschen jene mit „großem Namen“ wie Nelson Mandela, Etty Hillesum, aber auch Wissenschaftler wie Stephen Hawking, den seine Krankheit nicht daran hinderte, bahnbrechende Erkenntnisse der Physik zu erlangen, aber vielleicht noch viel wichtiger: glücklich zu werden. Trotz seiner fortschreitenden Einschränkungen, die ihn an den Rollstuhl fesselte und nur noch mit Computerstimme kommunizieren ließ. Bei mir war das natürlich weit weit weg von solchen Schicksalsschlägen, aber wir können mit „kleineren“ Gebrechen und Erkrankungen anfangen und üben, Erfahrungen machen, in die eine oder andere Richtung, zwischen Verzweiflung und Annahme, zwischen Verhärtung und der Erfahrung, dass Schmerz unsere Herzen öffnet – für andere und für uns selbst.
Als mich die medizinischen Eingriffe punktuell extrem forderten – auch weil es nicht möglich war oder nicht gelang, die damit verbundenen Schmerzen zu lin-
dern – war ich immer wieder überrascht, wie Schmerzen, die mich zu überwältigen drohten, nicht in Widerstand oder Kampf oder gar in Aggression mündeten, sondern mich völlig weich spülten. In meinem Herzen stieg große Dankbarkeit und Verbundenheit mit diesen oft noch jungen Menschen im medizinischen Personal auf, für ihren Dienst, ihre Bereitschaft, sich auf solche auch für sie unangenehmen Momente einzulassen, professionell und zugleich menschlich und mitfühlend zu sein.
Dabei waren die Schmerzen selbst gar nicht das Schlimmste, sondern das Nicht-Weiter-Wissen. Als ich beim zweiten chirurgischen Eingriff die Ambulanz der Klinik verließ, fühlte ich mich so elend wie mein ganzes Leben zuvor noch nicht. Zum einen war ich körperlich am Ende meiner Kräfte, zum anderen wusste ich nicht, wie ich nun zuhause damit zurecht kommen sollte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ich wieder auf der „Folterbank“ landete. Sobald wir ernste Schwierigkeiten mit einem der basics der Körperfunktionen haben (bei mir die Ausscheidung), sind wir auf existenzielle Sorgen zurückgeworfen. Aber auch und gerade diese Erfahrung ließ mich innerlich Kontakt aufnehmen mit all den vielen Menschen auf der Erde, die verzweifelt sind.
Auch zuhause flossen und fließen noch immer plötzlich Tränen, die so lange nicht fließen konnten. Nicht so sehr aufgrund der Schmerzen, sondern zuerst aufgrund der Hilflosigkeit, eines gewissen Kontrollverlusts, der Aussichtslosigkeit – viele Tage lang war für mich nicht klar, was hier wirklich vor sich ging, was ich tun konnte und wohin die Reise gehen sollte. Und ich fühlte plötzlich von Herzen diese Verbundenheit mit all den Menschen, die leiden auf dieser Erde; ihr Schmerz und ihre Aussichtslosigkeit, ihre Hoffnungslosigkeit war nun für solche Momente auch meine. Schmerz und Leid verbinden. Horizontal zu aller leidenden Kreatur und zum Großen Ganzen, zur Vertikalen, zu dem, was Menschen Gott oder göttlich nennen. Mein Atmen verband sich als Gebet mit dem Namen Jesu, beim medizinischen Eingriff wie auch nachts, wenn ich ruhelos im Bett lag und mit jedem Schritt, den ich als Gehmeditation im Flur des Krankenhauses tat.
Aber die Tränen flossen auch aus der Verbindung zu meinen Lieben, mit meiner Frau, meinen Kindern, meinen Eltern, meinen Geschwistern. Auf dem tiefsten Grund dessen angekommen, was Leben auch ist, ström-
12 | Mittendrin in V
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te Dankbarkeit und Liebe zu denen hin, die mein Herz am meisten berührten und denen ich das Leben in Fülle verdankte.
Unglück umschmieden
Wenn Krankheit und andere unvorhersehbare Dinge unseren Alltag durchkreuzen, sind wir eingeladen, sie nicht als Störungen zu bekämpfen sowie die Fragilität unseres irdischen Daseins und die Boten unserer Endlichkeit nicht als Unfälle des Lebens zu brandmarken, sondern als Teil seines Geheimnisses.
Leben ist eben auch, was uns passiert, während wir uns andere Pläne machen (John Lennon). Achtsamkeit und Mystik rufen uns zu, – wie jede ernsthafte spirituelle Tradition – uns auf Dinge, die wir nicht (schnell) ändern können, einzulassen, ganz einzulassen; selbst wenn wir am liebsten davonlaufen würden. Auch Störungen sind Stoff unseres Lebens. Denn wir sind eben nicht nur unseres Glückes Schmied, sondern können auch Unglück, Schmerz und Leid im Feuer des Gewahrseins zu Momenten gegenwärtigen Lebens schmieden.
Wenn es ans Eingemachte geht, wenn ich mir nicht mehr selbst helfen, kaum sitzen, nicht beten, nicht meditieren, ich mich vor Schmerzen kaum bewegen kann, wenn dieser Tag nicht mehr zu bieten hat als diese paar Schritte oder den Blick auf die gewaltigen Berge, dann sei das für heute mein Gebet. Und wenn ich inmitten all der geschäftigen Menschen gerade nichts beitragen, nichts mehr leisten kann, als hier zu liegen und mich elend zu fühlen, dann möge mein Stöhnen, meine Verunsicherung und meine Verzweiflung mein Gebet sein … … und mit den wunderbaren Worten der zeitgenössischen Mystikerin Giannina Wedde beantwortet werden, die am Ende ihres Textes „Auch das ist Leben“ formuliert:
„Auch das. Auch das ist Leben, dass du dich selbst nicht kennst an manchen Tagen. Dass du überrascht wirst von einer Krankheit deines Körpers, der eben noch unverwundbar schien ... ich wünsche dir, dass du geduldig bist in all diesen Dingen, dass du dich nicht an die Hoffnung auf einen fernen Tag verschwendest, an dem alle losen Fäden verknüpft und alle Stürme gestillt werden. […] Stets möge der Segen dich finden, der aus der Herzmitte alles Irdischen aufsteigt und sagt: Auch das ist Leben.
DIE NÄCHSTEN TERMINE
* Unsere Kinder, unsere Kinder, unsere Kinder ... und wir selbst? 3 Abende für Eltern und Pädagog:innen, 17., 24., 31. Jänner 2023, 19:30 - 21:30 Uhr voraussichtlich im Seminarhaus Götzis, Flurgasse 6.
* Workshop-Reihen „Nett war gestern“ in Hard und Bezau; in Zusammenarbeit mit dem Wirkungsraum in Hard und Vorarlberger Familienverband
* auf Anfrage: Team-Fortbildungen für pädagogische Einrichtungen, Elternabende bzw. Vorträge in Kooperation mit der Elternbildung Vorarlberg Infos und Anmeldung: steveheitzer.at, steve@steveheitzer.at
#78 | Jänner 2023 | 13
Steve Heitzer, wohnhaft in Tirol, bietet Kurse und Workshops zu den Themen Achtsamkeit, Pädagogik und Spiritualität an – regelmäßig auch in Vorarlberg.
STILLE
Wie heilsam sich Stille auf die Seele legen kann, welche Wandlungskraft in ihr wohnt und wie schwer sie doch zu finden ist.
14 | Mittendrin in V
Text: Simone Fürnschuß-Hofer, Foto: Thomas Dür
Es ist bereits ein paar Jahre her, ich erinnere mich gut an diesen einen, sehr besonderen Moment. Ich stapfte durch den Tiefschnee den Berg hinauf, den Rucksack geschultert und einen Korb voller Lebensmittel abwechselnd mal links mal rechts in der Armbeuge baumelnd. Ich hatte erst ein paar Höhenmeter geschafft und rang bereits nach Atem. Die Luft war schneidend kalt und brannte in der Lunge. Im Bergwärtsgehen war ich noch nie eine Heldin gewesen. Erschwerend kam hinzu, dass mich jeder Schritt einen halben Meter im Schnee versinken ließ. Eigentlich ein wunderbares Naturerlebnis, aber gedanklich war ich noch in den mühsamen Stunden zuvor verhaftet. Ich wollte und konnte mich nicht einlassen. Ein anstrengender, Stress beladener Tag lag hinter mir, wieder einmal waren wir viel später als geplant aufgebrochen, dorthin, wo wir mit unseren drei Kindern eine Woche Winterferien verbringen wollten. Ein Privileg, natürlich. Ein großes. Und doch. Da stimmte etwas nicht. ICH war nicht gestimmt, meine Laune im Keller. Die letzten Wochen hatten sich einfach zu intensiv, zu belastend angefühlt. Ich schalt mich für meine Wehleidigkeit. Aber das Zuviel ließ sich nicht so einfach abschütteln. Und vor allem nicht einfach so.
Die Dämmerung war bereits in die Dunkelheit der Nacht übergegangen, der Mond gab ein wenig Licht ab. Es reichte gerade, sich nicht in der Nachtschwere zu verlieren. Unterwegs zu unserer gebuchten Berghütte, abseits der Straße, wenngleich auch nur einen überschaubaren Fußmarsch einen Hügel hinauf, überkamen mich Zweifel. War es das wert? Die Packerei, der Großeinkauf, die viele Arbeit, die zuhause liegen blieb, die gestohlene Zeit, die ich für diese Ferienwoche eigentlich gar nicht hatte? Das schlechte Gewissen verengte den Brustraum zusätzlich. Und erstickte jede Vorfreude im Keim. Auch die Aussicht auf Schneeflocken und Hüttenzauber konnte meinem Missmut nur wenig entgegensetzen. Irgendwo zog es ja doch immer zu einem Fenster herein. Ein Badezimmer ohne Heizung. All die Jagdtrophäen und ausgestopften Tiere an den Wänden. Am Morgen nur Filterkaffee. Gut, die Kinder freuten sich. Eigentlich. Soeben stapften auch die nur mäßig motiviert mehrere Meter hinter mir den Steilhang hinauf. ‚Mama, isses noch weit?‘, ‚Geht schon‘, ‚Aber ich kann nicht mehr‘. ‚Dann wartet auf den Papa.‘ Nur zu gerne übergab ich deren Quengelei an meinen Mann, der weiter unten das Schlusslicht bildete und erfahrungsgemäß besser geeignet war als ich, kindlichen Unmut aller Art aufzufangen.
Bald konnte ich die Abzweigung zur Hütte ausmachen. Von hier war es nicht mehr weit und vor allem nicht mehr steil. Ich legte einen Zahn zu und als das kleine Häuschen in Sichtweite war, stellte ich beruhigt fest, dass die Besitzer bereits ein paar Holzscheite in den Ofen geworfen haben mussten, denn aus dem Kamin stieg eine
dünne Rauchsäule empor. Auch einen schmalen Weg hatten sie für uns freigeschaufelt, gleich fühlte ich mich noch etwas leichter. Ein erstes „Will-Kommen-Gefühl“ klopfte bei mir an. Nur wenige Minuten später stand ich vor der Haustür, stellte mit einem Seufzer Rucksack und Korb ab, lockerte erst meine Schultern und streckte meine Arme dann gen Himmel durch. Bevor ich den Schlüssel fürs Haus aus dem Versteck holen würde, sollte sich erst in mir noch eine Tür öffnen. Nur ein paar Minuten des leisen Ankommens wollte ich mir schenken bis der Rest der Familie hinter der Gabelung auftauchen würde. Ich hielt inne. Den Kopf in den Nacken gelegt nahm ich endlich den Sternenhimmel wahr. So stand ich da, mausalleine, inmitten in der vom Mondlicht angestrahlten, tief verschneiten und mächtigen Bergwelt und plötzlich durchdrang sie meinen ganzen Körper, legte sich fast ohrenbetäubend auf meine Sinne und sprach zu mir: Die Stille. Die absolute Stille. Ich hörte: keinen einzigen Laut. Als hätte die Schneedecke alle Geräusche verschluckt. Was für eine sanfte Gewalt. Selbst die Winterluft fühlte sich nun milde an, die Dunkelheit friedlich und ich mich endlich von Dankbarkeit erfüllt. Dankbar für die Freiheit, hier sein zu dürfen. Für diesen einmaligen Eindruck der Stille. Für die sich ausbreitende Vorfreude in mir. Die kroch nämlich endlich von den Zehen bis in die Haarwurzeln hinauf. Gestillte Sehnsucht.
Es war, als hätte jemand einen Schalter in mir umgelegt. Still meine Saiten gestimmt. Plötzlich konnte ich es kaum erwarten, das Knistern im Kachelofen zu hören, in der Küche eine Suppe aufzusetzen und später gemeinsam mit den Kindern unter einer Wolldecke die Beine auszustrecken. Die Kühle im Badezimmer würde ich mit einer heißen Dusche wettmachen und zumindest dem Murmeltier an der Wand zur Begrüßung kurz zunicken. Und die Arbeit würde mich hier nicht verfolgen können, dem „Kein-WLAN-in-dieser-Unterkunft“-Versprechen sei Dank. Es war gut, hier zu sein. Die Stille, die reine Stille hatte mich wieder zur Besinnung gebracht.
Dieses schlichte Dreiminutenerlebnis machte mächtig Eindruck auf mich. Bis heute. So nahm und nehme ich mir immer wieder fest vor, sie, die Stille, öfters aufzusuchen, sie meinem Zuviel und meinem Zweifel entgegenzusetzen und in ihren Großmut einzutauchen. In ihre Nachgiebigkeit mit mir und in ihre Verbundenheit mit unserem Kosmos. Und immer wieder ihre Einladung anzunehmen: nichts zu müssen, einfach nur zu sein. Stille zu finden ist allerdings gar nicht so einfach. Wo sind sie bloß, die Plätze, an denen es noch ganz, ganz still ist? Das Brummen einer Schnellstraße da, Geplapper und Musikgedudel dort, ein Rasenmäher läuft immer irgendwo. Wo sind die Orte, an den man ungestört von Lärm und Beobachtung für sich selbst sein kann? Heilige Orte zum All-Eins-Sein? Ich suche weiter. Neues Jahr, neue Chance.
#78 | Jänner 2023 | 15
„Jetzt weiß ich, wofür ich kämpfe“
Godgift Osamuyi Obazuaye kam vor über sieben Jahren nach Österreich. In der Hoffnung, hier Asyl zu bekommen. Doch bislang wurden die Anträge des 42-jährigen Nigerianers, der seit April 2016 die Straßenzeitung marie verkauft, abgelehnt. Ans Aufgeben denkt er dennoch nicht. Im Gegenteil: Er will sich gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn eine Existenz in Österreich aufbauen.
Zeit ist ein knappes Gut. Wenn die Lebensmittelgeschäfte geöffnet haben, verkauft Godgift die marie In Alberschwende, in Egg, in Schwarzenberg und in Schruns. Von Montag bis Samstag, meist von 8 bis 17 Uhr. Heute hat er gezwungenermaßen frei. Denn ist der 8. Dezember und seine Spar- und Hofer-Filialen haben geschlossen. Für mich ein Glücksfall. Denn Godgift hat Zeit, sich mit mir zu einem Gespräch zu treffen. Und er beginnt zu erzählen.
„Viele Menschen glauben, dass ich noch immer von der Caritas unterstützt werde. Ich zahle, wie jeder andere Bewohner in Österreich auch, meine Miete, mein Öffi-Ticket und meinen Internetanschluss selbst.“
Zum Nichtstun verdammt Godgift ist in Nigeria geboren und aufgewachsen. Arbeitet als Geschäftsmann, treibt Handel, unter anderem mit Bekleidung. Doch seine Geschäfte beginnen wegen der Korruption in seinem Land zu stocken. Er sieht keine Zukunft mehr in seiner westafrikanischen Heimat. „Deshalb habe ich entschieden, den nächsten Schritt zu gehen“, betont er. Er verlässt seine Heimat und kommt im Juni 2015 nach Österreich. „Ein Freund, der damals in Wien lebte, hat mich auf die Idee gebracht. Er meinte, Österreich sei ein guter Platz, um hier zu arbeiten“, erinnert sich der heute 42-Jährige. Godgift stellt im Flüchtlingslager Traiskirchen einen Asylantrag. Er übersiedelt sechs Tage später ins Aufnahmezentrum Arena Nova in Wiener Neustadt. Dort bleibt er für zwei Monate. Schließlich kommt er nach Vorarlberg. Nach Götzis, dann nach Dornbirn und schließlich nach Tschagguns. Er will arbeiten. Doch als Flüchtling ohne positiven Asylbescheid ist das laut österreichischem Gesetz nicht möglich. „Ich war zum Nichtstun verdammt“, erzählt er. Über Vermittlung der Caritas bekommt er dann aber doch noch einen Job. Allerdings nur für fünf Tage. Sein Lohn: 100 Euro. Für Godgift heißt es deshalb weiter warten. Im Frühjahr 2016 erfährt Godgift, dass es in Vorarlberg eine Straßenzeitung gibt. Er bewirbt sich, bekommt einen Ausweis und verkauft die marie ab April 2016 auf selbstständiger Basis.
Ein harter Job
Und wie ist es, eine Straßenzeitung zu verkaufen, frage ich Godgift. „Die meisten Menschen sind freundlich zu mir. Sie interessieren sich für mich als Menschen. Sie begreifen, dass mein Job hart ist“, sagt er. Viele seiner Kunden, würden die marie jeden Monat kaufen. Das wisse er sehr wohl zu schätzen. Aber es gebe auch Menschen, die überzeugt davon seien, dass er die marie nur aus bloßem Zeitvertreib verkaufe. Dass er ein bisschen herumstehe und mit den Kunden vor dem Geschäft freundlich rede. Und es gebe auch Menschen, die sich ihm gegenüber gleichgültig bzw. ablehnend verhalten würden. „Sie antworten nicht, wenn ich grüße“, weiß er aus langjähriger Erfahrung. Godgift betont, dass er niemanden um Geld anbettle. „Ich versuchen andere dazu zu animieren, die Zeitung zu kaufen. Denn wer mir eine marie abkauft, der unterstützt nicht nur mich, sondern auch die Macher:innen des Projekts“, spricht er ganz als Geschäftsmann.
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Text: Frank Andres, Foto: privat
Und eines ist ihm besonders wichtig. „Viele Menschen glauben, dass ich noch immer von der Caritas unterstützt werde. Ich zahle, wie jeder andere Bewohner in Österreich auch, meine Miete, mein Öffi-Ticket und meinen Internetanschluss selbst.“
Godgift hat ein großes Ziel. Er will unbedingt in Österreich bleiben, hier arbeiten und sich hier eine Existenz aufbauen. Doch bislang wurden seine Asylanträge alle abgelehnt. Immer wieder legte er Berufung gegen die abschlägigen Bescheide ein. Auch entgegen der Empfehlung eines Rechtsanwalts, der ihm rät, Österreich zu verlassen und anderswo um Asyl anzusuchen. Doch sein neuer Anwalt macht ihm Mut, weiterzukämpfen. Nicht zuletzt für seine Familie.
„Ich will hier arbeiten und leben“
Godgift ist seit Februar 2022 mit Nadine (42), einer Vorarlbergerin, verheiratet. Seit 6. September haben sie einen gemeinsamen Sohn. Sein Name: Ayo Joseph. „Jetzt hoffe ich, dass mein Asylantrag endlich positiv bewertet wird. Ich glaube, dass die Behörden keinen Anlass mehr haben, mich ohne Frau und Kind nach Hause zu schicken. Jetzt weiß ich, wofür ich wirklich kämpfe“, ist er überzeugt. Und was ist ein Ziel, wenn er endlich legal in Österreich leben darf? „Ich will arbeiten und für meine Familie sorgen können.“ Ein bescheidener Wunsch, der im neuen Jahr für Godgift und seiner jungen Familie hoffentlich in Erfüllung gehen möge.
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#78 | Jänner 2023 | 17
„Denn wer mir eine marie abkauft, der unterstützt nicht nur mich, sondern auch die Macher:innen des Projekts.“
Kleines König:innenreich
Vor knapp 24 Jahren hat Mary Naphegyi den „Kinderkönig“ gegründet: Eine Tagesbetreuung für Kinder ab 14 Monaten bis zu 11 Jahren. In einer ehemaligen Bäckerei in Feldkirch hat sich seitdem ein Klein-König:innenreich entwickelt, das nicht nur für Kinder, sondern gleichermaßen für die Menschen, die dort arbeiten, zu einem liebevollen Hort geworden ist. Gerade für jene, die wegen ihrer Herkunft andernorts ständig gegen das Gefühl des Fremdseins ankämpfen müssen. Nur einer hat auch hier noch Raritätenstatus: der Pädagoge.
Während Claire in der offenen Küche ein Curry nach philippinischer Art anrichtet, sitzen einige Kinder bereits am Tisch und singen mit Geovana ein Lied aus deren Heimat Brasilien. „Fünf kleine Fische, die schwimmen im Meer ...“ sind auf Portugiesisch fünf kleine Enten, die sich im Teich tummeln. „Kinder lernen spielerisch ganz schnell, deshalb singen und reimen wir mit ihnen auch in anderen Sprachen. So verstehen sie auch besser, wieso manche von uns mit Akzent sprechen oder wieso andere Kinder noch nicht perfekt Deutsch können“, erzählt Geovana. Seit acht Jahren lebt die 50-Jährige in Österreich, hat in Schruns ihr Zuhause und vor einem Jahr in die Kinderbetreuungs-Einrichtung (Kibe) Kinderkönig in Feldkirch gefunden. Geovana ist eine lebhafte Frau mit dunklen, warmen Augen und einer sensiblen Ausstrahlung. Nervös sei sie, sagt sie, weil heute die Presse da ist. Was sie glücklicherweise nicht daran hindert, zwischen Mittagstrubel und zu putzenden Kindernasen geduldig Journalistenfragen zu beantworten. „Hier fühle ich mich nicht als Ausländerin, sondern akzeptiert. Wie zu Hause“, sagt sie, die mit ihrem Mann Englisch spricht und mit ihrem Sohn Portugiesisch. Aufgewachsen ist Geovana in Brasilien mit 13 Halbgeschwistern, heute betreut sie im Kinderkönig die Gruppe der ganz Kleinen. „Wir aus Brasilien brauchen viel Herz, deshalb hat mir dieser Ort sofort entsprochen. Hier bekommen wir viel Liebe“, sagt sie lachend. Ihre Kollegin Shaza, 24, 2016 aus Syrien geflohen, pflichtet ihr bei. Seit ihrer Matura, die sie noch in ihrem Geburtsland gemacht hat, will sie einen Beruf ergreifen, in dem sie mit Kindern arbeiten kann. Vor drei Jahren wurde ihr Berufswunsch Wirklichkeit, der Kinderkönig sei von Anfang an ein Volltreffer gewesen. Selbst als sie geheiratet hat, wollte sie nicht nach Bregenz zu ihrem Mann ziehen, sie haben sich auf eine gemeinsame Wohnung in Frastanz geeinigt, damit sie keinen neuen Arbeitsplatz suchen muss. „Das hier ist wie Familie“, sagt sie.
„Es braucht Teampflege, Supervision, viel Akzeptanz und Toleranz, wenn so viele unterschiedliche Kulturen zusammenarbeiten.“
reich geboren, die kulturelle Vielfalt ist enorm. Und es funktioniert“, so Mary Naphegyi, 59, Kibe-Mitbegründerin. Sie will sich aber nicht falsch verstanden wissen, natürlich laufe nicht immer alles friktionsfrei: „Dass es funktioniert, bedeutet nicht, dass es von selbst funktioniert. Es braucht Teampflege, Supervision, viel Akzeptanz und Toleranz, wenn so viele unterschiedliche Kulturen zusammenarbeiten.“ Nein, die Nationalitäten-Vielfalt sei nicht unbedingt von Beginn weg Teil des Konzepts gewesen, das habe sich vielmehr so ergeben. Vor allem, weil man sich auch mit dem AMS vernetzt habe: „Wir sind relativ schnell gewachsen und immer, wenn wir einen Job ausgeschrieben haben, haben sich auch viele beworben, die anderswo abgelehnt wurden, weil sie nicht ‚von hier‘ waren oder ihnen ihre Ausbildung nicht angerechnet wurde. Meist haben sie nicht einmal fürs Schnuppern irgendwo eine Möglichkeit gefunden. Wir haben ihnen gerne unsere Tür geöffnet.“ Die Dankbarkeit sei groß, gerade, weil viele hier zum ersten Mal das Gefühl des Fremdseins abstreifen und Zugehörigkeit erleben dürfen.
Das Kind zuerst
Zugehörigkeit
Wo andernorts noch über Diversität am Arbeitsplatz geredet wird, ist sie im Kinderkönig längst gelebte Wirklichkeit: „Von den 20 Mitarbeitenden sind über die Hälfte nicht in Öster-
Ausgehend von ihrer festen Überzeugung, dass Liebe, Musik und Literatur die Herzstücke der Alternativpädagogik sind, fasste die Pädagogin und zweifache Mutter Mary Naphegyi Ende der 90er den Entschluss, gemeinsam mit Freundin Britta Roels eine private Kinderbetreuungs-Einrichtung ins Leben zu rufen. Ihre beiden Schwestern holte sie als kreative Köpfe mit ins Boot und sicherte sich damit die „pädagogische Grundausstattung“. Man startete 2000 mit 15 Kindern, heute sind es rund 60. Unter anderem beeinflusst von Rudolf Steiners Waldorfpädagogik, von Emmi Pikler, Maria Montessori und „Malort“-Begründer Arno Stern geht es Mary und ihren Mitstreiterinnen seit jeher um all jene pädagogischen Ansätze, die das Kind in den Fokus stellen. Sie sagt: „Kinder zeigen dir ganz genau, was sie brauchen und wenn man darauf hört, dann darf sich aus ihnen heraus entfalten, was in ihnen steckt.“ Es gälte aber auch den Erwachsenen „Raum zu geben" für ein Klima der Lebendigkeit und der guten Ideen: Ein Schulhundprojekt, Waldgruppen, Musik- und Theaterinitiativen, Kreativund Kochexperimente bis hin zu regelmäßigen Geschichtenstunden auf Englisch, Spanisch, Polnisch, Rumänisch, >>
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Text: Simone Fürnschuß-Hofer, Fotos: Petra Rainer
#78 | Jänner 2023 | 19
Mary hat den „Kinderkönig“ vor 24 Jahren gegründet. Claire zaubert schmackhafte, vegane Gerichte.
Geovana aus Brasilien fühlt sich hier akzeptiert. Auch für Shaza war der Kinderkönig „ein Volltreffer".
Ein bisschen Schloss, ein bisschen Villa Kunterbunt und hinter jeder Tür eine neue Welt für kleine König:innen: große Räume, kleine Räume, Räume zum Turnen, Toben und Spielen, Räume zum Kochen und Essen, Räume zum Theaterspielen, zum Kuscheln, zum Sein. Früher wurde hier Brot gebacken, heute hat sich die Bäckerei Schnell auf einen Verkaufsraum reduziert, der Rest des Hauses ist fabelhafte Kinderwelt.
Kroatisch und Französisch, all das gab und gibt es im Kinderkönig. All das ist vor allem eines: freiwillig. Mary: „Nehmen wir beispielsweise das Angebot ‚Wald‘: Manche können nicht genug bekommen, andere finden es furchtbar, mehrere Stunden draußen zu sein.“ Die Sensibilität für unterschiedliche Bedürfnisse und Wesensarten machen den Kinderkönig zu einem Hort, wo „Kinder wirklich zuerst kommen“, wie Geovana es zum Ausdruck bringt. Mary bestätigt: „Auch Kinder, die in ihrem Verhalten auffälliger sind, werden bei uns gut aufgefangen und bekommen keinen Stempel.“ Der Blick fürs Individuelle setzt sich in der Mittagsversorgung fort. Ein Teil des Essens kommt regional und frisch gekocht vom Antoniushaus der Kreuzschwestern, für die Kinder mit Unverträglichkeiten oder veganen Vorlieben kocht Claire zusammen mit Küchengehilfin Gabriella direkt vor Ort.
Das Lohn-Dilemma
Auch Männer zählen dann und wann zum Kibe-Team, wenngleich es schwer sei, sie angesichts des Lohnniveaus langfristig für die Einrichtung zu gewinnen. „Zwei Männer sind schweren Herzens wieder gegangen. So tolle Menschen, aufmerksame, achtsame Männer, die aber mit dem Gehalt als Kindergarten-Pädagogen in keine Perspektive fanden, sich ein selbstständiges Leben aufzubauen“, seufzt
die Leiterin. Gleichzeitig würden die Mitarbeitenden die Arbeitsbedingungen und den Zusammenhalt im Team durchaus auch als Teil der Währung sehen. „Deshalb können wir auf der anderen Seite viele halten, die vielleicht anderswo mehr verdienen würden. Aber alle können oder wollen sich das eben nicht leisten.“ Aktuell hat sie 19 Mitarbeiterinnen und einen Mitarbeiter in Teilzeit angestellt, der Betreuungsschlüssel ist sehr hoch, die Gruppengrößen sind angenehm klein. Die Personalentscheidungen werden allerdings bald andere zu treffen haben, denn die Kibe-Gründerin steht kurz vor ihrer Pensionierung, der Nachfolgeprozess hat bereits begonnen. 2023 wird für sie und den Kinderkönig also ein spannendes Jahr. „Neue Wege müssen und dürfen gegangen werden“, sagt sie, „dennoch wünsche ich mir, dass das, was uns von Anfang an geprägt hat – Kindern ein Betreuungsort mit Herz und Seele zu sein – weiter gelebt wird.“
Die Einrichtung Kinderkönig in Feldkirch, gegründet 1999 von Mary Naphegyi und Britta Roels, vereint Kleinkindbetreuung, Kindergarten und Schülerbetreuung unter einem Dach. Kinder von 14 Monaten bis 11 Jahre sind willkommen, auch aus anderen Gemeinden. Es werden flexible Bring- und Abholzeiten bis auf zwei Stunden Kernzeit angeboten, in den Ferien ist die Einrichtung bis auf drei Wochen geöffnet; 2022 belegte der Kinderkönig den 3. Platz beim Sozialpreis der Bank Austria. Träger ist der gleichnamige Verein, Unterstützung gibt es von Bund, Land, der Stadt Feldkirch und verschiedenen Gemeinden.
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INFOBOX
„Meist haben sie nicht einmal fürs Schnuppern eine Möglichkeit gefunden. Wir haben ihnen gerne unsere Tür geöffnet.“
Es kommt wieder ein Sommer
Diese Tomatensuppe erhellt auch einen tristen Jänner
Zutaten:
• 3 EL Olivenöl
• 1 kl. Zwiebel
• 1 Knoblauchzehe
• 1 TL Zucker
• ein paar getrocknete Kräuter des letzten Sommers (z.B. Oregano und Rosmarin)
• 1 EL Tomatenmark
• je 100g Karotten und Sellerie
• 150 ml Rotwein
• 600 ml Gemüsesuppe
• 1 Dose Tomaten mit Saft
• kräftige Prise geräuchertes Paprikapulver
• zur Krönung auf Wunsch ein Schuss Rahm
• etwas Gin
• gebratene Champignons
• geröstete Brotwürfel und noch etwas Olivenöl
Zubereitung:
Zwiebel und Knoblauch fein hacken, Karotten und Sellerie grob würfeln. Olivenöl erhitzen, Gemüse bei mittlerer Temperatur unter gelegentlichem Rühren anschwitzen, Gewürze, Zucker und Tomatenmark einrühren, salzen und pfeffern, Temperatur etwas erhöhen, mit Wein ablöschen und etwas einkochen lassen.
Gemüsesuppe und Doseninhalt einrühren, aufkochen und eine Viertelstunde leise köcheln.
Paprikapulver einrühren und mit dem Stabmixer fein pürieren. Wer will, kann mit Rahm und Gin verfeinern. Ich gebe gerne noch geröstete Brotwürfel oder Champignons dazu und kröne mit ein wenig Olivenöl.
Von Daniel Mutschlechner, probelokal.com
Da ist es wieder, das obligatorische Stimmungstief im Jänner. Gemüt und Körper wiegen schwer. Nur zögerlich erholen sie sich von Fondue und Silvesterbowle. Außerdem liegt die warme Jahreszeit noch in weiter Ferne. Zur Aufmunterung koche ich mir eine Tomatensuppe. Sie bietet einen Vorgeschmack auf den Sommer und versorgt mich mit dringend notwendigen Vitaminen. Ganz nebenbei lassen sich auch noch die Reste der Feste elegant verwerten. Etwa offenen Rotwein oder Karotten, die den Sprung in den Italienischen Salat verpasst haben.
Es mag Sie wundern, dass ich Dosentomaten verwende. Schließlich setze ich mich sonst immer für frische, saisonale Lebensmittel ein.
Aber das Leben besteht nun einmal aus Kompromissen. Helmut Schmidt hat einmal gesagt, dass es stets darum gehe, wünschenswerte Maximal-Anforderungen mit dem Möglichen und Erreichbaren in Balance zu bringen. Das gilt auch in der kargen Jänner-Küche. Außerdem haben sich auch Randig und Sprossenkohl eine kurze Pause verdient.
Musiktipp: Ich stehe noch unter dem Eindruck eines Konzertes von Gert Steinbäcker, das ich kurz vor Weihnachten erlebte – es ging mitten hinein ins Herz. Deshalb empfehle ich sein Album „Alles live“. Darauf enthalten ist auch das vor Zuversicht strotzende Lied „Wieder a Sommer“. Die Botschaft gilt dem Gemüt. Beim Suppenkochen aber auch der Küche. Weitere Rezeptgeschichten und Musiktipps finden Sie auf www.probelokal.com
#78 | Jänner 2023 | 21
EIN STÜCK WESTAFRIKA IM ALPENLAND
Sänger, Musiker, Tänzer, Komponist und Geschichtenerzähler: Das Tätigkeitsfeld des gebürtigen Senegalesen Prince Moussa Cissokho (39) überquert Grenzen. Sein Wunsch ist der einer Gesellschaft, die die kalte Schulter gegen den Willkommensgruß eintauscht. Mit einem umfassenden wie undefinierbaren Genre-Mix geht er in die Offensive.
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Text: Florian Gucher Fotos: Christa Engstler
Die E-Gitarre klirrt, der Bass dröhnt. Mittendrin, ganz ungewohnt, der Klang einer afrikanischen Stegharfe, auch Kora genannt. Überrascht vom Jazz-Pop-Fusion-Schauspiel der etwas anderen Art? Prince Moussa Cissokho steht auf der Bühne und bildet mit seinen Bandmitgliedern eine Einheit. Ein Grinsen macht sich auf dem Gesicht der Kora-Virtuosen breit, das suggeriert, dass er es geschafft hat: „Vor Jahren hatte ich immer den einen Traum, zusammen mit vielen Europäern und Menschen aus aller Welt in einer Gruppe zu musizieren. Es macht mich stolz, dieses Ziel erreicht zu haben.“
Im Spannungsfeld von Tradition und Progression
Bei einigen Menschen lohnt es sich, ihre Lebensgeschichte(n) von ganz vorne aufzurollen: Bei dem im Jahre 1983 in der senegalesischen Hauptstadt Dakar geborenen Moussa Cissokho sollte man es unweigerlich tun, bekam er doch das Werkzeug für sein weiteres Schaffen quasi in die Wiege gelegt. Aufgewachsen mit den Kulten des Mandinka-Volkes in einer einflussreichen Griot*-Familie, gelangte er von Kindheit an in Berührung mit den Tänzen, Gesängen und Instrumenten der Gedächtniskünstler:innen Westafrikas. Bemerkenswert dabei ist, dass seine Familie nicht nur musikalisch tätig war, sondern bis heute zu den prominentesten Musikersippen Senegals zählt. Das ging am damaligen Jungspund nicht spurlos vorbei: Er gestaltete bereits im Kindesalter traditionelle Zeremonien in Senegal, Guinea und Guinea-Bissau mit, sowie er im Alter von 13 Jahren den Sprung in das „Ballet National de Senegal“ schaffte, wo er erstmals um die Welt tourte, und vom Reisefieber infiziert wurde. Irgendwann verschob sich sein Fokus dann vom Tanz auf die Musik. Der Drang und die Leidenschaft, Neues zu entdecken, blieben ihm bis heute an den Fersen kleben. Mehr noch: Machen sein Werk aus, das ganze Geschichten von Migration, Flucht, wie auch von Suche und Ankunft erzählt. So kommt es auch, dass er sein nunmehriges Hauptinstrument, die 21-saitige westafrikanische Hakenharfe Kora, erst durch die Blickverschiebung nach dem Verlassen seiner Heimat für sich entdeckte. Neben ihr wurden die ursprünglich als Nachrichtentrommel eingesetzte Tama und das aus Holzklangstäben bestehende Balafon seine ständigen Begleiter. „Diesen Instrumenten kam in meiner Kultur die Funktion zu, Informationen in Form von musikalischen Codes weiterzugeben“, lässt der Musiker wissen. In diese Tradition schreibt sich Cissokho auch ein, wiewohl er zeitgleich daraus ausschert, da seine Lust am Experimentieren mehr und mehr entfachte. Die Frage, was sich denn nicht alles mit den traditionellen Instrumenten fernab der ursprünglichen Funktion machen lässt, ließ ihn nicht mehr los. Sowie sein Heimatverständnis heute verschwimmt, weil er sich überall zuhause fühlt, erweist sich auch sein musikalisches Werk zunehmend als fluide. Nicht zuletzt, weil er neue klangliche Möglichkeiten in der Kombination von bestehenden Traditionen sucht, verknüpft er westafrikanische und europäische Musik miteinander: „Ich bin in jeglicher Hinsicht ein Grenzgänger“, bringt es Cissokho auf den Punkt. Als
ICH MÖCHTE ALLE MENSCHEN, UNABHÄNGIG VON HERKUNFT, HAUTFARBE ODER RELIGIÖSEN EINSTELLUNGEN ZUSAMMENBRINGEN.
er sich schließlich vor über zehn Jahren in Vorarlberg niederließ, um von hier aus zwischen Westafrika und Mitteleuropa hin und her zu pendeln, war dies auch richtungsweisend für seine weitere musikalische Entwicklung. Er ließ sich von dem Potential der Musik als harmonisches Bindeglied in Rage versetzen und trieb es munter weiter bis zur Ekstase. Heute bemüht er sich darin, Genres vollständig aufzubrechen und ineinander fließen zu lassen. Er kreiert World-Music und steht mit Ensembles wie JMO (Jan-Galega Brönnimann, Moussa Cissokho, Omri Hason) oder seinen zwei Brüdern auf dem Podium. Oftmals treffen dabei mehr als nur zwei Kulturkreise aufeinander. Die Scheuklappen sind vollständig abgelegt, so er überhaupt jemals welche besessen hat. Und Afro-Soul vermengt sich mit westlicher Jazzmusik, orientalischen Klängen und mit Musik aus aller Welt, ganz ohne Stempeldruck, der das eine vor das andere schiebt.
Der Blick über den Tellerrand
Ganz unverhofft kam Moussa Cissokhos Einstellung jedenfalls nicht. Es war kein geringerer als sein Großvater Soundioulou Cissokho, besser bekannt als der „King of Kora“, der den Weg zur Popularisierung des westafrikanischen Instrumentes in Europa ebnete und in dessen Fußstapfen sein Enkel tritt. Gewissermaßen vollendet er nun das, was sein Ahnherr an Vorarbeit geleistet hat und hebt es ins 21. Jahrhundert: „Mein Opa hat die Kora im Westen berühmt gemacht und es ist mir ein großes Anliegen, dieses Bestreben weiterzuführen. Mit Jazz, Pop, Rock, Soul, Blues und Fusion auf der Kora möchte ich zeigen, dass dem Instrument keine Grenzen auferlegt sind“, so Cissokho. Sein Instrument hat er dafür eigens modifiziert und angepasst. „Normalerweise besitzt die traditionell-klassische Kora einen relativ elementaren Aufbau. Doch meine ist schon sehr modern“, erklärt der Musikvirtuose lächelnd und führt fort: „Ich habe sie selbst ganz im Anklang an die westlichen Halbtonschritte umgebaut und die Stimmung so verändert, dass ich mit modernen Jazz-Gruppen harmonieren kann. Zudem komponiere ich auch eigene moderne Lieder, die sich klassischen Eingrenzungen verwehren.“ >>
#78 | Jänner 2023 | 23
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VOR JAHREN HATTE ICH IMMER DEN EINEN TRAUM, ZUSAMMEN MIT VIELEN EUROPÄERN UND MENSCHEN AUS ALLER WELT IN EINER GRUPPE ZU MUSIZIEREN. ES MACHT MICH STOLZ, DIESES ZIEL ERREICHT ZU HABEN.
Wandernde Musik und große Reisen
Vielleicht ist es, weil Moussa Cissokho in zwei so fernen Welten, die in der Musik nur eine Haaresbreite entfernt liegen, gleichermaßen verhaftet ist. Er sieht, wie Unterschiede einen selbst bereichern können. Für Cishokho ist es einerlei, ob Musik oder Lebensalltag, er spielt mit derselben Schlagkraft: Der Kora-Spieler ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Brückenbauer. Sowie er eine reichhaltige Musiktradition aus Westafrika in Vorarlberg verankert hat, geht es ihm um die gegenseitige Inspiration als ein Geben und Nehmen. Er bespielt Cafés und Clubs in Mitteleuropa gleichermaßen wie traditionelle afrikanische Feste in seiner Heimat und Global-Music Events, verstreut auf der ganzen Welt. Vor allem will er aber mit den Menschen mittels Musik in Dialog treten. Trotz seiner Rundumsicht verlor er den Blick auf seine Wurzeln nicht. Denn die Aufgaben bei den Griots legten nicht nur den Grundstein für seine spätere internationale Musikkarriere, sie machten ihn auch gegen die medialisierte wie leistungs- und konsumorientierte Welt resistent. Er bekam ein Gespür für das Akute, Irreparable. Worauf Cisshokho nicht nur musikalisch aus ist, ist ein Kreieren von gesellschaftlicher Toleranz: „Ich möchte alle Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder religiösen Einstellungen zusammenbringen. Meine Musik soll zum gegenseitigen Verständnis und zum Frieden beitragen. Nichts macht mich glücklicher, als wenn sie zwei Feinde wieder versöhnen kann“, erläutert der reisefreudige Musiker. Das schlägt sich neben seiner regen Vermittlungsarbeit in Kursen und Workshops von Senegal bis nach Vorarlberg auch in seinen eigenen musikalischen Projekten und nicht zuletzt in seiner regen Kompositionsarbeit nieder. Da streuen sich dann Themen wie der Multikulturalismus, der Freiheitssinn und die Suche nach einer besseren Zukunft, aber auch das Vertrauen in sich selbst mit ein in seine Songs voll von Gedanken, die ihm selbst nahegehen. Interessant ist, dass sich die Inhalte auf die formale Ebene übertragen. Moussas Kom-
positionen sind tanzbar, erfrischend, aber auch meditativ und entspannend. Sein im Frühjahr 2022 erschienener Song „Jay sa réew“, was nichts anderes bedeutet als „Warum verkaufst du dein Land?“, ist ein Paradebeispiel dafür. Was wie eine radiotaugliche Funk-Nummer beginnt, vollzieht den Schwenk in westafrikanische Gesänge und Klänge, wo am Ende das Gemeinsame überbleibt. Zeitgleich zeigt er Möglichkeiten der Musik auf und erzählt einem Griot gleich von Leben, Liebe und der Gesellschaft. Cissokho demonstriert: Auch wenn die Gegebenheiten in Europa und Senegal noch so verschieden sind, klanglich können sie in einem runden Ebenbild zusammenfinden. Seine Musik hat nicht nur mit Genuss und Unterhaltung zu tun, sie kann Initialzündung für Schulterschlüsse im Alltag sein.
*Griot ist ein in Westafrika geläufiger Ausdruck für berufsmäßige Sänger, die sich der Überlieferung und Erhaltung von Wissen in mündlicher Form verschrieben haben. Sie stammen aus einer Zeit, in der das Wissen noch von Generation zu Generation weitertradiert wurde, erzählen Geschichten, lehren, mahnen und lobpreisen, wobei sie häufig die Musik als Vermittlungsinstrument einsetzen. Als Bewahrer der Geschichte, oralen Literatur und Musik ihrer Völker kommt ihnen eine wichtige Funktion im Gemeinwesen zu, die sehr geschätzt wird. Mit Instrumenten wie der Stegharfe Kora, der Spießlaute Ngoni oder dem Balafon begleiten sie ihre Gesänge und Geschichten, bereichert mit Tänzen und Trommelschlägen ergibt sich dann ein festlicher Charakter. Die Griots sind bei vielen traditionellen Zeremonien anwesend, ihre Heimat ist das Siedlungsgebiet der Mandinke-Völker und umfasst die heutigen westafrikanischen Staaten Mali, Senegal, Gambia und Guinea. Im Übrigen war der Griot als ein Berater des Königs auch der Einzige, der diesen kritisieren durfte.
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Lösen Sie es in 60 Sekunden
Beginnen Sie die Kopfrechnung mit der Zahl im Feld ganz links. Rechnen Sie von links nach rechts – Kästchen für Kästchen. Die Lösung im leeren Feld rechts eintragen. Jede Rechnung unabhängig von der Schwierigkeit sollte in weniger als 60 Sekunden gelöst werden. Keinen Taschenrechner verwenden!
Diesmal berichten wir über die Mannschaftsmeisterschaft in Vorarlberg, die vom Vorarlberger Schachverband seit 1932 durchgeführt wird. Über drei Jahrzehnte war der Internationale Schiedsrichter Albert Baumberger vom Schachklub Rankweil für den reibungslosen Ablauf zuständig. Im Jahr 2019 übernahm der Lustenauer Simon Heinrici diese Aufgabe.
Im Laufe der Zeit wurden in diesem Bewerb immer wieder Änderungen hinsichtlich Turnierbezeichnung, Spielmodus, Bedenkzeit und sogar Anzahl der SpielerInnen je Team vorgenommen. Nachdem zu Beginn der Schachklub Bregenz den Meistertitel abonniert hatte, gab es dann eine sehr lange Dominanz der Dornbirner Mannschaft. Seit der Jahrtausendwende übernahm dann der Schachklub Hohenems die Vorherrschaft.
Elia Cafasso (Dornbirn)
Simon Heinrici (Lustenau)
Landesliga, Dornbirn 2022
Wie erreicht Weiß am Zug deutlichen Vorteil?
In der aktuellen Saison 2022/23 spielen insgesamt 36 Teams in drei Kategorien (Landesliga, A-Klasse und B-Klasse). Nach fünf von elf Runden führt in der höchsten Spielklasse der Titelverteidiger Hohenems überlegen vor dem Überraschungsteam Sonnenberg-Nüziders und Dornbirn die Tabelle an.
Die nachfolgenden Kombinationen stammen aus Partien der bisherigen Topscorer der Landesliga. Das große Talent aus Dornbirn, Elia Cafasso, kreierte die erste Aufgabe. Für die zweite Diagrammstellung ist der Routinier und Bundesliga-Coach des Schachklubs Hohenems, Philipp Lins, verantwortlich. Die dritte Kombination stammt aus der Partie des Shootingstars aus Bregenz, Alaa Akel.
Überprüfen Sie, ob Sie betreffend Schachtaktik in der Landesliga bestehen könnten. Wir wünschen Ihnen dabei viel Spaß.
Philipp Lins (Hohenems)
Reinhard Forster (Lochau)
Landesliga, Lochau 2022
Wie erzwingt Weiß am Zug die sofortige Entscheidung?
Alaa Akel (Bregenz)
Bruno Stenek (Rankweil)
Landesliga, Rankweil 2022
Wie nützt Weiß am Zug die unsichere schwarze Königsstellung aus?
Lösungen auf Seite 39
#78 | Jänner 2023 | 25 Lösungen auf Seite 39
Für Anfänger Lösung Für Fortgeschrittene Lösung Für Genies Lösung
18 ×3 ÷6 +12 ×3 ÷9 ×11 +13 ÷15 ×3 63 ÷7 ×12 ÷3 +48 ÷12 ×8 davon 75% +26 ÷4 21 zum Quadrat ÷3 -63 +25% davon 40% +127 ÷13 ×12 ÷4 SCHACHECKE 1 2 3 8 7 6 5 4 3 2 1 a b c d e f g h 8 7 6 5 4 3 2 1 a b c d e f g h 8 7 6 5 4 3 2 1 a b c d e f g h
Die Romani: Die vergessenen Sklaven der Geschichte
Mehr als 500 Jahre lang hielten sowohl die Kirche als auch der Adel Sklaven mitten im Herzen Europas. Bis heute setzen sich starke Kräfte dafür ein, dass die Geschichte der Roma-Sklaverei nicht erzählt wird, aber die Zahl derer, die darüber sprechen wollen, nimmt stetig zu. Zu ihnen gehören die Akademikerinnen Solvor Mjøberg Lauritzen und Maria Dumitru.
Text: Even Skyrud
Heute ist den meisten Menschen bewusst, dass es die europäischen Nationen waren, die den transatlantischen Sklavenhandel ermöglichten und davon profitierten. Geschichtsbücher, Belletristik und Filme haben uns die unmenschliche Brutalität des Handels und die extreme Härte des Lebens auf den Baumwollplantagen des amerikanischen Südens und auf den Zuckerfeldern der Karibik vor Augen geführt. Wenn jedoch von Sklaverei in unserem Teil der Welt die Rede ist, denkt man eher an vergangene Jahrtausende –an die Männer und Frauen, die beispielsweise von den Römern oder den Wikingern versklavt wurden.
In der Tat ist uns die Sklaverei auf europäischem Boden zeitlich ebenso nahe wie der Sklavenhandel in Nordamerika. Das bedeutet, dass Menschen in die Sklaverei hineingeboren wurden; Menschen, die als Vermögenswerte gekauft und verkauft werden konnten. Und genau wie auf der anderen Seite des Atlantiks hat das Erbe der Sklaverei in Europa das Leben der Nachkommen über Generationen hinweg geprägt. Dennoch ist dieses Kapitel unserer jüngsten Geschichte in den Schulbüchern und im kollektiven europäischen Bewusstsein so gut wie nicht präsent.
Ein dunkles Erbe
Solvor Mjøberg Lauritzen arbeitet als Wissenschaftlerin an der Södertörn Universität in Stockholm und der MF Scientific University in Oslo, wo sie im September eine Kollegin von Maria Dumitru wurde. Dumitru stammt aus Rumänien und hat viele Jahre Erfahrung in der Bewegung für die Rechte der Roma. Die beiden Akademikerinnen haben beschlossen, bei einem neuen Forschungsprojekt über die so genannte Roma-Sklaverei zusammenzuarbeiten.
„Wir untersuchen sowohl das Erbe der Sklaverei als auch ihre Auswirkungen in unserer heutigen Zeit“, erklärt Lauritzen. „Kaum jemand weiß, dass die Roma früher als Sklaven gehalten wurden. Ich glaube, dass wir, indem wir diese Geschichte ans Licht bringen, ein neues Verständnis für ihre heutige Situation schaffen werden.“
In Rumänien wurden die Roma als Tsigani bezeichnet –ein abwertender Begriff für „Zigeuner“, der später als Synonym für „Sklaven“ verwendet wurde. Die sprachliche Wurzel des Begriffs „Zigeuner“ ist vermutlich das griechische Wort atsingani, das „die Unberührbaren“ oder „die Gottlosen“ bedeutet. Das Bild der Roma als Feinde Gottes wurde in ganz Europa als Grund für ihre Verfolgung benutzt. Die Wiege der Geschichte der Roma in Europa ist jedoch genau das Gebiet, das viele bis heute mit diesem Volk in Verbindung bringen.
Das Post-Sklaven-Syndrom
Es ist nicht ganz klar, wie und warum die Roma in das heutige Rumänien gelangten. Die meisten Forscher sind sich einig, dass sie um das Jahr 1000 n. Chr. aus der nordindischen Punjab-Region auswanderten. Mögliche Gründe sind schlechtes Wetter, Naturkatastrophen oder die Tatsache, dass sie als gedungene Soldaten und Handwerker in der Ferne Arbeit suchen mussten. Auf jeden Fall versklavten die Herrscher von Herzogtümern wie der Walachei, Moldawien und Transsylvanien, die dringend neue Arbeitskräfte brauchten, viele von ihnen schnell. Historiker sind der Ansicht, dass die mehr als 500 Jahre andauernde Knechtschaft der Roma schwerwiegende und anhaltende Folgen für sie hatte.
„Wir verwenden den Begriff Post-Sklaverei-Syndrom, um die Auswirkungen auf psychologischer Ebene zu beschreiben“, sagt Lauritzen. „Wenn Familien fünf Jahrhunderte lang in Knechtschaft gehalten werden, wird eine bestimmte Mentalität von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Viele Roma haben zum Beispiel das Gefühl, dass sie weniger wert sind als andere.“
Dumitru erklärt, dass die Sklaverei auch einen starken Einfluss auf die ethnische Mehrheit in Rumänien hatte, wo die Nicht-Roma eine Sklavenhaltermentalität geerbt haben.
„Der Rassismus, mit dem die Roma heute konfrontiert sind, hat seine Wurzeln in der Zeit der Sklaverei“, erklärt sie mir. „Noch heute werden wir Roma als ‚Parasiten‘ angesehen, während die rumänische ethnische Mehrheit als ‚die Guten‘ gilt. Auch die ungerechte Verteilung der Ressourcen besteht fort.
26 | International
Wenn Familien fünf Jahrhunderte lang in Knechtschaft gehalten werden, wird eine bestimmte Mentalität von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Viele Roma haben zum Beispiel das Gefühl, dass sie weniger wert sind als andere.
Die meisten Roma in Rumänien leben in Armut am Rande der Gesellschaft und haben keinen gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen wie Gesundheitsversorgung und Bildung.“
Der Preis von drei Büffeln
Mihail Kogalniceanu, ein rumänischer Politiker des 19. Jahrhunderts, beschrieb die Situation der Sklaven in dem Dorf, in dem er aufwuchs: „Sie waren an Händen und Füßen gefesselt, einige hatten Eisenbänder um die Stirn und andere um den Hals. Neben Auspeitschungen gehörten auch das Aufhängen an den Beinen über einem Feuer, das nackte Stehen im Schnee oder in einem eiskalten Fluss und der Hungertod zu den Strafen.“
Kogalniceanu spielte eine wichtige Rolle bei der Abschaffung der Sklaverei im Lande. Er ist eine der wenigen rumänischen Quellen, die diese Zustände beschreiben. Die meisten Augenzeugenberichte über die Not der Roma-Sklaven waren schockierende Briefe von Reisenden, die die Situation dieser besonderen Gruppe beschrieben. Die offiziellen Dokumente schweigen sich über die Härten aus, denen die Roma ausgesetzt waren, aber sie geben Aufschluss über die Mentalität der orthodoxen Kirche und des Adels. Aus den Kaufverträgen auf dem Sklavenmarkt geht hervor, dass ein kräftiger Roma-Sklave 1600 n. Chr. so viel wert war wie ein Pferd und dass 1760 drei Roma so viel wie ein Haus kosteten. Im Jahr 1814, demselben Jahr, in dem Norwegen eine freie Nation wurde, wurde ein Roma-Sklave von einem rumänischen Kloster für denselben Preis wie drei Büffel verkauft.
Das Schweigen der Priester
Es ist sehr schwierig, über die Versklavung der Roma zu sprechen, ohne die heutigen Klöster und Kirchen zu erwähnen. Der erste schriftliche Beleg für die Anwesenheit von Roma in der Region ist ein Dokument, das die Schenkung von 40 Roma-Familien durch den Prinzen der Walachei an ein örtliches Kloster bestätigt. Die orthodoxe Kirche wurde schließlich zu einem der größten Sklavenhalter auf dem Kontinent. Damit muss sich die Institution laut Dumitru noch immer abfinden.
„Sie denken, dass es ihrem Ruf schadet, wenn sie über die dunkle Vergangenheit der Kirche sprechen“, sagt sie. „Sie weigern sich, das Thema Sklaverei zu erforschen und die Kirchenleitung verbietet den Priestern, das Thema anzusprechen. Wenn sie überhaupt darüber sprechen, dann sagen sie, dass die Roma von der Sklaverei profitiert haben und versuchen so, die Gräueltaten herunterzuspielen. Viele haben die Kirche um eine Entschuldigung gebeten, aber sie weigert sich, sich für ihre Geschichte als Sklavenhalterin zu entschuldigen.“
Lauritzen weist darauf hin, dass sich die Haltung der Kirche nicht nur in ihrem mangelnden Faktenwissen äußert. „Unsere Informanten berichten uns, dass die Kirche in Rumänien die Roma weiterhin sehr schlecht behandelt“, sagt sie. „In Siebenbürgen wurde eine Roma-Siedlung mit Bulldozern platt gemacht, um Platz für eine neue Kirche zu schaffen. Die Bewohner wurden auf eine Giftmülldeponie am Rande der Stadt umgesiedelt. Wir fanden auch Beispiele dafür, dass Priester den Roma den Zugang verweigerten oder ihnen >>
#78 | Jänner 2023 | 27
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Roma Lager © iStock
bis heute nicht erlauben, ihre Muttersprache zu sprechen. Wir betrachten dies als Teil des Erbes der Sklaverei.“
Der gleiche Kampf
Die Roma-Sklaven waren nicht nur versklavt und entmenschlicht, sondern wurden auch so brutal behandelt, dass wir uns den transatlantischen Sklavenhandel ansehen müssen, um Parallelen zu finden. Lauritzen hält den Vergleich für sehr aufschlussreich.
„Es gibt eine lange Tradition, die Roma mit der afroamerikanischen Bevölkerung zu vergleichen. Als Martin Luther King nach der Verleihung des Friedensnobelpreises im Jahr 1966 Stockholm besuchte, traf er sich mit der schwedischen Roma-Aktivistin Katarina Taikon“, erzählt Lauritzen. Bei ihrem Treffen erkannte er an, dass sie beide den gleichen Kampf führten. Er wies auf die vielen Parallelen zwischen den Afroamerikanern in den USA und den Roma in Europa hin. Aber die starke amerikanische Bürgerrechtsbewegung, die Dr. King vertrat, hat in Europa nie das Licht der Welt erblickt. Die Gründe, warum die Sklaverei auf den beiden Kontinenten so unterschiedlich behandelt wurde, sind komplex. Der amerikanische Bürgerkrieg, die US-Verfassung und die Entstehung der sozialen Protestbewegungen in den 1960er Jahren gaben den Amerikanern einen politischen Kontext, den die Rumänen nicht hatten.
„Rassismus und Diskriminierung sind in der rumänischen Gesellschaft nach wie vor weit verbreitet“, so Lauritzen weiter. „Es ist eine weit verbreitete Meinung, dass Rumänien alles für seine Roma-Bevölkerung getan, aber nichts funktioniert habe. Anstatt die Diskriminierung als Verletzung ihrer Rechte zu sehen, sagen die Leute: ‚Sie wollen nur nicht arbeiten‘ oder ‚Sie wollen nicht zur Schule gehen‘.“
Dumitru sagt, dass es deshalb so wichtig ist, dass wir etwas über die Sklaverei lernen. „Wir erfahren nichts über die Sklaverei, über die Verfolgung der Sklaven, die Vergewaltigung der Roma-Frauen und den enormen Beitrag der Roma-Sklaven zum heutigen Rumänien. Das Wissen über die Sklaverei kann ein erster Schritt im Kampf gegen Rassismus und zur Wiedergutmachung der Ungerechtigkeiten der Vergangenheit sein.“
Kaum jemand weiß, dass die Roma früher als Sklaven gehalten wurden. Ich glaube, dass wir, indem wir das ans Licht bringen, ein neues Verständnis für ihre heutige Situation schaffen werden.
Akzeptierter Rassismus
Die Sklaverei wurde in Rumänien 1856 abgeschafft. Die Klöster waren die letzten, die diese Praxis aufgaben. Etwa 250 000 Sklaven waren nun nicht mehr das Eigentum eines anderen, aber sie erhielten keine Entschädigung, kein Land oder andere Formen der Unterstützung, um ihr neues Leben zu beginnen. Die ehemaligen Sklavenhalter hingegen erhielten von der Regierung eine Entschädigung für die verlorene Arbeit. Wie im amerikanischen Süden überlebte das rassistische Bild, das die Sklavenhalter von den Menschen, die sie einst besaßen, gezeichnet hatten, noch lange nachdem die Ketten verschwunden waren. Es wurde zur Volksweisheit, dass man Romani nicht trauen könne, dass sie notorische Kriminelle mit geringer Intelligenz seien und dass die Frauen eine animalische Sexualität hätten.
„Wir treffen immer wieder auf solche Vorstellungen über Roma“, bestätigt Lauritzen. „Vor allem das Vorurteil, sie seien Lügner, ist so weit verbreitet, dass man es kaum als rassistisch bezeichnen kann. Viele glauben, dass Antiziganismus (Angst und Hass auf Roma-Minderheiten) die am meisten akzeptierte Form des Rassismus ist, auch hier im Westen. Man muss sich nur die Kommentare ansehen, wenn über Armutsmigration und Betteln geschrieben wird. Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Einerseits wird behauptet, die Roma würden lügen, wenn sie sagen, sie seien arm. Auf der anderen Seite heißt es, die Roma würden von finsteren Gestalten im Hintergrund ausgebeutet. Wenn die Menschen das tatsächlich glauben, ist es erstaunlich, dass sie keine Bereitschaft zeigen, den Opfern aus etwas zu helfen, was sie für moderne Sklaverei halten. Das Einzige, was viele Menschen interessiert, ist, sie aus ihrem Blickfeld zu entfernen.
Unsere eigene Schande
Es gibt unzählige Gesetze, die den Weg für die Deportation und Verfolgung der Roma in Skandinavien ebneten. In Schweden zum Beispiel wurde die Tötung von Roma 1637 legalisiert. Im norwegischen Ausländergesetz von 1927 heißt es: „Zigeunern und anderen Landstreichern, die nicht nachweisen können, dass sie die norwegische Staatsbürgerschaft besitzen, ist die Einreise in das Königreich zu verweigern.“
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Roma Sklaverei © Dieudonné Lancelot
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Diese so genannte „Zigeunerklausel“ wurde erst 1956 wieder aufgehoben. Als 1934 insgesamt 68 Roma, die meisten von ihnen norwegische Staatsbürger, die Einreise nach Norwegen verweigert wurde, meinte Ragnvald Konstad, Leiter des zentralen Passamtes, dazu: „Es macht mir wirklich Freude, ihnen die Einreise zu verweigern.“ Paal Berg (Präsident des Obersten Gerichtshofs in Norwegen) sagte über die Rechtsgrundlage für die Einreiseverweigerung, dass „dieses Gesetz neu ist, aber keiner weiteren Begründung bedarf“. 66 norwegische Roma wurden nach Auschwitz-Birkenau deportiert, von denen nur vier den Zweiten Weltkrieg überlebten. Die genaue Zahl der während des Krieges getöteten Roma ist ungewiss, aber 500.000 werden oft als Referenzpunkt verwendet.
„Die Tatsache, dass der Holocaust auch Roma betraf, ist wahrscheinlich besser bekannt als die Geschichte der Sklaverei der Roma“, sagt Lauritzen. „Aber es hat lange gedauert, bis der Roma-Holocaust als das anerkannt wurde, was er war: ein Völkermord. Und erst ab 1963 konnten die Betroffenen eine Entschädigung durch die Bundesrepublik Deutschland beantragen. Obwohl es fast 170 Jahre her ist, dass die Roma-Sklaven befreit wurden, sind wir von einer ähnlichen Aufarbeitung dieses Teils unserer Geschichte noch weit entfernt.“
Der Kampf hat begonnen
Obwohl sie bei ihrer Arbeit ständig auf Vorurteile und Ignoranz stößt, ist Solvor Mjøberg Lauritzen Optimistin. Sie ist sich sicher, dass eine neue Generation von Roma dabei ist, sich gegen das Schweigen über die Sklavenvergangenheit Rumäniens zu erheben und Veränderungen zu fordern.
In den letzten Jahren haben immer mehr Roma mit der Aufarbeitung dieser Geschichte begonnen. Roma-Aktivisten, -Wissenschaftler und -Künstler arbeiten daran, die Wahrheit ans Licht zu bringen und eine Entschädigung zu erreichen. Die norwegischen Roma erhielten 2015 eine Entschuldigung von Ministerpräsidentin Erna Solberg sowie Mittel für ein lang erwartetes Kulturzentrum als Entschädigung für das Unrecht, das ihnen während des Zweiten Weltkriegs widerfahren ist. Es ist bemerkenswert, dass etwas Ähnliches in Rumänien nicht geschehen ist. Maria Dumitru und andere Roma-Wissenschaftler und -Aktivisten haben klare Vorstellungen davon, was in Rumänien geschehen sollte.
„Die orthodoxe Kirche und die Nachkommen des Adels müssen die Tatsache anerkennen, dass es Sklaverei gab und dafür Buße tun“, sagt Dumitru. „Als die Roma freigelassen wurden, erhielten sie nichts: keine finanzielle Entschädigung, um ein Leben als freie Menschen zu beginnen. Jetzt sollten ihre Nachkommen für die Arbeit ihrer Vorfahren bezahlt werden. Der Rassismus, der während der Sklaverei entstand, ist tief verwurzelt und weit verbreitet. Jetzt brauchen wir Instrumente, Richtlinien und Gesetze zur Bekämpfung des Rassismus.“
Geprüft von Jan Selling, Senior Lecturer für kritische Roma-Studien und Dozent für Geschichte an der Universität Södertörn.
Übersetzt von Englischen von Lisa Luginbuhl. Mit freundlicher Genehmigung von Oslo/Norge/International Network of Street Papers
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Bukarest © iStock
Roma-Mädchen © Europeana –National Library of Serbia via unsplash
VERANSTALTER AKZEPTIEREN
DEN KULTURPASS FÜR FREIEN/ERMÄSSIGTEN EINTRITT
Infos über den Kulturpass unter www.hungeraufkunstundkultur.at
Do., 05.01.
20.30 Uhr, Spielboden, Dornbirn
KREBSHILFE BENEFIZKONZERT BACK AGAIN
Konzert
—
Do., 05.01.
22 Uhr, Conrad Sohm, Dornbirn DREI-KÖNIGS-CLUBBING Musik —
Fr., 06./Sa., 14./So., 15.01.
15 Uhr, Kammgarn, Hard FRIEDRICH WILL FLIEGEN Puppentheater Hard
—
Fr., 06. + Sa., 07.01. 20 Uhr
So., 08.01. 17 Uhr
Theater Kosmos, Bregenz
THEATER MORIF: DIRTY DISHES
Sozialkomödie über das Schicksal illegal Beschäftigter —
Fr., 06.01.
20.30 Uhr, Spielboden, Dornbirn
NEUJAHRSKONZERT – TAPE MOON
Gratis-Konzert
—
Sa., 07.01.
14 Uhr, inatura, Dornbirn
DAS FEDERKLEID DER VÖGEL
Allgemeines und Bestimmung
Workshop —
So., 08.01.
10 Uhr, Jüdisches Museum, Hohenems
DAUERAUSSTELLUNG UND JÜDISCHES VIERTEL
So., 08.01.
10.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch
ANGELA STEIDELE: AUFKLÄRUNG
Ein Roman – Über Verheißungen und Abgründe im Zeitalter der Vernunft Literatur
—
So., 08.01. 11.30 Uhr & Sa., 21.01. 15 Uhr
Jüdisches Museum, Hohenems
AUSGESTOPFTE JUDEN?
Öffentliche Führung zur aktuellen Ausstellung
—
So., 08.01.
15 Uhr, Vorarlbergmuseum, Bregenz WAS UNS WICHTIG IST! HERAUSFORDERUNG KULTURERBE
Führung
—
Di., 10.01.
16 Uhr, Vorarlbergmuseum, Bregenz MEIN GRÖSSTER WUNSCH
Erzählcafé
—
Mi., 11.01.
19 Uhr, Remise, Bludenz FRANKREICH 2022
Kino. Franz. O.m.U.
—
Do., 12.01.
19 Uhr, Kunsthaus, Bregenz
OPERNATELIER – EINBLICK II
Im Opernatelier der Bregenzer Festspiele und des Kunsthaus Bregenz kann das Publikum die Entstehung einer neuen Oper über mehrere Jahre begleiten
—
Do., 12.01.
20.30 Uhr, Kammgarn, Hard ULAN & BATOR – ZUKUNST Kabarett
—
Fr., 13.01.
14.30 Uhr, Kunsthaus, Bregenz KUB ARTCLASS
Treffpunkt für kreative Jugendliche im KUB-Atelier. Gestalten, Filmen, Fotografieren
—
Öffentliche Führung
—
Fr., 13.01.
19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch
HEIDI SALMHOFER PRODUCTION: „OH MEIN GOTT“ VON ANAT GOV
Theater
—
Sa., 14.01.
14.30 Uhr, Vorarlbergmuseum, Bregenz
KREATIVATELIER: AUF EIGENE
GEFAHR – VOM RISKANTEN
WUNSCH NACH SICHERHEIT
Workshop für Kinder
—
Sa., 14.01.
15 Uhr, Spielboden, Dornbirn
SUZAN SMADI: EIN HAUCH VON KALTEM WETTER
Kinder —
Sa., 14.01. & Di., 31.01.
19.30 Uhr, Spielboden, Dornbirn
ELFRIEDE JELINEK – DIE SPRACHE VON DER LEINE LASSEN Film —
Sa., 14.01.
19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch
FEIERABEND: LIEDER UND
GESCHICHTEN AUS DEM LEBEN EINES BESTATTERS
Musikkabarett —
Sa., 14.01.
20 Uhr, Remise, Bludenz
MANU DELAGO
Konzert —
Di., 17.01.
9 Uhr, Domino's Hus, Frastanz
ZISCHTIG MORGA
Literatur —
Di., 17.01.
17 Uhr, Kunsthaus, Bregenz
ART'S BIRTHDAY
Direktorführung mit Thomas D. Trummer
—
30 |
Veranstaltungskalender
Di., 17.01. bis 18.02. Stadtbibliothek, Dornbirn
50 JAHRE WILLI WIBERG –HOCH SOLL ER LEBEN!
Ausstellung: Willi ist ein ganz normaler Junge, der mit einem ganz normalen Vater in einer ganz normalen Wohnung irgendwo in einem Hochhaus lebt. Daraus entstand „Gute Nacht, Willi Wiberg“, ein Bilderbuch, das 1972 in Schweden erschien. —
Mi., 18.01.
20 Uhr, Metrokino, Bregenz SCHACHNOVELLE
Kino
—
Do., 19.01.
18.30 Uhr, Vorarlbergmuseum, Bregenz MUZEN Meditation —
Do., 19.01.
19 Uhr, inatura, Dornbirn
GEFANGEN – VERGIFTET –GESCHOSSEN
Wildtierkriminalität in Österreich Vortrag —
Fr., 20.01.
16 Uhr, Stadtbibliothek, Dornbirn
BI:JU ONLINE-TALK – GOOD VIBES FÜR DIE SEELE
Wie können wir uns in stürmischen Zeiten mental fit halten? Was ist Stress überhaupt und wie kann er sich auf uns auswirken? Techniken und Tipps, damit es uns auch in stressigen Zeiten gut geht.
—
Fr., 20.01.
19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch
THEATER KOSMOS PRÄSENTIERT: DOSTOJEWSKI & JAZZ
Lesung und Musik —
Fr., 20.01.
20.30 Uhr, Kammgarn, Hard OSM OBERSTÄDTLER STUBENMUSIK Musik —
Sa., 21.01.
10 Uhr, Stadtbibliothek, Dornbirn
KINDERLESUNG – EIN SCHATZ
AUF DEM SCHULHOF
Ab 6 Jahren mit Kinderbuchautorin Heidemarie Brosche
—
Sa., 21.01.
19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch
INGRID HOFER: KURZGESCHICHTEN VON TEDDY EDDY Kinder —
So., 22.01.
15 Uhr, Vorarlbergmuseum, Bregenz WELTSTATT ODER SO?
Brigantium im 1. Jh.n. Chr., Führung
—
Mi., 25.01.
19 Uhr, Remise, Bludenz FRANKREICH 2021
Kino. Franz. O.m.U.
—
Mi., 25.01.
20 Uhr, Spielboden, Dornbirn PETER MADSEN AND CIA PLAY SILENT MOVIES
Kurzfilme von Mabel Normand und Alice Guy-Blache
—
Mi., 25.01.
20.30 Uhr, Kammgarn, Hard CLIP FESTIVAL Bilder bewegen, bewegte Bilder
—
Do., 26.01.
19.30 Uhr, Spielboden, Dornbirn NEUE SPIELRÄUME – VOM MYTHOS ZUM SÜNDENBOCK Vortrag
—
Do., 26.01.
20.30 Uhr, Kammgarn, Hard MICHAEL KREBS #BeYourSelfie, Show
—
Fr., 27.01.
19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch
MIREILLE NGOSSO: FÜR ALLE, DIE HIER SIND
Ein kämpferisches Manifest für eine Politik, die verbindet
—
Fr., 27.01.
19.30 Uhr, Spielboden, Dornbirn LIEBE, AUF EDITHS SPUREN Film —
Sa., 28.01.
20.30 Uhr, Kammgarn, Hard
SWINGWERK BIG BAND FEAT.
THOMAS GERNTNER
Roger Cicero Tribute, Musik —
Di., 31.01.
19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch
DIE ERSCHÖPFUNG
FRAUEN
DER
Vortrag und Gespräch in Zusammenarbeit mit dem Frauenmuseum Hittisau —
1.e5! [Weiß muss genau spielen. Das sofortige Nehmen 1.fxg4? führt nach 1...Lxh2+! 2.Kxh2 Txd1
3.Sc3 Tf1 4.Sb3 h5! zu einer unklaren Position mit beidseitigen Chancen.] 1...Lxf3 [1...fxe5?! 2.fxg4 und Schwarz hat nur einen Bauern für die verlorene Figur.] 2.gxf3 fxe5 [2...Lxe5?! 3.Txd8+ Kxd8 4.Sxb7+ Kc8 5.Sa5 Schwarz hat auch hier nur einen Bauern für die Minusfigur.] 3.Sc3 Im höheren Sinn steht Weiß auf Gewinn, allerdings benötigte der Anziehende noch gute Endspieltechnik, um den ganzen Punkt einzufahren.
1.Lh3! [Der einzige Zug, der die Mattdrohung 1...Th2+ 2.Kg1 Tfg2# abwehren kann und sozusagen "nebenbei" selber ein Mattnetz schnürt.] 1...Th2+
2.Kg1 Da auch die beste Fortsetzung 2...Tc2 3.Txc2 Txc2 4.a6 völlig hoffnungslos ist, gab Schwarz auf. 1.g5! Nur dieser Zug bringt Weiß auf die Siegerstraße. 1...De7 2.Sg4! Folgerichtig gespielt. Der weiße Springer nimmt die schwarzen Felderschwächen f6 und h6 ins Visier. 2...Txd4 [2...e5 3.Sxe5 Txd4 (3... Dxe5? scheitert natürlich an 4.Txd8+) 4.Dxd4 führt zur Partiefortsetzung (Abweichung 3...e5).] 3.Dxd4 Tc4? [3...e5 4.Sxe5 Weiß steht klar auf Gewinn. Der Anziehende hat einen Bauern mehr und alle Figuren stehen aktiver als die vom Gegner. Außerdem ist die Drohung Sg4 mit der Idee Sh6+ äußerst unangenehm.] 4.Sh6+ Schwarz wollte sich das Matt 4...
Kf8 5.Dh8# nicht mehr zeigen lassen und warf das Handtuch.
Rechenrätsel
Für Anfänger = 18, Für Fortgeschrittene = 17
Für Genies = 39
#78 | Jänner 2023 | 31
5 9 1 7 1 4 8 5 2 3 6 8 9 3 6 1 4 9 4 2 7 2 8 5 6 7 3 4 6 7 2 5 9 6 7 1 5 9 2 7 1 8 8 3 5 1 8 3 3 4 6 9 2 4 8 3 2 3 8 6 4 9 3 7 4 1 2 5 4 6 2 7 9 6 5 1 7 9 5 1 8 2 3 1 LÖSUNGEN Schachecke
Sudoku
Die Firma blum unterstützt die Berichterstattung über privat initiierte, gemeinnützige Projekte in Vorarlberg.
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