Mittendrin in V
Nicht so gemeint? Wo beginnt Diskriminierung? Und trifft sie eigentlich weniger, wenn keine böse Absicht dahintersteckt? Eine Reflexion. Text: Simone Fürnschuß-Hofer, Foto: Elevate via pexels
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tellen Sie sich folgende Situation vor: Schauplatz Bäckerei. Sie sind an der Reihe, sagen der Bedienung, was Sie möchten. Und dann das: Eine Kundin hinter Ihnen nestelt an Ihrem Rucksack herum, öffnet wild entschlossen den Reißverschluss, nimmt das Brot entgegen und verstaut es in Ihrem Ranzen. Wie fänden Sie das? Also, ganz ehrlich, wenn sich wildfremde Personen ungefragt an meinen persönlichen Sachen zu schaffen machen, ist mein erster Impuls kein wohlwollender. Vielen Menschen mit Behinderungen geht es genau so: Über ihren Kopf hinweg wird entschieden, was für sie „das Beste ist“. Ohne sich zu erkundigen, ob Hilfe benötigt oder gewünscht ist, schreitet man zur gut gemeinten Tat. Nicht selten werden dabei auch Körpergrenzen übergangen. Kein Wunder also, wenn das gut Gemeinte von Menschen mit Behinderungen als übergriffig und bevormundend erlebt wird. Schlägt dann den Helfenden statt Dankbarkeit Widerstand oder gar Unmut entgegen, fühlen auch sie sich gekränkt. Umso wichtiger ist es, Dynamiken wie diesen zuvorzukommen, indem man sie bewusst macht. Die tatsächlich so gemachte Einkaufserfahrung eines Rollstuhlfahrers in einer Bäckerei ist nur eine von vielen Erfahrungen, die Blogger:innen auf Online-Plattformen wie beispielsweise dieneuenorm.de oder unter dem Hashtag AbleismTellsMe teilen. Auch der Vorarlberger Monitoring-Ausschuss fungiert als eine Meldestelle für Diskriminierungserfahrungen und will bei seiner im Juni stattfindenden, öffentlichen Sitzung das Thema breit diskutieren. Wobei Diskriminierung sehr viele verschiedene Gesichter haben kann.