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48 | 23.5.2022 | INTERVIEW

Polizisten nach einer koordinierten Aktion in der Schweiz gegen die Mafia­ organisation ‘Ndrangheta im Sommer 2020

Bilder: Fedpol

Nicoletta della Valle, welche Themen beschäftigen Sie derzeit besonders? Ein Schwerpunkt sind die verschiedenen Mafiaorganisationen, die hierzulande aktiv sind. Im Vordergrund stehen dabei die ­italienische Mafia sowie die ­organisierte Kriminalität aus dem Balkan und den Staaten der früheren Sowjetunion.

«Wir wollen der Mafia das Leben unbequem machen» Nicoletta della Valle, Chefin des Bundesamts für Polizei (Fedpol), versucht, die organisierte Kriminalität zurückzudrängen. Aber es ist ein Kampf gegen Windmühlen: Zieht man eine Bande aus dem Verkehr, übernimmt bald die nächste. Text: Ralf Kaminski, Lisa Stutz

Wie unterscheiden sich diese Organisationen voneinander? Die italienische Mafia ist am längsten hier, sie kam schon mit den ersten Einwanderern in den 1960er-Jahren ins Land. Sie schätzt die Diskretion in der Schweiz und verhält sich entsprechend unauffällig, ist aber in sämtliche illegalen Geschäfte involviert: Drogen, Waffen, Menschenhandel, Geldwäscherei. Sie funktioniert in Familienstrukturen, die meisten Leute werden hineingeboren. Bei der organisierten Kriminalität aus der ehemaligen Sowjetunion stehen Oligarchen im Vordergrund, die mit ihrem teils durch Korruption erworbenen Geld in die Schweiz kommen, es hier waschen und von hier aus ihre Geschäfte machen. Aber nicht alle Oligarchen, die hier leben, sind kriminell. Und Banden aus dem Balkan? Die sprengen oft Bancomaten oder überfallen Geldtransporter, Waffen- und Schmuckläden. Bei ihnen gibt es keine vergleichbare strenge hierarchische Struktur wie bei der italienischen Mafia. Aber es gibt Kooperationen. Im Drogenhandel etwa arbeiten die albanische und italienische Mafia eng zusammen. Was war Ihr letzter grosser Fahndungserfolg? Im November 2021 konnten wir in einer koordinierten Aktion mit Italien 104 Personen in den Kantonen Tessin, Graubünden, St. Gallen und Zürich sowie in Kalabrien festnehmen, im Zusammenhang mit dem Handel von Kokain, Heroin und Waffen.


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