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Interview mit Berufsweg- beraterin Astrid Hochbahn
„All things grow with love“
worden. Viele fragen sich: Was kann ich machen, damit ich zufrieden bin? Man braucht da niemanden, der einem von außen noch Druck macht, sondern je
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Ein Interview mit Berufswegberaterin Astrid Hochbahn
Was verbirgt sich konkret hinter der Bezeichnung „Berufswegberatung“?
Mir geht es darum, einen Rahmen zu manden, der das ordnet. Die Hälfte der
schaffen, wo Leute klären können, was Menschen, die zu mir kommen, haben
sie für sich beruflich machen wollen. ganz viel im Kopf und wissen trotzdem
Entstanden ist das so: Beim Arbeitsamt nicht, was sie tun sollen. Sie wollen Hilfe
wird eigentlich nur geguckt, was braucht bei der Orientierung.
der Markt. Für mich heißt Berufswegberatung: Was will ich, was kann ich? Daraus eine berufliche Planung zu entwikkeln, das ist das Ziel. Wir sind heute 40 – 50 Jahre berufstätig. Das muss heute
Wer nimmt dein Coaching in Anspruch? Wem hilfst du weiter?
Es kommen Menschen, die jung sind und nicht wissen, was sie machen wollen. Das ist oft am Ende des Studiums. Aber auch Menschen bis Ende 60: Der Job gefällt nicht, sie denken über eine Gründung nach oder sind arbeitslos gepassen, das müssen wir gerne machen.
Wie genau läuft ein Coaching ab, gibt es da bestimmte Phasen oder Schritte?
Ich frage zuerst: Was ist der Auftrag? Was für ein Ziel willst du erreichen? Das ist die Richtschnur für die komplette Beratung. Bei vielen Menschen gibt es innere Spuren, was ihnen wichtig ist. Ich glaube, unser Beruf macht uns zufrieden, wenn wir Dinge haben, die für uns wichtig sind, die uns interessieren und die für uns sinnhaft sind. Diese Spurensuche ist spannend und unser ganzes Leben ist eine Reise, einen
Astrid Hochbahn
Mein Lieblingszitat: „All things grow with love“
Soziologin M.A., Systemische Therapeutin, Ausbildungen in klientenzentrierter Beratung und Paarberatung
Seit 1996 selbständig als Berufsweg-, Gründungs- und Unternehmensberaterin, Supervisorin und Coach, Trainerin und systemische Therapeutin
Veröffentlichung „Bring deine Idee zum Leuchten. Potenziale erkennen, Projekte realisieren, Visionen verwirklichen“, Metropolitan Verlag; 12/2018.
„Das Buch ist für Menschen, die sagen, ich habe eine Idee. Ich kann das als Hobby haben oder im Job oder mich selbständig machen. Mit geht es um ganz viel Ermutigung.“ von Stefanie Haverkock Ausdruck zu finden, wer wir sind. Das Schöne ist: Man darf sich heute irren. Man hat früher gedacht, man macht einen Beruf ein Leben lang. Heute kann man sich neu entwickeln oder zwischendurch neu entscheiden. Wichtig ist es, den eigenen Impulsen mit sehr viel Wohlwollen zu begegnen. Eine Berufswahl trägt nicht, wenn das Herz nicht dabei ist. Der innere Preis ist dann sehr hoch. Man kann dem eigenen Inneren vertrauen und dann einen guten Weg suchen, glaube ich. Widerspruch aushalten gehört auch dazu. Ein Beispiel: Zu mir kommen öfter Leute, die gemerkt haben, ihnen hat Coaching geholfen. Die überlegen Psychologie zu studieren, ihnen dauert aber das Studium zu lange. Da stellt sich die Frage: Welche anderen Möglichkeiten gibt es, Leute zu beraten? Es geht oft darum, die Kompetenzen zu erweitern und andere Möglichkeiten zu entdecken. Es kann sein, dass sie erst Weg 1 und dann Weg 2 versuchen und dann merken, es ist Weg 3, eine Kombination aus beiden Möglichkeiten. Die Frage ist immer, ob sich das Ziel authentisch mit den vorhandenen Kompetenzen verbindet. Jungen Leuten sage ich immer: Seid nicht so perfekt, macht euch nicht so einen Druck, probiert was aus!
4. Wie stelle ich mir den Berufsalltag konkret vor?
Ich finde mich unglaublich privilegiert, denn ich möchte wirklich nichts anderes mehr sein, als selbständig. Ich kann mir meinen Tag selbst einteilen und ich finde die Menschen spannend, die ich treffe und berate. Es gibt unter Berater*innen
den Satz: “Man kriegt immer die Klienten, die man braucht.” Ich gehe immer davon aus, dass das, was Menschen in sich haben, Sinn macht. Ich sitze oft schon früh mit Kaffee am Laptop und lese Mails und beantworte die. Ab 9 Uhr habe ich Termine. Ich gehe jeden Tag mit dem Hund mindestens ein Stunde spazieren, das ist meine Work-Life-Balance.
5. Wie gelingt es, andere Menschen mit Ideen anzustecken oder zu motivieren?
Die Spur, an der ich arbeite: Was lässt mich leuchten, brennen, strahlen? Wenn in mir was strahlt, muss ich die Tür aufmachen, um das rauszulassen. Ich glaube, wir reagieren darauf, wenn Menschen authentisch sind. Wenn ich merke, jemand glaubt das zutiefst, was er sagt, dann berührt mich das. Wenn es eingelernt ist, dann kommt es nicht an. Ich glaube, Visionen stecken an. Wenn ich andere begeistern will, muss ich sie mitnehmen in den Sinn. Das gilt auch für Verbände: Gibt mir der Verband Antworten auf meine persönlichen Fragen? Finde ich dort Geselligkeit, Freundschaft,
Quelle: Postkartenmotive mit Kindern – Astrid Hochbahn Sinn? Trage ich zu etwas bei? Wenn ich Menschen einladen will, dann geht es darum, Gefühle anzusprechen.
6. Gibt es von deiner Seite praktische Ideen, wie Menschen sich selbst motivieren können?
Ich bin ein totaler Fan von Zeitmanagement. Für mich bedeutet das, über Prioritäten nachzudenken. Immer wieder zu gucken: Was will ich erreichen und wie bringe ich das in eine Ordnung. Mein kleinstes Zeitmanagement: Was muss ich heute tun, damit ich abends zufrieden bin? Wir haben immer gute Gründe, wenn wir uns drücken. Meine Erfahrung ist: Wenn ich ausweiche, das ist ja leicht, dann sitze ich abends da und glaube immer weniger, dass ich das schaffe.
Die Pomodoro-Technik: Der Mensch, der das erfunden hat, hatte eine Eieruhr in Form einer Tomate. Er hat unbeliebte Tätigkeiten so strukturiert: Nur 20 Minuten, bis die Eieruhr klingelt. Die hat er Pomodori genannt. Unangenehme Aufgaben schafft man in vielen kleinen Schritten, das hält jede*r aus.
7. Du berätst auch zum Thema „Gründung“. Was müssen Menschen mitbringen, die ihre Idee umzusetzen wollen?
Da gibt es keine Voraussetzung. Die Idee, sich selbständig zu machen, will ja betrachtet werden. Die einzige Möglichkeit ist, sich Zeit zu geben, sich damit zu beschäftigen, ob ich es mache oder lasse. So ein Prozess ist nie verloren. Wenn man über Selbständigkeit nachdenkt, gerät man in eine Gestalter*innen-Perspektive.
Dein Leben ist kostbar und einzigartig. Was willst Du wirklich?
Kaufe Dir eine schöne Kladde oder ein Skizzenbuch und sammle Deine Ideen, Eindrücke und Erkenntnisse. Bemühe Dich nicht, eine durchgehende Ordnung zu entwerfen, sondern sammle einfach. Muster werden sich von ganz alleine einstellen. Du kannst auch Bilder, die Dich ansprechen, einkleben - Fotos; Worte; Schnipsel aus Zeitschriften…
• Der 88. Geburtstag – Welche Vision hast Du von einem gelungenen Leben?
Schreibe die Rede, die an Deinem 88. Geburtstag gehalten wird. Freunde, Familie, Arbeitskolleg*innen sind versammelt und eine*r nach der*dem anderen steht auf und würdigt Dich und Dein Leben. Was wird gesagt?
• Was würdest Du tun, wenn Du fünf Leben hättest? Was würdest
Du jeweils in diesen parallelen
Leben machen und werden wollen?
• Was würdest Du tun, wenn Du eine Million Euro im Lotto gewinnst?
• Was würdest Du tun, wenn Du nicht scheitern könntest?
Wen beneidest Du – um was? Neid ist ein spannendes Gefühl – wir beneiden Menschen nur, wenn wir etwas wirklich haben wollen und es für erreichbar halten.