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Epidemien durch die Epochen
von Alexander Eing
Seit Beginn seiner Geschichte muss sich der Mensch gegen Krankheiten zur Wehr setzen. Als Menschen noch in kleinen Stämmen als Jäger*innen und Sammler*innen lebten, war eine weite und schnelle Verbreitung von Infektionskrankheiten kaum möglich, doch mit dem Aufkommen von Städten und großen Hochkulturen bekamen auch die Erreger die Möglichkeit, sich schnell
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zu verbreiten und viele Menschen anzustecken.
Die ersten Epidemien, die dokumentiert wurden, gab es schon bei den alten Ägypter*innen. Schon im 14. Jahrhundert vor Christus kam es unter dem Pharao Amenophis III. zu einer Epidemie. Von einer Epidemie wird gesprochen, wenn viele Menschen innerhalb eines bestimmten Gebiets an der gleichen Ursache erkranken. Die Seuche zur Zeit von Amenophis III. erstreckte sich über Ägypten und die heutige Türkei. Die Ursache der Krankheit blieb allerdings unklar. Der Hethiterkönig Muršili, der ungefähr zur gleichen Zeit wie Amenophis III. lebte, hielt die Krankheit für eine Strafe der Götter gegen die Sünden seines Vaters und bat im Gebet darum, die Seuche, die schon 20 Jahre andauerte, endlich zu beenden. Auch im Christentum bestrafte Gott die Ägypter*innen, die die Israelit*innen versklavt hatten, mit einer Seuche. Heute können die zehn Plagen wissenschaftlich erklärt werden.
Knapp 3.000 Jahre später kommt es in der sogenannten „Alten Welt“ (Europa, Asien und Afrika) zu einer Pandemie, also zur Ausbreitung einer Krankheit über Länder und Kontinente hinweg. Diese Krankheit wurde später als „Schwarzer Tod“ bezeichnet, die Rede ist von der Pest. Diese wird durch ein Bakterium ausgelöst, das sich von Nagern auf Menschen übertragen lässt, Flöhe dienen dabei als Überträger.
Durch das Aufkommen großer Städte in Europa konnten sich Ratten gut verbreiten, so waren die optimalen Bedingungen für den Pesterreger geschaffen und die Krankheit konnte sich rasch ausbreiten. Für die Europäer*innen kam erschwerend hinzu, dass die Naturwis
senschaften zur Zeit der Pest keine große Rolle spielten. Krankheiten wurden oft nur mit Gebeten und Astrologie statt mit echter Medizin bekämpft.
Über Handelswege und Kriege kam die Pest um 1345 im Mittelmeerraum an und verbreitete sich rasch mit Schiffen in ganz Europa. Von 1347 bis 1353 starben etwa 20 bis 25 Millionen Menschen in Europa an der Pest, ein Drittel der damaligen europäischen Bevölkerung. Zeitzeugen berichteten, wie ständig Leichenwagen durch die Städte fuhren und Menschen auf Brettern statt auf richtigen Bahren aus der Stadt getragen wurden.
Im Mittelalter konnte die Krankheit durch strenge Quarantänemaßnahmen in gewisser Weise kontrolliert werden. So schloss Polen seine Grenzen und in Mailand wurden Häuser mit Pestkranken einfach zugemauert, damit keine Leute angesteckt wurden, die nicht mit den Kranken im Haus wohnten.
Aber nicht nur politische Reaktionen wandelten sich mit der Pesterfahrung, auch medizinisch führte die Pest zu einem Umdenken: Während die Pest wütete, glaubten Ärzte noch an die „Miasmentheorie“, nach der Krankheiten durch Dämpfe aus dem Boden verbreitet würden. Deswegen trugen viele Pestärzte Schnabelmasken, die mit einem essiggetränkten Schwamm und Kräutern ausgestattet waren und das Miasma aus der Luft filtern sollten. Als Therapien wurden Aderlasse (also Blutabnahmen) empfohlen und der Auslöser der Seuche wurde auf eine Dreierkonstellation aus den Planeten Saturn, Jupiter und Mars zurückgeführt. Erst durch die Schrecken der Pest wurden Tote in Europa untersucht und die Medizin wurde zusehends wissenschaftlicher.

Ganz anders war die Behandlung der Tuberkulose im 19. Jahrhundert. Es fiel auf, dass die Tuberkulose ansteckend war und sich von Mensch zu Mensch übertragen konnte. Therapeutische Ansätze, wie Resektionsverfahren, wurden erfolgreich eingesetzt. Dabei entfernte der Arzt die erkrankten Lungenabschnitte bei den Patient*innen. Im
Europa des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gehörte die Tuberkulose, vor allem in großen Städten, zur häufigsten Todesursache. Daher war die Entdekkung des Tuberkuloseerregers durch Robert Koch im Jahr 1882 bahnbrechend. 1905 wurde er für diese Entdekkung auch mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Durch die Entwicklung der Antibiotika (unter anderem durch Paul Ehrlich und Alexander Fleming) konnte schließlich eine äußerst wirksame und einfache Therapie gegen Tuberkulose gefunden werden.
Besonders erfolgreich war auch die Bekämpfung der Pocken. Schon seit etwa 1.000 vor Christus wird ein Impfstoff gegen das Pockenvirus verwendet, das immer wieder zu Epidemien auf der ganzen Welt führte. Dabei wurde Wundschorf von Pockenpatient*innen in die Nase der zu impfenden Person geblasen, ein gesunder Mensch konnte daraufhin Immunität gegen die Viren aufbauen. Mit der Zeit verbesserten sich die Impfstoffe immer weiter und in Deutschland wurde ab 1874 eine Impfpflicht gegen Pocken durchgesetzt. Diese konnte 1976 jedoch wieder aufgehoben werden, da das Virus bis zum Jahr 1980 weltweit ausgerottet wurde. Heute existiert das Virus offiziell nur noch in zwei Laboren in Atlanta (USA) und Kolzowo (Russland).
Die aktuelle Pandemie wird durch das Virus SARS-CoV-2 ausgelöst. Ihr Ursprung liegt vermutlich in China, dort wurde das Virus wahrscheinlich von einem Tier auf den Menschen übertragen. Die Weitergabe von Krankheiten von Tieren auf Menschen (oder andersherum) wird Zoonose genannt. Viele Krankheiten können von Tieren auf den Menschen übertragen werden und lösten Epidemien aus, so auch die Pest, Tuberkulose, Ebola, Malaria und die Vogel- und Schweinegrippe.
Auch in der Corona-Pandemie zeigt sich, dass Hygiene- und Quarantänemaßnahmen sinnvoll zur Eindämmung von Krankheiten sind und deshalb ernst genommen werden sollten. Die Entwicklung eines Impfstoffes geht zwar voran, wird aber sicherlich noch dauern.
Jede*r Einzelne sollte sich also an die Schutzmaßnahmen halten, damit das Virus weitgehend eingedämmt wird und Risikogruppen bestmöglich geschützt werden.