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Soziale Kälte

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NRW am 1. Oktober

NRW am 1. Oktober

Alfred Annawitt und Michael Steinwidder (Jahresgage zwischen 180.000,– und 210.000,– Euro): Wenig Gespür für Mitarbeiter. Chefetage des Leykam-Konzerns agiert im Stil alter Kapitalisten. Mitarbeiter zum freiwilligen Urlaubsverzicht gedrängt. Mehrheitseigentümer ist über eine Stiftung die steirische SPÖ.

SOZIALE

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ÖGB-Landessekretär und Betriebsratsobmann unisono: „Ein bewusster Rechts- und Gesetzesbruch.“

in Affront gegen konzerneigene Arbeitnehmer nach demE Motto „Arbeitnehmerschutz ade“. Die Chefetage bei Leykam ist selbst mit Jahresgagen bis zu 200.000,– Euro ausgestattet und wartete nun im Dezember 2005 mit einem unfassbaren Vorstoß auf: Sie drängte etwa 30 Mitarbeiter im Mittelmanagement durch mündliche Gespräche und ein Schreiben dazu, auf Urlaubsguthaben von rund 100.000,– Euro „aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation des Unternehmens“ zu verzichten. Die Mitarbeiter beugten sich dem Wunsch, „obwohl das ein klarer, bewusster Rechtsbruch von Seiten des Vorstands war“, wie Betriebsratsobmann Walter Zöhrer und Landessekretär Andreas Berger festhalten. Der ÖGB-Sekretär erfuhr aus den Medien davon, intervenierte sofort, aber erst nach einem Telefonat mit ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer gingen die Vorstände Alfred Annawitt und Michael Steinwidder letztendlich in die Knie.

Schachner übergangen

„Kein Arbeitgeber kann vom Dienstnehmer verlangen, auf den Urlaub zu verzichten, das ist unzulässig und ein Rechtsbruch“, stellt AK-Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Nagelschmied unmissverständlich fest, „denn der §12 im Urlaubsgesetz ist eine zwingende Bestimmung. Auch wenn der Arbeitnehmer einen Verzicht unterschrieben hat, ist das nichtig und nicht rechtswirksam.“ Darauf baute von Anfang an auch die Argumentation von Andreas Berger, Landessekretär der Gewerkschaft Druck, Journalismus und Papier Steiermark, im Konflikt zwischen der Leykam-Chefetage und den Arbeitnehmern auf. Berger erfuhr von diesem Rechtsbruch der Chefetage des indirekt im Mehrheitsbesitz der SPÖ befindlichen Leykam-Konzerns, kontaktierte den Betriebsrat und musste dort erfahren: „Es ist schon alles passiert, was soll man machen.“ Berger fand das Vorgehen der Leykam-Führung völlig unakzeptabel. Er forderte die Geschäftsführung dennoch auf, die Maßnahme unverzüglich zurückzunehmen, weil das ein klarer Gesetzesbruch sei. Sollte das nicht geschehen, so drohte er gewerkschaftliche Schritte an (siehe Faksimile vom 1. 6. 2006). „Ich war daraufhin auch bei Peter Schachner, dem Aufsichtsratschef des Leykam-Konzerns. Er war offensichtlich falsch informiert, weil er meinte, es betreffe nur eine Hand voll Mitarbeiter. Ich erklärte ihm, dass es 30 wären.“ Schachner versprach, die Sache zu regeln. Wenige Tage später kam auch die Information über die „Regelung“. Die Mitarbeiter sollten nun einen „Verzicht auf

KÄLTE

den Verzicht“ unterschreiben. Betriebsratsobmann Walter Zöhrer, zugleich auch Landesvorsitzender der Gewerkschaft Druck, Journalismus und Papier Steiermark: „Wieder ein Vorgehen, das vom Gesetz her nicht erlaubt ist.“ Die betroffenen Mitarbeiter hatten offensichtlich Sorge, irgendwelche nachteilige Konsequenzen dadurch zu erleiden. Nur einer wagte es, den „Verzicht auf den Verzicht“ zu unterfertigen. Doch Andreas Berger ließ nicht locker: „Ich hab’ mit Annawitt gesprochen, er verteidigte sich damit, dass es sich bei den Mitarbeitern nicht um entmündigte Menschen handle und man könne keinen zwingen, zu unterschreiben.“ Berger zeigte sich sehr verwundert über das neuerliche Vorgehen und den Sarkasmus. Aber auch darüber, dass sich die beiden Vorstände des Leykam-Konzerns Alfred Anna- Leykam-Aufsichtsratschef Schachwitt und Michael Steinwidder ner und ÖGB-Präsident Hundstorfer einfach über die Empfehlung (als Großkunde) mussten intervedes Mehrheitseigentümers, nieren. Erst dann gingen Annawitt des Aufsichtsratschefs Peter und Steinwidder in die Knie. Schachner, hinwegsetzten. Dieser überrascht zu Klipp: „Ich habe klar auf den Gesetzesbruch hingewiesen und gesagt, entweder soll der Urlaub ausbezahlt oder konsumiert werden.“

Bodenhaftung verloren

„Wir haben dann ein Mail an ÖGB-Präsident Hundstorfer geschickt und in diesem darauf aufmerksam gemacht, dass der ÖGB seine Zeitschrift, aber auch andere Drucksorten bei Leykam bzw. im Let’s-Print-Konzern (auch er gehört mehrheitlich der steirischen SPÖ) drucken lasse. Wir betonen in den letzten Monaten immer wieder unsere Hauptaufgabe, die Vertretung unserer Mitglieder – auch in unserer Zeitung – und lassen unsere Zeitschrift in einer Druckerei fertig stellen, die Gesetze einfach bricht. So kann es ja nicht sein“, so Andreas Berger. Die Reaktion von ÖGB-Präsident und Leykam-Großkunde Hundstorfer kam prompt. Er informierte sich noch einmal beim Betriebsratsobmann und sprach daraufhin mit Alfred Annawitt, dem Chefmanager. Andreas Berger: „Unmittelbar darauf hat uns Kollege Hundstorfer mitgeteilt, dass der verzichtete Urlaub für jeden Einzelnen wieder auf dessen Urlaubskonto gutgeschrieben wird. Und das wird von uns kontrolliert.“ „Die beiden Vorstände Annawitt und Steinwidder sind bestens verdienende Manager und mittlerweile als Aktionäre des SPdominierten Konzerns sehr vermögend. Da verliert man leicht die Bodenhaftung“, so Leykam-Mitarbeiter Max Mustermann (Name von der Redaktion geändert). ❖

… Mitarbeiter sollen „Verzicht vom Verzicht“ unterschreiben.

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