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Jazzsommer

JAZZFANS PILGERTEN AUF DEN GRAZER SCHLOSSBERG
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Die barfüßige „Diva der Karibik“ – Izaline Calister war mit ihrer einzigartigen Mischung aus karibischer Musik und Jazz ein Programmhöhepunkt. Rechts: Volles Haus beim Konzert von Abdullah Ibrahim.
Fotos (3): www.weixler.org

n diesem Jahr gab es den Gra-Izer Jazzsommer erstmals in den Kasematten auf dem Schlossberg und nicht nur am Mariahilferplatz. Er ist vor acht Jahren vom damaligen Kulturreferenten des Landes Peter Schachner finanziell gefördert und damit möglich geworden. Der Jazzsommer entwickelte sich zu einem internationalen Highlight für Graz, wie etwa auch das Festival „La Strada“ oder „Styriarte“. Bis zum Vorjahr gab es GratisEintritt, heuer hieß es erstmals zahlen. Doch die Jazzfans nahmen das in Kauf. Sie pilgerten auf den
Schlossberg. Ein Gespräch mit
Gogo Jesernik, dem Organisator und Veranstalter.
Jesernik: Ich bin natürlich froh, dass es so gut gelaufen ist. Meine
Erwartungen und Hoffnungen sind übertroffen worden. Natürlich sind es nicht mehr die Massen wie am Mariahilferplatz.
Dazu ist auch der Platz nicht vorhanden, aber es ist damit der Musikgenuss beträchtlich erhöht worden. Denn die Kasematten bilden eine fantastische Atmosphäre. Klipp: Wenn man das Glück hat, rechtzeitig auf den Schlossberg zu kommen. Wir haben erlebt, dass es viele verärgerte Fans gab, weil die Schlossberg-Bahn streng nach Fahrplan und nicht nach Andrang fuhr. Auch im Schlossberg-Lift kam man ohne Ticket nicht auf den Berg, weil dort extra eine Security abgestellt worden war. Also die Begleitumstände sind ja nicht so toll. Jesernik: Ja, leider gab es diese Probleme. Doch wir haben uns bemüht, gemeinsam mit den Stadtwerken, diese Dinge in den Griff zu bekommen. Klipp: Warum haben Sie eigentlich den Mariahilferplatz aufgeben müssen, der ja wirklich zentral liegt und optimal erreichbar ist? Jesernik: Wir konnten einfach die Sicherheitsauflagen der Polizei und des Straßen- und Brückenbauamtes nicht mehr erfüllen. Die Mängel waren für mich als Veranstalter zu risikoreich; passiert etwas, dann hafte ich voll dafür. Es gab zusätzlich gewaltige Beschwerden der Anrainer, der umliegenden Geschäfte. Nichts hat den Herrschaften dort gepasst. Wir haben die Location ja nicht freiwillig aufgegeben.
Nach den Kasematten ging es im Dom im Berg weiter.


Veranstalter Gottfried Jesernik: „Jazzsommer hat auch international große Werbewirksamkeit. Land und Stadt müssen für die Zukunft klare Entscheidungen treffen.“
Klipp: Wie das? Es gibt doch nun eine Konkurrenz-Veranstaltung, auch mit Jazz, am Mariahilferplatz. Jesernik: Das ist ja das Eigenartige. Sie ist zwar viel kleiner – ich will sie aber nicht kleinreden – und wird von denen organisiert, die jahrelang dagegen waren, dass wir das am Mariahilferplatz bei freiem Eintritt machen. Dort gibt es aber nun auch freien Eintritt. Die dortige Gastronomie hat sich jahrelang gegen eine Beteiligung gewehrt, obwohl sie natürlich gute Geschäfte gemacht haben. Jetzt versucht man eben, diesen Einnahmen-Ausfall wettzumachen, und der Tourismus unterstützt die Veranstaltung mit 30.000,– Euro und 3.000,– Euro kommen aus dem Handelsmarketing. Klipp: Weil Sie das Geld ansprechen. Wie sieht denn die Finanzierung des Jazzsommers aus? Jesernik: Das Land zahlt heuer 370.000,– Euro und 100.000,–Euro kommen von der Tourismus Gesellschaft. Keinen Euro gibt es vom Kulturressort der Stadt. Klipp: Das ist weniger als in den Vorjahren? Jesernik: Ja, die Lücke versuchen wir daher auch mit den Eintrittskarten zu schließen. Die Karten kosten von 5,– Euro – das sind Stehplätze – bis 30,– Euro für Sitzplätze in den vordersten Reihen. Ich muss allerdings hinzufügen, dass üblicherweise Karten für derart hochkarätige Veranstaltungen und Konzerte anderswo zumindest 60,– Euro kosten. Klipp: Wenn der Verkauf so gut gelaufen ist, wie Sie früher gesagt haben, dann sollte doch die Zukunft des Jazzsommers nicht in Frage gestellt sein. Jesernik: Es wäre schön, wenn das so wäre. Denn mit diesen Kartenpreisen kann man das Festival nicht allein finanzieren. Klipp: Was muss also dann passieren? Jesernik: Stadt und Land müssen sich ja auch für die Zukunft entscheiden, es geht nicht anders, dass man erst – so wie heuer – im April wirklich die Sicherheit hatte, budgetieren zu können. Denn dann bekommst du auch nicht mehr die Top-Künstler, die man früher buchen muss. Das Programm für 2007 muss spätestens schon im Dezember stehen und da muss auch die Finanzierungszusicherung da sein. Klipp: Die Gastronomie und der Tourismus freuen sich und bejubeln den Jazzsommer. Jesernik: Man braucht ja nur herumzuschauen; seitdem es „La Strada“ und den Jazzsommer gibt, pulsiert die Stadt in den Sommermonaten, wo früher tote Hose war. Unsere Veranstaltung hat sich europaweit einen großen Namen gemacht. Es kommen jährlich viele TV-Stationen nach Graz, die über den Jazzsommer ausführlich berichten – ob aus Deutschland, Italien, der Schweiz, Frankreich, Slowenien. Alle wollen den Jazzsommer ins Bild bringen. Die Werbewirkung für Graz ist gewaltig. Das Flair der Stadt hat damit gewonnen. Die Besucher – auch aus der übrigen Steiermark und aus Österreich – kommen ja nicht nach Graz in dieser Zeit, um im Stadtpark oder in Eggenberg die zugegeben netten Eichhörnchen zu füttern. Graz hat mit dem Jazzsommer die Chance, sich europaweit einen Namen zu machen, wie es bereits das Jazzfest von Wien oder von Montreux hat. Man muss jedoch voll hinter dieser Veranstaltung stehen. Dass eine solche Strategie Erfolg hat, zeigt sich ja auch in Salzburg. ❖
AM BEISPIEL DER STEIRERKRONE – LEUCHTENDES BEISPIEL FÜR OBJEKTIVITÄT
raktisch tagtäglich berich-Ptete die Steirerkrone in den Monaten Juli und August in den letzten Jahren über den Jazzsommer in Graz. Man lobte diesen – sicher zumeist zu Recht –als das Kulturereignis des Sommers in der Stadt, zog es doch tausende bei Gratiseintritt zum Mariahilferplatz. Wiewohl andere –sprich Land und Stadt – die Finanzierungs- und Förderungsmittel dafür beistellten, sprach das nicht schüchterne Kleinformat stets vom Krone-Jazzsommer. Natürlich auch nicht zu Unrecht, war doch die Steirerkrone der Medienpartner für diese musikalische Sommer-Veranstaltung. Heuer gab es keinen Jazzsommer mehr. Diesen Eindruck vermittelt zumindest die Steirerkrone, wenn man sie durchblätterte. Zum Glück war die Wirklichkeit eine andere. Denn es gastierten in diesen Wochen wieder internationale Jazz-Größen in Graz, die der Krone noch im Vorjahr Titelfotos und große Berichte wert waren. Mehr noch, in den vergangenen Jahren waren sie die Sensation, das Ereignis. Weil die Krone nicht mehr der Medienpartner des Jazzsommers war, strafte sie ihre Leser damit, nichts Genaueres über diesen zu erfahren. „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Ein toller Jazzsommer in Graz ohne Unterstützung der e i n f l u s s r e i c h e n Krone. So einfach ist das: Kann man sich das Federl des Jazzsommers nicht mehr an den Steirerkrone-Hut heften, ist der Jazzsommer journalistisch passé. Wie in den Redaktionsstuben der großen steirischen Tageszeitungen gedacht wird, zeigt sich auch bei anderen Ereignissen. Nicht nur in der Krone, sondern auch in der Kleinen. Das jährliche Stadtfest der Krone, wo zigtausend Menschen in Graz unterwegs waren, die Innenstadt füllten, war der Kleinen meist nur ein Bild, ein Foto mit Text, sogar ohne Namensnennung des Veranstalters wert. Der Faschingsumzug oder das Altstadtkriterium der Kleinen Zeitung wiederum – ebenfalls mit zigtausenden Zuschauern – sind der Krone stets gerade mal einen Zwei- oder Drei-Spalter wert. Als Leser hat man einen Anspruch auf eine Berichterstattung, die dem jeweiligen Großereignis gerecht wird. Machen es Medien anders, dann ist das unprofessionell und –was noch schwerer wiegt – zutiefst provinziell. ❖

lesen schärft den Blick