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KLIPP COVERSTORY
Titelstory
Rettender Befehl „Wasser Marsch“
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Feuer am Dach

der Feuerwehr – es gibt zu viele im Land
Rekord: Gleich acht Wehren in einer Gemeinde mit 2400 Einwohnern
Sie stehen im Brennpunkt von Katastrophen. Sie löschen, retten, helfen – die 49.000 Florianijünger. Die Bevölkerung schätzt sie wie keinen anderen Berufsstand. Die Kehrseite der Medaille: Die Politik nützt dies für ihre Zwecke schamlos aus. Oft kommt Farbe vor Uniform. Heiß umworben sind die 700 Feuerwehren mit ihren Millionenbudgets auch von den Ausrüstern. Kirchturmdenken von Politikern und Kommandanten sorgt für kostspielige Doppelgleisigkeit, viel Geld fließt in sündteure, verfehlte Ausrüstung, aber auch protzige Rüsthäuser. Es gibt zu viele im Land – und doch sind sie tabu. Politiker und Bürgermeister, die das ansprechen, überleben kaum die nächste Wahl.
Ein KLIPP-Report von HELMUT BAST und JÜRGEN LEHNER
Die ländliche Idylle von St. Peter am Ottersbach in der Oststeiermark tut dem Auge gut, beruhigt. Auch die 2400 Einwohner können beruhigt schlafen. Gleich acht Freiwillige Feuerwehren mit 500 Florianijüngern wachen darüber. Der Ort ist sicher ein Anwärter für das Guinness-Buch der Rekorde. Die meisten Feuerwehren gründeten sich zwischen 1880 und 1930. Jede Gemeinde hatte eine, damals gab’s allerdings kaum ausgebaute Straßen. In den letzten Jahrzehnten wurden Gemeinden zusammengelegt. Heute sind es 543 in der Steiermark – aber noch 700 Wehren! Die Zahl der Brände ging zum Glück zurück, die Aufgaben ändern sich. Doch Kirchturmdenken und Eitelkeiten verhindern eine offene, ehrliche Diskussion über zeitgemäße Strukturen. Eine Trumpfkarte der Altvorderen: die Zauberworte „Kameradschaft“ und „Gemeinschaftsgefühl“ gingen verloren, würden vernichtet. Schulen, Gerichte, Gendarmerieposten, Geschäfte, Gasthäuser, Bahnhöfe, Postämter, Pfarren werden geschlossen, ja sogar Spitäler und Gemeinden zusammengelegt. Nur die Feuerwehren im Land sind unberührbar, so etwas wie heilige Kühe. Wenn’s uns namentlich anführen, dann können wir mit unseren Familien auswandern“, betonen junge, engagierte und begeisterte Feuerwehrleute im KLIPP-Gespräch. Sie wissen, dass vieles unrund läuft. „Wer aber nach außen geht, ist tot, da verstehen die altvorderen Kameraden keinen Spaß.“ Aber
alle sind sich einig: Die Freiwilligen Feuerwehren sind wichtig im Land, die Männer und Frauen stellen einen bedeutenden Sicherheitsfaktor dar, befriedigen das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung. Sie sind zur Stelle, sichern ab, bergen Mensch und Güter, pumpen Keller aus … Hochwasser, Verkehrsunfälle, Brände, aber auch technische Dienste wie Wassertransporte –beinah täglich sind die Rettungsaktionen der heimischen Feuerwehren in den Schlagzeilen. Sie sind unabdingbarer Bestandteil eines funktionierenden Katastrophenschutzes. Viele spenden den Feuerwehren lieber als allen anderen. In benachbarten Bundesländern gibt es noch mehr davon: Das um 4.000 km2 kleinere Oberösterreich bringt es sogar auf 895 Freiwillige Feuerwehren, 36 Betriebsfeuerwehren sowie eine Berufsfeuerwehr in Linz mit 87.000 Mitgliedern plus 8000 jugendlichen Florianijüngern. Das nur 3000 km2 größere Niederösterreich ist jedoch Rekordhalter: Gleich 1663 Freiwillige
und 80 Betriebsfeuerwehren mit fast 83.000 Mitgliedern (plus mehr als 3000 Jungen) sind wohl für jede Katastrophe gerüstet.

Foto: Rosenbauer Konzern

Das Rosenbauer Rüstlöschfahrzeug mit AT-Aufbau aus Aluminium-Technologie spielt alle Stücke, die das Feuerwehrherz begehrt.
Chef der „Florianijünger“ Landesfeuerwehrkommandant Franz Hauptmann: „Wir sind das Schlaraffenland für Anbieter. Die Industrie möchte mit uns 49000 Feuerwehrleuten einen Rebbach machen.“
Höchste Wertschätzung der Bevölkerung
Die heimischen Feuerwehren genießen das höchste Ansehen in der Bevölkerung. Die Feuerwehrleute sind den Österreichern überhaupt die vertrauenswürdigste Berufsgruppe. 99 Prozent haben in einer Studie des „Readers Digest Magazins“ aus dem Jahr 2003 den österreichischen Florianijüngern ein „sehr hohes“ bzw. ziemlich hohes Vertrauen ausgesprochen. Das ist einsame Spitze in Europa. Einer großen Mehrheit ist das soziale Engagement, die Jugendarbeit, der Zivilschutz sowie auch die gesellschaftliche Seite der Feuerwehren, die sie über Veranstaltungen leisten, ein äußerst wichtiger volkswirt-
schaftlicher Wert. Unbezahlbar sind die von den steirischen Feuerwehren geleisteten rund 5 Mio. Einsatzstunden/Jahr – eine Arbeitsleistung im Wert von etwa 56 Millionen Euro. Allein 2004 haben die heimischen Feuerwehren 933 Menschen gerettet, 1074 Verletzte geborgen, 74 Feuerwehrleute wurden selbst verletzt. Mit ihren Einsätzen retteten die Feuerwehren Sachwerte in einer Höhe von 171 Millionen Euro vor der Vernichtung. Vor allem ältere Menschen und Menschen auf dem Land schätzen die Arbeit der Feuerwehr hoch ein. Sie können mit dieser auch zufrieden sein: Laut Brandschadenstatistik rangiert Österreich mit 6,9 Toten pro eine Mio. Einwohner an vorletzter Stelle im europäischen Vergleich. Davon können Länder wie Finnland (23,5 Brandtote), England (20,8 Brandtote) oder Frankreich (19 Brandtote) nur träumen. Neben der Bekämpfung von Bränden, belegt eine Studie von Irmgard Hagenhofer vom Grazer Institut für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte, aus der obige Befunde stammen, sind die Rettung von Menschenleben, die Hilfe bei Katastrophen und Unfällen, aber auch technische Einsätze wie Wassertransporte wichtige Aufgabengebiete der Feuerwehren. Feuerwehren stellen aber auch einen hohen Sozialfaktor in den Kommunen dar: Als drittwichtigster Schwerpunkt der steirischen Feuerwehren wird deren „Mitwirkung im Gemeindeleben“ angesehen.
Acht Feuerwehren für 2362 Einwohner Diese „Mitwirkung“ spielt offenbar in der südsteirischen Ge-
meinde St. Peter am Ottersbach im Bezirk Radkersburg eine besonders wichtige Rolle. Mit ihren sechs Katastralgemeinden und 2362 Einwohnern verfügt sie über acht Freiwillige Feuerwehren. Und zwar sind dies die Freiwilligen Feuerwehren von E n t s c h e n d o r f , Glaunig, Khünegg, O b e r r o s e n d o r f , Perbersdorf bei St. Peter, St. Peter am Ottersbach, Wiersdorf und Wittmannsdorf. „Das ist genau die richtige Anzahl“, sagt BürBürgermeister Franz germeister Franz Thuswohl, St. Peter a. O.: Thuswohl. „Die „8 Feuerwehren sind meisten Einsätze“, nicht zu viel.“ so Bürgermeister Thuswohl, „betreffen Unfälle, Hochwasser und technische Einsätze zum Wassertransport und zur Tierrettung. Brände habe es heuer nur zwei gegeben. Entscheidend ist, dass sie schnell vor Ort sind.“ Natürlich bläst Brandinspektor Oswald Priesching vom Abschnitt 3/Otterstal ins gleiche Horn wie sein Kollege Franz Thuswohl: „Jede Feuerwehr hat einen eigenen Schwerpunkt; die eine ist mit Atemschutzgeräten ausgestattet, die andere hat Kleinlöschfahrzeuge, die andere wie-

LKW-Unfall: Auch bei höchster Dramatik Herr der Lage: Über 6 60.000 Stunden Übungen im Jahr bereiten auf Extremsituationen vor.


Wenns brennt, ist sie zur Stelle. Aber Feuerwehren leisten vor allem mit ihren „technischen Diensten“ wie Wassertransporten wichtige Hilfe für die Bevölkerung.
derum ist auf Verkehrsunfälle spezialisiert.“ Nicht einmal im Traum denkt man in Ottersbach an „Verkleinerung“. 540 der 2362 Bewohner sind Mitglieder der Feuerwehr, darunter auch Frauen: „Sie sind wichtig für die Feste, ohne sie ginge das gar nicht, auch wenn sie mehr im Hintergrund arbeiten.“
Feuerwehren beleben das „Gemeinschaftsgefühl“
Aber gemeinsame Feste der acht Wehren – nein, das wäre nichts. „Weil ja jede Wehr ihre Leute im Ort besser anspricht.“ Das beruhe auf der Verbundenheit der Feuerwehrleute seit Jugend an. „Feuerwehren“, so Thuswohl, „haben bei uns einfach eine große Bedeutung für das Gemeinschaftsgefühl. In beinah jeder Familie gibt es einen oder mehrere, die bei der Feuerwehr sind.“ Es gebe fast keine Gasthäuser, Kaufhäuser etc. mehr, so sind die Feuerwehrfeste, die Dämmer- und Frühschoppen der jeweiligen Feuerwehren ein wichtiger Integrationsbestandteil für die Orte. Auch haben alle Feuerwehren in der Gemeinde neue Feuerwehrhäuser gebaut, um einen Veranstaltungsraum für den Ort, für Veranstaltungen, Feste etc., zu haben.
30 Mio. Euro jährlich für die Feuerwehren
Was sagt das Steirische Landesfeuerwehrgesetz? Es ist die Aufgabe des Bürgermeisters, darauf zu achten, dass die Gefahren in der Gemeinde beherrscht werden. Rund 30 Mio. Euro haben die Feuerwehren an Budget jährlich zur Verfügung. Sie werden zu je einem Drittel durch Spenden und Veranstaltungen der Feuerwehren, zu einem Drittel von der Gemeinde und zu einem Drittel vom Land (Feuerschutzsteuer) beigesteuert. Landesfeuerwehrkommandant Franz Hauptmann betont, dass die flächendeckende Versorgung der Steiermark mit geschulten Feuerwehrmännern und -frauen durch die Anzahl der heimischen Wehren in Europa ihresgleichen suchen kann. Das Stützpunktsystem gewährleiste, dass für die Rettungs- und Bergegeräte mit den dazugehörenden Fahrzeugen 85 Prozent der Fläche des Landes in zehn Minuten erreichbar sind.
Anschaffungsorgien –es wird immer teurer
Unmut gibt es in der Feuerwehr allerdings am Beschaffungssektor, weil in zu kurzen Zeitabständen Neues angeschafft wird. „Viele Feuerwehren können sich das gar nicht leisten, aber keiner will nachstehen“, sagt ein Kommandant. „Das ist ein Wettlauf der Eitelkeit und jeder Tausch oder jede Neuanschaffung von
Man darf auf neue Fragen keine alten Antworten geben Hausgemachte Probleme und Defizite
• Ein gezähmter Landesfeuerwehrverband, dessen Struktur und Entscheidungsabläufe. Kritische oder gar aufmüpfige Wehren bekommen weniger, „Huldiger“ sind besser dran. • Auch das Rote Kreuz arbeitet auf freiwilliger Basis.
Seine Einsätze müssen aber bezahlt werden. • „Wie der Herr, so das
G’scher“. Das Führungsvermögen etlicher Kommandanten lässt zu wünschen übrig. Es gibt großen Koordinationsbedarf auf Bezirks-Kommandanten-Ebene. Dort, wo es Stützpunkte gibt, die sich besonderen
Problemen widmen – wie z.B. Ölunfällen –, ist es leichter, Leute zu motivieren und sich weiterzubilden. • Für Spitzengerät braucht man auch Spitzenpersonal. Einsatz heißt Stress pur, da gehören nur gut Ausgebildete ausgeschickt. Motivation allein reicht nicht. Es ist schwierig, eine Mannschaft über lange Zeit zum Trockentraining zu motivieren, den
Ausbildungsstand zu halten.
Das ist wie im Sport, irgendwann muss der Einsatz her, sonst funktioniert das nicht. • Oft sind Übereifrige am
Werk, die alles Gute, Schöne und Teure, was es an Ausrüstung gibt, in ihrem Rüsthaus stehen haben wollen. Auch wenn die Geräte nicht optimal für ihren Einsatzraum sind. Da gibt es sicher welche, die dem Charme des Feuerwehrausrüsters auf unterschiedliche Weise erliegen. • Die Kategorisierung der
Feuerwehren erfolgt zu sehr am grünen Tisch. Noch mehr Diskussionen, aber offen und ehrlich, zwischen den einzelnen Wehren sind nötig.

Neues Rüsthaus in Gössendorf bei Graz. Erste Eröffnung für LH Franz Voves als Katastrophenreferent.
Stiefeln, Helmen, Dienstbekleidung, Uniformen, Gürteln, Handschuhen usw. verschlingt auf die Truppe umgelegt gewaltig viel Geld.“ Betragen doch die
Ausrüstungskosten für einen Mann rund 1500,– Euro. Laut Satzung können die einzelnen Feuerwehren zwischen grünen oder blauen „Arbeitsuniformen“ wählen. Rund 15 Prozent sind dem nachgekommen, nur weil das Material im Einsatzfall angeblich einige Minuten länger hält. Das macht Franz Hauptmann nicht glücklich: „Dazu hat uns die Industrie mehr oder weni-
ger gezwungen. Die möchte natürlich mit unseren 49.000 Feuerwehrleuten einen Rebbach machen. Die blaue Bekleidung ist zwar billiger, dafür hält die grüne wegen der dafür verwendeten Textilien länger. Blau war damals modern, wegen der EU und deren Farbe Blau. Damit hat man ein künstliches Problem geschaffen. Dabei wäre Rot oder Gelb bezüglich der Sichtbarkeit besser gewesen. Jetzt müssen wir zusätzlich gelbe oder weiße Streifen auf die Uniform hinaufmachen.“ Die Wahl der Uniformen spiegelt auch die Finanzmittel der jeweiligen Gemeinde wider. „Ärmere“ Gemeinden – und damit Feuerwehren – seien gezwungen günstiger einzukaufen, daher entschieden sich viele solche Gemeinden für die günstigere blaue Uniform. Die „reichen“ Graz-UmgebungGemeinden seien da eher nicht dabei, so Franz Hauptmann.
„Manche Frauen sind nur deshalb nicht Feuer und Flamme, weil sie mit einem Feuerlöscher verheiratet sind.“
Alter Feuerwehr-Witz
Trara, trara, die Feuerwehr ist da …! In zehn Minuten am Einsatzort

Der Dienststellenleiter der steirischen Freiwilligen Feuerwehren Brandrat Erwin Heinrich gibt Auskunft darüber, wie bei einem Alarm das Feuerwehr„Werkl“ ins Laufen kommt. Ruft jemand den Feuerwehrnotruf 122, wird er automatisch in die nächste Warn- und Alarmzentrale geschaltet. Der diensthabende Feuerwehrmann stellt die vier Dienststellenleiter Erwin wichtigsten W-Fragen: Wer spricht? Heinrich: „Die Feuerweh- Was ist passiert? Wo wird die Feuer-ren sind in 10 Minuten im Einsatzgebiet.“ wehr benötigt? Wie sind die besonderen Umstände? Er sucht laut Einsatzplan die nächste Feuerwehr heraus. Über die Funksirenensteuerung löst er den Alarm aus, zusätzlich werden die Feuerwehrleute per Pager und SMS alarmiert – als dreifache Sicherheit. Sollten mehrere Feuerwehren erforderlich sein, werden benachbarte Wehren zusätzlich alarmiert. Drei Minuten haben sie Zeit, um am Feuerwehrhaus zu sein. Dort erhalten sie vom Kommandanten den Einsatzbefehl. Die Ausrückbereitschaft der einzelnen Feuerwehrgruppen wird abgestimmt. Die Feuerwehr rückt aus. Zu 80 Prozent erreichen in der Steiermark die Feuerwehren das Einsatzgebiet laut Katastrophenplan in 10 Minuten. Damit ist man europa- und weltweit in einer Spitzenposition. In Ländern wie Griechenland oder auch Großbritannien sind die Feuerwehreinsatzkräfte oft erst nach mehr als einer Stunde vor Ort.
933 Menschen gerettet, 1074 Verletzte geborgen
Die steirischen Freiwilligen und Betriebsfeuerwehren leisteten 2004 insgesamt 38.576 Einsätze. Davon waren 7.551 Brandeinsätze, 31.025 waren technische Einsätze. Insgesamt brachten die Feuerwehren bei Einsätzen fast 386.000 Stunden zusammen. Die rund 49.000 Männer und Frauen investierten über 274.000 Stunden in die Ausbildung, über 660.000 Stunden wird geübt. Ein großer Posten der fast 4,5 Mio. Gesamtstunden der Feuerwehren entfallen in die Rubrik Veranstaltungen: über 1,22 Mio. Stunden. Sie retteten 933 Menschen, haben 1074 Verletzte geborgen und beschützten Sachwerte von 171 Millionen Euro. 74 Feuerwehrleute wurden bei ihren Einsätzen selbst verletzt.
Gerüstet übers Ziel hinaus
Man kennt das auch: „So manches ,pompige Rüsthaus in der Oststeiermark‘ ist übertrieben“, bestätigt selbst Ex-Feuerwehrkommandant Georg Ferstl. Darin untergebracht sind überdimensionierte Ausrüstungsbestände und Fahrzeuge, für die kaum Einsatznotwendigkeiten bestehen, Bergescheren, die auch die benachbarten Feuerwehren ihr Eigen nennt. So gibt es im Raum Halbenrain-Radkersburg drei Feuerwehren und jede hat einen Spreizer und eine Bergeschere für Verkehrsunfälle. Kosten pro Einheit rund 15.000,– Euro. Gefördert wird nach den Vorgaben der „MindestausrüstungsRichtlinie“, kurz MARL, die den Freiwilligen Feuerwehren ein Instrumentarium zur zweckmäßigen Organisation von Mannschaftsstärke, Ausrüstung, Ausbildung etc. in die Hand gibt. Sie bestimmt etwa die Zuordnung der Feuerwehren zu bestimmten Kategorien entsprechend der Größe des Ortes, an dem sie stationiert ist.

Einsatz nach Staubexplosion: Ausgeübt von Feuerwehrmännern mit besonderer Ausbildung.
Sie sind nicht Fisch und nicht Fleisch
Doch größere Unternehmen benötigen sie – die Betriebsfeuerwehren. Dr. Otto Widetschek, innerhalb des steirischen Landesfeuerwehrkommandos für Strahlenschutz und Gefahrengut zuständig, verweist auf die 150-jährige Tradition der Betriebsfeuerwehren. Die erste wurde damals für die Tabakfabrik Fürstenfeld gegründet, bald folgten welche in den größeren Fabriken und Brauereien. Nach 1945 hätten neue Technologien in Betrieben, größere Verkaufskomplexe oder Großdruckereien vermehrt Betriebsfeuerwehren notwendig gemacht. Da zählt die Ortskenntnis der Leute von Betriebsfeuerwehren zu den entscheidenden Faktoren, damit dann die zur eventuellen Verstärkung anrückenden Wehren rasch auf die Angriffswege hingewiesen werden können“, erklärt Otto Widetschek.

PKW-Brand: Einsätze für den Straßenerhalter Asfinag bleiben finanziell unbelohnt.


Feuerwehr-Wettbewerbe – Steirer weltmeisterlich

Aufräumarbeiten nach Hochwasser: In 386.000 Einsatzstunden beschützten die Feuerwehren im Jahr 2004 Sachwerte in Höhe von 171 Mio. Euro. Die heurigen Hochwasser sorgten für Dauereinsätze. 10.000 neue Funkgeräte
Einen größeren, weit in die Zukunft weisenden Beschaffungsposten stellt die Umrüstung des analogen Funknetzes auf ein digitales dar. Die bestehenden Funksysteme sind 10 bis 15 Jahre alt, sie würden zwar noch gut funktionieren, jedoch seien die Akkus nicht mehr lieferbar. Eine entscheidende Anforderung an das neue ist, dass es zum alten kompatibel sein muss und eine sukzessive Umrüstung erlaubt. Die Ausrüster stehen bereits in den Startlöchern und erwarten sich das große Geschäft. Der Bestbieter ist nicht immer der billigste, was die Sache noch lukrativer macht.
Braucht man das überhaupt?
„In Deutschland“, weiß Hauptmann, „geht man hier wieder einen Schritt zurück, baut überbordende Elektronik für alles und jedes wieder ab, sodass man dort wieder zum mechanischen Kugelhahn statt der elektronischen Steuerung zurückkehrt.“ Dabei stellt sich neben der finanziellen Leistbarkeit all dieser Technik für Franz Hauptmann mehr und mehr die Sinnfrage: „Brauchen wir das überhaupt?“ Dabei sei die Frage der technischen Ausbildung der Feuerwehrleute bei all diesen elektronischen Neuerungen noch gar nicht gestellt. Österreich sei „ein Schlaraffenland der Feuerwehranbieter und der F e u e r w e h r f a h r z e u g b a u e r “ , sagt Hauptmann und fügt beinah resigniert hinzu, „der Industrie ist man ausgeliefert“.
Oh heiliger Sankt Florian Verschon unser Haus, / steck' andere an!
Es brennt, o heiliger Florian, / heut aller Orts und Enden: Du aber bist der rechte Mann / solch Unglück abzuwenden. Florian war der Überlieferung aus dem 8. Jahrhundert nach Amtsvorsteher des Statthalters der römischen Provinz Ufernoricum, Aquilinus (Niederösterreich). In der Christenverfolgung unter Kaiser Diocletian soll er zum Tod verurteilt und mit einem Stein um den Hals von einer Brücke in die Enns gestürzt worden sein. Eine fromme Frau begrub ihn. Die Ochsen, die den Leichnam beförderten, seien vor Durst völlig ermattet, worauf auf wunderbare Weise eine Quelle entstand – der noch heute fließende „Floriansbrunnen“. Am Ort der Quelle sollen viele Wunder geschehen sein. An die Überlieferung von der Quelle schließt sich die Tradition vom „Wasserheiligen“ Florian an, als solcher wurde er zum Patron gegen Feuergefahren. Erst im 15. Jahrhundert setzte sich daran anschließend die Überlieferung durch, die heute seine Bedeutung begründet: dass er in seiner Jugend ein brennendes Haus durch sein Gebet gerettet haben soll.

Dass die „Industrie“ begierige Blicke auf die heimischen Feuerwehren wirft, ist verständlich bei einem Markt, der österreichweit einen Fahrzeugbedarf von rund 1000 Stück pro Jahr umfasst, wovon etwa 100 auf die Steiermark entfallen. Derzeit gibt es in der Steiermark rund 2420 Fahrzeuge, z.T. in schon recht rüstigem Alter. Ständige Erneuerung ist angesagt, die kostet: Ob das nun ein Bus (50.000,– Euro) ist oder ein großes Rüstfahrzeug (rund 500.000,– Euro). Rechnet man nur einen unteren Durchschnittswert von 150.000,– pro Fahrzeug hoch, ist das ein Bedarf von gewaltigen 15 Millionen Euro.

Fluch der Elektronik
Sorgen macht da vor allem die „Lebensdauer“ der modernen Geräte, die bei den heute üblichen schnellen Generationswechseln von Hard- und Software den Erfordernissen der Feuerwehren nicht entsprechen könnten. Wieder setzen gewisse „Zwangsvorgaben“ der anbietenden Industrie das Landesfeuerwehrkommando unter Druck. Franz Hauptmann: „Die Industrie gibt vor, was Stand ist. Wenn heute ein Fahrzeug steht, dann wegen der Elektronik. Da ist zwar eine hohe Leistungsfähigkeit gegeben, aber die für uns entscheidende Stabilität geht flöten.“

Einsätze auf dem „Schlachtfeld Straße“ kostenlos
Das Geld ist knapp, so die Florianijünger, doch immer mehr Aufgaben kommen dazu. Kostenintensiv ist vor allem der Einsatz auf dem heimischen „Schlachtfeld Straße“, insbesondere auf den Autobahnen. Eigentlich wäre es Aufgabe des Straßenerhalters, d. h. etwa der Asfinag, bei Unfällen für die Bergung und Versorgung der Verletzten zu sorgen, schließlich kassiert er für die Benützung durch Vignette und Maut. Dennoch hat man diese Aufgabe den Gemeinden und damit den Feuerwehren übertragen, „obwohl die Gemeinden nicht gefragt wurden, ob sie eine Autobahn wollen“, sagt Hauptmann. So helfen dort die Feuerwehren (gern, auch wegen ihres übergeordneten Auftrags) zwar leidlich bedankt, finanziell bleiben sie jedoch mehr oder weniger unbelohnt, und dies trotz der Tatsache, dass diese Einsätze weit über ihr ursprüngliches „Anforderungsprofil“ hinausgehen. Abgeblitzt sind sie bis jetzt mit der Forderung, ein bis zwei Prozent aus der Prämiensumme der Kfz-Haftpflichtversicherung für diesen Aufwand zu bekommen. Das Rote Kreuz ist hier geschickter gewesen. Dessen Einsätze müssen bezahlt werden. Die Feuerwehr hat diese Entwicklung auch verschlafen. ■
Foto: FF Eisbach-Rein
„Schlachtfeld Straße“: Einsatz mit der Bergeschere – Erhöhtes Verkehrsaufkommen beschert den Feuerwehren vermehrte Einsätze.
Frauen bei der Feuerwehr „Glaubst du, dass du da richtig bist?“
Ihre Ambitionen sind nicht jedes Feuerwehrmanns Sache. Die erste Frau, die in der Steiermark eine Feuerwehrkommandantenausbildung absolviert hat, ist Elisabeth Klöckl. Seit 1996 ist die heute 35jährige Frau bei der Freiwilligen Feuerwehr Goritz bei Bad Radkersburg aktiv. Die Tischlerin ging es gleich forsch an. Denn 1998 absolvierte sie erfolgreich die Prüfung zur Gruppenkommandantin, 1999 bereits machte sie die Kommandantenprüfung. Seit sie Interesse am Posten des Landesbranddirektors bekundet hat, „haben mich die ‚Oberen‘ schon schief angeschaut“, gibt sie zu. Auch Landesfeuerwehrkommandant Franz Hauptmann scheut die offene Begegnung, ignoriert sie … Die Feuerwehrtore für Frauen geöffnet hat vor allem der allgemeine Umstand, dass andernfalls die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr ohne die Frauen nicht gegeben wäre, da viele Männer vor allem in die Städte zum Arbeiten pendeln müssen und für Einsätze im Dorf nicht anwesend sind. Mittlerweile sind in der Steiermark rund 6000 Frauen bei den Feuerwehren im Einsatz, 12 davon sind geprüfte Feuerwehrkommandantinnen, jedoch ist noch keine davon als solche im Einsatz: „Das wird noch dauern, bis eine von uns mal zum Zug kommt“, glaubt Elisabeth Klöckl, die übrigens an Bezeichnungen wie „Frau Feuerwehrmann“ oder „Frau Feuerwehrkommandant“ nichts Anstößiges findet. Als sie 1996 gefragt wird, ob sie nicht zur Feuerwehr kommen will, und auch ihr Mann, der selbst Feuerwehrmann ist, zustimmt, ging sie es an. „Da mache ich alles, zum Schöntun mache ich es nicht.“ Mit den Männern hat sie, die als Tischlerin auch immer viel mit Männern zu tun hatte, kein Problem, eher umgekehrt. Da taucht schon mal die Frage auf: „Glaubst du, dass du da richtig bist?“ „Bin ich“, ist ihre Antwort. „Die ‚Buben‘ haben inzwischen kein Problem mehr mit mir.“

Elisabeth Klöckl, die erste Frau „Feuerwehrkommandant“.