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Editorial

Editorial

IMPULSAUSBREITUNG: SCHUBSEN, WARTEN, DRÄNGELN – DIE FORSCHUNGSPROJEKTE CROWDDNA UND CROMA

CrowdDNA – Technologien für computergestütztes Crowd-Management ist ein EU-Projekt mit dem Ziel, individuelle Köperbewegungen mit kritischen Phänomenen einer Menschenmenge zu verknüpfen. Hierzu arbeiten Forschende aus der Physik, Psychologie, Kognitionswissenschaft, Biomechanik und Informatik mit Unternehmen aus Crowd-Simulation und Crowd-Management zusammen. Der Vortrag stellt drei experimentelle Untersuchungen vor, die sich mit der Ausbreitung von Impulsen in einer Menschenmenge beschäftigen. Dabei kamen neben Videoaufnahmen auch Sensoren zur 3D Bewegungserfassung sowie Drucksensoren zum Einsatz. Zunächst wurde untersucht, wie sich ein kontrollierter Schubs durch eine Reihe von 5 Personen ausbreitet und welche Bewegungsstrategien beobachtet werden können. Darauf aufbauend wurde die beobachtete Menge im zweiten Experiment vergrößert und in verschiedenen Formationen aufgestellt, um die Fortpfl anzung des Impulses auch in seitlicher Richtung bestimmen zu können. Bei dem dritten Experiment drängten sich bis zu 200 Personen bei teils höchster Motivation durch eine Engstelle. Dabei sind besonders kollektive Bewegungen interessant, die ohne äußere Kraft aus der Dynamik der Menge entstehen.

Unsicherheit ist menschlich. Die eigenen Kapazitätsgrenzen und die Komplexität möglicher Wechselwirkungen führen zwingend zu ambigue, also mehrdeutigen Situationen, sogenannten Mangellagen fehlender Information. Das Streben nach Sicherheit ist ebenso menschlich. Aber Sicherheit ist ein gesellschaftliches Konstrukt. Zur Aufrechterhaltung der eigenen Handlungsfähigkeit versuchen Individuen die Unsicherheit weitestgehend zu reduzieren und müssen der Leistungsfähigkeit von Systemen vertrauen. Ein Vertrauen, das leicht erschüttert werden kann, wie wir in den letzten zwei Jahren der Corona-Pandemie mit schwerwiegenden Folgen gerade für die Veranstaltungswirtschaft erleben konnten. Aber auch bei Tragödien wie der Loveparade in Duisburg oder bei Attentaten wie am Breitscheidtplatz in Berlin wird das Vertrauen in Frage gestellt. Das Forschungsprojekt Architekturen der Sicherheit – Die Sichtbarkeit der Unsicherheit, begleitet von dem Promotionsprojekt von Andreas Gürich, untersucht in diesem Zusammenhang Gestalt, Nutzen und Auswirkungen statischer und mobiler Durchfahrtsbarrieren. Die gefühlte Sicherheit, die nicht nur durch derartige Architekturen, sondern z. B. auch durch Polizei, Veranstalter und Veranstaltungsordnungsdienst vermittelt wird, ist hierbei Untersuchungsschwerpunkt. In dem Vortrag stellen Simone Carolina Grafe und Thomas Sakschewski Ergebnisse einer Untersuchung vor, die Simone Carolina Grafe 2022 zu Einfl ussfaktoren des Sicherheitsgefühls von Musikfestivalbesucher*innen durchgeführt hat. Andreas Gürich stellt das Promotionsprojekt vor. Erste Empfehlungen zur Gestaltung eines Veranstaltungsgeländes und zur Bedeutung des Veranstaltungsordnungsdienstes für das Sicherheitsgefühl schließen den Vortrag ab.

Referentin: Dr. Juliane Adrian (Forschungszentrum Jülich) Juliane Adrian ist seit 2017 Postdoc am IAS-7: Zivile Sicherheitsforschung des Forschungszentrums Jülich unter der Leitung von Prof. Armin Seyfried. Zuvor promovierte sie in Geophysik an der Universität zu Köln. Zu ihren Hauptaufgaben am IAS-7 zählen die Planung und Durchführung von Experimenten zur Fußgängerdynamik sowie die Analyse und Interpretation individueller Laufwege. Dabei liegt ihr Hauptinteresse in der Erforschung der Dynamik in Menschenmengen mit hoher Personendichte, die beispielsweise im Kontext von Veranstaltungen oder in Transportinfrastrukturen auftreten können. Die Verwendung von Sensorik zur 3D Bewegungserfassung gewinnt dabei an Bedeutung, um die individuellen Bewegungsstrategien in Menschenmengen besser zu verstehen.

ARCHSIU:

WAHRNEHMUNG VON SICHERHEIT IM ÖFFENTLICHEN RAUM

Referentin: Simona Carolina Grafe (Landeshauptstadt Hannover) Simone Carolina Grafe ist seit 13 Jahren in der Veranstaltungsbranche tätig. Bereits in ihrer Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik legte sie den Fokus auf die Veranstaltungssicherheit. Nach erfolgreichem Abschluss war sie in der Bühnentechnik des Konzerthauses Berlin und für diverse Kreuzfahrtschiffe der AIDA Flotte tätig. Daraufhin folgte ihr Bachelorstudium Veranstaltungsmanagement (HsH), welches Sie durch den anschließenden Masterstudiengang Veranstaltungstechnik und –management (BHT) mit ihrer Ausbildung verknüpfte. In beiden Abschlussarbeiten befasste sie sich mit dem Themengebiet der Eventpsychologie. Seit August 2021 arbeitet Frau Grafe als Projektleitung im Eventmanagement der Landeshauptstadt Hannover, aktuell in den Bereichen Veranstaltungsdurchführung und Baugesuchsprüfung.

Referent: Prof. Thomas Sakschewski (Beuth Hochschule für Technik Berlin) Thomas Sakschewski ist Professor für Veranstaltungsmanagement und -technik an der Beuth Hochschule für Technik Berlin. Er studierte Psychologie und Betriebswirtschaft (MA) und ist seit 1994 in verantwortlichen Positionen als Ausstellungsmacher und Projektmanager mit unterschiedlichen Aufgabenfeldern wie Veranstaltungsleitung, Projektleitung oder Technische Leitung für verschiedene Auftraggeber in Berlin tätig gewesen. Er ist Autor zahlreicher Publikationen im Themenkreis Veranstaltungsmanagement, darunter das Standardwerk „Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen“.

WETTER FÜR ALLE:

DAS FORSCHUNGSPROJEKT FAIR

Wetter und Klima sind komplex – ihre detaillierte Beschreibung, Vorhersage und Simulation gehören zu den daten- und rechenintensivsten Anwendungen, die wir kennen. In Deutschland ist der Deutsche Wetterdienst die erste Adresse für hochwertige Klima- und Wetterdaten. Seit einiger Zeit stellt er sie Bürgerinnen und Bürgern, Forscher:innen und Unternehmen kostenfrei zur Verfügung. Leider sind allein die Datenmengen für normalen Nutzer:innen viel zu groß. Und wer diesen Schritt geschafft hat, stellt fest, dass nur Expert:innen darin fi nden, wonach sie suchen. FAIR macht Wetter- und Klimainformationen auch für alle nutzbar…

Im Rahmen des Forschungsprojekt FAIR entwickelt die YellowMap AG zusammen mit der KME unter Zuhilfenahme von WarnMOS-Daten des DWD eine individuelle WarnApp für die Verwaltung von Veranstaltungen. Ziel ist es die Veranstalter:innen und die beteiligten Gruppen der Veranstaltung individuell zu Warnereignissen zu informieren und spezifi sche Handlungsempfehlungen für die Nutzer:innen der App zu geben. Hierzu wird prototypisch ein individuelles, pushbasiertes Tool entwickelt, das bestimmte Warngruppen zu bestimmten Wetterereignissen proaktiv informiert.

Referent: Markus Wiersch (Karlsruhe Marketing & Event GmbH) Markus Wiersch ist stellvertretender Geschäftsführer bei der Karlsruhe Marketing und Event GmbH. Im Jahr 2000 spezialisierte er sich auf die Planung und Koordination von Sicherheitsstrukturen und -aktivitäten bei Großveranstaltungen. Seit 2007 ist er für die Planung und Umsetzung der Sicherheitskonzepte und des Arbeitsschutzes für Großveranstaltungen der Stadt Karlsruhe verantwortlich. Seit 2010 ist Markus Projektleiter von DAS FEST in Karlsruhe.

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