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Hygiene als Baustein der Sicherheitskonzeption
BEST & WORST PRACTICE:
MENSCHEN MIT BESONDEREN HERAUSFORDERUNGEN
Der Besuch einer Veranstaltung bringt als Mensch mit Behinderung viele Hürden mit sich. Heiko Reh ist Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Rollstuhl-Erlebnisreisen GIAMBO gUG, die kostenlose Ausfl üge für Menschen mit Behinderung und hohem Assistenzbedarf organisiert. Er kennt daher eine Vielzahl dieser Hürden – ist sich aber auch bewusst, dass sein Blick als Assistenzkraft nur ausschnitthaft sein kann. Er begleitet Menschen mit Behinderung bei Veranstaltungen und bietet Hilfestellung, wenn diese benötigt wird. Auch, wenn dies eine außenstehende Perspektive bleibt, gibt es Erfahrungen, die ihn zu verschiedenen Fragen führen: Welche Konfl ikte gibt es zwischen Selbstbestimmung und Fürsorgepfl icht? Wie können wir für mehr individuelle Eigenbestimmung bei Veranstaltungen sorgen? Heiko berichtet über Erlebnisse positiver wie negativer Art aus vier Jahren Rollstuhl-Erlebnisreisen und möchte mit seiner Erfahrung dazu beitragen, einen konstruktiven Diskurs anzuregen. Bis zur Inklusion auf Veranstaltungen ist es sicherlich noch ein langer und beschwerlicher Weg. Doch es lohnt es sich, diesen zu fokussieren und anzupacken!
Referent: Heiko Reh (GIAMBO gUG) Heiko Reh ist 42 Jahre alt, examinierter Krankenp eger und Geschäftsführer der Rollstuhl-Erlebnisreisen GIAMBO gUG, einer gemeinnützigen Hamburger Organisation, die Menschen mit Behinderung, die es sich aus eigenen nanziellen Mitteln nicht leisten können, Teilhabe ermöglicht, indem sie kostenfreie Rollstuhl-Erlebnisreisen organisiert. Sie nanziert sich über Spenden und Fördermittel, so dass die RollstuhlErlebnisreisen kostenlos angeboten werden können. Die Reisen und Aus üge werden individuell nach den Wünschen der Teilnehmer:innen gestaltet. Besucht werden regelmäßig Veranstaltungen wie Konzerte, Oper oder Fußballspiele.
Diskutant: Bernd Belka (Special Security Services) Bernd Belka absolvierte nach dem Abitur sein Studium an der Sporthochschule Köln mit Diplomabschluss. Parallel arbeitete er ab 1987 bei Special Security Services Deutschland (SSSD) als selbstständiger Mitarbeiter, ab 1997 dann im Angestelltenverhältnis in folgenden Arbeitsfeldern: Bereichs- und Einsatzleitung bei Veranstaltungen, Personenschutz und Sicherheitskoordination im nationalen und internationalen Tourneebereich, Ausbildungsleiter SSSD, Planung und Projektierung von Großveranstaltungen. Seit 2010 unterrichtet Bernd als Dozent am IBIT und wird hier später auch Gesellschafter. Außerdem arbeitete er bei den Forschungsprojekten proVOD und CROMA mit und half bei der Erstellung der EVC.
EINFÜHRUNG THEMENSTRANG 2:
NEUES AUS DER SICHERHEITSFORSCHUNG
Die Sicherheitsforschung ist schon lange im Bereich der Sicherheit von Menschenmengen und speziell auch dem der (Groß)Veranstaltungen aktiv – allerdings weitestgehend unbemerkt von den eigentlich adressierten Endanwender:innen. Nur wenige der Forschungsergebnisse schaffen es tatsächlich in die Praxis und nur wenige der guten Praxiskonzepte schaffen es in die wissenschaftliche Überprüfung. Blickt man zum Beispiel einmal auf die Projektübersicht allein der vom BMBF geförderten Projekte, ist es beeindruckend aber auch erschreckend, über/an was schon alles geforscht wurde – insbesondere im Kontext der Betrachtung, was davon letztendlich Eingang in die Praxis der Endanwender:innen gefunden hat. Wir möchten unseren Teil dazu beitragen, diese Lücke zu verringern und mit unserem Themenstrang zur Sicherheitsforschung daher nicht nur einen Einblick in wirklich spannende Projektergebnisse geben, sondern vor allem auch diejenigen, die sich mit dem Thema noch nicht auseinandergesetzt haben, motivieren, Kontakte zu knüpfen und Barrieren zwischen Theorie und Praxis abzubauen.
Nach drei Jahren endete im Juli 2022 das von der Helmholtz-Gemeinschaft geförderte Projekt „SISAME“ (Simulations for Safety at Major Events). SISAME war kein klassisches Forschungsprojekt, sondern ein „Wissenstransfer“Projekt. Forscher:innen aus dem Bereich der Simulation von Personenströmen und des städtischen Verkehrs haben sich mit verschiedensten Akteuren der Veranstaltungsplanung in mehreren Seminaren ausgetauscht. Ziel dabei war es, die Wissenslücke zu erkennen und zu schließen, sodass Simulationen zukünftig sachgerecht und erkenntnisbringend bei der Veranstaltungsplanung eingesetzt werden können. In den Seminaren wurden Konfi gurationsmöglichkeiten diskutiert und Simulationsergebnisse interpretiert. Dabei wurden Fragen beantwortet wie: Wie funktionieren Simulationen eigentlich? Welche Fragestellungen können mit Simulationen beantwortet werden? Wo stoßen Simulationen an ihre Grenzen? Aber vor allem: Welches Wissen muss an die Nutzer:innen vermittelt werden? Wir haben viel gelernt und möchten unsere Erkenntnisse teilen. In unserem Vortrag berichten wir über die wichtigsten Learnings der Seminare und werden die Erwartungshaltung an Simulationen „geraderücken“.
Moderator: Florian Bollig (VASIBEKO GmbH) Florian Bollig ist mit über 25 Jahren Berufserfahrung in der Veranstaltungsbranche, seit 2020 Geschäftsführer der VASIBEKO GmbH, die sich auf Beratung, Planung und Durchführung von Sicherheitskonzeption, Koordination und Arbeitsschutzmanagement im Bereich Veranstaltungen, Locations und Facility Management fokussiert. Aus der persönlichen Erfahrung hat sich der Wunsch nach kontinuierlicher Weiterbildung etabliert, um quali ziert Wissen zu vermitteln und Verantwortung zu übernehmen.Neben zahlreichen Kursen des IBIT sind das auch Abschlüsse als Fachkraft für Arbeitssicherheit, Meister Veranstaltungstechnik und zerti zierter Veranstaltungsleiter. Im Zentrum der Arbeit steht dabei die „gelebte Sicherheitskultur“ – also von der Theorie in die Praxis zu gelangen.
Referentin: Dr. Ing. Jette Schumann (Forschungszentrum Jülich) Jette Schumann studierte Angewandte Mathematik und Informatik und ist seit 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Zivile Sicherheitsforschung am Institute for Advanced Simulation (IAS-7) des Forschungszentrums Jülich. Im Rahmen ihrer Promotion befasste sie sich mit der Datenerhebung und -analyse in Laborstudien mit Menschenmengen hoher Dichte. Im Jahr 2019 wechselte sie von der Empirie zur Modellierung und koordiniert seitdem Forschungsvorhaben mit Fokus auf anwendernahe Fußgängersimulationen.
Referent: Ronald Nippold (DLR) Ronald Nippold leitet die Gruppe „Simulation von Mobilitätssystemen“ am Institut für Verkehrssystemtechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die Gruppe entwickelt die quelloffene Verkehrssimulationssoftware „SUMO“ (Simulation of Urban MObility), welche die Abbindung und Analyse einer Vielzahl von Verkehrsträgern im städtischen Raum ermöglicht.