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Die Zukunftsträger der Bäcker Kondi toren Confiseure

Die Zukunftsträger

TEXT Riccarda Frei BILDER Filipa Peixeiro

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Richard Wanger ist «Zukunftsträger 2019» in der Kategorie BäckerKonditor-Confiseur. Der Ausbildner gibt seine Freude am Beruf gern weiter. Seine Lernende, Jelena Grässli, wird dereinst als Fachkraft die Zukunft des Berufs mitprägen.

Er führt im Fürstentum Liechtenstein ein Bäckerei-Konditorei-Confiserie-Unternehmen in der dritten Generation und verbindet Tradition mit Innovation. Sein Können und seine Begeisterung für den Beruf gibt Richard Wanger gern an Lernende weiter. Für sein grosses Engagement für den Berufsnachwuchs wurde der BäckerKonditor-Confiseur im Herbst 2019 mit dem Ehrentitel «Zukunftsträger» ausge zeichnet. Nominiert dafür hatte ihn seine Auszubildende Jelena Grässli.

Sie steht noch ganz am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn und findet, sie habe den besten Lehrmeister und den schönsten Beruf der Welt. «Mir gefällt, dass wir mit unserer Arbeit den Menschen eine Freude machen», sagt die angehende Zuckerbäckerin. Die zierliche junge Frau ist im dritten Lehrjahr und wird im Sommer 2020 zum Qualifikationsverfahren antreten.

Die Vergangenheit kennen, um Neues erschaffen zu können

Für ihre vertiefte Facharbeit, die bereits Teil der Lehrabschlussprüfung ist, hat Jelena Grässli ein spannendes Projekt begonnen. Sie untersucht, wie sich das Konditor-Confiseur-Handwerk und mit ihm die Rezepturen im Laufe der letzten 120 Jahren verändert haben. Der Titel ihrer Arbeit lautet: «Gegenüberstellung der Konditoreien früher zu heute». Die Lernende hat dazu alte und moderne Rezepte analysiert. Wie wurde gearbeitet? Welche Zutaten wurden verwendet? Wie haben sich der Geschmack und die Vorlieben der Konsumenten in Bezug auf Aromen, Konsistenz und Aussehen im Laufe der Jahre verändert? Um all das herauszufinden, hat Jelena Grässli etliche der Kuchen, Patisseriestücke und Pralinés originalgetreu nachproduziert.

Die süssen Köstlichkeiten, darunter Ananastorte und Zitronentörtchen, hat Jelena Grässli jeweils in der historischen sowie in einer zeitgemässen Variante her gestellt. «Das älteste Rezept, das ich nachgebacken habe, stammt aus dem Jahr 1896. Elisabeth Senn, eine ältere Kundin, hat

Richard Wanger lernte Konditor-Confiseur und machte die Zusatzlehre zum Bäcker. Nebenberuflich absolvierte er eine Bürolehre sowie die Unternehmerschule. 2003 nahm er das Diplom des eidg. dipl. Betriebswirtschafter des Gewerbes entgegen. Vor 14 Jahren übernahm er den elterlichen Betrieb in Schaan und baute ihn mit Filialen in Vaduz und Buchs/SG weiter aus. Richard Wanger ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Jelena Grässli

ist im dritten Ausbildungsjahr zur Konditorin-Confiseurin. Nach der Lehre würde Jelena Grässli gerne reisen und im Ausland ihre Berufskenntnisse vertiefen. In London möchte sie die kreativen Arbeiten der Dominique Ansel Bakery erkunden. In Jerusalem und Tel Aviv mehr über die dort populären süssen Blätterteiggebäcke erfahren.

mir dieses Zitronentörtchen-Rezept überlassen», freut sich die Lernende.

Ihre Erkenntnisse nach dieser Experimentierphase fasst sie so zusammen: «Früher wurden viel mehr Zucker und vor allem auch Alkohol verwendet als heute.» Die Produkte seien üppiger und kalorienreicher gewesen. Die nach heuti gen Rezepturen gefertigten Patisseriestücke hingegen seien leichter, luftiger und weniger süss. «Sie schmecken zudem bedeutend frischer und fruchtiger.» Zu diesem Schluss kamen auch die Testpersonen, denen Jelena Grässli ihre Werke zur Blindverkostung vorsetzte.

Unter den Probanden war natürlich auch ihr Lehrmeister Richard Wanger. Er hat selber viel Erfahrung mit traditionellen Rezepten. Einige der Produkte, die in den verschiedenen Wanger-Läden und Cafés in Schaan und Vaduz im Fürstentum

Ein eingespieltes Team. Jelena Grässli und Richard Wanger teilen die Liebe zum Beruf, die Freude am detailgenauen Arbeiten und einen ähnlichen Humor.

«Wir möchten ein Vorzeigebetrieb sein. Noch sind wir nicht am Ziel, aber auf gutem Weg.»

Richard Wanger, Geschäftsführer Confiserie Wanger, Schaan/FL

Liechtenstein sowie in Buchs/SG erhältlich sind, werden noch heute nach den Rezepten der Vorfahren hergestellt. So zum Beispiel die Champagnertruffes (siehe Rezept auf Seite 43) oder die beliebten WangerButtergipfel und Butterbrezel.

Andere überlieferte Rezepte seines Vaters und Grossvaters hingegen hat er dem veränderten Geschmack und den modernen Essgewohnheiten seiner Konsumenten angepasst.

Weniger Zucker, mehr Butter

→ «Wir haben Margerine konsequent durch Butter ersetzt. Dadurch haben wir die Qualität der Produkte erhöht», sagt der Geschäftsführer der Bäckerei-KonditoreiConfiserie Wanger AG. Die erreichte Qualitätssteigerung sei die Mehrkosten wert.

Im Weiteren sei im Laufe der Zeit ganz allgemein der Zuckergehalt reduziert worden und man habe auf die aktuellen, gesellschaftlichen Trends reagiert. So gibt es heute bei «Wanger» vegane, gluten- sowie laktosefreie Produkte. Darunter ein breites Sortiment an Roggen- und Dinkelbroten und Backwaren sowie etwa die DinkelMandelgipfel, Dinkel-Holländer und fünf verschiedene Dinkelbrote. Selbst laktose freie Torten sind erhältlich, dies allerdings nur auf Vorbestellung.

Richard Wanger: «Was ich noch sagen möchte!» «Um die Zukunft des Gast- und Bäckergewerbes zu sichern, braucht es gut ausgebildete Nachwuchskräfte. Der herrschende Hang zur Akademisierung killt jedoch das Fundament der handwerklichen Berufe. Es macht mir für die Branche und unsere Berufe Angst, dass uns die Leute fehlen. Ich sehe zwei Lösungsansätze: Wir müssen at traktive Ausbildungs- und Arbeitsplätze mit Weiterbildungsperspektiven bieten. Und wir müssen mit guten Produkten und Informationen die Kunden überzeugen, sodass sie bereit sind, etwas mehr zu bezahlen. So, dass wir wiederum Mitarbeitenden Löhne bezahlen können, mit denen sie eine Familie erhalten und ein gutes Auskommen haben können.»

Das Rezept für die neue Liechtensteiner Spezialität ist zwar geheim, doch Richard Wanger verrät: «Die Basis ist ein Mandelbisquit.»

Die Fürstenwürfel gibt es bis jetzt in fünf Geschmacks richtungen. Im Bild: Mocca, Ruby Rubina (rosarote Schokolade) und Eiercognac.

Jelena Grässli

spritzt ein kleines Muster auf die Eiercognac-Fürstenwürfel, bevor sie einen Schokoladeaufleger mit Krone platziert.

Richard Wanger hat die Leitung des elterlichen Betriebes vor 14 Jahren übernommen. In dieser Zeit hat er die Betriebsabläufe modernisiert, neue Filialen – eine davon in der Schweiz – eröffnet und die Mitarbeiterzahl von 18 auf 54 erhöht.

Neue Tradition und hehre Ziele

Der einfallsreiche Unternehmer hat ausserdem zwei Produkte erschaffen, die er als typische Liechtensteiner Spezialitäten etablieren und zur Tradition machen möchte. «Basel hat die Läckerli, das Engadin die Nusstorte. Wir haben erkannt, dass so etwas fürs Fürstentum Liechtenstein noch fehlt. Darum haben wir die Fürstentorte – und für den kleineren Appetit die Fürstenwürfel – kreiert», sagt Richard Wanger. Das Rezept ist sein Geheimnis, aber er verrät: «Die Basis ist ein Mandelbisquit mit Cremefüllung.» Die Fürstentorte hat die Geschmacksrichtung Schokolade. Die Fürstenwürfel gibt es zudem noch in den Varianten Eiercognac, Champagner, Ruby Rubina und Mocca.

Richard Wanger ist mit Leib und Seele Bäcker-Konditor-Confiseur. Diese Begeisterung gibt er gerne an die nächste Generation weiter – und die muss nicht aus der eigenen Familie stammen. «Ich möchte meine Kinder nicht unter Druck setzen. Sie sollen wie ich den Beruf ergreifen können, der sie glücklich macht», sagt Wanger, der selbst von seinen Eltern alle Freiheiten bei der Berufswahl bekommen hatte. Statt auf die vierte Generation zu hoffen, konzentriert er sich lieber auf die Ausbildung von Lernenden wie Jelena Grässli.

«Ich möchte, dass wir auch in Zukunft ein Topausbildungsbetrieb sind.» Richard Wangers Employer-Branding-Vision geht aber noch einen Schritt weiter. «Unser Be trieb soll für alle Mitarbeitenden ein Arbeitsplatz sein, an dem sie sich einbringen und verwirklichen können. Wir möchten diesbezüglich für die Branche ein Vorzei gebetrieb sein. Noch sind wir nicht am Ziel, aber auf gutem Weg.»

Auch Jelena Grässli hat eine Vision für ihre Zukunft: «Ich würde gerne eine Ausbildung zur Sozialdiakonin machen. Das freudvolle, sinnliche Konditorenhandwerk würde sich sicher gut mit seelsorgerischer, sozialer Arbeit verknüpfen lassen.» •

KONTAKT

Bäckerei KonditoreiConfiserie Wanger Landstrasse 27 FL-9494 Schaan Tel. 00423 232 40 04 www.wangerag.com

WANGERS CHAMPAGNERTRUFFES Zutaten für ca. 240 Truffes

Erster Teil 240 Hohlkugeln 200 g Rahm 600 g weisse Couverture 70 g Butter 80 g Marc de Cognac Rahm aufkochen und die Butter dazu geben. Die Couverture in den kochenden Rahm geben und gut durchrühren oder mixen. Am Schluss den Marc de Cognac beigeben. Diese Ganache etwas abkühlen lassen und die Hohlkugeln zur Hälfte damit füllen.

Zweiter Teil 200 g Rahm 320 g Couverture hell 32 % 280 g Couverture dunkel 56 % 70 g Butter 80 g Marc de Cognac Gleiche Zubereitung wie im ersten Teil. Mit dieser Ganache dann die Hohlkugeln bis ganz oben füllen und kühlstellen. Zum Schluss die gut gekühlten Truffes in Staubzucker rollen.

Seit zwei Generationen unverändert: Richard Wanger stellt die Champagner-Truffes noch heute nach Rezept seines Vaters, Reinold Wanger junior, her – und das soll auch in Zukunft so bleiben.

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