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Jorge Cardoso: der beste Pâtissier in der Romandie
Fokus Der rastlose Chocolatier
TEXT Patrick Claudet, Anita Iten (Übersetzung) FOTOS Elise Heuberger
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Als Jorge Cardoso mit 17 Jahren in die Schweiz kam, sprach er kein Wort Französisch. Zehn Jahre später holte er für seine Wahlheimat an der Patisserie-WM Bronze. Ein Jahr später wurde er mit einem Schaustück Weltmeister.
Auf dem Kragen seiner schwarzen Bluse trägt der Chef Chocolatier der Confiserie Suard, einer Freiburger Institution, das Schweizerkreuz. Bei unserem Besuch in der Backstube erzählt er uns als Erstes, wie stolz er auf seinen Erfolg für die Schweiz ist. Seine Erfolgsbilanz ist beeindruckend: Mit Cédric Pilloud und Jean-Baptiste Jolliet wurde er an der Patisserie-Weltmeisterschaft 2017 Dritter. Bei der KochWeltmeisterschaft in Luxemburg 2018, an der er als Mitglied der Schweizer Kochna tionalmannschaft teilnahm, holte er den Titel für das beste Schaustück: eine mit Skalpell und Pinzette geformte Uhr.
Die Erfolge sind ihm nicht zu Kopf gestiegen. Er geht mit gewohnter Leidenschaft und Bescheidenheit seiner Arbeit nach und widmet sich in seiner Freizeit der Fertigung von Kreationen, die nicht nur ehrgeizig, sondern auch originell sind.
Im Moment arbeitet er an Cristiano Ronaldo aus Schokolade und in Lebensgrösse. Fast jeden Tag verbringt er seinen Feierabend mit dem Schnitzen des Gesichts oder der Bearbeitung von verschiedenen Körperteilen des Superstars, den er in einer Verkaufsstelle der Confiserie Suard in Freiburg ausstellen wird. «Man muss kreativ sein und alles dafür tun, um in den Köpfen der Leute zu bleiben, auch wenn man sich nicht gerade auf einen Wettbewerb vorbereitet», erklärt der dynamische Dreissigjährige.
Während er wie ein Bildhauer mit Hohlmeissel und Stecheisen seinem verblüffend echt aussehenden Werk den letzten Schliff gibt, erinnert er sich an die Vorbereitungen auf die grossen internationalen Wettbewerbe, an denen er teilgenommen hat. «Es bedeutete vollen Einsatz, an sieben Tagen die Woche während mehrerer Monate. Natürlich leiden das Umfeld, die Familie und Freunde darunter», erzählt er. «Man ist sich immer des extremen Drucks →
«Die Teilnahme an einem Wettbewerb bedeutet vollen Einsatz, an sieben Tagen die Woche während mehrerer Monate.»

Jorge Cardoso, Chef Chocolatier der Confiserie Suard in Freiburg

In der hellen Backstube an der Rue Jean-Grimoux in Freiburg fertigt Jorge Cardoso seine Spezialitäten.
Gut zu wissen: Die Teilnahme an einem Wettbewerb erfordert grossen Einsatz, besonders, wenn es sich um internationale Meisterschaften handelt. Für die Vorbereitung auf die Patisserieund die Koch-Weltmeisterschaft mit der Kochnati stellte Jorge Cardoso seine Familie und sein Sozialleben zurück. Hinzu kamen chronischer Schlafmangel und eine enorme körperliche Beanspruchung. Auf jeder Etappe stellte er sich die Frage: «Will ich mich verwirklichen oder wie alle anderen sein?» Die Antwort darauf gab Jorge Cardoso 2018 in Luxemburg.

Eine Kreation aus dem Sortiment der hausgemachten Truffes, die der Chef Chocolatier mit seinem Team herstellt.
bewusst, den man sich selbst auferlegt. Was ist, wenn ich mein Ziel verpasse? Wenn alle Anstrengungen zu nichts führen? Solche Fragen habe ich mir oft gestellt.»
Eiserner Wille und Disziplin
Hinter Jorge Cardosos Erfolg stecken eiserne Disziplin und ein unbändiger Wille. Tobia Ciarulli, Teammanager der Kochnationalmannschaft, hatte einen guten Riecher, als er Cardoso für sein Team entdeckte. «Tobia Ciarulli kam kurz nach unserem dritten Platz in Lyon auf mich zu und begeisterte mich für die Kochnati. Er brachte mich auch dazu, mich selber zu übertreffen», so Jorge Cardoso. «Für Luxemburg habe ich fünf (!) Schaustücke kreiert, von denen das letzte – das ich für den Wettbewerb doppelt angefertigt hatte – mit dem WM-Titel ausgezeichnet wurde.»
Dieser an sich schon eindrückliche Erfolg ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass Jorge Cardoso kein Wort Französisch sprach, als er mit 17 Jahren in die Schweiz zog.
Die Wirtschaftskrise 2007 war ein harter Schlag für Portugal und brachte seine Eltern dazu, die Heimat zu verlas sen und nach Freiburg zu ziehen. Ein harter Schock für den jungen Jorge, der sich auf ein Studium als Designer oder Ingenieur eingestellt hatte. «Ich verstand kein Wort und wusste sofort, dass ich meine Berufs wünsche anpassen musste.»
Er absolvierte eine Ausbildung als Koch im Familienhotel Au Parc in Freiburg, dann eine zweite als Pâtissier. Letztere schloss er äusserst erfolgreich mit einem 6er-Schnitt ab. «Die Patisserie war für mich spielerischer als die Küche. Ich merkte auch, dass ich meine Leidenschaft

Tafel-Trilogie mit einer Mischung aus weisser Milchund schwarzer Schokolade. Die Verpackung betont die handwerkliche Herstellung.
Ovomaltine Crunchy Topping

Das knUsprigste aller schokoladEtoppiNgs
Die fi nessenreich überzogenen Herzen sind Beispiele von Jorge Cardosos Handwerkskunst. Er profi tiert von den Erfahrungen, die er an internationalen Wettbewerben gemacht hat.

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fürs Zeichnen ausleben konnte, die mich in Portugal zum Designberuf geführt hätte», so Jorge Cardoso. Zwei Lehren nicht genug, lernte der Wissbegierige noch das Bäckerhandwerk. Bei David Pasquiet in Crans-Montana liess er sich schliesslich zum Chocolatier ausbilden.
Die vielen Lehren ermöglichten es Jorge Cardoso, die Facetten mehrerer Berufe zu ergründen. Heute hat er immer ein Notizbuch bei sich, um neue Stücke zu skizzieren. Bei der Confi serie Suard in Freiburg hat er das Sortiment aktualisiert und neue Stücke kreiert, zu denen zuletzt Weihnachtsbäume und andere Meisterstücke aus Schokolade gehörten. «In meinem Beruf», sagt Jorge Cardoso, «bin ich rastlos.» •
KONTAKT
Confi serie Suard Rue Jean-Grimoux 14 1700 Fribourg Tel. 026 322 35 15 www.confi seriesuard.ch/de
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