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Diese Familie hat Kaffee im Blut
Espresso, Lungo, Kaffee Americano, Cafe Macchiato, Latte Macchiato, Cappuccino, Cafe au Lait, Vienna Coffee, Cafe Mocha, Eiskaffee und Affogato – es gibt unzählige Zubereitungsarten für Kaffees.
Fokus Diese Familie hat Kaffee im Blut
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TEXT Sarah Sidler
BILDER Unsplash, zVg
Henauers Herz schlägt für Kaffee. Bereits seit 90 Jahren verkauft das Familienunternehmen Demeter-Kaffee – damals als einziges weltweit. Heute bildet Philipp Henauer, CEO in vierter Generation, zudem seine Kursteilnehmer zu Stars der Kaffeeszene aus.
Es duftet nach frisch geröstetem Kaffee. Die Mitarbeiter stehen draussen und trinken das koffeinhaltige Getränk. Keines in Pappbechern, das man hastig hinunterstürzt. Nein, sie nippen beinahe andächtig an ihren Tassen. Durch das Bürogebäude der Firma G. Henauers Sohn AG in Höri/ZH ziehen feine Kaffeedüfte.
Im Besprechungszimmer hängen an der Wand säuberlich eingerahmt die Namen vieler erfolgreicher Wettbewerbsteilnehmer der Branche. In der Halle of Fame finden sich in der Kaffeeszene bekannte Namen wie Emi Fukahori, Dario Stoop, Daniel Hofstetter und weitere Mitarbei ter oder Kursabsolventen von «Henauer». Sie alle haben sieg- oder erfolgreich an nationalen und internationalen Wettbewerben rund um Kaffee teilgenommen. Ob Cup-Tasting, Brewers Cup, Latte Art oder Aeropress, immer waren sie vorne mit dabei. Auch Philipp Henauer, der Geschäftsführer der G. Henauers Sohn AG, ist aufge führt. Er wurde 2018 Schweizermeister am Aeropress-Wettbewerb. Bei Aeropress wird das Brühwasser mit dem gemahlenen Kaffee vermischt und mit einem Presskolben durch einen Einwegfilter in eine Kanne gepresst. Für alle anderen oben erwähnten Erfolge ist der 40-Jährige indirekt verantwortlich, denn er hat die Wettbewerbsteilnehmer alle trainiert. Er war vier Jahre lang bei der Speciality Coffee Association Schweiz sowie Europa (SCA) Head of Education und zwei Jahre Präsident der Schweizer Sektion. Philipp Henauer
Philipp und Stefanie Henauer Die Geschwister führen die 1896 gegründete Kaffeerösterei in vierter Generation. Während sie sich die Aufgaben, welche das Management und die strategische Ausrichtung mit sich bringen, teilen, haben sie die anderen Verantwortungsbereiche klar aufgeteilt.
arbeitet seit 2002 für die Firma und ist neben den Schulungen für den Verkauf und den Röstkaffee verantwortlich sowie mit seiner Schwester Stefanie Henauer zusammen für das Management und die strategische Ausrichtung. Sie kümmert sich um die Buchhaltung, das Backoffice und das Personal. Die Geschwister führen das 1896 gegründete Familienunterneh men in vierter Generation.
Philipp Henauer betont, dass er alle, die sich vertieft mit dem Thema Kaffee auseinandersetzen wollen, schult und materiell unterstützt. Nicht selten kommt es vor, dass talentierte Wettbewerbsteilnehmer bei der Kaffeerösterei im Zürcher Unterland als Röster oder als Trainer einsteigen. Wie Dario Stoop, der an →
«Ich will wieder an die Cup-Tasting- Weltmeisterschaft.»

Dario Stoop, Chefröster und Qualitätsmanager bei G. Henauers Sohn AG
Dario Stoop, was fasziniert Sie an Kaffee?
Dario Stoop: Es ist das am meisten konsumierte Getränk am Morgen. Es verfügt über eine riesige Vielfalt an Geschmacks- und Zubereitungsmethoden. Kleine Faktoren wie Wasser, Temperatur oder der Mahlgrad können viel verändern. Als Qualitätsmanager und Chefröster lerne ich unglaubliche Varietäten kennen. Am meisten faszinieren mich Kaffees, die floral nach Steinobst und Beeren duften.
Wie wird man Kaffeeröster?
Ich wollte mehr in die Tiefe gehen, mehr über Grünkaffee lernen. Da ich Philipp Henauer von Weiterbildungen und Wettbewerben her kannte, fragte ich ihn an, ob er mich in diesem Metier ausbilden könne – und er konnte.
Wieso nehmen Sie an Wettbewerben teil?
Ich will mich weiterbringen, lernen. Die Latte-Art-Wettbewerbe reizten mich, weil ich Neues kreieren, ausprobieren wollte. Dort übte ich teils stundenlang, bis ich die perfekte Schildkröte oder den perfekten Dinosaurier hinbrachte. Am Cup-Tasting-Wettbewerb nahm ich teil, weil ich sehen wollte, wo ich stehe.
Wie ist es an den Wettbewerben gelaufen?
2016 und 2017 nahm ich an zwei Latte-Art-Meisterschaften teil und wurde Sechster und Achter. Ich liebe Latte Art an der Bar, aber an Wettbewerben bin ich nervös. So meldete ich mich 2019 auf Anraten von Philipp Henau er für den Cup-Tasting-Wettbewerb an, ging ohne Erwartungen hin und wurde Schweizermeister. Dadurch qualifizierte ich mich für die Weltmeisterschaft in Berlin. Dort verpasste ich den Einzug ins Viertelfinale knapp.
Wie funktioniert Cup-Tasting?
Die Teilnehmer erhalten achtmal drei Kaffeesets vorgesetzt und müssen jeweils den Kaffee aussortieren, der geschmacklich aus der Reihe fällt. Dafür haben sie acht Minuten Zeit.
Und nun gilt es, 2020 den Titel zu verteidigen?
Na klar. Ich würde gern nochmals an der WM teilnehmen.
Dario Stoop Der 40-jährige Zürcher-Unterländer arbeitete von 2011 bis 2014 im Café Z am Park in Zürich als Barista. Bis im Oktober 2016 war er als Head-Barista in der «Milchbar» am Zürcher Paradeplatz tätig. Danach arbeitete er als ChefBarista bis im März 2018 im Co-Working-Space und Café Auer und Co. sowie im «Kraftwerk» in Zürich, die beide demselben Eigentümer gehören. Zwischen April 2018 und April 2019 war Dario Stoop zu 40 Prozent im «Kraftwerk» und zu 60 Prozent als Röster bei Henauer und Söhne AG tätig. 2019 wurde er Schweizermeister im Cup-Tasting und qualifizierte sich für die Teilnahme der WM, wo er 22. wurde. Aktuell ist er Chefröster und Qualitätsmanager bei G. Henauers Sohn AG.
der letztjährigen Cup-Tasting-Weltmeisterschaft teilgenommen hat. Der 40-Jährige mass sich dort mit der Weltelite und verpasste den Einzug in den Viertelfinal nur knapp. Heute arbeitet er als Chefröster und Qualitätsmanager bei «Henauer».
Gratis-Trainings für Gastro-Kunden
Zwischen zwei und drei Schulungen werden wöchentlich in den Räumen des Kaffeerösters durchgeführt, oft mit Mitarbeitern von Restaurants. «Alle unsere Geschäftskunden haben Trainings zugute. Sie dürfen so viele Mitarbeiter schicken, wie sie wollen. So können wir die Mitarbeiter optimal für neue Konzepte ausbilden», erklärt Philipp Henauer. Nur so könne gewährleistet werden, dass ihr Kaffee richtig zubereitet und dementsprechend gut verkauft wird. In diesen Kursen werden Basics, wie die richtige Zubereitung von Kaffee und Espresso, das korrekte Aufschäumen von Milch, erste Versuche in Latte Art wie auch das fachge rechte Putzen der Kaffeemaschine erlernt. Während die Kurse für Private schon immer gut verkauft wurden, lassen sich nun vermehrt Gastronomen ausbilden. «Das Bewusstsein nimmt zu», bemerkt Philipp Henauer.
Pionier im Bereich Demeter
Dass Kaffee für seine Kunden immer weniger einfach Kaffee ist, spürt der CEO beim Einkaufsverhalten. Die Nachfrage nach biologisch hergestelltem Kaffee steigt und liegt inzwischen bei rund 40 Prozent. Sein Grossonkel war vor 90 Jahren der erste Kaffeeröster der Welt, der Kaffee in Demeter-Qualität röstete und verkaufte. Heute wird ein grösserer Teil des verkauften Kaffees des Familienunternehmens in biodynamischer Qualität hergestellt.
Demeter unterliegt strengeren Krite rien als die Bio-Knospe. Im biologischdy namischen Landbau wird dem Boden bewusst Gutes getan, ein reges Bodenleben wird gefördert und der Bauer trägt aktiv zum Aufbau seiner Fruchtbarkeit bei. Konkret heisst das: Einsatz von Kompost aus tierischem Mist, vielfältige Fruchtfolge mit Leguminosen und Arbeit mit den biodynamischen Präparaten. Dabei berücksichtigt der Bauer die natürlichen Zeitqualitäten und Rhythmen. Alle an Demeter zertifizierten Betrieben Beteiligten erhalten den angemessenen Preis für ihre Produkte und einen fairen Lohn. Bei der Firma Henauer
Der Koffeingehalt im Kaffee ist stark abhängig vom Röstverfahren und der Kaffeebohne selbst. So enthält Robusta dreimal mehr Koffein als Arabica.

steht eine Herzensgeschichte hinter dem Demeter zertifizierten Kaffee. «Wir kennen diese Kaffeebauern seit Generationen und besuchen sie jedes Jahr. Sie sind inzwischen mehr als Freunde, fast schon Familie», so Philipp Henauer. Und damit auch die Mitarbeiter der Kaffeerösterei in ihren Kursen den Hintergrund dieser reinen Kaffeesorten vermitteln können, dürfen sie mit in die zertifizierten Anbaugebiete. Welche mit ihren Pflanzen inmitten fast unberührter Natur mitten im Regenwald einen krassen Gegensatz zu den Monokulturen auf brasilianischen Hochplateaus bilden. •
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Gut zu wissen: Alle Kaffees in DemeterQualität sind reinsortig und zählen nicht selten zu den Spezialitätenkaffees. Damit verfügen sie oft über rare und somit gesuchte Aromen. Dadurch liegen sie im Trend und werden zum Thema in der Gastronomie. Erzählen Restaurationsfachkräfte die Geschichte hinter den Bohnen (Anbaumethoden, faire Entlöhnung, sorgfältige Verarbeitung) rechtfertigt das den höheren Preis vor den Gästen. Es macht Sinn, den Hintergrund des Demeter-Kaffees in der Karte oder auf einer Tafel im Lokal zu erläutern.
KONTAKT
G. Henauers Sohn AG Hofstrasse 9 8181 Höri Tel. 044 861 17 88 www.henauer-kaffee.ch
