HG-Magazin 1/2016

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Das Schweizer Branchenmagazin seit 1898

Fok us E x pE r i m E n t E l l E s Ko c h E n


Hausbäcker der Schweizer Spitäler.

Romer’s Bäckerhandwerk hat über vierzig Jahre Tradition. Sie schaffen schaffen das in wenigen Minuten! Mit unseren hochwertigen, in der Schweiz hergestellten Backwaren und Konditoreiprodukten. Damit Sie zu jeder Zeit ofenfrische, süsse und salzige Köstlichkeiten servieren können. Nebst Spitälern bedienen wir auch andere Unternehmen mit gesundem Appetit. Rufen Sie uns an unter 055 293 36 36 oder besuchen Sie www.romers.ch.


Editorial

TiTelbild

Claudia Link

Mit seinem Kochbuch «Gold, Holz, Stein» sorgte Stefan Wiesner, der Hexer aus dem Entlebuch, 2003 für Furore. 13 Jahre später nahm uns der kochende Alchemist mit auf einen Streifzug durch den Wald und zeigte uns seine neusten Geschmackskreationen aus Torf und Tannenzapfen. Experimentelles Kochen mit dem, was die Natur pur zu bieten hat, ist so aktuell wie nie zuvor. Rebecca Clopath, Wiesners Jüngerin im Geiste, präsentiert in dieser Ausgabe stimmige Kompositionen aus Flechten, Moos und Harz. Mit dem Artisan Cuisinier Jonas Frei stellen wir Ihnen einen Tüftler vor, der von Holzschäumen begeistert ist. Last but not least geht es um Kochen mit Sonne und Parabolspiegel sowie Cocktails aus den Elementen Feuer, Wasser, Erde, Luft. Jörg Ruppelt Chefr eda kTeu r M aga zine


Kreatio

Kulinarium

Fokus

Arena

Kaleidoskop

Inhalt 04

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D a s Z i t a t Jean-Anthelme Brillat-Savarin

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D i e L e g e n d e Ferran Adrià

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A m P u l s Zum Anbeissen schön

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K u n s t & E s s e n Jedes Reiskörnchen ein Farbpigment

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D i e L i s t e Fünf extrem alkoholische Getränke

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W i e d e r e n t d e c k t Superschmelz

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D e r Ö k o ­ T i p p Geräte ausschalten oder auswechseln

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D i e L e s e e c k e Die Welt verschlingen

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A l l e s ü b e r … die Artischocke

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A u f e i n G l a s m i t … Helen Strozzega-Fey

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H a n d m a d e Hängende Tulpen

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I n & O u t Jörg Aschwanden in Japan

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D a s L a n d Italien

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S t i m m e n a u s d e r B r a n c h e Frischprodukte oder Convenience?

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D e r P h i l o s o p h Sébastian Le Page

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T h e m a Experimentelles Kochen

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M o o s & H a r z Rebecca Clopaths Kompositionen

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K o c h e n m i t S o n n e Solardampfküche

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B i l d e r s t r e c k e Zitrone in Kohlensäure & mehr

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D i e v i e r E l e m e n t e Feuer, Wasser, Luft und Erde in einem Glas

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H o l z i m K o p f Artisan Cuisinier Jonas Frei

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I m W a l d m i t S t e f a n Der Hexer vom Entlebuch

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S w e e t D r e a m s Frederik Jud in Glarus

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D i e b e s t e n R e z e p t e Der Beizer vom Schüpbärg

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B a r t h e k e Klassiker neu interpretiert

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I n t e r n a t i o n a l Es geht auch ohne Entenleber

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C a v e Eichengeschmack

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K ü c h e Wenn Rauch in Salz aufgeht

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C h e f A l p s Stars aus aller Welt in Zürich

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W e i n r e p o r t Ribera del Duero

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W i e f u n k t i o n i e r t . . . eine Vakuummaschine

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B i t s & B y t e s Story-Telling

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Wettbewerb & Impressum


Le Dessert – so einfach und doch so einzigartig

Mit den exquisiten und natürlichen Rezepturen aus hochwertigen Schweizer Zutaten lassen sich schnell verführerische Desserts zaubern. Le Dessert ist einfach und individuell portionierbar und lässt Gastronomen unzählige kreative Möglichkeiten. Eine tolle Idee in vier köstlichen Variationen vom Profi für den Profi: ideal für Buffets und Bankette. Läderach PROFESSIONAL – Qualität verbindet.

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Kaleidoskop

Das Zitat

«Die Entdeckung eines neuen Gerichts ist für das Glück der Menschheit von grösserem Nutzen als die Entdeckung eines neuen Gestirns.» Jean-Anthelme Brillat-Savarin (1755–1826), französischer Schriftsteller, Jurist und Gastronom, Lehrbuch der Gastronomie und Tafelfreuden

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Die Legende

Ferran Adrià

Den erfinderischsten Koch nennen ihn die einen, den berühmtesten Laboranten die an­ deren. Kaum ein Koch spaltet die Gemüter wohl so wie Ferran Adrià (53). Der spanische Starkoch ist die Leitfigur der Molekularküche. Dabei sieht es in seiner Jugend nicht nach einer erfolgreichen Berufslaufbahn aus: Als 18­Jähriger bricht der Gipsersohn aus Katalo­ nien grundlos seine kaufmännische Ausbil­ dung ab und träumt lieber von Ferien auf Ibiza. Diese finanziert er als Tellerwäscher in einer kleinen Hotelküche – der Beginn einer beispiellosen Karriere, die ihn via Militärkü­ che ins «El Bulli» führt. In einer entlegenen Bucht der Costa Bra­ va beginnt Adrià ab 1993, die konventionelle spanische Küche zu erneuern – Speisen, wie sie die Welt noch nicht kennt. Zutaten wer­ den verfremdet, erhalten neue Formen und Aggregatszustände. Beim Anblick des Fruchtschaumes eines ausgepressten Saftes in einer Bar kommt er auf die Idee eines Espuma, die er dann auf andere Lebensmittel überträgt. Von der Schaumschlägerei lässt Adrià wieder ab, als er zu oft kopiert wird: «Rund neunzig Prozent aller wesentlichen Er­ findungen in der Kochwelt stammen heute von uns.» Während sein weltweiter Durchbruch erst 2003 dank einer grossen Reportage im New York Times Magazine gelingt, entdecken europäische Gastrokritiker und Gourmets bereits Mitte der 1990er­Jahre das einzig­ artige Restaurant, das jeweils ein halbes Jahr geöffnet ist, um danach wieder ein halbes Jahr zu schliessen. Siebzig Mitarbeiter für fünfzig Plätze, das Menü, das während der gesamten Saison unverändert bleibt, umfasst 30 bis 35 kleine, ausgefeilte, höchst kompli­ zierte Gänge. Bis zu zwei Millionen Reser­ vierungswünsche für insgesamt 8000 Plätze gehen pro Saison ein, das Lokal ist stets weit im Voraus ausgebucht. Obwohl das Menü rund 320 Franken kostet, wirtschaftet der Betrieb defizitär. «‹El Bulli› wurde nie mit der Absicht geführt, viel Geld damit zu machen. Wir haben uns wirtschaftlich vielmehr ge­ nauso aufgestellt, dass das Konzept fortbe­ stehen konnte», lässt sich Adrià zitieren.

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Das Loch gleicht er mit Auftritten, Werbung, Kochbüchern und Caterings aus. Eis, das auf der Zunge heiss wird, im Mund poppende Texturen, Räucherlachs­ Lollipop, Schinken als Schaum und Olivenöl in Kaviarform sind nur wenige der unzähligen genialen Überraschungen, mit denen Adrià seine Gäste stets von Neuem verblüfft. Dafür behandelt er rohes Gemüse mit High­ tech aus der Medizinaltechnik, injiziert Eiern vor dem Kochen Kaviarpaste und gefrier­ trocknet Früchte, um sie zu zermahlen und schliesslich zu gelieren. Seine Küche gleicht eher einem Chemielabor denn einer Kochstube. Während der avantgardistische Spanier von der Fachpresse mehrfach zum Koch des Jahres ernannt und vom Guide Michelin mit drei Sternen verziert wird, nennt ihn Manfred Kohnke, Chefredaktor von Gault Millau Deutschland, den «berühmtesten Laboranten unter den Küchenstars und Pat­

ron eines Showrooms der nahe gelegenen spanischen Chemieindustrie». Abzulehnende Stoffe würden massiv verwendet. Jahr für Jahr 35 neue Gerichte – 2011 wird Adrià der Druck zu gross. Er gönnt sich vorerst eine zweijährige Erholungsphase, doch die Zeit des legendären Restaurants ist vorüber. 2014 wird es in eine Stiftung um­ gewandelt und soll fortan unter dem Namen «Bullilab» zur Denkfabrik für kreative Gastro­ nomie werden. Es bleibt die eine grosse Frage. Was ist Ferran Adrià denn nun: Koch­Legende oder Chemie­Freak? «Ich glaube nicht, dass ich der beste Koch der Welt bin», erklärt Adrià gegenüber der deutschen «Zeit». «Man kann das ja auch gar nicht messen.» Überzeugt ist er hingegen, dass «El Bulli» das einfluss­ reichste Restaurant der Welt war. «Die meisten erfolgreichen Köche, die jetzt 30 bis 40 Jahre alt sind, haben über eine gewisse Zeit dort gearbeitet.» (eps)

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Am Puls

Zum Anbeissen schön Artischocken-Löffel biologisch abbaubar Masterprojekt Ecal von Qiyung Deng cargocollective.com

Zitronen-Glas biologisch abbaubar Masterprojekt Ecal von Qiyung Deng cargocollective.com

Das macht Lust auf Vitamine: ein Lauchstängel, ein Artischockenblatt oder eine halbierte Orange. Diese Messer, Löffel, Dosen und Schalen sehen ihrer «natürlichen» Vorlage täuschend ähnlich. Die eine Kollek­ tion hat es in die National Gallery in Melbourne geschafft, die andere wird bald aus biologisch abbaubaren Materialien hergestellt werden. (beb)

Orangen-Schale biologisch abbaubar Masterprojekt Ecal von Qiyung Deng cargocollective.com

Orange Jar handgemachte Dose Kunstharz Preis auf Anfrage www.mathery.it

Lauch-Messer biologisch abbaubar Masterprojekt Ecal von Qiyung Deng cargocollective.com

Pineapple Punch Bowl handgemachte Schale Kunstharz Preis auf Anfrage www.mathery.it

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Kunst & Essen

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Extrem alkoholische Getränke Armageddon (65% Vol.) Eine schottische Kleinbrauerei stellt das stärkste Bier der Welt her. Um den hohen Alkohol­ gehalt zu generieren, wird das Bier gefroren. Da nur das Wasser, nicht aber der Alkohol zu Eis wird, kann das Wasser einfach aus dem Bier entfernt werden, bis die gewünschte Alkoholkonzentration übrig bleibt. Blume Wodka (75% Vol.) Dieser Wodka soll sehr mild, fast schon geschmacksneutral sein, im Mund aber «bei jedem Schluck einen Hagelsturm aus­ lösen». Blume Wodka eignet sich als Basis für Cocktails und Longdrinks. Absinth 85 Black Edition (85% Vol.) Dieser Absinth wurde in einer limitierten Auflage zum Firmenjubiläum der Abtshof Spezialitäten Destillerie in Magdeburg (DE) hergestellt. Entsprechend edel sind die Zutaten für dieses Getränk und seine Verpackung.

Jedes Reiskörnchen ein Farbpigment Vom «Rothko» zum «Riceko»: Das amerikanisch­neuseeländische Künstlerduo Caitlin Levin und Henry Hargreaves hat sich die Bilder des Malers Mark Rothko zum Vorbild ge­ nommen. Die grossformatigen Ölgemälde mit gestapelten, ineinander verschwimmen­ den, monochromen Farbflächen bildeten sie mit gefärbten Reiskörnchen nach. Dabei sei das Mischen der Lebensmittelfarben die grösste Herausforderung gewesen. «Es war nicht einfach, den richtigen Farbton der Originalbilder zu treffen», sagt Caitlin Levin. Trotzdem haben sie die Bilder wohl in kürzerer Zeit hingekriegt als Mark Rothko. In zwei bis drei Stunden waren die «Ricekos» jeweils vollendet. Ihre «Kopien» waren jedoch von kurzer Lebensdauer. Nach dem Fototermin wanderten die bunten Reiskörnchen in den Kochtopf. Auf dem Teller jedoch blieb von der «rothkoschen» Farbenpracht nichts mehr übrig. Der Kokosreis präsentierte sich khakifarben. Dem Geschmack habe dies jedoch keinen Abbruch getan. Die Stylistin und der Fotograf realisieren seit zehn Jahren zusammen Kunstprojekte. Dafür setzen sie am liebsten Lebensmittel ein. «Die Auswahl an Nahrungsmitteln ist immens und sie sind einfach zu finden», begründet Caitlin Levin ihre Wahl. Und das Abendessen ist somit jeweils auch schon organisiert. (beb) www.hargreavesandlevin.com

Stroh-Rum 80 (80% Vol.) Ein Klassiker, der an der Bar, in der Küche und in der Back­ stube seinen Platz gefunden hat. Kaum ein anderes alkoholi­ sches Getränk ist so vielseitig einsetzbar. Sei es zum Aromati­ sieren von Marmeladen, Cre­ men und Backwaren, zum Einlegen von Obst (Rumtopf) oder zum Flambieren. Heissge­ tränke­Klassiker wie Grog, Punsch oder Jägertee wären ohne Stroh­Rum unvorstellbar. Absinth Hapsburg (89,9% Vol.) Dieser Absinth stammt ur­ sprünglich aus Bulgarien, wird mittlerweilen aber in Italien produziert. Er ist unter dem Namen «Gold Label» im Han­ del. Wegen seines hohen Alkoholgehaltes sollte er nicht pur getrunken, sondern nur für Mixgetränke verwendet werden. (rif)

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wiederentdeckt

Superschmelz

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Kohlrabi ist nicht gleich Kohlrabi. Er sollte fein, zart, mild und leicht nussig schmecken. Sollte, muss man betonen. Denn was meist im Handel so angeboten wird, schmeckt langweilig, wäs­ srig oder gar muffig. Grund genug also, sich sei­ nen eigenen Kohlrabi im Garten zu ziehen. Das Samen­Angebot ist riesig. In der Schweiz sind fast 50 verschiedene Sorten erhältlich. Dabei dominieren mit Abstand Kohlrabisorten mit grünlich­weisser Schale, da sie schneller wachsen als die blau­violetten Sorten. Die «Blauen» haben oft den Nachteil, dass sie bei grosser Hitze im Sommer rasch holzig werden. Eine grosse Ausnahme ist Blaro, eine echte Schweizer Züchtung, deren grössere Exemplare zart und knackig bleiben. Der Ge­ schmack ist ausgewogen, nicht zu fad, aber auch nicht zu kohlig. Daher ist Blaro ideal für den Rohverzehr als Snack oder Gemüsedip. Empfehlenswert sind zudem alte Sorten wie Azur Star, Trero, Lanro, Dyna und Superschmelz. Letztere ist eine bewährte weisse Kohlrabisorte, deren Knollen leicht drei bis vier Kilogramm schwer werden, ohne zu verholzen. Damit ge­ hört Superschmelz zu den – garantiert gentech­ freien – Riesenkohlrabi. Trotz der Grösse (in Deutschland sind schon bis zu acht Kilogramm schwere Exemplare geerntet worden) leidet das Aroma nicht darunter. Die Riesenknollen können sehr gut im Winter bis in den März hinein gelagert werden und behalten dennoch ihren typischen, leicht nussigen Geschmack. Superschmelz kann man in der Küche wie gewöhnlichen Kohlrabi zubereiten oder auch paniert als vegetarisches Schnitzel. (rup)

D e r Ö k o ­Ti p p

Geräte ausschalten oder auswechseln! Zehn Prozent des Stromverbrauchs verpufft ungenutzt – zum Beispiel wegen Stand­by­Betrieb. 1. Küche: Noch immer gibt es Küchenmitarbeiter, die am Mor­ gen, wenn sie kommen, alle Küchengeräte einschalten und sie erst in der Nacht vor dem Heimgehen wieder ausschalten. Das macht natürlich überhaupt keinen Sinn und geht ins Geld. Am besten ist es, wenn der Küchenchef in der Küche einen Plan aufhängt, auf dem ersichtlich ist, welches Gerät wann ein­ oder ausgeschaltet werden soll. Zudem lohnt es sich auch in der Küche zu prüfen, ob alte Stromfresser, zum Beispiel Kühl­ schränke, durch neue ersetzt werden sollten. Welches Gerät wie viel Strom verbraucht, kann man mit einem Messgerät herausfinden. 2. Hotelzimmer: Stromfresser sind hier die Kühlschränke und Klimageräte und, je nach Alter, auch Fernsehgeräte. Während alte Röhrengeräte 300 bis 400 Kilowatt verbrauchen können,

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gibt es neue LED­TVs mit einem Stromverbrauch ab 40 Kilo­ watt. Da lohnt sich ein Austausch schnell einmal. Das Gleiche gilt für alte Kühlschränke. Und bei allen Geräten ist es wichtig, dass sie ausgeschaltet werden, wenn das Zimmer nicht ver­ mietet ist. Übrigens gibt es auch Vier­ und Fünfsternehotels, die im Zimmer keinen Kühlschrank mehr haben und dafür auf dem Gang einen Getränkeautomaten. 3. Ganzes Gebäude: LED­Leuchten der neusten Generation einsetzen. Sie brauchen nur einen Bruchteil der Energie, die eine klassische Glühlampe verbraucht, und haben eine vielfach längere Lebensdauer. Diese Investition lohnt sich lieber heute als morgen. Denn Berechnungen zeigen, dass Sie wegen des viel tieferen Stromverbrauches mit jeder LED­ Lampe pro Jahr zwischen 45 und 70 Franken einsparen. (mgs)


Die Leseecke

Die Welt verschlingen

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Aus «Aphrodite – Eine Feier der Sinne» von Isabell Allende

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Isabel Allende (*1942) Die berühmte chilenischamerikanische Schriftstellerin und Journalistin ist die Nichte des 1973 von Putschisten ermordeten chilenischen Präsidenten Salvador Allende. Ihre bekanntesten Romane sind «Das Geisterhaus» und «Von Lieben und Schatten». Beide wurden verfilmt. In ihrem 1997 veröffentlichten Band «Aphrodite – eine Feier der Sinne» preist sie keck und übermütig Bett- und Tafelfreuden und führt ihre Leser in die Welt der Genüsse. Das Buch umfasst erotische Geschichten aus Orient und Okzident, anregende Bilder, Gedichte und Anekdoten, aber auch poetische Beschreibungen der aphrodisierenden Wirkung von Gerüchen und Gewürzen. Dazu eine Fülle erprobter oder auch gewagter Rezepte der grossen Köchin Panchita, die nicht zufällig Isabel Allendes leibliche Mutter ist.

Ich wurde geboren irgendwo zwischen Gehirn und Granatapfel, mit der Zunge kostend die köstlichen Gewebe von Haar und Händen und Augen, wurde geboren aus dem Gebrodel des Herzens, aus dem unendlichen Bett, um zu wandern über diese unendliche Erde. Ich möchte dich speisen mit den eisigen Blumen an diesem winterlichen Fenster, den Wohlgerüchen vieler Suppen, dem Duft geheiligter Herzen, der mir durch dieses Zedernhaus folgt. Ich möchte dich speisen mit dem Lavendel, der aus gewissen Gedichten sich löst, und mit dem Zimt von bratenden Äpfeln, und mit der schlichten Freude, die wir im Himmel sehen, wenn wir uns verlieben. Ich möchte dich speisen mit der scharf duftenden Erde, von der ich Knoblauch erntete, ich möchte dich speisen mit den Erinnerungen, die aufsteigen aus den Espenstämmen, wenn ich sie spalte, und aus dem Rauch der Kiefernzapfen, der um das Haus zieht in einer stillen Nacht, und aus den Chrysanthemen in der Küchentür.

Quelle: Isabel Allende, Aphrodite – Eine Feier der Sinne, insel-taschenbuch, 2013

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Alles über

Artischocke; die artichoke (engl.) / carciofo (ital.) / artichaut (franz.) / alcachofa (span.)

es

Die Artischocke ist eine der ältesten Gemüsesorten. Schon in der Antike ass man gerne dieses Gemüse. rezepte-und-tipps.de

/ Die Artischocke ist eine distelartige, kräftige Kulturpflanze aus der Familie der

/ Beim Kauf sollten die Blätter der Artischocke frisch und grün aussehen. Der Kopf sollte sehr schwer und die Blattspitzen dürfen nicht trocken sein. rezepte-

Korbblüter.

Wikipedia

/ Artischocken wird eine appetitanregende, verdauungsfördernde und cholesterinsenkende Wirkung zugeschrieben. Der in ihnen enthaltene Bitterstoff Cynarin regt den Stoffwechsel von Leber und Galle an. gemuese.ch / Vor dem Kound-tipps.de

chen die Artischocke kalt abwaschen und den Stiel herausbrechen. Die Stacheln der Blätter mit einer Schere abschneiden. Den Boden der Frucht sowie die untersten Blätter abschneiden und die Schnittstellen sofort mit Zitronensaft beträufeln, damit sie nicht braun werden. Anschliessend in Salzwasser 30 bis 45 Minuten garen. rezepte-und-tipps.de / Das Artischockenherz bezeichnet

den unteren verdickten Teil des Kelchblatts (eigentlich Hüllblatts). wikipedia /

Hauptanbaugebiete sind Italien, USA, Spanien, Ägypten, Argentinien und Frankreich. Geerntet werden die Blütenköpfe, wenn sie noch geschlossen sind und die äusseren Schuppen leicht abstehen. Verpasst man diesen Zeitpunkt, zeigt sich eine grosse violette Blüte.

/ Die frostempfindliche Artischocke stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum; vom östlichen Mittelmeer (Kilikien) über Persien bis nach Nordafrika, westlich bis Spanien und ebenso auf den Kanarischen Inseln. wikipedia / Ausser als Gargegemuese.ch

müse werden ihre Blätter in Säften, Tees, Trockenextrakten und Tinkturen verwendet. Cynar wird aus Artischocken hergestellt. gemuese.ch / Nachdem die Pflanze durch den florenti-

nischen Händler Filippo Strozzi Anfang des 15. Jahrhunderts aus Sizilien importiert wurde, trat sie ihren Siegeszug nach Frankreich und Grossbritannien an, und etwa 400 / Jahre später wurde sie auch in den USA eingeführt. Wikipedia

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Auf ein Glas mit ... Helen Strozzega-Fey

« Als inhabergeführte Firma wollen wir unseren Betrieben ein Gesicht geben » Nach dem Tod Ihres Ex-Ehemannes Urs Strozzega im vergangenen April sind Sie nach sechs Jahren wieder in die Gastronomie Strozzi’s eingestiegen. Was hat Sie dazu bewogen, wieder für das Unternehmen zu arbeiten? Helen Strozzega­Fey: Mein Ex­Ehemann und ich haben die «Strozzi’s» im Kanton Zürich vor 25 Jahren gemeinsam ins Leben gerufen. Deshalb war es für mich nach seinem plötzlichen Tod keine Frage, wieder in das Unternehmen einzusteigen. Zumal meine Kinder die Firma erbten und mein 25­jähriger Sohn Denis beschloss, im Betrieb zu arbeiten und mich um meine Unterstützung bat.

Wie teilen Sie sich Ihre Aufgaben auf? Ich bringe vor allem die Erfahrung aus 19 Jahren Arbeit in den Betrieben mit. Ich nehme hauptsächlich unterneh­ merische, strategische und konzeptio­ nelle Aufgaben war. Qualitätsüber­ wachung und Mitarbeiterschulungen liegen mir am Herzen. Die operative Arbeit überlasse ich den Jungen. Denis ist Bankfachmann und hat eben das Wirtschaftsstudium abgeschlos­ sen. Er arbeitet gemeinsam mit dem operativen Leiter der Firma Gian Appenzeller an der Front mit.

Hängende Tulpen

für eine frühlingshafte Stimmung.

Hammer, Messer, Schere, Schnur, Tulpen und Reagenzgläser bereitlegen.

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neue motivierte Mitarbeiter zu rekru­ tieren, die bereit sind, mit uns diesen Weg zu gehen.

Zum Beispiel? Das Restaurant Strozzi’s Trattoria & Chuchi an der Seestrasse in Herrli­ berg hat kürzlich mit neuem Konzept seine Tore ganzjährig wieder geöffnet. Wie es der Name schon sagt, bieten wir dort Lieblingsgerichte aus Italien und der Schweiz an. Etwa Hackbraten mit Kartoffelstock oder «fegato di vitello con risotto». Das Lokal kann im Sommer zudem Gesellschaften, von unserem Betrieb auf der anderen Stra­ ssenseite direkt am See, als Ausweich­ möglichkeit bei schlechtem Wetter dienen. Im Strandhaus geht es weiter exklusiv und mediterran zu und her. In der Strozzi’s Rosticceria im Blue­Max­ Areal in Männedorf offerieren wir donnerstags hausgemachte Häpp­ chen. Das dritte Lokal in Zürich wird dieses Jahr umgebaut und mit einem neuen Konzept eröffnet.

Wie ist es für Sie, nun wieder für die «Strozzi’s» zu arbeiten?

Was ist Ihnen wichtig in Ihrem Job?

Es war schon etwas speziell, nach all den Jahren in meinem alten Büro oberhalb des Lokals an der Seefeld­ strasse in Zürich einzuziehen. Im Her­ zen war es immer auch meine Firma. Und es bereitet mir grossen Spass. Mit meinem Sohn und Gian Appen­ zeller konnten wir ein neues dynami­ sches Geschäftsleitungs­Team bilden. Zusammen entwickeln wir spannen­ de Ideen, die wir in Zukunft umsetzen werden. Im Moment sind wir dabei,

Seele und Herzblut. Als inhaberge­ führte Firma wollen wir unseren Betrieben ein Gesicht geben. Unsere Gäste sollen uns spüren. Es soll jemand für die Stammgäste da sein. Deshalb bin ich fast täglich in allen drei Betrieben anzutreffen. Ein guter Teamspirit ist uns sehr wichtig. Und Freundlichkeit. Zudem setzen wir seit Beginn auf Qualität. Alles ist bei uns hausgemacht. Von der Suppe über die Säfte bis hin zu den Panini. (ssi)

Schnur auf gewünschte Länge schneiden und um das Reagenzglas knoten.

Tulpen auf gewünschte Länge schneiden.

Reagenzgläser vorsichtig mit Wasser füllen.

Reagenzgläser mit Tulpen vor einer Wand oder einem Fenster aufhängen.

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Arena

Tokio Hauptstadt von Japan Fläche 377. 835 km 2 BevÜlkerung 126.6 Millionen (2012)

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In Out

Der gelernte Koch Jörg Aschwanden aus Maur am Greifensee wollte schon immer ins Ausland. London war seine erste Station, dann zog es ihn nach Japan, wo er heute für die Lebensmittelindustrie arbeitet. TexT

Jörg Aschwanden

bilder

Keystone

Japan lernte ich Anfang der 1970er­Jahre kennen, als ich als Koch im Hotel Okura in Tokio arbeitete. Damals gab es lediglich drei internationale Hotels in der Hauptstadt: das «Hilton», das «Interconti­ nental» und das «Okura». Im Hotel Okura war ich der einzige Schweizer. Die Küche war in japanisch­ französischer Hand. Schon damals standen die Ja­ paner auf die französische Küche. Im Continental Room des Hotels kochte ich als erster Wildgerichte und Real Swiss Food mit allem Drum und Dran. An­ schliessend wechselte ich als Executive Sous­chef nach Malaysia ins «Hilton» in Kuala Lumpur, von dort zog es mich weiter nach Manila auf die Phi­ lippinen, wo ich zwei Jahre als Executive Chef im «Hilton» tätig war. 1978 heuerte ich dann bei Knorr, das damals noch zu Best Foods gehörte, an. Seit­ dem bin ich der Marke treu. Und Asien hat mich nie mehr losgelassen. Genaugenommen lebe und ar­ beite ich nun seit 1982 ununterbrochen in Japan. Ich bin Senior Advisor Knorr und arbeite für Ajinomoto, eine unabhängige Unternehmens­ gruppe. Seit 53 Jahren ist Ajinomoto Lizenzher­ steller von Knorr­Produkten. Meine frühere Funk­ tion war Director Development Asia, eine Art Koor­ dinator. Eine ähnliche Funktion habe ich heute als

Jörg Aschwanden (68) Er ist ein «Ur­Knorrianer», seit 1982 der Marke Knorr und Japan, dem Land der aufgehenden Morgenröte, treu. Heute arbeitet er als Senior Advisor Knorr für die japanische Ajinomoto­Gruppe, die Knorr­Produkte herstellt und vertreibt. Für das Unternehmen ist er oft in Euro­ pa unterwegs, um Lieferanten zu besu­ chen. Jörg Aschwanden ist in Maur am Greifensee aufgewachsen. Der Vater war Metzger, die Mutter führte das Re­ staurant Freischütz. Seine Kochlehre absolvierte er im «Römerhof» in Zürich. Anschliessend wechselte er als Commis für eine Saison nach Bad Ragaz ins Hotel Tamina, «wo wir Jungen noch am frühen Morgen den Kohlenherd anzufeuern hatten», so Jörg Aschwanden. Er arbei­ tete im toggenburgischen Wildhaus im «Hirschen» und im «Savoy» in Zürich, wollte aber Ende der 1960er­Jahre un­ bedingt ins Ausland. Mit Glück fand er eine Stelle unter Giuseppe Bazzani im Hotel Hilton in London. Nach einem kurzen Wechsel wieder in die Schweiz zog es ihn dann nach Japan, wo er mit kurzen Unterbrüchen bis heute lebt.

Senior Advisor bei Ajinomoto. Das Unternehmen unterhält vier Fabriken. Ich kümmere mich in ers­ ter Linie um das Supply Chain Management, also um die Rohstofflieferanten, die Einkaufskoordi­ nation der europäischen Ingredienzen und den ge­ samten Produktefluss. Unser Hauptbusiness sind Suppen, Bouillons und Saucen. Ich bin viel au­ →

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In­ und Ausland

Mein Leben in Japan


In­ und Ausland

Ajinomoto ... ... ist ein japani­ sches Unter­ nehmen in der Nahrungsmit­ telbranche, das vor allem Aromen, Ge­ würze und Öle herstellt. Sein bekanntestes Produkt ist Mononatrium­ glutamat, das in Ostasien verbreitet zum Kochen ver­ wendet wird.

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sserhalb Japans unterwegs und zirka drei bis vier zer Lehrbuch der Küche. Wir kochen unter ande­ Mal im Jahr auch in Europa, um Produzenten für rem fünf bis sechs Bouillons, darunter asiatische, unsere japanischen Knorr­Produkte zu treffen. mit Poulet oder Rind und vegetarische. In einem Teilweise sind das ehemalige Unilever­Lieferanten weiteren Modul bereiten wir verschiedenen Fonds wie jener in Reims, der aus rund 100 000 Tonnen zu. Dann nehmen wir uns auch öfters Ingredien­ frischer Zwiebeln Pulver herstellt. Dieses Pulver zen vor. Es geht um Bindemittel und Geschmacks­ ist für uns ein wichtiger Bestandteil der Knorr­Sup­ zutaten. Ich zeige den Technologen, wie man Flädli pen. Das Zwiebelpulver sorgt für Volumen, Süsse und Croutons sowie Leberknödel macht und gebe und Geschmack. In Belgien treffe ich bei meinen Rezepte ab. Es geht vor allem immer um Adaptati­ Europabesuchen einen Produzenten, der Instant­ onen. Zum Lunch gibt es dann immer etwas, was Pasta für uns herstellt. In Spanien der Chef gezeigt und vorgekocht hat. haben wir einen Partner mit Top­ «Ich spreche im Ich bereite häufig auch ein typisch Technologie für Tomatenpaste und europäisches Essen zu wie Gulasch, Büro Englisch Voressen Tomatenpulver. Bis wir einen Top­ oder Schnitzel. Solche Lieferanten gefunden hatten, produ­ und Japanisch. Kochinstruktionen gehen meistens zierten wir in Japan das Pulver selber. Japanisch lesen den ganzen Tag. Wir beliefern in Japan zu 80 Pro­ Gegen sechs Uhr am Abend ist schwierig. zent den Retailbereich, 20 Prozent fahre ich heim zu meiner Frau, einer Ich weiss aber gebürtigen Japanerin, die ich in Lon­ unserer Knorr­Trockenprodukte so­ wie Mayonnaise gehen in den Food­ meine Visiten- don kennengelernt habe, als sie dort servicekanal, wo wir einen Jahres­ studierte. Meistens gehen wir noch karte zu umsatz von umgerechnet 300 Milli­ auswärts essen. Wir sind beide in Sa­ entziffern.» onen Schweizer Franken generieren. chen Gastronomie sehr neugierig. Ja­ Der Foodservicemarkt ist in Japan pan hat in dieser Hinsicht sehr viel hart umkämpft. Maggi ist ein grosser Konkurrent. zu bieten. Mir kommt im Alltag, aber auch im Ge­ Und dann darf man nicht vergessen, dass Japans schäftsleben entgegen, dass ich Japanisch spreche. Wirtschaft allgemein seit Jahren stagniert. Gelernt habe ich das im Goethe­Institut in Tokio. Sitz von Knorr Japan ist übrigens in Kawasaki. Schreiben und lesen kann ich Japanisch hingegen Ich selbst wohne in Tokio. Ins Büro fahre ich immer nicht. Das ist sehr kompliziert. Ich fühle mich in Ja­ mit dem Auto. Gottseidank fahre ich immer gegen pan sehr wohl, obwohl das Leben in Japan manch­ den Strom. In 15 Minuten bin ich im Büro, so gegen mal auch stressig ist. 8.30 Uhr. Als erstes checke ich alle Mails, dann folgt Wenn man als Europäer in Japan lebt und ar­ ein Koordinationsmeeting mit Mitarbeitern. Ne­ beitet, muss man einiges beachten. Visitenkarten ben meiner Bürotätigkeit kümmere ich mich auch sollte man immer mit beiden Händen überreichen, um unsere Kochschule. Hier vermittle ich unseren jene des Gegenübers ebenfalls mit beiden Händen Technikern unter anderem die Basic Knorr Tech­ entgegennehmen. Wenn man eine Nudelsuppe isst, nology, mit anderen Worten, ich erkläre ihnen, wie darf man unter keinen Umständen die Stäbchen der Chef kocht. In der Regel schauen mir fünf bis auf die Tasse legen, das ist unhöflich. Suppen und acht Food­Technologen über die Schulter. Basis ist Nudeln werden in Japan grundsätzlich geschlürft. übrigens immer der «Pauli», das gute alte Schwei­ Dies ist ein Zeichen des Genusses. Tun Sie das nicht,


In Out

! Sind Sie im Ausland tätig und haben Sie etwas zu erzählen? Oder arbeiten Sie als Ausländer in der Schweiz? Wenn ja, dann nehmen Sie Kontakt mit uns auf: joerg.ruppelt@ hotellerie-gastronomie.ch

so wird man vermuten, dass Ihnen das Essen nicht schmeckt. Frauen sollten dabei etwas zurück­ haltender sein als Männer. Absolut tabu ist es, die Essstäbchen senkrecht in den gekochten Reis zu stecken, denn das tut man in Japan mit Räucher­ stäbchen, wenn man den Geistern der Verstorbe­ nen ein Opfer darbringt. Man darf auch kein Essen von einem Paar Stäbchen zu einem anderen wei­ terreichen, denn das erinnert die Japaner an eine bestimmte Trauerzeremonie, bei der die Knochen der Verstorbenen mit zwei Stäbchenpaaren trans­ portiert werden. Mit einem Essstäbchen etwas auf­ zuspiessen gilt auch als ungehörig. Eine eindeutige Verneinung wird auch als unhöflich empfunden. Wenn ein Japaner nicht einverstanden ist, so fasst er dies sehr ausweichend in Worte. Viel Feinge­ fühl und eine gute Beobachtungsgabe sind gefragt, wenn man wirklich herausfinden will, was der Ge­ sprächspartner tatsächlich meint. Was ich an den Japanern besonders schätze, ist ihr Fleiss. Im Büro geht niemand vor mir heim. Die meisten der Angestellten kommen um acht Uhr morgens und bleiben bis 19 Uhr. Japaner sind nicht nur fleissig, sondern auch ausgesprochen höflich. Sie können aber auch stur sein. Heute trifft man in Japan vor allem auf ältere europäische Execu­

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tive Chefs in grossen Hotels. Junge Köche etwa aus Europa sind eher die Ausnahme. Ich hatte 1982 als Koch Glück gehabt, nach Tokio zu kommen. Und das nur über Beziehungen zur Schweizer Botschaft. Der Vater eines Kollegen, der mit mir im Hilton in London arbeitete, kannte den damaligen Botschaf­ ter der Schweiz in Tokio ...

Das Leben in Japan ist nach wie vor teuer Als junger Schweizer Berufsmann oder als junge Berufsfrau ist es schwierig, in Japan eine Stelle zu finden, wenn, dann eher über eine grosse interna­ tionale Hotelkette. Oder man bewirbt sich als Exe­ cutive Chef. Die Lebenshaltungskosten sind in Japan im­ mer noch hoch. Das Leben als Expat ist teuer. Allein eine Wohnung mit 4,5 Zimmern an guter Lage kos­ tet umgerechnet zwischen 2000 und 3000 Fran­ ken. Der Verdienst eines japanischen Chef de par­ tie beträgt rund 2000 bis 2500 Franken. Expats verdienen natürlich etwas mehr. Ich bin nun bald 69 Jahre alt und möchte mich mehr wieder Richtung Schweiz orientieren. Sechs Monate Japan, sechs Monate Heimat wären für meine Frau und mich genau das Richtige. •


das land

1 getreide

Der Getreideanbau dominiert die Landwirtschaft. Neben Hartweizen zur Teigwarenherstellung wächst auch Reis (Po-Ebene).

1

2

6

2 wurstwaren

Parmaschinken, Mortadella, SanDaniele-Schinken, Salami – die Vielfalt ist einzigartig. Das Wort Salami stammt übrigens vom italienischen Wort salame ab und steht für Salzwurst beziehungsweise Salzfleisch.

3 Rom

3 käse

die kulinarischen regionen italiens Ligurien und Toskanaküste Die Po-Ebene Die Alpengebiete Toskana, Umbrien und marken Latium, Sardinien und Kampanien Abruzzen, molise und Apulien Basilikata und Kalabrien Sizilien

16

Mascarpone, Gorgonzola, Pecorino, Mozzarella, Parmesan – in den italienischen Käsereien werden mehr als 400 Sorten produziert, wovon 30 das DOPZertifikat für eine geschützte Ursprungsbezeichnung tragen.


Rund zehn Tonnen Gemüse und Obst werden jährlich in Italien produziert. Damit führt das Land die Spitze im EU-Raum an.

5 olivenöl

In Italien gibt es 300 verschiedene Olivenöle. Italien ist mit rund 700 000 Tonnen nach Spanien der zweitgrösste Produzent weltweit.

In Italien leben 60 Milli­ onen Einwohner. Damit rangiert das Land in Europa an vierter Stelle. Rund 67 Prozent der Bevölkerung leben in den Städten.

Das Land ist politisch in 20 Regionen eingeteilt, die wiederum in insge­ samt 96 Provinzen und 13 Metropolen unterteilt sind.

5 4

4 Fisch und meeresFrüchte Die Hafenstädte und Fischerorte rund um den Stiefel leben vom Fischfang. Die meisten Krustentiere werden vor den Küsten Venedigs gefangen. Im Golf von Taranto am Stiefelabsatz liegen grosse Muschel- und Austerfarmen.

Italien Weltküche mit vielen regionalen Einflüssen.

TexT

Ruth marending

illusTr aTion

Solange Ehrler

Spaghetti und Pizzen haben es zu weltweitem Ruhm gebracht. Olivenöl, Parmesan, Mozza­ rella, Gorgonzola, Chianti­ und Barolo­Weine ebenfalls. Doch die italienische Küche ist viel mehr als eine Einheit der Bestseller. Darun­ ter versteht man die Gesamtheit beziehungs­ weise die Vielzahl regionaler Küche. Jede von ihnen hat ihren Beitrag zur «typischen» itali­ enischen Küche geleistet: Aus Florenz stammt das Bistecca alla Fiorentina, ein gegrilltes Por­ terhouse­ oder T­Bone­Steak. Im Königreich Neapel wurde die Pizza Napolitana erfunden. Und in Bologna die Pasta al ragù, die nur hier so heisst und ausserhalb der Stadt als Spa­ ghetti bolognese bekannt wurde. Diese regio­ nalen Spezialitäten bilden in ihrer Gesamtheit das Fundament der italienischen Küche. Die 20 Regionen Italiens lassen sich in acht kulina­ rische Gebiete teilen: Ligurien und Toskana­ Küste; Po­Ebene mit Mailand; Alpengebiete mit Piemont, Aosta­Tal, Friaul und Südtirol; Toskana, Umbrien und Marken; Latium mit Rom, Kampanien und Sardinien; Abruzzen, Molise und Apulien; Basilikata und Kalabrien sowie Sizilien. Historisch unterscheidet man vor allem zwischen der Cucina alto­borghese (Kochtradition der höheren Stände seit der Re­ naissance) und der Cucina povera (regionale bäuerliche und städtische Küche). Allen Italienern ist eines gemeinsam: Sie lieben es, die Mahlzeiten in die Länge zu zie­ hen und die Menüabfolge auf mehrere Gänge aufzuteilen. In der Regel werden Mittag­ und Abendessen in zwei Gänge aufgeteilt: den koh­ lenhydratbetonten primo piatto (erster Gang) und den eiweissreichen secondo piatto (zweiter Gang). Dazu werden oft kalte oder warme →

17

Das Land

6 gemüse und obst

Italien ist seit 1946 eine parlamentarische Republik und hat eine Fläche von 301 338 Quadratkilometern.


das land Der süsse Rosinenkuchen aus Hefeteig ist eine Mailänder Kuchenspezialität. Nach einer Legende soll sich ein Bäckerjunge im 15. Jahrhundert in die Tochter seines Meisters namens Toni verliebt haben. Um dieser zu imponieren, kreierte er dieses damals ausgefallene Kuchenrezept. Als Pan di Toni wurde der Kuchen ein Erfolg. Der Name wandelte sich in Panettone ab, was wörtlich «grosses Brot» bedeutet.

Das Land

Wann genau der erste Balsamessig hergestellt wurde, liegt weitgehend im Dunkeln. Der süsssaure Essig mit seiner dunklen Farbe ist jedoch seit dem 11. Jahrhundert eng mit der Stadt Modena verknüpft. Eine erste schriftliche Erwähnung geht auf das Jahr 1046 zurück. Damals berichtete der Benediktinermönch Donizione in seiner Chronik «Vita Mathildis» von Enrico III. aus Franken. Dieser soll auf seiner Reise nach Rom, wo er von Papst Clemens II. zum Imperator des heiligen römischen Reiches gekrönt werden sollte, in Piacenza Halt gemacht haben, um diesen besonderen Essig zu besorgen.

spezialitäten aus italien

Zuccotto ist eine Süssspeise, die Ähnlichkeit mit Zuppa inglese, Cassata und Tiramisù hat. Das Dessert wird in einer kuppelförmigen Form hergestellt, welche man mit in Rum getränkten Biskuits auslegt. Darauf kommt eine dicke Schicht Rahm, teilweise aromatisiert mit Vanille oder Schokolade, kandierten Früchten, Nüssen oder Kastanien. Den Abschluss bildet eine weitere Lage Biskuit. Nachdem das Dessert in einem Gefrierschrank stark gekühlt wurde, kann es gestürzt und in Scheiben aufgeschnitten serviert werden.

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Italien ist das Land der Würste und Salami. Eine toskanische Spezialität ist die Finocchiona, eine Salami aus Schweinehackfleisch, die mit Fenchelsamen gewürzt wird. In Umbrien wird eine ähnliche Salami hergestellt, die Finocchiella genannt wird.

Der Käse aus Kuhmilch stammt aus dem Süden, ist aber mit seiner birnenförmigen Form im ganzen Land bekannt. Zum Reifen bindet man den Käse paarweise über Stangen zusammen. Daraus entwickelte sich der Name «a cavallo», zu deutsch rittlings. Sein anfangs mildes Aroma verstärkt sich mit zunehmendem Reifegrad.


antipasti (Vorspeisen) und meist dolci (Des­ lang des Küstenstreifens von Friaul mit sei­ serts) gereicht. nen Badeorten Lignano Sabbiadoro und Bi­ bione stehen sie häufig auf dem Speiseplan. Auf den fruchtbaren Böden Siziliens Grosse Unterschiede zwischen dem hingegen gedeiht eine Vielzahl an Produk­ Norden und dem Süden ten: Zitronen, Orangen, Tomaten, Oliven, Italien ist ein grosses Land mit verschiede­ Hartweizen zur Herstellung von Teigwa­ nen klimatischen Bedingungen und einer ren, Paprika, Artischocken, zahlreiche Kü­ sehr langen Kochtradition. In den einzel­ chenkräuter, Auberginen, Mandeln, Pinien­ nen Regionen entwickelten sich oft unter­ kerne und Pistazien – um nur die wichtigs­ schiedliche kulinarische Spezialitäten. Wie ten zu nennen. Die sizilianische Küche ist eine der viel­ unterschiedlich die Küchen zwischen Nor­ den und Süden sein können, zeigt ein Regi­ seitigsten Regionalküchen Italiens. Sie ist onenvergleich zwischen Friaul und Sizilien. einerseits geprägt von den reichhaltigen Er­ Im Friaul mit der Provinzstadt Udine trägen der Landwirtschaft und des Fisch­ wird eine einfache Küche bevorzugt. Die fangs und andererseits von den Einflüssen Polenta nimmt einen dominanten Platz ein. fremder Kulturen in der Geschichte Sizili­ Eine grosse Rolle spielen auch das Schwei­ ens. So kamen mit den Griechen Oliven, sal­ nefleisch und die damit verbundene Her­ ziger Ricotta, Honig und Wein auf die Insel. stellung von Pancetta, einem sieben Monate Die Römer bauten Hartweizen an und stell­ gereiften Bauchspeck. In der Provinz Triest ten aus dem Eis des Ätna das erste Speiseeis – eine der vier Provinzen Friaul­Julisch Ve­ her. Von den Normannen erlernte man die netiens – widerspiegeln sich in der Küche Zubereitung von Stockfisch und Rouladen. die österreichischen, kroatischen, unga­ Die Spanier brachten Gemüsesorten wie To­ rischen und slowenischen Einflüsse. Hier maten, Auberginen und Paprika auf die In­ gibt es deftiges Gulasch, Schweinebraten sel. Die Araber führten Reis, Zitrusfrüchte, und Jota, einen beliebten Eintopf aus Boh­ Gewürze, Zucker, Mandeln und Marzipan nen, Sauerkraut, Kartoffeln und Speck. Ent­ ein. Auch die arabische Vorliebe für Süsses

fiel auf fruchtbaren Boden: Die traditionelle Cassata ist nur ein Beispiel dafür.

Italiens Weine Barolo aus dem Piemont, Chianti Clas­ sico aus der Toskana, Amarone aus Vene­ tien: Die Liste könnte unendlich fortgesetzt werden. Es gibt in Italien rund zwei Milli­ onen Weinerzeuger in gut 300 anerkann­ ten Weingebieten. Jährlich werden rund 50 000 Hektoliter erzeugt. Damit gehört das Land zu den wichtigsten Weinproduzenten Europas. Rund 1000 verschiedene Trau­ bensorten soll es geben, 400 davon sind im Regelwerk der Denominazione di origine controllata, kurz DOC, zugelassen. Bedeu­ tende Sorten sind Barbera, Malvasia, Mon­ tepulciano, Nebbiolo, Sangiovese und Treb­ biano. Und die beiden dominierendsten Weinregionen sind die Toskana mit 63 633 Hektar und das Piemont mit 47 314 Hektar Rebfläche. Doch nicht nur für seine Weine ist das Land berühmt. Auch zahlreiche Spirituosen haben hier ihre Wurzeln: der Tresterbrand Grappa, Campari, Cynar, Martini, Cinzano oder der Zitronenlikör Limoncello. •

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Was ist mehr gefragt: Frischprodukte oder Convenience?

Bei Prodega/Growa/Transgourmet ha­ ben, je nach Kundensegment, sowohl Frischprodukte als auch Frisch­Conve­ nience eine hohe Bedeutung. Auch in der Gastronomie erfreuen sich Frisch­Con­ venience­Produkte immer grösserer Be­ liebtheit. Frischprodukte, die bereits eine oder mehrere Verarbeitungsstufen hinter sich haben, wie zum Beispiel gewaschene, gerüstete und geschnittene Salate, vor­ gekochtes Gemüse wie Randen oder Kar­ toffelsalat, mariniertes Fleisch und gar­ fertige Teigwaren. Alles Frischprodukte im eigentlichen Sinne, nur spart man mit diesen Zeit und hält auch die Qualität bei. Die bessere Lagerfähigkeit ermöglicht zu­ dem Spontaneität und Flexibilität. Wich­ tig sind auch Produkte, die qualitätstech­ nische Vorteile bieten, wie Flüssigeier. Ob Frischprodukte oder Frisch­Conveni­ ence, unser Vollsortiment umfasst abge­ holt oder geliefert über 25 000 Artikel aus einer Hand. Markus Heiniger Leiter Marketing & Beschaffung, Prodega/Growa/ Transgourmet

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Bei Aligro wachsen beide Kategorien. Aber Frischprodukte sind bei uns viel wichtiger als Convenience­Produkte. Un­ sere Kunden sind Profis, die im Allgemei­ nen Produkte bevorzugen, die sie bearbei­ ten können, wie sie es wünschen. Quali­ tät und Frische sind der Schlüssel. Zudem spricht der Preis nicht unbedingt für Con­ venience­Produkte. Aber aus praktischen Gründen sind Convenience­Produkte häufig unvermeidbar. Dominique Demaurex Generaldirektor, Aligro

stimmen aus der branche

Der Trend geht in Richtung wahrnehm­ bare Frische. In modernen Haushalten bewegt er sich von küchenfertigen Pro­ dukten hin zur «Fresh­Rezept­Kochbox» mit ausgewählten Zutaten. Die Gastro­ Branche hingegen spürt beispielsweise mit der «Fast­Good»­Strömung vor allem in der umsatzstarken Mittagszeit eine be­ deutende Nachfrage nach schnellem, ge­ sundem und ökologischem Essen mit fri­ schen Zutaten. Aus Effizienz­ und Qualitätssiche­ rungs­Gründen begegnet der Gastronom diesem Bedürfnis mit einem smarten und gezielten Einsatz von inhouse erstellten oder zugekauften Convenience­Produk­ ten. So wird im Handumdrehen aus einer küchenfertigen thailändischen Gemüse­ mischung, garfertigen Reisnudeln, asiati­ schen Basis­ und Würzsaucen sowie Kräu­ tern ein köstliches, frisches und knacki­ ges vegetarisches Gericht. Auch mit den neuen Fleischersatz­Produkten wie zum Beispiel dem Vegi­Burger Mediterran, er­ gänzt mit frischen Beilagen, lassen sich hochwertige Menüs zusammenstellen. Marius Gampp Leiter Fachberatung F&B, Saviva AG


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Der PhilosoPh

Sébastien Le Page ... ist Besitzer der Luna Bar in La Plagne (F), des Polo-Parks and Country Club in Winterthur und Mitbesitzer der Restaurants Hato und Alice Choo in Zürich und St. Moritz. Zudem finanziert er den Bau einer Whisky-Destillerie in Schottland. Er sagt, was der Schweizer Gastronomie im internationalen Vergleich fehlt.

bild

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zVg

TexT

Sébastien Le Page, übersetzt von Rudolf Balmer, bearbeitet von Sarah Sidler


Sébastien Le Page wurde 1971 als Sohn eines Edel­ stahlherstellers in Paris geboren. Als 25­Jähriger arbeitete er an der Londo­ ner Börse. 2001 wechselte er als Händler zu Glencore nach Baar. 2002 kam sein Sohn Armand zur Welt. Drei Jahre später starb seine erste Frau an Krebs. 2011 heiratete er Morgan. In diesem Jahr begann er mit seiner Familie Polo zu spielen und kaufte 30 Polo­Ponys. Weil er sich auch für die Gastronomie interessiert, beteiligt er sich an diversen gastronomi­ schen Betrieben. Er ist aber auch Aktionär eines Mikro­ Finanzierungs­Kreditfonds in Genf, der 2,5 Milliarden an Bedürftige leiht, damit sie sich ein neues Leben aufbauen können.

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Der Philosoph

Vom Händler zum Investor

«Die Gastronomie ist keine leichte Arbeit. Die Lei­ len. Ich meine darum, dass die heute unterschätzte denschaft hat ihre Schattenseite. Das verdeutlichen Gastronomie in der Schweiz Besseres und eine grös­ mehrere Suizide von Küchenchefs in der Vergangen­ sere Verbreitung verdient. heit. Es ist ein Metier, das fachliches Können, Lei­ Weil die Nachfrage für aussergewöhnliche Pro­ denschaft und Arbeit verlangt. Eine Küchenmann­ dukte gering ist, gibt es wenige Lieferanten, die kon­ schaft zu leiten, ist wie Soldaten zu befehligen; nicht stant zur Verfügung stehen. Das ist das Problem umsonst nennt man diese Mannschaft Brigade. Mit beim Angebot. In unseren Restaurants zum Bei­ ihrer Geschichte, ihren Traditionen, ihrer Präzision spiel versuchen wir immer, Neues und Überraschen­ und ihrem Fleiss wäre die Schweiz für die Gastrono­ des anzubieten. Anstelle der Maki mit dem üblichen mie ebenso prädestiniert wie für die Uhrmacherei «Yellowtail»­Thunfisch ziehen wir den «Bigeye»­ oder als Finanzplatz. Doch dem ist nicht wirklich so. Thunfisch vor, der besser, aber eben schwerer zu be­ kommen ist. Anstelle des gewöhnlichen Seebarschs Was fehlt der Gastronomie der Schweiz? Gehen wir von Feststellungen aus. Es gibt zwar verwenden wir den chilenischen. Diese ständige Er­ eine Reihe von Spitzenköchen aus der Schweiz, den­ neuerung lädt die Gäste zu neuen Besuchen ein. Aber noch gilt sie nicht als Hochburg der Haute Cuisine. es mangelt in der Schweiz an Lieferanten, die diese Die Internetsuche der ausländischen Touristen kon­ raren Produkte suchen und importieren. Dabei exis­ zentriert sich im Wesentlichen auf regionale Spezi­ tiert ein Bedarf und ich glaube, dass es Investoren alitäten wie Raclette, Käsefondue oder Weine. Auch gibt, die Restaurants der Spitzengastronomie aufma­ ist die Schweiz zweifellos ein Tourismusland, des­ chen würden, wenn es leichter wäre, diese Neuheiten sen lokale Spezialitäten die Besucher schätzen. Aber auf dem Markt zu finden. ist es nicht schade, sich damit zu begnügen? Als ich Die Menge schafft die Menge. Die geringe Nach­ in Zürich und Sankt Moritz meine Restaurants mit frage und das mangelhafte Angebot haben unwei­ asiatischer Fusion­Küche eröffnete, gerlich zur Folge, dass die Ausbil­ hat man mir gesagt, genau das habe in dung des Personals oft unzureichend diesen Orten gefehlt. Der Erfolg, der ist. Wer will sich schon zum Maître «Anstelle des sich eingestellt hat, belegt, dass eine Dim Sum oder Sushi ausbilden las­ Klischees der Nachfrage für eine neue Gastronomie sen, wenn nachher in diesem Sektor traditionellen in der Schweiz besteht. Was soll man in der Schweiz keine Stelle zu finden ist? Als Ausweg bleibt die Auswan­ daraus schliessen? Es ist logisch, dass Küche muss derung. Ausserdem kann die im Ver­ Unternehmer in der Schweiz keine das Image gleich zur traditionellen Küche be­ Restaurants der Kategorie Spitzengas­ wagemutiger tronomie eröffnen, wenn diese nicht sonders anspruchsvolle Arbeit in der rentieren. Als Beweis dafür könnte Spitzengastronomie abschrecken. In Unternehmer ich erwähnen, dass sich die besten dieser Hinsicht ist der Offene Brief treten» Schweizer Restaurants in Luxusho­ des Chefkochs Mark Mendez vom Restaurant Carnivale in Chicago tels befinden. Nur diese können es sich leisten, sie auch mit Verlust zu finanzieren, solange aufschlussreich. Dieser wurde 2009 auf der Website sie attraktiv genug sind, um Übernachtungen zu ge­ diningchicago.com publiziert. Darin wird deutlich nerieren. Das ist in anderen Ländern nicht so. Die geschildert, was die Ausbildungskandidaten erwar­ Gründe dafür hängen meines Erachtens mit charak­ tet: Aufopferung, unmögliche Arbeitszeiten, Schlaf­ teristischen Problemen der Schweiz zusammen: An­ mangel, Stress – alles Mühsame dieses ebenso wun­ derbaren wie grausamen Metiers. Die besondere gebot, Ausbildung, Nachfrage. Beginnen wir mit der Nachfrage. Im Vergleich Schwierigkeit bei der Ausbildung besteht darin, dass zu London, New York oder Tokio ist selbst die grösste zwar die kulinarischen Techniken vermittelt werden, schweizerische Stadt, Zürich, eher klein. Für Spit­ die Schüler aber nicht auf die Härte und die Mühe in zenrestaurants ist die Zahl der Kunden darum relativ diesem Metier vorbereitet sind. Das ist eine Frage, bescheiden. Die Kosten der grossen Restaurants aber mit dem sich die Hotelschulen beschäftigen müssen. sind immer höher als anderswo, denn die Produkte Wer dem Nachwuchs ein Traumleben vorgaukelt, sind erlesen und folglich teuer. Dasselbe gilt für bes­ vergrössert das Risiko der Verzweiflung bei der Kon­ ser qualifiziertes Personal. Nur eine volle Auslastung frontation mit der Realität. Das ist unfair gegenüber erlaubt es, diese Kosten zu decken, was in kleineren diesen Jungen und auch ihren Arbeitgebern. Städten schwieriger ist als in Metropolen. Ausserdem Damit die Spitzengastronomie in der Schweiz benötigen die Spitzenrestaurants eine treue Stamm­ neuen Elan bekommt, braucht es im gesamten Sek­ kundschaft. Die Gourmets in der Schweiz sind Ein­ tor ein Umdenken. Anstelle des Klischees der tradi­ zelgäste und Kenner, die das Neue entdecken wollen tionellen Küche muss das Image wagemutiger Un­ und nicht unbedingt bleiben. Darum braucht es eine ternehmer treten, die bereit sind, mit Unterstützung ständige Innovation. Die Schweizer geben ihr Geld eines kreativen Ausbildungssystems und hervorra­ nicht leichtsinnig aus. Sie sind wachsame Kunden, gender Lieferanten Risiken einzugehen. Dann wer­ für die das Preis­Leistungs­Verhältnis zählt. Aber sie den auch die treuen Kunden und die Rendite nicht schätzen die Qualität und sind bereit, dafür zu bezah­ ausbleiben. Ich glaube daran, darum investiere ich.» •


Fokus 24

Fokus


Cremiger Honig auf rostiger Eisenplatte

Experimentelles

Kochen

26–29

Moos & Harz

30–33

Kochen mit Sonne

34–41

Bilderstrecke

42–45

Die vier Elemente in einem Glas

46–51

Holz im Kopf

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Im Wald mit Stefan

58–59

Ausklang

Fokus

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Moos & Harz Bilder Claudia Link

TexT Bernadette Bissig

Rebecca Clopath kocht im Einklang mit der Natur. Sie verarbeitet Flechten, Moos und Harz zu stimmigen Kompositionen.

Aus Moos stellt Rebecca Clopath etwa ein süsses Baiser her, das sie zu einem salzigen Gericht serviert. Die junge Köchin liebt das Spiel zwischen Salzigem, Süssem, Bitterem, Saurem, Scharfem und Umami. In einem Menü bindet sie diese Komponenten ausgewogen ein, da sie für Wohlbefinden und Zufriedenheit sorgen.

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Fokus


Ganz behutsam löst Rebecca Clopath etwas Moos von einem Stein am Fusse einer Fichte. Dieser Baum, auch Rottanne genannt, steht im Wald oberhalb ihres auf 1600 Metern gelegenen Hei­ matdorfes Lohn im Kanton Graubünden. Die Na­ turköchin ist auf der Suche nach Zutaten für ein Gericht, das sie ganz der Fichte widmet. Sie sam­ melt einige Fichtenzapfen ein und steckt sie in ih­ ren Rucksack. Die Zapfen wird sie trocknen und davon die Samen verwenden. Nach einem prüfen­ den Blick auf die Äste der Fichte bricht sie einige Nadelspitzen ab. «In ein paar Wochen werden die hellgrünen Schösslinge da sein. Diese geben beim Kauen ein zitrusartiges Aroma frei.» Doch noch ist es nicht so weit und sie nimmt mit den Zwei­ gen vom Vorjahr vorlieb. «Diese schmecken etwas herber», erklärt Rebecca Clopath. Vom Stamm des Baumes klaubt sie Harz, das an Bernstein erinnert. Das Harz wird sie zu einer Emulsion ver­ arbeiten. Nun braucht es noch Flechten. Der Baumbart, wie ihn die Waldexpertin liebevoll nennt, hängt leicht und elegant an den Ästen und bewegt sich im Rhythmus des Windes. Rebecca Clopath pflückt vorsichtig davon. «Ich nehme immer nur so viel, wie ich verarbeiten kann», sagt die 28­jährige Bündnerin. Re­ spekt vor dem Produkt und der Natur ist essenziell für sie. Die junge Köchin ist neugie­ rig und experimentierfreudig. Sie wagt sich an Unbekanntes und Neues. «Viele Leute hegen eine Abneigung gegenüber Harz, Moos und Tannen­ nadeln», sagt die Chefköchin mit eidg. Fachaus­ weis. «Doch ich verwende diese Zutaten wie Ge­ würze, schlussendlich kommt nur wenig davon in das einzelne Gericht.» Es sei immer eine Frage der Menge. Neben Zutaten aus dem Wald ist sie auch von Wildpflanzen sehr angetan. Grüner Hein­ rich etwa würde sich gut als Spinatersatz eignen, Bärenklau schmecke wie Rhabarber. Ihr Wissen dazu vertieft sie ständig. Eine App über essbare Wildpflanzen gibt ihr auch draussen in der Natur jederzeit Antworten zu ihren Fragen.

Sie wusste und weiss, was sie will Rebecca Clopath wusste bereits in jungen Jahren, dass sie Köchin werden wollte. Ihre Liebe zum Kochen entdeckte sie dank ihrer Abneigung gegen das Heuen. Denn in Lohn betreiben ihre Eltern seit eh und je einen Bio­Bauernhof mit zehn Kü­ hen, zehn Jungrindern, sechs Kälbli und einigen Muni sowie viel Land, das gemäht werden muss. In ihrer Jugend hätte sie jeweils in den Sommer­ ferien beim Heuen helfen sollen. Um der ungelieb­ ten Arbeit zu entgehen, übernahm sie das Kochen. «Ich habe viel von meiner Mutter Fortuna gelernt. Sie ist eine fantastische Köchin.»

Da sie schon so früh wusste, wohin der Weg füh­ ren sollte, hatte sie genügend Zeit, eine passende Lehrstelle zu suchen. Beim Chrüter­Oski in Mün­ chenbuchsee fand sie, was sie interessierte. «Da ich von meiner Mama so viel gelernt hatte, konnte ich mich von Anfang an in die Materie vertiefen und musste mich nicht mehr mit den Küchenba­ sics aufhalten.» Zu ihrer Stelle bei Stefan Wiesner in Escholz­ matt im Entlebuch kam sie dank ihrem Unter­ stift. «Er erzählte mir, dass Stefan Wiesner mit Steinen kocht. Das hat mich auf Anhieb faszi­ niert.» Sie bewarb sich blind beim avantgardis­ tischen Naturkoch, obwohl sie eigentlich vorge­ habt hatte, ins Ausland zu gehen. Zuerst war keine Stelle frei, doch dann klappte es doch. «Bei Stefan Wiesner habe ich so viel gelernt, wie das sonst für mich wohl nirgends möglich ge­ wesen wäre», sagt die Köchin mit Überzeugung.

Dem Produkt auf der Spur Nachdem die Bauerntochter dem experimentellen Kochen auf den Grund gegangen ist, will sie nun ihr Wissen über Produkte aus­ bauen. Nach sechs lehrreichen und intensiven Jahren bei Stefan Wiesner in Escholzmatt hat sie den Betrieb im Herbst vergange­ nen Jahres verlassen, um eigene Wege zu gehen. So war sie An­ fang Jahr in Spanien, wo sie lernte, wie Pata Ne­ gra gemacht wird. Bis Ende Mai wird sie beim Kä­ ser Willi Schmid in Lichtensteig im Toggenburgi­ schen ein dreimonatiges Praktikum absolvieren, um das Käsen zu lernen. «Meine Mutter käst viel und oft, doch ich will dieses Wissen noch vertie­ fen. Das Käsen ist sehr komplex.» Doch damit nicht genug. Im Juni wird sie in Bern die sechsmonatige Bauernschule in Angriff nehmen. Denn ihr schwebt ein Projekt vor, das sie in Lohn in Zukunft realisieren möchte. Das Berg­ dorf verfügt über ein ideales Klima, um Gemüse, Obst, Kräuter, Getreide und vieles mehr anzu­ bauen. «Ich möchte andere Bauern gewinnen, die für mich im Dorf und in der nahen Umgebung Le­ bensmittel anbauen, sodass wir hier eine Perma­ kultur aufbauen könnten.» Der Begriff Permakul­ tur steht für ein nachhaltiges Landwirtschafts­ system. Ein System, das den Bauern, dem Boden, der Natur und den Produkten Wertschätzung entgegenbringt. «Ich finde es schade, dass so etwas Essenzi­ elles wie das Essen zu so etwas Unessenziellem geworden ist», sagt Rebecca Clopath. «Mit mei­ ner Vision will ich nicht nur meine Art zu kochen verfeinern, sondern den Menschen die Freude am Essen und den Produkten wieder näher bringen.» Und die Produkte würden die Basis bilden für ihr Gastro­ und Tourismuskonzept. «Meine Vi­ →

Esswahrnehmung bei Rebecca Clopath Mehrmals im Jahr bietet Rebecca Clopath im Kafi Fortuna in Lohn ein thematisches Mehrgangmenü an. Für 149 Franken gibt es zehn bis zwölf Gänge. Apéro, Wein und Bier werden separat verrechnet. Das Lohner Wasser gibt›s gratis dazu. Übernachtungsmöglichkeiten sind vorhanden. Das nächste Menü steht im Zeichen der Viamala im Mittelalter. Nächste Termine: 3. / 4. / 5. und 11. / 12. / 13. Juni 2016 Anmeldung: mail@natur-kochart.ch Tel. 081 661 11 82 Rebecca Clopath Lichthof 7433 Lohn GR

Fokus

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«Meine Vision ist ein geschlossener Kreislauf vom Samen bis zum fertigen Gericht.»

sion ist ein geschlossener Kreislauf vom Samen bis zum fertigen Gericht.» Zum Glück seien ihre Eltern so begeisterungsfähig und würden sie in ihrem Projekt unterstützen, sagt sie und lässt ihr erfrischendes Lachen erklingen. Wenn sie zweimal im Jahr während drei Ta­ gen in ihrem Elternhaus in Lohn zu einem Mehr­ gangmenü bittet, verwendet sie heute schon aus­ schliesslich Produkte aus Lohn und der nahen Umgebung. Dazu gehören auch die handgemach­ ten Teller und Schalen, die eine Freundin von ihr aus Schweizer Ton hergestellt hat. Oder die Tisch­ decken, die Servietten und die Kochbluse, die eine andere Freundin bald aus nachhaltigem Hanf­ stoff nähen wird. Bei den Lebensmitteln setzt sie neben Wild­ pflanzen und Zutaten aus dem Wald vorzugsweise auf Milchprodukte und Fleisch vom eigenen Hof sowie auf Gemüse, Kräuter und Beeren aus dem grossen Garten ihrer Mutter. «Meine Mama ex­ perimentiert viel und gerne mit neuen Sorten.» Sie pflanzt rare Gemüsesorten, Aronjabeeren, Linsen­ und Sojapflanzen. In Gewächshäusern gedeihen diverse Kräuter wie Borretsch, Wasabi und verschiedene Tomatensorten. In Hochbeeten

wächst Safran. Etwas oberhalb von Lohn, auf 1900 Meter über Meer, spriessen unterschiedlichste Kartoffelsorten. Wenn das Gemüse aus dem eige­ nen Garten nicht ausreicht, bezieht sie es von ei­ nem Gemüsebauern aus Sils oder von der Realta in Thusis, einem halboffenen Vollzug. «Gemüse und Wildpflanzen bilden die Basis meiner Ge­ richte. Fleisch setze ich nur sehr zurückhaltend ein», sagt Rebecca Clopath. Schokolade werden die Gäste nicht auf ihren Tellern finden, auch Kaf­ fee serviert die Naturköchin keinen. Alles nicht aus der Schweiz. Doch die zwölf Gäste – so viele finden Platz in dem gemütlichen Raum –, müssen nicht auf das Gefühl von Koffein verzichten. Zum Abschluss gibt es jeweils einen Lupinenkaffee. Ihre Zehngangmenüs oder auch einzelne Speisen widmet sie immer einem Grundsatz. «Wenn ich das Thema ausgewählt habe, ordne ich diesem alles unter.» Wie etwa beim Gericht Fichte, die in den umliegenden Wäldern sehr ver­ breitet ist. «Dann überlege ich mir, was an und um die Fichte wächst.» Von der Fichte selber setzt sie das Harz, die Nadeln, das Holz sowie die Samen der Zapfen ein. An der Fichte wächst die Flechte oder der Baumbart. Rund um den Baum gedeihen Steinpilze, Preiselbeeren und Moos. Diese Wald­ aromen ergänzt sie mit Granolakartoffeln aus Mutters Garten. Zudem setzt Rebecca Clopath selbstgemachten Ziger aus Hofmilch ein sowie hausgemachte Preiselbeerkonfi. Die Beeren dafür stammen selbstverständlich aus dem Wald.

Frittierter Baumbart und karamellisierte Fichtensamen

Das Bündner Bergdorf Lohn liegt auf einer Sonnenterrasse.

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Fokus

Während Rebecca Clopath erzählt, trocknen die Moosbaisers bereits im Ofen, die Kartoffeln kö­ cheln vor sich hin. Gleichzeitig gibt sie deren Schale mit Rahm und Salz zum Karamellisieren in den Ofen. Daraus wird sie eine Creme herstel­ len. «Mir geht es darum, alles von einem Produkt zu verwenden und nichts zu verschwenden.» Das Harz für die Emulsion löst sie in Rapsöl auf. Den Ziger hat sie schon am Vortag zubereitet. Nun geht es ans Räuchern. Der Frischkäse liegt in einer fla­ chen, mit Haushaltsfolie abgedeckten Schale. Da schiebt sie nun vorsichtig den Schaft der mit ge­ trocknetem Fichtenholz munitionierten Smoking Gun hinein und räuchert den Ziger ein. Anschlies­ send karamellisiert sie die Fichtensamen, die sie nach dem Auskühlen hackt und mit Schweizer Sel à l’ancienne mischt. «Diese Samen symbolisieren in meinem Gericht den Waldboden.» Bevor sie den Ziger in den gehackten Tannennadeln wen­ det, backt sie den Baumbart aus. «Der frittierte Baumbart sorgt für das crunchige Element.» Er schmeckt etwas bitter und moosig. Und schon ist alles bereit fürs Anrichten. Der Kartoffelstampf erhält ein Fichtenharzseeli, der gebackene Baum­ bart ziert die Granolaschalen­Creme­Punkte und Steinpilzpulver verleiht dem Gericht nochmals eine herbe, erdige Note. •


Rezepturen Für vier Personen

Granola-Stampf, aromatisiert mit Fichtenharzöl-Emulsion Für den Granola-Stampf:

400 g

GranolaKartoffeln

150 g

Milch Salz

Kartoffeln schälen. Die Schalen aufbewahren. In 3 cm grosse Würfel schneiden. Im Salzwasser weich sieden. Milch aufkochen. Die Kartoffeln in die Milch geben. Mit dem Schwingbesen stampfen und verrühren. Mit Salz abschmecken.

1g

20 g

Zucker

neutrales Öl

10 g

Wasser

Fichtenharz

2g

50 g

Vollei

120 g

Eigelb

Karamellisierte Fichtensamen Moos-Schwamm Steinpilzpulver

• Moosschwamm 20 g

Moos

30 g

Zucker

30 g

Eiweiss

100 g

Wasser Rahm

Alle Zutaten mischen und im Ofen bei 160 °C 40 Min. karamellisieren. Fein pürieren und abschmecken.

Steinpilzpulver

1g

Gebratener Ziger, geräuchert mit Fichtenholz und Nadeln

Samen mit Zucker und Wasser karamellisieren. Auf ein Backpapier ausbreiten und auskühlen lassen. Hacken und mit Sel à l’ancienne mischen.

100 g

100 g

Granola-Kartoffelschalen-Creme

Sel à l’ancienne

Moos sehr fein schneiden, trocknen, mit Zucker mischen und in einer Kaffeemühle mixen. Eiweiss zu Schnee schlagen. Moos-Zucker nach und nach einrieseln. Auf ein Blech geben und 15 Min. bei 160 °C backen. Danach bei 100 °C eine Stunde trocknen. Je nach Dicke etwas länger backen.

Granola-Kartoffelschalen-Creme

Granola-Kartoffel-Stampf, aromatisiert mit Fichtenharzöl

Karamellisierte Fichtensamen Fichtensamen

Öl erwärmen. Das Harz darin auflösen. Vollei glatt mixen. Eigelb sousvide 35 Min. 65 °C garen oder im Wasserbad auf 65 °C erwärmen. Öl im Faden einlaufen lassen und mit dem Mixer oder dem Schwingbesen aufmontieren.

Die Fichte

• 10 g

Für die Fichtenharz-Emulsion:

100 g

Joghurt-Zitronensaft-Mischung einfliessen lassen. Nicht mehr rühren. Es flockt sofort aus. Direkt abschöpfen in ein Sieb, Löcherbecher oder Tuch und stehen lassen. Nach 10 Min. wenden. Nach 10 Min. in Frischhaltefolie verpacken und kühlen. Ziger in Würfel schneiden. Diese im Mehl wenden und in Butter anbraten. Fichtennadeln fein schneiden und nach dem Braten darin wenden.

Kartoffelschalen Salz

• Gebratener Ziger, geräuchert mit Fichtenholz, gewendet in den Nadeln

• Im Herbst gesammelte und getrocknete Steinpilze zu Pulver mörsern oder mahlen.

• Gebackener Baumbart

1000 g 100 g

Milch Joghurt

Gebackener Baumbart

60 g

Zitronensaft

Rote Preiselbeerenkonfi

150 g

Ziger

40 g

Mehl

10 g

Fichtennadeln

Milch bis kurz vor dem Siedepunkt erwärmen. Joghurt und Zitronensaft temperieren. Die Milch mit dem Kochlöffel aufrühren und die

10 g

Flechte

Waschen, fein zupfen und trocknen. Im Rapsöl bei 160 °C ausbacken und salzen.

• Preiselbeerkonfi 20 g

Preiselbeerkonfi

leicht verrühren und in einen Spritzbeutel geben.

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Kochen mit Sonne Bilder Corbis

TexT Riccarda Frei

Für alte Kulturen war die Sonne ein Gott. Heute ist sie eine Energiequelle – auch zum Kochen ohne Strom oder Feuer. Die Sonne ist der Stern, welcher der Erde am nächsten liegt. Sie beeinflusst den Tagesablauf, spendet Wärme und Licht. Sie lässt Pflanzen wachsen und macht Farben sichtbar. Kein Wun­ der haben alle alten Kulturen – von den Ägyp­ tern über die Griechen, Römer und Kelten bis zu den Inkas – die Sonne angebetet. Und noch im 17. Jahrhundert liess sich Ludwig der XIV. (1638– 1715) in Frankreich als gottähnlichen Sonnen­ könig verehren. Die Kraft der Sonne fasziniert auch heute noch. So hat wohl jeder Pfadfinder oder Cam­ per schon versucht, mit einer Linse und gebün­ delten Sonnenstrahlen ein Lagerfeuer zu entfa­ chen. Oder auf einem von der Sonne aufgeheizten Autodach ein Spiegelei zu braten. Letzteres wohl erfolglos, da das Autodach zu wenig heiss wird. Ausserdem kommt, wenn das Ei erst einmal auf dem Dach liegt, keine neue Wärmeenergie von unten hinzu. Darum bleibt das Ei ungebraten. Auch wenn dieser Kochmythos nun zerstört ist, die Sonne ist trotzdem das älteste Kochutensil. Die ersten Menschen legten Früchte und Sa­ men zum Trocknen an die Sonne, lange bevor sie auf die Idee kamen, mit Feuer zu kochen. Laut Pa­ läontologen soll der Homo erectus um 790 000 vor

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Christus bewusst angefangen haben, Feuer zum Garen von Speisen einzusetzen. Geprägt durch die ersten Kocherfahrungen wurde der Mensch zur fast einzigen Spezies, die den Geruch von «ver­ branntem» Fleisch appetitanregend findet. Ähn­ lich angenehm soll Grillduft nur für Wespen sein.

Sonnengereift, -getrocknet und -gekocht Noch heute werden weltweit Lebensmittel in die Sonne gelegt, um sie haltbar zu machen. «Son­ nengetrocknet» gilt mittlerweilen als Prädikat für qualitativ hochstehende, auf natürliche, tra­ ditionelle oder regionaltypische Art konservierte Produkte. Besonders, wenn diese zuvor in der Sonne reifen durften. Vielleicht steht der Begriff «sonnengekocht» dereinst als Qualitätsangabe für eine besonders umweltfreundliche, nach­ haltige Kochmethode? Und «Solares Kochen» für einen neuen Küchentrend? Die Zeichen dafür stehen gut. Gibt man bei Google den Suchbegriff «solar cooking» ein, erhält man über 9.1 Millionen Ergebnisse. Darunter viele Produzenten von Solarkochern, aber auch Umweltschutz­ und Entwicklungsorganisationen. Eine davon ist →


Auf einem Autodach kann man keine Spiegeleier braten, aber mit einem Parabolspiegelkocher. Bei Temperaturen von 端ber 200 Grad kann man damit sogar backen und frittieren.

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Sonnenlicht

Zum Kochen und Backen

Kocht 10 Liter Wasser in

Hält Essen warm

Reinigt Wasser

Maximaltempereratur

Leicht zu transportieren

2 Stunden

165° Celsius

Spiegel Glasscheibe Dämmung schwarzer Kochtopf

Es gibt verschiedene Kochkisten-Modelle. Sie eignen sich besonders für Gargerichte und Eintöpfe, zum Reiskochen oder etwas modifiziert als Dörranlage.

Die Kochkiste Sie hat meistens die Grösse eines Reisekoffers. An ihrem Deckel ist ein Spiegel angebracht, der die Sonnenstrahlen durch eine möglichst dicht schliessende Glasabdeckung ins Kisteninnere leitet. Dieses ist schwarz eingefärbt und isoliert, um die Sonnenwärme möglichst gut zu speichern. Die Kochkiste eignet sich fürs Garen. Ein Eintopf aus Gemüse und Fleisch ist in etwa zwei Stunden fertig.

Ades – Association pour le Développement de l’Energie Solaire Suisse. Die Organisation setzt sich für solares und energiesparendes Kochen in der Schweiz und in Madagaskar ein. Ades­Mit­ arbeitende leisten Überzeugungsarbeit, führen Kochdemonstrationen durch und bieten modu­ lare Umweltbildungskurse für Schulklassen auf verschiedenen Bildungsstufen an. In Zusammen­ arbeit mit der Schreinerei Sommer Holzwerkstatt in Rifferswil und der Institution Einstieg in die Berufswelt in Baar lässt Ades sogar eigene Solar­ kocher in zwei Grössen herstellen.

Der Parabolspiegelkocher Er sieht aus wie eine Satellitenschüssel. Die Aluminiumbleche an der Innenseite bündeln die Sonnenstrahlen, sodass etwa ein herdplattengrosser Brennpunkt entsteht. Der Parabolspiegelkocher eignet sich wegen der hohen Temperaturen, die erreicht werden können, zum Kochen, Backen und Frittieren.

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«Solar cooking» wird massentauglich «Aktuell sind wir an der Umsetzung eines Pro­ jekts in der Region Fort Dauphin im Süden von Madagaskar. Es geht darum, 21 Schulkantinen mit Solarkochern auszustatten», sagt Ades­Spre­ cherin Evelyn Rieseberg. Rund 7000 Kinder sol­ len dort jeden Mittag bekocht werden. Dazu wer­ den insgesamt 106 Solarkocher installiert. MitdemEinsatzvonKochern,diealleinedurch die Sonnenwärme beheizt werden, soll das Abhol­ zen der Wälder für Feuerholz eingedämmt werden. «Unsere Statistik, die auf Waldberechnungen des WWF basiert, hat ergeben, dass seit der Einfüh­ rung der Ades­Solarkocher im Jahr 2001 bis heute

in Madagaskar rein durch deren Verwendung eine Fläche von 3841 Hektar Wald geschützt werden konnte.» Zählt Evelyn Rieseberg noch dazu, was durch den Einsatz von Energiesparöfen geschützt werden konnte, ergibt sich eine gerettete Waldflä­ che von 29 720 Hektaren. Das entspricht in etwa der Grösse des Kantons Schaffhausen. Wie auf Madagaskar werden auch in Indien Schulkinder mit Essen aus Solarkochern verpflegt. In Zentralindien soll sich eine Solardampfküche mit zehn Scheffler­Spiegeln befinden, in der jeden Mittag Essen für 650 Personen zubereitet wird. Das Ministerium für neue und erneuerbare Energie fördert den Einsatz von Solarkochern seit den 1980er­Jahren. Indien ist eines der wenigen Länder, die eine Industrienorm für Solarkocher haben und diese subventionieren. Ein weiterer Staat, der «Solar cooking» gefördert hat, ist China. Dies vor allem in den beiden sonnenreichen, aber holzarmen Provinzen Tibet und Gansu.

Kochen mit Sonnenlicht bei Nacht Während China die Subventionierung von Solarkochern eingestellt hat, entdecken hippe US­amerikanische Outdoor­Fans das Kochen mit Sonnenenergie für sich. Die Firma GoSun bei­ spielsweise hat einen portablen Solarkocher ent­


Scheffler-Spiegel und Solardampfküche Der Ingenieur Wolfgang Scheffler hat einen 10 m2 grossen Spiegel konstruiert. Dieser wird einige Meter vom Haus entfernt installiert und leitet die Sonnenstrahlen direkt ins Haus. Mit einem zweiten kleinen Spiegel werden die Strahlen dann im Haus auf eine Herdplatte umgeleitet. Es können Temperaturen von 400 Grad erzielt werden. Ein solcher Kocher reicht aus, um für über 50 Personen zu kochen.

Solardampfküche: 50 Kilo Reis sind in sieben Minuten fertig.

Kochen mit Sonnenlicht und Parabolspiegel.

wickelt, mit dem man auch bei bedecktem Him­ mel und sogar nachts kochen kann. Möglich macht das eine Speicherbatterie. Diese braucht nur zwei Stunden Sonnenlicht, um sich aufzuladen und gibt, wenn das Gerät in Betrieb ist, bis zu 200 Grad Hitze ab. Die Zutaten für ein Gericht werden einfach in eine längliche Metallschublade gelegt. Diese schiebt man in den GoSun­Solarkocher und der Kochprozess beginnt. Je nach Gericht kann 20 Minuten später schon gegessen werden. Trotz den hohen Temperaturen im Innern bleibt das Gerät aussen kühl, sodass man sich nicht daran verbrennen kann. Von Grillgut bis Geburtstagskuchen – gemäss den Erfindern lässt sich praktisch alles im GoSun­Solarkocher zube­ reiten. Zum Beweis haben sie gleich auch ein klei­ nes Kochbuch herausgegeben. Darin findet man das Rezept für einen gebackenen Lachs, Quinoa­ Pilaf und Rüeblikuchen mit Frischkäseguss. Das Gerät gibt es in diversen Ausführun­ gen ab 280 bis 4000 US­Dollar. Kochkisten oder Parabolspiegelkocher wie sie in Indien, Afrika und Asien verwendet werden, sind bereits für un­ ter 50 Franken zu haben. Sie können aber, je nach Ausführung und Qualität der Verarbeitung, auch mehrere hundert Franken kosten. Abgesehen von Schulen und Spitälern in Indien, Madagaskar

und einigen afrikanischen Staaten werden Solar­ kocher meist von Privatpersonen genutzt. Nicht so in Chile.

Noch grössere Gruppen kann man mit einer Solardampfküche bekochen. Dazu reiht man mehrere Scheffler-Spiegel V-förmig aneinander und setzt in deren Brennpunkte Wärmetauscher, in denen Wasserdampf erzeugt werden kann. Je nach Anlagengrösse kann mit solchen Steamern für mehrere hundert Personen gleichzeitig gekocht werden.

Im Restaurant Solar gibt es nur sonnengekochte Speisen Das Restaurant Solar im chilenischen Dorf Villaseca ist Teil eines staatlichen Programms. Mit diesem Programm soll gleichzeitig die Na­ tur geschützt werden und Frauen eine bezahlte Beschäftigung erhalten. Bis jetzt geht das Kon­ zept wunderbar auf. Das Restaurant Solar hat nur 24 Sitzplätze, aber Gäste aus der ganzen Welt, die extra anreisen, um sonnengekochte chilenische Spezialitäten zu essen. Zugegeben, mit 310 Sonnentagen pro Jahr hat das Restaurant Solar die besten Voraussetzungen. Es gibt aber in der Schweiz Orte, die sich noch bes­ ser für «solar cooking» eignen würden. St. Moritz zum Beispiel rühmt sich damit, im Schnitt 322 Sonnentage pro Jahr zu haben. Auch Basel und Sitten verzeichnen derer 300. Und doch ist «so­ lar cooking» in der Schweizer Gastronomie kein Thema. Hierzulande setzen Köche und Küchen­ gerätebauer lieber auf moderne, energieeffiziente Herde und Steamer sowie Solarstrom. •

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Links × Film über das Solar Restaurant in Villa Seca, Chile: www.youtube.com Stichwort: Solar Cookers Restaurant × Reportage über die Arbeit von ADES in Madagaskar: www.dw.com/popups/mediaplayer/mediaId_15919452 × Solar Cooking in der Schweiz: www.adesolaire.org www.solarkocher.ch × Bericht «Solares Kochen aus Schweizer Sicht»: www.repic.ch/ files/9513/7544/1755/SB_Exsol_ Indien.pdf × GoSun Solar Grill: www.gosunstove.com


Zitrone in Kohlens채ure

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Rollmops mit Kandiszucker

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Eigelb auf Stein

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Rohschinken und Glas

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Spargel an Crème fraîche

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Erde ger채uchert

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Die vier Elemente in einem Glas Bilder Claudia Link

TexT Sarah Sidler

Alexandros Nicolaides komponiert in der Zürcher Hato-Bar Drinks, die an Sommerferien, Waldböden und Feuer erinnern.

Alexandros Nicolaides × 2005–2008: Bar El Lokal, Zürich × 2011–2013: Bar Hotel Rivington, Zürich × 2013–2014: Wingsbar Zürich × 2014: Worldclass Bartending Contest Diageo London

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Steht Alexandros Nicolaides hinter der Bartheke, ist er in seinem Element. Seit zehn Jahren arbei­ tet der 33­jährige Zürcher hinter dem Tresen, mixt Cocktails, macht Sirups ein und kreiert au­ ssergewöhnliche Essenzen. Seit der Eröffnung des Restaurants Hato bietet der Sieger des World Class Bartending Contest 2014 den Gästen nun in der Zürcher Innenstadt neben Klassikern auch einige Drinks an, welche nach Sonne, Erde und Feuer riechen, schmecken, erinnern und rufen. «Ich arbeite gerne mit dem Konzept der vier Elemente, da sie überall vorkommen. Man kann der Natur nicht entkommen, dafür ist sie zu stark», sagt er. Aufgewachsen im Berner Ober­ land und in Zypern, hat die Zeit im Freien immer eine wichtige Rolle in seinem Leben gespielt. «Ich spüre die Natur gerne. Selbst wenn es tagelang regnet.» Der Bartender interessiert sich stark für die Alchemie. «Obwohl die vier Elemente klar aufgeteilt sind, vermischen sie sich oft.» Man denke zum Beispiel an Nebel, der aus Luft, Erde und Sonne (Feuer) entsteht. Die vier Elemente sind wandelbar und müssen doch in Balance blei­ ben. Deshalb böten sie eine spannende Grund­ lage für seine kreative Arbeit, sagt der Absol­ vent der Zürcher Hochschule der Künste und der Hotelhandelsschule Noss. Seine Rezepte verhal­ ten sich im Gegensatz zur Mehrheit im goldenen Schnitt. «Ich richte mich nach den Gesetzmässig­ keiten, die sonst überall herrschen, nicht nach dem gängigen Eins­zu­Zwei­Verhältnis.»

«Ich will mit meinen Drinks nicht nur den Gau­ men, sondern auch Nase und Augen bedienen, die Gäste kulinarisch unterhalten und sie herausfor­ dern.» Da sie ein Element, ein Teil des Getränks ausmachen, fragt Alexandros Nicolaides sie gerne an, ob sie sich mit ihm auf eine ästhetische Reise begeben möchten. Falls dies der Fall ist, bereitet er ihnen ein Getränk zu, das nicht nur zum ge­ wählten Gericht von Hato­Chefkoch Nathan Dal­ limore passt, sondern seiner Ansicht nach zu den Gästen selbst. «Ich erhalte meist ein gutes Feed­ back», freut sich der Barkeeper. «Die Gäste wer­ den also belohnt für ihren Mut.» Sie seien oft überrascht, dass ihnen etwa erdige Aromen, die sie sonst ablehnen, im Drink gefallen. Und Cocktails, die an Wald oder Erde erin­ nern, erhalten Mutige ab und an als Essbeglei­ ter aufgetischt. Etwa den Cocktail Noir Desire im schwarzen Weinglas: «Der erdige Geschmack harmoniert bestens mit der geschmackintensi­ ven pan­asiatischen Küche», weiss der Mixologist. «Noir Desire» ist ein Cocktail auf Rumbasis, der nach Holz und feuchter Erde riecht, intensiv und dunkel. Dafür verwendet er unter anderem das Kraut Patchouli, das viele von Parfums der 70er­ Jahre kennen. Während er die Essenz früher auf­ wändig vom Tee zum Sirup einkochte, verwendet er heute dafür vier Tropfen eines ätherischen Öles aus der Apotheke, das er einem Liter Zuckersirup beimischt. Ein Stück brennendes Zedernholz aus Japan kitzelt die Nase vor dem ersten Schluck, der Geschmack von Macadamia­Nüssen überrascht im Abgang.

Sommer aus Vanille, Marmelade und Orangen Doch der Bartender versteht es, die Gäste mit sei­ nen Kreationen nicht nur herauszufordern, son­ dern auch zu betören und verzaubern. Mit dem Cocktail «The Hair of Amaterasu» versuchte er die Lieblichkeit des Haars der japanischen Son­ nengöttin als Geschmack zu komponieren. Weich und schön soll er zum Trinken sein. Ausserge­ wöhnliche Kompositionen zu finden, fällt dem Mann, der sich nach eigenen Angaben gerne in der geistigen Welt bewegt, nicht schwer. Ebenso wenig das Kreieren der Getränke: «Ich rezeptiere meine Drinks und Essenzen meist intuitiv. Für diesen Cocktail habe ich alles, was für mich mit Sommer zu tun hat, zu einer Essenz vermischt und mit Rum kombiniert. Mit dem Zacapa 23, einem Teamplayer, der sich mit seinen zahlrei­ chen, ausbalancierten Aromen gut zum Mischen eignet.» Die Essenz «The Elixir of the Japanese Sun» riecht nach Vanille, Marmelade, Sellerie, Safran, Mandarinen, Bitterorangen und dem Ge­ heimtipp Ylan­Ylan. «Ich arbeite gerne mit kon­ zentrierten Formen. Mit ihnen lassen sich Drinks wunderbar zu einem gewünschten Thema auf­


«Ich rezeptiere meine Drinks und Essenzen meist intuitiv.» Selbst gemachte Essenzen aus Kräutern und Gewürzen, teils mit einigen Tropfen ätherischen Öls, machen Alexandros Nicolaides’ Cocktails einzigartig.

bauen. Ich nenne meine Eigenkreationen deshalb gerne trinkbare Parfums.»

Eigenwillige persönliche Noten Rund 20 Essenzen zieren heute die Hato­Bar. Dereinst sollen es 200 sein, die der Bartender bald an Berufskollegen vertreiben möchte. Unter den vielen Flaschen auf der Theke leuchtet gelb der Safransirup heraus. Aromen von Mandel, Rose und Zitrusfrüchten sind darin zu finden, analog einer Süssspeise aus dem Iran: «Ich lasse mich gerne von Kochrezepten inspirieren und versuche spannende Kombinationen trinkbar zu machen.» Die Safran­Essenz gibt dem Gin­Sour seine per­ sönliche Note. Um diese zu erreichen, setzt er wenig Grenzen. Um dem altbekannten Bloody Mary eine geschmackvolle Note zu geben, hat Alexandros Nicolaides eine Foie­Gras­Trüffel­

Infusion gebraut. Sein eigener Vermouth besteht aus 15 Kräutern, die er alle verschieden lange ein­ gelegt hat. Auf Wunsch mixt er eine eigene Cola vor dem Gast. Als Beilage zu seinen Cocktails hat er auch schon paniertes und frittiertes Elchmoos ser­ viert, das er zusammen mit dem Hexer aus dem Entlebuch, Stefan Wiesner, gesammelt und das erste Mal zubereitet hat. Es schmeckt leicht er­ dig, nach Moos. «Ich möchte gerne mehr in den Wald. Er inspiriert mich.» Das merkt man dem Cocktail Rashomon an. Der gleichnamige Film handelt von einem Mord in einem Wald. Im Ge­ richtssaal werden vier mögliche Mordvarianten aufgezeigt. Diese vier möchte er in diesem Cock­ tail widerspiegeln. Der Drink auf Traubensaft­ basis verändert sich während des Trinkens vier Mal. Wegen der Haunted Forest Essence riecht die Vodka­Champagner­Mischung anders als →

Kontakt facebook.com/alexis.nicolaides Hato Restaurant Zürich Brandschenkestrasse 20 8001 Zürich www.hato-restaurants.com Tel. 044 280 18 80

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Der Cocktail ÂŤUnder the EarthÂť ist ein Eyecatcher und als Inspiration gedacht. In ihm sind alle vier Elemente vereint. Und ja, er ist trinkbar!

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Noir Desire Cocktail 5 cl

Ron Prohibido o. Ron Zacapa 23

1 cl

Chartreuse Verte

1.5 cl 0.75 cl 0.5 cl

Limettensaft Giffard Macadamia Sirup Patchouli Sirup (siehe unten)

Alles gut verrühren und kühlen, danach ins Glas einschenken und den Innenrand des Glases mit dem Aroma «Terra Humida» bestreichen. Das Holz ins Glas stecken und leicht anbrutzeln. Fertig.

• Für den Patchouli-Sirup

Nachdem die Pilz-Rooibos-Infusion in die Teekanne gefüllt wurde, arrangiert der Bartender den Waldboden darüber.

sie schmeckt, verändert sich im Mund und wirkt wieder verschieden nach im Abgang. «Rashomon ist leicht und klar, aber nicht lieblich», erklärt der Bartender, «das mag ich.»

Feuer, Wasser, Luft und Erde in einem Seine neuste Kreation «Under the Earth» sieht aus wie ein Stück Waldboden. «Für das Versuchsobjekt musste ein fünfjähriger Thymian von meinem Balkon dran glauben», erzählt der redege­ wandte Mann lachend. Diesen hat er gemeinsam mit Moos, Steinen, Blättern und weiteren Pflan­ zen auf Eis platziert, das wiederum in einer Schüs­ sel liegt. Ätherische Öle wie «Terra Humida» von Sosa, Lemongrass, Fichte und Bergamotte las­ sen den Cocktail in den verschiedenen Gerüchen einer kleinen Waldlandschaft riechen. Der Drink, der Reste von Pilzen enthält, befindet sich in einer

Teekanne unterhalb des Eises. Erreicht wird er mithilfe eines Strohhalms, der im Wald versteckt ist. «Under the Earth» besteht aus Shiitake­Pil­ zen, Rettich, Ron Zacapa 23, Rooibos­Tee, Limet­ tensaft, Patchouli­Sirup, Chartreuse Verte und Vetiver­Extrakt. Die Pilze hat er dafür kurz in we­ nig Wasser, Rum und einer Prise Salz geköchelt, etwas ziehen gelassen und den Rooibos­Tee dazu­ gegeben. Um die Balance herzustellen, kamen ein wenig Limettensaft und Patchouli­Sirup dazu. Etwas Chartreuse­Liqueur unterstreicht die er­ digen Töne und erweitert die Geschmackspalette. Zum Schluss bringt er mit wenig Vetiver eine hol­ zige Frische rein und betont damit die Fremdar­ tigkeit. Der Rettich fügt letztlich alle Elemente zusammen. Glimmende Krümel einer kubani­ schen Zigarre führen als erste Spur zu diesem ungewöhnlichen Cocktail, der die vier Elemente allesamt enthält: Feuer, Wasser, Luft und Erde. •

2 kg

Zucker

1l

Wasser

Wasser kochen, Rohrzucker hinzufügen, Hitze sofort reduzieren und etwa fünf Minuten gleichmässig rühren. Je besser man rührt, desto länger wird der Sirup halten und nicht auskristallisieren. Dann einen Liter des fertigen Sirups mit fünf Tropfen des ätherischen Öls der Patchoulipflanze beträufeln und gut mischen.

• Wichtig: Das ätherische Öl nur aus der Apotheke in bester Qualität kaufen

Bezugsquellen × Ätherische Öle www.berg-apotheke.ch www.sosa.cat × Sirup www.giffard.com Jelmoli/Globus

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Holz im Kopf Bilder Claudia Link

TexT

Jörg Ruppelt

Der erste Schritt zum experimentellen Kochen mit Holz ist das Anlegen einer Sammlung von Infusionen/Auszügen von verschiedenen Hölzern . Aromen und Farbe lösen sich sehr gut in Wasser oder Alkohol.

Der Luzerner «Artisan Cuisinier» Jonas Frei experimentiert leidenschaftlich mit verschiedenen getoasteten Hölzern. Was kommt Ihnen spontan in den Sinn, wenn Sie Holz schnuppern? Jonas Frei: Einige Orte im Wald, an denen ich als Kind rumrannte, der Werkunterricht und die Holzsammlung meines Vaters, abstrakt auch Berge. In Bezug aufs Kochen denke ich an die Identität einer neuen Schweizer Küche.

Können Sie die verschiedenen Hölzer in der Nase auseinanderhalten? Hölzer duften sehr unterschied­ lich. Manche riechen stärker, andere weniger aromatisch. Das hängt auch vom Zustand und von der Temperatur ab. Bei einigen Fruchthölzern hätte ich Mühe. Aber typische Vertreter wie Eiche, Buche, Sanddorn und Nadelhölzer wie Arve und Lär­ che sollte ich draufhaben.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema Kochen mit Holz? Experimentelles Kochen war schon immer ein Teil von mir. Ich habe früh in Küchen mit Holzöfen und Räuchermetho­ den gearbeitet. Dabei wurden auch Holzarten ausgesucht. Die Rezepte von Stefan Wiesner aus Escholzmatt im Entlebuch habe ich beim Erscheinen sei­ nes ersten Buches nachgekocht. Einige Ideen habe ich für meine «Rauch und Holz»­Workshops aufgegriffen.

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Wenn man so will, hat Stefan Wiesner Sie auf den «Holzweg» gebracht.

und Fett ausgeglichen. Ein Ar­ venholz­Milchschaum ist bei­ spielsweise ein schöner Start.

Er schrieb bereits 2003 in sei­ nem Buch «Gold, Holz, Stein», dass Kochen mit Holz für ihn zukunftsweisend sei. Ich bin aber auch von anderen beein­ flusst worden. René Redzepi und die Leute vom «Mad Lab» etwa haben mit Sous­Vide­In­ fusionen von Birkenholz Versu­ che gemacht. Die US­Firma Po­ lyScience propagiert das «Rapid Ageing» mit einem Ultraschall­ Homogenisierer. Vom New Yor­ ker Dave Arnold stammt die Idee, dass Alkohol unter Druck Aromen aufnehmen kann. Die Bezüge zur Bier­, Wein­, Whis­ kyproduktion sind nahelie­ gend. Man findet wissenschaft­ liche Literatur zu Aromen und Gerbsäuren von Eiche und Kas­ tanie. Meine intensivsten eige­ nen Erfahrungen mit Toasten und Druckinfusionen habe ich erst kürzlich gemacht.

Toasten, Auszüge, Infusionen ... wie machen Sie das genau?

Ein Stück Holz in die Suppe geworfen, bringt das wirklich was? Ja klar, wenn es denn zur Gel­ tung kommt. Es ist beeindru­ ckend, wie viele Anwendungs­ möglichkeiten sich beim Ko­ chen mit Holz auftun. Für ein intensiveres Resultat schlage ich vor, dass man das Holz vor­ her trocken erhitzt. Beim Aus­ probieren ist auch klar der Weg das Ziel.

Wie geht man das Thema Holz am besten an? Wenn man sich damit beschäf­ tigt und sich für ein Holz ent­ schieden hat, kann man es roh, getoastet, angekohlt oder zum Räuchern verwenden. Ich wür­ de das Holz zerkleinern und erst mal toasten. Dann kann man ei­ nen heissen Auszug im Dampf oder eine kalte Infusion im Si­ phon­Bläser ausprobieren. Ei­ nige Hölzer lassen sich einfach in Milch auskochen. Die Gerb­ säuren im Holz werden durch die Verbindung mit Proteinen

Zum Toasten erhitze ich das Holz in einem Umluftofen bei 230 Grad während mindestens zehn Minuten. Für einen Druck­ auszug gebe ich das Holz mit et­ was Wasser in einen Druck­ dämpfer bei 1 bar/15 psi für wei­ tere zehn Minuten. Dies ergibt einen intensiven Tee mit Far­ be, Gerbsäure und Aroma, den man für unzählige Anwendun­ gen weiter verwenden kann. Für eine kalte Rapid­Infusion gebe ich das getoastete Holz mit

«Infusionen und Auszüge machen aus Holz ein Gewürz.» einer Flüssigkeit oder einem ge­ schmacksneutralen Alkohol in einen Kisag/iSi­Bläser. Diesen setze ich einige Minuten unter Druck, entlüfte dann schnell (Rapid Infusion), öffne den Blä­ ser und höre den aufsteigenden Blasen zu. Diese transportie­ ren das Holzaroma in die Flüs­ sigkeit. Die Rapid Infusion ent­ wickelt feinere Noten, die etwas weniger präsent sind. Ich achte bei dieser Technik darauf, dass ich genügend fein geschnittenes Material verwende.

Welche Hölzer sind universell einsetzbar? Bestimmte Nadelhölzer wie Lärche und Arve ergeben gut dosierte, beliebte Aromen. Harthölzer sind oft zurückhal­ tender. Erlenholz hat ein feines Aroma, lässt sich gut kombinie­

ren und ist mit allen Methoden verwendbar.

Gibt es Hölzer, von denen Sie abraten oder die man behutsam einsetzen sollte? Eibe und einige Strauchhöl­ zer sind giftig oder ungeniess­ bar. Nadelhölzer können je nach Sorte und Anwendung zu inten­ siv sein. Einige Hölzer und vor allem deren Rinden enthalten viel Gerbsäure. Fruchthölzer können mit einem bissigen Ge­ schmack Speisen übertönen.

Welche Garmethoden empfehlen Sie generell? Infusionen und Auszüge ma­ chen aus Holz ein Gewürz. Aro­ men, Farbe und Tannine lösen sich gut in Wasser. So können diese beim Kochen, Pochie­ ren und beim Sous­Vide­Garen beigegeben werden. Wenn sich Gerbsäure mit Fett und Pro­ teinen verbindet, wird sie aus­ geglichen. Hölzer entwickeln beim Erwärmen um 230 Grad tolle Aromen. Der Duft eines er­ hitzten Stücks Holz kann einen ganzen Raum ausfüllen. Toas­ ten, Grillieren auf dem Holz­ brett und Räuchern sind natür­ lich auch empfehlenswert.

Welches Equipment sollte man haben? Einen Umluftofen zum Toasten und einen Druckdämpfer zum Auskochen. Einen Holzkoh­ legrill. Gut sind auch Sous­Vi­ de­Geräte, ein Rapid­Infusion­ Set und eine Smoking Gun für spezifische Anwendungen.

Jonas Frei Der heute 39-jährige Koch ist im ländlichen Hitzkirch (LU) aufgewachsen. «Ich habe Traktorfahren und Kühemelken gelernt.» Holz ist ihm seit frühester Kindheit ein vertrautes Material. «Ich bin Sohn eines Werklehrers mit ansehnlicher Holzsammlung.» Mehr als 15 Jahre arbeitete Jonas Frei als Bäcker und Koch in verschiedenen Betrieben in San Francisco und in Basel. Er ist Pionier der modern angewendeten Sous-VideGarmethode und hat 13 Jahre Erfahrung als Berufs- und Erwachsenenbildner, davon sieben Jahre als Küchenchef. Seit 2013 ist er als Artisan Cuisinier in Luzern selbständig. Er betreibt einen Webshop für Sous-Vide-Geräte, Behälter, Sonden, Thermometer, Vakuummaschinen, Bläser sowie Räucher-Equipment und veranstaltet Workshops zu modernen Kochmethoden. www.artisancuisinier.ch

Wer mit Holz kocht, muss schon ein bisschen verrückt sein, oder? Man ist etwas verrückt, wenn man sich von Konventionen löst. Das hält lebendig. Baumholz hat einen starken Bezug zum Ort. Das weckt geerdete, traditionel­ le Erinnerungen. Und ergibt ei­ nen schönen Bogen. •

Jonas Frei über Aromen und Geschmäcker von acht Hölzern.

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Arve Art Die Zirbelkiefer (Pinus cembra) auch Arbe, Arve, Zirbe oder Zirbel genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae). Ihre Heimat sind die Alpen und die Karpaten. Der Baum kann bis zu 25 Meter hoch und bis zu 1000 Jahre alt werden. Arvenholz ist weich und leicht bearbeitbar. Aromen nach dem Toasting Warm, balsamisch, hamonisch, wohlriechend. Geschmack Honig, Harz, Wachs, Heu, Safran. Tipp Vielseitig einsetzbar zu Milchschaum, Suppen, Fisch und Speck.

Erle Art Die Erlen (Alnus) bilden eine Pflanzengattung in der Familie der Birkengewächse (Betulaceae). In Mitteleuropa sind drei Arten heimisch: die Grün-, die Grau- und die Schwarzerle. Erlen lieben Wasser und sind daher bevorzugt an Bachläufen und an Ufern von Seen und Flüssen zu finden. Erlenholz ist weich und von gleichmässiger, feiner Struktur. Aromen nach dem Toasten Süss, erinnert an Zuckerwatte, senfig, Zeder. Geschmack Kräuter, Zitrone, Speck. Tipp Das ideale Einsteigerholz. Ob Garen, SousVide-Methode, Grillieren oder Toasten – das feine Erlenaroma harmoniert mit Fisch und Fleisch.

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Sanddorn Art Sanddorn (Hippophae rhamnoides) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Sanddorne innerhalb der Familie der Ölweidengewächse. Der Sanddorn wächst als sommergrüner Strauch und erreicht Wuchshöhen von einem bis sechs Metern. Sanddornholz ist dauerhaft, feinfasrig, mittelschwer und gut polierbar und findet als Drechsler- und Brennholz Verwendung. Aromen nach dem Toasten Warm, Leder, Essigsäure, Senf. Geschmack Würzig, erdig, Grüntee, leicht bitter. Tipp Das eher feine Aroma überträgt sich sehr gut beim Garen auf Fisch, Fleisch und Geflügel.

Kirsche Art Kirschbäume (Prunus avium) zählen zu den Rosengewächsen oder Rosceae und werden in wilde und kultivierte Formen unterteilt. Als ursprüngliche Art, aus der sich die Kulturformen entwickelten, gilt die Wilde Vogelkirsche oder Prunus avium, die in vielen Ländern Europas sowie in Mittelasien beheimatet ist. Das rötliche Edelholz ist in der Möbelindustrie sehr gefragt. Aromen nach dem Toasting Süss, Nelken, Honig, orientalisch, Toastbrot. Geschmack Warm, intensiv, bissig, Nelken, Tabakpfeife, adstringierend. Tipp Sehr gut zum Räuchern. Nach Toasting und beim Auskochen sehr dominant – vorsichtig einsetzen. Gut in Verbindung zu Käse.

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Lärche Art Die Europäische Lärche (Larix decidua) ist ein sommergrüner Baum, der ein Alter von maximal 600 Jahren, Wuchshöhen von 54 Meter und Stammdurchmesser (Brusthöhendurchmesser) von eineinhalb bis zu zwei Meter erreicht. Lärchenholz stellt unter den europäischen Nadelnutzhölzern das schwerste und härteste Holz dar. Aromen nach dem Toasten Kienig, harzig, fein, Pinien, Sandelholz, Schinken. Geschmack Floral, Harz, Heu, Zeder, Politur. Tipp Entwickelt einen feinen Rauch, der sehr gut zu roh mariniertem Fisch passt. Ideal auch für Emulsionen und Mayonnaise.

Eiche Art Die Eichen (Quercus) sind eine Pflanzengattung aus der Familie der Buchengewächse (Fagaceae). Die Gattung umfasst etwa 400 bis 600 Arten. Eichen sind sommergrüne Bäume, seltener auch Sträucher. Die Eiche zählt zu den wertvollsten heimischen Nutzhölzern. Der ursprünglich hellbraune Farbton des Eichenholzes wird durch die Trocknung dunkel bis dunkelbraun. Aromen nach dem Toasten Warm, Leder, Vanille, Karamell. Kalt ist das Holz nicht sehr intensiv. Geschmack Vanille, Karamell, Tee, Leder, Mentol, Harz. Tipp Getoastet gibt die Eiche Saucen, Jus, Fonds viel Körper. Passt auch zu Schokolade und Rahm.

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Weinrebe Art Die Weinreben (Vitis) oder Reben genannt, sind eine Pflanzengattung aus der Familie der Weinrebengewächse (Vitaceae). Die etwa 60 Arten besitzen eine weite natürliche Verbreitung. Die Holzstruktur ist fast immer drehwüchsig, die Textur äusserst fein und gleichmässg. Die Jahrringe sind deutlich sichtbar. Rebknorren werden zu Korkenziehern, Figuren und Stöcken verarbeitet. Aromen nach dem Toasten Nicht sehr intensiv, nussig, Leder. Geschmack Süsslich, warm, erdig, Nelken, Kaffee. Tipp Ein Auszug aus Rebenholz findet gute Verwendung in Bars. Gibt einem Wodka mit Pfeffer und einem Gin die besondere Note.

Edelkastanie Art Die Edelkastanie (Castanea sativa), auch Esskastanie genannt, ist aus der Familie der Buchengewächse (Fagaceae). Sie ist ein sommergrüner Baum und bildet stärkereiche Nussfrüchte. In Süd- und Westeuropa wird sie wegen dieser essbaren Früchte und als Holzlieferant angebaut. Das Holz ist dekorativ, sehr hart und elastisch. Aromen nach dem Toasten Grün, nussig, fruchtig. Geschmack Tee, Tannin, Nusschalen, Schokolade, Apfelkompott. Tipp Verbreitet intensive Aromen nach dem Toasten oder Rösten. Vorsichtig einsetzen. Als Auszug sehr schön zu Jus, Schmorgerichten, Ochsenschwanz.

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Im Wald mit Stefan Bilder Claudia Link

TexT Benny Epstein

Alle Elemente auf einen Streich – oder wenn sogar Metall und Erde geniessbar wird. Das ist Stefan Wiesner. Sogar das Wetter scheint er beeinflussen zu kön­ nen, dieser Hexer. Eiskalt ist es zwar an jenem Mittwoch Anfang März, 15 Grad unter Null soll das Thermometer am frühen Morgen beim Auf­ stehen angezeigt haben, sagt Stefan Wiesner. Im Schatten ist es auch kurz nach halb zehn nicht wesentlich weniger kühl, doch über Escholzmatt scheint die Sonne, keine Wolke weit und breit. Die Fahrt mit seinem Landrover dauert nur wenige Minuten. Als der Motor verstummt, wähnt man sich in einer anderen Welt. In Wies­ ners Welt. Die Beschaulichkeit, die Minuten zu­ vor rund um sein Restaurant Rössli wirkte, ist die Vorstufe dessen, was uns hier begegnet: absolute Stille, die nur hie und da von Tierlauten durch­ brochen wird, und eine unberührte Schneeland­ schaft, so weit das Auge reicht. Will Wiesner hier und jetzt Zutaten für seine Naturküche finden? Holz, Moos, Torf, ja sogar Vogelbeeren finden ei­ nen Platz in seinen Gerichten – selbstredend nur solche aus der nahen Umgebung. «Komm, Levi», sagt Stefan Wiesner, und sein Lagotto Romag­ nolo, ein echter Trüffelhund, gehorcht. Geradezu zärtlich steckt er dessen Pfoten in kleine Socken. «Nicht wegen der Kälte, sondern weil das Eis an den Pfoten weh tun würde beim Gehen.» Dann

schnallt er Levi das Gstältli an, damit dieser den Schlitten mit der grossen, leeren Tasche zieht und los gehts. Mitten durch das weite Schneefeld. Kochen, das ist für den 55­jährigen Inner­ schweizer Kunst, Können, Wissen, Ausdruck, Philosophie. Mal kocht er die Plejaden und taucht mit seinem Menü tief in die griechische Mytholo­ gie, mal widmet er seine Gerichte der Schweizer Politik, mal reflektiert er Dada auf seinen Tellern. «Es gibt eigentlich nichts, was man nicht kochen kann», sagt Wiesner mit einer Ernsthaftigkeit, die jede Vermutung, der Mann sei nur ein grossspuri­ ger Verkäufer, verblassen lässt.

Ameisensäuren-Marinade und rostige Nägel im Einmachglas Fast knietief steckt Wiesner im Schnee. Der Atem ist bei jedem Zug hörbar, während er ziel­ strebig durchs Feld watet. Bei den ersten Rottan­ nen macht er Halt und wischt ein paar Ästen den Schnee von den Nadeln. Kurz hält er inne, ehe er mit blossen Händen beginnt, den Baumstamm von seinem Winterkleid zu befreien. Wenige Mo­ mente später löst er aus dem Schnee einen Amei­ senhaufen, den er behutsam in einen Plastik­ →

Drei spannende Fakten über Stefan Wiesner × Nach der zweiten Sek brach Wiesner die Schule ab. Über Umwege liess er sich zum Koch ausbilden. × Im Gegensatz zu anderen Betrieben, die auf Regionalität setzen, sind im «Rössli» sogar die Weine ausschliesslich aus der Schweiz. × Wiesner zählt auf die Hilfe der Entlebucher Bevölkerung: Wird er auf der Suche nach einem Kraut, einer Pflanze oder sonst einem Naturprodukt nicht fündig, inseriert er im lokalen Anzeiger. × Privat darf es durchaus mal Fast Food sein, sogar vom amerikanischen Burger-Riesen.

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Mit Charme und Melone: Stefan Wiesner ist nur ganz selten oben ohne anzutreffen. Lieber lässt er trotz Minusgraden die Handschuhe zuhause und braucht das Gefühl seiner blossen Finger für das Ausheben seines Torflochs, fürs Abholzen von Ästen oder fürs Schneiden von Heidelbeerstauden.

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Das Moos packt der Hexer zum Garnieren ein. Nicht so das Harz. Aus der Baumflüssigkeit zaubert er ein feines, süssliches Öl.

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«Dieser Wald ist ein Zauberwald. Es gibt eigentlich nichts, was man nicht kochen kann.»

Einmal den gekochten Wald, bitte: Ein Rehcarpaccio, wie man es wohl nur im Gasthof Rössli kriegt. Eat Art in Perfektion, von der Qualität über die Kreativität bis hin zum Design – ein Bild, ein Gericht, eine Geschichte.

Kontakt Gasthof Rössli Hauptstrasse 111 6182 Escholzmatt Tel. 041 486 12 41 Nebst dem «Wiesner-Menü» bietet das Restaurant saisonal wechselnde Menus und A-la-carte-Gerichte von der legendären Heusuppe bis zur Barrique-Glace, vorwiegend aus regionalen, frisch zubereiteten und hausgemachten Produkten.

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sack packt. «Ich löse daraus die Ameisensäure, die ich zum Marinieren verwende. Es macht das Fleisch sehr zart.» Sorgfältig pflegt Wiesner den Schnee wieder ein, als wolle er die Spuren seiner Tat verwischen. «Das ist einerseits der Respekt ge­ genüber der Natur und anderseits gegenüber dem Menschen. Ich will, dass Spaziergänger das gleich hübsche Bild antreffen wie ich. Die sollen nicht immer denken: ‹Ah, der Spinner war wieder da.›» Spinner, er weiss es also selbst. Avantgardisti­ sche Naturküche nennt er seinen Kochstil, in dem alle Elemente der Natur aufblitzen: Luft, Erde, Wasser, Feuer, Holz und sogar Metall. Die rostigen Nägel, die in seiner Vorratskammer im Einmach­

glas liegen, warten nicht darauf, in Wände gebohrt zu werden. «Die kann man in den Apfel stecken, der dann das Rost aufnimmt. Rost ist oxidiertes Eisen. Früher war das ein bekanntes Rezept ge­ gen Eisenmangel.» Aus der Seitentasche seiner Jeans zieht Wies­ ner eine Axt, hackt erst einer Birke, dann ei­ ner Arve ein paar Äste ab und schabt vom nächs­ ten Baum die getrockneten Harztropfen ab. Das Baumsekret soll dereinst ein Gericht versüssen. Der Koch, dessen Schaffen dem Guide Miche­ lin einen Stern und dem Gault Millau 17 Punkte wert ist, lässt seinen Blick durch das Baumlaby­ rinth schweifen. Die Hände stützt er in seinen Hüf­


ten ab, ein Lächeln huscht über sein Gesicht: «Die­ ser Wald ist ein Zauberwald.» Und wieder glaubt man ihm. Er muss es ja wissen. Er, der von so vielen ehrfürchtig «der Hexer» genannt wird. «Früher glaubten die Leute aus der Region, Elfen in diesem Wald gesehen zu haben.» Eine Prise Magie scheint noch heute in der Entlebucher Unesco­Biosphäre herumzuschwirren. Wiesner gräbt nach Moorro­ sen, buddelt Tannzapfen und Heidelbeerstauden, die bereits Knospen aufweisen, unter dem Schnee hervor, degustiert vom Moos und zupft Bärlappe: «Man nannte es einst das Hexerkraut.»

Sämtliche Fundstücke in der Tasche auf dem Schlitten verstaut, machen sich Hund und Herr­ chen auf den Rückweg. Im Schneefeld bleibt Wies­ ner stehen. «Hier, genau an dieser Stelle ist mein Torfloch», verrät er. Und während er zu schaufeln beginnt, fragt man sich, ins weite gleichmässige Weiss blickend, was er denn mit «genau an dieser Stelle» meint. Wiesner schmunzelt: «Ich kenne die Umgebung. Ich weiss, wo was wächst.» Er löst einen Deckel aus Gras und Erde aus dem Boden und gräbt weiter, bis er ein erlöstes «so, da wären wir» von sich gibt. «Das ist reiner Torf, keine Erde, kein Dreck, das ist essbar.» Tatsächlich: cremig, luftig, mineralisch, aber keinesfalls bitter und er­ dig ist das Material, das er aus einem Meter Tiefe direkt in den Mund führt. «Die Schotten brauchen Torf für den Whisky, ich mische ihn mit Schoko­ lade. Das gibt leckere Pralinen.» Einen Sack voll Torf mitgenommen und das Loch zugeschüttet macht sich Wiesner auf den Weg zurück in den Gasthof Rössli, wo seine Köche Tristan Heins und Patrick Reibel bereitstehen, um die Produkte nach des Hexers Philosophie zuzu­ bereiten und anzurichten. «Einfach nur regional kochen, das war vorgestern. Healthy Food, Nose to Tail, Cook it Raw gehören heute dazu.» Vereint ergeben die Konzepte eine Vollkommenheit, die Wiesner in eine erzählbare Geschichte packt. In den nachgestellten Waldboden eingebet­ tet liegt ein nicht zu dünn geschnittenes Rehcar­ paccio auf einem rauchenden Tannzapfen. Flüs­ siges Harz wird auf das mit Fichtenschwarte ma­ rinierte Fleisch geträufelt, Silberflechten und im Rehknochenfond gekochte Rehzungenwürfel werden auf die Harzspur gelegt. Ein paar Trop­ fen Mondmilch aus der Tropfsteinhöhle verleihen dem Carpaccio einen eleganten Schimmer. Der Torfstreifen vor dem Tannzapfen glänzt wie nas­ ser Waldboden und trägt die Spur des Rehs, das darüber gesprungen ist. Man schaut, man probiert, man staunt. Nicht, dass alles essbar ist, sondern wie schmackhaft Wiesners Welt ist. Den lokalen Waldboden ge­ kocht und sämtliche Elemente in einen Gang ge­ zaubert – da behaupte noch einer, es gebe keine Hexer. •

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«Einfach nur regional kochen, das war vorgestern»

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Vanillesauce auf verbranntem Holz

Ausklang

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Kulinarium

Glarner Frühlingserwachen mit Erdbeer-Ei und Magenträs-Schiefer

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... kreiert von Frederik Jud, notiert von Jörg Ruppelt und fotografiert von Claudia Link


Nur wenige Zutaten sind für Frederik Juds Magenträs­ Schiefer nötig: pasteurisiertes Eiweiss, Eiweisspulver, Magenträs­Pulver und Puderzucker. Los gehts: 40 g Eiweiss, 1 g Eiweisspulver und 40 g Magenträs auf­ schlagen. 40 g Puderzucker darübersieben und unter­ heben. Die Masse anschliessend auf Backpapier oder eine Silikonmatte möglichst dünn streichen. Bei 65 Grad im Ofen vier bis sechs Stunden trocknen lassen. Zum Schluss die vollständig getrocknete Platte in grobe Stücke brechen – fertig ist der Magenträs­Schiefer.

Er schimmert rötlich, ist wunderbar fein gemahlen und duftet betörend nach Nelken, Zimt und Ingwer. Magenträs, auch unter der Bezeichnung Magentres­ sisch, Trietpulver, Träs oder Trietolt bekannt, ist ein Glarner Gewürzzucker, der vor allem Süssspeisen eine pikante Note verleiht. Kenner streuen Magen­ träs – der guten Bekömmlichkeit wegen – sogar aufs Butterbrot. Das Gewürzpulver wird zwar von einigen Zürcher und Schwyzer Apotheken zusammenge­ mischt, bekannt ist es aber vor allem als eine Spezia­ lität, die unter dem Markennamen Trietolt 2006 in das «Kulinarische Erbe der Schweiz» Einlass gefun­ den hat. Erfinder von Magenträs oder Trietolt ist ein gewisser Jean Landolt, Gründer der Glarner Gewürz­ mühle Landolt Hauser. Ende des 19. Jahrhunderts brachte er von einer Handelsreise den italienischen Gewürzmix Tratestivo mit nach Hause und überar­ beitete dessen Rezeptur. Seine Mischung aus Zucker, Sandelholz, Zimt, Vanille, Muskat, Nelken und Ing­ wer stellte er um 1900 als «Trietolt» seiner Kund­ schaft vor. Verkauft wird sie bis heute – hübsch ver­ packt in kleinen Retro­Tütchen und mit allerlei Re­ zepten. Frederik Jud ist Fan von Magenträs. Der

hiefer

frischgebackene Küchenchef vom Alterszentrum Bergli in Glarus liebt den Duft und den Geschmack des Gewürzzuckers. Und er findet, dass, wenn er schon privat und beruflich im Glarnerland zu Hause ist, eine Spezialität aus der Region auf seinen Des­ sertteller gehört. Berufskollegen, die ihren Süssspei­ sen eine besondere, nicht alltägliche Note verleihen wollen, empfiehlt er ein Magenträs­Meringue. Dünn und als Schiefersplitt gebrochen, passt die würzig­ exotische Knusperkomponente zu Erdbeervariatio­ nen: Gel, Spiegel oder auch Sorbet. In seinem Rezept namens «Glarner Frühlingserwachen» kombiniert er seinen Magenträs­Schiefer zudem mit einem Erd­ beer­Überraschungsei. Dabei nimmt er Milchscho­ koladenhalbschalen von Läderach, füllt sie mit Erd­ beercoulis und Erdbeermousse und überzieht die Eier mit einer Mischung aus Krokant und Schokolade. «Magenträs ist ein wunderbares Pulver», sagt Frederik Jud. Und weil er das Regionale und Liefe­ ranten aus der Gegend sowieso vorzieht, beziehe er bei Landolt und Hauser in Glarus gleich mehrere Gewürze und Mischungen. Frederik Jud ist immer neugierig. Und ehrgeizig. Neben seiner Tätigkeit in der Gemeinschaftsgastronomie misst er sich gerne mit Berufskollegen. Zuletzt wurde er mit dem Team vom Spital Lachen Vierter im Finale der SVG­Trophy. Ein Wettbewerb speziell für Köche aus der Spital­, Heim­ und Gemeinschaftsverpflegung. «Wer weiss», sagt er, «vielleicht gründe ich mein eigenes Team und nehme nochmals am Wettbewerb teil.» •

Frederik Jud Der 30­Jährige ist seit Kurzem Leiter Verpfle­ gung und Küchenchef im Alterszentrum Bergli in Glarus. Mit seinen acht Mitarbeitern verpflegt er täglich rund 100 Bewoh­ ner und bereitet zusätzlich 15 bis 20 Spitex­Essen zu. Vor seinem Wechsel nach Glarus arbeitete er zwei Jahre als Sous­chef im Spital Lachen und leitete dort die Diätküche. Frederik Jud ist gelernter Bäcker und Konditor mit Zusatzausbildung Koch und Diätkoch. Berufserfahrungen sam­ melte das Mitglied des Schweizer Kochverbands als Commis und Junior Sous­chef im Restaurant Roter Kamm in Zürich und als Sous­chef im Hotel Kerenzerberg. Seit 2013 ist er im Besitz des Chefkoch­Ausweises. Immer wieder nimmt er an Kochwettbewerben teil. Er gewann unter anderem Silber in der ZAGG­Kocharena und belegte vordere Plätze im «Junge Wilde»­Vorfinale sowie beim Marmite­ Youngster­Wettbewerb. 2015 wurde er jeweils Dritter bei «Junge Wilde» in Hamburg und «San Pellegrino Young Chef». Zudem stand er mit dem Team Spital Lachen im Finale der Swiss SVG Trophy.

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Sweet Dreams

t r ä s- S c Magen


Beste Rezepte

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Christoph Hunziker: der Beizer vom Schüpbärg Kochwettbewerbe bestimmten in den vergangenen Jahren das Leben des rastlosen Christoph Hunziker. Ein Finale jagte das andere. Nun widmet er sich in aller Ruhe seinem urgemütlichen Schüpbärg-Beizli im Berner Seeland, fernab jeder Hektik. bilder

Christoph Läser

TexT

Jörg Ruppelt

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S

tille, Wald und Wiesen ... Schüpberg im Berner See­ land ist genau der Ort, von dem man immer behauptet, hier würden sich Fuchs und Hase «Gute Nacht!» sa­ gen. 78 Seelen wohnen im kleinen Aussenweiler, ober­ halb des Dorfes Schüpfen. Ein gutes Dutzend Bauern­ häuser liegt verstreut in der Landschaft. Wenn es so etwas wie einen dörflichen Kern auf dem Schüpberg gibt, dann ist es die Schule, in der immerhin 16 Kin­ der unterrichtet werden. Und dann ist da die Dorf­ beiz. Das Schüpbärg­Beizli. Rustikal und urgemüt­ lich. Weit herum bekannt für seine währschafte Kost. Hanspeter und Susanne Brunner führten das Schüp­ bärg­Beizli mehr als 20 Jahre, bevor sie es vor zwei Jahren an ein junges Paar verkauften, das heute Tra­ ditionelles mit neuzeitlichem Kochen geschickt, zur Freude der vielen Stammgäste und zum Wohlgefallen von Gourmets aus Nah und Fern, zu verbinden weiss. Die Rede ist von Sarah Näf und Christoph Hun­ ziker. Sie ist die gute Seele, intelligent, offen, herzlich, mit Abschluss Masters of Science in Business Admi­ nistration und 80­Prozent­Job als Product Manager bei Kadi. Er ist der Patron, 34­jährig, eidgenössisch diplomierter Küchenchef, bodenständig und doch weltgewandt. Eine sympathische Saftwurzel, redse­ lig und immer ein Lachen im Gesicht. Hunziker ist auf dem Schüpberg nicht der Zugezogene, der fremde «Cheib», der womöglich alles auf den Kopf stellt, son­ dern einer, den man kennt, weil er den Schüpberg und sein Beizli schon als Kind besuchte und zusammen

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Sarah Näf, Christoph Hunziker und Lukas Schär. Letzterer ist Sous­chef von Christoph Hunziker und stand im dies­ jährigen Finale Bocuse d’Or Suisse.

mit Vater, Mutter und Geschwistern die dazumal schon besten Bratwürste weit und breit verdrückte. Hunziker ist ein Heimkehrer. Ein Schüpfe­ ner «Giel». Bauernsohn aus dem Aussendorf Ziegel­ ried, der einst auszog, um das Kochhandwerk zu ler­ nen, der als Stift und Besucher die pompöse und fas­ zinierende Welt eines «Bocuse d’Or» live miterleben durfte und es 15 Jahre später tasächlich als Finalist auf die grosse Bühne nach Lyon schaffte und aller Welt beweisen konnte, was er drauf hat. Heute sind es Ruhe und Beschaulichkeit, die ihn und seine Partne­ rin auf dem Schüpberg glücklich machen. «Wenn der letzte Gast gegangen ist und ich spätabends vor die Türe gehe, denke ich oft, läck, ist das schön hier», sagt Christoph Hunziker. «Nicht einfach Gutes, sondern das Einfache be­ sonders gut.» Das Motto der Vorgänger ist auch jenes der Neubesitzer. Die Schüpbärg­Beizli­Karte listet wenige, dafür ausschliesslich aus frischen saisona­ len und regionalen Produkten zubereitete Gerichte auf. Hunziker kocht noch jede Woche rund 50 Kilo­ gramm Knochen für seinen Jus aus. Convenience macht er selber. Etwa Zwetschgen­ oder Apfelgelee mit Zimt oder Goldmelissensirup, den die Gäste mit nach Hause nehmen können. Alle fünf bis sechs Wochen passt Christoph Hun­ ziker sein Angebot an. Immer auf der Schüpbärg­ Karte stehen die Klassiker. 1566 Cordon bleu und 823 Portionen Leberli mit Rösti schickten er und sein klei­ nes Küchenteam im ersten Jahr. Dazu kommen 1252 Portionen Fondue, 2278 Teller mit Blattsalat und 943 mit Nüsslisalat. 974 Bons gingen auf das Emp­ fehlungsmenü. So etwas wie eine Hommage an seine Kochwettbewerbszeit ist dieses Geniessermenü. 95 Franken kosten die sechs Gänge. Zuletzt servierte er einen Gewürzsalat mit Belper Knolle, Geschmor­ tes vom Kalbs­Rosenstück, gebratenen Frutiger Stör auf Buchweizenblinis und – weil es sich für ihn ge­ hört, nicht nur auf Edelstücke zu setzen – Zweierlei vom Winzerschwein: Filet und Schweinsfusspraline. Für das Dessert und die hausgemachten Schüpbärg­

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Christoph Hunziker «Es gibt Kollegen, die holen sich ihre Anerken­ nung über Punkte und Sterne. Ich habe mir das über Koch­ wettbewerbe erkämpft.»


Das geschmackvoll eingerichtete Schüpbärg­Beizli oberhalb Schüpfens (BE) bietet maximal 65 Gästen Platz.

Pralinen ist sein Pâtissier und Sous­chef Lukas Schär zuständig. Er steuert zum Menü eine Ananas­Quark­ Schnitte mit Passionsfrucht­Espuma und Kokos­ nussglace bei. Punkte und Sterne waren noch nie Christoph Hunzikers Ding. Respekt und Anerkennung habe er sich in seiner bisherigen Berufskarriere immer über Kochwettbewerbe geholt, sagt er. Und davon gab es ei­ nige. Aber der Reihe nach. Koch lernte er unter Hans­ ruedi Mosimann im Restaurant Mosimann’s Har­ dern Pintli in Lyss. «Eine super Zeit», erinnert sich Christoph Hunziker und betont, dass er es heute sei­ nem Lehrmeister nachmache. «Hansruedi war for­ dernd, gab aber auch viel zurück. Von ihm lernte ich nicht nur kochen, sondern auch geschäften!» In der Ausbildungszeit kommt er das erste Mal mit Koch­ kunst in Berührung. Armin Fuchs, sein damaliger Berufsschulleh­ rer, nimmt ihn mit an ein Bocuse­d’Or­Finale. Die zwei haben zwar das Heu (noch) nicht auf der glei­ chen Bühne, aber Christoph Hunziker ist begeistert von der Atmosphäre dieses Wettbewerbs. Sich selbst einmal mit Berufskollegen zu messen, ist fortan sein Traum. Aber er lässt sich noch Zeit. Nach der Rekru­

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tenschule folgen diverse Stellen als Jungkoch und Chef de partie. 2004 kocht er für zwei Wintersai­ sons im noblen Palace in Gstaad. 2006 kehrt er zu sei­ nem Lehrbetrieb Hardern Pintli zurück und ist Sous­ chef von Hansruedi Mosimann. Noch im selben Jahr wechselt er als Chef de partie in die Stiftung Siloah in Gümligen. Gleichzeitig bildet er sich vor Ort zum Di­ ätkoch weiter. 2007 geht er zu Dominic Bucher ins Hotel­Res­ taurant Worbenbad nach Worben. Dort ist er zweiter Küchenchef und bewirbt sich das erste Mal um die Teilnahme an einem Kochwettbewerb. Den Einzug ins Swiss­Culinary­Cup­Finale verpasst er knapp, genauso wie zwei Jahre später 2009, als er bereits sei­ nen ersten Küchenchef­Posten innehat, und zwar im Altersheim­Restaurant Schärmehof in Thun. Chris­ toph Hunziker lässt nicht locker. 2010 holt er als Ein­ zelaussteller Gold an der ZAGG in Luzern und zieht im selben Jahr und 2011 ins SCC­Finale ein. Beide Male wird er Vierter. Mittlerweile hat er Blut geleckt. Er reicht wei­ ter Rezepte ein und wird für sein Kämpferherz, aber auch sein Talent belohnt. 2012 wird er Zweiter an der Sélection Bocuse d’Or und beim Goldenen Koch von Kadi. Beim Prix Joseph Favre erkocht er Bronze. Zwei Jahre später folgt dann sein grosser Triumph: Er gewinnt die Schweizer Bocuse d’Or­Ausscheidung und zieht ins Europa­Finale in Stockholm ein. Als Zwölftplatzierter erhält er einen Platz im grossen Bo­ cuse d’Or­Finale 2015 in Lyon. Zu diesem Zeitpunkt ist er schon im Schüpbärg­Beizli, «chrampft» im ei­ genen Betrieb und bereitet sich an seinem freien Tag auf das Finale vor. Die Schufterei ist für ihn Lust und keine Last. Die Stars Benôit Violier und Franck Gio­ vannini stehen ihm in Crissier zur Seite. «Eine tolle Erfahrung und Ehre für mich», sagt Christoph Hun­ ziker. Stolz ist er auch, dass Franck Giovannini ihn im Schüpbärg­Beizli besuchen kommt. In Lyon coacht und betreut ihn sein alter Berufs­ schullehrer Armin Fuchs, mit dem er mittlerweile freundschaftlich verbunden ist. Er wird Sechzehnter. Eine respektable Platzierung angesichts der Tatsache, dass andere Finalisten tagtäglich in ihren Betrieben auf GaultMillau­Niveau kochten oder sich nahezu 100 Prozent den Vorbereitungen widmen konnten. Er hingegen hatte sich auch noch um seinen neu erwor­ benen Betrieb zu kümmern. Lyon nicht genug, meldet er sich noch einmal für den Goldenen­Koch­Wettbewerb an – schafft es ins Finale und wird Dritter. Diese Bronzemedaille ist die – vorerst – letzte Notierung in der langen Wettbe­ werbsliste von Christoph Hunziker. Noch ein Wett­ kochen brauche er im Moment nicht, sagt er. Zum to­ talen Glück fehle ihm eigentlich nur noch eins – die Hochzeit mit seiner langjährigen Partnerin Sarah Näf. Und die holt er im Sommer dieses Jahres nach. •


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Für vier Personen

Frutiger Stör auf Fenchel-Safran Allerlei mit Agrumenfilet und Bielersee-Weinsauce

Stör: 400 g Störfilet 1 x Salz und Pfeffer wenig Currypulver 10 g Olivenöl 2 EL Erdnussöl 10 g Butter Fenchel: 380 g Fenchel gerüstet 20 g Essschalotten 2 g Knoblauch 20 g Butter 4–7 dl Hühnerfonds wenig Safranfäden und ­pulver 1 x abschmecken Sauce: 1 dl Fischfonds 1 dl Weisswein wenig Noilly Prat 1 dl Rahm

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vorspeise

20 g Schalotten 2 Stück Champignons 120 g Butter 1 x abschmecken Agrumenfilet: 1 Stück Grapefruit rosa 1 Stück Orange Zubereitung Stör: Den Stör in acht gleiche Stücke schneiden. Mit Salz, Curry und Oliven­ öl marinieren. Erdnussöl erhitzen, But­ ter dazugeben bis nussig, Stör dazuge­ ben und unter Salamander glasig garen. Fenchel: Fenchel in feine Streifen schneiden, mit Essschalotten und Knoblauch in Butter andünsten. Safran dazugeben. Mit Hühnerfonds nach und nach ablöschen und weichkochen, ab­ schmecken, Salz und Pfeffer. Sauce: Champignons und Essschalot­ ten klein schneiden, in 1/ 3 der Butter an­ dünsten. Mit Fischfonds ablöschen und zur Hälfte reduzieren. Weisswein da­ zugeben und wiederum zur Hälfte re­ duzieren. Rahm beigeben, bis zur ge­ wünschten Konsistenz einreduzieren und passieren, mit Noilly Prat und dem Rest der Butter aufmixen. Agrumenfilet: Die Zitrusfrüchte filetieren.

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Für vier Personen

Kalbshaxenragout: 400 g Kalbshaxenfleisch ohne Knochen 50 g Marktgemüse (Zwiebel, Sellerie, Karotten)

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2 EL Erdnussöl 1 dl Weisswein (Bielersee) 1

/2 EL Tomatenmark

2–3 dl Kalbsfonds 1 x Gewürze, Lorbeer, Thymian 1 dl Portwein Filet: 380 g Kalbsfilet Thymianzweig wenig gebrochenen schwarzen Pfeffer 2 EL Olivenöl 2 EL Erdnussöl 30 g Butter

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1 x Salz Zubereitung Ragout: Das Kalbshaxenfleisch im Schmortopf im Erdnussöl anbraten. Das Röstgemüse und das Tomaten­ püree beigeben. Zwei­ bis dreimal mit Wasser ablöschen und einreduzieren, danach mit Wein und Kalbsfonds auf­ füllen, Gewürze beigeben. Zugedeckt ca. 1–11/ 2 Stunden im Ofen weich­ schmoren. Das Fleisch ausstechen und abkalten lassen. Danach in gleichmässi­ ge Würfel schneiden. Die Sauce pas­ sieren, kaltstellen und abfetten. Port­ wein mit dem abgefetteten Schmorjus zur gewünschten Konsistenz einkochen (evtl. etwas mit Stärke binden). Filet: Das Kalbsfilet mit gebroche­ nem Pfeffer, Thymian und Oliven­ öl marinieren. Das Ganze satt in Klarsichtfolie wickeln, in einen koch­ festen Vakuumbeutel geben, vaku­ umieren. Im Wasserbad bei 65 °C ca. 35–50 Min. Kerntemperatur 63 °C ga­ ren. Aus dem Beutel nehmen, mit Pa­ pier abtupfen und würzen. Rundhe­ rum scharf anbraten, mit Butter und Thymian arosieren.

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hauptgang

Zweierlei vom Seeländer-Kalb Niedertemperaturgegartes Kalbsfilet und geschmortes Kalbshaxenragout, serviert mit Kartoffelstock und Marktgemüse


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Für vier Personen

Quarkschnitte Himbeere: 125 g Zuckerteig 1 x Rouladenbisquit 1 cm dick 100 g Früchtepüree (Boison) Himbeere 50 g Quark 100 g Rahm geschlagen 50 g Zucker 3 g Gelatine (einweichen) Himbeergel: 650 g Himbeerpüree (ohne Kerne) 150 g Zucker etwas Zitronensaft

Beste Rezepte

8 g Agar­Agar Quarkschnitte Himbeere: Früchte­ püree mit Zucker aufkochen. Einge­ weichte Gelatine beigeben, gut rühren, kaltstellen. Währendessen Zuckerteig auswallen und rund ausstechen (ca. 5 cm Durchmesser), backen bei 175 °C, fünf bis sieben Minuten. Rouladenbis­ quit ebenfalls ausstechen. Den geba­ ckenen Zuckerteig mit etwas Früchte­ gelee bestreichen und das Rouladen­ bisquit daraufsetzen. Das Ganze in eine mit Backpapier ausgelegte Zylinder­ form (ca. 6 cm hoch) geben. Wenn die Püreemasse handwarm ist, den Quark dazugeben und verrühren. Am Schluss den Schlagrahm schön weissmelieren und sofort in die Zylinderformen abfül­ len. Kaltstellen und nach ca. fünf Stun­ den ausformen.

dessert

Quarkschnitte Himbeere, Himbeergel und Schokoladennuss-Crumble, hausgemachte Glace

Himbeergel: Himbeerpüree, Zucker und Zitronensaft aufkochen. Agar­ Agar beigeben und ca. zwei Minuten mitkochen. Das Ganze kaltstellen, bis es völlig durchgeliert ist. Alles in einen Mixer mit hoher Drehzahl geben und bei voller Stufe durchmixen. Durch ein feines Seib passieren und in Pipetten abfüllen. Bemerkung: Ein Gel für nur 4 Personen herzustellen, ist fast unmöglich, da es eine gewisse Menge zum Mixen braucht.

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Hinz und Kunz, Basel

Jura Superstition Whisky, Rum Coruba 12 und Maker’s Mark – Daniel Mumenthaler und Pascal Kunz von der Basler Bar Hinz und Kunz haben damit neue Drinks kreiert. bilder

zVg, Claudia Link

TexT

Ruth marending

Die Bartheke

Bartheke

Klassiker neu interpretiert

Die Geschichte des Jura Supersti­ tion Whisky beginnt 1810, als Guts­ herr Archibald Campbell auf der Isle of Jura an der Westküste Schottlands die erste und bis heute einzige Destil­ lerie in Betrieb nahm. Einer Legende nach hatte das Whiskybrennen auf der Insel schon lange davor Tradition. Die Bewohner, auf Gälisch Duirachs genannt, sollen seit jeher den Jura­ Whisky hergestellt haben. Als Campbell die Produktion auf­ nahm, wählte er für seinen Betrieb das kleine Dorf Craighouse. Das Wasser für seinen Whisky bezog er von der dortigen Inselquelle Bhaille Mharghaidh. Doch der campbellsche Erfolg sollte von kurzer Dauer sein. Bereits in der nächsten Generation musste der Betrieb eingestellt wer­ den. Seit Mitte der 1990er­Jahre ist die Destillerie wieder in Betrieb und verhilft dem typischen, leicht getorf­ ten Jura Single Malt Isle of Jura zu neuer Stärke.

Man schrieb das Jahr 1889, als sich der Basler Handlungsreisende Ru­ dolf Waeckerlin auf Jamaica als Rumhersteller selbständig machte. Die Marke Coruba ist eine Abkür­ zung für Compagnie Rhumière de Bâle. Nachdem Jamaika 1962 unab­ hängig wurde, zog sich die Familie Waeckerlin zurück. Das Unterneh­ men ging an den Rumhersteller Wray & Nephew über. Waeckerlin, aus Ja­ maica zurückgekehrt, sicherte sich aber weiterhin die Rechte der Marke. Im tropischen Klima der Karibik un­ terliegt die Maische für den Coruba­ Rum einer stürmischen Gärung. Nach dem Brennvorgang lagert die Spirituose über mehrere Jahre in Ei­ chenholzfässern, bevor sie auf Trink­ stärke herabgesetzt wird. Das Blen­ ding findet bis heute in der Basler Rum Company statt, die zur Haecky­ Gruppe gehört. Eine besondere Edi­ tion ist der Coruba 12 Years Cigar.

Verwendung

Pur bei Zimmertemperatur oder in raffinierten Rum-Cocktails.

Pur, mit wenig Wasser oder als Cocktailzutat.

72

Verwendung

Maker’s Mark ist ein ungewöhnlicher Kentucky Straight Bourbon Whisky, der heute zur Jim­Beam­Gruppe ge­ hört. Er wird seit 1959 in der Maker’s­ Mark­Brennerei produziert, deren Wurzeln bis ins Jahr 1889 zurückge­ hen. Die Rezeptur entwickelte Bill Samuels senior zusammen mit Pappy van Winkle, der als erster in grösse­ rem Stil Bourbon mit Weizenmai­ sche produzierte. Für den Maker’s Mark wurde das schottische Familienrezept stark verändert. Samuels war dieses zu we­ nig würzig und zu wenig raffiniert. Statt wie in Kentucky üblich Roggen wird roter Winterweizen verwendet. In Handarbeit entsteht so der volle, weiche Geschmack mit einem kom­ plexen Aroma von Holz und Nelken. Der Abgang ist lang, reich und warm. Amerikas einziger Bourbon, der nur in kleinen Mengen von jeweils 19 Fass und in der traditionellen Sour­Mash­ Methode hergestellt wird. Verwendung Pur, on the Rocks oder als Cocktailzutat.


Die Barkeeper Daniel mumenthaler und Pascal Kunz sind zwei versierte Barkeeper, die vor anderthalb Jahren in der Basler Markthalle die Bar Hinz und Kunz eröffnet haben. Für das Hotellerie Gastronomie Magazin haben sie mit drei klassi­ schen Spirituosen drei mo­ derne Rezepte kreiert. Mehr zur Bar und über die Barkeeper lesen Sie auf der nachfolgenden Seite.

Smoky Martini

Haecky Drink & Wine Haecky Import AG Duggingerstrasse 15 4153 Reinach www.haecky.ch

5 cl

Coruba Cigar Rum

5 cl

Zuckersirup

1 cl

1 cl

Pierre Ferrand Dry Curaçao

Beluga Transatlantic Vodka

1,5 cl

Jura Prophecy Whisky

2 dashes Orange Bitter

0,5 BL

Noilly Prat

2 cl

Limettensaft

/2

Limette

1

Zubereitung Viel Eis in ein Rührglas geben. Alle Zutaten beimischen und verrühren. Danach ins vor­ gekühlte Cocktailglas geben.

Dieser Whisky mit einer kräftigintensiven Mahagoni-Farbe ist der rauchigste Jura der Classic Range. Sein Geschmack erinnert an Pinien, Honig und Kastanie. Unaufdringliche Noten von Marzipan und dunkler Schokolade zeichnen ihn aus. Durch die jahrelange Lagerung ist er weich im Abgang mit grosszügigem Rauch und maritimem Charakter im Nachklang.

Mint Julep

1 cl

5 cl

Eigenschaften von ... Jura Prophecy Whisky

Kontakt

J.A.M.

Zubereitung Alle Zutaten in den mit Eis gefüllten Shaker geben. Gut schütteln und in einen Tumbler abseihen. Mit einem Limettenrad und einer Kirsche dekorieren. Eigenschaften von ... Coruba Cigar Rum 12 years Der Coruba Cigar Rum besticht mit seinem kräftig-strahlenden Braunton. Neben seiner jamaikanischen Kraft hat er durchaus auch eine sanfte Seite mit Noten von Vanille, Kaffee, Schokolade und Tabak. Begleitet von schönen Holztönen dank den mit Holzstücken befüllten Maischebottichen.

Die Bartheke

1 2 3

Maker’s Mark Zuckersirup Pfefferminze Limetten Kirsche

Zubereitung Minze und Maker’s Mark in den Becher geben und lang­ sam und geduldig miteinander vermengen. Anschliessend mit Crushed Ice auffüllen. Mit Minzenblättern, einem Limettenviertel und einer Kir­ sche dekorieren. Eigenschaften von ... maker’s mark Seine Farbe erinnert an Bernstein. Der Duft ist reich und buttrig in der Nase, mit schönen Anklängen von Rosine und Honig, sein Geschmack filigran und kräftig. Die ausgewogenen Holztöne harmonieren mit schönen Fruchtund Waldhonignoten.

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Die Bar mit rund 500 Spirituosen

Die Bartheke

Unter der Kuppel der Basler Markthalle sorgen seit anderthalb Jahren Daniel Mumenthaler und Pascal Kunz mit ihrer Bar Hinz und Kunz für Furore.

ker und Eigenkreationen, die sie in der 32­seitigen Barkarte präsentieren. Bei der Produkteauswahl set­ zen die beiden nicht auf «have to have», sondern auf Einzigartigkeit, Besonderheit und Qualität. Auch die anderen Zutaten werden sorgfältig ausgewählt: «Wir arbeiten mit frischen Produkten», sagen die beiden. Pro Woche verarbeiten sie 25 Kilogramm Limetten, zehnKilogrammZitronen,zehnKilogrammOrangen, 1,5 Kilogramm Basilikum und sechs Kilogramm Pfef­ ferminze für ihre Drinks. Kennengelernt haben sich Daniel Mumenthaler und Pascal Kunz – wie könnte es anders sein? – in der Barszene. Während der letzten Jahre schworen sich die beiden, die längst Freunde geworden waren, im­ mer wieder: Eines Tages werden wir gemeinsam eine Bar eröffnen. Um diesen Traum verwirklichen zu können, handelten die beiden einen Deal aus. «Wir hatten eine klare Aufteilung», erinnert sich Pascal Kunz. Mumenthaler sollte für den Spirituosen­Stock sparen, Kunz für das Mobiliar. Als der Traum von der eigenen Bar in greifbare Nähe rückte, wussten sie: «Wir sind auf keine Bank angewiesen, wir können alles aus der eigenen Tasche berappen.» Konkret wurde ihr Traum, als die Basler Markt­ halle gezielt auf mehr gastronomische Angebote setzte. Sie ergatterten eine Lokalität unter der gros­ sen, denkmalgeschützten Kuppel. «Wir wären lie­ ber in einem Aussenraum gewesen, wo uns Passan­ Daniel Mumenthaler und Pascal Kunz haben sich mit ihrer Bar Hinz und Kunz einen Lebenstraum verwirklicht. ten hätten sehen können», so die beiden. Doch dieser Nachteil ist längst zum Vorteil geworden: «Unsere Bar hat 80 Sitzplätze. Oft haben wir mehr Gäste, die dann draussen in der gedeckten Halle Platz finden.» Die Bar selbst fällt durch ihre Zweiteilung auf. Hinz und Kunz – passender könnte ein Barname nicht Der vordere Raumteil ist im Stil einer amerikani­ bild sein. Hinz und Kunz, volkstümlich gebraucht für je­ schen Bar mit einer langen Theke, Bistrobestuhlung Claudia Link dermann, ist nicht nur die Bezeichnung der Bar in der und Spirituosenwand eingerichtet, der hintere Teil Basler Markthalle, sondern auch das Konzept: ein Ort erinnert an die Kolonioalzeit mit schweren Holz­ TexT für alle. Die beiden Betreiber, Daniel Mumenthaler möbeln und tiefen Lederfauteuils. «Viele Gäste ha­ Ruth marending und Pascal Kunz, haben den Namen deshalb bewusst ben von aussen das Gefühl, es seien zwei Bars.» Zwei gewählt – natürlich mit der Anfangsidee, dass der Bars, die für jedermann sind. Eben für Hinz und eine der beiden tatsächlich Kunz heisst. «Ich bin für Kunz. Die Redewendung geht übrigens auf die deut­ viele unserer Gäste deshalb der Hinz», sagt Daniel schen Herrscher zurück, die oftmals Heinrich (kurz Hinz) und Konrad (kurz Kunz) hiessen. Weil die Mumenthaler mit einem Schmunzeln. Wenn die beiden Barkeeper von ihren Spiri­ Untertanen ihre Kinder nach den Herrschaften be­ tuosen und ihren Cocktails reden, geraten sie ins nannten, waren die beiden Namen stark verbreitet. Schwärmen. Kein Wunder. Insgesamt bieten sie Und alles hiess zu jener Zeit: Hinz und Kunz. • 500 verschiedene Spirituosen an, davon 223 Whis­ kys, 90 Rums und 53 Gins. Daraus mixen sie Klassi­

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Barmixtipp von Thomas Huhn

Barbuch

Bei der Überlegung, welches Konzept man für das Buch an­ wenden wollte, drehte sich alles um das «How and Why?». Dieses simple und doch sehr geniale Konzept gibt einen Überblick über Passion und Leidenschaft eines Bartenders. Bestehend aus fünf sehr unterschiedlichen Ka­ piteln wird zum Beispiel erklärt, was es alles braucht, um eine ambitionierte Bar zu führen oder wie die Arbeitstechniken zur perfekten Cocktailzubereitung sind. Die Signature Cocktails der Bar werden in einem Cocktail­ register mit über 500 Rezepten aufgeführt. Hier wird die Bandbreite der Cocktailkultur deutlich. Ein Buch, das Bartending der Neuzeit für mich auf den Punkt bringt und als grossartiges Nachschlagewerk für neue Cocktailideen dient. Mein Urteil: sehr empfehlenswert ...

Death and Co, Modern Classic Cocktails Verlag: Ten Speed Press ISBN 978­1607745259 Sprache: Englisch Autor: David Kaplan, Nick Fauchald Preis: ca. CHF 35

Martinez

In Zusammenarbeit mit der Bar Academy Für die Rubrik Bartheke im Hotellerie Gastronomie Magazin konnte der renommierte Barkeeper Thomas Huhn, Director Bar Academy, gewonnen werden. Thomas Huhn schlägt jeweils ein spannendes Barbuch und den Mixtipp eines zeitlosen Klassikers vor. Die Bar Academy, Ausbildungsstätte der Swiss Barkeeper Union, hat sich zum Ziel gemacht, den Nachwuchs und gestandene Berufsleute aus­ und weiterzubilden. Huhn steht seit 2007 der Bar im Grand Hotel Les Trois Rois vor.

75

Die Bartheke

Das Buch «Death and Co, Mo­ dern Classic Cocktails» inspiriert die nächste Generation der Barkeeper und gibt uns einen Einblick hinter die Kulissen der gleichnamigen Bar in New York, die seit ihrer Eröffnung 2006 schon mehrfach mit verschie­ denen internationalen Awards ausgezeichnet wurde.

Der Martinez nimmt uns mit Der Martinez gilt als Gross­ auf eine Reise in die Vergan­ vater des trockenen Martini genheit, in die Entstehungs­ Cocktails und wurde als Man­ zeit vieler Cocktailklassi­ hattan mit Gin statt Whisky ker im Amerika des späten beschrieben. Auch die Weiter­ 19. Jahrhunderts. Zu dieser entwicklung zum Dry Marti­ Zeit war Wermut bereits welt­ ni Cocktail wurde durch das bekannt und in vielen Cock­ Aufkommen des sogenannten tailrezepten vertreten. Die London Dry Gins, also einer Marke Martini zum Beispiel trockenen ungesüssten Va­ verfügte bereits über Nieder­ riante, und der Kombination lassungen in wichtigen Han­ mit einem trockenen Wermut Glas: Cocktailglas delsmetropolen wie Buenos nachvollziehbar. 3 cl Gin Aires, Barcelona oder auch Viele Jahre später wird der 6 cl roter Wermut Martinez in vielen Bars wie­ Genf. 1 BL Maraschino derentdeckt, zumal die bei­ Wermut (engl. Vermouth) 2 dashes Angostura Bitters den Hauptkomponenten po­ ist ein mit Kräutern, Früch­ pulärer denn je sind. Vor al­ ten und Gewürzen versetz­ Zubereitung ter Wein, der durch die Zugabe lem Wermut hat in den letzten von Alkohol leicht angereichert Jahren eine wahre Renais­ Alle Zutaten auf Eiswürfel verrühren und ins vorgekühlte sance erlebt. Neue Produk­ wird und so seine längere Halt­ Gästeglas absieben. Mit Zitro­ te drängen auf den Markt und barkeit erhält. Erfunden wur­ nenzeste abspritzen. de Wermut 1786 in Turin von machen es Barkeepern einfach, Antonio Benedetto Carpano neue Drinks zu kreieren. Gera­ Dieses Originalrezept von 1887 lässt sich für den heuti­ und hat heute in der Regel ei­ de diese Produktvielfalt macht gen Geschmack abändern: nen Alkoholgehalt zwischen es spannend und lässt Klassi­ doppelt so viel Gin, halb so 14,5 und 22 Volumenprozenten. ker in ganz neuem Licht und ei­ viel Wermut. Vorgeschrieben zur Aromati­ nem veränderten Geschmack sierung dieser Weine ist einzig die Artemesia, erscheinen. Möchte man ältere Rezepturen eine Pflanzengattung, zu der auch das namens­ nachmixen, ist zu bedenken, dass man einen gebende Wermutkraut gehört. Übliche weitere Old Tom Gin einsetzt, also einen gesüssten Gin Zutaten sind Zimt, Nelken, Sternanis, Vanille, mit Zuckersirup, da die trockenen Vertreter zu Muskat, Zitrusschalen und viele andere. diesem Zeitpunkt noch nicht so populär waren. Claudia Link

Modern Classic Cocktails


Es geht auch ohne Entenleber Ein Argentinier bringt den luxusverwöhnten Gästen der Côte d’Azur Nachhaltigkeit und Achtsamkeit näher.

bilder

Eduardo Torres

TexT

Bernadette Bissig

Mauro Colagreco

Statt Kaviar und Hummer tischt Mauro Cola­ greco in seinem mit zwei Michelin­Sternen dotierten Restaurant Mirazur in Menton unbe­ kannte Fische und saisonales Gemüse aus der Region auf. Das passt mitunter nicht allen Gäs­ ten, die in Spitzenlokalen immer noch zwingend Luxusprodukte erwarten. «Da ist jeweils viel Auf­ klärung gefragt. Zuweilen ist das ganz schön harte Arbeit», erklärt der 40­jährige gebürtige Argen­ tinier mit italienischen Wurzeln, der vorletztes Jahr auf der San­Pellegrino­Liste von Platz 28 auf Platz 11 vorgerückt ist. In seinem Restaurant zelebriert er, der «pour le plaisir» kocht und nicht für Gourmetfibeln und Kritiker, eine sogenannte «New natural»­Kü­ che. Dafür veredelt er Produkte aus der Region zu kreativen, avantgardistischen Gerichten. Und Menton hat viele Leckerbissen zu bieten. Einer­ seits ist die Stadt, die an Italien grenzt, von itali­ enischen Einflüssen geprägt, andererseits ist die kulinarische Vielfalt Frankreichs allgegenwär­ tig. Das fruchtbare Hinterland der Côte d’A zur ist eine reichhaltige Speisekammer, das Meer vor der Haustür bietet Fische und Meeresfrüchte in Hülle und Fülle.

Kollagen aus dem Meer

Das Gericht «Calamar con Bagna Cauda» vereint Meer und Land.

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Die Meerestiere bezieht der Sternekoch von ei­ nem Fischer aus Menton, der nachhaltigen Fisch­ fang betreibt. Mauro Colagreco übernimmt von ihm beinahe den gesamten Fang. Dabei verarbei­ tet er mit seinem Team noch das kleinste Fisch­ chen, nichts geht als Beifang ins Meer zurück, wie das bei grossen Fischereiunternehmen üblich ist. Und aus ebendiesem Beifang gewinnt er Kol­ lagen, ein faseriges Bindegewebsmolekül. Dieses


Der Spitzenkoch Mauro Colagreco betreibt im «Mirazur» in Menton an der Côte d’Azur seit neun Jahren eine hochstehende avantgardistische Küche. Davor verdiente er sich seine Sporen bei grossen französischen Köchen wie etwa Alain Passard, Alain Ducasse und Guy Martin ab.

kontakt Restaurant Mirazur 30, avenue Aristide Briand 06500 Menton Frankreich www.mirazur.fr

Protein setzt er als Gelatine, als Klebstoff oder als zugrenzen.» Doch zumindest will er so viel wie Emulgator ein. Die Gelatine gewinnt er beispiels­ möglich zu einem vernünftigeren Umgang mit weise aus einer Bouillabaisse, die er mindestens Lebensmitteln beitragen. «Wir gehen viel zu zwei Stunden angesetzt hat. Damit lässt er eine nachlässig mit unseren Ressourcen um und reali­ Brühe aus ausgekochten Garnelenköpfen fest sieren nicht, dass in unserer direkten Umgebung werden. Diese serviert er mit konfierten Garnelen, grosses Potenzial liegt.» Dieses müsse man nur zu einer kleinen Dorade aus dem Beifang, Salicornia nutzen wissen. und Borretschblüten. «Die Blüten schmecken nach Jod und Salz und runden dieses Gericht Ein Traumgarten vor der Haustür perfekt ab.» Den Klebstoff­Effekt lässt er im Falle eines Und genau dies tut der Spitzenkoch. Er bewirt­ Calamare zum Zug kommen. Dazu schneidet er schaftet mit einer Gärtnerin und einem Gärtner ein Rechteck von ungefähr fünfzehn auf zwei rund um sein Restaurant Mirazur zwei Gärten, Zentimeter in ganz feine Streifen, gibt dieses kurz wo er neben vielem anderen die ganze Palette an in den Tiefkühler, brät es in der Pfanne kurz an Zitrusfrüchten, über 250 Kräuter und gut 40 To­ und gibt es danach in den Ofen. Dazu serviert er matensorten kultiviert. «Die Köche helfen je­ Bagna Cauda, eine piemontesische Sauce aus Oli­ weils bei der Ernte mit», sagt Mauro Colagreco. venöl, Knoblauch und Sardellen, Artischocken­ «Mit dem Garten können wir 40 Prozent unse­ puree, mit Tintenfisch gefärbte Reischips, gebra­ res Bedarfs an Gemüse, Obst und Kräutern ab­ decken. Einfach in den Engrosmarkt zu fahren, tene Artischocken und Pimpernelle. wäre natürlich viel günstiger.» Doch das würde nicht seiner Philosophie entsprechen. Das restli­ Grosses brachliegendes Potenzial che Obst und Gemüse bezieht er von kleinen Be­ Eine emulgierende Wirkung entfaltet das Kol­ trieben aus der Region. «Viele dieser Kleinstun­ lagen bei einem Gericht aus Kabeljau­Innereien, ternehmen sind Familienbetriebe. Es gibt nichts Kichererbsen, Venusmuscheln, Meeresschnecken Besseres: Das Wissen wird von Generation zu Ge­ und Garnelen. Dabei lösen sich die Kabeljau­Inne­ neration weitergegeben, und so handeln die Bau­ reien gänzlich auf und der Eintopf entwickelt eine ern nach ethischen Grundsätzen.» sämige Konsistenz. «Das gibt ein ganz einfaches, Und genau diese Ethik müsse auch bei Köchen sehr schmackhaftes Gericht, das ich jeweils mit zu einem Thema werden: «Wir haben eine grosse Blüten dekoriert serviere», sagt der Spitzenkoch. Verantwortung. Wir müssen das Vertrauen, das Mit seinem Engagement für Nachhaltig­ uns die Gäste schenken, erfüllen. Zu 100 Prozent keit will Mauro Colagreco nicht nur seine Gäste und jederzeit.» • für einen achtsamen Umgang mit den Ressour­ cen sensibilisieren, sondern möglichst viele Men­ Mauro Colagreco war einer der neun Spitzenköche an der letztjährigen Chefalps im StageOne in Zürich-Oerlikon. schen. «Als Gastronom bin ich Teil des Systems Der diesjährige International Cooking Summit findet am und demzufolge ist es schwierig mich davon ab­ 22. und 23. Mai statt. Weitere Infos zum Anlass ab Seite 84.

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Mauro Colagreco

Alles aus dem eigenen Garten: Chiogga­Randen, Rettich und Radieschen.


Cave

die Weinkolumne von Gabriel Tinguely

Eichengeschmack – Holz(-Aromen) im Dienst des Weins Cave

80 Jahre divo

Gabriel Tinguely

Die Mischung von Fässern unterschiedlicher Herkunft und Röstung sorgt für Komplexität im Wein.

Für einmal beginnt unsere Weingeschichte in der Küche: Fisch oder Fleisch in Sojasauce zu marinieren, ist nichts Aussergewöhnliches. Dass Kakao einer dunklen Sauce Glanz verleiht, gilt als offenes Geheimnis. Pfeffer, ob weiss oder schwarz, zählt zu den beliebtesten Gewürzen und Süssspeisen ohne Vanille sind kaum vor­ stellbar. Kreative Köche setzen selbst Heu, Ta­ bak, Tee oder Rauch zum Würzen ihrer Speisen ein. Dazu kommen zahlreiche weitere Aromen, die in der Küche geschätzt werden, wie etwa Gewürznelken, Honig, Mandeln, Röstbrot oder Kaffee – und die kommen alle auch im Wein vor. Genauer gesagt in Wein aus dem Barrique, dem kleinen Eichenholzfass. Der Geruch von Eiche,

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schreibt Önologe und Parfümeur Richard Pfis­ ter in seinem Buch «Les parfums du vin», liege Aufgrund seiner Komponenten nahe bei dem von Bittermandeln, Kaffee, Karamell, Bienen­ wachs, Milchschokolade, Kork (ein gesunder Kork, nicht der mit dem Stinker), Eichenmoos, Sandelholz, Torf und Vanille. Das liegt am Vanil­ lin. Nebst Vanille und Eiche enthalten auch Bie­ nenwachs, Eichenmoos, Kork, Kaffee, Schoko­ lade sowie Ananas und Erdbeeren gewisse Men­ gen an Vanillin. Pfeffer­Erdbeeren mit Vanilleeis und Schokostreuseln müssten – rein theoretisch – optimal mit rotem Bordeaux harmonieren. Tun sie aber vermutlich nicht. (Die Erdbeersaison hat noch nicht begonnen, wir verschieben die Probe

Der Weinclub Divo – die Kurzform für Défense et Il­ lustration des Vins d’Origine – wurde im Jahr 1936 vom Genfer Literaten und Jour­ nalisten Constant Bourquin gegründet. Sein Ziel war die Promotion von authentischen und vornehmen Terroirwei­ nen, Ausdruck der Kultur eines Ortes sowie der Passion und des Savoir­faire ihrer Produzenten. Divo fühlt sich dieser Philosophie weiterhin verpflichtet und setzt damit ein Gegengewicht zur zuneh­ menden kulturellen Globali­ sierung und zur Standardisie­ rung des Geschmacks. Der Weinclub zählt gegen 20 000 Mitglieder. Das Sortiment umfasst rund 600 Weine aus Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Deutschland, Ös­ terreich und natürlich aus der Schweiz. Zur Feier des 80­Jahre­Jubiläums findet am 31. Mai in Basel, am 1. Juni in Winterthur und am 2. Juni in Penthalaz VD eine grosse Verkostung namens Divo Gustissimo statt, an der nicht weniger als vierzig Divo­Win­ zer aus ganz Europa ihre Spit­ zenweine vorstellen werden. Über das ganze Jahr verteilt, können Club­Mitglieder und ihre Bekannten in neun Schweizer Städten kostenlos an den regelmässig organi­ sierten Divo­Verkostungen teilnehmen und neue Weine kennenlernen. www.divo.ch


Auf die richtige Temperatur kommt es an. Eine traditi­ onelle Röstung dauert 35 Minuten, eine lange deren 60. Bei beiden beginnt «leicht/ léger» bei 180 Grad Celsius. Darauf folgen «mittel/ moyenne» bei 200 Grad, «moyenne +» bei 220 Grad und «moyenne ++» bei 240 Grad. Die Stufe «intensiv/ intense» ist mit 30 Minuten die kürzeste, aber mit 270 Grad auch die heisseste.

Corbis

direkt in den Wein übergeht, sind Phenolalde­ hyde, zu deren bekanntesten Vertretern das be­ reits erwähnte Vanillin zählt. Das Anrösten der Fässer erhöht dessen Anteil, bei einer sehr star­ ken Röstung sinkt er allerdings wieder. So ist die «chauffe», wie das Rösten genannt wird, einer der wichtigsten Arbeitsschritte in der Produk­ tion von Barriques. Dabei gilt es darauf zu ach­ ten, die Temperatur konstant hoch zu halten, das Holz regelmässig zu rösten, aber dieses nicht an­ zusengen. Angeschwärztes Holz wird Rauchno­ ten an den darin gereiften Wein abgeben. Die wichtigste Schlussfolgerung der span­ nenden Verkostung lautet: Die Summe schmeckt besser als die Einzelteile. Deshalb kaufen die meisten Winzer verschiedene Fässer bei unter­ schiedlichen Tonneliers. •

Cave

aufs Exempel deshalb um einige Wochen.) Abge­ sehen von Aromen bekommt der Wein beim Rei­ fen im Fass jede Menge Tannin mit auf den Weg. Allem voran beim Einsatz von Neuholz. Das zeigte eine vom Weinclub Divo orga­ nisierte Verkostung mit dem Titel: Einfluss der Barriques auf den Wein. Seit über 30 Jahren ist Divo Botschafter der Bordealiser Châteaux der Familie De Mour. 40 Muster von mehreren iden­ tischen Grundweinen, jedoch in verschiedenen Eichenfässern unterschiedlicher Tonneliers ausgebaut, standen in Reih und Glied: Merlot von Château Tour Baladoz und Château La Croizille, beide Saint­Emilion Grand Cru AOC, Cabernet Franc von Château Tour Baladoz sowie Petit Ver­ dot und verschiedene Parzellen Cabernet Sau­ vignon von Château Haut Breton Larigaudière, Cru Bourgeois Margaux AOC. Alle Weine reiften zwölf Monate in neuem Holz. Unbarmherzig überspielte die amerikani­ sche Eiche mit ihren Bourbon­, Kokos­ und Va­ nillearomen die Frucht von Merlot und Caber­ net Franc. Das Holz prägte die Merlot­Weine mehr als die Cabernet Sauvignon. Alle Petit Ver­ dot wiesen extrem adstringierende und trock­ nende Tannine auf. Meist zeigte sich das Muster aus dem Fass mit kräftigerer Röstung komplexer. Sehr gut abgeschnitten haben bei allen Rebsor­ ten die Weine aus feinkörnigem Holz. Eichenholz gilt als feinkörnig, wenn die Jah­ resringe bis zwei Millimeter breit sind. Bei sol­ chem Holz findet ein minimaler Luftaustausch statt. Der in der Luft enthaltene Sauerstoff lässt den Wein harmonisch reifen, ergibt eine tiefere Farbe, einen sanfteren Geschmack und stabilere Weine. Das braucht Zeit. Denn die Holzaromen verbinden sich nur langsam mit den Weinaro­ men. Wer nicht warten kann, füllt Weine mit pe­ netrant eigenständigen und aufgesetzt wirken­ den Holznoten ab. Eine Substanz, die vom Holz

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Wenn Rauch in Salz aufgeht Michael Morskoi stellt in der Schweiz Rauchsalz her. Dieses verleiht Gerichten eine ganz spezielle Note. Sven Hasselbach

TexT

Bernadette Bissig

Gewürzatelier

bilder

Der gelernte Koch und Diätist West­TCM Michael Morskoi produziert in seiner kleinen Manufaktur in Aarau unter dem Namen Chalira seit gut einem Jahr hauptberuflich Gewürz­ mischungen. Das Rauchsalz namens «Nordsalz» ist bei Gastronomen besonders beliebt.

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Gewürzatelier

Michael Morskoi verfeinert Himalayasalz in einem Kalträucherofen mit den Aromen von Esche, Buche, Eiche und Kirsche. Das Holzmehl glimmt während Stunden vor sich hin und verleiht dem Salz das unverkenn­ bare, archaische Aroma.


Das Fach fürs Holzmehl ist schlangenförmig unterteilt. Dadurch wird die Rauchentwicklung künstlich geführt und das Salz in der darüberliegenden Schublade gleichmässig geräuchert.

Gewürzatelier

Raucharomen erfreuen sich seit einiger Zeit gros­ ser Beliebtheit. Produzenten und Köche schät­ zen das Räuchern, um Produkten und Gerich­ ten eine zusätzliche Aromenkomponente zu ver­ leihen. Sie bringen den archaischen Geschmack in verschiedenen Varianten auf den Tisch. Sei es beispielsweise als Ziegenricotta mit Raucharoma, als geräuchertes Gemüse, Fisch oder Fleisch. Egal in welcher Form, die rauchige Note verzückt die Gemüter. Doch Köche oder Barkeeper müssen nicht zwingend selber räuchern, um den archai­ schen Botenstoff einsetzen zu können. Rauchsalz, das etwa in der US­amerikanischen Küche einen grossen Stellenwert hat, verleiht Gerichten eben­ falls die gewünschte Note.

72 Stunden im Rauch So auch das Rauchsalz von Michael Morskoi, das er in seiner Gewürzmanufaktur in Aarau räu­ chert. Dafür verwendet er Salz aus dem Himalaya. «Bei der Wahl meiner Ausgangsprodukte lege ich grossen Wert auf Regionalität», sagt der 31­Jäh­ rige. «Doch beim Salz ist es so, dass die Schwei­ zer Produkte alle raffiniert sind. Ich verwende nur Natursalze.» Aus diesem Grund hat er sich für faires Salz von Aromalife entschieden. Das in Pakistan gewonnene Naturprodukt wird in In­ dien, in der Nähe von Varanasi, in Handarbeit zu hochwertigen Flocken verarbeitet. Diese veredelt der ehemalige Koch und Diä­ tist West­TCM im Kalträucherverfahren. Dafür kommt ein Ofen zum Einsatz, der über zwei Me­ tallschubladen verfügt. In der unteren, die mit schlangenförmig aufgebauten Trennwänden un­ terteilt ist, füllt er das Holzmehl aus Esche, Eiche, Buche und Kirsche ein. Diese Rohstoffe bezieht

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er aus Deutschland aus nachhaltigem Anbau. «Leider habe ich hier in der Schweiz noch keinen Produzenten gefunden.» Um das Holzmehl zu entfachen, lässt er heisse Luft in den Ofen fliessen. Wenn das Mehl sanft zu glimmen beginnt, kann der Prozess des Räucherns starten. Während 72 Stunden lässt Michael Morskoi das Salz bei 28° Celsius kalträu­ chern. Der Rauch durchdringt dieses und verleiht ihm eine leichte Caramelfärbung und die unver­ wechselbare Aromatik. Pro Räuchergang verglü­ hen zehn Kilogramm Holzmehl. Salz kann er je­ weils 13 Kilogramm aus dem Ofen ziehen. Dieses Rauchsalz kommt in der Gastronomie sehr gut an. «Ich habe jedoch beobachtet, dass die Leute sehr unterschiedlich auf das Salz reagieren», so der Ge­ würzmischer. «Ich glaube, man mag es oder man mag es nicht.» Mit dem Salzräuchern hat Michael Morskoi einfach mal losgelegt. «Ich habe Freude am Expe­ rimentieren und so kaufte ich mir einen Räucher­ ofen», erzählt der Aromenspezialist. Bis Michael Morskoi das Salz in der gewünschten Qualität aus dem Ofen holen konnte, brauchte es jedoch eini­ ges an Pröbelarbeit. So ist etwa die Feuchtigkeit problematisch fürs Salz. Kriegt es zu viel davon, kann es sauer werden. Um dem entgegenzuwirken, lässt er nun jeweils einen Trocknungsapparat lau­ fen, wenn er Salz räuchert. Und seither ist er zu­ frieden mit dem Ergebnis.

Talent per Zufall entdeckt Dass er ein Händchen für das Mischen von Aro­ men hat, entdeckte er dank seines Küchenchefs Stephan Suhr im Hotel Rotes Haus in Brugg. «Für die Neueröffnung des Restaurants im Herbst 2004 habe ich diverse Gewürzmischungen kre­ ieren und rezeptieren können», erzählt Michael Morskoi. 2011 bot er eine kleine Auswahl seiner Produkte am Weihnachtsmarkt auf Schloss Wild­ egg an. «Wir haben alle Mischungen verkauft und hatten ein tolles Echo.» Dies bestärkte ihn darin, weiterzumachen. Zu Beginn mischte er in seiner Freizeit, danach reduzierte er sein Pensum als Koch kontinuierlich. Seit 2015 setzt er nun voll und ganz auf seine Manufaktur namens «Cha­ lira». Der Name ist übrigens rätoromanischen Ursprungs und steht für Gluthitze. Neben dem Mischen von Gewürzen gibt Michael Morskoi, der selber tierische Produkte konsumiert, auch Workshops zu vegetarischer Küche. Zudem bietet er, der eine Ausbildung in chinesischer Medizin absolviert hat, auch Ernäh­ rungsberatungen an. «Ich bin immer wieder er­ staunt, welchen Einfluss die Ernährung auf un­ sere Gesundheit hat.» Eine positive Wirkung haben natürlich auch die Kräuter und Gewürze seiner Mischungen. •


kontakt Chalira Gewürzatelier Michael Morskoi Ochsengässli 9 5000 Aarau www.chalira.ch

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Gewürzatelier

Neben dem Rauchsalz bietet Michael Morskoi auch Spezialitäten wie wilden Pfeffer aus Madagaskar, Kalam, Namak oder Tonkabohnen an.

Neben dem «Nordsalz» stellt Michael Morskoi eine ganze Palette von Mischungen in reiner Handar­ beit her. So hat er etwa die indische Gewürzmischung Aruna im Ange­ bot, die aufgrund diverser Blüten und Randen eine violette Farbe aufweist. Oder eine nordafrikani­ sche Gewürzzu­ bereitung, die sich für Eintöpfe und Couscousgerichte eignet. «Baba Jaga» wiederum ist ungarisch beeinflusst. Für die Mischun­ gen verwendet er Zutaten aus biologischem Anbau und aus Wildwuchs. Wenn immer möglich setzt er auf regio­ nale Produkte. Doch im Zweifels­ fall, wie etwa beim Thymian und Oregano aus Griechenland, ist die Qualität das ausschlaggebende Kriterium.


ChefAlps 2016 Köche mit Kultstatus sind zu Gast am 5. International Cooking Summit Ende Mai in der Eventhalle StageOne in Zürich-Oerlikon. bilder

Publireportage

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zVg

TexT

Chef-Alps/Jörg Ruppelt

Sonntag, 22. mai 12.30

Türöffnung

13.30

Jordi Roca (E)

14.45

Vladimir Mukhin (RUS)

16.00

Andreas Caminada (Talk, neues Projekt)

16.25

Silvio Nickol (AT)

17.50

Gert de Mangeleer (B)

18.45

Get­together

montag, 23. mai

2

8.30

Türöffnung

9.30

Franck Giovannini (CH)

10.30

Fina Puigdevall (E)

11.45

Tohru Nakamura (D)

12.30

Lunch

13.30

Jakob Mielcke (DK)

15.00

Niko Romito (I)

Tickets gibt es unter: www.chef-alps.com/tickets

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Zum Fünf­Jahre­ChefAlps­Jubiläum stehen dies­ mal Bühnenshows von neun hochkarätigen Köchen auf dem Programm, deren kulturelle Wurzeln für die eigene Küche nicht vielfältiger und internationaler sein könnten. Die völlig unterschiedlichen Herange­ hensweisen und kulinarischen Philosophien machen den Besuch des International Cooking Summit am 22. und 23. Mai in Zürich­Oerlikon besonders reizvoll! Aus Spanien reist der «World’s Best Pastry Chef» Jordi Roca an, der jüngste der drei Roca­Brüder aus dem legendären El Celler de Can Roca in Girona. Jordi kreiert Desserts jenseits aller Konventionen. Ebenfalls aus Spanien kommt Fina Puigdevall. Die katalanische Zwei­Sterne­Köchin vom Restaurant Les Cols hat sich ganz der kompromisslosen «Null­ Kilometer­Naturküche» verschrieben. Aus Italien wird der Drei­Sterne­Koch Niko Ro­ mito (Restaurant Reale, Castel di Sangro) erwar­ tet. Der unbestrittene Meister des geschmacklichen Spiels zwischen Nuancen und Balancen gibt sein Wis­ sen auch in einer eigenen Schule an den Nachwuchs weiter. Aus Belgien kommt der unter anderem als «Bester Koch Europas» ausgezeichnete Gert de Man­

geleer (Restaurant Hertog Jan, Zedelgem/Brügge). Russland wird durch Shootingstar Vladimir Muk­ hin aus dem White Rabbit in Moskau vertreten. Ja­ kob Mielcke reist aus Dänemark an (Mielcke & Hur­ tigkarl, Frederiksberg/Kopenhagen). Der 38­Jährige wurde kürzlich in den Kreis der «100 kreativsten Kö­ che der Welt» gewählt. Aus Österreich stellt Zwei­Sterne­Koch Silvio Nickol seine kreativen Ideen vor, mit denen er im Pa­ lais Coburg einen Fixstern in der Spitzengastronomie Wiens etabliert hat. Deutschlands Sternekoch Tohru Nakamura (Geisels Werneckhof, München) wird in Zürich Einblick in seine saisonal inspirierte eurasi­ sche Küche geben. Die Schweiz vertritt der zweifache Bocuse­d’Or­ Suisse­Gewinner FranckGiovannini vom Restaurant del’HôteldeVille,Crissier. Darüberhinauswerdenan den beiden Veranstaltungstagen auch die ChefAlps­ Botschafter Andreas Caminada, Norbert Niederkof­ ler sowie Heinz Reitbauer und Thomas Dorfer an­ zutreffen sein. Und schliesslich können ChefAlps­ Besucher an rund 30 Marktständen Produkte für die Gourmetküche ausgiebig testen. •

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Sie sind dabei 3

gert de mangeleer

Fina puigdevall

Franck giovannini

Sich in nur fünf Jahren schon drei Michelin­Sterne zu erkochen, hat vor Gert De Mangeleer noch niemand geschafft. Dem 38­jährigen Belgier ist damit im Restaurant Hertog Jan ein echtes Novum in der Welt der Haute Cuisine gelungen. An der Madrid Fusión wurde De Mangeleer mit dem Titel «Bester Koch Europas 2014» geehrt. Nach der Devise «Einfachheit ist nicht einfach» beruht sein Erfolgsgeheimnis auf einer flämischen Powerküche – modern, aber ohne populären Trends zu folgen. Gemüse, Kräuter und essbare Blumen spielen eine zentrale Rolle in seiner Küche.

Ihr Restaurant Les Cols befindet sich in einem alten Landhaus in ihrem Geburtsort Olot in der Provinz Girona. In ihrer Küche verarbeitet sie ausschliesslich ausge­ suchte Produkte, die im nordspanischen Vulkangebiet Garrotxa vor Finas Haustür zu finden sind: Buchweizen, Kartoffeln aus dem Vall d’en Bas, Zuckermais, Geflügel (Huhn oder Ente) und die sogenannten Fesols de Santa Pau (kleine weisse Bohnen). Die 53­Jährige verleiht diesen Zutaten eine ganz neue Bedeutung – die Präsentation ihrer Gerichte spielt dabei mit dem Kontrast zwischen Tradition und Avantgarde.

Franck Giovannini übernahm die gastronomische Leitung im nun von Brigitte Violier betriebenen Restaurant de l’Hôtel de Ville in Crissier. Damit trägt Giovannini ab sofort die Verantwortung für über zwanzig erfahrene Mitarbeiter, die er alle sehr gut kennt. An der Seite von Benoît Violier, mit dem ihn eine lange Freundschaft verband, hat er in Crissier über viele Jahre kulinarische Höchstleistungen vollbracht. So wird er nun die Menukarte des Restaurants im Rhythmus der Jahreszeiten gestalten und damit das her­ ausragende Werk von Frédy Girardet, Philippe Rochat und Benoît Violier fortsetzen.

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tohru nakamura

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Jakob mielcke

Der Purist und Aromen­ Virtuose Tohru Nakamura begeistert mit einer saisonal inspirierten eurasischen Küche. Im Münchner Traditionsrestaurant Geisels Werneckhof erkochte er sich innert eines halben Jahres als neuer Küchenchef einen Michelin­Stern. GaultMillau zeichnet seine Kochkunst aktuell mit 18 Punkten aus. Gerichte wie «Stör mit Péri­ gordtrüffel und Haselnuss» oder das Ozaki Wagyu mit «japanischer Chimichurri» und die «Entenleber mit einer Pilzbrioche in Zedernholz» spiegeln seine Koch­DNA.

Jordi Roca, mit 38 Jahren der jüngste der drei Roca­Brüder aus dem legendären El Celler de Can Roca (World’s Best Restaurant Nr. 1), wurde nicht von ungefähr 2014 zum «World’s Best Pastry Chef» gekürt. Er gilt als Pionier origineller Gebäckkreationen. Jordi kreiert Desserts jenseits aller Konventionen wie beispielsweise Campari und Grapefruitsaft in einem zar­ ten Bonbon mit Kakaobutter­ Hülle, dessen aromatisches Feuerwerk auf der Zunge zergeht. Oder einen Ka­ ramellapfel mit einer fein abgestimmten Zuckerglasur.

«In Jakobs Welt ist alles möglich» lautet das Motto im Kopenhagener Restaurant Mielcke & Hurtigkarl, in dem Jakob Mielcke als Küchenchef das Zepter schwingt. Der 38­jährige Däne zählt zu den führenden Vertretern der New Nordic Cuisine. Für seine Kreationen lässt er sich von der Natur inspirieren und französische sowie asiatische Elemente miteinfliessen. Spezialitäten des Restaurants haben so klingende Namen wie «Hühnchen mit Yuzu­ Zeste und Pfifferlingen» und «Hummer mit Sake, Sansho­ Blütenpfeffer und Kirschen».

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vladimir mukhin

niko romito

silvio nickol

Das White Rabbit in Moskau ist das erste russische Restaurant, das auf Anhieb in die Top 25 der «World’s Best Restaurants»­Liste gewählt wurde. Ein Verdienst des jungen Küchenchefs Vladimir Mukhin. Der 33­Jährige gilt als führender Vertreter der New Russian Cuisine. Mukhins kulinarische Perfor­ mances machen vertraut mit dem typischen Geschmack ursprünglicher und unbe­ kannter Produkte seines Landes. Er vereint diese mit modernen Zubereitungsme­ thoden in völlig unerwartet komponierten Gerichten.

Für den Drei­Sterne­Koch Niko Romito ist «Einfachheit» der grundlegende Wert bei der Zubereitung seiner Speisen im Restaurant Reale, Castel di Sangro in L’Aquila (I). Er sagt: «Meine Gerichte werden oft als einfach bezeichnet. Das ist sehr richtig im Sinne von nicht kompliziert, bedeutet aber nicht, dass sie ohne Aufwand zubereitet sind. Beim Kochen kann Aufwand von Vorteil sein, Kompliziertheit hinge­ gen nie. Genau diese spezi­ elle Art der Einfachheit kann man nur durch unermüdliche Recherche erreichen.»

Der Küchenchef vom gleich­ namigen Gourmetrestaurant im historischen Fünf­Sterne­ Superior­Luxushotel Palais Coburg in Wien hat sich als Fixstern in der Spitzengas­ tronomie Wiens etabliert. Aktuell ist sein Restaurant mit zwei Michelin­Sternen und drei Hauben ausgezeich­ net. Nickols kulinarisches Spektrum umfasst kreative Interpretationen klassischer Gerichte sowie ausserge­ wöhnlich komponierte Inno­ vationen. Er kreiert Gerichte wie etwa die «Entenleber mit Pilzen, Tannenwipfel und Schokolade».

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← Cillar de Silos besitzt in Quintana del Pidio in den Fels gehauene unterirdische Keller aus dem 17. Jahrhun­ dert. Steintürmchen bilden den oberirdi­ schen Abschluss der Lüftungsschächte. → Juan Carlos Vizcarra von der gleichnami­ gen Bodega hat seinen neuen Keller im Jahr 2004 in Betrieb genommen.


Ribera del Duero

Im weltbekannten Weinbaugebiet im nördlichen Spanien ist die Spannung zwischen Tradition und Moderne allgegenwärtig. Gabriel Tinguely

Die angekündigten, frühlingshaften Tempera­ turen zeigt das Thermometer nicht an. Ganz im Gegenteil. Es ist empfindlich kalt am Rio Duero. Nichts blüht. Kein Grün spriesst. Hellgrauer Kalk­ steinboden, graubraune Rebstöcke, blassgrauer Himmel und nebelgrauer Saharastaub lassen das renommierte Weinbaugebiet als verlassene Ein­ öde erscheinen. Doch der Schein trügt. Dick ein­ gepackt stutzen Winzer und deren Mitarbeiter die wuchernden Ruten (Zweige) des Vorjahres auf zwei bis drei Augen (Knospen) zurück. Stock für Stock. 2200 bis 4000 Reben stehen auf einem Hektar. Insgesamt 21 000 Hektar zählt die DO Ribera del Duero im nördlichen Spanien. Dies ent­ spricht eineinhalb Mal der gesamten Rebfläche der Schweiz. Der Rebschnitt erfolgt von Hand, ge­ nauso wie die Laubarbeit und im Herbst die Lese. «Bei alten Buschreben, die teilweise ohne Stickel in der Landschaft stehen, ist an maschinelles Ar­ beiten nicht zu denken», sagt José Alberto Calvo Casajús, Winzer und Selbstkelterer in Quintana del Pidio. Ihm gehört ein Rebberg, der 1920 ange­ legt wurde. Kalt ist es auch in den Kellern. Auf der Bodega Aalto in Quintanilla de Arriba entschuldigt sich Teilhaber und Direktor Javier Zaccagnini, dass es bei ihm aussieht wie auf einer Baustelle. «Wir haben in beste Rebparzellen investiert. Im Keller reichte das Geld nur für Einrichtungen und Ge­ räte, die der Qualität unserer Weine dienen», sagte er. Eben erst werden Büroräume errichtet. Dies, obwohl die Bodega Aalto, wie viele andere Bode­ gas auch, bereits im Jahr 1999 entstand. Die Gär­ und Reifekeller sind in einem modernen Zweck­ bau untergebracht, in dem die Arbeitsabläufe der Gravitation folgen. Der nüchterne, fab­ →

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Madrid

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Aranda de Duero San Esteban de Gormaz

Peñafiel

Die Bodenverhältnisse reichen von Schwemmland entlang des Duero­Flusses über kalkhaltigen Lehm an den Talflanken bis zum weiss schimmernden Kalk­Mutterfelsen an den Hanglagen.

«Wir arbeiten ausschliesslich mit Barriques aus französischer Eiche. Amerikanisches Holz gibt dem Wein zu viel Geschmack ab.»

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Carlos de la Fuente, Önologe bei der Hacienda Monasterio.

Facts & Figures Das Weinbaugebiet Ribera del Duero liegt östlich von Valladolid. Die Hauptstadt der Region Kastilien und León befindet sich auf der Meseta, dem weitläufigen Hochplateau im Landesinnern Spaniens, auf einer Höhe von 700 bis 900 Meter über Meer. Die Rebberge erstrecken sich über 115 Kilometer entlang des Rio Duero. Heute umfasst die DO Ribera del Duero rund 21 000 Hektar Rebland. 178 Weingüter sind von der Regulierungsbehörde anerkannt. Diese verarbeiten Traubenmaterial von insge­ samt 8135 Winzern.

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rikähnliche Komplex ist weit entfernt von den ro­ die Winter lang und kalt. Die Sommer dafür ausge­ mantischen Vorstellungen eines Betriebes, der sprochen trocken und heiss. Tageshöchsttempera­ Spitzenweine erzeugt. turen von 40 Grad Celsius sind keine Seltenheit. In der Reifephase begünstigen grosse Temperaturun­ terschiede zwischen Tag (40 °C) und Nacht (12 °C) Tempranillo hat viel Frucht, vibrierende die Aromenbildung und erhalten die Säure. Das Er­ Säure und Temperament gebnis sind kräftige Weine mit ausgeprägter Wald­ Wie Javier Zaccagnini interessieren auch Mariano beerfrucht und Aromen von Holunderbeeren sowie García, zweiter Teilhaber und Mitgründer der Bo­ Kirschen in allen Variationen – häufig mit einem dega Aalto, nichts mehr als Reben, Trauben und süssen Amarena­Touch. Die filigran eingebundene Wein. Bevor er sich bei Aalto engagierte, war er 30 Säure sorgt für Frische und Langlebigkeit. Zusam­ Jahre Weinmacher bei Vega Sicilia, dem wohl be­ men mit Alkoholwerten zwischen 12,5 und 15,5 Vo­ rühmtesten Weingut der DO Ribera del Duero. lumenprozenten sorgt sie für das lebendige und Aalto ist im Besitz von 110 Hektar Reben, verteilt auf langlebige Temperament der Weine. 200 Parzellen in sieben Gemeinden. Die Rebberge liegen auf 804 und 915 Meter über Meer. Eichenholz als prägendes Stilelement Während andere Güter ihren Weinen mit Ca­ bernet Sauvignon, Merlot oder Garnacha zu mehr Mit wenigen Ausnahmen gärt die Maische in Stahl­ Tiefgang und Schmelz verhelfen wollen, verwendet tanks, bevor der junge Wein – wiederum mit weni­ Mariano García alte Reben und unterschiedliche gen Ausnahmen – zum Reifen in Barriques abgezo­ Tempranillo­Klone. Die bedeutendste Rotwein­ gen wird. Der Einfluss des Holzes ist ein prägendes sorte Spaniens passte sich der Bodenbeschaffen­ Element im Geschmacksbild der Weine der DO Ri­ heit, der Wasserversorgung und der Verfügbarkeit bera del Duero. Während früher vor allem amerika­ von Nährstoffen an. So soll es heute in jedem Dorf nisches Eichenholz zum Einsatz kam, verwenden einen eigenen Klon geben. Da erstaunt es nicht, dass die Kellermeister heute bevorzugt französische Ei­ zahlreiche Synonyme ein und dieselbe Rebsorte be­ che. «Amerikanische Eiche parfümiert den Wein schreiben. Tinta del País, Aragonés oder Tinto Fino mit süssem Kokos­ und Vanillegeschmack. Damit sind die Wichtigsten. Tempranillo bedeutet wört­ kann man grüne Noten nicht ganz reifer Trauben lich übersetzt «kleine Frühe», weil sie kleine Bee­ und Tannine kaschieren», sagt Carlos de la Fuente. ren hat und diese etwas früher reifen als beispiels­ «Wir verwenden ausschliesslich Barriques aus fran­ zösischer Eiche.» Der Master in Weinbau und Öno­ weise Garnacha. Ein bestimmender Faktor für den Charakter logie arbeitet seit der Gründung der Hacienda Mo­ des späteren Weins ist das mit der Höhe verbun­ nasterio im Jahr 1991 mit Peter Sisseck zusammen. dene Klima. Auf der kastilischen Hochebene sind Dieser wiederum hat sich mit seinem privaten Pro­


jekt Dominio de Pingus einen Namen geschaffen und gilt derzeit als bester Önologe Spaniens. Die Hacienda Monasterio liegt zwischen Pesquera und Valbuena de Duero in der sogenannten «goldenen Meile». Von 160 Hektar Land, die zur Hacienda ge­ hören, sind 78 mit Reben bestockt. Die 4000 Pflan­ zen pro Hektar, statt der sonst üblichen 2200, benö­ tigen trotz geringen 300 Millimetern Niederschlag keine Bewässerung. «Wir verzichten auf Dünger und Spritzmittel, die auf Salzen basieren und viel Wasser binden», sagt Carlos de la Fuente. «Der 2015er wird unser erster bio­zertifizierte Jahrgang sein.» Statt der für die die DO zugelassenen 7000 Kilo Trauben werden auf der Hacienda Monasterio nur deren 3500 geerntet. Konzentration in Kombi­ nation mit französischer Eiche ergibt tiefgründige, elegante und langlebige Weine. Fruchtige, jung zu trinkende Rotweine aus dem Stahltank würden Weinliebhaber nicht als Ribera del Duero erkennen. Seit der Einfürhrung der DO im Jahr 1982 hat sich die Qualität der Weine enorm verbessert und Ribera del Duero wurde zu einer qualitativ hoch­ wertigen Marke.

kleine Häppchen angeboten. Valladolid, das pulsie­ rende Zentrum Kastiliens, ist denn auch die Haupt­ stadt der spanischen Tapas­Kultur. Die Köche der Tapas­Bars Valladolids wetteifern mit ihren Krea­ tionen um den jährlich vergebenen «Pincho de Oro», eine begehrte und prestigeträchtige Auszeichnung. Tapas sind denn auch eine unverzichtbare Zwi­ schenmahlzeit für Touristen, wenn um 18 Uhr der Magen knurrt, das Abendessen aber erst ab 21 Uhr serviert wird. Wer in Spanien erst um 22 Uhr ein Restaurant betritt, kommt nicht zu spät. Dafür fällt dann das Frühstück eher karg aus. Weltbekannte Weinbaugebiete üben eine magi­ sche Anziehungskraft auf Touristen aus. Zwischen Valladolid und San Esteban de Gormaz gibt es zahl­ reiche Burgen und Kirchen zu besichtigen. Viele Bo­ degas verfügen zudem über Gästezimmer. Ein Bei­ spiel ist die Bodega Arzuaga in Quintanilla de Oné­ simo. Neben der Kellerei, in der die Ernte von 150 Hektar Reben verarbeitet wird, errichtete die Fami­ lie Arzuaga Navarro ein Fünf­Sterne­Hotel mit 96 Zimmern, Suiten und einer ausgedehnten Spa­ und Wellness­Zone – wohltuende Wärme nach einem Tag in der Kälte. Die zur Matarromera­Gruppe ge­ hörende Bodega Emina in Valbuena de Duero ver­ Tapas und Weintourismus eint ein Öko­Weingut, ein Hotel sowie ein Weinbau­ Die kräftigen Gewächse der DO Ribera del Duero museum unter einem Dach. Etwas ausserhalb von sind keine Weine, die man einfach so trinkt. Des­ Anguix, umgeben von Rebbergen, vermietet die Bo­ halb werden in Restaurants und Bars zum Wein dega Áster vier gediegene Suiten. •

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Auf rund 5000 Hektar, knapp einem Viertel der heutigen Rebfläche, stehen alte Reben. Viele dieser «Viñas Viejas» sind über 80 Jahre alt und damit Garanten für ausdrucksstarke Spitzen­Crus.

kontakt Consejo Regulador de la DO Ribera del Duero C/ Hospital 6 09300 Roa (Burgos) www.riberadelduero.es/de

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17 Frontplatine 18 Magnetventil Green Vac 19 Magnetventile 20 Netzbuchse 21 Hubzylinder 22 Hauptventil 23 Ringkern­Trafo 24 Lüfter 25 Vakuumpumpe

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Wie funktioniert eigentlich ...

... das Innenleben einer Vakuummaschine

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Story-Telling – mit Emotionen erfolgreicher geschäften «Sex sells» war gestern – heute heisst die Devise «Story sells». Eine erfolgreiche Geschichte ist wahr, ansprechend aufbereitet und weiterführbar. Einer, der sich aufs professionelle Story-Telling eingelassen hat, ist Felix Suhner, Inhaber der Balance Hotels. zVg

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Riccarda Frei

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«Dialog ist kein Ziel, sondern Mittel zum Zweck» Felix Suhner, Verwaltungsratspräsident der Balance Hotels

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Homer fesselte seine Zuhörer mit der Odyssee, Casanova mit seinen Memoiren und die Ge­ brüder Grimm mit ihrer Mär­ chensammlung. Ob am Lager­ feuer oder im Sozialen Netz­ werk – gute Geschichten wecken Emotionen. Je stärker die Emotion, desto besser bleiben die Ge­ schichte und ihre Botschaft in Erinnerung. Das gilt heute, im Zeitalter der elektronischen Medien und Digital Natives noch genauso wie damals, als die Neandertaler ihre Erleb­

nisse am Lagerfeuer erzählten in der Unberechenbarkeit, wie sich die erzählte Geschichte oder an Höhlenwände malten. Was sich verändert hat, ist entwickelt, wenn sie erst ein­ die Art des Geschichtenerzäh­ mal in den Social­Media­Kanä­ lens und das Tempo, mit dem len veröffentlicht wurde. sie sich verbreiten. Früher gab es einen Erzähler und viele Zu­ Keine Angst vor der hörer. Heute kann jeder Zuhö­ Eigendynamik rer als Teil einer Social­Media­ Community gleichzeitig auch Der Initiant einer Geschichte ein Geschichtenerzähler sein. kann zwar deren Anfang be­ Er kann seine Story – oder seine stimmen, nicht aber ihren Ver­ Version einer bestehenden Ge­ lauf, ihren Verbreitungsgrad schichte – in Sekundenschnelle oder ihr Ende. Denn sobald eine weltweit verbreiten. Story online lanciert ist, ent­ Von dieser Möglichkeit ma­ wickelt sie eine Eigendynamik. chen nicht nur Privatperso­ Im besten Fall im Sinne des Ini­ nen Gebrauch, sondern immer tianten; im schlimmsten Fall mehr auch Firmen. Sie haben dreht sich die Geschichte in eine erkannt: Nur Prospekte oder unerwünschte Richtung. Newsletters zu verschicken, Doch genau in dieser Un­ reicht schon lange nicht mehr, berechenbarkeit liegen der Reiz um die Aufmerksamkeit der und die Chance von Story­Tel­ Zielgruppen zu wecken. Immer ling. Einerseits, weil der Initi­ mehr Unternehmen entdecken ant aus der Social­Media­Com­ Story­Telling für sich als wichti­ munity durch die Kommentare ges Marketinginstrument. kostenlos ungefilterte Hinweise Das Tool ist mittlerwei­ auf die Wünsche und Erwar­ len so wichtig, dass der Schwei­ tungen seines Zielpublikums zerische Marketing­Tag vom bekommt. Daraus kann er neue 8. März 2016 ganz im Zeichen Ideen für die Produkteentwick­ von «Die Magie der Story – wie lung und ­verbesserung schöp­ Kunden zu Fans werden» stand. fen. Andererseits, weil Storys, Unternehmen nutzen die Kraft die aus den Reihen der Commu­ des Geschichtenerzählens, um nity erzählt oder von deren Mit­ sich und ihre Produkte in Szene gliedern bestätigt werden, ein­ zu setzen, neue Kunden zu ge­ fach viel glaubwürdiger sind. winnen, bestehende zu binden «Kritische oder negative und sie sogar zu ihren Marken­ Kommentare sind wie das Salz in der Suppe. Sie bereichern botschaftern zu machen. Auch in der Hotellerie und eine Story und erhöhen deren im Tourismus ist Story­Telling Glaubwürdigkeit. Ausserdem ein Tool, das immer häufiger halten sie in den Sozialen Netz­ angewandt wird. Oft allerdings werken den Dialog um die Ge­ noch mit etwas gemischten Ge­ schichte am Laufen und treiben fühlen. Der Grund dafür liegt diese weiter voran», sagt Felix


Erst planen, dann posten Texte, Bilder und Videos kön­ nen einfach und schnell in die Social­Media­Kanäle gestellt werden. Das verleitet zu spon­ tanen Publikationen. Die mö­ gen punktuell zu raschem Er­ folg führen, haben aber mit professionellem, nachhaltigem Story­Telling wenig zu tun. «Gute Geschichten sind keine Spontanaktionen, son­ dern Teil eines mittel­ bis lang­ fristig ausgerichteten Gesamt­ konzepts», lautet die Maxime von Felix Suhner. Lange bevor Online­Story­Telling zum all­ gegenwärtigen Thema wurde, hat Felix Suhner bereits die Grundlagen dafür geschaffen. Er hat seine Betriebe, wie er es nennt, «fit gemacht». Dieses «Fitmachen» beinhaltet die In­ frastruktur, das Angebot, die Marktposition, die Einstellung und Motivation der Mitarbei­ tenden und der Direktion sowie das Leitbild des Unternehmens. «Eine Geschichte muss von A bis Z stimmig und durchdacht sein», sagt Felix Suhner. «Sonst wird sie rasch zerpflückt.» Ein Beispiel für eine kon­ sequent durchgezogene Story ist der Erweiterungsbau See­ rose Cocon. Das Thema dieses

Hauses lautet «Das Fremde im Vertrauten». Regionales und Thailändisches wird geschickt kombiniert. Der Boden der Lobby erinnert an das lokale Seewasser und Bootsstege, die Stoffmuster und geschnitzten Wandpaneele an Thailand. Nur sind statt Lotusblüten Seero­ sen dargestellt. Das Thailand­ Schweiz­Thema wird im gan­ zen Haus durchgezogen: in den Zimmern, den Restaurants und sogar im Spa. So sind alle The­ rapeutinnen Thailänderinnen, die Kosmetikerinnen Schwei­ zerinnen. Alle arbeiten mit rein pflanzlichen Spa­Produk­ ten aus Bangkok und nach der Lehre der vier Elemente. Ein unverwechselbares Angebot (USP) zu haben, ist beim Story­Telling ein grosser Wettbewerbsvorteil. «Wer ein Thema besetzt, wird gefunden», ist Felix Suhner überzeugt. Doch gutes Story­Telling ver­ langt nach mehr. «Es braucht eine klar definierte Strategie. Man muss Spannung aufbauen, mit Bild, Text und Audiobei­ trägen verschiedene Sinne an­ sprechen, Bezug nehmen und Beziehungen schaffen», zählt Felix Suhner ein paar Punkte auf, die es zu erfüllen gilt. Für jede Zielgruppe haben er und sein Team, zusammen mit ei­ ner externen Story­Telling­Ex­ pertin, Massnahmen, Story­ inhalte und Aufhänger für Ge­ schichten erarbeitet.

Inszenierungen bieten Stoff für individuelle Storys Ende November 2015 wurde beispielsweise das Thailändi­ sche Lichterfest Loi Krathong als Aufhänger genutzt. Die thailändischen Angestellten bauten mit den Gästen, darun­ ter eingeladene Reiseblogger, traditionelle Schiffchen aus Bananenblättern. Nach einem thailändischen Festessen mit Musik und Tanz wurden diese mit Blumen, Kerzen und Räu­ cherstäbchen geschmückten Krathongs bei Vollmond auf den See gesetzt. Sie sollten da­ vonschwimmen und dabei alles

Negative mit sich nehmen und damit Raum für neues Glück schaffen. Der Wind drückte die Bananenblattschiffchen aber ans Ufer, statt sie auf den See hinauszutreiben. Darauf­ hin wurden sie einfach im Pool des Hotels ausgesetzt. – Auch wenn die Inszenierung nicht so klappte, wie geplant – die Story funktionierte trotzdem. Und vielleicht sogar noch bes­ ser als vorgesehen. Blogger wie Gäste zückten ihr Smartphone, fotografierten, texteten und posteten ihr persönliches Loi­ Krathong­Erlebnis am Hallwi­ lersee bei Westwindsturm. Das Fest an einem anderen Tag oder in einem Sommermo­ nat zu wiederholen, kommt für Felix Suhner nicht in Frage. Loi Krathong wird in Thailand im­ mer am 12. Vollmond des Jah­ res gefeiert – das soll auch am Hallwilersee so sein. Denn au­ thentische Geschichten wäh­ ren länger als jeder Marketing­ Gag. • Zu den Balance Hotels gehören: Seerose Resort & Spa, Meisterschwanden Mürset Restaurants, Aarau Seehotel Sonne, Eich Bad Bubendorf Hotel, Bubendorf www.seerose.ch www.balancehotels.ch

story-telling Unter dem Begriff Story­ Telling versteht man das Verbreiten von Marketing­ Botschaften in Form von Geschichten, die möglichst positive Emotionen wecken. Mit den Storys sollen fol­ gende Hauptziele erreicht werden: Aufmerksamkeit erregen, Informationen ver­ breiten, den Wunsch aus­ lösen, eine ähnliche oder eigene Geschichte zu erleben. Story­Telling wird sowohl zur Akquise als auch zur Bindung und zur Pflege von Dialog­ gruppen genutzt. Eine gute Story soll interessant, witzig, spannend, informativ oder aussergewöhnlich sein.

Im Idealfall greifen die Adressaten die Geschichte auf und verbreiten sie in den Social Medias weiter. Damit ein Story-Telling funktioniert, gilt es ein paar Dinge zu überdenken: • Was will ich sagen – was ist meine Botschaft? (Leitidee) • Wer soll die Botschaft erhalten? (Zielgruppen) • Wie bringe ich die Botschaft zur Zielgruppe? Mit welcher Geschichte? In welcher Form soll diese erzählt werden? (Text, Bild, Video, Audio? Interview, Reportage, Tes­ timonial, eigener Blog? In welcher/welchen Sprache/n?) • Auf welchen Kanälen sind die Zielgruppen unterwegs? (Twitter, Facebook, Xing, Instagram) • Womit wecke ich das Interesse der Zielgruppe? (Was ist ihr Problem, welche Lösung kann ich bieten?) • Wer sind die Protagonisten der Story? (Gäste? Mitarbei­ tende? Lieferanten? Fiktive Person à la Betty Bossi oder die Bündner Steinböcke Gian und Giachen?) • Wie motiviere ich die Ziel­ gruppe, meine Story zu «liken», zu kommentieren oder gar zu teilen? (Virale Verbreitung) • Lässt sich die Story auch analog nutzen (z.B. Print, Inhouse­Massnahmen, Wett­ bewerbe) oder auf verschiede­ nen Kanälen weiterführen? • Soll die Story gleichzeitig auf allen Kanälen oder zeitver­ setzt lanciert werden? • Sind wir auf ein allfälliges Echo auf unser Story­Telling vorbe­ reitet? Haben wir jemanden, der Tweets und Kommentare sichten, beantworten und aus­ werten kann und hat er dazu überhaupt Kapazität? • Haben wir genug Stoff für Folgegeschichten oder neue Storys? • Wie häufig und in welchem Zeitrahmen wollen wir aktiv eine Story pushen? Und wie oft wollen unsere Follower von uns hören? (Gefahr der Übersättigung) • Gibt es Partner, die wir einbinden können (Lieferan­ ten, Tourismusdestination, Profi­Blogger) • Weiterführende Infos im Web: www.corporate-dialog.ch/ vortrag/storytelling-der-praxis/

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Suhner. Er ist Verwaltungs­ ratspräsident der Balance Ho­ tels AG, die sich im Besitz der Familie Suhner befindet. Flaggschiff des Unternehmens ist das Seerose Resort & Spa in Meisterschwanden. Felix Suhner hat den Land­ gasthof 1994 von seinen Eltern übernommen, renoviert, wei­ terentwickelt und durch Neu­ bauten ergänzt. Heute ist die «Seerose» eine gelungene Sym­ biose von Ausflugsrestaurant, Seminarhotel und Wellness­ resort. Das Resort liegt direkt am Hallwilersee neben dem Naturschutzgebiet. Dank sei­ ner exklusiven Lage, seiner Geschichte – der Landgasthof wird 1880 erstmals erwähnt – und seiner Konzeption verfügt die «Seerose» über einen rie­ sigen Fundus an Themen für Story­Telling­Marketing.


Wettbewerb

Impressum Hotellerie Gastronomie Magazin 119. Jahrgang Druckauflage 28.000 Exemplare WEMF-beglaubigte Auflage 11.376 Exemplare Beiheft der Hotellerie Gastronomie Zeitung (Jahresabo CHF 98) Herausgeberin Hotel & Gastro Union Adligenswilerstrasse 22 · 6002 Luzern Tel. 041 418 22 22 (Geschäftsstelle Luzern) Tel. 021 616 27 07 (Geschäftsstelle Lausanne) info@hotelgastrounion.ch www.hotelgastrounion.ch Verlag Hotellerie Gastronomie Verlag Adligenswilerstrasse 27 · 6006 Luzern Tel. 041 418 24 40, Fax 041 418 24 71 joerg.ruppelt@hotellerie-gastronomie.ch www.hotellerie-gastronomie.ch Verlagsleitung Mario Gsell, Jörg Ruppelt (stv.) Chefredaktion Jörg Ruppelt, Ruth Marending (stv.) Verkauf Jörg Greder (Leitung), Gabriel Tinguely, Josef Wolf Redaktion Bernadette Bissig, Riccarda Frei, Mario Gsell, Sarah Sidler, Benny Epstein (online), Patrick Claudet (Redaktionsleitung Hotellerie Gastronomie Hebdo)

Zu gewinnen: 2 Übernachtungen in einer Classic Junior Suite für 2 Personen im Kempinski Grand Hotel des Bains in St. Moritz inklusive Frühstücksbuffet und freie Benutzung des Kempinski The Spa. Es ist ein prächtiges Haus, mit einer traditionsreichen Substanz, von innen einladend herzlich und auf eine erfrischende Art unkompliziert. Geniessen Sie das Beste aus der Schweizer Bergwelt in höchster Lebensqualität, sei es in den eleganten Zimmern und Suiten, in den ausgezeichneten Restaurants, der Lobby & Bar oder im exklusiven, alpinen Kempinski The Spa. Erleben Sie alpine Gast­ freundschaft in Perfektion! www.kempinski.com/stmoritz

Welcher internationale Kochevent wird in dieser Ausgabe vorgestellt? A

ChefAlps

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American Culinary Classic

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S.Pellegrino Young Chef

Senden Sie die richtige Antwort bis zum 31. Mai 2016 an

wettbewerb­magazin@ hotellerie­gastronomie.ch

Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Gratulation: Gewinner des Wettbewerbs im Magazin 3/2015 ist: Michèle Ackermann, 4710 Balsthal

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Gestaltung Solange Ehrler (CD) Luka Beluhan (AD), Pierina Bucher Produktion Hansruedi Läng (Technik) Gestalterische Mitarbeit Christoph Läser (Fotografie) Claudia Link (Fotografie) Filipa Peixeiro (Fotografie) Korrektorat Ringier Print Übersetzung Bertrand Denzler Rudolf Balmer Druck AVD Goldach, Goldach Gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier zur Förderung eines nachhaltigen Waldmanagements. Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwendung der redaktionellen Inhalte bedarf der schriftlichen Zustimmung durch die Redaktion. Die in dieser Zeitung publizierten Inserate dürfen von Dritten weder ganz noch teilweise kopiert, bearbeitet oder sonstwie verwertet werden.

Das nächste Magazin erscheint am

22. Juni 2016



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