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Interview mit Andreas Hahn

ERFOLG MIT DER BUNDESWEHR

Interview mit Andreas Hahn, Leiter des Referats Sport, Spitzensport und Militärsport des Kommandos Streitkräftebasis in Bonn

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von Hermann-J. Hoffe

Die Bundeswehr ist einer der wichtigsten Partner der Deutschen Taekwondo Union. Andreas Hahn leitet dort seit vielen Jahren das Referat Sport, Spitzen sport und Militär sport des Kommandos Streit kräftebasis in Bonn. Nach der Europa meister schaft in Manchester haben wir mit Andreas Hahn über das Thema Leistungssport und Bundes wehr gesprochen.

DTU 20: Der Erfolg der deutschen Athleten und Athletinnen in den vergangenen Jahren hängt ganz eng mit der Förderung und Unterstützung durch die Bundeswehr und die Bundespolizei zusammen. Wie hoch ist der Anteil der durch die Bundeswehr geförderten Sportlerinnen und Sportler insgesamt?

Andreas Hahn: Der Parlamentarische Auftrag der Bundesregierung an die Bundeswehr lautet, die Spitzensportförderung in Deutschland zu unterstützen, also erfolgreiche Repräsentanz Deutschlands bei internationalen Wettbewerben. Die Zielwettkämpfe hierfür sind die Olympischen Spiele. Dazu gehört zunächst eine erfolgreiche Qualifikation der Sportsoldatinnen und Sportsoldaten, um es alle vier Jahre überhaupt zu den Olympischen Spielen zu schaffen und dort Herausragendes zu erreichen. Das ist auch nahezu das einzige Mittel der Effizienzmessung. Weltmeisterschaften und Europameisterschaften hat jede Sportart. In manchen Sportarten gibt es jedes Jahr eine Weltmeisterschaft, bei manchen alle zwei Jahre, bei den nächsten alle vier Jahre. Deswegen ist eine klare Aussage für eine Unterstützung und Förderung: Erfolgreiche Teilnahme an den Olympischen Spielen und für den Nichtolympischen Bereich an den World Games. Und wenn ich das im Rückblick seit der Wiedervereinigung, also ab 1992, sehe, dann sind wir mit knapp 40 Prozent Anteil der Sportsoldatinnen und Sportsoldaten an der deutschen Mannschaft und Beteiligung an rund 50 Prozent aller deutschen Olympiamedaillen gut aufgestellt. Das ist ein deutliches Zeichen, wie wichtig die Spitzensport förderung der Bundes wehr ist, aber auch mit welcher Effizienz sie arbeitet.

DTU 20: Das bedeutet ja, nahezu die Hälfte aller Medaillen oder alle herausragenden Leistungen hängen eng mit der Unterstützung, mit der Tätigkeit des Sportlers oder der Sportlerin bei der Bundeswehr zusammen?

Andreas Hahn: Ganz genau. Wir geben quasi den sozialen Rahmen. Für Training und Wettkampf ist der Spitzenverband verantwortlich. Da übertrage ich das fachliche Direktionsrecht, in die Hände des Bundessport fachverbandes.

DTU 20: Die einzelnen Sportlerinnen und Sportler durchlaufen eine bestimmte Karriere innerhalb der Bundeswehr. Was sind die höchsten Ränge, die Spitzensportler erreicht haben?

Andreas Hahn: Bisher war das der Stabsfeldwebel. Ich freue mich aber, dass es uns gelungen ist, seit April dieses Jahres den Spitzendienstgrad Oberstabsfeldwebel auch für die Spitzensportförderung der Bundeswehr aufzubringen. Hier gibt es jetzt Beförderungsmöglichkeiten, insbesondere für herausragende langjährige Trainerinnen und Trainer mit Bundesaufgaben, von denen wir ja auch 50 in unseren Reihen haben.

DTU 20: Welche Athleten, unabhängig vom Taekwondo, haben schon diese Dienstgrade erreicht?

Andreas Hahn: Wir fördern in Jahresschritten nach leistungssportlicher Bewertung. Dabei denken wir aber im Olympia-Zyklus, also im Vier-JahresRhythmus. Wir haben viele Athletinnen und Athleten, die sehr erfolgreich unterwegs sind. Und da kommen dann nicht nur ein Olympia-Zyklus, sondern auch zwei, drei oder sogar vier Olympiazyklen zusammen. Es kann, wenn jemand ganz lang dabei ist, zu einer Beförderung in den Spitzendienstgrad Oberstabsfeldwebel führen. Immer mit der Prämisse: erfolgreiche Teilnahme bei den Olympischen Spielen oder World Games. Im April dieses Jahres haben wir, wie eben schon erwähnt, den Spitzendienstgrad Oberstabsfeldwebel bereits die ersten Beförderungen durchgeführt.

DTU 20: Gibt es einen prominenten Namen?

Andreas Hahn: Beim Biathlon etwa hat ChefBundestrainer Mark Kirchner den Spitzendienstgrad erreicht. Er hat sich als erfolgreicher Sportler und auch als langjähriger erfolgreicher Chefbundestrainer mehr als verdient gemacht.

DTU 20: Wie viele Sportsoldaten und Sportsoldatinnen werden aktuell durch die Bundeswehr unterstützt?

Andreas Hahn: Aktuell fördern wir 850 Sportsoldaten und Sportsoldatinnen. Hinzu kommen 40 MilitärSportler und -Sportlerinnen, die wir in eigenem Interesse fördern. Das sind militärspezifische Sportarten, für die es keinen Dachverband gibt, wie der militärische Fünfkampf und der maritime Fünfkampf. Zusätzlich fördern wir seit 2012 auch den paralympischen Sport mit derzeit 25 Individualverträgen. Darüber hinaus stellen wir auch noch Guides für sehgeschädigte bzw. blinde Leichtathleten, Radsportler, nordische und alpine Skiläufer sowie Biathleten zur Verfügung.

DTU 20: Vor einigen Wochen haben Sie die Europameisterschaften in Manchester besucht. Wie war Ihr Gesamteindruck?

Andreas Hahn: Eigentlich sehr gut, auch wenn sich nicht alle Medaillenhoffnungen erfüllt haben. Zwei Bronzemedaillen, aber auch sieben Mal Platz fünf, also dicht an der Medaille dran, sind ein gutes Ergebnis. Wir wissen ja, in Zweikampfsportarten, insbesondere im Taekwondo, ist es zwischen Sieg und Niederlage manchmal ganz, ganz eng. Ich glaube, das gibt Hoffnung auf den Weg nach Paris. Taekwondo konnte leider von den beiden letzten Olympischen Spielen keine Medaille mitbringen. Diese sind aber für die Förderung, für die Zuerkennung von Kontingenten ein ganz wichtiges Kriterium. Ich denke hierbei auch an die Potenzialanalyse, welche bei den olympischen Verbänden zugrunde gelegt wird. Die letzte Olympische Taekwondo Medaille hat Helena Fromm 2012 in London erkämpft. Es gilt diese Erfolgsspur wieder aufzunehmen. Wir als Spitzensportförderung Bundeswehr versuchen unser Möglichstes an Unterstützung beizutragen, damit man für die nächsten Olympischen Spiele in Paris möglichst viele Qualifikationen erreicht. So u.a. 18 Förderplätze, davon eine Trainerstelle und halten in der Sportfördergruppe Infrastruktur vor, die es erlauben auch Lehrgangsmaßnahme durchzuführen.

DTU 20: Wie man hört, haben Sie persönlich ein großes Interesse an Taekwondo?

Andreas Hahn: Ja, auf jeden Fall. In den 27 Jahren, in denen ich für die Spitzensportförderung der Bundeswehr Verantwortung trage, haben wir viel auf den Weg gebracht – bis hin zur Steigerung der Förderplätze auf das jetzige hohe Niveau. Zudem trainieren alle hart und geben ihr Bestes. Manchmal liegt

es an vielen Kleinigkeiten, die Qualifikation zu schaffen: die Tagesform ist natürlich auch ausschlaggebend, hinzu kommt die Schwierigkeit, verletzungsfrei zu bleiben, und dann noch die Vielzahl an Qualifikationskämpfen, um die erforderlichen Punkte zu sammeln. Es ist unheimlich schwer und das Quäntchen Glück gehört eben hier und da auch dazu. Ich denke an Alex Bachmann, der mit einem Verletzungshandicap in den olympischen Wettkampf von Tokio eingestiegen ist, und dem durchaus, wäre er verletzungsfrei geblieben, ganz andere Platzierungen zuzutrauen gewesen wären.

DTU 20: Welchen Gesamtblick hat man bei der Bundeswehr auf diese Sportart, die für Sportsoldatinnen und Sportsoldaten eine interessante Sportart ist? Sport und Bundeswehr zu verbinden, da hat ja bei Taekwondo eine ganz gute Grundlage?

Andreas Hahn: Taekwondo zählt durchaus zu den bundeswehraffinen Sportarten, da ja der Zweikampf für Soldaten grundsätzlich ein Thema ist. Wir haben uns von Anfang an um Taekwondo vielleicht ein bisschen intensiver gekümmert und bei der Sportfördergruppe Sonthofen entsprechende Strukturen geschaffen. So können, wie bereits erwähnt, zentrale Lehrgangs- und Trainingsmaßnahmen durchaus in der Obhut der Sportfördergruppe mit bundeswehrsportlicher Infrastruktur durchgeführt werden.

DTU 20: Ist die Sportförderung in anderen Ländern, was die Unterstützung durch die Militärorganisation des Landes angeht, anders geregelt oder vergleichbar?

Andreas Hahn: Neben der Gewährleistung einer erfolgreichen Repräsentanz Deutschlands bei internationalen Wettbewerben gilt es auch unseren Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern die gleichen Fördermöglichkeiten einzuräumen wie in anderen Nationen üblich. Das ist deswegen so wichtig, weil die Förderung des Spitzensports in vielen Ländern, auf nahezu allen Kontinenten, sich in den Armeen dieser Welt widerspiegelt. Alleine aus dieser Sicht ist ein parlamentarischer Auftrag an eine so große Organisation wie der Bundeswehr, richtig platziert.

DTU 20: Aus dem Ausland hört man ab und zu, gerade auch bei Taekwondo, dass die erfolgreichen Sportlerinnen und Sportler dort großzügig versorgt werden. Mit dem Gewinn einer Olympiamedaille hat man dann alles erreicht, was man je erreichen kann.

Andreas Hahn: Bei uns gibt es keine Beförderung nach sportlichem Erfolg. In Gleichbehandlung aller Soldatinnen und Soldaten erfolgen die Beförderungen auch für unsere Sportsoldatinnen und Sportsoldaten nach erfolgreich absolvierten militärischen Laufbahnausbildungen zum Feldwebel. Jedoch sind dies alles Sonderlehrgänge, bei denen die Spitzensportlerinnen und Spitzensportler unter sich bleiben, zudem sind diese Lehrgänge deutlich kürzer. Der Fokus liegt auf Training und Wettkampf. In anderen Nationen kann das ein bisschen anders aussehen, vor allem in ihren Nationalsportarten. Ich habe mal von einer Beförderung eines 18-jährigen Sportsoldaten aus einem osteuropäischen Land zum General nach seinem Olympiasieg gehört.

DTU 20: Im Spätherbst finden im Iran die Militärweltmeisterschaften im Taekwondo statt. Welchen Stellenwert haben diese Meisterschaften für die Sportförderung der Bundeswehr?

Andreas Hahn: Eine Weltmeisterschaft ist natürlich immer ein ganz wichtiges Ereignis. Auch eine Militärweltmeisterschaft, die mit ihrem hochklassigen Teilnehmerfeld kaum einer zivilen Weltmeisterschaft nachsteht, wird im Punkteranking eine wichtige Rolle auf dem Weg nach Paris spielen können. Der Iran ist natürlich ein besonderer Austragungsort. Gemeinsam mit der DTU bereiten wir unsere Sportsoldatinnen und Sportsoldaten bestens auf diese Militärweltmeisterschaft vor.

DTU 20: Vielen Dank, Herr Hahn, für das interessante und informative Gespräch.

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